Hart am Limit Aufbauhelfer Der Wedding-Planner - MTU Onsite Energy
Hart am Limit Aufbauhelfer Der Wedding-Planner - MTU Onsite Energy
Hart am Limit Aufbauhelfer Der Wedding-Planner - MTU Onsite Energy
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A TOGNUM GROUP BRAND<br />
<strong>MTU</strong>report<br />
Das Magazin der Marken <strong>MTU</strong> und <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> I Ausgabe 03 I 2012 I www.mtu-online.com<br />
+++ <strong>MTU</strong> bevorzugter Lieferant für Antriebe von 92 britischen Hochgeschwindigkeitszügen +++<br />
<strong>Hart</strong> <strong>am</strong> <strong>Limit</strong><br />
Motorentests unter extremen Bedingungen<br />
<strong>Aufbauhelfer</strong><br />
Turmdrehkräne beim Bau des neuen World Trade Centers<br />
<strong>Der</strong> <strong>Wedding</strong>-<strong>Planner</strong><br />
Yachtbau in den Emiraten
Editorial<br />
Joachim Coers, Vorsitzender des<br />
Vorstands der Tognum AG sowie<br />
Vorsitzender der Geschäftsführung<br />
der <strong>MTU</strong> Friedrichshafen GmbH.<br />
Leistung durch Leidenschaft<br />
Wissen Sie, was mich an Tognum begeistert? Die Leidenschaft, mit der unsere mehr als 10.000 Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter arbeiten. Sie sind stolz auf das, was sie machen. Zu Recht, denn ihre<br />
Leidenschaft treibt sie immer wieder zu Höchstleistungen an. Das sehen Sie auch in der aktuellen<br />
Ausgabe des <strong>MTU</strong> Report. In unserer Titelgeschichte ist beschrieben, in welchen extremen Einsatzgebieten<br />
unsere Produkte Leistung erbringen müssen und wie unsere Entwickler die Motoren für<br />
diese Einsätze konzipieren. Sie testen Kaltstarts, bringen die Motoren in extreme Schräglagen und<br />
simulieren Ausnahmesituationen wie beispielsweise ein Erdbeben. Wir fordern einiges von unseren<br />
Produkten, d<strong>am</strong>it sie für Sie die beste Leistung bringen.<br />
Leistung müssen unsere Produkte bald erneut in Großbritannien zeigen. Als bevorzugter Lieferant<br />
von 250 dieselelektrischen Powerpacks für das Intercity Express Progr<strong>am</strong>me unterstützt <strong>MTU</strong> eines<br />
der größten Verkehrsprojekte der letzten Dekade. Mehr als 27 Jahre lang übernehmen wir die Verantwortung<br />
für den reibungslosen Betrieb der Powerpacks. Das gab es in dieser Form noch nicht.<br />
Was Leidenschaft bedeutet, zeigen uns auch die Amerikaner. In New York bauen sie dort, wo vor<br />
elf Jahren die Zwillingstürme des World Trade Centers standen, das neue World Trade Center. Unser<br />
Kunde Cornell Cranes ist daran beteiligt und hat dafür seine Turmdrehkrähne auf den neuesten<br />
technischen Stand gebracht – natürlich mit <strong>MTU</strong>-Motoren. Leidenschaft für luxuriöse und einzigartige<br />
Yachten zeigt Erwin B<strong>am</strong>ps. Er ist Geschäftsführer der Schiffswerft Gulf Craft im arabischen<br />
Emirat Al-Quwain. In zehn Jahren hat er die kleine Werft zur größten der Golfregion gemacht. Starke<br />
Leistung bringen auch unsere Energiesysteme zur Stromerzeugung. Bei Nordfrost, einem Dienstleister<br />
für Lebensmittellogistik, erzeugen zwei Blockheizkraftwerke Energie für Absorptionskältemaschinen,<br />
d<strong>am</strong>it in den verschiedenen Lebensmittellagern immer das perfekte Klima herrscht.<br />
Leidenschaft für unsere Kunden ist selbstverständlich Chefsache. Aus diesem Grund haben wir<br />
unser Vorstandste<strong>am</strong> entscheidend verstärkt. Mein neuer Kollege, Vertriebsvorstand Dr. Michael<br />
Haidinger, versteht seine Aufgabe als Sprachrohr unserer Kunden im Unternehmen. Das hilft uns,<br />
immer die beste Lösung für Ihre Anwendung anzubieten. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen<br />
und bin mir sicher, dass auch Sie die Leidenschaft in den Geschichten über unsere Antriebs- und<br />
Energiesysteme entdecken.<br />
Ihr Joachim Coers<br />
2 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
10<br />
16<br />
20<br />
Inhalt<br />
26<br />
28 36<br />
46<br />
Aktuell<br />
Interview<br />
10 <strong>Der</strong> Kunde steht im Mittelpunkt<br />
Dr. Michael Haidinger ist seit Juli 2012<br />
der neue Tognum-Vertriebsvorstand. Im<br />
Interview erläutert er seine Motivation und<br />
seine Ziele.<br />
12 Nachrichten<br />
Bahn<br />
16 Ein Leben lang<br />
Das britische Verkehrsministerium hat<br />
92 Super-Express-Züge bestellt. <strong>MTU</strong> soll<br />
den Anrieb liefern und diesen über 27 Jahre<br />
lang warten.<br />
Technologie<br />
20 <strong>Hart</strong> <strong>am</strong> <strong>Limit</strong><br />
Hitze, Kälte, hohe Wellen oder Erdbeben<br />
stellen Motoren vor Herausforderungen.<br />
Um sicher zu gehen, dass <strong>MTU</strong>-Motoren<br />
diese bestehen, werden sie unter extremen<br />
Bedingungen getestet.<br />
26 Wie machen wir ...einen Zylinderkopf<br />
Zylinderköpfe werden nicht nur mit<br />
Maschinen, sondern auch mit Software-<br />
Progr<strong>am</strong>men gefertigt.<br />
In Aktion<br />
Industrie<br />
28 <strong>Aufbauhelfer</strong><br />
In New York arbeiten Tausende Menschen<br />
und Maschinen daran, das neue World<br />
Trade Center aufzubauen. <strong>MTU</strong>-Motoren<br />
sind in Turmdrehkränen dabei.<br />
34 <strong>Der</strong> Plattmacher<br />
Müllverdichter von Bomag pressen Müll<br />
zus<strong>am</strong>men, d<strong>am</strong>it möglichst viel davon auf<br />
die Müll halde passt.<br />
Marine<br />
36 <strong>Der</strong> <strong>Wedding</strong>-<strong>Planner</strong><br />
Die Yachtwerft Gulf Craft aus dem Emirat<br />
Al-Quwain bei Dubai baut fast 50 Meter<br />
lange Yachten genau nach Kundenwunsch.<br />
Energie<br />
44 Warm macht kalt<br />
Ein Blockheizkraftwerk in Verbindung mit<br />
einer Absorptionskältemaschine kühlt<br />
Lebensmittel in einer Tiefkühllagerhalle.<br />
Oil&Gas<br />
46 Flüsterstrom<br />
Notstromaggregate sichern den Betrieb<br />
der norwegischen Öl- und Gasaufbereitungsanlage<br />
Kårstø ab.<br />
Historie<br />
50 Ein Motor lernt fliegen<br />
Vor 95 Jahren entwickelte Karl Maybach<br />
den ersten modernen Flugmotor und<br />
testete ihn in 1.800 Metern Höhe.<br />
<strong>MTU</strong> Report Europa<br />
Marine<br />
52 In geheimer Mission<br />
Als eines der wenigen Industrieunternehmen<br />
weltweit kann <strong>MTU</strong> den Motoren ihre<br />
magnetische Signatur nehmen – ein kompliziertes<br />
Verfahren.<br />
Energie<br />
58 Morgens um 7<br />
Maßgeschneiderte Aggregate von <strong>MTU</strong><br />
<strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> erzeugen in einem Dieselkraftwerk<br />
Regelleistung sowie Not- und<br />
Spitzenstrom.<br />
Apropos<br />
64 Nachbehandlung<br />
Was unsere Redakteure bei ihrer Recherche<br />
besonders be eindruckt.<br />
65 Comic<br />
Titelbild: Unter einem glitzernden Eispanzer zeichnen sich die Konturen eines<br />
<strong>MTU</strong>-Motors ab. Um zu testen, wie dieser bei extremer Kälte startet, haben Entwickler<br />
ihn von innen gekühlt. Das Ergebnis: Approved!<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 3
Mehr dazu...<br />
Ein Video über die Präsentation<br />
des Hybrid-Triebwagens<br />
Ohne QR-Code-Reader unter<br />
bit.ly/W0z5Us<br />
ONLINE<br />
4 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
Nicht mehr inkognito<br />
Aktuell<br />
Die ersten Kilometer hat der Hybrid-Triebwagen<br />
schon auf der Schiene – allerdings fuhr er die<br />
in kognito im typischen Rot der Deutschen Bahn.<br />
Doch seit seiner Enthüllung auf der weltweit größten<br />
Bahnmesse InnoTrans kann er sich nicht mehr<br />
verstecken. Jetzt sieht man schon auf den ersten<br />
Blick, dass dieser Triebwagen etwas Besonderes ist:<br />
Das Hybrid-Powerpack von <strong>MTU</strong> ermöglicht es, die<br />
Bewegungsenergie des Fahrzeugs in elektrische<br />
Energie umzuwandeln. Diese elektrische Energie<br />
wird in Batterien zwischengespeichert und kann bei<br />
Bedarf daraus entnommen und für den Betrieb<br />
verwendet werden. Ziel ist es, die CO 2 -Emissionen<br />
sowie den Kraftstoffverbrauch um bis zu 25 Prozent<br />
zu verringern. „Die Deutsche Bahn hat nachhaltiges<br />
Handeln konsequent in ihrer neuen Konzernstrategie<br />
DB2020 verankert. Wir wollen Umweltvorreiter<br />
werden und unsere spezifischen CO 2 -Emissionen bis<br />
2020 um 20 Prozent senken“, erklärte Dr. Volker<br />
Kefer, DB-Vorstand für Infrastruktur und Technik<br />
anlässlich der Präsentation des Triebwagens: „Um<br />
das System Bahn dyn<strong>am</strong>isch weiter zu entwickeln,<br />
brauchen wir marktfähige Innovationen. Mit der<br />
Hybridtechnologie kann ein energieeffizienter und<br />
ökologisch nachhaltiger Transport auf der Schiene<br />
vorangetrieben werden.“<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 5
Eine Käsereibe für<br />
Londons Skyline<br />
Höher – schneller – weiter. Die Olympischen Spiele in<br />
London sind zwar Geschichte, doch das Motto gilt in<br />
London weiter. London baut olympisch. Bisher hinkte<br />
die Stadt mit ihrer Skyline anderen Metropolen<br />
hinterher. Schuld war die St. Paul’s Cathedral, deren<br />
Höhe kein Hochhaus überragen durfte. Doch seit<br />
einiger Zeit wird diese Regel aufgeweicht und neue<br />
Wolkenkratzer sprießen in die Höhe. Darunter sind<br />
die 225 Meter hohe „Käsereibe“ und der 160 Meter<br />
hohe „Walkie Talkie“. Im Jahr 2014 sollen die beiden<br />
Hochhäuser bezugsfertig sein und zus<strong>am</strong>men auf<br />
mehr als 112.000 Quadratmetern Platz für Büros,<br />
Läden und Restaurants bieten. Vier <strong>MTU</strong>-Motoren der<br />
Baureihe 4000 mit jeweils 2.250 Kilowatt Leistung<br />
sorgen in beiden Hochhäusern dafür, dass der Strom<br />
nie ausfällt. Ist die Notstromanlage installiert, stellen<br />
sie im Falle eines Stromausfalls die Energieversorgung<br />
in den Gebäuden in weniger als zehn Sekunden<br />
wieder her.
Aktuell<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 7
8 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
Besonders besonders<br />
Aktuell<br />
Elegant, ästhetisch, funktional. Yachtkunden lieben<br />
das Besondere. <strong>MTU</strong> auch. Das werden Kapitäne jetzt<br />
nicht nur spüren, wenn sie den Motor starten – das<br />
werden sie bald auch sehen. Denn gemeins<strong>am</strong> mit<br />
dem italischen Top-Designer Pininfarina hat <strong>MTU</strong><br />
Designstudien von Brückenkomponenten entwickelt:<br />
Fahrhebel, ein digitales Display, analoge Anzeigeninstrumente<br />
und die Tasten des Bedientableaus aus<br />
einem Guss gestaltet – formschön und geschmackvoll.<br />
So können auch Serienyachten künftig einzigartig<br />
aussehen. Die Komponenten im Pininfarina-<br />
Design lassen sich in jedes Brückenpult einbauen<br />
und könnten mit dem neuen <strong>MTU</strong>-Automationssystem<br />
Blue Vision New Generation kombiniert werden.<br />
„In dem Yachtsegment, für das die Designstudie<br />
erstellt wurde, gibt es momentan keine vergleichbare<br />
Lösung auf dem Markt“, so Martin Boll, Projektleiter<br />
„Bridge Design“ bei <strong>MTU</strong>. „Werften, die ihre Yachten<br />
mit den neu gestalteten <strong>MTU</strong>-Komponenten ausstatten,<br />
können sich von ihren Wettbewerbern abheben<br />
und einen wesentlichen Marktvorteil sichern.“<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 9
Interview mit dem neuen Vertriebsvorstand Dr. Michael Haidinger<br />
<strong>Der</strong> Kunde steht im Mittelpunkt<br />
Seit Mitte des Jahres 2012 verantwortet<br />
Dr. Michael Haidinger als Vorstand das weltweite<br />
Vertriebs- und Servicegeschäft von<br />
Tognum. Die ersten Monate hat er d<strong>am</strong>it verbracht,<br />
die Mitarbeiter und Kunden von <strong>MTU</strong><br />
und <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> kennen zu lernen.<br />
Denn bisher war Dr. Michael Haidinger vor<br />
allem in Unternehmen der Luftfahrtindustrie<br />
zu Hause: bei DASA, Fairchild/Dornier, Airbus<br />
und Eurocopter. Zuletzt verantwortete er<br />
beim Flugzeugtriebwerkshersteller Rolls-<br />
Royce das Deutschlandgeschäft sowie das<br />
weltweite Geschäft mit kleinen und mittleren<br />
Triebwerken. Warum er sich trotzdem mit<br />
Diesel- und Gasmotoren sowie effizienten<br />
Energieanlagen identifizieren kann, und<br />
wieso eine Fluggesellschaft einem Minenbetrieb<br />
ähnelt, erläutert er im Interview.<br />
Nehmen wir einmal an, der <strong>MTU</strong> Report<br />
veröffentlicht in einem Jahr einen Artikel<br />
über Ihre Arbeit als Vertriebs-Vorstand bei<br />
Tognum. Welche Schlagzeile wünschen Sie<br />
sich dann?<br />
„Tognum hat es geschafft, den Kunden noch<br />
mehr in den Mittelpunkt all seiner Bemühungen<br />
zu stellen“ würde mir gefallen. Die Kundenzufriedenheit<br />
mit qualitativ hochwertigen Produkten<br />
und einem passenden Serviceangebot weiter zu<br />
verbessern, ist mein großes Ziel.<br />
Sie haben bisher in Unternehmen der Luftfahrtindustrie<br />
gearbeitet. Wie k<strong>am</strong> der<br />
Sprung zu Tognum, einem Hersteller von<br />
Antriebssystemen und Energieanlagen?<br />
Ich habe mich in den vergangenen Jahren<br />
schon viel mit Antrieben beschäftigt. Daher ist<br />
der Sprung gar nicht so groß, wie er zunächst<br />
erscheint. Natürlich ist ein Flugzeugantrieb nur<br />
bedingt mit einem schnelllaufenden Dieselmotor<br />
vergleichbar. Doch die Geschäftsmodelle der<br />
Kunden sind ähnlich. <strong>Der</strong> Betreiber einer Flotte<br />
Muldenkipper muss mit den Fahrzeugen sein<br />
Geld verdienen, daher müssen sie 24 Stunden<br />
<strong>am</strong> Tag und sieben Tage die Woche verfügbar<br />
sein, dürfen nicht ausfallen und müssen wirtschaftlich<br />
sein. Diese Gedanken hat auch der<br />
Manager einer Fluggesellschaft. Ein Flugzeug darf<br />
genauso nicht länger als notwendig <strong>am</strong> Boden<br />
stehen wie ein Muldenkipper im Depot. Ähnliches<br />
gilt auch für die Betreiber von Zügen. Ein Yachtbesitzer<br />
dagegen nutzt seine Motoren nur selten,<br />
trotzdem stellt er große Ansprüche an sie. Bei<br />
ihm geht es aber weniger um den Dauerlauf, als<br />
um den Spaß, den er mit ihnen haben möchte. Er<br />
will, dass seine Motoren schnell beschleunigen<br />
und hohe Spitzenleistung bringen, immer dann<br />
laufen, wenn er sie braucht und dazu sollten sie<br />
noch gut aussehen. Ähnlich denken auch Besitzer<br />
von kleinen Businessjets. Sie müssen mit<br />
ihrem Flugzeug kein Geld verdienen, doch es ist<br />
schön, eins zu haben und wehe es funktioniert<br />
nicht, wenn man es mal braucht. Die daraus<br />
resultierenden Anforderungen und Erwartungen<br />
unserer Kunden an das Produkt und den Service<br />
sind mir daher nicht fremd.<br />
«Schon bei der Entwicklung eines Produktes<br />
müssen wir im Auge behalten, wie es sich im Betrieb<br />
verhält. »<br />
Dr. Michael Haidinger, Vertriebsvorstand bei Tognum<br />
Was reizt Sie an Tognum?<br />
Tognum agiert in Wachstumsmärkten, und es<br />
macht immer mehr Spaß zu wachsen als zu<br />
schrumpfen. Das Unternehmen hat hervorragende<br />
Produkte und ist in vielen verschiedenen<br />
Märkten gut platziert. Daraus ergeben sich viele<br />
Chancen und es liegt an uns, diese zu nutzen.<br />
Das ist eine spannende Aufgabe.<br />
Sie haben in Ihren ersten Monaten als Vorstand<br />
sicherlich schon einige Kunden getroffen.<br />
Was wünschen die sich von Ihnen?<br />
Zurecht erwarten die Kunden von mir, dass ich<br />
Ihre Stimme im Unternehmen bin. Sie wollen,<br />
dass ich ihre Anliegen kenne, ins Unternehmen<br />
trage und dort umsetze.<br />
Und was sind die Anliegen der Kunden?<br />
Kurz zus<strong>am</strong>mengefasst, dass wir ihnen die beste<br />
Lösung zu einem wettbewerbsfähigen Preis zur<br />
Verfügung stellen. Ins Detail zu gehen, ist schwierig,<br />
denn die Wünsche können je nach Anwendung<br />
unterschiedlich sein. <strong>Der</strong> Service ist immer<br />
ein großes Thema: Einige Kunden sind sehr<br />
zufrieden, für andere ist der Service manchmal<br />
ein Grund, einen Wettbewerber vorzuziehen. Das<br />
darf nicht sein. Unsere Kunden kaufen kein Wegwerfprodukt.<br />
Sie wollen ihre Antriebsanlage oder<br />
ihr Energiesystem über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte<br />
wirtschaftlich nutzen. Dafür brauchen sie<br />
einen verlässlichen Partner. Das fängt schon bei<br />
der Entwicklung unserer Produkte an. Schon da<br />
müssen wir im Auge haben, wie sich das Produkt<br />
im Betrieb verhält. Und natürlich werden<br />
wir immer daran arbeiten, mit Ersatzteilen und<br />
Experten noch schneller vor Ort zu sein, wenn<br />
es Probleme gibt. <strong>Der</strong> Kunde will schon heute<br />
nicht nur unseren Motor, unsere Antriebsanlage<br />
oder unser Energiesystem – er fordert auch<br />
unsere Serviceleistung. Zukünftig will er von uns<br />
vielleicht einfach nur „kW pro Stunde“ für seine<br />
Mission haben. Beim britischen Bahnbetreiber<br />
IEP gehen wir in dieser Hinsicht gemeins<strong>am</strong> mit<br />
unserem Partner Hitachi gerade neue Wege:<br />
Über 27 Jahre tragen wir das Kostenrisiko für den<br />
Betrieb mit. Das ist Chance und Herausforderung<br />
zugleich, und es sind die Anforderungen, die der<br />
Markt an uns stellt. Diese greifen wir gerne und<br />
mit viel Engagement auf.<br />
10 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
Interview<br />
Ihr Vorstandskollege Dr. Ulrich Dohle hat in<br />
der vergangenen Ausgabe des <strong>MTU</strong> Report<br />
angekündigt, dass Tognum in den nächsten<br />
Jahren neben Dieselmotoren auch verstärkt<br />
Gasmotoren entwickeln wird. Wie sehen Sie<br />
die Entwicklung des Gasmotors?<br />
Für mich stellt sich nicht mehr die Frage, ob<br />
Gas der Treibstoff der Zukunft ist, sondern wann<br />
er in welcher Anwendung zum Einsatz kommt.<br />
Die Ölvorkommen sind begrenzt und Gas wird<br />
es noch lange geben, daher müssen wir irgendwann<br />
umsteigen. Doch bei aller Euphorie sollten<br />
wir bedenken, dass wir unter anderem gerade<br />
für mobile Anwendungen noch Probleme mit der<br />
Infrastruktur bei Gas haben: Es ist eben etwas<br />
anderes, ob ich meine mit Gasmotoren ausgestattete<br />
Fähre in den norwegischen Fjorden mit<br />
immer gleichen Zielhäfen betreibe oder weltweit<br />
mit gasangetriebenen Schiffen unterwegs sein<br />
will und auf eine gut ausgebaute Gasinfrastruktur<br />
an jedem Ort angewiesen bin. Auch wird die Entwicklung<br />
der Rohstoffpreise von Öl und Gas eine<br />
Rolle spielen, wann und wo eine Umstellung auf<br />
Gas wirtschaftlich Sinn macht. Daher wird der<br />
Dieselmotor noch jahrzehntelang eine wichtige<br />
Rolle spielen. Sein Anteil im Ges<strong>am</strong>tmarkt wird<br />
zwar langfristig schrumpfen, aber groß genug<br />
bleiben, so dass wir weiterhin alles daran setzen,<br />
ihn noch sauberer und effizienter zu machen.<br />
Haben Sie schon ein Lieblingsprodukt bei<br />
Tognum?<br />
Ich habe bisher noch kein Produkt gefunden, das<br />
mich nicht begeistert. Tognum hat tolle Produkte:<br />
seien es die Yachtmotoren, die Powerpacks für<br />
Züge, Energieanlagen oder die großen Marine-<br />
Motoren. Alle für sich genommen sind technische<br />
Meisterwerke. Technik und Innovation begeistern<br />
mich eben. Aber das ist auch kein Wunder, sonst<br />
wäre ich wohl nicht schon seit über 20 Jahren in<br />
der Industrie tätig.<br />
Dr. Michael Haidinger verantwortet seit<br />
Sommer 2012 das weltweite Geschäft mit<br />
den Produkten der Marken <strong>MTU</strong> und <strong>MTU</strong><br />
<strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> sowie das Distributions- und<br />
Servicegeschäft von Tognum.<br />
INTERVIEW: LUCIE MALUCK<br />
