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Hart am Limit Aufbauhelfer Der Wedding-Planner - MTU Onsite Energy

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A TOGNUM GROUP BRAND<br />

<strong>MTU</strong>report<br />

Das Magazin der Marken <strong>MTU</strong> und <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> I Ausgabe 03 I 2012 I www.mtu-online.com<br />

+++ <strong>MTU</strong> bevorzugter Lieferant für Antriebe von 92 britischen Hochgeschwindigkeitszügen +++<br />

<strong>Hart</strong> <strong>am</strong> <strong>Limit</strong><br />

Motorentests unter extremen Bedingungen<br />

<strong>Aufbauhelfer</strong><br />

Turmdrehkräne beim Bau des neuen World Trade Centers<br />

<strong>Der</strong> <strong>Wedding</strong>-<strong>Planner</strong><br />

Yachtbau in den Emiraten


Editorial<br />

Joachim Coers, Vorsitzender des<br />

Vorstands der Tognum AG sowie<br />

Vorsitzender der Geschäftsführung<br />

der <strong>MTU</strong> Friedrichshafen GmbH.<br />

Leistung durch Leidenschaft<br />

Wissen Sie, was mich an Tognum begeistert? Die Leidenschaft, mit der unsere mehr als 10.000 Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter arbeiten. Sie sind stolz auf das, was sie machen. Zu Recht, denn ihre<br />

Leidenschaft treibt sie immer wieder zu Höchstleistungen an. Das sehen Sie auch in der aktuellen<br />

Ausgabe des <strong>MTU</strong> Report. In unserer Titelgeschichte ist beschrieben, in welchen extremen Einsatzgebieten<br />

unsere Produkte Leistung erbringen müssen und wie unsere Entwickler die Motoren für<br />

diese Einsätze konzipieren. Sie testen Kaltstarts, bringen die Motoren in extreme Schräglagen und<br />

simulieren Ausnahmesituationen wie beispielsweise ein Erdbeben. Wir fordern einiges von unseren<br />

Produkten, d<strong>am</strong>it sie für Sie die beste Leistung bringen.<br />

Leistung müssen unsere Produkte bald erneut in Großbritannien zeigen. Als bevorzugter Lieferant<br />

von 250 dieselelektrischen Powerpacks für das Intercity Express Progr<strong>am</strong>me unterstützt <strong>MTU</strong> eines<br />

der größten Verkehrsprojekte der letzten Dekade. Mehr als 27 Jahre lang übernehmen wir die Verantwortung<br />

für den reibungslosen Betrieb der Powerpacks. Das gab es in dieser Form noch nicht.<br />

Was Leidenschaft bedeutet, zeigen uns auch die Amerikaner. In New York bauen sie dort, wo vor<br />

elf Jahren die Zwillingstürme des World Trade Centers standen, das neue World Trade Center. Unser<br />

Kunde Cornell Cranes ist daran beteiligt und hat dafür seine Turmdrehkrähne auf den neuesten<br />

technischen Stand gebracht – natürlich mit <strong>MTU</strong>-Motoren. Leidenschaft für luxuriöse und einzigartige<br />

Yachten zeigt Erwin B<strong>am</strong>ps. Er ist Geschäftsführer der Schiffswerft Gulf Craft im arabischen<br />

Emirat Al-Quwain. In zehn Jahren hat er die kleine Werft zur größten der Golfregion gemacht. Starke<br />

Leistung bringen auch unsere Energiesysteme zur Stromerzeugung. Bei Nordfrost, einem Dienstleister<br />

für Lebensmittellogistik, erzeugen zwei Blockheizkraftwerke Energie für Absorptionskältemaschinen,<br />

d<strong>am</strong>it in den verschiedenen Lebensmittellagern immer das perfekte Klima herrscht.<br />

Leidenschaft für unsere Kunden ist selbstverständlich Chefsache. Aus diesem Grund haben wir<br />

unser Vorstandste<strong>am</strong> entscheidend verstärkt. Mein neuer Kollege, Vertriebsvorstand Dr. Michael<br />

Haidinger, versteht seine Aufgabe als Sprachrohr unserer Kunden im Unternehmen. Das hilft uns,<br />

immer die beste Lösung für Ihre Anwendung anzubieten. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen<br />

und bin mir sicher, dass auch Sie die Leidenschaft in den Geschichten über unsere Antriebs- und<br />

Energiesysteme entdecken.<br />

Ihr Joachim Coers<br />

2 I <strong>MTU</strong> Report 03/12


10<br />

16<br />

20<br />

Inhalt<br />

26<br />

28 36<br />

46<br />

Aktuell<br />

Interview<br />

10 <strong>Der</strong> Kunde steht im Mittelpunkt<br />

Dr. Michael Haidinger ist seit Juli 2012<br />

der neue Tognum-Vertriebsvorstand. Im<br />

Interview erläutert er seine Motivation und<br />

seine Ziele.<br />

12 Nachrichten<br />

Bahn<br />

16 Ein Leben lang<br />

Das britische Verkehrsministerium hat<br />

92 Super-Express-Züge bestellt. <strong>MTU</strong> soll<br />

den Anrieb liefern und diesen über 27 Jahre<br />

lang warten.<br />

Technologie<br />

20 <strong>Hart</strong> <strong>am</strong> <strong>Limit</strong><br />

Hitze, Kälte, hohe Wellen oder Erdbeben<br />

stellen Motoren vor Herausforderungen.<br />

Um sicher zu gehen, dass <strong>MTU</strong>-Motoren<br />

diese bestehen, werden sie unter extremen<br />

Bedingungen getestet.<br />

26 Wie machen wir ...einen Zylinderkopf<br />

Zylinderköpfe werden nicht nur mit<br />

Maschinen, sondern auch mit Software-<br />

Progr<strong>am</strong>men gefertigt.<br />

In Aktion<br />

Industrie<br />

28 <strong>Aufbauhelfer</strong><br />

In New York arbeiten Tausende Menschen<br />

und Maschinen daran, das neue World<br />

Trade Center aufzubauen. <strong>MTU</strong>-Motoren<br />

sind in Turmdrehkränen dabei.<br />

34 <strong>Der</strong> Plattmacher<br />

Müllverdichter von Bomag pressen Müll<br />

zus<strong>am</strong>men, d<strong>am</strong>it möglichst viel davon auf<br />

die Müll halde passt.<br />

Marine<br />

36 <strong>Der</strong> <strong>Wedding</strong>-<strong>Planner</strong><br />

Die Yachtwerft Gulf Craft aus dem Emirat<br />

Al-Quwain bei Dubai baut fast 50 Meter<br />

lange Yachten genau nach Kundenwunsch.<br />

Energie<br />

44 Warm macht kalt<br />

Ein Blockheizkraftwerk in Verbindung mit<br />

einer Absorptionskältemaschine kühlt<br />

Lebensmittel in einer Tiefkühllagerhalle.<br />

Oil&Gas<br />

46 Flüsterstrom<br />

Notstromaggregate sichern den Betrieb<br />

der norwegischen Öl- und Gasaufbereitungsanlage<br />

Kårstø ab.<br />

Historie<br />

50 Ein Motor lernt fliegen<br />

Vor 95 Jahren entwickelte Karl Maybach<br />

den ersten modernen Flugmotor und<br />

testete ihn in 1.800 Metern Höhe.<br />

<strong>MTU</strong> Report Europa<br />

Marine<br />

52 In geheimer Mission<br />

Als eines der wenigen Industrieunternehmen<br />

weltweit kann <strong>MTU</strong> den Motoren ihre<br />

magnetische Signatur nehmen – ein kompliziertes<br />

Verfahren.<br />

Energie<br />

58 Morgens um 7<br />

Maßgeschneiderte Aggregate von <strong>MTU</strong><br />

<strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> erzeugen in einem Dieselkraftwerk<br />

Regelleistung sowie Not- und<br />

Spitzenstrom.<br />

Apropos<br />

64 Nachbehandlung<br />

Was unsere Redakteure bei ihrer Recherche<br />

besonders be eindruckt.<br />

65 Comic<br />

Titelbild: Unter einem glitzernden Eispanzer zeichnen sich die Konturen eines<br />

<strong>MTU</strong>-Motors ab. Um zu testen, wie dieser bei extremer Kälte startet, haben Entwickler<br />

ihn von innen gekühlt. Das Ergebnis: Approved!<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 3


Mehr dazu...<br />

Ein Video über die Präsentation<br />

des Hybrid-Triebwagens<br />

Ohne QR-Code-Reader unter<br />

bit.ly/W0z5Us<br />

ONLINE<br />

4 I <strong>MTU</strong> Report 03/12


Nicht mehr inkognito<br />

Aktuell<br />

Die ersten Kilometer hat der Hybrid-Triebwagen<br />

schon auf der Schiene – allerdings fuhr er die<br />

in kognito im typischen Rot der Deutschen Bahn.<br />

Doch seit seiner Enthüllung auf der weltweit größten<br />

Bahnmesse InnoTrans kann er sich nicht mehr<br />

verstecken. Jetzt sieht man schon auf den ersten<br />

Blick, dass dieser Triebwagen etwas Besonderes ist:<br />

Das Hybrid-Powerpack von <strong>MTU</strong> ermöglicht es, die<br />

Bewegungsenergie des Fahrzeugs in elektrische<br />

Energie umzuwandeln. Diese elektrische Energie<br />

wird in Batterien zwischengespeichert und kann bei<br />

Bedarf daraus entnommen und für den Betrieb<br />

verwendet werden. Ziel ist es, die CO 2 -Emissionen<br />

sowie den Kraftstoffverbrauch um bis zu 25 Prozent<br />

zu verringern. „Die Deutsche Bahn hat nachhaltiges<br />

Handeln konsequent in ihrer neuen Konzernstrategie<br />

DB2020 verankert. Wir wollen Umweltvorreiter<br />

werden und unsere spezifischen CO 2 -Emissionen bis<br />

2020 um 20 Prozent senken“, erklärte Dr. Volker<br />

Kefer, DB-Vorstand für Infrastruktur und Technik<br />

anlässlich der Präsentation des Triebwagens: „Um<br />

das System Bahn dyn<strong>am</strong>isch weiter zu entwickeln,<br />

brauchen wir marktfähige Innovationen. Mit der<br />

Hybridtechnologie kann ein energieeffizienter und<br />

ökologisch nachhaltiger Transport auf der Schiene<br />

vorangetrieben werden.“<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 5


Eine Käsereibe für<br />

Londons Skyline<br />

Höher – schneller – weiter. Die Olympischen Spiele in<br />

London sind zwar Geschichte, doch das Motto gilt in<br />

London weiter. London baut olympisch. Bisher hinkte<br />

die Stadt mit ihrer Skyline anderen Metropolen<br />

hinterher. Schuld war die St. Paul’s Cathedral, deren<br />

Höhe kein Hochhaus überragen durfte. Doch seit<br />

einiger Zeit wird diese Regel aufgeweicht und neue<br />

Wolkenkratzer sprießen in die Höhe. Darunter sind<br />

die 225 Meter hohe „Käsereibe“ und der 160 Meter<br />

hohe „Walkie Talkie“. Im Jahr 2014 sollen die beiden<br />

Hochhäuser bezugsfertig sein und zus<strong>am</strong>men auf<br />

mehr als 112.000 Quadratmetern Platz für Büros,<br />

Läden und Restaurants bieten. Vier <strong>MTU</strong>-Motoren der<br />

Baureihe 4000 mit jeweils 2.250 Kilowatt Leistung<br />

sorgen in beiden Hochhäusern dafür, dass der Strom<br />

nie ausfällt. Ist die Notstromanlage installiert, stellen<br />

sie im Falle eines Stromausfalls die Energieversorgung<br />

in den Gebäuden in weniger als zehn Sekunden<br />

wieder her.


Aktuell<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 7


8 I <strong>MTU</strong> Report 03/12


Besonders besonders<br />

Aktuell<br />

Elegant, ästhetisch, funktional. Yachtkunden lieben<br />

das Besondere. <strong>MTU</strong> auch. Das werden Kapitäne jetzt<br />

nicht nur spüren, wenn sie den Motor starten – das<br />

werden sie bald auch sehen. Denn gemeins<strong>am</strong> mit<br />

dem italischen Top-Designer Pininfarina hat <strong>MTU</strong><br />

Designstudien von Brückenkomponenten entwickelt:<br />

Fahrhebel, ein digitales Display, analoge Anzeigeninstrumente<br />

und die Tasten des Bedientableaus aus<br />

einem Guss gestaltet – formschön und geschmackvoll.<br />

So können auch Serienyachten künftig einzigartig<br />

aussehen. Die Komponenten im Pininfarina-<br />

Design lassen sich in jedes Brückenpult einbauen<br />

und könnten mit dem neuen <strong>MTU</strong>-Automationssystem<br />

Blue Vision New Generation kombiniert werden.<br />

„In dem Yachtsegment, für das die Designstudie<br />

erstellt wurde, gibt es momentan keine vergleichbare<br />

Lösung auf dem Markt“, so Martin Boll, Projektleiter<br />

„Bridge Design“ bei <strong>MTU</strong>. „Werften, die ihre Yachten<br />

mit den neu gestalteten <strong>MTU</strong>-Komponenten ausstatten,<br />

können sich von ihren Wettbewerbern abheben<br />

und einen wesentlichen Marktvorteil sichern.“<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 9


Interview mit dem neuen Vertriebsvorstand Dr. Michael Haidinger<br />

<strong>Der</strong> Kunde steht im Mittelpunkt<br />

Seit Mitte des Jahres 2012 verantwortet<br />

Dr. Michael Haidinger als Vorstand das weltweite<br />

Vertriebs- und Servicegeschäft von<br />

Tognum. Die ersten Monate hat er d<strong>am</strong>it verbracht,<br />

die Mitarbeiter und Kunden von <strong>MTU</strong><br />

und <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> kennen zu lernen.<br />

Denn bisher war Dr. Michael Haidinger vor<br />

allem in Unternehmen der Luftfahrtindustrie<br />

zu Hause: bei DASA, Fairchild/Dornier, Airbus<br />

und Eurocopter. Zuletzt verantwortete er<br />

beim Flugzeugtriebwerkshersteller Rolls-<br />

Royce das Deutschlandgeschäft sowie das<br />

weltweite Geschäft mit kleinen und mittleren<br />

Triebwerken. Warum er sich trotzdem mit<br />

Diesel- und Gasmotoren sowie effizienten<br />

Energieanlagen identifizieren kann, und<br />

wieso eine Fluggesellschaft einem Minenbetrieb<br />

ähnelt, erläutert er im Interview.<br />

Nehmen wir einmal an, der <strong>MTU</strong> Report<br />

veröffentlicht in einem Jahr einen Artikel<br />

über Ihre Arbeit als Vertriebs-Vorstand bei<br />

Tognum. Welche Schlagzeile wünschen Sie<br />

sich dann?<br />

„Tognum hat es geschafft, den Kunden noch<br />

mehr in den Mittelpunkt all seiner Bemühungen<br />

zu stellen“ würde mir gefallen. Die Kundenzufriedenheit<br />

mit qualitativ hochwertigen Produkten<br />

und einem passenden Serviceangebot weiter zu<br />

verbessern, ist mein großes Ziel.<br />

Sie haben bisher in Unternehmen der Luftfahrtindustrie<br />

gearbeitet. Wie k<strong>am</strong> der<br />

Sprung zu Tognum, einem Hersteller von<br />

Antriebssystemen und Energieanlagen?<br />

Ich habe mich in den vergangenen Jahren<br />

schon viel mit Antrieben beschäftigt. Daher ist<br />

der Sprung gar nicht so groß, wie er zunächst<br />

erscheint. Natürlich ist ein Flugzeugantrieb nur<br />

bedingt mit einem schnelllaufenden Dieselmotor<br />

vergleichbar. Doch die Geschäftsmodelle der<br />

Kunden sind ähnlich. <strong>Der</strong> Betreiber einer Flotte<br />

Muldenkipper muss mit den Fahrzeugen sein<br />

Geld verdienen, daher müssen sie 24 Stunden<br />

<strong>am</strong> Tag und sieben Tage die Woche verfügbar<br />

sein, dürfen nicht ausfallen und müssen wirtschaftlich<br />

sein. Diese Gedanken hat auch der<br />

Manager einer Fluggesellschaft. Ein Flugzeug darf<br />

genauso nicht länger als notwendig <strong>am</strong> Boden<br />

stehen wie ein Muldenkipper im Depot. Ähnliches<br />

gilt auch für die Betreiber von Zügen. Ein Yachtbesitzer<br />

dagegen nutzt seine Motoren nur selten,<br />

trotzdem stellt er große Ansprüche an sie. Bei<br />

ihm geht es aber weniger um den Dauerlauf, als<br />

um den Spaß, den er mit ihnen haben möchte. Er<br />

will, dass seine Motoren schnell beschleunigen<br />

und hohe Spitzenleistung bringen, immer dann<br />

laufen, wenn er sie braucht und dazu sollten sie<br />

noch gut aussehen. Ähnlich denken auch Besitzer<br />

von kleinen Businessjets. Sie müssen mit<br />

ihrem Flugzeug kein Geld verdienen, doch es ist<br />

schön, eins zu haben und wehe es funktioniert<br />

nicht, wenn man es mal braucht. Die daraus<br />

resultierenden Anforderungen und Erwartungen<br />

unserer Kunden an das Produkt und den Service<br />

sind mir daher nicht fremd.<br />

«Schon bei der Entwicklung eines Produktes<br />

müssen wir im Auge behalten, wie es sich im Betrieb<br />

verhält. »<br />

Dr. Michael Haidinger, Vertriebsvorstand bei Tognum<br />

Was reizt Sie an Tognum?<br />

Tognum agiert in Wachstumsmärkten, und es<br />

macht immer mehr Spaß zu wachsen als zu<br />

schrumpfen. Das Unternehmen hat hervorragende<br />

Produkte und ist in vielen verschiedenen<br />

Märkten gut platziert. Daraus ergeben sich viele<br />

Chancen und es liegt an uns, diese zu nutzen.<br />

Das ist eine spannende Aufgabe.<br />

Sie haben in Ihren ersten Monaten als Vorstand<br />

sicherlich schon einige Kunden getroffen.<br />

Was wünschen die sich von Ihnen?<br />

Zurecht erwarten die Kunden von mir, dass ich<br />

Ihre Stimme im Unternehmen bin. Sie wollen,<br />

dass ich ihre Anliegen kenne, ins Unternehmen<br />

trage und dort umsetze.<br />

Und was sind die Anliegen der Kunden?<br />

Kurz zus<strong>am</strong>mengefasst, dass wir ihnen die beste<br />

Lösung zu einem wettbewerbsfähigen Preis zur<br />

Verfügung stellen. Ins Detail zu gehen, ist schwierig,<br />

denn die Wünsche können je nach Anwendung<br />

unterschiedlich sein. <strong>Der</strong> Service ist immer<br />

ein großes Thema: Einige Kunden sind sehr<br />

zufrieden, für andere ist der Service manchmal<br />

ein Grund, einen Wettbewerber vorzuziehen. Das<br />

darf nicht sein. Unsere Kunden kaufen kein Wegwerfprodukt.<br />

Sie wollen ihre Antriebsanlage oder<br />

ihr Energiesystem über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte<br />

