28.10.2014 Aufrufe

Monochrome Stilleben - Fabian-hofmann.de

Monochrome Stilleben - Fabian-hofmann.de

Monochrome Stilleben - Fabian-hofmann.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

FABIAN<br />

HOFMANN<br />

<strong>Monochrome</strong><br />

<strong>Stilleben</strong>


Justus-Liebig-UniversitätGießen<br />

InstitutfürKunstpädagogik<br />

WS 2001/2002<br />

Prof.JohannaStanicek/Dr.GerdSteinmüller:<br />

EinführungindasFachstudium<br />

Semesterarbeit <strong>Monochrome</strong> <strong>Stilleben</strong><br />

Autor:<strong>Fabian</strong>Hofmann


<strong>Fabian</strong> Hofmann: MONOCHROME STILLEBEN<br />

Warum?<br />

DieSinnfragemonochromerMalerei<br />

Das menschliche Auge kann einige<br />

MillionenFarbenunterschei<strong>de</strong>n. Und<br />

zumin<strong>de</strong>st theoretisch ist es einem<br />

Maler möglich, all diese Farben in<br />

einem Bild zu verwen<strong>de</strong>n. Markante<br />

Farben wieKönigsblauundSignalrot,<br />

zarte wie Altrosa und Mintgrün, geheimnisvolle<br />

wie Purpur und Türkis.<br />

Sie lassen sich verbin<strong>de</strong>n zu HarmonienausOckerundOrange,lassensich<br />

quäleninDissonanzenausViolettund<br />

Blaugrün, erzeugen Freu<strong>de</strong> in Hellgrün<br />

und Gelb, bringen Trauer in<br />

Warmschwarz und Karminrot. All<br />

diese Farben geben uns erst die<br />

Möglichkeit, unsere Umwelt in ihrer<br />

Erscheinung und Wirkung aufzunehmen.<br />

Warum sollte einMalernunaufdiese<br />

große Farbauswahl verzichten? Nach<br />

welchen Kriterienbeschränkterseine<br />

Palette?Wasistes,wasihndazutreibt,<br />

quasimonochromzuarbeiten?<br />

Und vor allem: welche Wirkung geht<br />

von einem monochromen Werk aus –<br />

welche Wirkung, die sonst nicht zu<br />

erreichenwäre?<br />

Anhandvon<strong>Stilleben</strong>möchteichdiese<br />

Fragen erkun<strong>de</strong>n. Zwei Bildbeispiele<br />

aus<strong>de</strong>rKunstgeschichtehabeichdazu<br />

ausgewählt, und parallel dazu ein<br />

eigenes monochromes <strong>Stilleben</strong> angefertigt.<br />

DasersteBeispielisteinWerkaus<strong>de</strong>r<br />

sog. Haarlemer Schule, das„<strong>Stilleben</strong><br />

mit Römer und Silberschale” von<br />

Pieter Claesz. Er erreicht mit seinen<br />

monochromen <strong>Stilleben</strong> einefürdiese<br />

Bildgattungseltene, sublim-mystische<br />

Stimmung. Seine erdig-diffusen<br />

Bankettstücke strahlen eine seltsam<br />

lebendige Ruhe aus, diedasBildüber<br />

eine einfache Darstellung von Essen<br />

und Geschirr hinausführt. Wie und<br />

warum diese Stimmung entstehen<br />

kann, wer<strong>de</strong> ich im ersten Teil untersuchen.<br />

Im zweiten Teil habeich mich für ein<br />

„<strong>Stilleben</strong>“vonGiorgioMorandientschie<strong>de</strong>n.<br />

Seine pastos und milchig<br />

wirken<strong>de</strong>n Gemäl<strong>de</strong>n spielen mit<br />

Sehgewohnheiten und Bildordnungen.<br />

Doch war esMorandi zeitlebens<br />

vielzuwichtig,alsdassernurdamit<br />

„gespielt“ hätte. Wie<strong>de</strong>r und wie<strong>de</strong>r<br />

hat er solche <strong>Stilleben</strong> angefertigt,<br />

wie<strong>de</strong>rundwie<strong>de</strong>rgesehen,erforscht,<br />

geordnet. Warum er fast schon manischdaranarbeitete,zeigtdieserTeil.<br />

Schließlich habe ich selbst ein monochromes<br />

<strong>Stilleben</strong> erarbeitet. War es<br />

anfangs noch ungewohnt und hin<strong>de</strong>rlich,<br />

Farben wegzulassen, so ent<strong>de</strong>ckteichnachundnachdiewun<strong>de</strong>rbaren<br />