BILD: ROBERT HACK<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 11
Nachrichten<br />
Unter www.mtuonsiteenergy.com finden Kunden und Interessierte Lösungen und Produkte rund um die<br />
dezentrale Energieerzeugung.<br />
Neue Website für <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong><br />
<strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> hat eine neue Website. Unter www.mtuonsiteenergy.com haben Interessenten<br />
die Möglichkeit, noch schneller Produkte und Lösungen rund um dezentrale Energieversorgung<br />
zu finden. Neben verbesserter Navigation und der neuen Rubrik „Lösungen“ mit<br />
Beschreibungen zu Anwendungen und Märkten ist auch ein Project Center in Arbeit. Dieses hat<br />
zum Ziel, Projektmanagern, Ingenieuren und Fachkräften Zugang zu weiteren technischen Informationen<br />
zu bieten, um beispielsweise einfacher Leistungsberechungen durchzuführen.<br />
Die Seite passt sich automatisch an das Endgerät des Nutzers an, wird also in optimaler<br />
Größe auf dem jeweiligen Display angezeigt. Informationen können so bequem über den Webbrowser<br />
<strong>am</strong> PC, Laptop, Tablet oder Smartphone abgerufen werden.<br />
Im Zuge der Neugestaltung des Webauftritts wurden auch relevante Inhalte aktualisiert und<br />
überarbeitet. Interessierte Besucher erhalten auf den Produktseiten detaillierte Informationen<br />
zu verfügbaren Komplettsystemen basierend auf <strong>MTU</strong> Gas- und Dieselmotoren und den dazu<br />
passenden Serviceleistungen. Die neue Rubrik „Lösungen“ beschreibt verschiedene Anwendungen<br />
und Märkte, in denen <strong>MTU</strong><br />
<strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong>-Produkte eingesetzt<br />
werden können.<br />
Die neue Website von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong><br />
<strong>Energy</strong> passt sich der Größe der Seiten<br />
und an das jeweilige Endgerät automatisch<br />
an.<br />
12 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
SKL Motor wird zu <strong>MTU</strong><br />
Reman Technologies<br />
Aus alt wird neu: Remanufacturing macht Motoren, die die erste Phase ihrer<br />
Lebensdauer erreicht haben, so gut wie neu: Die <strong>MTU</strong> Reman Technologies GmbH<br />
in Magdeburg ist das Technologiezentrum der Tognum-Gruppe für die<br />
serienmäßige Wiederaufarbeitung von <strong>MTU</strong>-Motoren und Komponenten.<br />
Im Jahr 2008 hat Tognum die SKL Motor GmbH in Magdeburg übernommen<br />
und den Standort auf die standardisierte Aufarbeitung von <strong>MTU</strong>-Motoren<br />
und -Komponenten ausgerichtet. Jetzt spiegelt auch der N<strong>am</strong>e des Unternehmens<br />
diese Aktivitäten wieder: <strong>MTU</strong> Reman Technologies.<br />
„Wir haben in den vergangenen Jahren über 20 Millionen Euro investiert“,<br />
so Wilfried Probian, Geschäftsführer von <strong>MTU</strong> Reman Technologies.<br />
Das Remanufacturing von Motoren, die beispielsweise in Stromaggregaten<br />
und Hochgeschwindigkeitszügen tausende Stunden Spitzenleistungen<br />
vollbrachten, spart nicht nur Geld, sondern auch Rohstoffe. Die Motoren<br />
werden zerlegt und die einzelnen Teile so aufgearbeitet, dass sie einem<br />
fabrikneuen Teil ebenbürtig sind. Defekte Komponenten und Verschleißteile<br />
werden durch neue ersetzt. Nach nur wenigen Wochen erhält der Kunde<br />
einen quasi neuen Motor, der einen kompletten Prüflauf hinter sich gebracht<br />
hat. Aber nicht nur ganze Motoren, auch einzelne ausgebaute Komponenten<br />
werden aufgearbeitet und als Reman-Teile weiterverwendet.<br />
Des Weiteren forscht die Tognum-Gruppe in Magdeburg an den Motoren<br />
der Zukunft. An Einzylinderprüfständen werden neue Brennverfahren,<br />
Brennraumgeometrien oder alternative Kraftstoffe untersucht.<br />
148 junge Menschen haben in diesem<br />
Jahr bei Tognum und den Tochtergesellschaften<br />
im In- und Ausland<br />
mit der Lehre oder dem dualen<br />
Studium begonnen.<br />
Unsere<br />
Neuen<br />
148 junge Menschen haben in<br />
diesem Jahr bei Tognum und<br />
den Tochtergesellschaften im<br />
In- und Ausland eine Lehre oder<br />
ein duales Studium begonnen.<br />
„Wir entwickeln, produzieren und warten hochwertige Motoren und Energieanlagen.<br />
Dazu benötigen wir qualifiziertes Personal. Mit dieser Investition<br />
in die Zukunft leistet das Unternehmen einen wichtigen Beitrag, um<br />
dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken“, erklärt Ingo Metzer, Tognum-<br />
Personalleiter anlässlich des Ausbildungsstarts im <strong>MTU</strong>-Leitwerk in Friedrichshafen.<br />
Dort startete auch der Großteil der <strong>MTU</strong>-Auszubildenen in<br />
das Berufsleben. Doch zum ersten Mal bildet auch Tognum America <strong>am</strong><br />
Standort Aiken sechs Berufsanfänger zu Industriemechanikern aus. Das<br />
Progr<strong>am</strong>m, das in Zus<strong>am</strong>menarbeit mit dem Aiken County School District,<br />
dem Aiken County Career and Technology Center und dem Aiken Technical<br />
College entsteht, verbindet High-School-Ausbildung, Technikunterricht<br />
im Klassenzimmer und praktisches Lernen im <strong>MTU</strong>-Werk in Aiken, angelehnt<br />
an das in Deutschland übliche duale Ausbildungsmodell. Bereits seit<br />
Anfang des Jahres 2012 lernen fünf Auszubildende bei <strong>MTU</strong> Südafrika die<br />
Feinheiten der Motorenmontage und des Motorenservices. Drei Berufsanfänger<br />
starteten bei Tognum Asia.<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 13
Nachrichten<br />
Grünes Krankenhaus<br />
Das neue Generatoraggregat <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> 400 kW 8V Baureihe 1600<br />
hat einen besonders hohen Brennstoffwirkungsgrad und ist zudem belastbar<br />
und flexibel.<br />
Bronze-Aggregat<br />
<strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> erhielt eine Bronze-Auszeichnung beim 8. Jahreswettbewerb<br />
„Produkt des Jahres“. Ausgezeichnet wurde das Dieselgeneratoraggregat,<br />
das auf dem Motor <strong>MTU</strong> 8V Baureihe 1600 basiert.<br />
Die Auszeichnung wird von der Fachzeitschrift „Consulting-Specifying<br />
Engineer“ für die besten Produkte verliehen, die 2011 eingeführt wurden.<br />
Das Bronze-Generatoraggregat hat einen hohen Brennstoffwirkungsgrad,<br />
eine hohe Belastbarkeit und große Flexibilität im wichtigen<br />
Leistungsbereich von 400 Kilowatt. Um maximale Flexibilität in verschiedenen<br />
Anwendungen zu gewährleisten, erreicht das Aggregat<br />
für den Reservebetrieb einen mittleren Lastfaktor von 85 Prozent bei<br />
schwankender Last über 24 Stunden — gegenüber dem typischen mittleren<br />
Lastfaktor von 70 Prozent über 24 Stunden. Deshalb eignet es<br />
sich ideal für anspruchsvolle Anwendungen, wie zum Beispiel als Notstromaggregat.<br />
Eine Kraft-Wärme-Kälte-Kopplungsanlage von<br />
<strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> macht das Turgutlu Public<br />
Hospital zum ersten „grünen” Krankenhaus der<br />
Türkei. Basierend auf Gasmotoren der Baureihen<br />
400 und 4000 von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> liefert die<br />
Anlage 1.235 Megawatt elektrische und 1.350<br />
Megawatt thermische Energie – genug, um das<br />
300-Betten-Krankenhaus mit Strom und Warmwasser<br />
zur Klimatisierung zu versorgen. Die Anlage<br />
ist in dreierlei Hinsicht eine Premiere: Sie ist<br />
nicht nur die erste ihrer Art in der Türkei und die<br />
erste Anlage des Landes zur Stromversorgung<br />
eines öffentlichen Krankenhauses. Sie ist darüber<br />
hinaus die erste Anlage, die außerhalb des strengen<br />
türkischen Lizenzierungssystems im Einsatz<br />
ist. Mit der Vergabe von Lizenzen für die Energieerzeugung<br />
will die Behörde zur Regulierung des<br />
Energiemarktes, die <strong>Energy</strong> Market Regulatory<br />
Authority (EMRA), die Energiepolitik verbessern<br />
und die Energieeffizienz in Land steigern. D<strong>am</strong>it<br />
für einen Betrieb in der Türkei keine Stromerzeugungs-Lizenzgebühr<br />
anfällt, müssen Anlagen<br />
einen Wirkungsgrad von mindestens 80 Prozent<br />
erreichen. Mit einem Wirkungsgrad von nahezu<br />
90 Prozent wurde die <strong>MTU</strong>-Anlage des Turgutlu<br />
Public Hospital die erste lizenzfreie Stromerzeugungseinrichtung<br />
des Landes. „Wir erwarten, dass<br />
sich die Investition des Krankenhauses in weniger<br />
als zwei Jahren bezahlt machen wird,” so Sadullah<br />
Iscanoglu von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong>.<br />
Umweltfreundliche Aggregate von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong><br />
liefern Not- und Spitzenstrom für ein karibisches Einkaufszentrum.<br />
Shopping-Strom<br />
In der Dominikanischen Republik gibt es nicht nur einen Tourismus-Boom: In den vergangenen drei Jahren sind<br />
dort zudem vier neue Einkaufszentren der Extraklasse entstanden. Eins davon ist die Agor Mall. Die 120.000 Quadratmeter<br />
große, umweltfreundliche und energiesparende Anlage wurde im Sommer eröffnet und ihre Bauweise<br />
entspricht LEED-Standards (Leadership in <strong>Energy</strong> and Environmental Design). <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong>-Distributor<br />
Equipos Diesel, S.A. installierte im Einkaufszentrum eine Sieben-Megawatt-Notstromanlage. Sie besteht aus drei<br />
1.750 Kilowatt starken Zwölfzylinder-Motoren der Baureihe 4000 und deckt den Bedarf an Not- und Spitzenstrom<br />
ab. Auch die Generatoraggregate entsprechen LEED-Standards: Sie haben Wärmetauscher, die speziell für ein<br />
Zus<strong>am</strong>menwirken mit der Anlage für Heizung, Lüftung und Klimatechnik des Einkaufszentrums ausgelegt sind. Dieses<br />
Zus<strong>am</strong>menspiel ermöglichen <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong>-Bedienelemente mit offenem Protokoll: Es stellt Anschlussmöglichkeit,<br />
Betriebsbereitschaft, Stabilität und Kraftstoffeffizienz sicher, wann immer die Generatoraggregate<br />
gebraucht werden.<br />
14 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
Kurz notiert:<br />
EPA Tier 3 und IMO Tier III für Yachtmotor<br />
<strong>MTU</strong> und Marina Barcelona 92 haben einen Vertrag zur Kooperation bei Service<br />
und Überholung von <strong>MTU</strong>-Yachtmotoren unterzeichnet.<br />
Kooperationspartner<br />
<strong>MTU</strong> und die spanische Reparaturwerft Marina Barcelona 92 (MB92) haben<br />
einen Kooperationsvertrag unterschrieben. Dieser regelt die technischen<br />
und geschäftlichen Beziehungen zwischen beiden Parteien bei der Zus<strong>am</strong>menarbeit<br />
mit der Werft für den Service und die Überholung von <strong>MTU</strong>-<br />
Motoren in Yachten, die die Werft anlaufen. Deshalb unterhält <strong>MTU</strong> ein<br />
Büro auf dem Werftgelände. MB92 befindet sich im Hafen von Barcelona<br />
und ist weltweit eine der größten Werften für Überholung, Service und Wartung<br />
von Super- und Megayachten. Seit Ende 2011 hat <strong>MTU</strong> bei MB92 an<br />
Bord von mehr als 50 Yachten Unterstützung geleistet.<br />
Die <strong>MTU</strong>-Baureihe 2000 wird für<br />
die US-Emissionsstufe EPA Tier 3<br />
(Freizeitschiffe) und für die internationale<br />
Emissionsstufe IMO Tier III<br />
weiterentwickelt. Die neue Motorengeneration<br />
2000 M96 deckt<br />
einen Leistungsbereich bis 1940<br />
Kilowatt (2600 bhp) ab und erfüllt<br />
IMO Tier II und EPA Tier 3 rein innermotorisch sowie IMO Tier III mit<br />
SCR-Abgasnachbehandlung. Trotz der geringeren Abgas emissionen ist<br />
der Kraftstoffverbrauch geringer als bei den Vorgängermodellen.<br />
Die Motoren sind in 2014 (EPA Tier 3 Freizeitschiffe)<br />
beziehungsweise Anfang 2016 (IMO Tier III) verfügbar.<br />
Ironmen für nächste Emissions-Generation<br />
Tognum wird die Arbeitsschiffsmotoren<br />
der <strong>MTU</strong>-Baureihe 4000<br />
Ironmen für die US-Emissionsstufe<br />
EPA Tier 3 weiterent wickeln. Wie die<br />
heutige Generation werden auch die<br />
künftigen Motoren als Varianten mit<br />
8, 12 oder 16 Zylindern für dieselmechanischen<br />
und dieselelektrischen<br />
Antrieb sowie als Bordstromaggregat angeboten. Als mechanische<br />
Antriebsmotoren decken sie einen Leistungsbereich von 560 bis 2.000<br />
Kilowatt ab, für den dieselelektrischen An trieb und als Bordstromaggregat<br />
von 650 bis 2.000 Kilowatt. Die Motoren benötigen keine<br />
Abgasnachbehandlung. Ab Sommer 2013 sollen die ersten<br />
Varianten verfügbar sein.<br />
Baureihe 8000 mit 10 Megawatt<br />
<strong>MTU</strong> und Navantia betreiben in Cartagena/Spanien ein gemeins<strong>am</strong>es<br />
Schulungszentrum.<br />
Neues Trainingcenter<br />
<strong>MTU</strong> Ibérica und das spanische Schiffbauunternehmen Navantia haben<br />
im spanischen Cartagena ein gemeins<strong>am</strong>es Schulungszentrum eröffnet.<br />
Dies ist Teil einer langfristigen strategischen Kooperation beider<br />
Unternehmen und ergänzt die bestehenden Lizenzverträge für die Vermarktung<br />
und Fertigung von <strong>MTU</strong>-Motoren der Baureihen 396, 956<br />
und 1163. Das Zentrum ist ein Bestandteil des weltweiten <strong>MTU</strong>-Servicenetzes<br />
mit seinen zahlreichen Schulungseinrichtungen und erfüllt<br />
entsprechend hohe Qualitätsstandards.<br />
Die Baureihe 8000 gibt es jetzt<br />
auch mit 10 Megawatt Leistung.<br />
Bisher lag die Höchstleistung des<br />
20-Zylinder motors bei 9.100 Kilowatt.<br />
In einem projektspezifi schen<br />
Dauerlauf über 1.500 Stunden bei<br />
tropi schen Randbedingungen stellte<br />
der IMO Tier II-fähige Motor die Leistungssteigerung<br />
und seine Zuverlässigkeit unter Beweis. Die Baureihe<br />
8000 deckt nun ein Leistungsspektrum von 7.200 bis 10.000 Kilowatt<br />
ab. <strong>MTU</strong> ist d<strong>am</strong>it in der Lage, wirtschaftliche Antriebslösungen<br />
auf Basis von Dieselmotoren bis zu 40 Megawatt pro<br />
Schiff anzubieten.<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 15
▬▬▬ East Coast Main Line<br />
▬▬▬ Great Western Main Line<br />
Inverness<br />
Aberdeen<br />
Glasgow<br />
Edinburgh<br />
Vereinigtes<br />
Königreich<br />
Nordsee<br />
Newcastle<br />
Irische See<br />
Harrogate<br />
Doncaster<br />
Hull<br />
Irland<br />
Lincoln<br />
Carmarthen<br />
Hereford<br />
Kings<br />
Lynn<br />
Swansea<br />
Cardiff<br />
Bristol<br />
Reading<br />
London<br />
North Pole<br />
Plymouth<br />
Paignton<br />
Ärmelkanal<br />
Frankreich<br />
Die Bahnstrecke Great Western Main Line verläuft von London nach Westengland<br />
und Südwales. Das Kernstück der Strecke geht bis Bristol. Die East Coast Main Line<br />
ist eine gut 600 Kilometer lange, elektrifizierte Hochgeschwindigkeitsstrecke von<br />
London über Peterborough, York und Newcastle ins schottische Edinburgh.<br />
16 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
Powerpacks und Wartung für britische Hochgeschwindigkeitszüge<br />
Bahn<br />
Ein Leben lang<br />
Es ist eines der größten Verkehrsprojekte der vergangenen Jahre in Großbritannien:<br />
das Intercity Express Progr<strong>am</strong>me, kurz IEP. Nach rund fünfjähriger Ausschreibungsphase<br />
hat das britische Verkehrsministerium im Juli 2012 beim britischen<br />
Konsortium Agility Trains 92 neue Züge mit 600 Wagen bestellt. Diese<br />
sollen auf den beiden Hauptbahnstrecken Great Western Main Line (GWML) und<br />
East Coast Main Line (ECML) fahren. Das von Hitachi Rail Europe angeführte Konsortium<br />
Agility Trains bek<strong>am</strong> den Zuschlag, den Hitachi Super Express Train zu<br />
entwickeln, zu bauen und 27,5 Jahre lang zu warten. Ab dem Jahr 2017 sollen die<br />
Züge auf der GWML und ab dem Jahr 2018 auf der ECML fahren. <strong>MTU</strong> ist bevorzugter<br />
Lieferant für 250 dieselelektrische Powerpacks und zudem während der<br />
ges<strong>am</strong>ten Lebensdauer der Züge für die Wartung der Powerpacks verantwortlich.<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 17
Bahn<br />
und mit äußerst zuverlässigen Powerpacks Teil des Intercity Express Progr<strong>am</strong>me<br />
und Partner von Hitachi zu werden“, sagte Tognum-Vertriebsvorstand<br />
Dr. Michael Haidinger anlässlich der gemeins<strong>am</strong>en Pressekonferenz<br />
mit Hitachi im September 2012 auf der Bahnmesse Innotrans in Berlin.<br />
Die Hitachi Super Express Züge fahren entweder rein elektrisch oder bimodal. Dies<br />
bedeutet, dass sie auf elektrifizierten Strecken elektrisch fahren und immer dann,<br />
wenn keine Oberleitung verfügbar ist, die <strong>MTU</strong>-Powerpacks nutzen.<br />
Zur Fahrzeugf<strong>am</strong>ilie des Super Express gehören neben rein elektrischen<br />
Zügen auch sogenannte bimodale Züge, die unter Oberleitung rein elektrisch<br />
und auf nicht elektrifizierten Strecken mit dieselelektrischem Antrieb<br />
fahren. Je nach Zuglänge erhalten diese bimodalen Züge drei (fünf Wagen),<br />
vier (acht Wagen) oder fünf (neun Wagen) Powerpacks, die sie von einer<br />
Streckenelektrifizierung unabhängig machen. Die rein elektrischen Züge<br />
sollen ebenfalls mit je einem Powerpack ausgerüstet werden. Dieses dient<br />
als Hilfsstromaggregat, um bei Störung der Oberleitung den nächsten Bahnhof<br />
zu erreichen und die Notstromversorgung des Zuges aufrechtzuerhalten.<br />
<strong>MTU</strong> liefert die Antriebe zwischen den Jahren 2013 und 2018 an<br />
Hitachi, der Wartungsvertrag läuft ab dem Jahr 2017. „Tognum ist stolz,<br />
durch seine langjährige Erfahrung mit umfassenden Wartungsverträgen<br />
Lebenslange Wartung<br />
<strong>MTU</strong> gewährleistet die Verfügbarkeit der Antriebsanlagen über die ges<strong>am</strong>te<br />
Lebensdauer der Züge. <strong>Der</strong> dafür notwendige Komplettwartungsvertrag<br />
umfasst sowohl die präventive Wartung als auch anfallende Reparaturen<br />
und Grundüberholungen. Hierzu plant <strong>MTU</strong>, neben der speziell für dieses<br />
Projekt erweiterten Werkstatt in East Grinstead, eigenes Servicepersonal<br />
in den Zugdepots in North Pole (London) und Doncaster (South Yorkshire)<br />
zu stationieren. Bereits bei der jetzigen Generation der britischen Hochgeschwindigkeitszüge<br />
InterCity 125 hatte <strong>MTU</strong> die Motoren geliefert und<br />
mit einem ähnlichen Servicekonzept die komplette präventive und korrektive<br />
Wartung übernommen. Verantwortlich für den Service ist die britische<br />
Tochtergesellschaft <strong>MTU</strong> UK mit Sitz in East Grinstead (West Sussex).<br />
Hitachi Rail Europe mit Sitz in der britischen Hauptstadt London ist eine<br />
Tochter von Hitachi Europe und gehört zum japanischen Hitachi-Konzern.<br />
<strong>Der</strong> japanische Shinkansen ist das bekannteste Beispiel für Hochgeschwindigkeitszüge<br />
aus dem Haus Hitachi. <strong>Der</strong> erste europäische Bahnauftrag für<br />
Hitachi war eine Flotte von 29 britischen Hochgeschwindigkeitszügen der<br />
Baureihe 395.<br />
TEXT UND INTERVIEW: MIRKO GUTEMANN<br />
BILDER: HITACHI, TOGNUM, ROBERT HACK<br />
Ihre Fragen beantwortet:<br />
Alexander Kerschgens<br />
alexander.kerschgens@mtu-online.com<br />
Tel. +49 7541 90-7042<br />
<strong>MTU</strong>-Powerpack mit Baureihe 1600<br />
MEMO<br />
18 I <strong>MTU</strong> Report 03/12<br />
Die <strong>MTU</strong>-Powerpacks für die Hitachi-Triebwagen sind dieselelektrische Unterflurantriebe<br />
mit einer Leistung von jeweils 700 Kilowatt. Kern des Antriebspakets ist der<br />
<strong>MTU</strong>-Zwölfzylinder-Dieselmotor 12V 1600 R80L. <strong>Der</strong> Antrieb erfüllt die Emissionsgrenzwerte<br />
der seit 2012 gültigen EU-Stufe IIIB und ist mit SCR-Abgasnachbehandlung<br />
ausgerüstet. Das Powerpack enthält neben dem Motor und Generator alle für den<br />
Antrieb des Fahrzeugs nötigen Nebenaggregate.