wirtschaftlich nutzen. Dafür brauchen sie<br />

einen verlässlichen Partner. Das fängt schon bei<br />

der Entwicklung unserer Produkte an. Schon da<br />

müssen wir im Auge haben, wie sich das Produkt<br />

im Betrieb verhält. Und natürlich werden<br />

wir immer daran arbeiten, mit Ersatzteilen und<br />

Experten noch schneller vor Ort zu sein, wenn<br />

es Probleme gibt. <strong>Der</strong> Kunde will schon heute<br />

nicht nur unseren Motor, unsere Antriebsanlage<br />

oder unser Energiesystem – er fordert auch<br />

unsere Serviceleistung. Zukünftig will er von uns<br />

vielleicht einfach nur „kW pro Stunde“ für seine<br />

Mission haben. Beim britischen Bahnbetreiber<br />

IEP gehen wir in dieser Hinsicht gemeins<strong>am</strong> mit<br />

unserem Partner Hitachi gerade neue Wege:<br />

Über 27 Jahre tragen wir das Kostenrisiko für den<br />

Betrieb mit. Das ist Chance und Herausforderung<br />

zugleich, und es sind die Anforderungen, die der<br />

Markt an uns stellt. Diese greifen wir gerne und<br />

mit viel Engagement auf.<br />

10 I <strong>MTU</strong> Report 03/12


Interview<br />

Ihr Vorstandskollege Dr. Ulrich Dohle hat in<br />

der vergangenen Ausgabe des <strong>MTU</strong> Report<br />

angekündigt, dass Tognum in den nächsten<br />

Jahren neben Dieselmotoren auch verstärkt<br />

Gasmotoren entwickeln wird. Wie sehen Sie<br />

die Entwicklung des Gasmotors?<br />

Für mich stellt sich nicht mehr die Frage, ob<br />

Gas der Treibstoff der Zukunft ist, sondern wann<br />

er in welcher Anwendung zum Einsatz kommt.<br />

Die Ölvorkommen sind begrenzt und Gas wird<br />

es noch lange geben, daher müssen wir irgendwann<br />

umsteigen. Doch bei aller Euphorie sollten<br />

wir bedenken, dass wir unter anderem gerade<br />

für mobile Anwendungen noch Probleme mit der<br />

Infrastruktur bei Gas haben: Es ist eben etwas<br />

anderes, ob ich meine mit Gasmotoren ausgestattete<br />

Fähre in den norwegischen Fjorden mit<br />

immer gleichen Zielhäfen betreibe oder weltweit<br />

mit gasangetriebenen Schiffen unterwegs sein<br />

will und auf eine gut ausgebaute Gasinfrastruktur<br />

an jedem Ort angewiesen bin. Auch wird die Entwicklung<br />

der Rohstoffpreise von Öl und Gas eine<br />

Rolle spielen, wann und wo eine Umstellung auf<br />

Gas wirtschaftlich Sinn macht. Daher wird der<br />

Dieselmotor noch jahrzehntelang eine wichtige<br />

Rolle spielen. Sein Anteil im Ges<strong>am</strong>tmarkt wird<br />

zwar langfristig schrumpfen, aber groß genug<br />

bleiben, so dass wir weiterhin alles daran setzen,<br />

ihn noch sauberer und effizienter zu machen.<br />

Haben Sie schon ein Lieblingsprodukt bei<br />

Tognum?<br />

Ich habe bisher noch kein Produkt gefunden, das<br />

mich nicht begeistert. Tognum hat tolle Produkte:<br />

seien es die Yachtmotoren, die Powerpacks für<br />

Züge, Energieanlagen oder die großen Marine-<br />

Motoren. Alle für sich genommen sind technische<br />

Meisterwerke. Technik und Innovation begeistern<br />

mich eben. Aber das ist auch kein Wunder, sonst<br />

wäre ich wohl nicht schon seit über 20 Jahren in<br />

der Industrie tätig.<br />

Dr. Michael Haidinger verantwortet seit<br />

Sommer 2012 das weltweite Geschäft mit<br />

den Produkten der Marken <strong>MTU</strong> und <strong>MTU</strong><br />

<strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> sowie das Distributions- und<br />

Servicegeschäft von Tognum.<br />

INTERVIEW: LUCIE MALUCK<br />

BILD: ROBERT HACK<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 11


Nachrichten<br />

Unter www.mtuonsiteenergy.com finden Kunden und Interessierte Lösungen und Produkte rund um die<br />

dezentrale Energieerzeugung.<br />

Neue Website für <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong><br />

<strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> hat eine neue Website. Unter www.mtuonsiteenergy.com haben Interessenten<br />

die Möglichkeit, noch schneller Produkte und Lösungen rund um dezentrale Energieversorgung<br />

zu finden. Neben verbesserter Navigation und der neuen Rubrik „Lösungen“ mit<br />

Beschreibungen zu Anwendungen und Märkten ist auch ein Project Center in Arbeit. Dieses hat<br />

zum Ziel, Projektmanagern, Ingenieuren und Fachkräften Zugang zu weiteren technischen Informationen<br />

zu bieten, um beispielsweise einfacher Leistungsberechungen durchzuführen.<br />

Die Seite passt sich automatisch an das Endgerät des Nutzers an, wird also in optimaler<br />

Größe auf dem jeweiligen Display angezeigt. Informationen können so bequem über den Webbrowser<br />

<strong>am</strong> PC, Laptop, Tablet oder Smartphone abgerufen werden.<br />

Im Zuge der Neugestaltung des Webauftritts wurden auch relevante Inhalte aktualisiert und<br />

überarbeitet. Interessierte Besucher erhalten auf den Produktseiten detaillierte Informationen<br />

zu verfügbaren Komplettsystemen basierend auf <strong>MTU</strong> Gas- und Dieselmotoren und den dazu<br />

passenden Serviceleistungen. Die neue Rubrik „Lösungen“ beschreibt verschiedene Anwendungen<br />

und Märkte, in denen <strong>MTU</strong><br />

<strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong>-Produkte eingesetzt<br />

werden können.<br />

Die neue Website von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong><br />

<strong>Energy</strong> passt sich der Größe der Seiten<br />

und an das jeweilige Endgerät automatisch<br />

an.<br />

12 I <strong>MTU</strong> Report 03/12


SKL Motor wird zu <strong>MTU</strong><br />

Reman Technologies<br />

Aus alt wird neu: Remanufacturing macht Motoren, die die erste Phase ihrer<br />

Lebensdauer erreicht haben, so gut wie neu: Die <strong>MTU</strong> Reman Technologies GmbH<br />

in Magdeburg ist das Technologiezentrum der Tognum-Gruppe für die<br />

serienmäßige Wiederaufarbeitung von <strong>MTU</strong>-Motoren und Komponenten.<br />

Im Jahr 2008 hat Tognum die SKL Motor GmbH in Magdeburg übernommen<br />

und den Standort auf die standardisierte Aufarbeitung von <strong>MTU</strong>-Motoren<br />

und -Komponenten ausgerichtet. Jetzt spiegelt auch der N<strong>am</strong>e des Unternehmens<br />

diese Aktivitäten wieder: <strong>MTU</strong> Reman Technologies.<br />

„Wir haben in den vergangenen Jahren über 20 Millionen Euro investiert“,<br />

so Wilfried Probian, Geschäftsführer von <strong>MTU</strong> Reman Technologies.<br />

Das Remanufacturing von Motoren, die beispielsweise in Stromaggregaten<br />

und Hochgeschwindigkeitszügen tausende Stunden Spitzenleistungen<br />

vollbrachten, spart nicht nur Geld, sondern auch Rohstoffe. Die Motoren<br />

werden zerlegt und die einzelnen Teile so aufgearbeitet, dass sie einem<br />

fabrikneuen Teil ebenbürtig sind. Defekte Komponenten und Verschleißteile<br />

werden durch neue ersetzt. Nach nur wenigen Wochen erhält der Kunde<br />

einen quasi neuen Motor, der einen kompletten Prüflauf hinter sich gebracht<br />

hat. Aber nicht nur ganze Motoren, auch einzelne ausgebaute Komponenten<br />

werden aufgearbeitet und als Reman-Teile weiterverwendet.<br />

Des Weiteren forscht die Tognum-Gruppe in Magdeburg an den Motoren<br />

der Zukunft. An Einzylinderprüfständen werden neue Brennverfahren,<br />

Brennraumgeometrien oder alternative Kraftstoffe untersucht.<br />

148 junge Menschen haben in diesem<br />

Jahr bei Tognum und den Tochtergesellschaften<br />

im In- und Ausland<br />

mit der Lehre oder dem dualen<br />

Studium begonnen.<br />

Unsere<br />

Neuen<br />

148 junge Menschen haben in<br />

diesem Jahr bei Tognum und<br />

den Tochtergesellschaften im<br />

In- und Ausland eine Lehre oder<br />

ein duales Studium begonnen.<br />

„Wir entwickeln, produzieren und warten hochwertige Motoren und Energieanlagen.<br />

Dazu benötigen wir qualifiziertes Personal. Mit dieser Investition<br />

in die Zukunft leistet das Unternehmen einen wichtigen Beitrag, um<br />

dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken“, erklärt Ingo Metzer, Tognum-<br />

Personalleiter anlässlich des Ausbildungsstarts im <strong>MTU</strong>-Leitwerk in Friedrichshafen.<br />

Dort startete auch der Großteil der <strong>MTU</strong>-Auszubildenen in<br />

das Berufsleben. Doch zum ersten Mal bildet auch Tognum America <strong>am</strong><br />

Standort Aiken sechs Berufsanfänger zu Industriemechanikern aus. Das<br />

Progr<strong>am</strong>m, das in Zus<strong>am</strong>menarbeit mit dem Aiken County School District,<br />

dem Aiken County Career and Technology Center und dem Aiken Technical<br />

College entsteht, verbindet High-School-Ausbildung, Technikunterricht<br />

im Klassenzimmer und praktisches Lernen im <strong>MTU</strong>-Werk in Aiken, angelehnt<br />

an das in Deutschland übliche duale Ausbildungsmodell. Bereits seit<br />

Anfang des Jahres 2012 lernen fünf Auszubildende bei <strong>MTU</strong> Südafrika die<br />

Feinheiten der Motorenmontage und des Motorenservices. Drei Berufsanfänger<br />

starteten bei Tognum Asia.<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 13


Nachrichten<br />

Grünes Krankenhaus<br />

Das neue Generatoraggregat <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> 400 kW 8V Baureihe 1600<br />

hat einen besonders hohen Brennstoffwirkungsgrad und ist zudem belastbar<br />

und flexibel.<br />

Bronze-Aggregat<br />

<strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> erhielt eine Bronze-Auszeichnung beim 8. Jahreswettbewerb<br />

„Produkt des Jahres“. Ausgezeichnet wurde das Dieselgeneratoraggregat,<br />

das auf dem Motor <strong>MTU</strong> 8V Baureihe 1600 basiert.<br />

Die Auszeichnung wird von der Fachzeitschrift „Consulting-Specifying<br />

Engineer“ für die besten Produkte verliehen, die 2011 eingeführt wurden.<br />

Das Bronze-Generatoraggregat hat einen hohen Brennstoffwirkungsgrad,<br />

eine hohe Belastbarkeit und große Flexibilität im wichtigen<br />

Leistungsbereich von 400 Kilowatt. Um maximale Flexibilität in verschiedenen<br />

Anwendungen zu gewährleisten, erreicht das Aggregat<br />

für den Reservebetrieb einen mittleren Lastfaktor von 85 Prozent bei<br />

schwankender Last über 24 Stunden — gegenüber dem typischen mittleren<br />

Lastfaktor von 70 Prozent über 24 Stunden. Deshalb eignet es<br />

sich ideal für anspruchsvolle Anwendungen, wie zum Beispiel als Notstromaggregat.<br />

Eine Kraft-Wärme-Kälte-Kopplungsanlage von<br />

<strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> macht das Turgutlu Public<br />

Hospital zum ersten „grünen” Krankenhaus der<br />

Türkei. Basierend auf Gasmotoren der Baureihen<br />

400 und 4000 von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> liefert die<br />

Anlage 1.235 Megawatt elektrische und 1.350<br />

Megawatt thermische Energie – genug, um das<br />

300-Betten-Krankenhaus mit Strom und Warmwasser<br />

zur Klimatisierung zu versorgen. Die Anlage<br />

ist in dreierlei Hinsicht eine Premiere: Sie ist<br />

nicht nur die erste ihrer Art in der Türkei und die<br />

erste Anlage des Landes zur Stromversorgung<br />

eines öffentlichen Krankenhauses. Sie ist darüber<br />

hinaus die erste Anlage, die außerhalb des strengen<br />

türkischen Lizenzierungssystems im Einsatz<br />

ist. Mit der Vergabe von Lizenzen für die Energieerzeugung<br />

will die Behörde zur Regulierung des<br />

Energiemarktes, die <strong>Energy</strong> Market Regulatory<br />

Authority (EMRA), die Energiepolitik verbessern<br />

und die Energieeffizienz in Land steigern. D<strong>am</strong>it<br />

für einen Betrieb in der Türkei keine Stromerzeugungs-Lizenzgebühr<br />

anfällt, müssen Anlagen<br />

einen Wirkungsgrad von mindestens 80 Prozent<br />

erreichen. Mit einem Wirkungsgrad von nahezu<br />

90 Prozent wurde die <strong>MTU</strong>-Anlage des Turgutlu<br />

Public Hospital die erste lizenzfreie Stromerzeugungseinrichtung<br />

des Landes. „Wir erwarten, dass<br />

sich die Investition des Krankenhauses in weniger<br />

als zwei Jahren bezahlt machen wird,” so Sadullah<br />

Iscanoglu von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong>.<br />

Umweltfreundliche Aggregate von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong><br />

liefern Not- und Spitzenstrom für ein karibisches Einkaufszentrum.<br />

Shopping-Strom<br />

In der Dominikanischen Republik gibt es nicht nur einen Tourismus-Boom: In den vergangenen drei Jahren sind<br />

dort zudem vier neue Einkaufszentren der Extraklasse entstanden. Eins davon ist die Agor Mall. Die 120.000 Quadratmeter<br />

große, umweltfreundliche und energiesparende Anlage wurde im Sommer eröffnet und ihre Bauweise<br />

entspricht LEED-Standards (Leadership in <strong>Energy</strong> and Environmental Design). <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong>-Distributor<br />

Equipos Diesel, S.A. installierte im Einkaufszentrum eine Sieben-Megawatt-Notstromanlage. Sie besteht aus drei<br />

1.750 Kilowatt starken Zwölfzylinder-Motoren der Baureihe 4000 und deckt den Bedarf an Not- und Spitzenstrom<br />

ab. Auch die Generatoraggregate entsprechen LEED-Standards: Sie haben Wärmetauscher, die speziell für ein<br />

Zus<strong>am</strong>menwirken mit der Anlage für Heizung, Lüftung und Klimatechnik des Einkaufszentrums ausgelegt sind. Dieses<br />

Zus<strong>am</strong>menspiel ermöglichen <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong>-Bedienelemente mit offenem Protokoll: Es stellt Anschlussmöglichkeit,<br />

Betriebsbereitschaft, Stabilität und Kraftstoffeffizienz sicher, wann immer die Generatoraggregate<br />

gebraucht werden.<br />

14 I <strong>MTU</strong> Report 03/12


Kurz notiert:<br />

EPA Tier 3 und IMO Tier III für Yachtmotor<br />

<strong>MTU</strong> und Marina Barcelona 92 haben einen Vertrag zur Kooperation bei Service<br />

und Überholung von <strong>MTU</strong>-Yachtmotoren unterzeichnet.<br />

Kooperationspartner<br />

<strong>MTU</strong> und die spanische Reparaturwerft Marina Barcelona 92 (MB92) haben<br />

einen Kooperationsvertrag unterschrieben. Dieser regelt die technischen<br />

und geschäftlichen Beziehungen zwischen beiden Parteien bei der Zus<strong>am</strong>menarbeit<br />

mit der Werft für den Service und die Überholung von <strong>MTU</strong>-<br />

Motoren in Yachten, die die Werft anlaufen. Deshalb unterhält <strong>MTU</strong> ein<br />