Möglichkeiten <strong>de</strong>s Gestaltens<br />

„ohne“ Farbe. Denn statt einfach mit<br />

farbigem „Dahinpinseln“ Gegenstän<strong>de</strong><br />

darzustellen, musste ich nun<br />

mit feiner Komposition, bedacht eingesetzterZeichnung<br />

und vorsichtigen<br />

Farbnuancen ein Bild als Fläche<br />

gestalten. Die einzelnen Schritte, die<br />

Probleme und das Ergebnis dieser<br />

Arbeitfin<strong>de</strong>tsichimdrittenTeil.<br />

3


<strong>Fabian</strong> Hofmann: MONOCHROME STILLEBEN<br />

Ergänzend ein Hinweis zum Text<br />

selbst:Ichhabemichbemüht,<strong>de</strong>nText<br />

möglichstlesefreundlichzuge-stalten.<br />

Dies äußert sich vor allem in drei<br />

Bereichen:<br />

- Es ist mir bekannt, dass die neue<br />

<strong>de</strong>utscheRechtschreibungfor<strong>de</strong>rt,das<br />

Wort<strong>Stilleben</strong>als„Stillleben“,alsomit<br />

drei „l“ zu schreiben. Da diese<br />

Schreibweise gera<strong>de</strong>zu <strong>de</strong>m Lesen<br />

hin<strong>de</strong>rlichist,verzichteichdaraufund<br />

verwen<strong>de</strong> weiterhin die <strong>de</strong>m Auge<br />

angenehmereForm„<strong>Stilleben</strong>“.<br />

-Anmerkungen habe ich weitgehend<br />

vermie<strong>de</strong>n. Es ist eine unschöne<br />

Angewohnheit, <strong>de</strong>m Leser wissenschaftlicherTexte<br />

zuzumuten, ständig<br />

zwischenTextundAnmerkungenhinundherzuspringen.Daherhabe<br />

ichin<br />

<strong>de</strong>nTextgeschrieben, was in <strong>de</strong>n Text<br />

gehört.Anmerkungen fin<strong>de</strong>nsichnur<br />

dort, wo es gilt wörtliche Zitate zu<br />

belegen.<br />

- Über eine geschlechtsneutrale Formulierung<br />

wird immer wie<strong>de</strong>r und<br />

gerne diskutiert. Ich halte diese Diskussion<br />

für müßig, beschränke mich<br />

auf die im Sprachgebrauch für allgemeine<br />

Ausdrücke übliche männliche<br />

Formulierung und halte es mit<br />

<strong>de</strong>m Bayerischen Sozialministerium,<br />

dasebensovorgehtunddazulapidar<br />

feststellt: „Eine Diskriminierung<br />

könnenwirhierinnichterkennen.“<br />

Bayreuth/Gießen,imMärz2002<br />

4


PIETERCLAESZ(1597-1661):<br />

STILLEBEN MIT RÖMER UND SILBERSCHALE<br />

n.dat.,ÖlaufHolz,42x59cm,Berlin:StaatlicheMuseen


<strong>Fabian</strong> Hofmann: MONOCHROME STILLEBEN<br />

Einheit<br />

PieterClaesz malt<br />

weltlich und geistig<br />

Setzt man sich mit <strong>Stilleben</strong> auseinan<strong>de</strong>r,<br />

so kommt man an <strong>de</strong>r<br />

holländischen Kunst <strong>de</strong>s 17. Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />

nichtvorbei; und greift man<br />

sich die monochromen <strong>Stilleben</strong><br />

heraus, so ist Pieter Claesz einfach<br />

unumgänglich. Wir wollen uns hier<br />

nicht mit seiner Person beschäftigen,<br />

son<strong>de</strong>rn mit seinen wun<strong>de</strong>rbaren<br />

monochromen Werken, und so reicht<br />

eswohlzuerwähnen,dasservon1597<br />

bis1661lebteundinHaarlemarbeitete.<br />

Wir wollen direkt zu einem Beispiel<br />

seinerArbeitgehen,<strong>de</strong>m„<strong>Stilleben</strong>mit<br />

RömerundSilberschale”.<br />

In einem unbestimmbaren–vielleicht<br />

imaginären –Raum zeigt es <strong>de</strong>nAusschnitt<br />

einer Tafel. Wir erkennen die<br />

Tischkante, einen Zinnteller mit<br />

Pfefferkörnern,Austern, in <strong>de</strong>r Mitte<br />

einen Römer mit Weißwein, davor<br />

einenweiterenZinnteller,auf<strong>de</strong>meine<br />

nach hinten umgestürzte Silberschale<br />

undwun<strong>de</strong>rbarpräsentierteine Olive<br />

liegt, sowie im Vor<strong>de</strong>rgrund, fast im<br />

Dunkel verschwun<strong>de</strong>n, zwei Walnüsse.<br />

Zwar wirkt die Anordnung fast zufällig,dochgehtvon<strong>de</strong>rKomposition<br />

eine zauberhafte Wirkung aus. Und<br />

tatsächlich: verän<strong>de</strong>rt man nur das<br />

kleinste Detail, beispielsweise die<br />

Position <strong>de</strong>r Olive, so gerätdieKomposition<br />

ins Wanken, das Zusammenspiel<br />

von Harmonie und Spannung<br />

funktioniert nicht mehr.DennClaesz<br />

gleichtdieeherstatischeWirkungvon<br />

pyramidaler Komposition und klaren<br />

Ebenen aus – durch ein „Leben im<br />

<strong>Stilleben</strong>“:MuschelnundNüssehaben<br />

quasieineeigene„Blickrichtung“und<br />

sprechen die kompositionstragen<strong>de</strong>n<br />

Gegenstän<strong>de</strong> an, und die Gestaltung<br />

<strong>de</strong>s Pokalkelches bringt eine spannen<strong>de</strong><br />

Dynamik in die sonst ruhige<br />

Atmosphäre.<br />

Ruhig wirkt im ersten Moment auch<br />

die farbliche Gestaltung: alles scheint<br />

monochrom zu sein, ausgehend vom<br />

Ton<strong>de</strong>rOlive.Diesgibt<strong>de</strong>mWerkeine<br />

ausgeglichene Wirkung. Doch auch<br />

hier steuertClaesz einer allzu großen<br />

Harmonie entgegen. Betrachtet man<br />

die Farben mit viel Sorgfalt, so bemerkt<br />

man eine ungeahnte Buntheit.<br />

DerTischund<strong>de</strong>rHintergrundbil<strong>de</strong>n<br />

miteinemEinschlaginsRotorange<strong>de</strong>n<br />

Raum.DarübererhebtsichmittaubenblauemAnklangdieEbene<strong>de</strong>rGegenstän<strong>de</strong>,dievomehergelblichenRömer<br />