INTERVIEW<br />
Jim Brewin (links) ist Entwicklungsingenieur bei Hitachi Rail Europe und erläutert im Interview die Anforderungen, die sowohl Hitachi als auch <strong>MTU</strong> beim<br />
IEP-Projekt erfüllen müssen.<br />
„Wir werden für Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit bezahlt“<br />
Mr. Brewin, als Entwicklungsingenieur bei Hitachi Rail Europe waren Sie technisch<br />
für den Einkauf der Generatoreinheiten im IEP-Projekt verantwortlich. Was<br />
waren die Kernanforderungen an die Powerpacks?<br />
<strong>Der</strong> verfügbare Bauraum war für die Fahrzeugdesigner von Hitachi der Ausgangspunkt<br />
aller technischen Anforderungen. Die Designer im Werk im japanischen Kasado haben<br />
definiert, was wir in Bezug auf Bauraum, Leistung und Schnittstellen zwischen Zug und<br />
Generatoreinheit brauchen. Unter Wartungsgesichtspunkten haben wir ent schieden, dass<br />
die einfachste Lösung eine Einheit ist, die wir schnell ein- und ausbauen können – wie<br />
beim Boxenstopp in der Formel 1.<br />
Was waren die Argumente für das <strong>MTU</strong>-Powerpack?<br />
Bei jedem Lieferanten gab es Pro- und Kontra-Argumente. Mal war die technische Lösung<br />
besser, mal das Serviceangebot. Für uns war es wichtig, dass die Lösung ausgewogen ist.<br />
Gemeins<strong>am</strong> mit den bietenden Lieferanten hat Hitachi diese erarbeitet und dabei nicht<br />
vorgegeben „Genauso muss es gemacht werden“ – wir haben von den potenziellen Lieferanten<br />
Vorschläge erwartet. Durch diese intensive Zus<strong>am</strong>menarbeit haben wir eine sehr<br />
gute Beziehung zu <strong>MTU</strong> aufgebaut und sind zuversichtlich, dass wir mit dem Powerpack<br />
erfolgreich sein werden.<br />
Warum hat Hitachi sich für ein Powerpack mit 700 Kilowatt entschieden, statt die<br />
Standardvariante mit 560 Kilowatt zu wählen?<br />
Die einfache Antwort ist mehr Flexibilität und Redundanz. Normalerweise betreiben wir<br />
die Motoren bei 560 Kilowatt Leistung. Aber wenn der Zug zum Beispiel einen Bahnhof<br />
verspätet verlässt, haben wir mit dem 700-Kilowatt-Powerpack Leistungsreserven, um<br />
diese Verspätung wieder aufzuholen. Oder wenn die Klimaanlage auf vollen Touren<br />
läuft, können wir diese zusätzliche Leistung brauchen. Das macht uns flexibler.<br />
Hitachi hat auch strenge Anforderungen an niedrige Geräusche und Vibrationen<br />
der Generatoreinheiten gestellt. Warum?<br />
<strong>Der</strong> europäische TSI-Standard (Technical Specifications for Interoperability) ist sehr,<br />
sehr streng. Wenn ein Zug zum Beispiel einen Bahnhof verlässt, darf er eine bestimmte<br />
Lautstärke nicht überschreiten. Die Fahrgäste wollen außerdem möglichst wenig<br />
Vibrationen spüren. Diese Anforderungen zu erfüllen, ist eine große Herausforderung.<br />
Wir haben das auf unserem Prüfstand in Japan ausgiebig getestet und arbeiten<br />
gemeins<strong>am</strong> mit <strong>MTU</strong> sehr hart daran, die Geräusche und Vibrationen zu minimieren.<br />
Wie werden Hitachi und <strong>MTU</strong> künftig zus<strong>am</strong>menarbeiten?<br />
<strong>Der</strong> IEP-Vertrag beinhaltet die Wartung der Züge über 27,5 Jahre. Hitachi trägt die<br />
Ges<strong>am</strong>tverantwortung, <strong>MTU</strong> ist für die Wartung der Generatoreinheiten verantwortlich.<br />
Bei <strong>MTU</strong> arbeiten die Experten für die Powerpacks und wir wollen sicherstellen,<br />
dass diese über den ges<strong>am</strong>ten Zeitraum eingebunden sind. Nur so können wir immer<br />
höchste Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit bieten. Und dafür werden wir bezahlt. <strong>MTU</strong><br />
hat schon im Vorgängerprojekt HST (High Speed Trains) über viele Jahre seine Expertise<br />
mit Wartungsverträgen in Großbritannien beweisen können. Außerdem haben<br />
einige Kollegen von uns schon mit der Serviceorganisation von <strong>MTU</strong> zus<strong>am</strong>mengearbeitet<br />
und gute Erfahrungen ges<strong>am</strong>melt. Das hat uns überzeugt. Es liegen zwar noch<br />
einige Herausforderungen vor uns, aber die Grundzüge der Zus<strong>am</strong>menarbeit sind klar<br />
und wir haben eine sehr gute Lösung für das Intercity Express Progr<strong>am</strong>me.<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 19
Extreme Einsatzbedingungen von <strong>MTU</strong>-Motoren<br />
<strong>Hart</strong> <strong>am</strong><br />
<strong>Limit</strong><br />
Joggen bei minus zehn Grad: kalt, aber möglich. Bei<br />
minus 15 Grad: Da schmerzt das Atmen schon. Bei<br />
minus 20 Grad: <strong>Der</strong> Körper schafft es nicht mehr,<br />
die kalte Luft zu erwärmen, bis sie die Lunge<br />
erreicht – das Joggen wird zum Gesundheitsrisiko.<br />
Bei plus 60 Grad ist es auch nicht rats<strong>am</strong>, sich in<br />
der Natur zu verausgaben. Und steile Berge scheuen<br />
die meisten Jogger. Aber <strong>MTU</strong>-Motoren müssen<br />
immer laufen: sei es bei minus 60 Grad in der sogenannten<br />
Kältek<strong>am</strong>mer Russlands oder wenn die Wellen auf<br />
dem Meer so hoch sind, dass andere Schiffe kentern.<br />
Selbst wenn die Erde bebt, dürfen sie nicht ausfallen.<br />
Um zu testen, ob die Motoren diesen extremen Bedingungen<br />
standhalten, simulieren <strong>MTU</strong>-Entwickler diese<br />
Bedingungen auf Prüfständen.
Technologie<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 21
Technologie<br />
Ein bizarres Bild: Wie aus dem Nichts bilden sich auf dem Motor auf dem <strong>MTU</strong>-Prüfstand<br />
132 Eiskristalle. Erst nur wenige, dann immer mehr. Wie im Wintermärchen legt<br />
sich das Eis wie eine zweite Haut um den Motor. Nach wenigen Stunden ist aus dem<br />
silbernen Motor ein kristallweißes Kunstwerk geworden. Dann startet der Motor – und<br />
nach wenigen Minuten schmilzt das Eis zu Wasser.<br />
Winter im Motor<br />
Auf Prüfstand 132 wird das Startverhalten von <strong>MTU</strong>-Motoren bei extrem kalten Temperaturen<br />
getestet. Klimakompressoren kühlen den Kühlkreislauf des Motors auf äußerst<br />
frostige Temperaturen herunter. So können die Entwickler testen, wie der Motor bei unterschiedlichen<br />
Temperaturen startet. Um den Startvorgang zu verbessern, optimieren <strong>MTU</strong>-<br />
Entwickler Einspritzdruck, Einspritzmenge und Einspritzzeitpunkt. Diese Daten werden im<br />
Motorregler hinterlegt und in Abhängigkeit der Außentemperatur und Kühlmitteltemperatur<br />
beim Motorstart angepasst. Gebraucht wird das zum Beispiel in Muldenkippern, die<br />
in der sibirischen Di<strong>am</strong>antenmine Aichal pausenlos im Einsatz sind. Nicht ohne Grund gilt<br />
diese Stadt in der Teilrepublik Jakutien als die Kältek<strong>am</strong>mer Russlands. Einer Sage nach<br />
hat Gott, als er die Erde erschuf, einen Engel mit einem Sack voller Reichtümer nach Sibirien<br />
geschickt. Als dieser über Jakutien flog, gefroren ihm vor Kälte die Finger und er ließ<br />
alles fallen. Die ganzen Reichtümer – Gold, Silber und Platin, fielen auf die Erde. Aus Zorn<br />
über seinen Verlust strafte Gott die Region mit einem eisigen Winter.<br />
Motoren an Kälte angepasst<br />
Wer in Aichal arbeitet, darf früher in Rente gehen. Die Mitarbeiter bekommen außerdem<br />
einen finanziellen Ausgleich und alle zwei Jahre einen Erholungsurlaub <strong>am</strong> Schwarzen<br />
Meer. Die Muldenkipper nicht. Bei eisigen Temperaturen von bis zu minus 60 Grad – da<br />
fällt es Menschen schon schwer, zu atmen – müssen sie zuverlässig ihren Dienst verrichten.<br />
„Zunächst war ich skeptisch, ob die leistungsfähigen Motoren von <strong>MTU</strong> dies wirklich<br />
können, aber sie laufen problemlos“, erzählt Vladimir Koyhevnikov, Chefingenieur<br />
des Minenbetreibers Alrosa. Nur alle 30.000 Stunden müssen sie überholt werden; nicht<br />
häufiger als <strong>MTU</strong>-Motoren in anderen Minen auch. Doch die Motoren sind speziell auf<br />
die Bedingungen in der eisigen Kälte Sibiriens vorbereitet. Da der in dieser Gegend verwendete<br />
Polardiesel einen Kerosinanteil von 60 Prozent hat und d<strong>am</strong>it wesentlich dünnflüssiger<br />
als der sonst im Winter verwendete Winterdiesel ist, hat <strong>MTU</strong> die Injektoren so<br />
ausgelegt, dass der dünnflüssige Kraftstoff sie nicht zerstört. Jalousien vor dem Kühler<br />
verhindern, dass der Motor auskühlt. Sie sind vor den Kühler montiert und werden immer<br />
dann im Leerlauf geschlossen, wenn es zu kalt wird. <strong>Der</strong> Motorregler passt die Kraftstoffmenge<br />
und den Einspritzzeitpunkt zudem automatisch der Lufttemperatur an. Außerdem<br />
wird beim Start in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur zusätzlich zur Haupteinspritzung<br />
die Voreinspritzung aktiviert.<br />
*****<br />
Höhenkit für Einsatz in Chile<br />
Wer einmal im Hochgebirge unterwegs war kennt das Gefühl: Die Luft wird dünn, das<br />
Atmen fällt schwer. <strong>Der</strong> Anteil des Sauerstoffs in der Luft wird mit jedem Meter geringer.<br />
Ein geübter Bergwanderer merkt davon auch in 3.000 Metern Höhe nicht viel. Wer allerdings<br />
vorwiegend im Flachland unterwegs ist, dem fällt schon auf 1.500 Metern Höhe<br />
das Atmen schwer. So ähnlich geht es auch den Leopard-2-Panzern, die seit drei Jahren<br />
das Rückgrat der chilenischen Armee sind. In bis zu 4.300 Meter Höhe müssen sie trotzdem<br />
ihre Fahrleistungen bringen. Besonders für die Turbolader ist dies eine Herausforderung.<br />
<strong>Der</strong>en Drehzahl erhöht sich, aber sie fördern weniger Brennluft in den Motor. Die<br />
Folge: Die Abgastemperatur steigt und die Lebensdauer vieler Bauteile sinkt. D<strong>am</strong>it dies<br />
nicht passiert, sorgt ein neues Verdichterrad im Turbolader zus<strong>am</strong>men mit einer Temperaturüberwachung<br />
des Abgases mittels Sensoren dafür, dass der Motor nicht zu heiß<br />
wird. Die Motorleistung wird dabei kaum spürbar zurückgenommen. So kann das Triebwerk<br />
auch im Hochgebirge Höchstleistungen bringen.<br />
*****<br />
22 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
«Zunächst war ich<br />
skeptisch, ob die leistungs<br />
fähigen <strong>MTU</strong>-<br />
Motoren die Bedingungen<br />
in der Kälte<br />
Russlands aushalten<br />
können, aber sie laufen<br />
problemlos. »<br />
Vladimir Koyhevnikov, Chefingenieur Alrosa<br />
Winter auf dem <strong>MTU</strong>-Prüstand 132:<br />
Entwickler kühlen den Motor auf<br />
minus 25 Grad Celsius herunter, um<br />
sein Startverhalten bei diesen Temperaturen<br />
zu testen und zu verbessern.<br />
Das Wasser, mit dem die Oberfläche des<br />
Motors beschlägt, friert in nur wenigen<br />
Minuten zu einem Eispanzer. Nach dem<br />
Motorstart löst sich die weiße Pracht<br />
wieder auf.<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 23
Extreme Schräglagen von Motoren<br />
Peitschende Welle, Gischt und eisige Temperaturen. Rettungsschiffe müssen meistens<br />
dann ausrücken, wenn die Wellen <strong>am</strong> höchsten sind und andere Schiffe mit den Bedingungen<br />
nicht mehr klarkommen. D<strong>am</strong>it die Schiffe nicht selbst zum Rettungsfall werden,<br />
können sie sich automatisch wieder aufrichten, sollten sie kentern. „Wir legen unsere<br />
Motoren speziell auf solch schwierige Einsatzbedingungen aus. Um sicher zu gehen,<br />
dass immer genug Öl zur Verfügu8ng steht, um die beweglichen Motorteile mit einem<br />
Schmierfilm zu überziehen, testen wir sie außerdem auf einem speziellen Schwenkprüfstand“,<br />
erklärt Dr. Carsten Baumgarten, Te<strong>am</strong>leiter Motorenversuch für die Baureihe<br />
2000. Auf diesem Prüfstand werden Motoren in Schräglagen bis zu 45 Grad gebracht<br />
und in allen möglichen Last- und Drehzahlkombinationen getestet. Die Entwickler beantworten<br />
mit diesen Test-Fragen wie nach der Höhe des Öldrucks, dem Luftgehalt im Öl<br />
oder der Menge des Öls in den Blowby-Gasen des Motors, die über die Kurbelgehäuseentlüftung<br />
der Verbrennungsluft zugeführt werden. Motoren, die in Muldenkippern<br />
oder Baggern eingesetzt werden, müssen bis zu 15 Grad Schräglage in jede Richtung<br />
überstehen. Bei Motoren für Schiffe liegt dieser Wert zum Teil noch deutlich höher. In<br />
gepanzerten Fahrzeugen müssen <strong>MTU</strong>-Motoren teilweise bis zu 45 Grad Schräglage aushalten.<br />
Hierfür sind sie mit einer speziellen Trockensumpfschmierung ausgestattet. Das<br />
Öl wird ständig aus der Ölwanne in einen kleineren Behälter gepumpt, aus dem es in den<br />
Motor gelangt. So wird sichergestellt, dass immer genug Öl in den Motor gelangt.<br />
D<strong>am</strong>it Fahrzeuge – seien es Panzer oder Muldenkipper -- auch in der<br />
dünnen Luft in über 4.000 Metern Höhe zuverlässig fahren, werden<br />
sie mit einem speziellen Höhenkit ausgestattet.<br />
Noch eine Nummer härter hat es die Motoren erwischt, die beispielsweise die Rettungsboote<br />
der britischen Seenotrettungsgesellschaft „Royal National Lifeboat Institution“<br />
antreiben. Sie müssen sich um die eigene Längsachse drehen und trotzdem<br />
weiterlaufen. Kein leichtes Unterfangen, denn durch das Kentern kann Motoröl über die<br />
Kurbelgehäuseentlüftung in die Zylinder gelangen, das dann unkontrolliert verbrennt.<br />
<strong>MTU</strong>-Konstrukteure haben daher die Kurbelgehäuseentlüftung und die Räume für das<br />
Motoröl so gestaltet, dass bei der 360-Grad-Drehung kein Öl in den Ansaugtrakt gelangt.<br />
*****<br />
Die Schiffe der britischen Seenotrettungsgesellschaft RNLI müssen<br />
oft dann auf See, wenn andere Schiffe kentern und die Bedingungen<br />
<strong>am</strong> härtesten sind.<br />
Notstrom nach einem Erdbeben<br />
Und was ist, wenn die Erde bebt? Notstromaggregate – egal, ob sie in Kernkraftwerken,<br />
in Rechenzentren oder in Krankenhäusern die Stromversorgung absichern – dürfen dann<br />
nicht ausfallen. In Kalifornien wackelt die Erde 10.000 Mal im Jahr und auch im Rest der<br />
Welt sind Erdbeben keine Seltenheit. Das müssen auch die Stromaggregate von <strong>MTU</strong><br />
<strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> aushalten. Die Entwickler von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> im <strong>am</strong>erikanischen Mankato<br />
haben daher kürzlich auf einem speziellen Prüfstand ein Erdbeben simuliert. Auf einem<br />
Prüftisch wurde ein Aggregat mit einem 3.250 Kilowatt starken <strong>MTU</strong>-Motor der Baureihe<br />
4000 einem heftigen Erdbeben ausgesetzt. Das Ergebnis: Vor, und noch viel wichtiger, auch<br />
nach dem Erdbeben lief das Aggregat und tat das, was es in so einem Fall machen muss:<br />
Strom liefern. Das Aggregat erfüllt somit die Vorgaben des International Building Codes<br />
(IBC).<br />
*****<br />
Bis zum Anschlag<br />
Den ultimativen Härtetest haben <strong>MTU</strong>-Entwickler kürzlich mit einem Motor der Baureihe<br />
890 durchgeführt. Sie haben eine Bergabfahrt simuliert und dabei die Drehzahl des<br />
Motors gesteigert, bis er ausgefallen ist. „Bei 5.555 Umdrehungen pro Minute mussten<br />
wir den Versuch aufgrund eines mechanischen Schadens abbrechen“, erzählt Frank Skrzypinski,<br />