Büro auf dem Werftgelände. MB92 befindet sich im Hafen von Barcelona<br />

und ist weltweit eine der größten Werften für Überholung, Service und Wartung<br />

von Super- und Megayachten. Seit Ende 2011 hat <strong>MTU</strong> bei MB92 an<br />

Bord von mehr als 50 Yachten Unterstützung geleistet.<br />

Die <strong>MTU</strong>-Baureihe 2000 wird für<br />

die US-Emissionsstufe EPA Tier 3<br />

(Freizeitschiffe) und für die internationale<br />

Emissionsstufe IMO Tier III<br />

weiterentwickelt. Die neue Motorengeneration<br />

2000 M96 deckt<br />

einen Leistungsbereich bis 1940<br />

Kilowatt (2600 bhp) ab und erfüllt<br />

IMO Tier II und EPA Tier 3 rein innermotorisch sowie IMO Tier III mit<br />

SCR-Abgasnachbehandlung. Trotz der geringeren Abgas emissionen ist<br />

der Kraftstoffverbrauch geringer als bei den Vorgängermodellen.<br />

Die Motoren sind in 2014 (EPA Tier 3 Freizeitschiffe)<br />

beziehungsweise Anfang 2016 (IMO Tier III) verfügbar.<br />

Ironmen für nächste Emissions-Generation<br />

Tognum wird die Arbeitsschiffsmotoren<br />

der <strong>MTU</strong>-Baureihe 4000<br />

Ironmen für die US-Emissionsstufe<br />

EPA Tier 3 weiterent wickeln. Wie die<br />

heutige Generation werden auch die<br />

künftigen Motoren als Varianten mit<br />

8, 12 oder 16 Zylindern für dieselmechanischen<br />

und dieselelektrischen<br />

Antrieb sowie als Bordstromaggregat angeboten. Als mechanische<br />

Antriebsmotoren decken sie einen Leistungsbereich von 560 bis 2.000<br />

Kilowatt ab, für den dieselelektrischen An trieb und als Bordstromaggregat<br />

von 650 bis 2.000 Kilowatt. Die Motoren benötigen keine<br />

Abgasnachbehandlung. Ab Sommer 2013 sollen die ersten<br />

Varianten verfügbar sein.<br />

Baureihe 8000 mit 10 Megawatt<br />

<strong>MTU</strong> und Navantia betreiben in Cartagena/Spanien ein gemeins<strong>am</strong>es<br />

Schulungszentrum.<br />

Neues Trainingcenter<br />

<strong>MTU</strong> Ibérica und das spanische Schiffbauunternehmen Navantia haben<br />

im spanischen Cartagena ein gemeins<strong>am</strong>es Schulungszentrum eröffnet.<br />

Dies ist Teil einer langfristigen strategischen Kooperation beider<br />

Unternehmen und ergänzt die bestehenden Lizenzverträge für die Vermarktung<br />

und Fertigung von <strong>MTU</strong>-Motoren der Baureihen 396, 956<br />

und 1163. Das Zentrum ist ein Bestandteil des weltweiten <strong>MTU</strong>-Servicenetzes<br />

mit seinen zahlreichen Schulungseinrichtungen und erfüllt<br />

entsprechend hohe Qualitätsstandards.<br />

Die Baureihe 8000 gibt es jetzt<br />

auch mit 10 Megawatt Leistung.<br />

Bisher lag die Höchstleistung des<br />

20-Zylinder motors bei 9.100 Kilowatt.<br />

In einem projektspezifi schen<br />

Dauerlauf über 1.500 Stunden bei<br />

tropi schen Randbedingungen stellte<br />

der IMO Tier II-fähige Motor die Leistungssteigerung<br />

und seine Zuverlässigkeit unter Beweis. Die Baureihe<br />

8000 deckt nun ein Leistungsspektrum von 7.200 bis 10.000 Kilowatt<br />

ab. <strong>MTU</strong> ist d<strong>am</strong>it in der Lage, wirtschaftliche Antriebslösungen<br />

auf Basis von Dieselmotoren bis zu 40 Megawatt pro<br />

Schiff anzubieten.<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 15


▬▬▬ East Coast Main Line<br />

▬▬▬ Great Western Main Line<br />

Inverness<br />

Aberdeen<br />

Glasgow<br />

Edinburgh<br />

Vereinigtes<br />

Königreich<br />

Nordsee<br />

Newcastle<br />

Irische See<br />

Harrogate<br />

Doncaster<br />

Hull<br />

Irland<br />

Lincoln<br />

Carmarthen<br />

Hereford<br />

Kings<br />

Lynn<br />

Swansea<br />

Cardiff<br />

Bristol<br />

Reading<br />

London<br />

North Pole<br />

Plymouth<br />

Paignton<br />

Ärmelkanal<br />

Frankreich<br />

Die Bahnstrecke Great Western Main Line verläuft von London nach Westengland<br />

und Südwales. Das Kernstück der Strecke geht bis Bristol. Die East Coast Main Line<br />

ist eine gut 600 Kilometer lange, elektrifizierte Hochgeschwindigkeitsstrecke von<br />

London über Peterborough, York und Newcastle ins schottische Edinburgh.<br />

16 I <strong>MTU</strong> Report 03/12


Powerpacks und Wartung für britische Hochgeschwindigkeitszüge<br />

Bahn<br />

Ein Leben lang<br />

Es ist eines der größten Verkehrsprojekte der vergangenen Jahre in Großbritannien:<br />

das Intercity Express Progr<strong>am</strong>me, kurz IEP. Nach rund fünfjähriger Ausschreibungsphase<br />

hat das britische Verkehrsministerium im Juli 2012 beim britischen<br />

Konsortium Agility Trains 92 neue Züge mit 600 Wagen bestellt. Diese<br />

sollen auf den beiden Hauptbahnstrecken Great Western Main Line (GWML) und<br />

East Coast Main Line (ECML) fahren. Das von Hitachi Rail Europe angeführte Konsortium<br />

Agility Trains bek<strong>am</strong> den Zuschlag, den Hitachi Super Express Train zu<br />

entwickeln, zu bauen und 27,5 Jahre lang zu warten. Ab dem Jahr 2017 sollen die<br />

Züge auf der GWML und ab dem Jahr 2018 auf der ECML fahren. <strong>MTU</strong> ist bevorzugter<br />

Lieferant für 250 dieselelektrische Powerpacks und zudem während der<br />

ges<strong>am</strong>ten Lebensdauer der Züge für die Wartung der Powerpacks verantwortlich.<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 17


Bahn<br />

und mit äußerst zuverlässigen Powerpacks Teil des Intercity Express Progr<strong>am</strong>me<br />

und Partner von Hitachi zu werden“, sagte Tognum-Vertriebsvorstand<br />

Dr. Michael Haidinger anlässlich der gemeins<strong>am</strong>en Pressekonferenz<br />

mit Hitachi im September 2012 auf der Bahnmesse Innotrans in Berlin.<br />

Die Hitachi Super Express Züge fahren entweder rein elektrisch oder bimodal. Dies<br />

bedeutet, dass sie auf elektrifizierten Strecken elektrisch fahren und immer dann,<br />

wenn keine Oberleitung verfügbar ist, die <strong>MTU</strong>-Powerpacks nutzen.<br />

Zur Fahrzeugf<strong>am</strong>ilie des Super Express gehören neben rein elektrischen<br />

Zügen auch sogenannte bimodale Züge, die unter Oberleitung rein elektrisch<br />

und auf nicht elektrifizierten Strecken mit dieselelektrischem Antrieb<br />

fahren. Je nach Zuglänge erhalten diese bimodalen Züge drei (fünf Wagen),<br />

vier (acht Wagen) oder fünf (neun Wagen) Powerpacks, die sie von einer<br />

Streckenelektrifizierung unabhängig machen. Die rein elektrischen Züge<br />

sollen ebenfalls mit je einem Powerpack ausgerüstet werden. Dieses dient<br />

als Hilfsstromaggregat, um bei Störung der Oberleitung den nächsten Bahnhof<br />

zu erreichen und die Notstromversorgung des Zuges aufrechtzuerhalten.<br />

<strong>MTU</strong> liefert die Antriebe zwischen den Jahren 2013 und 2018 an<br />

Hitachi, der Wartungsvertrag läuft ab dem Jahr 2017. „Tognum ist stolz,<br />

durch seine langjährige Erfahrung mit umfassenden Wartungsverträgen<br />

Lebenslange Wartung<br />

<strong>MTU</strong> gewährleistet die Verfügbarkeit der Antriebsanlagen über die ges<strong>am</strong>te<br />

Lebensdauer der Züge. <strong>Der</strong> dafür notwendige Komplettwartungsvertrag<br />

umfasst sowohl die präventive Wartung als auch anfallende Reparaturen<br />

und Grundüberholungen. Hierzu plant <strong>MTU</strong>, neben der speziell für dieses<br />

Projekt erweiterten Werkstatt in East Grinstead, eigenes Servicepersonal<br />

in den Zugdepots in North Pole (London) und Doncaster (South Yorkshire)<br />

zu stationieren. Bereits bei der jetzigen Generation der britischen Hochgeschwindigkeitszüge<br />

InterCity 125 hatte <strong>MTU</strong> die Motoren geliefert und<br />

mit einem ähnlichen Servicekonzept die komplette präventive und korrektive<br />

Wartung übernommen. Verantwortlich für den Service ist die britische<br />

Tochtergesellschaft <strong>MTU</strong> UK mit Sitz in East Grinstead (West Sussex).<br />

Hitachi Rail Europe mit Sitz in der britischen Hauptstadt London ist eine<br />

Tochter von Hitachi Europe und gehört zum japanischen Hitachi-Konzern.<br />

<strong>Der</strong> japanische Shinkansen ist das bekannteste Beispiel für Hochgeschwindigkeitszüge<br />

aus dem Haus Hitachi. <strong>Der</strong> erste europäische Bahnauftrag für<br />

Hitachi war eine Flotte von 29 britischen Hochgeschwindigkeitszügen der<br />

Baureihe 395.<br />

TEXT UND INTERVIEW: MIRKO GUTEMANN<br />

BILDER: HITACHI, TOGNUM, ROBERT HACK<br />

Ihre Fragen beantwortet:<br />

Alexander Kerschgens<br />

alexander.kerschgens@mtu-online.com<br />

Tel. +49 7541 90-7042<br />

<strong>MTU</strong>-Powerpack mit Baureihe 1600<br />

MEMO<br />

18 I <strong>MTU</strong> Report 03/12<br />

Die <strong>MTU</strong>-Powerpacks für die Hitachi-Triebwagen sind dieselelektrische Unterflurantriebe<br />

mit einer Leistung von jeweils 700 Kilowatt. Kern des Antriebspakets ist der<br />

<strong>MTU</strong>-Zwölfzylinder-Dieselmotor 12V 1600 R80L. <strong>Der</strong> Antrieb erfüllt die Emissionsgrenzwerte<br />

der seit 2012 gültigen EU-Stufe IIIB und ist mit SCR-Abgasnachbehandlung<br />

ausgerüstet. Das Powerpack enthält neben dem Motor und Generator alle für den<br />

Antrieb des Fahrzeugs nötigen Nebenaggregate.


INTERVIEW<br />

Jim Brewin (links) ist Entwicklungsingenieur bei Hitachi Rail Europe und erläutert im Interview die Anforderungen, die sowohl Hitachi als auch <strong>MTU</strong> beim<br />

IEP-Projekt erfüllen müssen.<br />

„Wir werden für Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit bezahlt“<br />

Mr. Brewin, als Entwicklungsingenieur bei Hitachi Rail Europe waren Sie technisch<br />

für den Einkauf der Generatoreinheiten im IEP-Projekt verantwortlich. Was<br />

waren die Kernanforderungen an die Powerpacks?<br />

<strong>Der</strong> verfügbare Bauraum war für die Fahrzeugdesigner von Hitachi der Ausgangspunkt<br />

aller technischen Anforderungen. Die Designer im Werk im japanischen Kasado haben<br />

definiert, was wir in Bezug auf Bauraum, Leistung und Schnittstellen zwischen Zug und<br />

Generatoreinheit brauchen. Unter Wartungsgesichtspunkten haben wir ent schieden, dass<br />

die einfachste Lösung eine Einheit ist, die wir schnell ein- und ausbauen können – wie<br />

beim Boxenstopp in der Formel 1.<br />

Was waren die Argumente für das <strong>MTU</strong>-Powerpack?<br />

Bei jedem Lieferanten gab es Pro- und Kontra-Argumente. Mal war die technische Lösung<br />

besser, mal das Serviceangebot. Für uns war es wichtig, dass die Lösung ausgewogen ist.<br />

Gemeins<strong>am</strong> mit den bietenden Lieferanten hat Hitachi diese erarbeitet und dabei nicht<br />

vorgegeben „Genauso muss es gemacht werden“ – wir haben von den potenziellen Lieferanten<br />

Vorschläge erwartet. Durch diese intensive Zus<strong>am</strong>menarbeit haben wir eine sehr<br />

gute Beziehung zu <strong>MTU</strong> aufgebaut und sind zuversichtlich, dass wir mit dem Powerpack<br />

erfolgreich sein werden.<br />

Warum hat Hitachi sich für ein Powerpack mit 700 Kilowatt entschieden, statt die<br />

Standardvariante mit 560 Kilowatt zu wählen?<br />

Die einfache Antwort ist mehr Flexibilität und Redundanz. Normalerweise betreiben wir<br />

die Motoren bei 560 Kilowatt Leistung. Aber wenn der Zug zum Beispiel einen Bahnhof<br />

verspätet verlässt, haben wir mit dem 700-Kilowatt-Powerpack Leistungsreserven, um<br />

diese Verspätung wieder aufzuholen. Oder wenn die Klimaanlage auf vollen Touren<br />

läuft, können wir diese zusätzliche Leistung brauchen. Das macht uns flexibler.<br />

Hitachi hat auch strenge Anforderungen an niedrige Geräusche und Vibrationen<br />

der Generatoreinheiten gestellt. Warum?<br />

<strong>Der</strong> europäische TSI-Standard (Technical Specifications for Interoperability) ist sehr,<br />

sehr streng. Wenn ein Zug zum Beispiel einen Bahnhof verlässt, darf er eine bestimmte<br />

Lautstärke nicht überschreiten. Die Fahrgäste wollen außerdem möglichst wenig<br />

Vibrationen spüren. Diese Anforderungen zu erfüllen, ist eine große Herausforderung.<br />

Wir haben das auf unserem Prüfstand in Japan ausgiebig getestet und arbeiten<br />

gemeins<strong>am</strong> mit <strong>MTU</strong> sehr hart daran, die Geräusche und Vibrationen zu minimieren.<br />

Wie werden Hitachi und <strong>MTU</strong> künftig zus<strong>am</strong>menarbeiten?<br />

<strong>Der</strong> IEP-Vertrag beinhaltet die Wartung der Züge über 27,5 Jahre. Hitachi trägt die<br />

Ges<strong>am</strong>tverantwortung, <strong>MTU</strong> ist für die Wartung der Generatoreinheiten verantwortlich.<br />

Bei <strong>MTU</strong> arbeiten die Experten für die Powerpacks und wir wollen sicherstellen,<br />

dass diese über den ges<strong>am</strong>ten Zeitraum eingebunden sind. Nur so können wir immer<br />

höchste Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit bieten. Und dafür werden wir bezahlt. <strong>MTU</strong><br />

hat schon im Vorgängerprojekt HST (High Speed Trains) über viele Jahre seine Expertise<br />

mit Wartungsverträgen in Großbritannien beweisen können. Außerdem haben<br />

einige Kollegen von uns schon mit der Serviceorganisation von <strong>MTU</strong> zus<strong>am</strong>mengearbeitet<br />

und gute Erfahrungen ges<strong>am</strong>melt. Das hat uns überzeugt. Es liegen zwar noch<br />

einige Herausforderungen vor uns, aber die Grundzüge der Zus<strong>am</strong>menarbeit sind klar<br />

und wir haben eine sehr gute Lösung für das Intercity Express Progr<strong>am</strong>me.<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 19


Extreme Einsatzbedingungen von <strong>MTU</strong>-Motoren<br />

<strong>Hart</strong> <strong>am</strong><br />

<strong>Limit</strong><br />

Joggen bei minus zehn Grad: kalt, aber möglich. Bei<br />

minus 15 Grad: Da schmerzt das Atmen schon. Bei<br />

minus 20 Grad: <strong>Der</strong> Körper schafft es nicht mehr,<br />

die kalte Luft zu erwärmen, bis sie die Lunge<br />

erreicht – das Joggen wird zum Gesundheitsrisiko.<br />

Bei plus 60 Grad ist es auch nicht rats<strong>am</strong>, sich in<br />

der Natur zu verausgaben. Und steile Berge scheuen<br />

die meisten Jogger. Aber <strong>MTU</strong>-Motoren müssen<br />

immer laufen: sei es bei minus 60 Grad in der sogenannten<br />

Kältek<strong>am</strong>mer Russlands oder wenn die Wellen auf<br />

dem Meer so hoch sind, dass andere Schiffe kentern.<br />

Selbst wenn die Erde bebt, dürfen sie nicht ausfallen.<br />

Um zu testen, ob die Motoren diesen extremen Bedingungen<br />

standhalten, simulieren <strong>MTU</strong>-Entwickler diese<br />

Bedingungen auf Prüfständen.