überragtwird.Auchfarblichamdynamischsten<br />

ist die Silberschale, <strong>de</strong>ren<br />

Rosa-Ton nach vorne in Olivgrün<br />

übergeht.Unddas–hierfastwörtlich<br />

zunehmen<strong>de</strong> –Tüpfelchen auf <strong>de</strong>m i<br />

bil<strong>de</strong>tdieOlive,dieinfastreinerFarbe<br />

hervorsticht.<br />

Im Großen und Ganzen ist das Licht<br />

eherdiffus-unbestimmt und an <strong>de</strong>rin<br />

erster Linie trägen Stimmung wesentlich<br />

beteiligt. Aber sie wird ebenso<br />

geschickt kontrastiert: kleine GlanzlichterbelebendieSilberschale,weiche<br />

SchattenlassenAusternundNüssefast<br />

versinken –dieser Wechsel ist in <strong>de</strong>r<br />

gesamten Anordnung ständig zu<br />

beobachten.ClaeszlässtalsoLichtund<br />

Farbegemeinsamleben,undsoscheint<br />

5


<strong>Fabian</strong> Hofmann: MONOCHROME STILLEBEN<br />

also die interessante Wirkung <strong>de</strong>s<br />

<strong>Stilleben</strong>s aus einer spannen<strong>de</strong>n<br />

Mischungzuentstehen:<br />

Claesz erzeugt eine harmonische, beruhigen<strong>de</strong>undzeitloseStimmung,die<br />

eraberimmerwie<strong>de</strong>rdurchKontraste<br />

und durch Bewegung stört. In all<br />

diesen Wi<strong>de</strong>rsprüchen entsteht ein<br />

seltsames Gefühl. Man spürt, dass<br />

seine <strong>Stilleben</strong> „mehr“ enthalten und<br />

geht auf die Suche. Man nimmt die<br />

scheinbar monochromenFarbenwahr<br />

undsuchtnachmehr.Mangenießtdas<br />

diffuse Licht und sucht nach mehr.<br />

Man sieht die wenigen, einfachen<br />

Gegenstän<strong>de</strong> und sucht nach mehr.<br />

Und man fühlt sich aufgehoben in<br />

diesem seltsamen, fast mystischen<br />

Spiel.<br />

WieweitdieseMystikbeabsichtigtund<br />

gesteuert ist, lässt sich durch die<br />

gesellschaftliche Situation erahnen.<br />

Hollands„Gol<strong>de</strong>nesZeitalter”brachte<br />

in weite Teile <strong>de</strong>r Bevölkerung Wohlstand<br />

und Reichtum, sorgte für ein<br />

Aufblühen <strong>de</strong>r Kunst und ein verstärktes<br />

Interesse an Repräsentation.<br />

Gleichzeitig mahnte <strong>de</strong>r calvinistische<br />

Glaube zur Mäßigung und zur Vergeistigung.<br />

Und all das war für die<br />

Hollän<strong>de</strong>r kein Wi<strong>de</strong>rspruch: völlig<br />

natürlichwarihnen<strong>de</strong>rGedanke,dass<br />

diegeistig-religiöseBeschäftigungmit<br />

<strong>de</strong>mWesentlichenauchihrenkonkretmateriellen<br />

Lebensstand mit einschließt.We<strong>de</strong>rÜberflussnochAskese<br />

waren für sie <strong>de</strong>rrichtigeWeg.Je<strong>de</strong>r<br />

Genuss, je<strong>de</strong>r Luxus, je<strong>de</strong>s Fest war<br />

erlaubt, solange man sich über die<br />

Eitelkeit dieser weltlichen Dinge bewusst<br />

war.Diese wun<strong>de</strong>rbareEinheit,<br />

die aus <strong>de</strong>m Zusammenspiel von<br />

weltlicher und geistiger Sphäre<br />

entstand, war das Wesen ihrer Weltanschauung.<br />

Und ebendiese Einheit gelingt auch<br />

Claesz in seinen <strong>Stilleben</strong>. Dem<br />

schnellen Betrachter seiner Kunstwie<br />

auch <strong>de</strong>m vorschnellen Richter über<br />

die holländische Moral <strong>de</strong>s 17. Jahrhun<strong>de</strong>rts.<br />

mag vieles wi<strong>de</strong>rsrüchlich<br />

erscheinen: die schön präsentierten<br />

Gegenstän<strong>de</strong>, die aber keine Luxusartikel<br />

sind; <strong>de</strong>rAusschnitt einer mit<br />

feinemEssenge<strong>de</strong>cktenTafel,<strong>de</strong>raber<br />

nicht alleszeigt,waszu diesem Festmahlgehörthabenmuss;dielässighingeworfenen<br />