<strong>MTU</strong>-Te<strong>am</strong>leiter für Motorversuche. Trotzdem „Approved“? „Ja“, ist Skrzypinski<br />
überzeugt. „Denn das sind 800 Umdrehungen pro Minute über der Drehzahl von 4.700,<br />
für die der Motor ausgelegt ist.“<br />
TEXT: LUCIE MALUCK<br />
BILDER: DENNIS GERING, ROBERT HACK, TOGNUM, RNLI
Technologie<br />
Bis zu 45 Grad können <strong>MTU</strong>-Entwickler Motoren auf einem Prüfstand schräg stellen. D<strong>am</strong>it können sie harte Einsatzbedingungen, wie Bergaufoder<br />
Bergabfahren oder hohe Wellen simulieren.<br />
Mehr dazu...<br />
Ein Video über die Simulation eines<br />
Erdbebens auf dem Prüfstand.<br />
Sie haben keinen QR-Codeleser?<br />
Besuchen Sie http:// bit.ly/TCDUwq<br />
ONLINE<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 25
Technologie<br />
Fertigung eines Zylinderkopfs der Baureihe 2000<br />
→Wie machen wir<br />
...einen Zylinderkopf<br />
26 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
Am Anfang war ein viereckiges Rohteil aus<br />
Gusseisen – und eine Konstruktionszeichnung.<br />
In dieser stehen die exakten Maße.<br />
Daraus wird innerhalb von eineinhalb Tagen<br />
ein Zylinderkopf. Aber wie?<br />
700 Grad Celsius Abgastemperatur und Zünddrücke<br />
über 200 Bar – beides muss ein Zylinderkopf<br />
aushalten, wenn der Motor läuft. Er schließt<br />
den Brennraum nach oben hin zum Zylinderkopfdeckel<br />
ab. Im Zylinderkopf sitzen die Ein- und<br />
Auslassventile sowie die Einspritzdüse. Deshalb<br />
muss nicht nur das Material des Zylinderkopfs<br />
absolut hochwertig sein, er muss auch mit<br />
höchster Präzision gefertigt werden.<br />
Die virtuelle Fertigung<br />
Das Bohren und Fräsen beginnt nicht erst an der<br />
Maschine, sondern <strong>am</strong> Computer. Jeder Fräsund<br />
Bohrschritt, den das Bearbeitungszentrum<br />
macht, um aus dem Rohteil einen Zylinderkopf zu<br />
fertigen, wird vorher im Progr<strong>am</strong>m ProEngineer<br />
und NCSimul progr<strong>am</strong>miert und simuliert. Bernd<br />
Scherer ist solch ein virtueller Fertiger. Er ist Produktionsplaner<br />
und NC-Koordinator bei <strong>MTU</strong>.<br />
Er beschreibt den Arbeitsablauf des Progr<strong>am</strong>mierens:<br />
Wie der Mitarbeiter an der Maschine<br />
sucht er sich zunächst im Computer die richtigen<br />
Werkzeuge aus dem Werkzeugverwaltungssystem<br />
zus<strong>am</strong>men, mit denen er bestimmte Flächen<br />
fräsen oder bohren möchte. Dann legt er<br />
den dreidimensionalen Zylinderkopf auf den virtuellen<br />
Bearbeitungstisch in das virtuelle Spannmittel.<br />
Mit wenigen Klicks gibt er in dem Progr<strong>am</strong>m<br />
ProEngineer an, wo die Maschine wie weit und<br />
wie viel der Oberfläche abfräsen und wo welche<br />
Löcher gebohrt werden sollen. „Das System hilft,<br />
immer die richtigen Maße zu verwenden“, erklärt<br />
Scherer. Anschließend progr<strong>am</strong>miert er den<br />
nächsten Schritt. „Das Knifflige an der Progr<strong>am</strong>mierung<br />
ist, die perfekten Bewegungsabläufe in<br />
der Maschine zu finden, so dass sämtliche Flächen<br />
effizient bearbeitet werden und ein wirtschaftlich<br />
und technologisch perfektes Progr<strong>am</strong>m<br />
entsteht“, erklärt der Fachmann.<br />
Simulation <strong>am</strong> Computer<br />
Um zu kontrollieren, ob die Progr<strong>am</strong>mierung<br />
stimmt, simuliert er die Bearbeitung des Zylinderkopfes<br />
<strong>am</strong> Computer. Dabei sieht er genau, wie<br />
sich das Werkzeug bewegt und wo es eventuell<br />
zu Kollisionen zwischen Werkstück und Maschine<br />
kommen kann. Ein großer Vorteil, denn bei der<br />
realen Fertigung führt jede Kollision zu großen<br />
Schäden an der Maschine, <strong>am</strong> Werkzeug und <strong>am</strong><br />
Werkstück.<br />
Schritt für Schritt zum Zylinderkopf<br />
Dann geht’s los. Die virtuelle Fertigung im Computerprogr<strong>am</strong>m<br />
ProEngineer wird auf die reale<br />
Bearbeitungsmaschine übertragen. Genau<br />
genommen sind es zwei Bearbeitungsmaschinen,<br />
in denen Schritt für Schritt aus dem Rohling ein<br />
Zylinderkopf wird. Ein Mitarbeiter legt das Gussteil<br />
des Zylinderkopfs auf die Spannvorrichtung<br />
des ersten Bearbeitungstischs. Er schließt die<br />
großen Schiebetüren der Fräsmaschine und startet<br />
sie. Jetzt geht alles automatisch. Ein Fräser<br />
fährt an der Oberfläche entlang und fräst Stück<br />
für Stück das Material ab. Zu sehen ist davon<br />
so gut wie gar nichts. Kühlschmierstoff, der zum<br />
Kühlen und Schmieren benötigt wird, spritzt an<br />
die Scheiben der Maschine. Das erste Bearbeitungszentrum<br />
bearbeitet nacheinander die<br />
Ober- und auf dem zweiten Bearbeitungstisch die<br />
Unterseite des Rohteils. Anschließend misst der<br />
Mitarbeiter die wichtigsten Bohrungs-, Fräs- und<br />
Abstandsmaße ab, um zu sehen, ob der Prozess<br />
und die Werkzeuge in Ordnung sind.<br />
Bearbeitung in mehreren Schritten<br />
In der zweiten Bearbeitungsmaschine folgt die<br />
Bearbeitung der Flächen und Bohrungen <strong>am</strong><br />
Umfang. Anschließend reinigt eine Waschmaschine<br />
den Zylinderkopf. Ein Mitarbeiter setzt<br />
dann in die Grundbohrungen die Ventilführungen<br />
und Ventilsitzringe ein. Daraufhin wird das Gussteil<br />
auf Fehlstellen, Risse und andere Beschädigungen<br />
überprüft, verputzt und entgratet. Auf<br />
dem zweiten Bearbeitungszentrum werden unter<br />
anderem die Bohrungen der Ventilführungen<br />
sowie der Ventilsitz gemeins<strong>am</strong> fertig bearbeitet,<br />
um eine exakte Flucht zu erzielen. Die Fertigung<br />
und das anschließende Messen dieser<br />
Merkmale auf den Hundertstelmillimeter garantieren<br />
die einwandfreie Funktion der Ventile. Ein<br />
zweiter Waschgang erfüllt die Anforderungen der<br />
technischen Sauberkeit. Am Montagearbeitsplatz<br />
montiert ein Mitarbeiter schließlich Schutzhülse<br />
und die Verschlussdeckel. Wenn das Bauteil die<br />
anschließende Dichtheitsprüfung übersteht, ist<br />
es bereit für den letzten Arbeitsschritt, die Montage<br />
der Ein- und Auslassventile, durch die die<br />
Luft in und die Abgase aus den Brennk<strong>am</strong>mern<br />
strömen. Jetzt ist der Zylinderkopf gerüstet für ein<br />
ausdauerndes und kraftvolles Arbeiten <strong>am</strong> Motor.<br />
TEXT: KATRIN BECK<br />
BILDER: ROBERT HACK<br />
Ihre Fragen beantwortet:<br />
Bernd Scherer, bernd.scherer@mtu-online.com<br />
Tel. +49 7541 90-3464<br />
Im Rohzustand kommen die Zylinderköpfe aus der<br />
Gießerei bei <strong>MTU</strong> an. Erst nach der Flächenbearbeitung<br />
und den Umfangsbohrungen kann der Zylinderkopf<br />
in die Montage.<br />
Ein <strong>MTU</strong>-Mitarbeiter entgratet die Bohrungen, das<br />
heißt, er entfernt Kanten und Splitter an dem Werkstück.<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 27
Turmdrehkräne beim Bau vom Tower 3 des World Trade Centers<br />
„Tribute in Light“ war ursprünglich ein nur vorübergehend installiertes Lichtdenkmal aus<br />
88 Scheinwerfern, die vom 11. März bis zum 14. April 2002 neben dem ehemaligen World<br />
Trade Center-Standort Ground Zero platziert waren. So entstanden zwei vertikal in den<br />
Himmel strahlende Lichtsäulen, die die Türme des zerstörten World Trade Centers nachbildeten.<br />
Seit dem Jahr 2003 erleuchten sie jede Nacht vom 10. auf den 11. September den<br />
New Yorker Nachthimmel.<br />
28 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
<strong>Aufbauhelfer</strong><br />
Elf Jahre nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001<br />
klafft Ground Zero noch immer als offene Wunde mitten in New<br />
York. Eine Wunde, an die jedes Jahr <strong>am</strong> 11. September zwei blaue<br />
Lichtsäulen erinnern, genau an den Stellen <strong>am</strong> Himmel über Manhattan,<br />
an dem die Zwillingstürme des World Trade Centers standen.<br />
Doch die Zeichen auf Heilung sind unübersehbar. Erst gruben<br />
sich Baggerschaufeln an der bedeutungsschwersten Baustelle der<br />
USA in die Erde, jetzt lassen mächtige Kräne Stahlträger durch die<br />
Luft schweben. Die Amerikaner bauen ihr World Trade Center<br />
wieder auf.<br />
Industrie<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 29
Industrie<br />
<strong>Der</strong> Morgen des 11. September 2001 war für<br />
die Kranfirma Cornell & Company ein normaler<br />
Routinetag. Die Kräne waren beim Bau eines<br />
Hochhauses in Jersey City, auf der anderen Seite<br />
des Flusses genau gegenüber von Manhattan,<br />
im Einsatz. Nach einem endlos langen Aufstieg<br />
über die Turmleiter hatten die Kranführer ihren<br />
Arbeitsplatz erreicht und hoben Stahlträger in<br />
den hellen, sonnigen Himmel. Unten auf dem<br />
Boden arbeiteten Hunderte von Bauarbeitern.<br />
Delor Cornell, die Eigentümerin von Cornell &<br />
Company, war auf dem Weg zu einem Termin in<br />
Manhattan.<br />
Plötzlich war alles anders: Ein Flugzeug erschien<br />
viel zu tief über dem Fluss. Es setzte seinen Sinkflug<br />
fort, hielt Nordwestkurs direkt auf Manhattan.<br />
Die Arbeit auf der Baustelle k<strong>am</strong> zum<br />
Erliegen. Die Arbeiter, ebenso wie Delor Cornell,<br />
beobachteten den Einschlag des Flugzeugs im<br />
World Trade Center. Es war ein Moment, den die<br />
Welt nie vergessen sollte.<br />
Doch die Amerikaner bauen ein neues World<br />
Trade Center – mit den Kränen von Cornell &<br />
Company. „Dieses Projekt hat eine große Bedeutung<br />
für uns und unsere Chefin“, sagt Don Garrahan,<br />
Geschäftsführer von Cornell & Company.<br />
„Es ist eine große Ehre, denn der Schock über<br />
das ges<strong>am</strong>te Erlebnis sitzt noch immer tief.“<br />
Hoch hinaus<br />
Das neue World Trade Center wird fünf Wolkenkratzer<br />
umfassen, dazu das National September<br />
11 Memorial & Museum, 50.000 Quadratmeter<br />
Einzelhandelsfläche und ein Zentrum der darstellenden<br />
Künste. Drei große Drehkräne von Cornell<br />
& Company sind gegenwärtig im Einsatz an<br />
Tow er 3, dem dritthöchsten Gebäude des neuen<br />
World Trade Centers. Mit 80 Stockwerken<br />
wird Tower 3 eine Bürofläche von 260.000 Quadratmetern<br />
bieten, verteilt über 53 Etagen und<br />
fünf Börsensäle. Im Sommer 2014 soll der neue<br />
Turm fertig sein. Dann wird der glänzende neue<br />
Wolkenkratzer das Zentrum der verschiedenen<br />
Gebäude rund um das Memorial bilden.<br />
Cornell & Company vermietet ihre Turmdrehkrane<br />
TG2300-B an die Falcon Steel Corporation<br />
zum Aufbau des Tower 3. Jeder TG2300-B hat<br />
eine Hebekapazität von mindestens 230 Tonnen<br />
und eine maximale Auslegerlänge von 73 Metern.<br />
Die Kräne sind modular aufgebaut. Wenn das<br />
Gebäude in die Höhe wächst, kann der Kran mitwachsen<br />
– durch Anheben und Aufsetzen eines<br />
zusätzlichen Turmsegments.<br />
«Heute braucht man einen Motor auf dem neuesten technischen<br />
Stand, da war die Tier 3-konforme Baureihe 60 die<br />
richtige Wahl. »<br />
Don Garrahan, Geschäftsführer von Cornell & Company<br />
Effizienterer Betrieb<br />
Als eine der <strong>am</strong> dichtesten bevölkerten Städte<br />
Amerikas legte New York mit dem Gesetz Local<br />
Law 77 strenge Grenzwerte fest, um die Auswirkung<br />
von Abgasemissionen auf die menschliche<br />
Gesundheit zu verringern. Die Vorschrift<br />
der Stadt verlangt von den Betreibern dieselgetriebener<br />
Maschinen die Verwendung von Kraftstoff<br />
mit ultraniedrigem Schwefelgehalt (ULSD),<br />
den Einbau von Dieselpartikelfiltern (DPF) und die<br />
Erfüllung der EPA-Dieselemissionsvorschriften für<br />
Tier 3. Die alten 12V71T-Zweitakter von Detroit<br />
Diesel zum Antrieb der Kräne von Cornell & Company<br />
waren einfach aufgebaut und zuverlässig,<br />
aber sie verbrannten den Kraftstoff nicht so sauber<br />
und effizient wie die heutigen modernen Viertakt-Dieselmotoren.<br />
Aufgrund ihrer Konstruktion<br />
verbrauchten die 12V71T-Motoren eine Menge<br />
Kraftstoff, und ihre Abgasemissionen waren zu<br />
hoch für die Grenzwerte von EPA oder Local Law<br />
77. Um Bauaufträge in New York zu gewinnen,<br />
brachte Cornell & Company die Motoren seiner<br />
Kräne auf einen modernen Stand.<br />
Ein neues Gesicht für Ground Zero<br />
MEMO<br />
Bis zum 11. September 2001 war das World Trade Center das Wahrzeichen der New Yorker Skyline. Dann k<strong>am</strong> der<br />
Moment, der nicht nur die Türme zerstörte, sondern Amerika bis ins Mark verletzte. Doch seitdem sind elf Jahre<br />
vergangen und die Amerikaner bauen auf dem Gelände des ehemaligen World Trade Centers einen neuen Gebäudekomplex.<br />
Herzstück des Areals ist der Wolkenkratzer One World Trade Center, der in der Anfangszeit des Projekts<br />
den N<strong>am</strong>en Freedom Tower trug und als höchstes Gebäude New Yorks die Skyline von Manhattan prägen wird. Den<br />
Hauptturm flankieren drei weitere etwas kleinere Hochhäuser, die Tower 2, 3 und 4. Ein etwas abseits gelegenes<br />
Hochhaus des World Trade Centers war bereits 2006 wiederaufgebaut worden. Im Schatten der Riesen aus Glas und<br />
Stahl erinnert in einem Hain aus Eichenbäumen ein Mahnmal an die Anschläge: zwei Granitbecken, die in den viereckigen<br />
Fußstapfen der eingestürzten Zwillingstürme eingelassen sind. An den Seitenwänden sollen sich Wasserfälle<br />
in die Tiefe ergießen, auf Bronzeplatten <strong>am</strong> Rand sind die N<strong>am</strong>en der Opfer eingraviert.
New York bekommt eines seiner Wahrzeichen zurück. <strong>Der</strong>zeit arbeiten tausende Menschen und Maschinen daran, den neuen<br />
World Trade Center-Gebäudekomplex zu bauen.<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 31
Kräne von Cornell & Company helfen dabei, den Tower 3 des neuen World Trade Centers zu errichten. Um die strengen Umweltanforderungen<br />
der Stadt New York zu erfüllen, hat der Betreiber seine Kräne mit <strong>MTU</strong>-Motoren der Baureihe 60 umgerüstet.<br />
Leistung und Effizienz<br />
MEMO<br />
Die Motorenbaureihe 60 von <strong>MTU</strong> hat sich auf Baustellen in aller Welt bewährt und setzt Standards für Leistung, wirtschaftlichen<br />
Kraftstoffverbrauch und niedrige Emissionen. Mit 525 PS bei einer Drehzahl von 2.100 Umdrehungen pro<br />
Minute und einem Drehmoment von 1.780 Newtonmeter liefern die neuen Tier 3-Motoren der Baureihe 60 für die Kräne<br />
von Cornell & Company 17 Prozent mehr Drehmoment im unteren und mittleren Drehzahlbereich als die alten Zweitakter<br />
des Typs 12V71T von Detroit Diesel. Zwar sind die alten und neuen Motoren in Größe, Gewicht und Hubraum (14 Liter)<br />
vergleichbar, doch erzeugt der Tier 3-Motor der Baureihe 60 mehr Abwärme, was einen speziell ausgelegten Kühler mit<br />
einigen Änderungen <strong>am</strong> Chassis des Krans erforderte. Die Baureihe 60 bietet auch eine stark verbesserte Kraftstoffeffizienz<br />
und ist von der EPA nach der Emissionsnorm Tier 3 zertifiziert. Entsprechend der Umweltschutzverordnung von New<br />
York City sind die Motoren mit Dieselpartikelfiltern ausgerüstet, um den Partikelanteil im Abgas weiter zu reduzieren.