Technologie<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 21


Technologie<br />

Ein bizarres Bild: Wie aus dem Nichts bilden sich auf dem Motor auf dem <strong>MTU</strong>-Prüfstand<br />

132 Eiskristalle. Erst nur wenige, dann immer mehr. Wie im Wintermärchen legt<br />

sich das Eis wie eine zweite Haut um den Motor. Nach wenigen Stunden ist aus dem<br />

silbernen Motor ein kristallweißes Kunstwerk geworden. Dann startet der Motor – und<br />

nach wenigen Minuten schmilzt das Eis zu Wasser.<br />

Winter im Motor<br />

Auf Prüfstand 132 wird das Startverhalten von <strong>MTU</strong>-Motoren bei extrem kalten Temperaturen<br />

getestet. Klimakompressoren kühlen den Kühlkreislauf des Motors auf äußerst<br />

frostige Temperaturen herunter. So können die Entwickler testen, wie der Motor bei unterschiedlichen<br />

Temperaturen startet. Um den Startvorgang zu verbessern, optimieren <strong>MTU</strong>-<br />

Entwickler Einspritzdruck, Einspritzmenge und Einspritzzeitpunkt. Diese Daten werden im<br />

Motorregler hinterlegt und in Abhängigkeit der Außentemperatur und Kühlmitteltemperatur<br />

beim Motorstart angepasst. Gebraucht wird das zum Beispiel in Muldenkippern, die<br />

in der sibirischen Di<strong>am</strong>antenmine Aichal pausenlos im Einsatz sind. Nicht ohne Grund gilt<br />

diese Stadt in der Teilrepublik Jakutien als die Kältek<strong>am</strong>mer Russlands. Einer Sage nach<br />

hat Gott, als er die Erde erschuf, einen Engel mit einem Sack voller Reichtümer nach Sibirien<br />

geschickt. Als dieser über Jakutien flog, gefroren ihm vor Kälte die Finger und er ließ<br />

alles fallen. Die ganzen Reichtümer – Gold, Silber und Platin, fielen auf die Erde. Aus Zorn<br />

über seinen Verlust strafte Gott die Region mit einem eisigen Winter.<br />

Motoren an Kälte angepasst<br />

Wer in Aichal arbeitet, darf früher in Rente gehen. Die Mitarbeiter bekommen außerdem<br />

einen finanziellen Ausgleich und alle zwei Jahre einen Erholungsurlaub <strong>am</strong> Schwarzen<br />

Meer. Die Muldenkipper nicht. Bei eisigen Temperaturen von bis zu minus 60 Grad – da<br />

fällt es Menschen schon schwer, zu atmen – müssen sie zuverlässig ihren Dienst verrichten.<br />

„Zunächst war ich skeptisch, ob die leistungsfähigen Motoren von <strong>MTU</strong> dies wirklich<br />

können, aber sie laufen problemlos“, erzählt Vladimir Koyhevnikov, Chefingenieur<br />

des Minenbetreibers Alrosa. Nur alle 30.000 Stunden müssen sie überholt werden; nicht<br />

häufiger als <strong>MTU</strong>-Motoren in anderen Minen auch. Doch die Motoren sind speziell auf<br />

die Bedingungen in der eisigen Kälte Sibiriens vorbereitet. Da der in dieser Gegend verwendete<br />

Polardiesel einen Kerosinanteil von 60 Prozent hat und d<strong>am</strong>it wesentlich dünnflüssiger<br />

als der sonst im Winter verwendete Winterdiesel ist, hat <strong>MTU</strong> die Injektoren so<br />

ausgelegt, dass der dünnflüssige Kraftstoff sie nicht zerstört. Jalousien vor dem Kühler<br />

verhindern, dass der Motor auskühlt. Sie sind vor den Kühler montiert und werden immer<br />

dann im Leerlauf geschlossen, wenn es zu kalt wird. <strong>Der</strong> Motorregler passt die Kraftstoffmenge<br />

und den Einspritzzeitpunkt zudem automatisch der Lufttemperatur an. Außerdem<br />

wird beim Start in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur zusätzlich zur Haupteinspritzung<br />

die Voreinspritzung aktiviert.<br />

*****<br />

Höhenkit für Einsatz in Chile<br />

Wer einmal im Hochgebirge unterwegs war kennt das Gefühl: Die Luft wird dünn, das<br />

Atmen fällt schwer. <strong>Der</strong> Anteil des Sauerstoffs in der Luft wird mit jedem Meter geringer.<br />

Ein geübter Bergwanderer merkt davon auch in 3.000 Metern Höhe nicht viel. Wer allerdings<br />

vorwiegend im Flachland unterwegs ist, dem fällt schon auf 1.500 Metern Höhe<br />

das Atmen schwer. So ähnlich geht es auch den Leopard-2-Panzern, die seit drei Jahren<br />

das Rückgrat der chilenischen Armee sind. In bis zu 4.300 Meter Höhe müssen sie trotzdem<br />

ihre Fahrleistungen bringen. Besonders für die Turbolader ist dies eine Herausforderung.<br />

<strong>Der</strong>en Drehzahl erhöht sich, aber sie fördern weniger Brennluft in den Motor. Die<br />

Folge: Die Abgastemperatur steigt und die Lebensdauer vieler Bauteile sinkt. D<strong>am</strong>it dies<br />

nicht passiert, sorgt ein neues Verdichterrad im Turbolader zus<strong>am</strong>men mit einer Temperaturüberwachung<br />

des Abgases mittels Sensoren dafür, dass der Motor nicht zu heiß<br />

wird. Die Motorleistung wird dabei kaum spürbar zurückgenommen. So kann das Triebwerk<br />

auch im Hochgebirge Höchstleistungen bringen.<br />

*****<br />

22 I <strong>MTU</strong> Report 03/12


«Zunächst war ich<br />

skeptisch, ob die leistungs<br />

fähigen <strong>MTU</strong>-<br />

Motoren die Bedingungen<br />

in der Kälte<br />

Russlands aushalten<br />

können, aber sie laufen<br />

problemlos. »<br />

Vladimir Koyhevnikov, Chefingenieur Alrosa<br />

Winter auf dem <strong>MTU</strong>-Prüstand 132:<br />

Entwickler kühlen den Motor auf<br />

minus 25 Grad Celsius herunter, um<br />

sein Startverhalten bei diesen Temperaturen<br />

zu testen und zu verbessern.<br />

Das Wasser, mit dem die Oberfläche des<br />

Motors beschlägt, friert in nur wenigen<br />

Minuten zu einem Eispanzer. Nach dem<br />

Motorstart löst sich die weiße Pracht<br />

wieder auf.<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 23


Extreme Schräglagen von Motoren<br />

Peitschende Welle, Gischt und eisige Temperaturen. Rettungsschiffe müssen meistens<br />

dann ausrücken, wenn die Wellen <strong>am</strong> höchsten sind und andere Schiffe mit den Bedingungen<br />

nicht mehr klarkommen. D<strong>am</strong>it die Schiffe nicht selbst zum Rettungsfall werden,<br />

können sie sich automatisch wieder aufrichten, sollten sie kentern. „Wir legen unsere<br />

Motoren speziell auf solch schwierige Einsatzbedingungen aus. Um sicher zu gehen,<br />

dass immer genug Öl zur Verfügu8ng steht, um die beweglichen Motorteile mit einem<br />

Schmierfilm zu überziehen, testen wir sie außerdem auf einem speziellen Schwenkprüfstand“,<br />

erklärt Dr. Carsten Baumgarten, Te<strong>am</strong>leiter Motorenversuch für die Baureihe<br />

2000. Auf diesem Prüfstand werden Motoren in Schräglagen bis zu 45 Grad gebracht<br />

und in allen möglichen Last- und Drehzahlkombinationen getestet. Die Entwickler beantworten<br />

mit diesen Test-Fragen wie nach der Höhe des Öldrucks, dem Luftgehalt im Öl<br />

oder der Menge des Öls in den Blowby-Gasen des Motors, die über die Kurbelgehäuseentlüftung<br />

der Verbrennungsluft zugeführt werden. Motoren, die in Muldenkippern<br />

oder Baggern eingesetzt werden, müssen bis zu 15 Grad Schräglage in jede Richtung<br />

überstehen. Bei Motoren für Schiffe liegt dieser Wert zum Teil noch deutlich höher. In<br />

gepanzerten Fahrzeugen müssen <strong>MTU</strong>-Motoren teilweise bis zu 45 Grad Schräglage aushalten.<br />

Hierfür sind sie mit einer speziellen Trockensumpfschmierung ausgestattet. Das<br />

Öl wird ständig aus der Ölwanne in einen kleineren Behälter gepumpt, aus dem es in den<br />

Motor gelangt. So wird sichergestellt, dass immer genug Öl in den Motor gelangt.<br />

D<strong>am</strong>it Fahrzeuge – seien es Panzer oder Muldenkipper -- auch in der<br />

dünnen Luft in über 4.000 Metern Höhe zuverlässig fahren, werden<br />

sie mit einem speziellen Höhenkit ausgestattet.<br />

Noch eine Nummer härter hat es die Motoren erwischt, die beispielsweise die Rettungsboote<br />

der britischen Seenotrettungsgesellschaft „Royal National Lifeboat Institution“<br />

antreiben. Sie müssen sich um die eigene Längsachse drehen und trotzdem<br />

weiterlaufen. Kein leichtes Unterfangen, denn durch das Kentern kann Motoröl über die<br />

Kurbelgehäuseentlüftung in die Zylinder gelangen, das dann unkontrolliert verbrennt.<br />

<strong>MTU</strong>-Konstrukteure haben daher die Kurbelgehäuseentlüftung und die Räume für das<br />

Motoröl so gestaltet, dass bei der 360-Grad-Drehung kein Öl in den Ansaugtrakt gelangt.<br />

*****<br />

Die Schiffe der britischen Seenotrettungsgesellschaft RNLI müssen<br />

oft dann auf See, wenn andere Schiffe kentern und die Bedingungen<br />

<strong>am</strong> härtesten sind.<br />

Notstrom nach einem Erdbeben<br />

Und was ist, wenn die Erde bebt? Notstromaggregate – egal, ob sie in Kernkraftwerken,<br />

in Rechenzentren oder in Krankenhäusern die Stromversorgung absichern – dürfen dann<br />

nicht ausfallen. In Kalifornien wackelt die Erde 10.000 Mal im Jahr und auch im Rest der<br />

Welt sind Erdbeben keine Seltenheit. Das müssen auch die Stromaggregate von <strong>MTU</strong><br />

<strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> aushalten. Die Entwickler von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> im <strong>am</strong>erikanischen Mankato<br />

haben daher kürzlich auf einem speziellen Prüfstand ein Erdbeben simuliert. Auf einem<br />

Prüftisch wurde ein Aggregat mit einem 3.250 Kilowatt starken <strong>MTU</strong>-Motor der Baureihe<br />

4000 einem heftigen Erdbeben ausgesetzt. Das Ergebnis: Vor, und noch viel wichtiger, auch<br />

nach dem Erdbeben lief das Aggregat und tat das, was es in so einem Fall machen muss:<br />

Strom liefern. Das Aggregat erfüllt somit die Vorgaben des International Building Codes<br />

(IBC).<br />

*****<br />

Bis zum Anschlag<br />

Den ultimativen Härtetest haben <strong>MTU</strong>-Entwickler kürzlich mit einem Motor der Baureihe<br />

890 durchgeführt. Sie haben eine Bergabfahrt simuliert und dabei die Drehzahl des<br />

Motors gesteigert, bis er ausgefallen ist. „Bei 5.555 Umdrehungen pro Minute mussten<br />

wir den Versuch aufgrund eines mechanischen Schadens abbrechen“, erzählt Frank Skrzypinski,<br />

<strong>MTU</strong>-Te<strong>am</strong>leiter für Motorversuche. Trotzdem „Approved“? „Ja“, ist Skrzypinski<br />

überzeugt. „Denn das sind 800 Umdrehungen pro Minute über der Drehzahl von 4.700,<br />

für die der Motor ausgelegt ist.“<br />

TEXT: LUCIE MALUCK<br />

BILDER: DENNIS GERING, ROBERT HACK, TOGNUM, RNLI


Technologie<br />

Bis zu 45 Grad können <strong>MTU</strong>-Entwickler Motoren auf einem Prüfstand schräg stellen. D<strong>am</strong>it können sie harte Einsatzbedingungen, wie Bergaufoder<br />

Bergabfahren oder hohe Wellen simulieren.<br />

Mehr dazu...<br />

Ein Video über die Simulation eines<br />

Erdbebens auf dem Prüfstand.<br />

Sie haben keinen QR-Codeleser?<br />

Besuchen Sie http:// bit.ly/TCDUwq<br />

ONLINE<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 25


Technologie<br />

Fertigung eines Zylinderkopfs der Baureihe 2000<br />

→Wie machen wir<br />

...einen Zylinderkopf<br />

26 I <strong>MTU</strong> Report 03/12


Am Anfang war ein viereckiges Rohteil aus<br />

Gusseisen – und eine Konstruktionszeichnung.<br />

In dieser stehen die exakten Maße.<br />

Daraus wird innerhalb von eineinhalb Tagen<br />

ein Zylinderkopf. Aber wie?<br />

700 Grad Celsius Abgastemperatur und Zünddrücke<br />

über 200 Bar – beides muss ein Zylinderkopf<br />

aushalten, wenn der Motor läuft. Er schließt<br />

den Brennraum nach oben hin zum Zylinderkopfdeckel<br />

ab. Im Zylinderkopf sitzen die Ein- und<br />

Auslassventile sowie die Einspritzdüse. Deshalb<br />

muss nicht nur das Material des Zylinderkopfs<br />

absolut hochwertig sein, er muss auch mit<br />

höchster Präzision gefertigt werden.<br />

Die virtuelle Fertigung<br />

Das Bohren und Fräsen beginnt nicht erst an der<br />

Maschine, sondern <strong>am</strong> Computer. Jeder Fräsund<br />

Bohrschritt, den das Bearbeitungszentrum<br />

macht, um aus dem Rohteil einen Zylinderkopf zu<br />

fertigen, wird vorher im Progr<strong>am</strong>m ProEngineer<br />

und NCSimul progr<strong>am</strong>miert und simuliert. Bernd<br />

Scherer ist solch ein virtueller Fertiger. Er ist Produktionsplaner<br />

und NC-Koordinator bei <strong>MTU</strong>.<br />

Er beschreibt den Arbeitsablauf des Progr<strong>am</strong>mierens:<br />

Wie der Mitarbeiter an der Maschine<br />

sucht er sich zunächst im Computer die richtigen<br />

Werkzeuge aus dem Werkzeugverwaltungssystem<br />

zus<strong>am</strong>men, mit denen er bestimmte Flächen<br />

fräsen oder bohren möchte. Dann legt er<br />

den dreidimensionalen Zylinderkopf auf den virtuellen<br />

Bearbeitungstisch in das virtuelle Spannmittel.<br />

Mit wenigen Klicks gibt er in dem Progr<strong>am</strong>m<br />

ProEngineer an, wo die Maschine wie weit und<br />

wie viel der Oberfläche abfräsen und wo welche<br />

Löcher gebohrt werden sollen. „Das System hilft,<br />

immer die richtigen Maße zu verwenden“, erklärt<br />

Scherer. Anschließend progr<strong>am</strong>miert er den<br />

nächsten Schritt. „Das Knifflige an der Progr<strong>am</strong>mierung<br />

ist, die perfekten Bewegungsabläufe in<br />

der Maschine zu finden, so dass sämtliche Flächen<br />

effizient bearbeitet werden und ein wirtschaftlich<br />

und technologisch perfektes Progr<strong>am</strong>m<br />

entsteht“, erklärt der Fachmann.<br />

Simulation <strong>am</strong> Computer<br />

Um zu kontrollieren, ob die Progr<strong>am</strong>mierung<br />

stimmt, simuliert er die Bearbeitung des Zylinderkopfes<br />

<strong>am</strong> Computer. Dabei sieht er genau, wie<br />

sich das Werkzeug bewegt und wo es eventuell<br />

zu Kollisionen zwischen Werkstück und Maschine<br />

kommen kann. Ein großer Vorteil, denn bei der<br />

realen Fertigung führt jede Kollision zu großen<br />

Schäden an der Maschine, <strong>am</strong> Werkzeug und <strong>am</strong><br />

Werkstück.<br />

Schritt für Schritt zum Zylinderkopf<br />

Dann geht’s los. Die virtuelle Fertigung im Computerprogr<strong>am</strong>m<br />