Gegenstän<strong>de</strong>, die aber<br />

doch ein vorsichtigkomponiertes Ensemble<br />

bil<strong>de</strong>n. Das ist Claesz´ Kunst<br />

und <strong>de</strong>r einzigartig holländische<br />

Glaube: ein sinnlich-genüssliches<br />

Mahl, das sich optisch auflöst und<br />

„vergeistigt“; ein frohes, (min<strong>de</strong>stens<br />

die Schale) umwerfen<strong>de</strong>s Fest, das in<br />

mystischer Ruhe en<strong>de</strong>t; eine meisterliche<br />

Darstellung optisch reizvoller<br />

Gegenstän<strong>de</strong>, die doch letztendlich<br />

atmosphärisch wirkt. Claesz verzaubert<br />

dieRealität,er zeigt einesublimierte<br />

Alltäglichkeit, die kaum verstan<strong>de</strong>n<br />

wer<strong>de</strong>n kann. Die wirklich<br />

beglücken<strong>de</strong> Wirkung seiner Bil<strong>de</strong>r<br />

entsteht erst, wenn man diese Weltanschauung<br />

nach fühlt. Wenn man<br />

versteht,dasshiereinesowohlgeistige<br />

wie auch sinnliche Freu<strong>de</strong> am materiellen<br />

wieauchammetaphysischen<br />

Seinherrscht. Das alttestamentarische<br />

Buch Prediger fin<strong>de</strong>t im Titel von<br />

Kapitel 9 wun<strong>de</strong>rbare Worte dafür:<br />

„Aufruf zur Freu<strong>de</strong> trotz <strong>de</strong>rEitelkeit<br />

<strong>de</strong>s Lebens“ [1]. Dieser Satz könnte<br />

auchüberClaesz'<strong>Stilleben</strong>stehen.<br />

6


GIORGIOMORANDI(1890-1964):<br />

STILLEBEN<br />

1963,ÖlaufLeinwand,30x30cm, Frankfurt/Main: Privatbesitz


<strong>Fabian</strong> Hofmann: MONOCHROME STILLEBEN<br />

Wahrheit<br />

GiorgioMorandi auf<br />

lebenslangerSuche<br />

Völlig uninteressant scheint <strong>de</strong>m Betrachter<br />

auf <strong>de</strong>n ersten Blick Giorgio<br />

Morandis „<strong>Stilleben</strong>“ von 1963. Und<br />

ebensowenig auffälligreihtessichin<br />

ein vor<strong>de</strong>rgründig unspektakuläres<br />

Gesamtwerk ein. Im wesentlichen<br />

zeigenMorandisBil<strong>de</strong>r fast über sein<br />

ganzes Werk hinweg das gleiche<br />

Motiv:Flaschen,Vasen, Kartons.Stets<br />

erscheinensieineinemmilchig-gelben<br />

Ton,stetsaneinan<strong>de</strong>rgedrängtundaus<br />

ähnlicher Perspektive. In Fotos aus<br />

seinem Atelier kann man erkennen,<br />

dass er seine Staffage extra weiß<br />

angemalt hat, um sich nicht durch<br />

FarbenundSpiegelungenablenkenzu<br />

lassen.Aberablenkenlassenvonwas?<br />

BeikurzemHinsehenistdasMotiv<strong>de</strong>s<br />

<strong>Stilleben</strong>s, ja überhaupt das Thema<br />

<strong>Stilleben</strong>nichtsofortzuerkennen.Und<br />

auchbeilängererBetrachtungerkennt<br />

man die dargestellten Gegenstän<strong>de</strong><br />

erst nach und nach: AufeinemTisch,<br />

<strong>de</strong>r von links ins Bild hineinragt und<br />

rechts mit einer seltsam schrägen<br />

Kantenform en<strong>de</strong>t, stehen hintereinan<strong>de</strong>rdreiFlaschen,vonvornenach<br />

hinten größer wer<strong>de</strong>nd. Vor <strong>de</strong>r<br />

mittlerenFlaschefin<strong>de</strong>tsicheinkugelförmiges<br />

Etwas – eine Frucht? ein<br />

Gefäß?o<strong>de</strong>rnureineSpiegelung?<br />

EsisteinevonMorandisEigenarten,in<br />

seinen Bil<strong>de</strong>rn viele Formen un<strong>de</strong>utbar<br />

zu gestalten. Seine ganze<br />

Komposition istdavongeprägt.Wich-<br />

tigsindihmKonturenundFlächen,die<br />

charakteristisch für das Dargestellte<br />

sind und einer Art Umrisszeichnung<br />

entsprungenscheinen.Legtmandiese<br />

imaginäre Zeichnung frei, so erkennt<br />

man das Kompositionsprinzip: klare<br />

Linien auf <strong>de</strong>r einen Seite lassen <strong>de</strong>n<br />

beschriebenen Gegenstand erkennen,<br />

während die an<strong>de</strong>re Seite <strong>de</strong>r Fläche<br />

offenbleibt undan<strong>de</strong>reZuordnungen<br />

zulässt. Das Auge springt also<br />

zwischen <strong>de</strong>n Deutungen und Zuordnungen,<br />

ordnet immer neue<br />

Flächen zu klar erkannten Gegenstän<strong>de</strong>nundzustetsneuerkennbaren<br />