Industrie<br />
Für den ersten Test kaufte Cornell Cranes einen<br />
<strong>MTU</strong>-Motor der Baureihe 60 und installierten ihn<br />
in einem der Turmdrehkräne vom Typ TG1900.<br />
„Wir sahen uns auch bei anderen Motorenherstellern<br />
um, aber der beste Service und die<br />
größte Hilfe k<strong>am</strong> von Johnson & Towers, dem örtlichen<br />
<strong>MTU</strong>-Distributor“, erzählt Garrahan und<br />
ergänzt: „Dort bek<strong>am</strong>en wir, was wir brauchten:<br />
ein hervorragendes Produkt und exzellenten Service.<br />
Gute Motoren, gute Leute und eine hohe<br />
Einsatzbereitschaft führten uns zum Erfolg.”<br />
Verbesserungen auf ganzer Linie<br />
Schon nach dem Einbau des ersten Motors<br />
machten sich die Verbesserungen in puncto<br />
Leis tung, Geräusch, Abgasemission und Kraftstoffeffizienz.<br />
„Heute braucht man einen Motor<br />
auf dem neuesten technischen Stand, und die<br />
Tier 3-konforme Baureihe 60 ist dafür die richtige<br />
Wahl. Wir bek<strong>am</strong>en die für unsere Arbeit erforderliche<br />
Leis tung und Durchzugskraft bei verringertem<br />
Dieselverbrauch – fast die Hälfte weniger.<br />
Auf dieser Baustelle mit drei Kränen bedeutet<br />
das eine Kraftstoffersparnis von circa 500 Dollar<br />
pro Tag, das sind 90.000 bis 100.000 Dollar pro<br />
Jahr“, rechnet Garrahan vor.<br />
«Es ist ein gutes Gefühl, zu wissen, dass wir zus<strong>am</strong>mengearbeitet<br />
haben, um die Luft reiner zu machen. »<br />
Bob Shomo, Senior Vice President Engine Sales Johnson & Towers, Inc.<br />
Motorlärm war ein spezielles Thema – denn die se<br />
Kräne arbeiten acht oder mehr Stunden <strong>am</strong> Tag<br />
im dicht bevölkerten Manhattan. <strong>Der</strong> Tier 3-Motor<br />
der Baureihe 60 ist deutlich leiser als die<br />
alten 12V71T-Zweitakter von Detroit Diesel.<br />
„Dieser Motor hält die in der Stadt zulässigen<br />
Geräuschpegel ein. <strong>Der</strong> Kran fühlt sich d<strong>am</strong>it wie<br />
neu an“, sagt Garrahan. „Wir versuchen immer,<br />
Geräuschpegel unterhalb des typischen Straßenlärms<br />
einzuhalten, d<strong>am</strong>it die Menschen vom<br />
Kraneinsatz nichts mitbekommen.“<br />
Eine enorme Herausforderung<br />
Drei Kräne mit neuen Motoren auszurüsten, war<br />
eine Sache, aber gleich eine ganze Flotte von<br />
18 Kränen zu modernisieren, eine ganz andere.<br />
Schließlich ging es um hohe Investitionskosten<br />
für Cornell & Company. Da das Neumotorisierungsprojekt<br />
eine bedeutende Auswirkung auf<br />
die Luftqualität an Baustellen in New York und im<br />
Nordosten der USA haben würde, half der <strong>MTU</strong>-<br />
Distributor Johnson & Towers dem Kranbetreiber<br />
dabei, einen im Gesetz zur Reduzierung von Partikelemissionen<br />
vorgesehenen Bundeszuschuss<br />
zu beantragen. <strong>Der</strong> Zuschuss deckte 75 Prozent<br />
der Kosten für die neuen Motoren und ebnete<br />
den Weg für die Modernisierung der 18 Turmdrehkräne.<br />
Cornell & Company erwartet, dass<br />
die Stickoxid-Emissionen um 30 Tonnen pro Jahr<br />
reduziert und Partikelemissionen in Höhe von 1,5<br />
Tonnen pro Jahr vermieden werden. Bob Shomo,<br />
Sprecher des <strong>MTU</strong>-Distributors: „Cornell & Company<br />
ist der einzige Kranbetreiber in Amerika, der<br />
einen solchen Einsatz für die Umwelt zeigt. Es ist<br />
ein gutes Gefühl, zu wissen, dass wir zus<strong>am</strong>mengearbeitet<br />
haben, um die Luft reiner zu machen.<br />
Und nicht zuletzt war Cornell & Company d<strong>am</strong>it<br />
der Konkurrenz einen Schritt voraus.“<br />
Höher und weiter<br />
Die neumotorisierten Kräne arbeiten zur Zeit<br />
hart an der Errichtung des Stahlfund<strong>am</strong>ents für<br />
Tower 3 des World Trade Centers. Sie sind an<br />
fünf Tagen in der Woche im Einsatz, manchmal im<br />
Zweischichtbetrieb. Jeder Kran hebt Stahlkomponenten<br />
mit einem Gewicht von mehr als 50 Tonnen,<br />
und das unzählige Male <strong>am</strong> Tag. Garrahan<br />
sagt: „Die Kräne arbeiten acht bis zehn Stunden<br />
<strong>am</strong> Tag. Zuverlässigkeit und Einsatzsicherheit<br />
sind die springenden Punkte. <strong>Der</strong> Kran entscheidet<br />
über den Baufortschritt. Er bestimmt das<br />
Tempo des ges<strong>am</strong>ten Projekts.“<br />
Im Herbst 2012 haben die drei Kräne ihren Einsatz<br />
begonnen und sie werden bleiben, bis im Winter<br />
2013 der letzte Träger gesetzt ist. Bisher sind laut<br />
Garrahan die Bauarbeiten gut im Zeitplan.<br />
Für jeden bei Cornell & Company ist es eine<br />
Ehre, auf der Baustelle in Manhattan zu arbeiten.<br />
Schließlich wird hier nicht einfach ein beliebiger<br />
Wolkenkratzer hochgezogen. Es geht darum,<br />
Hoffnung und Mut vieler Amerikaner wieder aufzubauen.<br />
„Wir sind sehr stolz darauf, an dem Projekt<br />
beteiligt zu sein“, sagt Garrahan. „Für mich<br />
ist es ein großes Privileg. Für Delor Cornell ist<br />
dieses Gefühl noch stärker, denn sie war noch<br />
näher dran, als das Unglück geschah. Und jetzt<br />
sind wir dabei, dieses Stück unseres Landes wieder<br />
aufzubauen.“<br />
TEXT: CHUCK MAHNKEN<br />
BILDER: CORNELL COMPANY, FOTOLIA,<br />
GETTY IMAGES<br />
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David Combs, david.combs@tognum.com<br />
Tel. +1 248 560 8182<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 33
Mobiler Müllverdichter mit Antrieb von <strong>MTU</strong><br />
<strong>Der</strong> Plattmacher<br />
Fahrzeuge von Bomag müssen täglich<br />
3.500 Tonnen Müll zus<strong>am</strong>menpressen.<br />
34 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
Was für ein Job! Fahrzeuge von Bomag machen den ganzen Tag nichts<br />
anderes als Müll zu plätten – und das dank neuer Motoren aus dem<br />
Hause <strong>MTU</strong> besonders effizient und wirtschaftlich.<br />
Jeden Tag gelangen annähernd 3.500 Tonnen Müll auf die Deponie der<br />
Stadt Riverview in Michigan. <strong>Der</strong> Müll kommt aus Detroit und 13 anderen<br />
Kommunen. Eigentlich könnten die Müllfahrer den Abfall einfach so auf die<br />
160-Hektar große Fläche der Deponie abladen. „Dann jedoch wäre sie in<br />
kürzester Zeit voll und müsste geschlossen werden“, erzählt Ed Worrell,<br />
Deponieleiter der Stadt Riverview. Deshalb hat die Deponie in Riverview<br />
eine ganze Flotte an mobilen Müllverdichtern – schlicht: Plattmachern.<br />
Denn es zählt jeder Zentimeter. Sobald der Müllberg zu groß wird, wird die<br />
Deponie geschlossen. Um diesen Moment möglichst lange hinauszuzögern,<br />
sind in Riverview mehrere Müllverdichter an sechs Tagen in der Woche auf<br />
dem Müllberg unterwegs. Sie verdichten, quetschen und machen den Hausmüll<br />
platt, um Platz zu sparen. „Man kann nicht rückwirkend arbeiten und<br />
vor zwei Tagen abgelagerten Müll nachverdichten. <strong>Der</strong> Deponieraum ist<br />
verloren. Wenn man sich angewöhnt, nur den halben Verdichtungsaufwand<br />
zu betreiben, bleibt eine Deponie beispielsweise nur neun Jahre nutzbar und<br />
nicht 17 oder 18 Jahre“, sagt Worrell.<br />
Industrie<br />
Neu in der Reihe der Plattmacher ist ein Müllverdichter von Bomag. Mit der<br />
Kraft eines <strong>MTU</strong>-Motors der Baureihe 500 verteilt, zerkleinert und verdichtet<br />
die robuste Maschine den Hausmüll über elf Stunden <strong>am</strong> Tag. „Als wir<br />
den Bomag testeten, hatte er stets die besten Ergebnisse“, schwärmt Worrell.<br />
Basierend auf Nutzfahrzeugmotoren von Mercedes-Benz, hat die im<br />
Müllverdichter eingesetzte <strong>MTU</strong>-Motorenbaureihe 500 eine Leistung von bis<br />
zu 440 Kilowatt und erfüllt die Emissionsanforderungen der US-<strong>am</strong>erikanischen<br />
Abgasstufe Tier 4i. Und dank des neuen Motors ist der Bomag<br />
schneller, er erklimmt die steilen Abhänge souverän, bewegt mehr Material<br />
und verdichtet größere Flächen.<br />
Emissionsarm und Kraftstoff sparend<br />
„Das Tier-4i-Paket und der Ruf von <strong>MTU</strong> und Mercedes-Benz machten den<br />
Motor attraktiv für uns, dazu k<strong>am</strong> die Stärke des weltweiten Servicenetzes<br />
von <strong>MTU</strong>. Besonders erfreut waren wir über die Kraftstoffeinsparungen, die<br />
uns die Maschine gebracht hat,“ so Dave Dennison, Produkt- und Marketingleiter<br />
bei Bomag. Kraftstoffeinsparungen sind ein entscheidenes Krite rium<br />
für die Wirtschaftlichkeit einer Deponie, da ein durchschnittlicher mobiler<br />
Müllverdichter mehr als 55 Liter Diesel pro Stunde verbraucht. Weniger Verbrauch<br />
bedeutet nicht nur weniger Kraftstoffkosten, sondern auch, dass mehr<br />
Zeit für die Arbeit bleibt und weniger Zeit auf Tankpausen entfällt.<br />
Bereit für jede Herausforderung<br />
<strong>MTU</strong>-Distributor W.W.Willi<strong>am</strong>s sorgt dafür, dass die Maschinen rund um<br />
die Uhr laufen. Mit <strong>MTU</strong> ValueCare, dem Produkt- und Serviceprogr<strong>am</strong>m<br />
mit Motorersatzteilen und Wartungslösungen, trägt W.W.Willi<strong>am</strong>s dazu bei,<br />
dass die im Bomag eingesetzte Motorenbaureihe 500 auf Jahre hinaus maximale<br />
Betriebsleistungen erbringt. Für das gute Gefühl trägt außerdem die<br />
Garantieverlängerung <strong>MTU</strong> Extended Coverage für den Müllverdichter bei.<br />
Die Stadt Riverview war so beeindruckt von dem Bomag-Müllverdichter<br />
mit <strong>MTU</strong>-Motor, dass sie einen zweiten bestellt hat. „Es ist in angenehmer,<br />
ruhig laufender Motor", schwärmt Worrell. „<strong>Der</strong> Turbo setzt bergauf genau<br />
zum richtigen Zeitpunkt ein. Drehmoment und Fahrgeschwindigkeit sind<br />
Spitze – anders als der vorherige Motor eines anderen Herstellers geht der<br />
<strong>MTU</strong>-Motor nicht in die Knie. Ich war froh, dass wir den Schritt zu Bomagund<br />
<strong>MTU</strong> gemacht haben“, so der Deponieleiter.<br />
TEXT: CHUCK MAHNKEN; BILD: BOMAG<br />
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<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 35
Yachtbau in den Vereinten Arabischen Emiraten<br />
36 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
Marine<br />
<strong>Der</strong><br />
<strong>Wedding</strong>-<br />
<strong>Planner</strong><br />
Es ist schon selts<strong>am</strong>. Die meisten Besitzer großer Yachten<br />
kommen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Doch<br />
gebaut werden die Yachten in Europa oder in Amerika.<br />
Das soll sich ändern, wenn es nach Gulf Craft geht. Die<br />
Werft aus dem Emirat Al-Quwain bei Dubai baut Yachten<br />
bis fast 50 Meter Länge – modern und jede einzelne nach<br />
Kundenwunsch.<br />
Erwin B<strong>am</strong>ps ist seit zehn Jahren COO von Gulf<br />
Craft. Yachten zu bauen vergleicht er mit Hochzeiten<br />
planen, denn jeweils gilt es, die größten<br />
Träume seiner Kunden zu erfüllen.<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 37
Marine<br />
Hier entsteht eine Megayacht: Die<br />
niedrigen Lohnkosten in den Vereinigten<br />
Arabischen Emiraten ermöglichen<br />
es der Werft Gulf Craft, fast die ges<strong>am</strong>te<br />
Yacht in Handarbeit herzustellen und<br />
auf individuelle Kundenwünsche einzugehen.<br />
Auf riesigen Gerüsten arbeiten etwa 80 Mitarbeiter an einer Yacht. Nach eineinhalb Jahren kann sie das erste<br />
Mal ins Wasser gelassen werden.<br />
Man muss schon ganz schön verrückt sein, wenn<br />
man Yachten bauen mit Hochzeit planen vergleicht.<br />
Oder nennen wir es kreativ. Erwin B<strong>am</strong>ps<br />
ist verrückt – und kreativ. Er vergleicht Yachten<br />
mit einer Hochzeitstorte, Autos mit Cupcakes<br />
und das Yachtgeschäft mit einer Eisdiele. Doch<br />
vielleicht macht ihn gerade seine Verrücktheit so<br />
erfolgreich. Erwin B<strong>am</strong>ps ist Geschäftsführer von<br />
Gulf Craft, der größten Yachtwerft in den Vereinigten<br />
Arabischen Emiraten und der Golfregion.<br />
Sein Motto: Wunder wahr machen. Das klingt wie<br />
eine Floskel, doch wer ihn erlebt, der glaubt ihm.<br />
Kometenhafter Aufstieg<br />
Vor zehn Jahren k<strong>am</strong> Erwin B<strong>am</strong>ps in die Emirate.<br />
Gulf Craft hatte d<strong>am</strong>als 200 Mitarbeiter und<br />
verkaufte seine Yachten in den Vereinigten Ara-<br />
Saudi<br />
Arabien<br />
Iran<br />
Emirat Al-Quwain<br />
Vereinigte<br />
Arabische<br />
Emirate<br />
Oman<br />
Arabisches<br />
Meer<br />
«Die Emirate sind nicht einfach nur ein Land, hier ist<br />
die ganze Welt zu Hause. »<br />
Erwin B<strong>am</strong>ps, COO Gulf Craft<br />
bischen Emiraten: nach Dubai, nach Abu Dhabi,<br />
wenn es gut lief auch mal in den Oman oder nach<br />
Bahrain. Doch Moh<strong>am</strong>med Al Shaali, Besitzer der<br />
Werft, hatte andere Pläne. „Wir wollen eine der<br />
größten Yachtwerften der Welt werden“, sagte<br />
er d<strong>am</strong>als. Um das wahr zu machen, brauchte<br />
es schon ein Wunder. So zumindest dachte der<br />
Belgier B<strong>am</strong>ps d<strong>am</strong>als. Doch da kannte er die<br />
Emirate noch nicht. Heute hat die Werft 5.000<br />
Mitarbeiter und baut pro Jahr bis zu 500 Boote:<br />
vom kleinen, sechs Meter langen Ausflugsboot bis<br />
hin zu fast 50 Meter langen Megayachten. Vom<br />
Begriff „Massenproduktion“ möchte er allerdings<br />
nichts wissen. Das Gegenteil sei der Fall. Hier der<br />
erste Vergleich: Autos bauen sei wie Cupcakes<br />
backen. Yachten herzustellen ähnele dagegen<br />
dem Backen einer Hochzeitstorte, und das sei das<br />
Geschäft von Gulf Craft. Das Besondere an seinen<br />
Yachten: Sie werden nach den Wünschen der<br />
Kunden gebaut. Nur zwei Dinge stehen fest: Alle<br />
Gulf Craft-Yachten werden aus Fiberglas gebaut<br />
und die Rumpfform ist Monohull. Alles andere<br />
kann der Kunde wählen: Sei es die Farbe des<br />
Rumpfes, die Innenausstattung oder die Größe<br />
des Swimming-Pools. „So viele Wahlmöglichkeiten<br />
wie bei uns haben die Kunden bei anderen Yachten<br />
vergleichbarer Größe nicht“, ist Erwin B<strong>am</strong>ps<br />
überzeugt. Und trotzdem sagt er: „Wir sind günstiger<br />
als unsere Konkurrenz aus Europa.“<br />
Motivation als Schlüssel zum Erfolg<br />
Wie ist das möglich? Ein Blick in die riesigen<br />
Hallen, in denen die Yachten entstehen, gibt<br />
die Antwort. Hier wimmelt es nur so von Menschen<br />
in blauen Anzügen. Auf Gerüsten, wie man<br />
sie von großen Baustellen kennt, stehen sie und<br />
spachteln, streichen, hämmern und bohren. Ein<br />
Stimmengewirr wie auf dem Jahrmarkt. Kaum<br />
zu glauben, aber hier entstehen drei Megayachten<br />
gleichzeitig. „Wer in die Emirate kommt, der<br />
möchte vor allem eines: Geld verdienen“, erklärt<br />
Erwin B<strong>am</strong>ps. Nicht wie in Europa die Freizeit,<br />
sondern die Arbeit stehe im Mittelpunkt des<br />
Lebens seiner Mitarbeiter. „Sie sind so motiviert,<br />
dass ich sie abends nach Hause schicken muss,<br />
sonst würden sie die ganze Nacht arbeiten“,<br />
erzählt er und lacht dabei schelmisch.<br />
„Kultur des Wandels und der Ungewissheit“<br />
Doch das sei nicht der einzige Grund für den<br />
Erfolg seines Unternehmens. „Die Emirate sind<br />
nicht einfach nur ein Land, hier ist die ganze Welt<br />
zu Hause“, so der Belgier. Und diese Vorteile will<br />
er nutzen. „Wir kennen nicht nur einen Markt,<br />
sondern alle“, so B<strong>am</strong>ps. Chinesen, so erzählt er,<br />
bräuchten in ihren Yachten keine Schlafzimmer,<br />
da sie sowieso nie über Nacht auf ihrer Yacht<br />
blieben. Außerdem seien ihnen Sonnensegel<br />
wichtig, da sie – anders als Europäer – nur sehr<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 39
Mostafa Agib El Nahta (li.) ist technischer<br />
Direktor von Gulf Craft. Schon<br />
seit 20 Jahren baut er <strong>MTU</strong>-Motoren<br />
ein.<br />
«Beim Thema Kraftstoffverbrauch kann <strong>MTU</strong> punkten.<br />
Und das ist wichtig, denn nichts ist lästiger als Tanken. »<br />
Mostafa Agib El Nahta, technischer Direktor Gulf Craft<br />
ungern in der Sonne lägen. „Für die Emirate zu<br />
bauen, heißt für die Welt zu bauen“, sagt er. 20<br />
Prozent der Gulf Craft-Kunden kommen aus Europa,<br />
40 Prozent aus der Golf-Region und 25 Prozent<br />
aus Asien.<br />
Doch dass sich der Markt in den Emiraten so<br />
schnell entwickelt, bietet Gulf Craft nicht nur Vorteile.<br />
„Wir leben in einer Kultur des Wandels und<br />
der Ungewissheit“, sagt Erwin B<strong>am</strong>ps. So weiß<br />
er nicht, wie sich die Gehälter seiner Mitarbeiter<br />
entwickeln werden. Auch Zulieferer muss er häufig<br />
wechseln, da Firmen verschwinden und neue<br />
auftauchen. Doch eines sei sicher: <strong>Der</strong> Markt hat<br />
Potenzial.<br />
Komplexität abbauen<br />
„70 Prozent der Welt besteht aus Wasser, aber<br />
nur 30 Prozent der Menschen waren je auf einem<br />
Boot“, sagt er und sprüht vor Begeisterung. Da<br />
muss man doch sehen, wie viel Potenzial im<br />
Yachtgeschäft liege. Er hat auch schon eine Idee,<br />
wie er noch mehr Menschen davon überzeugen<br />
kann, eine Yacht zu kaufen: „Yachten müssen einfacher<br />
zu bedienen sein“, sagt er. Bisher sei es<br />
einfach zu kompliziert, eine Yacht zu besitzen:<br />
Man braucht eine Crew und darf selber kaum ans<br />
Steuer. „Wenn ich eine Yacht kaufe, bekomme ich<br />
eine dicke Gebrauchsanweisung, doch letztlich<br />
ist eine Yacht nicht mehr als ein Spielzeug, für<br />
das ich keine Gebrauchsanweisung will“, sagt er.<br />
<strong>Der</strong> nächste Vergleich.<br />
Dabei lacht er und wird immer lauter. Ja, hier ist<br />
einer wirklich überzeugt von dem, was er sagt.<br />
Beinahe still ist dagegen Mostafa Agib El Nahta.<br />
Er ist der technische Manager von Gulf Craft und<br />
steht im Motorraum einer neuen Majesty 135.<br />
Prunkvoll steht die Yacht da und wartet darauf,<br />
ins Wasser gelassen zu werden. In ein paar Tagen<br />
soll es zum ersten Mal soweit sein. Ein großer<br />
Moment für Mostafa, denn seit eineinhalb Jahren<br />
baut er mit seinem Te<strong>am</strong> an der Yacht. Vor allem<br />
der goldene Rumpf der Yacht fällt auf. Doch auch<br />
die Motoren sind an Schönheit kaum zu überbieten:<br />
Weiß mit glänzenden, verchromten Zylinderköpfen.<br />
Liebevoll werden sie von Mostafa<br />
betrachtet. Die beiden 4000er-Motoren von <strong>MTU</strong><br />
werden die Yacht mit jeweils 2.580 PS Leistung<br />
antreiben. Ihr Besitzer: „Geheim“, sagt Mostafa.<br />
„Ein VIP“. Mehr sagt er nicht und erzählt lieber<br />
davon, dass sie die größte Yacht ist, die Gulf<br />
Craft je gebaut hat.<br />
Reichweite entscheidend<br />
Seit 16 Jahren sorgt Mostafa dafür, dass aus<br />
einem anfänglichen Plan eine fertige Yacht<br />
wird. Er kommt aus Ägypten, doch sein Zuhause<br />
ist Dubai. Er ist sicher, dass sich der Yachtbau<br />
rasant entwickeln wird. Doch dafür müssten<br />
nicht nur die Yachten einfacher zu bedienen sein,<br />
auch die Motoren, so gibt er zu. „<strong>MTU</strong> kann da<br />
schon noch besser werden“, so der Techniker.<br />
Fast scheint es ihm unangenehm, das zu sagen.<br />
„Die Motoren gelten als der L<strong>am</strong>borghini unter<br />
den Yachtmotoren. Sie sind sehr leistungsstark,<br />
aber leider auch nicht immer leicht zu bedienen“,<br />
sagt er. „Doch ich weiß, dass <strong>MTU</strong> daran arbeitet,<br />
und es hat sich auch schon viel getan“, sagt<br />
er fast entschuldigend. Lächelnd blickt er hinüber<br />
zu Walid Ibrahim vom <strong>MTU</strong>-Distributor Al Masaood<br />
für die Vereinigten Arabischen Emirate und<br />
Bahrain. Die beiden kennen sich gut und treffen<br />
sich regelmäßig. „Wir bauen seit 20 Jahren <strong>MTU</strong>-<br />
Motoren ein. Al Masaood ist für uns nicht einfach<br />
nur ein Zulieferer, sondern ein Partner“, sagt<br />
er. Ein Partner, mit dem er sich ständig über die<br />
Trends im Yachtgeschäft auf dem Laufenden hält.<br />
Nicht nur die Komplexität ist für beide ein Thema.<br />
Kraftstoffeffiziente Motoren seien den Kunden<br />
genauso wichtig. „Und hier kann <strong>MTU</strong> punkten“,<br />
sagt Mostafa lächelnd. Er ist sich sicher, dass<br />
der Dieselpreis in den nächsten Jahren steigen<br />
Die „Majesty 135“ ist mit 40 Metern Länge (135 Fuß)<br />
die größte je bei Gulf Craft gebaute Yacht.<br />
40 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
Marine<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 41
42 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
Marine<br />
Erwin B<strong>am</strong>ps (li.) steht regelmäßig im Kontakt mit Walid E. Ibrahim<br />
vom <strong>MTU</strong>-Distributor Al Masaood (re.)<br />
Nach eineinhalb Jahren Bauzeit wurde die „Majesty 135“ beim 30-jährigen Bestehen von Gulf<br />
Craft im März 2012 zum ersten Mal ins Wasser gelassen.<br />
Kraftvoll, zuverlässig, innovativ<br />
Etwas einfacher hatte er es wohl, als er seinem<br />
Chef Moh<strong>am</strong>med Al Shaali, dem Besitzer von<br />
Gulf Craft, eine Yacht baute. Denn der wusste<br />
genau, was er wollte: „Meine Yacht soll kraftvoll,<br />
zuverlässig und mit dem neuesten Equipment<br />
ausgestattet sein“, sagt er lächelnd. Dass <strong>MTU</strong>-<br />
Motoren da eine große Rolle spielen, scheint klar.<br />
„Wir arbeiten sehr gut mit <strong>MTU</strong> und dem Diswird.<br />
Da spielten verbrauchsarme Motoren eine<br />
wichtige Rolle. Auch wegen der Reichweite, denn<br />
„nichts ist lästiger als Tanken“, sagt er.<br />
Links: Moh<strong>am</strong>med Al Shaali hat Gulf Craft<br />
vor 30 Jahren gegründet. Sein Ziel war es<br />
schon d<strong>am</strong>als, die Nummer Eins zu werden.<br />
Doch er gibt zu, nicht geahnt zu<br />
haben, dass seine Werft einmal so groß<br />
werden würde.<br />
«Wir arbeiten sehr gut mit <strong>MTU</strong> und dem Distributor<br />
Al Masaood zus<strong>am</strong>men. »<br />
sen Eiscreme und Yachtbau zus<strong>am</strong>men? Erwin<br />
B<strong>am</strong>ps lacht. Eiscreme sei genauso wie Design<br />
Geschmacksache und Geschmack zu verkaufen,<br />
sei eine schwierige Aufgabe. „Es ist lustig. Unsere<br />
Kunden interessiert fast nur das Design. Da<br />
haben sie genaue Vorstellungen. Doch Yachtbau<br />
ist eigentlich Technik, das Design kommt für uns<br />
erst <strong>am</strong> Ende.“ Er erzählt von Kunden, die sich<br />
auf einer zehn Meter langen Yacht einen Landeplatz<br />
für einen Helikopter wünschen. Wieder ein<br />
anderer Kunde wollte sein Badezimmer komplett<br />
grün streichen lassen. Ein anderer möchte den<br />
Rumpf komplett mit Swarowski-Kristallen bekleben<br />
„Da komme ich mir oft vor wie ein <strong>Wedding</strong>-<br />