ProEngineer wird auf die reale<br />

Bearbeitungsmaschine übertragen. Genau<br />

genommen sind es zwei Bearbeitungsmaschinen,<br />

in denen Schritt für Schritt aus dem Rohling ein<br />

Zylinderkopf wird. Ein Mitarbeiter legt das Gussteil<br />

des Zylinderkopfs auf die Spannvorrichtung<br />

des ersten Bearbeitungstischs. Er schließt die<br />

großen Schiebetüren der Fräsmaschine und startet<br />

sie. Jetzt geht alles automatisch. Ein Fräser<br />

fährt an der Oberfläche entlang und fräst Stück<br />

für Stück das Material ab. Zu sehen ist davon<br />

so gut wie gar nichts. Kühlschmierstoff, der zum<br />

Kühlen und Schmieren benötigt wird, spritzt an<br />

die Scheiben der Maschine. Das erste Bearbeitungszentrum<br />

bearbeitet nacheinander die<br />

Ober- und auf dem zweiten Bearbeitungstisch die<br />

Unterseite des Rohteils. Anschließend misst der<br />

Mitarbeiter die wichtigsten Bohrungs-, Fräs- und<br />

Abstandsmaße ab, um zu sehen, ob der Prozess<br />

und die Werkzeuge in Ordnung sind.<br />

Bearbeitung in mehreren Schritten<br />

In der zweiten Bearbeitungsmaschine folgt die<br />

Bearbeitung der Flächen und Bohrungen <strong>am</strong><br />

Umfang. Anschließend reinigt eine Waschmaschine<br />

den Zylinderkopf. Ein Mitarbeiter setzt<br />

dann in die Grundbohrungen die Ventilführungen<br />

und Ventilsitzringe ein. Daraufhin wird das Gussteil<br />

auf Fehlstellen, Risse und andere Beschädigungen<br />

überprüft, verputzt und entgratet. Auf<br />

dem zweiten Bearbeitungszentrum werden unter<br />

anderem die Bohrungen der Ventilführungen<br />

sowie der Ventilsitz gemeins<strong>am</strong> fertig bearbeitet,<br />

um eine exakte Flucht zu erzielen. Die Fertigung<br />

und das anschließende Messen dieser<br />

Merkmale auf den Hundertstelmillimeter garantieren<br />

die einwandfreie Funktion der Ventile. Ein<br />

zweiter Waschgang erfüllt die Anforderungen der<br />

technischen Sauberkeit. Am Montagearbeitsplatz<br />

montiert ein Mitarbeiter schließlich Schutzhülse<br />

und die Verschlussdeckel. Wenn das Bauteil die<br />

anschließende Dichtheitsprüfung übersteht, ist<br />

es bereit für den letzten Arbeitsschritt, die Montage<br />

der Ein- und Auslassventile, durch die die<br />

Luft in und die Abgase aus den Brennk<strong>am</strong>mern<br />

strömen. Jetzt ist der Zylinderkopf gerüstet für ein<br />

ausdauerndes und kraftvolles Arbeiten <strong>am</strong> Motor.<br />

TEXT: KATRIN BECK<br />

BILDER: ROBERT HACK<br />

Ihre Fragen beantwortet:<br />

Bernd Scherer, bernd.scherer@mtu-online.com<br />

Tel. +49 7541 90-3464<br />

Im Rohzustand kommen die Zylinderköpfe aus der<br />

Gießerei bei <strong>MTU</strong> an. Erst nach der Flächenbearbeitung<br />

und den Umfangsbohrungen kann der Zylinderkopf<br />

in die Montage.<br />

Ein <strong>MTU</strong>-Mitarbeiter entgratet die Bohrungen, das<br />

heißt, er entfernt Kanten und Splitter an dem Werkstück.<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 27


Turmdrehkräne beim Bau vom Tower 3 des World Trade Centers<br />

„Tribute in Light“ war ursprünglich ein nur vorübergehend installiertes Lichtdenkmal aus<br />

88 Scheinwerfern, die vom 11. März bis zum 14. April 2002 neben dem ehemaligen World<br />

Trade Center-Standort Ground Zero platziert waren. So entstanden zwei vertikal in den<br />

Himmel strahlende Lichtsäulen, die die Türme des zerstörten World Trade Centers nachbildeten.<br />

Seit dem Jahr 2003 erleuchten sie jede Nacht vom 10. auf den 11. September den<br />

New Yorker Nachthimmel.<br />

28 I <strong>MTU</strong> Report 03/12


<strong>Aufbauhelfer</strong><br />

Elf Jahre nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001<br />

klafft Ground Zero noch immer als offene Wunde mitten in New<br />

York. Eine Wunde, an die jedes Jahr <strong>am</strong> 11. September zwei blaue<br />

Lichtsäulen erinnern, genau an den Stellen <strong>am</strong> Himmel über Manhattan,<br />

an dem die Zwillingstürme des World Trade Centers standen.<br />

Doch die Zeichen auf Heilung sind unübersehbar. Erst gruben<br />

sich Baggerschaufeln an der bedeutungsschwersten Baustelle der<br />

USA in die Erde, jetzt lassen mächtige Kräne Stahlträger durch die<br />

Luft schweben. Die Amerikaner bauen ihr World Trade Center<br />

wieder auf.<br />

Industrie<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 29


Industrie<br />

<strong>Der</strong> Morgen des 11. September 2001 war für<br />

die Kranfirma Cornell & Company ein normaler<br />

Routinetag. Die Kräne waren beim Bau eines<br />

Hochhauses in Jersey City, auf der anderen Seite<br />

des Flusses genau gegenüber von Manhattan,<br />

im Einsatz. Nach einem endlos langen Aufstieg<br />

über die Turmleiter hatten die Kranführer ihren<br />

Arbeitsplatz erreicht und hoben Stahlträger in<br />

den hellen, sonnigen Himmel. Unten auf dem<br />

Boden arbeiteten Hunderte von Bauarbeitern.<br />

Delor Cornell, die Eigentümerin von Cornell &<br />

Company, war auf dem Weg zu einem Termin in<br />

Manhattan.<br />

Plötzlich war alles anders: Ein Flugzeug erschien<br />

viel zu tief über dem Fluss. Es setzte seinen Sinkflug<br />

fort, hielt Nordwestkurs direkt auf Manhattan.<br />

Die Arbeit auf der Baustelle k<strong>am</strong> zum<br />

Erliegen. Die Arbeiter, ebenso wie Delor Cornell,<br />

beobachteten den Einschlag des Flugzeugs im<br />

World Trade Center. Es war ein Moment, den die<br />

Welt nie vergessen sollte.<br />

Doch die Amerikaner bauen ein neues World<br />

Trade Center – mit den Kränen von Cornell &<br />

Company. „Dieses Projekt hat eine große Bedeutung<br />

für uns und unsere Chefin“, sagt Don Garrahan,<br />

Geschäftsführer von Cornell & Company.<br />

„Es ist eine große Ehre, denn der Schock über<br />

das ges<strong>am</strong>te Erlebnis sitzt noch immer tief.“<br />

Hoch hinaus<br />

Das neue World Trade Center wird fünf Wolkenkratzer<br />

umfassen, dazu das National September<br />

11 Memorial & Museum, 50.000 Quadratmeter<br />

Einzelhandelsfläche und ein Zentrum der darstellenden<br />

Künste. Drei große Drehkräne von Cornell<br />

& Company sind gegenwärtig im Einsatz an<br />

Tow er 3, dem dritthöchsten Gebäude des neuen<br />

World Trade Centers. Mit 80 Stockwerken<br />

wird Tower 3 eine Bürofläche von 260.000 Quadratmetern<br />

bieten, verteilt über 53 Etagen und<br />

fünf Börsensäle. Im Sommer 2014 soll der neue<br />

Turm fertig sein. Dann wird der glänzende neue<br />

Wolkenkratzer das Zentrum der verschiedenen<br />

Gebäude rund um das Memorial bilden.<br />

Cornell & Company vermietet ihre Turmdrehkrane<br />

TG2300-B an die Falcon Steel Corporation<br />

zum Aufbau des Tower 3. Jeder TG2300-B hat<br />

eine Hebekapazität von mindestens 230 Tonnen<br />

und eine maximale Auslegerlänge von 73 Metern.<br />

Die Kräne sind modular aufgebaut. Wenn das<br />

Gebäude in die Höhe wächst, kann der Kran mitwachsen<br />

– durch Anheben und Aufsetzen eines<br />

zusätzlichen Turmsegments.<br />

«Heute braucht man einen Motor auf dem neuesten technischen<br />

Stand, da war die Tier 3-konforme Baureihe 60 die<br />

richtige Wahl. »<br />

Don Garrahan, Geschäftsführer von Cornell & Company<br />

Effizienterer Betrieb<br />

Als eine der <strong>am</strong> dichtesten bevölkerten Städte<br />

Amerikas legte New York mit dem Gesetz Local<br />

Law 77 strenge Grenzwerte fest, um die Auswirkung<br />

von Abgasemissionen auf die menschliche<br />

Gesundheit zu verringern. Die Vorschrift<br />

der Stadt verlangt von den Betreibern dieselgetriebener<br />

Maschinen die Verwendung von Kraftstoff<br />

mit ultraniedrigem Schwefelgehalt (ULSD),<br />

den Einbau von Dieselpartikelfiltern (DPF) und die<br />

Erfüllung der EPA-Dieselemissionsvorschriften für<br />

Tier 3. Die alten 12V71T-Zweitakter von Detroit<br />

Diesel zum Antrieb der Kräne von Cornell & Company<br />

waren einfach aufgebaut und zuverlässig,<br />

aber sie verbrannten den Kraftstoff nicht so sauber<br />

und effizient wie die heutigen modernen Viertakt-Dieselmotoren.<br />

Aufgrund ihrer Konstruktion<br />

verbrauchten die 12V71T-Motoren eine Menge<br />

Kraftstoff, und ihre Abgasemissionen waren zu<br />

hoch für die Grenzwerte von EPA oder Local Law<br />

77. Um Bauaufträge in New York zu gewinnen,<br />

brachte Cornell & Company die Motoren seiner<br />

Kräne auf einen modernen Stand.<br />

Ein neues Gesicht für Ground Zero<br />

MEMO<br />

Bis zum 11. September 2001 war das World Trade Center das Wahrzeichen der New Yorker Skyline. Dann k<strong>am</strong> der<br />

Moment, der nicht nur die Türme zerstörte, sondern Amerika bis ins Mark verletzte. Doch seitdem sind elf Jahre<br />

vergangen und die Amerikaner bauen auf dem Gelände des ehemaligen World Trade Centers einen neuen Gebäudekomplex.<br />

Herzstück des Areals ist der Wolkenkratzer One World Trade Center, der in der Anfangszeit des Projekts<br />

den N<strong>am</strong>en Freedom Tower trug und als höchstes Gebäude New Yorks die Skyline von Manhattan prägen wird. Den<br />

Hauptturm flankieren drei weitere etwas kleinere Hochhäuser, die Tower 2, 3 und 4. Ein etwas abseits gelegenes<br />

Hochhaus des World Trade Centers war bereits 2006 wiederaufgebaut worden. Im Schatten der Riesen aus Glas und<br />

Stahl erinnert in einem Hain aus Eichenbäumen ein Mahnmal an die Anschläge: zwei Granitbecken, die in den viereckigen<br />

Fußstapfen der eingestürzten Zwillingstürme eingelassen sind. An den Seitenwänden sollen sich Wasserfälle<br />

in die Tiefe ergießen, auf Bronzeplatten <strong>am</strong> Rand sind die N<strong>am</strong>en der Opfer eingraviert.


New York bekommt eines seiner Wahrzeichen zurück. <strong>Der</strong>zeit arbeiten tausende Menschen und Maschinen daran, den neuen<br />

World Trade Center-Gebäudekomplex zu bauen.<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 31


Kräne von Cornell & Company helfen dabei, den Tower 3 des neuen World Trade Centers zu errichten. Um die strengen Umweltanforderungen<br />

der Stadt New York zu erfüllen, hat der Betreiber seine Kräne mit <strong>MTU</strong>-Motoren der Baureihe 60 umgerüstet.<br />

Leistung und Effizienz<br />

MEMO<br />

Die Motorenbaureihe 60 von <strong>MTU</strong> hat sich auf Baustellen in aller Welt bewährt und setzt Standards für Leistung, wirtschaftlichen<br />

Kraftstoffverbrauch und niedrige Emissionen. Mit 525 PS bei einer Drehzahl von 2.100 Umdrehungen pro<br />

Minute und einem Drehmoment von 1.780 Newtonmeter liefern die neuen Tier 3-Motoren der Baureihe 60 für die Kräne<br />

von Cornell & Company 17 Prozent mehr Drehmoment im unteren und mittleren Drehzahlbereich als die alten Zweitakter<br />

des Typs 12V71T von Detroit Diesel. Zwar sind die alten und neuen Motoren in Größe, Gewicht und Hubraum (14 Liter)<br />

vergleichbar, doch erzeugt der Tier 3-Motor der Baureihe 60 mehr Abwärme, was einen speziell ausgelegten Kühler mit<br />

einigen Änderungen <strong>am</strong> Chassis des Krans erforderte. Die Baureihe 60 bietet auch eine stark verbesserte Kraftstoffeffizienz<br />

und ist von der EPA nach der Emissionsnorm Tier 3 zertifiziert. Entsprechend der Umweltschutzverordnung von New<br />

York City sind die Motoren mit Dieselpartikelfiltern ausgerüstet, um den Partikelanteil im Abgas weiter zu reduzieren.


Industrie<br />

Für den ersten Test kaufte Cornell Cranes einen<br />

<strong>MTU</strong>-Motor der Baureihe 60 und installierten ihn<br />

in einem der Turmdrehkräne vom Typ TG1900.<br />

„Wir sahen uns auch bei anderen Motorenherstellern<br />

um, aber der beste Service und die<br />

größte Hilfe k<strong>am</strong> von Johnson & Towers, dem örtlichen<br />

<strong>MTU</strong>-Distributor“, erzählt Garrahan und<br />

ergänzt: „Dort bek<strong>am</strong>en wir, was wir brauchten:<br />

ein hervorragendes Produkt und exzellenten Service.<br />

Gute Motoren, gute Leute und eine hohe<br />

Einsatzbereitschaft führten uns zum Erfolg.”<br />

Verbesserungen auf ganzer Linie<br />

Schon nach dem Einbau des ersten Motors<br />

machten sich die Verbesserungen in puncto<br />

Leis tung, Geräusch, Abgasemission und Kraftstoffeffizienz.<br />

„Heute braucht man einen Motor<br />

auf dem neuesten technischen Stand, und die<br />

Tier 3-konforme Baureihe 60 ist dafür die richtige<br />

Wahl. Wir bek<strong>am</strong>en die für unsere Arbeit erforderliche<br />

Leis tung und Durchzugskraft bei verringertem<br />

Dieselverbrauch – fast die Hälfte weniger.<br />

Auf dieser Baustelle mit drei Kränen bedeutet<br />

das eine Kraftstoffersparnis von circa 500 Dollar<br />

pro Tag, das sind 90.000 bis 100.000 Dollar pro<br />

Jahr“, rechnet Garrahan vor.<br />

«Es ist ein gutes Gefühl, zu wissen, dass wir zus<strong>am</strong>mengearbeitet<br />

haben, um die Luft reiner zu machen. »<br />

Bob Shomo, Senior Vice President Engine Sales Johnson & Towers, Inc.<br />

Motorlärm war ein spezielles Thema – denn die se<br />

Kräne arbeiten acht oder mehr Stunden <strong>am</strong> Tag<br />

im dicht bevölkerten Manhattan. <strong>Der</strong> Tier 3-Motor<br />

der Baureihe 60 ist deutlich leiser als die<br />

alten 12V71T-Zweitakter von Detroit Diesel.<br />

„Dieser Motor hält die in der Stadt zulässigen<br />

Geräuschpegel ein. <strong>Der</strong> Kran fühlt sich d<strong>am</strong>it wie<br />