Gegenstandsbeziehungen.<br />

Die Farbe unterstützt diesen stetigen<br />

Wechsel. Dasganze<strong>Stilleben</strong> lebt vor<br />

allemdurchstarkeKontrastezwischen<br />

gebrochenem Gelb im Hintergrund<br />

und gebrochenem Grünblau im<br />

Vor<strong>de</strong>rgrund. Raumtiefe entsteht<br />

– wenn überhaupt – durch ein vorsichtiges<br />

Annähern <strong>de</strong>r Farben einerseits<br />

undklareKontrastean<strong>de</strong>rerseits.<br />

Volumen in <strong>de</strong>n Flaschen schafft<br />

Morandi nur durch ein Nebeneinan<strong>de</strong>rsetzen<br />

von Farbflächen,<br />

allenfallsleichtineinan<strong>de</strong>rfließend.Ein<br />

milchig-weißer Ton bestimmt alles,<br />

selbstdie verhältnismäßig rein blauen<br />

Schatten.<br />

Kein Wun<strong>de</strong>r, dass das Licht kaum<br />

wahrgenommen wird. Alles scheint<br />

beleuchtet, aber <strong>de</strong>nnoch mo<strong>de</strong>llieren<br />

sichGegenstän<strong>de</strong>heraus.DieSchattenpartien<br />

in <strong>de</strong>n Volumina sind fast als<br />

eigene Flächen behan<strong>de</strong>lt, und die<br />

Schatten von Flaschen und Tisch<br />

wirken mehr als eigene geometrische<br />

Form.<br />

Dennoch scheinen wir klar zu sehen,<br />

um welche Gegenstän<strong>de</strong> es sich han-<br />

7


<strong>Fabian</strong> Hofmann: MONOCHROME STILLEBEN<br />

<strong>de</strong>lt und wie die Situation auf <strong>de</strong>m<br />

Tischwohlgewesenist.Wir erkennen<br />

die – nach Morandi – „sogenannte<br />

Realität“. Und sein Vergnügen istes,<br />

mit diesen optischen Vorurteilen zu<br />

spielen;seineArbeitistes,Sehgewohnheiten<br />

und Regelmäßigkeiten zu<br />

erforschen;seinZielistes,imBil<strong>de</strong>ine<br />

Ordnungzuschaffen,diedieOrdnung<br />

in<strong>de</strong>rNaturnichtnachbil<strong>de</strong>t,son<strong>de</strong>rn<br />

selbstschafft.<br />

Ähnlich wie Cézanne hat Morandi<br />

erkannt,dass<strong>de</strong>rNatur(<strong>de</strong>r„Wirklichkeit“)gewisseoptischeOrdnungenzugrun<strong>de</strong>liegen,dieeszuerkennengilt.<br />

Doch das Gemäl<strong>de</strong> hat seine eigenen<br />

Ordnungen, und so muss esAufgabe<br />

<strong>de</strong>sMalerssein,eineOrdnungparallel<br />

zurNaturzuschaffen,dieunsmit<strong>de</strong>m<br />

Medium Bild die gleichen Seherfahrungen<br />

machen lässt wie in <strong>de</strong>r<br />

Natur. Betrachtet man Morandis<br />

WerkeunterdiesemGesichtspunkt,so<br />

wird sein Schaffen mehr und mehr<br />

verständlich.<br />

Morandihat sichseinLeben lang mit<br />

einfachsten Gegenstän<strong>de</strong>n befasst,hat<br />

sie auf einem einfachen Tisch einfach<br />

nur nebeneinan<strong>de</strong>rgestellt und dann<br />

geforscht.Erhatgeforscht,wiemanes<br />

sonst nur von engagierten Naturforschern<br />

kennt. Er hat seine Aufbauten<br />

immer wie<strong>de</strong>r verän<strong>de</strong>rt o<strong>de</strong>r<br />

gleiche Aufbauten immer wie<strong>de</strong>r neu<br />

gemalt. Dabei hat er teils nur leichte<br />

Verän<strong>de</strong>rungen vorgenommen, teils<br />

Einzelnes brutal umgestaltet. Und er<br />

hatimmerwie<strong>de</strong>rgesehen.Diesesaufmerksame<br />

Sehen, diese unabgelenkte<br />

Intensität,siesin<strong>de</strong>s,wasunsanseinen<br />

Werkenfasziniert.<br />

Wer vor <strong>de</strong>n unscheinbaren, ruhigen<br />

Bil<strong>de</strong>rnMorandissteht,<strong>de</strong>rhältinne.<br />

Hältinnewie<strong>de</strong>rMalerselbstundlässt<br />

sich auf die gleiche Erfahrung ein.<br />

Auch für uns entsteht aus <strong>de</strong>m<br />

Zusammenwirken und <strong>de</strong>n Wi<strong>de</strong>rsprüchen<strong>de</strong>rFormen,<strong>de</strong>rFlächenund<br />