<strong>Planner</strong>“, so B<strong>am</strong>ps lachend. „Die Kunden haben<br />
eine Vorstellung im Kopf, die sie aber nicht genau<br />
nennen können. Ich muss herausfinden, wovon<br />
sie immer geträumt haben und genau so eine<br />
Yacht bauen“, so der selbsternannte <strong>Wedding</strong>-<br />
<strong>Planner</strong>.<br />
Moh<strong>am</strong>med Al Shaali, Chairman von Gulf Craft<br />
<strong>Der</strong> <strong>Wedding</strong>-<strong>Planner</strong><br />
Erwin B<strong>am</strong>ps läuft unterdessen durch die Werkshallen.<br />
Er lacht und winkt einem weiter entfernt<br />
stehenden Mitarbeiter zu. „Wir sind hier die Vereinten<br />
Nationen“, erzählt er lachend. Mitarbeiter<br />
aus fast 80 Ländern arbeiten zus<strong>am</strong>men. Im<br />
vorderen Teil entsteht eine neue Majesty 135,<br />
genauso lang und genauso groß wie die, die<br />
vor der Werkshalle darauf wartet, ins Wasser<br />
gelassen zu werden. Doch hier werden ge rade<br />
die Fenster eingebaut, es wird gehämmert und<br />
gebohrt. Schon heute freut er sich darauf, die<br />
Yacht dem Kunden zu übergeben. Auch hier<br />
möchte er wieder Wunder wahr machen. Das<br />
„Wow“ der Kunden ist sein Ziel. „Wenn der Kunde<br />
zufrieden ist, ist das gut. Aber wir wollen<br />
mehr. Wir wollen, dass er begeistert ist, wenn er<br />
seine Yacht bekommt“, sagt er überzeugt. Und<br />
das sei gar nicht so einfach, denn die meisten<br />
Kunden interessierten sich nicht für die Technik,<br />
sondern nur für das Design. „Wir verkaufen<br />
Eiscreme, und da hat jeder seinen eigenen<br />
Geschmack . Wieder so ein Vergleich. Wie pastributor<br />
Al Masaood zus<strong>am</strong>men“, erzählt er mit<br />
leiser Stimme. Vor ein paar Jahren sei Gulf Craft<br />
noch ein Nieschenanbieter gewesen und er habe<br />
nie d<strong>am</strong>it gerechnet, dass seine Werft einmal so<br />
groß werden könne. Doch jetzt ist das Ziel klar:<br />
„Die Nummer Eins werden“. Das hat auch Erwin<br />
B<strong>am</strong>ps verinnerlicht. Man merkt, dass er schon<br />
einige Jahre in den Emiraten arbeitet. Diese Mentalität,<br />
es schaffen zu können, scheint ansteckend.<br />
Ob er sich wohl vor zehn Jahren vorstellen<br />
konnte, richtige Hochzeiten zu planen und fünfstöckige<br />
Hochzeitstorten zu backen? Wohl kaum.<br />
Würde man ihn heute fragen, wäre die Antwort<br />
klar: Auf jeden Fall!<br />
TEXT: LUCIE MALUCK<br />
BILDER: ROBERT HACK<br />
Ihre Fragen beantwortet:<br />
Walid Magd E. Ibrahim<br />
mtuauh@emirates.net.ae<br />
Tel. +971 2 551 0707<br />
Mehr dazu...<br />
Impressionen von Gulf Craft<br />
in einer Slide-Show.<br />
Ohne QR-Code-Reader unter<br />
bit.ly/TZ8o0a<br />
ONLINE<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 43
Energie<br />
Blockheizkraftwerk liefert Energie für Absorptionskältemaschine<br />
Warm macht kalt<br />
Nordfrost nutzt die Abwärme der BHKWs, um d<strong>am</strong>it eine Absorptionskältemaschine<br />
anzutreiben, die die Tiefkühllager kühlt.<br />
44 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
Nordfrost, ein Dienstleister in der Lebensmittellogistik,<br />
betreibt in ganz Deutschland Kühlhäuser<br />
für unsere täglichen Lebensmittel, die<br />
aus aller Welt importiert werden. Blockheizkraftwerke<br />
von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> liefern<br />
Energie für die Kühlhäuser. Mit der Abwärme<br />
der BHKWs werden spezielle Kältemaschinen<br />
angetrieben, die jeden Raum auf die<br />
richtige Temperatur bringen.<br />
Die Ananas zählt zu den beliebtesten Obstsorten<br />
der Deutschen. Sie ist Standard in jedem Supermarkt,<br />
das ganze Jahr über. Aber haben Sie sich<br />
beim Kauf schon einmal Gedanken gemacht, welchen<br />
langen Weg sie von der Plantage bis zum<br />
Supermarktregal zurückgelegt hat? Und warum<br />
sie trotzdem noch immer so frisch ist?<br />
Das Geheimnis liegt in einer effizienten Logistik,<br />
der richtigen Lagerung und dem entsprechenden<br />
Transport. In all dem kennt sich die<br />
Firma Nordfrost mit Sitz im niedersächsischen<br />
Schortens bestens aus. Nordfrost ist eines der<br />
in Deutschland und Europa führenden Dienstleistungsunternehmen<br />
in der temperaturgeführten<br />
Lebensmittellogistik. Eines seiner 40 Kühlhäuser<br />
befindet sich im Jade-Weser-Port, Deutschlands<br />
einzigem Container-Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven.<br />
Das Nordfrost-Seehafenterminal ist der<br />
neuste Standort des Lebensmittellogistikers. Am<br />
1. August 2012 wurde er eröffnet, der Betrieb<br />
läuft derzeit an. Auf 23.000 Quadratmetern werden<br />
dort frische Waren wie Obst und Gemüse,<br />
Wurst- und Molkereiprodukte sowie allgemeines<br />
Frachtgut umgeschlagen, zwischengelagert und<br />
versendet. Für das Obst und Gemüse stehen<br />
Frischek<strong>am</strong>mern bereit, in denen das für jede<br />
Warenart ideale Klima für die Lagerung herrscht.<br />
Eine Wissenschaft für sich, denn nicht nur die<br />
exakte Temperaturführung zwischen einem und<br />
14 Grad Celsius spielt dabei eine Rolle, sondern<br />
auch die Höhe der Luftfeuchtigkeit und die kontrollierte<br />
Frischluftzufuhr.<br />
Blockheizkraftwerke liefern Energie<br />
Um die Energie für das neue Seehafen-Terminal<br />
zu erzeugen, setzt Nordfrost auf zwei erdgasbetriebene<br />
Blockheizkraftwerke (BHKW) von <strong>MTU</strong><br />
<strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> mit einem 12-Zylinder- und einem<br />
20-Zylinder-Motor der Baureihe 4000. Zus<strong>am</strong>men<br />
verfügen sie über eine elektrische Leistung von<br />
Zwei erdgasbetriebene Blockheizkraftwerke (BHKW) von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> mit einer elektrischen Leistung<br />
von rund 3,1 Megawatt und einer thermischen Leistung von rund 3,5 Megawatt sorgen im Nordfrost-Seehafenterminal<br />
für die nötige Energie.<br />
rund 3,1 Megawatt und eine thermische Leistung<br />
von rund 3,5 Megawatt. <strong>Der</strong> Ges<strong>am</strong>twirkungsgrad<br />
liegt bei über 87 Prozent. <strong>Der</strong> Standort<br />
versorgt sich d<strong>am</strong>it komplett selbst. Die Blockheizkraftwerke<br />
liefern Strom für Verbraucher, wie<br />
Beleuchtung, Hallentore, Büros oder EDV. Was<br />
nicht benötigt wird, wird ins öffentliche Stromnetz<br />
eingespeist. Die Abwärme der BHKWs wird<br />
im Winter zum Heizen genutzt, vor allem aber<br />
wird aus dieser mit Hilfe von Absorptionskältemaschinen<br />
die notwendige Kälte für die Kühlung<br />
der Hallen erzeugt.<br />
Ammoniak als Kältemittel<br />
Diese arbeiten in einem geschlossenen Kreislauf<br />
mit zwei Stoffen, einem Kältemittel und einem<br />
Lösungsmittel. Das Lösungsmittel kann Kältemitteld<strong>am</strong>pf<br />
aufnehmen, also absorbieren. In<br />
diesem Fall sind das Ammoniak und Wasser. Die<br />
BHKWs liefern mit ihrer Abwärme die Antriebskraft,<br />
d<strong>am</strong>it die Absorptionskältemaschinen mittels<br />
eines chemischen Prozesses Kälte erzeugen<br />
können. Im Einzelnen besteht der Kreislauf aus<br />
vier wesentlichen Schritten: Im ersten Schritt<br />
werden Wasser und Ammoniak im Desorber<br />
voneinander getrennt, indem man sie erhitzt.<br />
Die BHKWs liefern die dazu nötige Wärme von<br />
100 Grad Celsius. Das Ammoniak verd<strong>am</strong>pft<br />
aufgrund der geringeren Verd<strong>am</strong>pfungstemperatur<br />
zuerst und wird in einen Verflüssiger weitergeleitet.<br />
Dort wird es im zweiten Schritt wieder<br />
abgekühlt und somit verflüssigt. Von dort aus<br />
gelangt das Ammoniak in den Verd<strong>am</strong>pfer. Und<br />
genau hier wird in einem dritten Schritt die Kälte<br />
erzeugt. Denn das Ammoniak verd<strong>am</strong>pft nur<br />
unter Einsatz von Wärmeenergie. Die für diesen<br />
Vorgang nötige Wärme von minus zwei Grad<br />
– Ammoniak verd<strong>am</strong>pft bei geringem Druck bei<br />
sehr niedrigen Temperaturen – liefert das Gebäude-Kaltwasser,<br />
das aus den Rohrschlangen entzogen<br />
wird. Durch den Verd<strong>am</strong>pfungsvorgang kühlt<br />
dieses Kaltwasser auf minus sieben Grad ab und<br />
kann dann wieder zum Klimatisieren der Kühlräume<br />
verwendet werden. <strong>Der</strong> Ammoniakd<strong>am</strong>pf<br />
wird anschließend in den Absorber weitergeleitet,<br />
wo er im vierten Schritt wieder von Wasser<br />
absorbiert wird. Von dort aus gelangt die Ammoniak-Wasser-Lösung<br />
wieder in den Desorber, und<br />
d<strong>am</strong>it beginnt der Kreislauf erneut.<br />
BHKWs für sechs Standorte<br />
Nordfrost arbeitet mit dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung<br />
an insges<strong>am</strong>t sechs deutschen<br />
Standorten – mit Aggregaten von <strong>MTU</strong><br />
<strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong>. „Energie wird immer teurer, nehmen<br />
wir nur mal die höheren Strompreise durch<br />
die EEG-Umlage (Erneuerbare-Energien-Gesetz)<br />
im kommenden Jahr“, erläutert Peter Wilke,<br />
Technischer Leiter bei Nordfrost. „Da haben wir<br />
mit dem Einsatz von BHKWs wohl alles richtig<br />
gemacht. Zudem tragen wir mit dem Einsatz von<br />
erdgasbetriebenen BHKWs mit deutlichen CO 2<br />
-<br />
Einsparungen zum Klimaschutz bei.“<br />
Nordfrost steht für Logistiklösungen aus einer<br />
Hand. Wenn Sie also das nächste Mal im Supermarkt<br />
in der Obstabteilung stehen, dann wissen<br />
Sie, was hinter dem Geheimnis der frischen Ananas<br />
steckt.<br />
TEXT: KATRIN HANGER; BILDER: ROBERT HACK<br />
Ihre Fragen beantwortet:<br />
Jürgen Bockhold<br />
juergen.bockhold@mtu-online.com<br />
Tel. +49 2530 46420<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 45
Notstromsystem für größte norwegische Erdgasaufbereitungsanlage<br />
Flüsterstrom<br />
46 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
Oil&Gas<br />
Norwegen ist bekannt für seine atemberaubende Natur: Malerische Küstengebiete<br />
wechseln sich ab mit beeindruckenden Fjorden und imposanten Bergwelten.<br />
Ein Urlaubsziel wie gemacht für Naturliebhaber. Auch Energieexperten<br />
schwärmen von dem Land im hohen Norden Europas. Sie nennen es die<br />
„Batterie Europas“, denn hier liegen riesige Öl- und Gasreserven. Ein großer<br />
Teil des Erdgases wird in der Onshore-Aufbereitungsanlage Kårstø aufbereitet.<br />
Um bei einem Stromausfall geschäftskritische Produktionsprozesse nicht zu<br />
behindern, sichern fünf <strong>MTU</strong>-Aggregate die Notstromversorgung ab – und das<br />
dank spezieller Schallschutzmaßnahmen so leise wie nur möglich.<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 47
Oil&Gas<br />
Tysvær ist eine norwegische Kleinstadt, gut zwei<br />
Autostunden nördlich von Stavanger. Kaum ein<br />
Urlauber verirrt sich hier her. Doch die Stadt hat<br />
etwas Besonderes zu bieten: Hier steht die weltweit<br />
drittgrößte Erdgasaufbereitungsanlage –<br />
Kårstø. Ein Industriekomplex im Nirgendwo, eine<br />
Landschaft aus Tanks, Röhren und Schornsteinen.<br />
Doch dieser Ort im Nirgendwo ist ein neuralgischer<br />
Punkt. Etwa ein Drittel des norwegischen<br />
Erdgases wird von dieser Aufbereitungsanlage<br />
exportiert. Über Pipelines ist die Anlage mit rund<br />
50 Offshore-Feldern verbunden, deren Gas hier<br />
aufbereitet und in das europäische Versorgungsnetz<br />
eingespeist wird. Wenn Kårstø nicht funktioniert,<br />
bricht die ges<strong>am</strong>te norwegische Öl- und<br />
Gasförderung binnen kürzester Zeit zus<strong>am</strong>men.<br />
Kein Wunder also, dass alles getan wird, um den<br />
Betrieb zu sichern.<br />
Kårstø ist in den vergangenen Jahren auf das<br />
Fünffache der ursprünglichen Größe angewachsen<br />
und es soll noch größer werden. „Wir wollen<br />
Teile der Anlage erneuern, und dadurch den<br />
Betrieb von Kårstø für viele weitere Jahre sicher<br />
und effizient gestalten“, so Asbjørn Søndenå,<br />
Inbetriebnahmeleiter für Elektrik bei Norwegens<br />
wichtigstem Erdöl- und Erdgasproduzenten Statoil.<br />
Das Unternehmen, nach der russischen Gazprom<br />
der größte Erdgaslieferant Westeuropas,<br />
verantwortet den technischen Betrieb der Anlage<br />
und leitet die technische Umsetzung der Modernisierung.<br />
„Wir wollen Menschen und Umwelt<br />
schützen und dafür sorgen, dass die Produktionsstätten<br />
weiter reibungslos laufen“, ergänzt der<br />
Ingenieur. Zus<strong>am</strong>men mit seinem Te<strong>am</strong> modernisiert<br />
er insbesondere Sicherheits-, Kontrollund<br />
Versorgungssysteme, deren elektrische und<br />
mechanische Komponenten zu diesem Zweck<br />
erweitert und verbessert werden.<br />
Sicher in die Zukunft<br />
Das neue Notstromsystem von <strong>MTU</strong> versorgt<br />
die wichtigsten Verbraucher der Onshore-Aufbereitungsanlage<br />
im Falle eines Stromausfalls mit<br />
Energie. Denn die Leistung der bisher installierten<br />
Notstromaggregate reichte nicht mehr aus. Deshalb<br />
tauschte Statoil die in die Jahre gekommenen<br />
Aggregate gegen neue aus. Im Sommer<br />
2011 nahmen <strong>MTU</strong>-Mitarbeiter diese nach erfolgreich<br />
absolvierten Testläufen in Betrieb. „Wir<br />
haben bereits bei einem früheren Projekt sehr<br />
positive Erfahrungen mit <strong>MTU</strong> gemacht. Das<br />
«Das Preis-Leistungsverhältnis von <strong>MTU</strong> ist fair, die Qualität<br />
der Produkte sehr gut und die Erfahrung, die sie mit Notstromsystemen<br />
haben, ist groß. »<br />
Asbjørn Søndenå, Statoil<br />
Nordsee<br />
Bergen<br />
Norwegen<br />
Tysvær<br />
Oslo<br />
Schweden<br />
Italien<br />
Finnland<br />
Preis-Leistungsverhältnis ist fair, die Qualität der<br />
Produkte sehr gut und die Erfahrung, die sie mit<br />
Notstromsystemen haben, ist groß“, begründet<br />
Asbjørn Søndenå die Wahl. „Darüber hinaus war<br />
<strong>MTU</strong> der einzige Anbieter, der unsere speziellen<br />
Anforderungen an Schallschutz erfüllt hat.“ Und<br />
diese Anforderungen waren vielseitig:<br />
Schallwert unter 104 Dezibel<br />
Die Aggregate sollten möglichst leise arbeiten.<br />
Die Arbeitsschutzrichtlinien von Statoil schreiben<br />
vor, dass die Generatoren einen Meter entfernt<br />
nicht lauter als 104 Dezibel (dB(A)) sein dürfen.<br />
Dies entspricht in etwa der Lautstärke, die man<br />
<strong>am</strong> Boden beim Überflug eines Düsenjets in 300<br />
Meter Höhe wahrnimmt. Diese Schallbegrenzung<br />
durfte allerdings nicht zu hohen Mehrkosten<br />
führen. Eine Herausforderung, denn die nahe<br />
liegende Möglichkeit, einen schallisolierten Container<br />
um den Motor herumzubauen, k<strong>am</strong> nicht<br />
in Frage. Dieser hätte den Zugang zum Motor für<br />
Wartungsarbeiten erschwert. <strong>MTU</strong>-Ingenieure<br />
erarbeiteten daher eine alternative Lösung: Sie<br />
reduzierten die Luftansauggeräusche des Turboladers<br />
über spezielle Zusatzschalldämpfer: Ein<br />
schallgedämmtes Gehäuse <strong>am</strong> Generator dämpft<br />
zudem die Luftein- und -austrittgeräusche. Das<br />
Ergebnis: Die Aggregate sind aus einem Meter<br />
Entfernung nur noch mit 100,7 bis 102,6 Dezibel<br />
zu hören.<br />
Notstrom, um kritische Systeme herunterzufahren<br />
Bei einem Stromausfall speisen diese alle wichtigen<br />
Notfall-Verbraucher mit Energie. Dazu<br />
gehören Feuerlöschsysteme, Notbeleuchtung,<br />
Batterieladegeräte für unterbrechungsfreie<br />
Stromversorgung und HVAC-Anlagen, die den<br />
Überdruck in Gebäuden innerhalb explosionsgefährdeter<br />
Bereiche aufrechterhalten. Aber auch<br />
Zusatzeinrichtungen, wie Schmierölpumpen, Kühlanlagen<br />
für Verdichter und motorbetriebene Ventile<br />
müssen im Ernstfall weiterhin funktionieren.<br />
Ein neues Maschinenhaus, das Statoil nach den<br />
Spezifikationen von <strong>MTU</strong> errichten ließ, ist die<br />
neue Heimat der Aggregate. Hier stehen die fünf<br />
Motoren des Typs 16V 4000 G63. Vier davon reichen<br />
aus, bei einem Stromausfall das komplette<br />
Areal im Notbetrieb mit der nötigen Energie zu versorgen,<br />
so dass kritische Systeme sicher heruntergefahren<br />
werden können. Die fünfte Einheit ist<br />
als Reserveanlage installiert. Jedes der Aggregate<br />
erbringt bei einer Frequenz von 50 Hertz und einer<br />
Spannung von 690 Volt eine Anschlussleistung<br />
von 2.338 Kilovolt<strong>am</strong>pere und eine elektrische<br />
Leistung von 1.870 Kilowatt. Insges<strong>am</strong>t erzeugen<br />
die vier Aggregate so eine elektrische Leistung<br />
von knapp acht Megawatt — genug Energie, um<br />
den Stromverbrauch einer europäischen Kleinstadt<br />
decken zu können.<br />
<strong>MTU</strong> lieferte die Aggregate komplett mit Grundrahmen<br />
und elastischer Lagerung sowie allen<br />
erforderlichen Systemkomponenten, wie Schaltanlage,<br />
Kraftstofftanks und Belüftungsanlagen. Fünf<br />
Tischkühler mit sehr niedrigem Geräuschpegel,<br />
die auf dem Dach des Maschinenhauses stehen,<br />
st<strong>am</strong>men ebenfalls von <strong>MTU</strong>. Abgasschalldämpfer<br />
sorgen dafür, dass so wenige Geräusche wie<br />
möglich über die Abgasleitung nach außen dringen<br />
— ein Garant für einen besonders niedrigen Lärmpegel<br />
auch außerhalb des Gebäudes.<br />
Zehn Sekunden bis zur Lastaufschaltung<br />
<strong>Der</strong> Kraftstoff für die Aggregate ist in zwei speziellen<br />
Tanks gelagert, die <strong>MTU</strong> geliefert hat. Fällt<br />
der Strom aus, können d<strong>am</strong>it vier auf voller Leistung<br />
laufende Aggregate für bis zu 17 Stunden<br />
Strom erzeugen. Außerdem lieferte <strong>MTU</strong> Schaltanlagen,<br />
die die Notstromsysteme und die Stromeinspeisung<br />
überwachen. Fällt der Strom aus, geben<br />
diese den Startbefehl für die Notstromaggregate –<br />
und das schnell. Denn das norwegische Unternehmen<br />
fordert, dass die Aggregate innerhalb von 15<br />
bis 20 Sekunden ihre Nennleistung erreichen müssen.<br />
Sie laufen daher bereits nach zehn Sekunden<br />
und nach weiteren zehn Sekunden erbringen sie<br />
ihre volle Leistung – zuverlässig und leise, d<strong>am</strong>it<br />
irgendwo im Nirgendwo Norwegens das Gas nie<br />
aufhört zu fließen.<br />
TEXT: KATRIN BECK<br />
BILDER: ØYVIND HAGEN/STATOIL<br />
Ihre Fragen beantwortet:<br />
Jörg Habermaas, joerg.habermaas@mtu-online.com<br />
Tel. +49 7541 90-4850
Kårstø ist eine der größten Erdgasaufbereitungsanlagen der Welt. D<strong>am</strong>it im Falle eines Stromausfalls alle Systeme sicher heruntergefahren werden können, stehen fünf<br />
Notstromaggregate zur Verfügung.<br />
Die Aggregate sind mit 16-Zylinder-Motoren der <strong>MTU</strong>-Baureihe 4000 ausgestattet. Dank Anpassungen an Motor und Generator überschreitet der Schalldruckpegel in der<br />
Nähe der Aggregate nie die vorgegebene Grenze von 104 Dezibel.<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 49
Vor 95 Jahren: Karl Maybach testet ersten modernen Flugmotor<br />
In 1.800 Metern Höhe zeigte Karl Maybach im Jahr 1917,<br />
dass der von ihm entwickelte Flugmotor in der Höhe mehr<br />
Leis tung brachte als die der Konkurrenten.<br />
Ein Motor lernt fliegen<br />
Motoren unter extremen Bedingungen alles abzuverlangen,<br />
bevor sie an den Kunden geliefert werden, das macht <strong>MTU</strong><br />
nicht erst seit gestern. So testete Karl Maybach, einer der Gründer<br />
des <strong>MTU</strong>-Vorgängerunternehmens Motorenbau GmbH,<br />
bereits vor 95 Jahren einen Flugmotor auf einem über 1.800<br />
Meter hoch gelegenen Prüfstand. Dies war die Geburtsstunde<br />
des ersten modernen Flugzeugmotors.<br />
D<strong>am</strong>als tobte der Erste Weltkrieg und Maybach wollte neben Luftschiff-<br />
nun auch Flugzeugmotoren anbieten. Die Herausforderung<br />
dabei: In der Höhe sinkt die Luftdichte und die Leistung der Motoren.<br />
Maybachs Lösung: Er kompensierte diesen Leistungsverlust mit<br />
größerem Hubvolumen und einer höheren Verdichtung. <strong>Der</strong> Motor<br />
brachte so erst in ca. 1.800 Metern Höhe seine volle Nennleistung<br />
von 184 Kilowatt (250 PS). Am Boden dagegen wurde er gedrosselt.<br />
Um die Behörden zu überzeugen, dass dieser Motor tatsächlich besser<br />
war als die der Konkurrenz, ließ er einen Prüfstand auf dem bayerischen<br />
Wendelstein bauen. Und er behielt recht. Die Tests waren<br />
erfolgreich, und Maybach durfte seinen Mb-IVa-Motor schon bald in<br />
einem Flugzeug testen. Bei einer Höhenaufklärung stieg dies in nur<br />
24,5 Minuten auf 5.000 Meter Höhe. Mit einem anderen – <strong>am</strong> Boden<br />
gleich starken – Motor eines anderen Herstellers benötigte das Flugzeug<br />
42 Minuten. <strong>Der</strong> Mb-IVa-Motor hatte noch weitere Vorteile:<br />
Über Windhauben <strong>am</strong> Kurbelgehäuse wurde das Motoröl vom Fahrtwind<br />
gekühlt. Zwei brandsichere Drehschiebervergaser mit einer<br />
höhenabhängigen Regelung des Luft- und Kraftstoffgemischs – wobei<br />
gleichzeitig der Zündzeitpunkt verstellt wurde – sorgten zudem dafür,<br />
dass der Kraftstoffverbrauch gering war. <strong>Der</strong> Mb IVa wurde ab 1917<br />
in Serie produziert und wurde unter anderem in Doppeldecker der<br />
Rumpler Flugzeugwerke oder der Firma Heinkel eingesetzt.<br />
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges verbot der Versailler Vertrag<br />
deutschen Firmen, Fluggeräte aller Art herzustellen – dazu gehörten<br />
auch Maybachs Flugmotoren. Die Alliierten zerstörten die entsprechenden<br />
Geräte und Einrichtungen. Das zu diesem Zeitpunkt unter<br />
dem N<strong>am</strong>en Maybach-Motorenbau GmbH firmierende Unternehmen<br />
begann daraufhin, schnelllaufende Dieselmotoren zu produzieren.<br />
TEXT: LUCIE MALUCK; BILDER: TOGNUM-KONZERNARCHIV<br />
Ihre Fragen beantwortet: Dr. Heike Weishaupt<br />
heike.weishaupt@tognum.com, Tel. +49 7541 90-3225<br />
50 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
Maybachs Flugmotor k<strong>am</strong><br />
unter anderem in einem<br />
Heinkel-Doppeldecker zum<br />
Einsatz.<br />
Historie<br />
<strong>Der</strong> erste moderne Flugmotor: <strong>Der</strong> Mb IVa war ein Sechszylinder-Otto-Reihenmotor<br />
mit einem Hubraum von 23,1<br />
Litern. Bei 1.400 Umdrehungen brachte er <strong>am</strong> Boden 206<br />
Kilowatt (280 PS) Vollleistung, wurde jedoch auf 180<br />
Kilowatt (245 PS) gedrosselt. In 1.800 Metern Höhe hatte<br />
er 184 Kilowatt (250 PS) Leistung.<br />
Nachdem Karl Maybach den<br />
Motor erfolgreich auf dem<br />
bayerischen Wendelstein<br />
getestet hatte (Bild unten<br />
links), wurde er unter anderem<br />
in Doppeldecker der<br />
Rumpler Flugzeugwerke<br />
eingebaut (Bild rechts).