neu an“, sagt Garrahan. „Wir versuchen immer,<br />

Geräuschpegel unterhalb des typischen Straßenlärms<br />

einzuhalten, d<strong>am</strong>it die Menschen vom<br />

Kraneinsatz nichts mitbekommen.“<br />

Eine enorme Herausforderung<br />

Drei Kräne mit neuen Motoren auszurüsten, war<br />

eine Sache, aber gleich eine ganze Flotte von<br />

18 Kränen zu modernisieren, eine ganz andere.<br />

Schließlich ging es um hohe Investitionskosten<br />

für Cornell & Company. Da das Neumotorisierungsprojekt<br />

eine bedeutende Auswirkung auf<br />

die Luftqualität an Baustellen in New York und im<br />

Nordosten der USA haben würde, half der <strong>MTU</strong>-<br />

Distributor Johnson & Towers dem Kranbetreiber<br />

dabei, einen im Gesetz zur Reduzierung von Partikelemissionen<br />

vorgesehenen Bundeszuschuss<br />

zu beantragen. <strong>Der</strong> Zuschuss deckte 75 Prozent<br />

der Kosten für die neuen Motoren und ebnete<br />

den Weg für die Modernisierung der 18 Turmdrehkräne.<br />

Cornell & Company erwartet, dass<br />

die Stickoxid-Emissionen um 30 Tonnen pro Jahr<br />

reduziert und Partikelemissionen in Höhe von 1,5<br />

Tonnen pro Jahr vermieden werden. Bob Shomo,<br />

Sprecher des <strong>MTU</strong>-Distributors: „Cornell & Company<br />

ist der einzige Kranbetreiber in Amerika, der<br />

einen solchen Einsatz für die Umwelt zeigt. Es ist<br />

ein gutes Gefühl, zu wissen, dass wir zus<strong>am</strong>mengearbeitet<br />

haben, um die Luft reiner zu machen.<br />

Und nicht zuletzt war Cornell & Company d<strong>am</strong>it<br />

der Konkurrenz einen Schritt voraus.“<br />

Höher und weiter<br />

Die neumotorisierten Kräne arbeiten zur Zeit<br />

hart an der Errichtung des Stahlfund<strong>am</strong>ents für<br />

Tower 3 des World Trade Centers. Sie sind an<br />

fünf Tagen in der Woche im Einsatz, manchmal im<br />

Zweischichtbetrieb. Jeder Kran hebt Stahlkomponenten<br />

mit einem Gewicht von mehr als 50 Tonnen,<br />

und das unzählige Male <strong>am</strong> Tag. Garrahan<br />

sagt: „Die Kräne arbeiten acht bis zehn Stunden<br />

<strong>am</strong> Tag. Zuverlässigkeit und Einsatzsicherheit<br />

sind die springenden Punkte. <strong>Der</strong> Kran entscheidet<br />

über den Baufortschritt. Er bestimmt das<br />

Tempo des ges<strong>am</strong>ten Projekts.“<br />

Im Herbst 2012 haben die drei Kräne ihren Einsatz<br />

begonnen und sie werden bleiben, bis im Winter<br />

2013 der letzte Träger gesetzt ist. Bisher sind laut<br />

Garrahan die Bauarbeiten gut im Zeitplan.<br />

Für jeden bei Cornell & Company ist es eine<br />

Ehre, auf der Baustelle in Manhattan zu arbeiten.<br />

Schließlich wird hier nicht einfach ein beliebiger<br />

Wolkenkratzer hochgezogen. Es geht darum,<br />

Hoffnung und Mut vieler Amerikaner wieder aufzubauen.<br />

„Wir sind sehr stolz darauf, an dem Projekt<br />

beteiligt zu sein“, sagt Garrahan. „Für mich<br />

ist es ein großes Privileg. Für Delor Cornell ist<br />

dieses Gefühl noch stärker, denn sie war noch<br />

näher dran, als das Unglück geschah. Und jetzt<br />

sind wir dabei, dieses Stück unseres Landes wieder<br />

aufzubauen.“<br />

TEXT: CHUCK MAHNKEN<br />

BILDER: CORNELL COMPANY, FOTOLIA,<br />

GETTY IMAGES<br />

Ihre Fragen beantwortet:<br />

David Combs, david.combs@tognum.com<br />

Tel. +1 248 560 8182<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 33


Mobiler Müllverdichter mit Antrieb von <strong>MTU</strong><br />

<strong>Der</strong> Plattmacher<br />

Fahrzeuge von Bomag müssen täglich<br />

3.500 Tonnen Müll zus<strong>am</strong>menpressen.<br />

34 I <strong>MTU</strong> Report 03/12


Was für ein Job! Fahrzeuge von Bomag machen den ganzen Tag nichts<br />

anderes als Müll zu plätten – und das dank neuer Motoren aus dem<br />

Hause <strong>MTU</strong> besonders effizient und wirtschaftlich.<br />

Jeden Tag gelangen annähernd 3.500 Tonnen Müll auf die Deponie der<br />

Stadt Riverview in Michigan. <strong>Der</strong> Müll kommt aus Detroit und 13 anderen<br />

Kommunen. Eigentlich könnten die Müllfahrer den Abfall einfach so auf die<br />

160-Hektar große Fläche der Deponie abladen. „Dann jedoch wäre sie in<br />

kürzester Zeit voll und müsste geschlossen werden“, erzählt Ed Worrell,<br />

Deponieleiter der Stadt Riverview. Deshalb hat die Deponie in Riverview<br />

eine ganze Flotte an mobilen Müllverdichtern – schlicht: Plattmachern.<br />

Denn es zählt jeder Zentimeter. Sobald der Müllberg zu groß wird, wird die<br />

Deponie geschlossen. Um diesen Moment möglichst lange hinauszuzögern,<br />

sind in Riverview mehrere Müllverdichter an sechs Tagen in der Woche auf<br />

dem Müllberg unterwegs. Sie verdichten, quetschen und machen den Hausmüll<br />

platt, um Platz zu sparen. „Man kann nicht rückwirkend arbeiten und<br />

vor zwei Tagen abgelagerten Müll nachverdichten. <strong>Der</strong> Deponieraum ist<br />

verloren. Wenn man sich angewöhnt, nur den halben Verdichtungsaufwand<br />

zu betreiben, bleibt eine Deponie beispielsweise nur neun Jahre nutzbar und<br />

nicht 17 oder 18 Jahre“, sagt Worrell.<br />

Industrie<br />

Neu in der Reihe der Plattmacher ist ein Müllverdichter von Bomag. Mit der<br />

Kraft eines <strong>MTU</strong>-Motors der Baureihe 500 verteilt, zerkleinert und verdichtet<br />

die robuste Maschine den Hausmüll über elf Stunden <strong>am</strong> Tag. „Als wir<br />

den Bomag testeten, hatte er stets die besten Ergebnisse“, schwärmt Worrell.<br />

Basierend auf Nutzfahrzeugmotoren von Mercedes-Benz, hat die im<br />

Müllverdichter eingesetzte <strong>MTU</strong>-Motorenbaureihe 500 eine Leistung von bis<br />

zu 440 Kilowatt und erfüllt die Emissionsanforderungen der US-<strong>am</strong>erikanischen<br />

Abgasstufe Tier 4i. Und dank des neuen Motors ist der Bomag<br />

schneller, er erklimmt die steilen Abhänge souverän, bewegt mehr Material<br />

und verdichtet größere Flächen.<br />

Emissionsarm und Kraftstoff sparend<br />

„Das Tier-4i-Paket und der Ruf von <strong>MTU</strong> und Mercedes-Benz machten den<br />

Motor attraktiv für uns, dazu k<strong>am</strong> die Stärke des weltweiten Servicenetzes<br />

von <strong>MTU</strong>. Besonders erfreut waren wir über die Kraftstoffeinsparungen, die<br />

uns die Maschine gebracht hat,“ so Dave Dennison, Produkt- und Marketingleiter<br />

bei Bomag. Kraftstoffeinsparungen sind ein entscheidenes Krite rium<br />

für die Wirtschaftlichkeit einer Deponie, da ein durchschnittlicher mobiler<br />

Müllverdichter mehr als 55 Liter Diesel pro Stunde verbraucht. Weniger Verbrauch<br />

bedeutet nicht nur weniger Kraftstoffkosten, sondern auch, dass mehr<br />

Zeit für die Arbeit bleibt und weniger Zeit auf Tankpausen entfällt.<br />

Bereit für jede Herausforderung<br />

<strong>MTU</strong>-Distributor W.W.Willi<strong>am</strong>s sorgt dafür, dass die Maschinen rund um<br />

die Uhr laufen. Mit <strong>MTU</strong> ValueCare, dem Produkt- und Serviceprogr<strong>am</strong>m<br />

mit Motorersatzteilen und Wartungslösungen, trägt W.W.Willi<strong>am</strong>s dazu bei,<br />

dass die im Bomag eingesetzte Motorenbaureihe 500 auf Jahre hinaus maximale<br />

Betriebsleistungen erbringt. Für das gute Gefühl trägt außerdem die<br />

Garantieverlängerung <strong>MTU</strong> Extended Coverage für den Müllverdichter bei.<br />

Die Stadt Riverview war so beeindruckt von dem Bomag-Müllverdichter<br />

mit <strong>MTU</strong>-Motor, dass sie einen zweiten bestellt hat. „Es ist in angenehmer,<br />

ruhig laufender Motor", schwärmt Worrell. „<strong>Der</strong> Turbo setzt bergauf genau<br />

zum richtigen Zeitpunkt ein. Drehmoment und Fahrgeschwindigkeit sind<br />

Spitze – anders als der vorherige Motor eines anderen Herstellers geht der<br />

<strong>MTU</strong>-Motor nicht in die Knie. Ich war froh, dass wir den Schritt zu Bomagund<br />

<strong>MTU</strong> gemacht haben“, so der Deponieleiter.<br />

TEXT: CHUCK MAHNKEN; BILD: BOMAG<br />

Ihre Fragen beantwortet:<br />

David Combs, david.combs@tognum.com, Tel. +1 248 560 8182<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 35


Yachtbau in den Vereinten Arabischen Emiraten<br />

36 I <strong>MTU</strong> Report 03/12


Marine<br />

<strong>Der</strong><br />

<strong>Wedding</strong>-<br />

<strong>Planner</strong><br />

Es ist schon selts<strong>am</strong>. Die meisten Besitzer großer Yachten<br />

kommen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Doch<br />

gebaut werden die Yachten in Europa oder in Amerika.<br />

Das soll sich ändern, wenn es nach Gulf Craft geht. Die<br />

Werft aus dem Emirat Al-Quwain bei Dubai baut Yachten<br />

bis fast 50 Meter Länge – modern und jede einzelne nach<br />

Kundenwunsch.<br />

Erwin B<strong>am</strong>ps ist seit zehn Jahren COO von Gulf<br />

Craft. Yachten zu bauen vergleicht er mit Hochzeiten<br />

planen, denn jeweils gilt es, die größten<br />

Träume seiner Kunden zu erfüllen.<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 37


Marine<br />

Hier entsteht eine Megayacht: Die<br />

niedrigen Lohnkosten in den Vereinigten<br />

Arabischen Emiraten ermöglichen<br />

es der Werft Gulf Craft, fast die ges<strong>am</strong>te<br />

Yacht in Handarbeit herzustellen und<br />

auf individuelle Kundenwünsche einzugehen.<br />

Auf riesigen Gerüsten arbeiten etwa 80 Mitarbeiter an einer Yacht. Nach eineinhalb Jahren kann sie das erste<br />

Mal ins Wasser gelassen werden.<br />

Man muss schon ganz schön verrückt sein, wenn<br />

man Yachten bauen mit Hochzeit planen vergleicht.<br />

Oder nennen wir es kreativ. Erwin B<strong>am</strong>ps<br />

ist verrückt – und kreativ. Er vergleicht Yachten<br />

mit einer Hochzeitstorte, Autos mit Cupcakes<br />

und das Yachtgeschäft mit einer Eisdiele. Doch<br />

vielleicht macht ihn gerade seine Verrücktheit so<br />

erfolgreich. Erwin B<strong>am</strong>ps ist Geschäftsführer von<br />

Gulf Craft, der größten Yachtwerft in den Vereinigten<br />

Arabischen Emiraten und der Golfregion.<br />

Sein Motto: Wunder wahr machen. Das klingt wie<br />

eine Floskel, doch wer ihn erlebt, der glaubt ihm.<br />

Kometenhafter Aufstieg<br />

Vor zehn Jahren k<strong>am</strong> Erwin B<strong>am</strong>ps in die Emirate.<br />

Gulf Craft hatte d<strong>am</strong>als 200 Mitarbeiter und<br />

verkaufte seine Yachten in den Vereinigten Ara-<br />

Saudi<br />

Arabien<br />

Iran<br />

Emirat Al-Quwain<br />

Vereinigte<br />

Arabische<br />

Emirate<br />

Oman<br />

Arabisches<br />

Meer<br />

«Die Emirate sind nicht einfach nur ein Land, hier ist<br />

die ganze Welt zu Hause. »<br />

Erwin B<strong>am</strong>ps, COO Gulf Craft<br />

bischen Emiraten: nach Dubai, nach Abu Dhabi,<br />

wenn es gut lief auch mal in den Oman oder nach<br />

Bahrain. Doch Moh<strong>am</strong>med Al Shaali, Besitzer der<br />

Werft, hatte andere Pläne. „Wir wollen eine der<br />

größten Yachtwerften der Welt werden“, sagte<br />

er d<strong>am</strong>als. Um das wahr zu machen, brauchte<br />

es schon ein Wunder. So zumindest dachte der<br />

Belgier B<strong>am</strong>ps d<strong>am</strong>als. Doch da kannte er die<br />

Emirate noch nicht. Heute hat die Werft 5.000<br />

Mitarbeiter und baut pro Jahr bis zu 500 Boote:<br />

vom kleinen, sechs Meter langen Ausflugsboot bis<br />

hin zu fast 50 Meter langen Megayachten. Vom<br />

Begriff „Massenproduktion“ möchte er allerdings<br />

nichts wissen. Das Gegenteil sei der Fall. Hier der<br />

erste Vergleich: Autos bauen sei wie Cupcakes<br />

backen. Yachten herzustellen ähnele dagegen<br />

dem Backen einer Hochzeitstorte, und das sei das<br />

Geschäft von Gulf Craft. Das Besondere an seinen<br />

Yachten: Sie werden nach den Wünschen der<br />

Kunden gebaut. Nur zwei Dinge stehen fest: Alle<br />

Gulf Craft-Yachten werden aus Fiberglas gebaut<br />

und die Rumpfform ist Monohull. Alles andere<br />

kann der Kunde wählen: Sei es die Farbe des<br />

Rumpfes, die Innenausstattung oder die Größe<br />

des Swimming-Pools. „So viele Wahlmöglichkeiten<br />

wie bei uns haben die Kunden bei anderen Yachten<br />

vergleichbarer Größe nicht“, ist Erwin B<strong>am</strong>ps<br />

überzeugt. Und trotzdem sagt er: „Wir sind günstiger<br />

als unsere Konkurrenz aus Europa.“<br />

Motivation als Schlüssel zum Erfolg<br />

Wie ist das möglich? Ein Blick in die riesigen<br />

Hallen, in denen die Yachten entstehen, gibt<br />

die Antwort. Hier wimmelt es nur so von Menschen<br />

in blauen Anzügen. Auf Gerüsten, wie man<br />

sie von großen Baustellen kennt, stehen sie und<br />

spachteln, streichen, hämmern und bohren. Ein<br />

Stimmengewirr wie auf dem Jahrmarkt. Kaum<br />

zu glauben, aber hier entstehen drei Megayachten<br />

gleichzeitig. „Wer in die Emirate kommt, der<br />

möchte vor allem eines: Geld verdienen“, erklärt<br />

Erwin B<strong>am</strong>ps. Nicht wie in Europa die Freizeit,<br />

sondern die Arbeit stehe im Mittelpunkt des<br />

Lebens seiner Mitarbeiter. „Sie sind so motiviert,<br />

dass ich sie abends nach Hause schicken muss,<br />

sonst würden sie die ganze Nacht arbeiten“,<br />

erzählt er und lacht dabei schelmisch.<br />

„Kultur des Wandels und der Ungewissheit“<br />

Doch das sei nicht der einzige Grund für den<br />

Erfolg seines Unternehmens. „Die Emirate sind<br />

nicht einfach nur ein Land, hier ist die ganze Welt<br />

zu Hause“, so der Belgier. Und diese Vorteile will<br />

er nutzen. „Wir kennen nicht nur einen Markt,<br />

sondern alle“, so B<strong>am</strong>ps. Chinesen, so erzählt er,<br />

bräuchten in ihren Yachten keine Schlafzimmer,<br />

da sie sowieso nie über Nacht auf ihrer Yacht<br />

blieben. Außerdem seien ihnen Sonnensegel<br />

wichtig, da sie – anders als Europäer – nur sehr<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 39