Kontraste eine eigene Sehwelt, eine<br />

weitere „sogenannte Realität“. Eine<br />

Realität jenseits <strong>de</strong>s Scheins, <strong>de</strong>r uns<br />

sonstinBil<strong>de</strong>rngezeigtwird.Vielleicht<br />

istindiesemSinne„un-schein-bar”ja<br />

sogareinbeson<strong>de</strong>rsschönerBegriff.<br />

8


MONOCHROMES STILLEBEN, dritte Ausarbeitung<br />

2002,TemperaaufPapier,31x53cm


<strong>Fabian</strong> Hofmann: MONOCHROME STILLEBEN<br />

Versuche<br />

Daseigenemonochrome<strong>Stilleben</strong><br />

Die Erfahrung, über monochrome<br />

<strong>Stilleben</strong> zu schreiben, ist sicherlich<br />

nichtausreichend,umwirklichzuverstehen,<br />

welche Wirkung und welchen<br />

Sinn<strong>de</strong>rVerzichtaufFarbehat.Sohabe<br />

ich mich darangemacht, ein eigenes<br />

monochromes <strong>Stilleben</strong> anzufertigen.<br />

IchwolltemichdabeiaufdieFarbeund<br />

ihre Wirkung konzentrieren und<br />

herausfin<strong>de</strong>n, welche Faszination die<br />

Monochromie auf <strong>de</strong>nMalerhatund<br />

welchen Effekt ein monochromes<br />

<strong>Stilleben</strong>beimBetrachtererzielt.<br />

Ein geeignetes Sujet war nicht auf<br />

Anhiebzufin<strong>de</strong>n.Eswarmirwichtig,<br />

michnichtimVor<strong>de</strong>rgründigenzuverlieren.<br />

Die Form musste einfach sein,<br />

eine ablenken<strong>de</strong> Farbigkeit sollte vermie<strong>de</strong>n<br />

wer<strong>de</strong>n und möglichst kein<br />

Raum undkeineVolumen vorhan<strong>de</strong>n<br />

sein. All das hätte mich wahrscheinlich<br />

abgelenkt: ich hätte mich<br />

wohlbemüht,dieFormzutreffeno<strong>de</strong>r<br />

das Volumen herauszuarbeiten. Und<br />

ich hätte mich weniger um die Farbe<br />

bemüht. Also wählte ich einen Ausschnitt<br />

meines Bücherbretts. Einfache,<br />

rechteckige Buchrücken stehen hier<br />

nebeneinan<strong>de</strong>raufgereiht aufgera<strong>de</strong>r<br />

Ebene. Direkt auf Augenhöhe angeordnet<br />

gibt eskeinePerspektive,kein<br />

Volumen, keine Tiefe. Einfach nur<br />

Rechteckenebeneinan<strong>de</strong>r.<br />

Von dieser Anordnung ausgehend<br />

habe ich begonnen, meine Unter-<br />

suchungenanzustellenundPorobleme<br />

wie auch Möglichkeiten zu erforschen.<br />

Schon die ersten Kompositionszeichnungen<br />

zeigten, dass die<br />

Anordnungbeliebigwirkt.<br />

Immerwie<strong>de</strong>rwur<strong>de</strong>n<strong>de</strong>shalbBücher<br />

umgestellt, ausgetauscht, verän<strong>de</strong>rt.<br />

Nachundnachkristallisiertesicheine<br />

angenehme, stimmige Ordnung<br />

heraus.DochnochimmerwardieWirkung<br />

eher langweilig. So entwarf ich<br />

eine Anordnung mit bewegt gezeichneten,<br />

gebogenen, scheinbar bewegten<br />

Büchern... nein, auch das war<br />

nichts: zu dynamisch, zu unwirklich.<br />

Eswur<strong>de</strong>nunklar,dassdiesesProblem<br />

nicht auf <strong>de</strong>r Komposition allein beruht,son<strong>de</strong>rmitan<strong>de</strong>renMittelngelöst<br />

wer<strong>de</strong>nkann.<br />

So ging es an die Farbzusammenstellung.<br />

Zuerst malte ich Skizzen in<br />

<strong>de</strong>r Originalfarbe <strong>de</strong>r Bücher. Diese<br />

Farbkomposition war natürlich zufällig<br />

und ohne beson<strong>de</strong>re Wirkung.<br />

Daher begann ich, Farben auszutauschenundzuerfin<strong>de</strong>n.Inzwischen<br />

hatteicheinepotentielleBewegungim<br />

Bild erkannt: <strong>de</strong>r rechteckige Lautsprecher,<strong>de</strong>ramrechtenBildrandzu<br />

sehen ist,kannalsfesterBlockdieBewegung<br />

brutal abbremsen, während<br />

am linken Bildrand dünne Hefteeine<br />

lockere Bewegung einleiten. Dazwischen<br />

soll durch die an<strong>de</strong>ren<br />

Bücher die Bewegung moduliert wer<strong>de</strong>n.<br />

Folglich musste zwischen <strong>de</strong>m<br />

Lautsprecher und <strong>de</strong>n Büchern danebeneinKontrasther:GelbundBlauschwarz.DieHefteerhielteneinhelles<br />