Finnische Navy fährt Minensucher mit entmagnetisierten Motoren<br />
In geheimer<br />
geographischer<br />
Nordpol<br />
Mission<br />
Das Erdmagnetfeld schützt den<br />
Planeten vor kosmischen Strahlen.<br />
Doch auch Seeminen nutzen es, um<br />
Schiffe zu erkennen und diese zu<br />
zerstören. Um dies zu verhindern,<br />
kann <strong>MTU</strong> Motoren ihre magnetische<br />
Signatur nehmen.<br />
Das Erdmagnetfeld verursacht die magnetische<br />
Anziehungskraft von Motoren. Es entsteht in den<br />
Tiefen unseres Planten und reicht etwa 60.000<br />
Kilometer hinaus in das Weltall. Da die Pole des<br />
Feldes sich jährlich um gut 50 Kilometer verschieben,<br />
weichen die magnetischen Pole von den geografischen<br />
Polen ab.<br />
52 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
Marine<br />
magnetischer<br />
Südpol<br />
magnetischer Äquator<br />
geographischer<br />
Äquator<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 53
In einer Spule werden die Zylinderlaufbuchse und die<br />
anderen 16.000 Teile des Motors entmagnetisiert.<br />
Messleiter Albert Hagenlocher lässt dafür Strom in<br />
einer bestimmten Hüllkurve durch die Spule fließen.<br />
54 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
Marine<br />
Sie liegen im Verborgenen, oft hunderte Meter<br />
unter der Wasseroberfläche – doch ihre<br />
Wirkung ist verherend. Noch heute liegen<br />
weit über 200.000 Seeminen auf dem Grund<br />
der Ostsee. Sie sind Restbestände aus dem<br />
Zweiten Weltkrieg und behindern die Fischerei<br />
und die Handelsschifffahrt. Denn werden<br />
sie nicht bemerkt und fährt ein Schiff über<br />
sie, kommt jede Hilfe für das Schiff und die<br />
Besatzung zu spät. Die finnische Marine<br />
möchte daher im Jahr 2015 drei neue Minensucher<br />
in Betrieb nehmen – für insges<strong>am</strong>t<br />
250 Millionen Euro. <strong>MTU</strong> liefert für die<br />
Minensucher speziell ent mag netisierte<br />
Motoren für den Antrieb und zur Bordstromversorgung.<br />
Manche Dinge sind einfach da – ganz selbstverständlich,<br />
ohne dass man sie bemerkt. <strong>Der</strong> Sauerstoff<br />
in der Luft gehört dazu. Oder die Sonne,<br />
ohne deren Licht und Wärme wir nicht leben<br />
könnten. Auch das Magnetfeld der Erde ist so<br />
etwas. Keiner bemerkt es, doch ohne die Anziehungskraft<br />
der Pole sähe unsere Welt anders aus.<br />
Hochenergetische Teilchen von der Sonne oder<br />
aus dem Weltall würden ein Leben auf der Erde<br />
möglicherweise verhindern, wenn diese nicht in<br />
einigen Tausend Kilometern Höhe vom Erdfeld<br />
abgefangen würden. Wale, Haie oder Meeresschildkröten<br />
nutzen das Magnetfeld außerdem<br />
zur Orientierung. Doch auch Seeminen machen<br />
sich die magnetische Anziehungskraft zu Nutze.<br />
Sie sind mit Magnetsensoren bestückt und erkennen<br />
d<strong>am</strong>it, wann Schiffe in die Nähe kommen, die<br />
sie zerstören sollen. Minensucher haben die Aufgabe,<br />
die Minen zu suchen und sie unschädlich<br />
zu machen. Die finnische Marine nimmt derzeit<br />
drei neue Minensucher in Betrieb. Je zwei Achtzylinder-<strong>MTU</strong>-Motoren<br />
der Baureihe 396 treiben<br />
die etwa 52 Meter langen Schiffe an. Die Leistung<br />
der Motoren spielt dabei nur eine untergeordnete<br />
Rolle, denn während der Minensuche fahren die<br />
Schiffe nicht schneller als fünf Knoten (9,3 Stundenkilometer).<br />
Um möglichst leise durch das Wasser<br />
zu gleiten, sind die Motoren doppelt elastisch<br />
gelagert. Zudem haben sie eine kaum noch vorhandene<br />
magnetische Signatur.<br />
Präzision und Genauigkeit<br />
Diese herzustellen, ist ein komplizierter Vorgang,<br />
der mehrere Wochen dauert. „Wir brauchen für<br />
einen Motor weit über 100 Stunden“, erklärt<br />
Albert Hagenlocher, Messleiter bei <strong>MTU</strong>. Denn<br />
es wird nicht der ges<strong>am</strong>te Motor auf einmal entmagnetisiert.<br />
Albert Hagenlocher entmagnetisiert<br />
jedes einzelne Teil: Die Kurbelwelle, die Nockenwelle,<br />
die Pleuel, die Turbolader, die Zylinderköpfe<br />
und sogar die Schrauben - 16.000 Teile pro<br />
Motor. Viel Aufwand. „Aber so stellen wir sicher,<br />
dass die magnetische Signatur der Teile dauer-<br />
haft niedrig bleibt“, erzählt er. Fast in sich versunken<br />
stellt er dabei eine Zylinderlaufbuchse in<br />
eine Entmagnetisierungsspule.<br />
Permanente und induzierte Signatur<br />
Noch ist die magnetische Signatur hoch. Eine<br />
Seemine würde den Motor mit dieser Zylinderlaufbuchse<br />
sofort erkennen und explodieren. Um<br />
die magnetische Signatur zu senken, lässt der<br />
Messleiter Strom in einer bestimmen Hüllkurve<br />
durch die Spule fließen. Diese Kurve hat insges<strong>am</strong>t<br />
acht Variablen. Die Frequenz des Stroms<br />
oder die maximale Strommenge, die durch die<br />
Spule fließt, sind zwei davon. Die Kurve richtig<br />
einzustellen, ist die große Kunst. „Das kann man<br />
nicht studieren“, erzählt Hagenlocher. Vielmehr<br />
komme es auf Erfahrung an. Denn jedes magnetische<br />
Teil besitzt zwei verschiedene magnetische<br />
Signaturen: eine permanente und eine induzierte<br />
magnetische Signatur. Die permanente Signatur<br />
der Zylinderlaufbuchse kann Albert Hagenlocher<br />
entfernen, die induzierte jedoch nicht. Diese richtet<br />
sich nach dem Magnetfeld der Erde. Doch das<br />
schwankt und ist außerdem regional sehr unterschiedlich.<br />
<strong>Der</strong> finnische Minensucher soll zunächst nur im<br />
Golf von Finnland unterwegs sein. Doch auch<br />
diese geografische Bezeichnung ist zu weiträumig.<br />
Ein Schiff, das vor der Küste Helsinkis keine<br />
Wenn Albert Hagenlocher allen Einzelteilen des Motors ihre magnetische Signatur genommen hat, wird der Motor montiert. Dann prüft der<br />
Messleiter auf einer Messbahn, wie hoch die Restsignatur des Motors ist.<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 55
INTERVIEW<br />
„Wir haben eine Sauna an Bord“<br />
Interview mit Heikki Vierelä, Kommandant der „Katanpää”<br />
Heikki Vierelä ist Kommandant<br />
der „Katanpää”, dem<br />
ersten von drei neuen Minensuchern<br />
der finnischen Marine.<br />
Warum braucht die finnische Marine Minensucher?<br />
Im Golf von Finnland liegen noch viele Tausend Minen aus dem Zweiten Weltkrieg. Diese behindern<br />
die Schifffahrt und die Fischerei. Außerdem sind Minen in asymmetrischen Kriegen ein<br />
beliebtes Mittel, beispielsweise Hafeneinfahrten zu versperren. Wenn wir mit dem Schiff vertraut<br />
sind, soll die Katanpää auch an internationalen Missionen teilnehmen und Minen in Kriegsgebieten<br />
entfernen.<br />
Wie spüren Sie die Minen unter Wasser auf?<br />
Wir haben Sonar-Geräte an Bord, die die Minen unter Wasser durch die Veränderung des Schalls<br />
finden können. Einige davon sind <strong>am</strong> Schiff montiert, andere fahren wie kleine Roboter. Diese<br />
haben den großen Vorteil, dass das Schiff mit der Besatzung in sicherer Entfernung bleiben kann.<br />
Und was geschieht mit den Minen?<br />
Das kommt drauf an, welches Gefahrenpotenzial die Minen haben. Manchmal reicht es aus, nur<br />
ihre Position zu kennen, so dass wir sie in Seekarten einzeichnen können. Sobald Minen aber<br />
eine Gefahr für andere Schiffe, Fischer oder Taucher darstellen, müssen wir sie sprengen.<br />
<strong>MTU</strong>-Motoren treiben die Katanpää an. Was ist Ihnen bei den Motoren besonders wichtig?<br />
Ganz klar: eine geringe magnetische und akustische Signatur. Dicht gefolgt von Zuverlässigkeit.<br />
Die Power ist zweitrangig, denn unser Schiff fährt nur beim Transit zu den Minengebieten<br />
schnell. Während der Minensuche fahren wir elektrisch und benötigen nur einen der vier<br />
<strong>MTU</strong>-Motoren an Bord.<br />
Finnen sind ja bekannt dafür, überall eine Sauna zu bauen. Gibt es an Bord auch eine<br />
Sauna?<br />
Ja, wir haben tatsächlich eine Sauna an Bord. Das ist übrigens bei allen größeren finnischen<br />
Navy-Schiffen so. Saunas sind Teil der finnischen Kultur, und die darf auch an Bord eines Minensuchers<br />
nicht fehlen. Doch wir haben die Sauna auch aus Sicherheitsgründen an Bord: Unsere<br />
Taucher müssen in den kalten Golf von Finnland Minen entschärfen, zum Aufwärmen ist da die<br />
Sauna wichtig.<br />
magnetische Signatur besitzt, kann nur 150 Kilometer entfernt<br />
vor der Küste Turkus schon wieder magnetisch aufgeladen sein<br />
und somit Seeminen auf sich aufmerks<strong>am</strong> machen. An Bord<br />
sind daher Spulensysteme installiert. Diese beseitigen die magnetische<br />
Signatur des Schiffes, indem sie ein Gegenfeld erzeugen,<br />
das die Restsignatur des ges<strong>am</strong>ten Schiffes kompensiert.<br />
Restsignatur messen<br />
Wie hoch der permanente Restanteil des Motors ist, bestimmt<br />
<strong>MTU</strong> auf einer eigens dafür errichteten magnetischen Messbahn.<br />
Diese befindet sich in einer komplett aus Holz und<br />
einem speziellen Stahl errichteten Halle. Dank einer in 20<br />
Metern Tiefe eingebauten Sonde und zahlreicher Spulen in<br />
der Halle kann der Messleiter hier mit nur wenigen Mausklicks<br />
jedes Magnetfeld der Erde erzeugen. Dann rollt der mittlerweile<br />
montierte Motor mit 16.000 entmagnetisierten Einzelteilen<br />
auf einem Rollwagen über eine Schiene durch die<br />
Halle. Auf den drei Computerbildschirmen vor ihm kann er<br />
die magnetische Restsignatur des Motors auf das Nanotesla<br />
genau erkennen. Albert Hagenlocher ist zufrieden. <strong>Der</strong> Motor<br />
hat nur noch eine sehr geringe Restsignatur, die leicht von<br />
56 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
Marine<br />
Die finnische Marine hat für 250 Millionen Euro drei neue Minensucher bestellt. <strong>MTU</strong> liefert für diese Motoren, denen in einem komplizierten Verfahren die magnetische<br />
Signatur genommen worden ist. Dadurch sind sie für Seeminen nicht auffindbar.<br />
den Spulensystemen an Bord ausgeglichen werden<br />
kann.<br />
Leise, unauffällig und nicht magnetisch<br />
D<strong>am</strong>it ist der Motor bereit für seinen Einsatz im<br />
finnischen Minensucher Katanpää. Im Jahr 2015<br />
soll er in Betrieb gehen und zus<strong>am</strong>men mit seinen<br />
zwei Schwesterschiffen Vahterpää und Purunpää<br />
die Küstengebiete vor der finnischen Ostsee<br />
von Minen befreien. Kommandant Heikki Vierelä<br />
bereitet sich bereits mit seiner Mannschaft auf<br />
die Einsätze vor. Zunächst einmal wird er mit<br />
seinem Schiff nur in der Ostsee unterwegs sein,<br />
doch in fünf bis zehn Jahren seien auch internationale<br />
Einsätze geplant. „Hier in der Baltischen<br />
See vor Finnland liegen nur noch Minen aus dem<br />
Zweiten Weltkrieg. Doch in asymmetrischen Kriegen<br />
sind Minen ein beliebtes Mittel, beispielsweise<br />
Hafeneinfahrten zu versperren“, erzählt er.<br />
Mit speziellen Sensoren an Bord ortet er mit seiner<br />
Crew die Minen, entschärft sie oder sprengt<br />
sie. <strong>Der</strong> <strong>MTU</strong>-Antriebsmotor in Kombination mit<br />
einem Voith-Schneider-Propeller ermöglicht der<br />
Crew, das Schiff auch bei starkem Wind und Wellen<br />
sehr genau zu manövrieren, denn mit diesem<br />
kann der Schub beliebig eingestellt werden,<br />
ohne die Drehzahl zu verändern. Dank des <strong>MTU</strong>-<br />
Schiffsautomationssystems Callosum kann sich<br />
die Crew dabei komplett auf ihre Arbeit konzentrieren.<br />
Callosum steuert, überwacht und regelt<br />
nicht nur den Antrieb, sondern auch die <strong>MTU</strong>-<br />
Bordstromversorgung, das Feueralarmsystem<br />
und die Tankmessanlage. „Die wichtigste Aufgabe<br />
der Motoren allerdings ist, dass sie zuverlässig<br />
sind “, so der Kommandant. Auch der <strong>MTU</strong>-Motor<br />
soll einfach nur da sein, ganz selbstverständlich,<br />
ohne dass man ihn bemerkt. Leise, unauffällig<br />
und vor allem – nicht magnetisch.<br />
TEXT: LUCIE MALUCK<br />
BILDER: ROBERT HACK, MARTIN ROSCHER,<br />
FREDDY PHILIPS<br />
Ihre Fragen beantwortet:<br />
Martin Roscher<br />
martin.roscher@mtu-online.de<br />
Tel. +49 7541 90-2694<br />
Schweden<br />
Finnland<br />
Golf von Finnland<br />
Estland<br />
Lettland<br />
Russland<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 57
Energie<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6 7<br />
8<br />
1 Morgens um 7 in Deutschland, in Italien oder in Frankreich. 2 Martin rasiert sich. 3 Michelle brät sich ein Spiegelei. 4 Tim und Laura toasten eine Scheibe Brot.<br />
5 Maria kocht heißes Wasser für ihren Tee. 6 Lara stellt ihren Computer an. 7 Luigi heizt seine Küche mit dem Elektrolüfter. 8 Hans kocht sich einen Kaffee.<br />
Sie alle brauchen Strom. So viel, dass der Strom, den Kraftwerke und private Fotovoltaikanlagen in diesem Moment produzieren, nicht ausreicht und Dieselmotorenkraftwerke<br />
Spitzenstrom liefern müssen.<br />
58 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
Kraftwerk mit Stromaggregaten von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> liefert Regelleistung, Not- und Spitzenstrom<br />
Morgens um 7<br />
Die Zukunft der Energieerzeugung ist dezentral<br />
– und regenerativ. Doch d<strong>am</strong>it verändern<br />
sich auch die Anforderungen an die<br />
Stromnetze: Sie müssen zunehmend größere<br />
und schwankende Energiemengen aus Windund<br />
Solaranlagen verkraften, ohne dass<br />
Spannung und Stromfrequenz im Netz abfallen.<br />
Dafür brauchen sie Energiequellen, auf<br />
die Netzbetreiber flexibel und schnell zugreifen<br />
können. Die Überlandwerk Fulda AG<br />
(ÜWAG) betreibt solch eine Energiequelle. In<br />
den vergangenen Jahren hat sie ihr Kraftwerk<br />
mit maßgeschneiderten Dieselaggregaten<br />
von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> aufgerüstet<br />
und liefert jetzt punktgenau und flexibel<br />
Regelleistung, Not- und Spitzenstrom.<br />
Was macht Hans Müller aus Deutschland morgens<br />
um 7? Er macht sich einen Kaffee. Luigi Motta aus<br />
Italien dreht den elektrischen Heizlüfter auf. Und<br />
Michelle Portier kocht sich Frühstück. Sie genießen<br />
die letzten ruhigen Minuten, bevor die Sonne<br />
aufgeht. Es herrscht Stille. Doch die Stromnetze,<br />
die laufen heiß. Denn pünktlich um 7 Uhr <strong>am</strong> Morgen<br />
brauchen nicht nur Hans Müller, Luigi Motta<br />
und Michelle Portier Strom – Millionen andere<br />
Menschen auch. <strong>Der</strong> Strom, den große und kleine<br />
Kraftwerke oder private Fotovoltaikanlagen in diesem<br />
Moment produzieren, reicht dafür nicht aus –<br />
das Stromnetz ist überlastet.<br />
Europäisches Verbundnetz liefert Strom<br />
Das ist die Stunde der flexiblen Kraftwerke.<br />
Die ÜWAG hat eines davon. Vor 100 Jahren wurde<br />
es gebaut – ursprünglich, um die Bürger der Region<br />
Fulda mit Elektrizität zu versorgen. Doch mittlerweile<br />
gibt es ein europäisches Verbundnetz, in<br />
das riesige Kraftwerke und vermehrt auch Betreiber<br />
kleinerer, dezentraler Energieanlagen ihren<br />
Strom einspeisen. Dieser wird über Umspannwerke<br />
und Transformatorstationen an die einzelnen<br />
Haushalte und Industrieunternehmen verteilt.<br />
Die ÜWAG in Fulda musste sich einen neuen<br />
Platz in dieser „Verteilkette“ suchen – und hat ihn<br />
gefunden.<br />
Spitzenstrom bei Stromspitzen<br />
Das Kraftwerk liefert Spitzenstrom, wenn der<br />
Bedarf so hoch ist, dass im Verbundnetz nicht<br />
genug Strom verfügbar ist: Dann, wenn Hans<br />
Müller, Luigi Motta, Michelle Portier und Millionen<br />
andere morgens das Licht anschalten oder<br />
ihren Kaffee kochen. „Morgens zwischen 7 und<br />
8 Uhr und abends um 20 Uhr steigt der Strombedarf<br />
schnell an“, erklärt Frank Weinmann, der bei<br />
der ÜWAG die Abteilung Energieerzeugung und<br />
–beschaffung leitet. Früher lag diese Stromspitze<br />
mittags um 12, heute brauchen die Menschen<br />
morgens nach dem Aufstehen und abends, wenn<br />
sie nach Hause kommen <strong>am</strong> meisten Strom. „Am<br />
Stromverbrauch kann man gut sehen, wie sich<br />
die Lebensweise der Deutschen verändert hat“,<br />
schmunzelt er.<br />
Um diese Stromspitzen in Zukunft noch besser<br />
ausgleichen zu können, hat die ÜWAG in Fulda ihr<br />
Kraftwerk in den vergangenen Jahren für zehn Millionen<br />
Euro modernisiert: Sie hat zwei ältere Dieselmotoren<br />
aussortiert und durch sechs kleinere<br />
Stromaggregate von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> ersetzt.<br />
Kern der Aggregate ist je ein 20-Zylinder-Motor<br />
der <strong>MTU</strong>-Baureihe 4000. Stolz blickt der Ingenieur<br />
von der Leitstelle hinunter auf die blauen Aggregate<br />
von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong>. „Die Motoren sind<br />
wahre Ferraris“, schwärmt er. Innerhalb weniger<br />
Sekunden können sie starten und sich mit dem<br />
europäischen Stromnetz synchronisieren. Die bisherigen<br />
Motoren hätten dazu mehrere Minuten<br />
gebraucht.<br />
Regelleistung gleicht Netzschwankungen aus<br />
„In der heutigen Stromwelt muss man schnell<br />
sein“, erklärt er. Das liege nicht nur daran, dass<br />
heute immer häufiger der Bedarf nach Spitzenstrom<br />
besteht. Auch der ständig steigende Anteil<br />
von Strom aus regenerativen Energiequellen trage<br />
dazu bei. Denn anders als die konventionellen,<br />
großen Kraftwerke kann man bei diesen nicht<br />
abschätzen, wie zuverlässig sie Energie in das<br />
Netz einspeisen. Kurz gesagt: Scheint die Sonne<br />
und weht der Wind, fließt auch der Strom. Doch<br />
was ist, wenn es windstill ist und auf den Photovoltaikanlagen<br />
Schnee liegt? Dann ist die Stromfrequenz<br />
von 50 Hertz gefährdet und es droht ein<br />
Stromausfall. D<strong>am</strong>it dies nicht passiert, greifen<br />
Das ÜWAG Fulda wurde vor 100 Jahren <strong>am</strong> Rande der<br />
Innenstadt gebaut. Doch Fulda ist gewachsen, daher<br />
ist das Kraftwerk heute mitten in der Stadt.<br />
Frank Weinmann ist Diplom-Ingenieur und leitet die<br />
Abteilung Energieerzeugung und -beschaffung.