Mostafa Agib El Nahta (li.) ist technischer<br />

Direktor von Gulf Craft. Schon<br />

seit 20 Jahren baut er <strong>MTU</strong>-Motoren<br />

ein.<br />

«Beim Thema Kraftstoffverbrauch kann <strong>MTU</strong> punkten.<br />

Und das ist wichtig, denn nichts ist lästiger als Tanken. »<br />

Mostafa Agib El Nahta, technischer Direktor Gulf Craft<br />

ungern in der Sonne lägen. „Für die Emirate zu<br />

bauen, heißt für die Welt zu bauen“, sagt er. 20<br />

Prozent der Gulf Craft-Kunden kommen aus Europa,<br />

40 Prozent aus der Golf-Region und 25 Prozent<br />

aus Asien.<br />

Doch dass sich der Markt in den Emiraten so<br />

schnell entwickelt, bietet Gulf Craft nicht nur Vorteile.<br />

„Wir leben in einer Kultur des Wandels und<br />

der Ungewissheit“, sagt Erwin B<strong>am</strong>ps. So weiß<br />

er nicht, wie sich die Gehälter seiner Mitarbeiter<br />

entwickeln werden. Auch Zulieferer muss er häufig<br />

wechseln, da Firmen verschwinden und neue<br />

auftauchen. Doch eines sei sicher: <strong>Der</strong> Markt hat<br />

Potenzial.<br />

Komplexität abbauen<br />

„70 Prozent der Welt besteht aus Wasser, aber<br />

nur 30 Prozent der Menschen waren je auf einem<br />

Boot“, sagt er und sprüht vor Begeisterung. Da<br />

muss man doch sehen, wie viel Potenzial im<br />

Yachtgeschäft liege. Er hat auch schon eine Idee,<br />

wie er noch mehr Menschen davon überzeugen<br />

kann, eine Yacht zu kaufen: „Yachten müssen einfacher<br />

zu bedienen sein“, sagt er. Bisher sei es<br />

einfach zu kompliziert, eine Yacht zu besitzen:<br />

Man braucht eine Crew und darf selber kaum ans<br />

Steuer. „Wenn ich eine Yacht kaufe, bekomme ich<br />

eine dicke Gebrauchsanweisung, doch letztlich<br />

ist eine Yacht nicht mehr als ein Spielzeug, für<br />

das ich keine Gebrauchsanweisung will“, sagt er.<br />

<strong>Der</strong> nächste Vergleich.<br />

Dabei lacht er und wird immer lauter. Ja, hier ist<br />

einer wirklich überzeugt von dem, was er sagt.<br />

Beinahe still ist dagegen Mostafa Agib El Nahta.<br />

Er ist der technische Manager von Gulf Craft und<br />

steht im Motorraum einer neuen Majesty 135.<br />

Prunkvoll steht die Yacht da und wartet darauf,<br />

ins Wasser gelassen zu werden. In ein paar Tagen<br />

soll es zum ersten Mal soweit sein. Ein großer<br />

Moment für Mostafa, denn seit eineinhalb Jahren<br />

baut er mit seinem Te<strong>am</strong> an der Yacht. Vor allem<br />

der goldene Rumpf der Yacht fällt auf. Doch auch<br />

die Motoren sind an Schönheit kaum zu überbieten:<br />

Weiß mit glänzenden, verchromten Zylinderköpfen.<br />

Liebevoll werden sie von Mostafa<br />

betrachtet. Die beiden 4000er-Motoren von <strong>MTU</strong><br />

werden die Yacht mit jeweils 2.580 PS Leistung<br />

antreiben. Ihr Besitzer: „Geheim“, sagt Mostafa.<br />

„Ein VIP“. Mehr sagt er nicht und erzählt lieber<br />

davon, dass sie die größte Yacht ist, die Gulf<br />

Craft je gebaut hat.<br />

Reichweite entscheidend<br />

Seit 16 Jahren sorgt Mostafa dafür, dass aus<br />

einem anfänglichen Plan eine fertige Yacht<br />

wird. Er kommt aus Ägypten, doch sein Zuhause<br />

ist Dubai. Er ist sicher, dass sich der Yachtbau<br />

rasant entwickeln wird. Doch dafür müssten<br />

nicht nur die Yachten einfacher zu bedienen sein,<br />

auch die Motoren, so gibt er zu. „<strong>MTU</strong> kann da<br />

schon noch besser werden“, so der Techniker.<br />

Fast scheint es ihm unangenehm, das zu sagen.<br />

„Die Motoren gelten als der L<strong>am</strong>borghini unter<br />

den Yachtmotoren. Sie sind sehr leistungsstark,<br />

aber leider auch nicht immer leicht zu bedienen“,<br />

sagt er. „Doch ich weiß, dass <strong>MTU</strong> daran arbeitet,<br />

und es hat sich auch schon viel getan“, sagt<br />

er fast entschuldigend. Lächelnd blickt er hinüber<br />

zu Walid Ibrahim vom <strong>MTU</strong>-Distributor Al Masaood<br />

für die Vereinigten Arabischen Emirate und<br />

Bahrain. Die beiden kennen sich gut und treffen<br />

sich regelmäßig. „Wir bauen seit 20 Jahren <strong>MTU</strong>-<br />

Motoren ein. Al Masaood ist für uns nicht einfach<br />

nur ein Zulieferer, sondern ein Partner“, sagt<br />

er. Ein Partner, mit dem er sich ständig über die<br />

Trends im Yachtgeschäft auf dem Laufenden hält.<br />

Nicht nur die Komplexität ist für beide ein Thema.<br />

Kraftstoffeffiziente Motoren seien den Kunden<br />

genauso wichtig. „Und hier kann <strong>MTU</strong> punkten“,<br />

sagt Mostafa lächelnd. Er ist sich sicher, dass<br />

der Dieselpreis in den nächsten Jahren steigen<br />

Die „Majesty 135“ ist mit 40 Metern Länge (135 Fuß)<br />

die größte je bei Gulf Craft gebaute Yacht.<br />

40 I <strong>MTU</strong> Report 03/12


Marine<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 41


42 I <strong>MTU</strong> Report 03/12


Marine<br />

Erwin B<strong>am</strong>ps (li.) steht regelmäßig im Kontakt mit Walid E. Ibrahim<br />

vom <strong>MTU</strong>-Distributor Al Masaood (re.)<br />

Nach eineinhalb Jahren Bauzeit wurde die „Majesty 135“ beim 30-jährigen Bestehen von Gulf<br />

Craft im März 2012 zum ersten Mal ins Wasser gelassen.<br />

Kraftvoll, zuverlässig, innovativ<br />

Etwas einfacher hatte er es wohl, als er seinem<br />

Chef Moh<strong>am</strong>med Al Shaali, dem Besitzer von<br />

Gulf Craft, eine Yacht baute. Denn der wusste<br />

genau, was er wollte: „Meine Yacht soll kraftvoll,<br />

zuverlässig und mit dem neuesten Equipment<br />

ausgestattet sein“, sagt er lächelnd. Dass <strong>MTU</strong>-<br />

Motoren da eine große Rolle spielen, scheint klar.<br />

„Wir arbeiten sehr gut mit <strong>MTU</strong> und dem Diswird.<br />

Da spielten verbrauchsarme Motoren eine<br />

wichtige Rolle. Auch wegen der Reichweite, denn<br />

„nichts ist lästiger als Tanken“, sagt er.<br />

Links: Moh<strong>am</strong>med Al Shaali hat Gulf Craft<br />

vor 30 Jahren gegründet. Sein Ziel war es<br />

schon d<strong>am</strong>als, die Nummer Eins zu werden.<br />

Doch er gibt zu, nicht geahnt zu<br />

haben, dass seine Werft einmal so groß<br />

werden würde.<br />

«Wir arbeiten sehr gut mit <strong>MTU</strong> und dem Distributor<br />

Al Masaood zus<strong>am</strong>men. »<br />

sen Eiscreme und Yachtbau zus<strong>am</strong>men? Erwin<br />

B<strong>am</strong>ps lacht. Eiscreme sei genauso wie Design<br />

Geschmacksache und Geschmack zu verkaufen,<br />

sei eine schwierige Aufgabe. „Es ist lustig. Unsere<br />

Kunden interessiert fast nur das Design. Da<br />

haben sie genaue Vorstellungen. Doch Yachtbau<br />

ist eigentlich Technik, das Design kommt für uns<br />

erst <strong>am</strong> Ende.“ Er erzählt von Kunden, die sich<br />

auf einer zehn Meter langen Yacht einen Landeplatz<br />

für einen Helikopter wünschen. Wieder ein<br />

anderer Kunde wollte sein Badezimmer komplett<br />

grün streichen lassen. Ein anderer möchte den<br />

Rumpf komplett mit Swarowski-Kristallen bekleben<br />

„Da komme ich mir oft vor wie ein <strong>Wedding</strong>-<br />

<strong>Planner</strong>“, so B<strong>am</strong>ps lachend. „Die Kunden haben<br />

eine Vorstellung im Kopf, die sie aber nicht genau<br />

nennen können. Ich muss herausfinden, wovon<br />

sie immer geträumt haben und genau so eine<br />

Yacht bauen“, so der selbsternannte <strong>Wedding</strong>-<br />

<strong>Planner</strong>.<br />

Moh<strong>am</strong>med Al Shaali, Chairman von Gulf Craft<br />

<strong>Der</strong> <strong>Wedding</strong>-<strong>Planner</strong><br />

Erwin B<strong>am</strong>ps läuft unterdessen durch die Werkshallen.<br />

Er lacht und winkt einem weiter entfernt<br />

stehenden Mitarbeiter zu. „Wir sind hier die Vereinten<br />

Nationen“, erzählt er lachend. Mitarbeiter<br />

aus fast 80 Ländern arbeiten zus<strong>am</strong>men. Im<br />

vorderen Teil entsteht eine neue Majesty 135,<br />

genauso lang und genauso groß wie die, die<br />

vor der Werkshalle darauf wartet, ins Wasser<br />

gelassen zu werden. Doch hier werden ge rade<br />

die Fenster eingebaut, es wird gehämmert und<br />

gebohrt. Schon heute freut er sich darauf, die<br />

Yacht dem Kunden zu übergeben. Auch hier<br />

möchte er wieder Wunder wahr machen. Das<br />

„Wow“ der Kunden ist sein Ziel. „Wenn der Kunde<br />

zufrieden ist, ist das gut. Aber wir wollen<br />

mehr. Wir wollen, dass er begeistert ist, wenn er<br />

seine Yacht bekommt“, sagt er überzeugt. Und<br />

das sei gar nicht so einfach, denn die meisten<br />

Kunden interessierten sich nicht für die Technik,<br />

sondern nur für das Design. „Wir verkaufen<br />

Eiscreme, und da hat jeder seinen eigenen<br />

Geschmack . Wieder so ein Vergleich. Wie pastributor<br />

Al Masaood zus<strong>am</strong>men“, erzählt er mit<br />

leiser Stimme. Vor ein paar Jahren sei Gulf Craft<br />

noch ein Nieschenanbieter gewesen und er habe<br />

nie d<strong>am</strong>it gerechnet, dass seine Werft einmal so<br />

groß werden könne. Doch jetzt ist das Ziel klar:<br />

„Die Nummer Eins werden“. Das hat auch Erwin<br />

B<strong>am</strong>ps verinnerlicht. Man merkt, dass er schon<br />

einige Jahre in den Emiraten arbeitet. Diese Mentalität,<br />

es schaffen zu können, scheint ansteckend.<br />

Ob er sich wohl vor zehn Jahren vorstellen<br />

konnte, richtige Hochzeiten zu planen und fünfstöckige<br />

Hochzeitstorten zu backen? Wohl kaum.<br />

Würde man ihn heute fragen, wäre die Antwort<br />

klar: Auf jeden Fall!<br />

TEXT: LUCIE MALUCK<br />

BILDER: ROBERT HACK<br />

Ihre Fragen beantwortet:<br />

Walid Magd E. Ibrahim<br />

mtuauh@emirates.net.ae<br />

Tel. +971 2 551 0707<br />

Mehr dazu...<br />

Impressionen von Gulf Craft<br />

in einer Slide-Show.<br />

Ohne QR-Code-Reader unter<br />

bit.ly/TZ8o0a<br />

ONLINE<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 43


Energie<br />

Blockheizkraftwerk liefert Energie für Absorptionskältemaschine<br />

Warm macht kalt<br />

Nordfrost nutzt die Abwärme der BHKWs, um d<strong>am</strong>it eine Absorptionskältemaschine<br />

anzutreiben, die die Tiefkühllager kühlt.<br />

44 I <strong>MTU</strong> Report 03/12


Nordfrost, ein Dienstleister in der Lebensmittellogistik,<br />

betreibt in ganz Deutschland Kühlhäuser<br />

für unsere täglichen Lebensmittel, die<br />

aus aller Welt importiert werden. Blockheizkraftwerke<br />

von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> liefern<br />

Energie für die Kühlhäuser. Mit der Abwärme<br />

der BHKWs werden spezielle Kältemaschinen<br />

angetrieben, die jeden Raum auf die<br />

richtige Temperatur bringen.<br />

Die Ananas zählt zu den beliebtesten Obstsorten<br />

der Deutschen. Sie ist Standard in jedem Supermarkt,<br />

das ganze Jahr über. Aber haben Sie sich<br />

beim Kauf schon einmal Gedanken gemacht, welchen<br />

langen Weg sie von der Plantage bis zum<br />

Supermarktregal zurückgelegt hat? Und warum<br />

sie trotzdem noch immer so frisch ist?<br />

Das Geheimnis liegt in einer effizienten Logistik,<br />

der richtigen Lagerung und dem entsprechenden<br />

Transport. In all dem kennt sich die<br />

Firma Nordfrost mit Sitz im niedersächsischen<br />

Schortens bestens aus. Nordfrost ist eines der<br />

in Deutschland und Europa führenden Dienstleistungsunternehmen<br />

in der temperaturgeführten<br />

Lebensmittellogistik. Eines seiner 40 Kühlhäuser<br />

befindet sich im Jade-Weser-Port, Deutschlands<br />

einzigem Container-Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven.<br />

Das Nordfrost-Seehafenterminal ist der<br />

neuste Standort des Lebensmittellogistikers. Am<br />

1. August 2012 wurde er eröffnet, der Betrieb<br />

läuft derzeit an. Auf 23.000 Quadratmetern werden<br />

dort frische Waren wie Obst und Gemüse,<br />

Wurst- und Molkereiprodukte sowie allgemeines<br />

Frachtgut umgeschlagen, zwischengelagert und<br />

versendet. Für das Obst und Gemüse stehen<br />

Frischek<strong>am</strong>mern bereit, in denen das für jede<br />

Warenart ideale Klima für die Lagerung herrscht.<br />

Eine Wissenschaft für sich, denn nicht nur die<br />

exakte Temperaturführung zwischen einem und<br />

14 Grad Celsius spielt dabei eine Rolle, sondern<br />

auch die Höhe der Luftfeuchtigkeit und die kontrollierte<br />

Frischluftzufuhr.<br />

Blockheizkraftwerke liefern Energie<br />

Um die Energie für das neue Seehafen-Terminal<br />

zu erzeugen, setzt Nordfrost auf zwei erdgasbetriebene<br />

Blockheizkraftwerke (BHKW) von <strong>MTU</strong><br />

<strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> mit einem 12-Zylinder- und einem<br />

20-Zylinder-Motor der Baureihe 4000. Zus<strong>am</strong>men<br />

verfügen sie über eine elektrische Leistung von<br />

Zwei erdgasbetriebene Blockheizkraftwerke (BHKW) von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> mit einer elektrischen Leistung<br />

von rund 3,1 Megawatt und einer thermischen Leistung von rund 3,5 Megawatt sorgen im Nordfrost-Seehafenterminal<br />

für die nötige Energie.<br />

rund 3,1 Megawatt und eine thermische Leistung<br />

von rund 3,5 Megawatt. <strong>Der</strong> Ges<strong>am</strong>twirkungsgrad<br />

liegt bei über 87 Prozent. <strong>Der</strong> Standort<br />

versorgt sich d<strong>am</strong>it komplett selbst. Die Blockheizkraftwerke<br />

liefern Strom für Verbraucher, wie<br />

Beleuchtung, Hallentore, Büros oder EDV. Was<br />

nicht benötigt wird, wird ins öffentliche Stromnetz<br />

eingespeist. Die Abwärme der BHKWs wird<br />

im Winter zum Heizen genutzt, vor allem aber<br />

wird aus dieser mit Hilfe von Absorptionskältemaschinen<br />

die notwendige Kälte für die Kühlung<br />

der Hallen erzeugt.<br />

Ammoniak als Kältemittel<br />

Diese arbeiten in einem geschlossenen Kreislauf<br />

mit zwei Stoffen, einem Kältemittel und einem<br />

Lösungsmittel. Das Lösungsmittel kann Kältemitteld<strong>am</strong>pf<br />

aufnehmen, also absorbieren. In<br />

diesem Fall sind das Ammoniak und Wasser. Die<br />

BHKWs liefern mit ihrer Abwärme die Antriebskraft,<br />

d<strong>am</strong>it die Absorptionskältemaschinen mittels<br />

eines chemischen Prozesses Kälte erzeugen<br />

können. Im Einzelnen besteht der Kreislauf aus<br />

vier wesentlichen Schritten: Im ersten Schritt<br />

werden Wasser und Ammoniak im Desorber<br />

voneinander getrennt, indem man sie erhitzt.<br />

Die BHKWs liefern die dazu nötige Wärme von<br />

100 Grad Celsius. Das Ammoniak verd<strong>am</strong>pft<br />

aufgrund der geringeren Verd<strong>am</strong>pfungstemperatur<br />

zuerst und wird in einen Verflüssiger weitergeleitet.<br />

Dort wird es im zweiten Schritt wieder<br />

abgekühlt und somit verflüssigt. Von dort aus<br />

gelangt das Ammoniak in den Verd<strong>am</strong>pfer. Und<br />

genau hier wird in einem dritten Schritt die Kälte<br />

erzeugt. Denn das Ammoniak verd<strong>am</strong>pft nur<br />

unter Einsatz von Wärmeenergie. Die für diesen<br />

Vorgang nötige Wärme von minus zwei Grad<br />

– Ammoniak verd<strong>am</strong>pft bei geringem Druck bei<br />

sehr niedrigen Temperaturen – liefert das Gebäude-Kaltwasser,<br />

das aus den Rohrschlangen entzogen<br />

wird. Durch den Verd<strong>am</strong>pfungsvorgang kühlt<br />

dieses Kaltwasser auf minus sieben Grad ab und<br />

kann dann wieder zum Klimatisieren der Kühlräume<br />

verwendet werden. <strong>Der</strong> Ammoniakd<strong>am</strong>pf<br />

wird anschließend in den Absorber weitergeleitet,<br />

wo er im vierten Schritt wieder von Wasser<br />

absorbiert wird. Von dort aus gelangt die Ammoniak-Wasser-Lösung<br />

wieder in den Desorber, und<br />

d<strong>am</strong>it beginnt der Kreislauf erneut.<br />

BHKWs für sechs Standorte<br />

Nordfrost arbeitet mit dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung<br />

an insges<strong>am</strong>t sechs deutschen<br />

Standorten – mit Aggregaten von <strong>MTU</strong><br />

<strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong>. „Energie wird immer teurer, nehmen<br />

wir nur mal die höheren Strompreise durch<br />

die EEG-Umlage (Erneuerbare-Energien-Gesetz)<br />

im kommenden Jahr“, erläutert Peter Wilke,<br />

Technischer Leiter bei Nordfrost. „Da haben wir<br />

mit dem Einsatz von BHKWs wohl alles richtig<br />

gemacht. Zudem tragen wir mit dem Einsatz von<br />

erdgasbetriebenen BHKWs mit deutlichen CO 2<br />

-<br />

Einsparungen zum Klimaschutz bei.“<br />

Nordfrost steht für Logistiklösungen aus einer<br />

Hand. Wenn Sie also das nächste Mal im Supermarkt<br />

in der Obstabteilung stehen, dann wissen<br />

Sie, was hinter dem Geheimnis der frischen Ananas<br />

steckt.<br />

TEXT: KATRIN HANGER; BILDER: ROBERT HACK<br />

Ihre Fragen beantwortet:<br />

Jürgen Bockhold<br />

juergen.bockhold@mtu-online.com<br />

Tel. +49 2530 46420<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 45


Notstromsystem für größte norwegische Erdgasaufbereitungsanlage<br />

Flüsterstrom<br />

46 I <strong>MTU</strong> Report 03/12


Oil&Gas<br />

Norwegen ist bekannt für seine atemberaubende Natur: Malerische Küstengebiete<br />

wechseln sich ab mit beeindruckenden Fjorden und imposanten Bergwelten.<br />

Ein Urlaubsziel wie gemacht für Naturliebhaber. Auch Energieexperten<br />

schwärmen von dem Land im hohen Norden Europas. Sie nennen es die<br />

„Batterie Europas“, denn hier liegen riesige Öl- und Gasreserven. Ein großer<br />