Rot. Dazwischenverschie<strong>de</strong>nste Töne<br />

von Violett über Orange bis Grün.<br />

Auch diese Farbskizzen wur<strong>de</strong>n nun<br />

vorerstbeiseitegelegt.<br />

9


MONOCHROMESSTILLEBEN,<br />

oben:zweiteAusarbeitung,2002,AcrylaufPapier,32x50cm<br />

unten:ersteAusarbeitung,2002,AcrylaufPapier,26x42cm


<strong>Fabian</strong> Hofmann: MONOCHROME STILLEBEN<br />

Eine weitereUntersuchung betrafdie<br />

Tonwerte. Ich wählte eine Blauskala<br />

und experimentierte mit verschie<strong>de</strong>nenHell-Dunkel-Werten<br />

<strong>de</strong>r Skala.<br />

Je nach Höhe und Breite <strong>de</strong>r Buchrücken<br />

konnte nun ein Rhythmus<br />

geschaffen wer<strong>de</strong>n. Der Rhythmus<br />

solltelinkslangsambeginnen,sichim<br />

Verlauf<strong>de</strong>sBil<strong>de</strong>ssteigernundzuletzt<br />

durch die Lautsprecherbox auf einen<br />

Schlag en<strong>de</strong>n. Mit diesen Überlegungen<br />

waren die wichtigsten<br />

Einzelbetrachtungen abgeschlossen:<br />

eine Komposition war gefun<strong>de</strong>n; die<br />

Farben waren untersucht; das Hell-<br />

Dunkel war festgelegt. Nun sollte es<br />

monochromwer<strong>de</strong>n.<br />

Als angenehmer, die ruhige Wirkung<br />

monochromer Malerei unterstützen<strong>de</strong>rundmitallenFarbennuancierbarer<br />

FarbtonerschienmirBlaualsgeeignet.<br />

Mit dieser Farbe stellte ich nun Versuche<br />

an: auf blauen Grund trug ich<br />

lasierend verschie<strong>de</strong>ne an<strong>de</strong>re Farben<br />

auf, um weitere Farbmischungen zu<br />

erhalten. Es wur<strong>de</strong>n Farbskalen von<br />

reinem Kobaltblau über Violett zu<br />

Karmin- o<strong>de</strong>r Permanentrot gebil<strong>de</strong>t.<br />

DasBlauwur<strong>de</strong>inweiterenSkalenmit<br />

VanDyckbraun,Kadmiumgrün,Titanweiß<br />

und Neutralgrau gebrochen.<br />

Ebensowur<strong>de</strong>mitverschie<strong>de</strong>nenBlautönen<br />

experimentiert. Erstaunlich war<br />

dabei schon allein <strong>de</strong>r Unterschied<br />

zwischen Kobaltblau (Sorte Schmicke<br />

PrimAcryl) und Kobaltblauton (Sorte<br />

SchminckeAka<strong>de</strong>mieAcryl).Ichhabe<br />

daraus<strong>de</strong>nSchlussgezogen,vorje<strong>de</strong>r<br />

Arbeit mit <strong>de</strong>n jeweils angestrebten<br />

Farben verschie<strong>de</strong>ne Skalen anzulegen,<br />

um die Wirkung überhaupteinschätzenzukönnen.<br />

Die endgültige Ausarbeitung begann<br />

ich begeistert, doch en<strong>de</strong>te die Begeisterung<br />

nochnichtnachAbschluss<br />

<strong>de</strong>s<strong>Stilleben</strong>s.ImGegenteil:irgendwie<br />

konnteesdasnochnichtgewesensein.<br />

Dieses<strong>Stilleben</strong>wirktezu„realistisch“.<br />

Zu groß war noch die Farbskala, die<br />

von einemmitWeißgemischtenHellblau<br />

bis zu einem gebrochenen, fast<br />

schwarzenDunkelblaureichte;zusehr<br />

störte noch die Mo<strong>de</strong>llierung, zu sehr<br />

lenktendiedurchLineaturenange<strong>de</strong>utetenTitelab.<br />

IneinerzweitenAusarbeitunglegteich<br />

eher studienhaft ein Gittergerüst mit<br />

Zeichenkohle an, um die Flächenaufteilung<br />

zu betonen. Anschließend<br />

wur<strong>de</strong>n durch mehrere lasieren<strong>de</strong><br />

Farbaufträge die Farbtöne langsam<br />

herausgearbeitet. Dieses Vorgehen<br />

führte zu einem <strong>de</strong>utlich ausgeglichenerenErgebnis.<br />

Schließlichfertigte ich ein drittes Bild<br />

an, in <strong>de</strong>m ich die in <strong>de</strong>n vorhergegangenen<br />