Sven Kunkel (rechts) hat den Umbau des Kraftwerks<br />
geleitet. Dabei arbeitete er eng mit Dietmar Witzigmann<br />
(links) von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> zus<strong>am</strong>men.<br />
"Wenn es Probleme gab, hat das außer uns oft keiner<br />
bemerkt, denn wir haben sie unbürokratisch auf dem<br />
kleinen Dienstweg gelöst," erzählen beide über ihre<br />
Zus<strong>am</strong>menarbeit.<br />
die Übertragungsnetzbetreiber auf Regelleistung<br />
zurück. Diese stellen zum großen Teil die Energieversorger<br />
selbst zur Verfügung. Aber kommunale<br />
Kraftwerksbetreiber wie die ÜWAG gewinnen hier<br />
immer mehr an Bedeutung.<br />
Wann die Motoren starten, wissen die Mitarbeiter<br />
der ÜWAG nicht. Die Netzbetreiber bezahlen<br />
schon dafür, dass sie im Notfall auf die Aggregate<br />
zugreifen können. Wann dieser Zeitpunkt ist,<br />
bestimmen aber sie. Rufen sie den Strom tatsächlich<br />
ab, müssen sie auch dafür bezahlen. Wie viel,<br />
60 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
Energie<br />
Sechs Aggregate von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> können innerhalb von wenigen Sekunden starten, um Regelenergie sowie Not- und Spitzenstrom zu erzeugen.<br />
das hängt auch davon ab, wie schnell die Kraftwerke<br />
den Strom liefern können. Bisher hatte die<br />
ÜWAG die sogenannte Tertiärenergie, häufig auch<br />
Minutenreserve, geliefert. Diese muss 15 Minuten<br />
nach Abruf zur Verfügung stehen. Mit den<br />
neuen Aggregaten von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> wird<br />
die ÜWAG aber in der Lage sein, auch die deutlich<br />
lukrativere Sekundärleistung zu liefern. Dafür<br />
muss sie unter anderem nach fünf Minuten die<br />
angemeldete Leistung zu 100 Prozent liefern können.<br />
Strom so schnell zu erzeugen und übertragen<br />
zu können, ist eine große Herausforderung.<br />
Denn die Aggregate müssen dafür nicht nur „aus<br />
dem Stand heraus“ anspringen, sondern sie müssen<br />
auch innerhalb weniger Sekunden ihre Frequenz,<br />
ihre Spannung und ihre Phasen mit der<br />
des Verbundstromnetzes synchronisieren. „Das<br />
schaffen unsere Aggregate nur, weil wir ein perfekt<br />
ausgeklügeltes System aus Motor, Aggregat<br />
und Motorregler haben“, erzählt Dietmar Witzigmann,<br />
der das Projekt bei <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong><br />
betreut hat.<br />
Notstrom für den Ernstfall<br />
Die Fähigkeit, innerhalb weniger Sekunden Energie<br />
liefern zu können, kommt auch den Bürgern<br />
vor Ort zugute. Denn die ÜWAG stellt nicht nur<br />
Spitzen- und Regelleistung für die großen Stromverbundnetze<br />
zur Verfügung, es liefert auch Notstrom<br />
für die Stadt Fulda. Für den Fall, dass das<br />
öffentliche Stromnetz zus<strong>am</strong>menbräche, sorgten<br />
die Aggregate dafür, dass in Fulda nicht alle Lichter<br />
ausgingen. Ein Schwarzstartaggregat, das zum<br />
Starten keine externen elektrischen Pumpen und<br />
Hilfsantriebe benötigt, springt dann automatisch<br />
an und liefert die Energie für den Start der anderen<br />
fünf Aggregate. Zus<strong>am</strong>men können sie 24,8<br />
Megawatt Strom für Straßenbeleuchtung, Ampeln,<br />
Krankenhäuser, Altenheime, Notunterkünfte oder<br />
Bürgerhäuser liefern. „Fulda ist eine der wenigen<br />
Städte Deutschlands, die das kann“, erzählt Frank<br />
Weinmann selbstbewusst. Bisher sei dieser Ernstfall<br />
noch nicht eingetreten, doch der Energiespezialist<br />
ist sich sicher, dass man deutschlandweit<br />
zukünftig mit mehr Engpässen rechnen müsse.<br />
Umbau mit Herausforderungen<br />
Geleitet wurde der Umbau des Kraftwerks und<br />
dessen Neu-Ertüchtigung durch Projektleiter<br />
Sven Kunkel. Eine große Herausforderung für den<br />
Elektroingenieur, denn Dieselmotoren waren bisher<br />
nicht sein Spezialgebiet. „Ich kenne mich<br />
mit Stromnetzen aus. Stromaggregate waren<br />
bisher nicht meine Welt“, berichtet er schmunzelnd.<br />
Heute merkt man davon nichts mehr. Voller<br />
Enthusiasmus erzählt er von den vielen Herausforderungen,<br />
denen er sich stellen musste. Das<br />
begann schon vor dem Umbau, denn eigentlich<br />
war das Kraftwerk viel zu klein für die Pläne, die<br />
er hatte. Knapp 25 Megawatt elektrische Leistung<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 61
Eine SCR-Anlage reinigt das Abgas der Dieselmotoren. So liegen die Abgaswerte weit unter denen, die die deutsche Umweltvorschrift TA Luft vorgibt.<br />
Regelleistung gleicht Netzschwankungen aus<br />
MEMO<br />
Olaf Dempewolf hat die Aggregate in Fulda installiert und in Betrieb genommen.<br />
Mit einem speziellen Remote-System kann er nicht nur vor Ort, sondern auch aus<br />
dem Büro in Friedrichshafen das Kraftwerk überwachen.<br />
Mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien kommt es zu höheren Schwankungen<br />
im Stromnetz, denn der Wind weht nicht immer und die Sonne versteckt sich oft<br />
hinter Wolken. Trotzdem fällt die Stromversorgung in Europa fast nie aus. Wie<br />
kann das sein? Zum einen sind die Stromproduzenten verpflichtet, möglichst<br />
genaue Prognosen hinsichtlich der Liefermengen abzugeben, um die Einspeisung<br />
ins Stromnetz optimal zu planen und die Normalfrequenz im Stromnetz bei<br />
50 Hertz zu halten. Was aber, wenn plötzlich der Stromverbrauch überraschend<br />
anzieht und jede noch so korrekte Prognose hinfällig werden lässt? In diesem Fall<br />
greift die Regelleistung ein, um einen Zus<strong>am</strong>menbruch des Stromnetzes abzuwenden.<br />
Diese Reserve gleicht die Schwankungen im Stromnetz innerhalb von Sekunden<br />
(Primärenergie), Minuten (Sekundärenergie) oder Viertelstunden (Tertiärenergie)<br />
aus.<br />
■ Primärleistung: Nach 30 Sekunden muss die Energie vollständig und für insges<strong>am</strong>t<br />
15 Minuten verfügbar sein.<br />
■ Sekundärleistung: Nach fünf Minuten muss die volle Leistung zur Verfügung<br />
stehen.<br />
■ Tertiärleistung: Sie muss innerhalb von 15 Minuten verfügbar sein und löst die<br />
Primär- und Sekundärregelleistung ab.<br />
62 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
Energie<br />
wollte er erzeugen – möglichst sauber, wirtschaftlich<br />
und zuverlässig. „Ich habe mir schon überlegt,<br />
ob wir das Kraftwerk erweitern müssen, was aber<br />
einen Anbau und d<strong>am</strong>it ein noch aufwändigeres<br />
Genehmigungswerk erfordert hätte“, erinnert<br />
er sich. Auch wegen solcher projektseitig aufkommenden<br />
Fragen, war er von der offenen und<br />
partnerschaftlichen Herangehensweise der <strong>MTU</strong><br />
<strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong>-Mitarbeiter überzeugt: „Wir haben<br />
auf Augenhöhe diskutiert und gemeins<strong>am</strong> Ideen<br />
entwickelt. So entstand auch der Vorschlag, zwei<br />
große Aggregate durch sechs kleinere zu ersetzen<br />
und ein zusätzliches Geschoss einzuziehen, auf<br />
dem die SCR-Anlage zur Abgasnachbehandlung<br />
eingesetzt wird“, erklärt er.<br />
Sauberer, schneller, wirtschaftlicher<br />
Stolz berichtet er davon, wie effizient und sauber<br />
die Maschinen arbeiten. „Mit den neuen Motoren<br />
haben wir die Partikelemissionen auf ein Sechstel<br />
pro erzeugter Kilowattstunde reduziert, die Stickoxide<br />
auf ein Viertel und das Kohlenmonoxid auf<br />
die Hälfte und zugleich noch den Kraftstoffverbrauch<br />
um zehn Prozent gesenkt“, so der Elektroingenieur.<br />
<strong>Der</strong> Grund für diese beeindruckenden<br />
Werte seien die modernen Motoren mit Common-<br />
Rail-Einspritzung sowie ein geregelter SCR-Katalysator.<br />
In diesem wird das Abgas gereinigt, indem<br />
Harnstoff in das Abgas eingespritzt wird. Im Katalysator<br />
reagiert dieser mit den Stickoxiden zu den<br />
unschädlichen Stoffen Wasser und Stickstoff. „Die<br />
Aggregate unterschreiten die Grenzwerte der TA<br />
Luft messbar um Längen“, so Kunkel. Außerdem<br />
liege das Kraftwerk mitten im Stadtgebiet, da sei<br />
es selbstverständlich, dass die Schadstoffemissionen<br />
so gering wie möglich sein müssen. Wegen<br />
der zentralen Lage hatte die ÜWAG ein besonderes<br />
Augenmerk auf die Reduzierung der Schallemissionen<br />
gelegt: Spezielle Schallschutzwände<br />
lassen kaum einen Laut nach außen dringen,<br />
wenn die Motoren starten und laufen.<br />
<strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> von Friedrichshafen aus auf die<br />
Aggregate und andere Komponenten im Kraftwerk<br />
zugreifen und Empfehlungen geben, wie Fehler<br />
vermieden oder behoben werden können.<br />
„Europaweit etwas Besonderes“<br />
Am 23. Dezember 2011 gingen die ersten drei<br />
der sechs Aggregate im Kraftwerk in Betrieb.<br />
Kunkel kann sich noch gut an die Zeit davor erinnern.<br />
„Unter Hochspannung“ habe er und das<br />
ges<strong>am</strong>te Te<strong>am</strong> gestanden. Vor allem deshalb,<br />
weil das Kraftwerk auch während der Umbauten<br />
ständig mit 75 Prozent Nennleistung weiterlaufen<br />
musste: „Wir waren vertraglich verpflichtet, Strom<br />
zu liefern, das konnten wir nicht unterbrechen.“<br />
Erst als Stadt und Landkreis Fulda im September<br />
2012 die Inbetriebnahme des Kraftwerks feierten,<br />
konnte sich auch Kunkel zurücklehnen: „Ein derart<br />
flexibles Kraftwerk entspricht den aktuellen<br />
Anforderungen an den Strommarkt geradezu ideal.<br />
Dass wir als kommunaler Versorger so etwas<br />
haben, ist europaweit etwas Besonderes“, so der<br />
Elektroingenieur, der jetzt auch Dieselmotorenspezialist<br />
ist.<br />
Nordsee<br />
Niederlande<br />
Belgien<br />
TEXT: LUCIE MALUCK<br />
BILDER: ROBERT HACK<br />
H<strong>am</strong>burg<br />
Berlin<br />
Deutschland<br />
Polen<br />
Fulda<br />
Ihre Fragen beantwortet:<br />
Dietmar Witzigmann<br />
dietmar.witzigmann@mtu-online.de<br />
Tel. +49 7541 90-4841<br />
Tschechien<br />
Österreich<br />
Italien<br />
Olaf Dempewolf überprüft den Ölstand der Motoren. Eine automatische Ölnachfüllung sowie ein wartungsfreier<br />
Ölfilter führen jedoch dazu, dass dies nur selten notwendig ist.<br />
Und das wird in den nächsten Wochen der Erfahrung<br />
nach immer häufiger passieren. Gerade im<br />
Winter, wenn es kalt ist, steigt der Strombedarf.<br />
„Und nicht nur, weil in der Vorweihnachtszeit alle<br />
Plätzchen backen“, erzählt Sven Kunkel. Die Tage<br />
sind kürzer, es wird mehr Licht benötigt und in<br />
der Industrie wird auf Hochtouren gearbeitet, um<br />
die Aufträge noch innerhalb des laufenden Jahres<br />
abzuarbeiten. Zuverlässige Aggregate sind nicht<br />
nur in dieser Zeit ein Muss. Die ÜWAG hat dafür<br />
zusätzlich zur eigenen Netzüberwachung auch ein<br />
spezielles Ferndiagnosesystem installieren lassen.<br />
Mit diesem können die Spezialisten von <strong>MTU</strong><br />
<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 63
Apropos<br />
Was unsere Redakteure beeindruckt<br />
1<br />
2<br />
1 Um zu sehen, wie in den Vereinigten Arabischen Emiraten Yachten gebaut werden,<br />
besuchte Lucie Maluck die Werft Gulf Craft. 2 Katrin Hanger fand beim Besuch eines<br />
Tiefkühllagers heraus, wie man aus Wärme Kälte machen kann. 3 Bernd Scherer zeigt<br />
Katrin Beck die NC-Progr<strong>am</strong>mierung eines Zylinderkopfs <strong>am</strong> Computer.<br />
3<br />
Nachbehandlung<br />
Märchenhafter Yachtbau<br />
Hier soll eine Luxusyacht entstehen? Das konnte ich mir kaum vorstellen,<br />
als ich durch die Fertigungshallen der Werft Gulf Craft in den Vereinigten<br />
Arabischen Emiraten lief. Es wimmelte nur so vor Menschen, die sägten,<br />
bohrten, hämmerten und spachtelten. Luxus habe ich mir anders vorgestellt:<br />
top-modern mit modernsten Maschinen, glitzernd, blinkend. Doch<br />
der Yachtbau ist bei Gulf Craft wirklich Handarbeit. Die Lohnkosten sind<br />
gering, da kann es sich die Werft leisten, Menschen für das zu bezahlen,<br />
was in anderen Unternehmen Maschinen machen. Lange nachdenken<br />
möchte ich darüber trotzdem nicht. Besonders nicht, nachdem mir der<br />
belgische Geschäftsführer erzählt hat, dass seine Mitarbeiter gerne lange<br />
arbeiten und ihnen Freizeit nicht wichtig ist. Doch die Vereinigten Arabischen<br />
Emirate sind trotzdem faszinierend. Bei meiner Reise k<strong>am</strong>en sie<br />
mir vor wie ein Märchenland. Und im Grunde genommen ist die Entwicklung<br />
von Gulf Craft auch ein Märchen. Warum, lesen Sie ab der Seite 36<br />
im Artikel „<strong>Der</strong> <strong>Wedding</strong>-<strong>Planner</strong>“.<br />
Künstliches Land<br />
„Bitte wenden Sie“, „bitte wenden Sie“, „bitte wenden Sie“: Wir fuhren mit<br />
unserem Auto schon längst in der Nordsee herum – laut Navi. Dabei hatten<br />
wir immer noch festes Land unter unseren Rädern. Künstliches Land,<br />
wohlgemerkt, denn der Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven wurde durch<br />
das Aufschütten von Sand geschaffen. Und für das Navi war unser Einsatzort<br />
noch gänzlich unbekannt. Im Jade-Weser-Port befindet sich der jüngste<br />
Standort des Lebensmittellogistikers Nordfrost, wo ich mir zus<strong>am</strong>men mit<br />
unserem Fotografen die beiden Blockheizkraftwerke von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong><br />
angesehen habe, die dort für Strom und Wärme, aber vor allem Kälte<br />
sorgen. Das passiert mittels Absorptionskältemaschinen, und was da drin<br />
an chemischer Reaktion abläuft und welche Rolle dabei die „Zuneigung“<br />
von Ammoniak zu Wasser spielt, fand ich ziemlich interessant. Lesen Sie<br />
selbst nach ab Seite 44.<br />
Fertigung mal anders<br />
In dieser Ausgabe des <strong>MTU</strong> Reports erkläre ich, wie bei <strong>MTU</strong> ein Zylinderkopf<br />
entsteht. In Gedanken sah ich mich schon in unseren Montagehallen<br />
neben einem Werker <strong>am</strong> Band stehen. Den typischen Geruch aus den<br />
Montagehallen in der Nase, würde er mir jeden einzelnen Schritt zeigen<br />
und erklären. Umso erstaunter war ich, als ich dann bei Bernd Scherer<br />
landete. Vor einem ganz normalen Computer, weit und breit keine Fertigung<br />
in Sicht! Was ich hier erfuhr hat mich beeindruckt: Ein Zylinderkopf<br />
wird zuerst <strong>am</strong> Computer gefertigt – virtuell. Denn die NC-Progr<strong>am</strong>mierung<br />
ist der erste und wichtigste Schritt, d<strong>am</strong>it die Bearbeitungsmaschinen<br />
überhaupt laufen. Mit quietschbunten aber sehr anschaulichen<br />
Grafiken erklärte mir Scherer, wie die Progr<strong>am</strong>mierung funktioniert, was<br />
das Wichtige für die Fertigung ist und warum der Zylinderkopf erst <strong>am</strong><br />
Computer entsteht. Aber lesen Sie selbst... auf Seite 26!<br />
64 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
Apropos... …extreme<br />
Einsatzbedingungen<br />
Mehr über extreme Einsatzbedingungen von <strong>MTU</strong>-Motoren auf den Seiten 20 bis 25.<br />
Impressum<br />
<strong>MTU</strong> Report Magazin der Marken <strong>MTU</strong> und <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> HERAUSGEBER Tognum AG; für den<br />
Herausgeber: Wolfgang Boller REDAKTIONSLEITUNG Lucie Maluck, e-mail: lucie.maluck@tognum.com,<br />
Tel. +49 7541 90-2974 REDAKTION Katrin Beck, e-mail: katrin.beck@tognum.com, Tel. +49 7541<br />
90-6535; Bryan Mangum, e-mail: bryan.mangum@tognum.com, Tel. +1 248 560-8484 WEITERE<br />
AUTOREN Mirko Gutemann, Katrin Hanger, Chuck Mahnken ANSCHRIFT DER REDAKTION Tognum AG,<br />
Maybachplatz 1, 88045 Friedrichshafen GESTALTUNG UND HERSTELLUNG designmanufaktur|ries,<br />
88214 Ravensburg LEKTORAT Sigrid <strong>Hart</strong>mann, 88697 Bermatingen LITHOGRAPHIE wagner ...digitale<br />
medien, 88690 Uhldin gen-Mühlhofen DRUCK Druckerei Holzer, Weiler im Allgäu ISSN-Nr 09 42-82 59,<br />
Nachdruck mit Quellenangabe erlaubt. INTERNET ADRESSE http://www.mtu-online.com<br />
IMPRESSUM<br />
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<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 65