Ausarbeitungen gewonnenen<br />

Ergebnisse zu vereinensuchte.<br />

Außer<strong>de</strong>m wollte ich durch Verwendung<br />

selbst angerührter Ei-Tempera<br />

dieFarbkraft<strong>de</strong>utlichsteigern.Undzu<br />

guter Letzt habe ich in einer <strong>de</strong>r<br />

unteren Farbschichten an<strong>de</strong>re Farben<br />

alsBlauverwen<strong>de</strong>t,umdieTöneleicht<br />

zunuancieren.<br />

Dieses<strong>Stilleben</strong>entsprachnunmeinen<br />

Vorstellungen: in ruhiger, geheimnisvoller<br />

Stimmung ergab sich eine<br />

interessante Ansammlung von rechteckigen<br />

Formen, <strong>de</strong>ren Be<strong>de</strong>utung<br />

nichtklar,aberdoch erahnbarwar.<br />

10


<strong>Fabian</strong> Hofmann: MONOCHROME STILLEBEN<br />

Erkenntnis<br />

Erfahrungen aus<br />

TheorieundPraxis<br />

Nachzweifrem<strong>de</strong>nun<strong>de</strong>inemeigenen<br />

monochromen <strong>Stilleben</strong>blickeichnun<br />

noch einmal zurück. Aus <strong>de</strong>r Kunstgeschichte<br />

habe ich Pieter Claesz und<br />

Giorgio Morandi betrachtet und mich<br />

mitjeweilseinemihrerWerkeundmit<br />

ihrer Weltsicht beschäftigt. Danach<br />

habe ich praktische Untersuchungen<br />

zur Monochromie angestellt und ein<br />

eigenes<strong>Stilleben</strong>erarbeitet.<br />

Undsokonnteichnachvollziehen,was<br />

Claesz und Morandi so sehr an ihrer<br />

monochromen Art festhalten ließ.<br />

Bei<strong>de</strong>hattenaufihreeigeneArtetwas<br />

aus <strong>de</strong>n monochromen <strong>Stilleben</strong><br />

gezogen, was sie an<strong>de</strong>rs wohl nur in<br />

geringemMaßerhalten hätten. Pieter<br />

Claesz’ Faszination für das Sein, ohne<br />

Über- o<strong>de</strong>r Untertreibung, ohne<br />

Moralisieren o<strong>de</strong>rFotografieren, ohne<br />

Lust o<strong>de</strong>r Scham führte ihn zu seiner<br />

Spiritualität. Und zur vielleicht gleichen<br />

Spiritualität gelangte Giorgio<br />

Morandi im Betrachten, Erforschen,<br />

Nachbil<strong>de</strong>ndurchseine Faszinationfür<br />

dasSehen.<br />

SindnunalleFragengeklärt?<br />

Sicherlichnicht.<br />

Noch gibt es viel zu sehen und zu<br />

lernen.<br />

Doch vieles habe ich verstan<strong>de</strong>n. Ich<br />

habedieSchwierigkeit monochromer<br />

Arbeit selbst erfahren. Mein Feingefühl<br />

fürFarben,vorhernurkärglich<br />

ausgebil<strong>de</strong>t, hat sich verbessert. Die<br />

Wirkung von kleinen Farbnuancen,<br />

von Brechungen durch Weiß und<br />

Schwarz, von Mischungen mit an<strong>de</strong>ren<br />

Farben,vonmehr o<strong>de</strong>rweniger<br />

Lasurschichten übereinan<strong>de</strong>r –alldas<br />

konnteichselbsterforschen.<br />

Das war wohlaucheingroßer Vorteil<br />

<strong>de</strong>skombiniertenArbeitensinTheorie<br />

und Praxis. Denn ich habe wirklich<br />

gespürt,<br />

welche vielfältigen Möglichkeiten<br />

<strong>de</strong>r Verzicht auf zahlreiche<br />

Farbenbewirkt.ImLaufe<strong>de</strong>rArbeiten<br />

habe ich gemerkt, welche Kraft aus<br />

<strong>de</strong>m Feinen entspringt, aus <strong>de</strong>m<br />

Leisen,aus<strong>de</strong>mRuhigen.<br />

11


Anmerkungen<br />

Literaturverzeichnis<br />

Guese,Ernst-GerhardundMorat,<br />

FranzArmin(Hg.):GiorgioMorandi<br />

Kin<strong>de</strong>rmann,Johannes...:<strong>Stilleben</strong>.<br />

Kunst-undkulturgeschichtliche<br />

AspekteeinerGattung.<br />

König,EberhardundSchön,<br />

Christiane(Hg.):<strong>Stilleben</strong><br />

KunsthalleTübingen/Galleria<br />

Comunaled'ArteMo<strong>de</strong>rna„Giorgio<br />

Morandi”:GiorgioMorandi<br />

Parramón,José:DasgroßeBuch<strong>de</strong>r<br />

Farben<br />

Schama,Simon:Überflussund<br />

schönerSchein.ZurKultur<strong>de</strong>r<br />

Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong>imGol<strong>de</strong>nenZeitalter<br />

Silvestrini,Narciso:Farbsystemein<br />

KunstundWissenschaft<br />

Skira,Pierre:Naturemorte<br />

München:Prestel,1993<br />

Köln:VistaPoint,1986<br />

Berlin:Reimer,1996<br />

Köln:DuMont,1989<br />

Stuttgart:MichaelFischer,1993<br />

München:Kindler,1988<br />

Köln:DuMont,1998<br />

Genève:AlbertSkira,1989<br />

Alan,ChongundKloek,Wouter:StilllifepaintingsfromtheNetherlands<br />

1550-1720(Ausstellungskatalog)<br />

Bott,Gerhard(Hg.):<strong>Stilleben</strong>–<br />

Naturamorta.(Ausstellungskatalog)<br />

DeutscheBibelgesellschaft:DieBibel.<br />

Nach<strong>de</strong>rÜbersetzungMartin<br />

Luthers.RevidierterText1975<br />

Ebert-Schifferer,Sybille:DieGeschichte<strong>de</strong>s<strong>Stilleben</strong>s<br />

Grimm,Claus:<strong>Stilleben</strong>.Dienie<strong>de</strong>rländischenund<strong>de</strong>utschenMeister<br />

Grimm,Claus:<strong>Stilleben</strong>.Diegroße<br />

Zeit<strong>de</strong>seuropäischen<strong>Stilleben</strong>s.<br />

Rijksmuseum,Amsterdam,1999<br />

Wallraf-Richartz-Museumund<br />

MuseumLudwig,Köln,1980<br />

Stuttgart:DeutscheBibelgesellschaft,<br />

1978<br />

München:Hirmer,1998<br />

Stuttgart,Zürich:Belser,1988<br />

Stuttgart,Zürich:Belser,1979<br />

[1]zitiertnach:DeutscheBibelgesellschaft(Hg.),DieBibel…,S.646

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!