Teil des Erdgases wird in der Onshore-Aufbereitungsanlage Kårstø aufbereitet.<br />

Um bei einem Stromausfall geschäftskritische Produktionsprozesse nicht zu<br />

behindern, sichern fünf <strong>MTU</strong>-Aggregate die Notstromversorgung ab – und das<br />

dank spezieller Schallschutzmaßnahmen so leise wie nur möglich.<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 47


Oil&Gas<br />

Tysvær ist eine norwegische Kleinstadt, gut zwei<br />

Autostunden nördlich von Stavanger. Kaum ein<br />

Urlauber verirrt sich hier her. Doch die Stadt hat<br />

etwas Besonderes zu bieten: Hier steht die weltweit<br />

drittgrößte Erdgasaufbereitungsanlage –<br />

Kårstø. Ein Industriekomplex im Nirgendwo, eine<br />

Landschaft aus Tanks, Röhren und Schornsteinen.<br />

Doch dieser Ort im Nirgendwo ist ein neuralgischer<br />

Punkt. Etwa ein Drittel des norwegischen<br />

Erdgases wird von dieser Aufbereitungsanlage<br />

exportiert. Über Pipelines ist die Anlage mit rund<br />

50 Offshore-Feldern verbunden, deren Gas hier<br />

aufbereitet und in das europäische Versorgungsnetz<br />

eingespeist wird. Wenn Kårstø nicht funktioniert,<br />

bricht die ges<strong>am</strong>te norwegische Öl- und<br />

Gasförderung binnen kürzester Zeit zus<strong>am</strong>men.<br />

Kein Wunder also, dass alles getan wird, um den<br />

Betrieb zu sichern.<br />

Kårstø ist in den vergangenen Jahren auf das<br />

Fünffache der ursprünglichen Größe angewachsen<br />

und es soll noch größer werden. „Wir wollen<br />

Teile der Anlage erneuern, und dadurch den<br />

Betrieb von Kårstø für viele weitere Jahre sicher<br />

und effizient gestalten“, so Asbjørn Søndenå,<br />

Inbetriebnahmeleiter für Elektrik bei Norwegens<br />

wichtigstem Erdöl- und Erdgasproduzenten Statoil.<br />

Das Unternehmen, nach der russischen Gazprom<br />

der größte Erdgaslieferant Westeuropas,<br />

verantwortet den technischen Betrieb der Anlage<br />

und leitet die technische Umsetzung der Modernisierung.<br />

„Wir wollen Menschen und Umwelt<br />

schützen und dafür sorgen, dass die Produktionsstätten<br />

weiter reibungslos laufen“, ergänzt der<br />

Ingenieur. Zus<strong>am</strong>men mit seinem Te<strong>am</strong> modernisiert<br />

er insbesondere Sicherheits-, Kontrollund<br />

Versorgungssysteme, deren elektrische und<br />

mechanische Komponenten zu diesem Zweck<br />

erweitert und verbessert werden.<br />

Sicher in die Zukunft<br />

Das neue Notstromsystem von <strong>MTU</strong> versorgt<br />

die wichtigsten Verbraucher der Onshore-Aufbereitungsanlage<br />

im Falle eines Stromausfalls mit<br />

Energie. Denn die Leistung der bisher installierten<br />

Notstromaggregate reichte nicht mehr aus. Deshalb<br />

tauschte Statoil die in die Jahre gekommenen<br />

Aggregate gegen neue aus. Im Sommer<br />

2011 nahmen <strong>MTU</strong>-Mitarbeiter diese nach erfolgreich<br />

absolvierten Testläufen in Betrieb. „Wir<br />

haben bereits bei einem früheren Projekt sehr<br />

positive Erfahrungen mit <strong>MTU</strong> gemacht. Das<br />

«Das Preis-Leistungsverhältnis von <strong>MTU</strong> ist fair, die Qualität<br />

der Produkte sehr gut und die Erfahrung, die sie mit Notstromsystemen<br />

haben, ist groß. »<br />

Asbjørn Søndenå, Statoil<br />

Nordsee<br />

Bergen<br />

Norwegen<br />

Tysvær<br />

Oslo<br />

Schweden<br />

Italien<br />

Finnland<br />

Preis-Leistungsverhältnis ist fair, die Qualität der<br />

Produkte sehr gut und die Erfahrung, die sie mit<br />

Notstromsystemen haben, ist groß“, begründet<br />

Asbjørn Søndenå die Wahl. „Darüber hinaus war<br />

<strong>MTU</strong> der einzige Anbieter, der unsere speziellen<br />

Anforderungen an Schallschutz erfüllt hat.“ Und<br />

diese Anforderungen waren vielseitig:<br />

Schallwert unter 104 Dezibel<br />

Die Aggregate sollten möglichst leise arbeiten.<br />

Die Arbeitsschutzrichtlinien von Statoil schreiben<br />

vor, dass die Generatoren einen Meter entfernt<br />

nicht lauter als 104 Dezibel (dB(A)) sein dürfen.<br />

Dies entspricht in etwa der Lautstärke, die man<br />

<strong>am</strong> Boden beim Überflug eines Düsenjets in 300<br />

Meter Höhe wahrnimmt. Diese Schallbegrenzung<br />

durfte allerdings nicht zu hohen Mehrkosten<br />

führen. Eine Herausforderung, denn die nahe<br />

liegende Möglichkeit, einen schallisolierten Container<br />

um den Motor herumzubauen, k<strong>am</strong> nicht<br />

in Frage. Dieser hätte den Zugang zum Motor für<br />

Wartungsarbeiten erschwert. <strong>MTU</strong>-Ingenieure<br />

erarbeiteten daher eine alternative Lösung: Sie<br />

reduzierten die Luftansauggeräusche des Turboladers<br />

über spezielle Zusatzschalldämpfer: Ein<br />

schallgedämmtes Gehäuse <strong>am</strong> Generator dämpft<br />

zudem die Luftein- und -austrittgeräusche. Das<br />

Ergebnis: Die Aggregate sind aus einem Meter<br />

Entfernung nur noch mit 100,7 bis 102,6 Dezibel<br />

zu hören.<br />

Notstrom, um kritische Systeme herunterzufahren<br />

Bei einem Stromausfall speisen diese alle wichtigen<br />

Notfall-Verbraucher mit Energie. Dazu<br />

gehören Feuerlöschsysteme, Notbeleuchtung,<br />

Batterieladegeräte für unterbrechungsfreie<br />

Stromversorgung und HVAC-Anlagen, die den<br />

Überdruck in Gebäuden innerhalb explosionsgefährdeter<br />

Bereiche aufrechterhalten. Aber auch<br />

Zusatzeinrichtungen, wie Schmierölpumpen, Kühlanlagen<br />

für Verdichter und motorbetriebene Ventile<br />

müssen im Ernstfall weiterhin funktionieren.<br />

Ein neues Maschinenhaus, das Statoil nach den<br />

Spezifikationen von <strong>MTU</strong> errichten ließ, ist die<br />

neue Heimat der Aggregate. Hier stehen die fünf<br />

Motoren des Typs 16V 4000 G63. Vier davon reichen<br />

aus, bei einem Stromausfall das komplette<br />

Areal im Notbetrieb mit der nötigen Energie zu versorgen,<br />

so dass kritische Systeme sicher heruntergefahren<br />

werden können. Die fünfte Einheit ist<br />

als Reserveanlage installiert. Jedes der Aggregate<br />

erbringt bei einer Frequenz von 50 Hertz und einer<br />

Spannung von 690 Volt eine Anschlussleistung<br />

von 2.338 Kilovolt<strong>am</strong>pere und eine elektrische<br />

Leistung von 1.870 Kilowatt. Insges<strong>am</strong>t erzeugen<br />

die vier Aggregate so eine elektrische Leistung<br />

von knapp acht Megawatt — genug Energie, um<br />

den Stromverbrauch einer europäischen Kleinstadt<br />

decken zu können.<br />

<strong>MTU</strong> lieferte die Aggregate komplett mit Grundrahmen<br />

und elastischer Lagerung sowie allen<br />

erforderlichen Systemkomponenten, wie Schaltanlage,<br />

Kraftstofftanks und Belüftungsanlagen. Fünf<br />

Tischkühler mit sehr niedrigem Geräuschpegel,<br />

die auf dem Dach des Maschinenhauses stehen,<br />

st<strong>am</strong>men ebenfalls von <strong>MTU</strong>. Abgasschalldämpfer<br />

sorgen dafür, dass so wenige Geräusche wie<br />

möglich über die Abgasleitung nach außen dringen<br />

— ein Garant für einen besonders niedrigen Lärmpegel<br />

auch außerhalb des Gebäudes.<br />

Zehn Sekunden bis zur Lastaufschaltung<br />

<strong>Der</strong> Kraftstoff für die Aggregate ist in zwei speziellen<br />

Tanks gelagert, die <strong>MTU</strong> geliefert hat. Fällt<br />

der Strom aus, können d<strong>am</strong>it vier auf voller Leistung<br />

laufende Aggregate für bis zu 17 Stunden<br />

Strom erzeugen. Außerdem lieferte <strong>MTU</strong> Schaltanlagen,<br />

die die Notstromsysteme und die Stromeinspeisung<br />

überwachen. Fällt der Strom aus, geben<br />

diese den Startbefehl für die Notstromaggregate –<br />

und das schnell. Denn das norwegische Unternehmen<br />

fordert, dass die Aggregate innerhalb von 15<br />

bis 20 Sekunden ihre Nennleistung erreichen müssen.<br />

Sie laufen daher bereits nach zehn Sekunden<br />

und nach weiteren zehn Sekunden erbringen sie<br />

ihre volle Leistung – zuverlässig und leise, d<strong>am</strong>it<br />

irgendwo im Nirgendwo Norwegens das Gas nie<br />

aufhört zu fließen.<br />

TEXT: KATRIN BECK<br />

BILDER: ØYVIND HAGEN/STATOIL<br />

Ihre Fragen beantwortet:<br />

Jörg Habermaas, joerg.habermaas@mtu-online.com<br />

Tel. +49 7541 90-4850


Kårstø ist eine der größten Erdgasaufbereitungsanlagen der Welt. D<strong>am</strong>it im Falle eines Stromausfalls alle Systeme sicher heruntergefahren werden können, stehen fünf<br />

Notstromaggregate zur Verfügung.<br />

Die Aggregate sind mit 16-Zylinder-Motoren der <strong>MTU</strong>-Baureihe 4000 ausgestattet. Dank Anpassungen an Motor und Generator überschreitet der Schalldruckpegel in der<br />

Nähe der Aggregate nie die vorgegebene Grenze von 104 Dezibel.<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 49


Vor 95 Jahren: Karl Maybach testet ersten modernen Flugmotor<br />

In 1.800 Metern Höhe zeigte Karl Maybach im Jahr 1917,<br />

dass der von ihm entwickelte Flugmotor in der Höhe mehr<br />

Leis tung brachte als die der Konkurrenten.<br />

Ein Motor lernt fliegen<br />

Motoren unter extremen Bedingungen alles abzuverlangen,<br />

bevor sie an den Kunden geliefert werden, das macht <strong>MTU</strong><br />

nicht erst seit gestern. So testete Karl Maybach, einer der Gründer<br />

des <strong>MTU</strong>-Vorgängerunternehmens Motorenbau GmbH,<br />

bereits vor 95 Jahren einen Flugmotor auf einem über 1.800<br />

Meter hoch gelegenen Prüfstand. Dies war die Geburtsstunde<br />

des ersten modernen Flugzeugmotors.<br />

D<strong>am</strong>als tobte der Erste Weltkrieg und Maybach wollte neben Luftschiff-<br />

nun auch Flugzeugmotoren anbieten. Die Herausforderung<br />

dabei: In der Höhe sinkt die Luftdichte und die Leistung der Motoren.<br />

Maybachs Lösung: Er kompensierte diesen Leistungsverlust mit<br />

größerem Hubvolumen und einer höheren Verdichtung. <strong>Der</strong> Motor<br />

brachte so erst in ca. 1.800 Metern Höhe seine volle Nennleistung<br />

von 184 Kilowatt (250 PS). Am Boden dagegen wurde er gedrosselt.<br />

Um die Behörden zu überzeugen, dass dieser Motor tatsächlich besser<br />

war als die der Konkurrenz, ließ er einen Prüfstand auf dem bayerischen<br />

Wendelstein bauen. Und er behielt recht. Die Tests waren<br />

erfolgreich, und Maybach durfte seinen Mb-IVa-Motor schon bald in<br />

einem Flugzeug testen. Bei einer Höhenaufklärung stieg dies in nur<br />

24,5 Minuten auf 5.000 Meter Höhe. Mit einem anderen – <strong>am</strong> Boden<br />

gleich starken – Motor eines anderen Herstellers benötigte das Flugzeug<br />

42 Minuten. <strong>Der</strong> Mb-IVa-Motor hatte noch weitere Vorteile:<br />

Über Windhauben <strong>am</strong> Kurbelgehäuse wurde das Motoröl vom Fahrtwind<br />

gekühlt. Zwei brandsichere Drehschiebervergaser mit einer<br />

höhenabhängigen Regelung des Luft- und Kraftstoffgemischs – wobei<br />

gleichzeitig der Zündzeitpunkt verstellt wurde – sorgten zudem dafür,<br />

dass der Kraftstoffverbrauch gering war. <strong>Der</strong> Mb IVa wurde ab 1917<br />

in Serie produziert und wurde unter anderem in Doppeldecker der<br />

Rumpler Flugzeugwerke oder der Firma Heinkel eingesetzt.<br />

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges verbot der Versailler Vertrag<br />

deutschen Firmen, Fluggeräte aller Art herzustellen – dazu gehörten<br />

auch Maybachs Flugmotoren. Die Alliierten zerstörten die entsprechenden<br />

Geräte und Einrichtungen. Das zu diesem Zeitpunkt unter<br />

dem N<strong>am</strong>en Maybach-Motorenbau GmbH firmierende Unternehmen<br />

begann daraufhin, schnelllaufende Dieselmotoren zu produzieren.<br />

TEXT: LUCIE MALUCK; BILDER: TOGNUM-KONZERNARCHIV<br />

Ihre Fragen beantwortet: Dr. Heike Weishaupt<br />

heike.weishaupt@tognum.com, Tel. +49 7541 90-3225<br />

50 I <strong>MTU</strong> Report 03/12


Maybachs Flugmotor k<strong>am</strong><br />

unter anderem in einem<br />

Heinkel-Doppeldecker zum<br />

Einsatz.<br />

Historie<br />

<strong>Der</strong> erste moderne Flugmotor: <strong>Der</strong> Mb IVa war ein Sechszylinder-Otto-Reihenmotor<br />

mit einem Hubraum von 23,1<br />

Litern. Bei 1.400 Umdrehungen brachte er <strong>am</strong> Boden 206<br />

Kilowatt (280 PS) Vollleistung, wurde jedoch auf 180<br />

Kilowatt (245 PS) gedrosselt. In 1.800 Metern Höhe hatte<br />

er 184 Kilowatt (250 PS) Leistung.<br />

Nachdem Karl Maybach den<br />

Motor erfolgreich auf dem<br />

bayerischen Wendelstein<br />

getestet hatte (Bild unten<br />

links), wurde er unter anderem<br />

in Doppeldecker der<br />

Rumpler Flugzeugwerke<br />

eingebaut (Bild rechts).


Finnische Navy fährt Minensucher mit entmagnetisierten Motoren<br />

In geheimer<br />

geographischer<br />

Nordpol<br />

Mission<br />

Das Erdmagnetfeld schützt den<br />

Planeten vor kosmischen Strahlen.<br />

Doch auch Seeminen nutzen es, um<br />

Schiffe zu erkennen und diese zu<br />

zerstören. Um dies zu verhindern,<br />

kann <strong>MTU</strong> Motoren ihre magnetische<br />

Signatur nehmen.<br />

Das Erdmagnetfeld verursacht die magnetische<br />

Anziehungskraft von Motoren. Es entsteht in den<br />

Tiefen unseres Planten und reicht etwa 60.000<br />

Kilometer hinaus in das Weltall. Da die Pole des<br />

Feldes sich jährlich um gut 50 Kilometer verschieben,<br />

weichen die magnetischen Pole von den geografischen<br />

Polen ab.<br />

52 I <strong>MTU</strong> Report 03/12


Marine<br />

magnetischer<br />

Südpol<br />

magnetischer Äquator<br />

geographischer<br />

Äquator<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 53


In einer Spule werden die Zylinderlaufbuchse und die<br />

anderen 16.000 Teile des Motors entmagnetisiert.<br />

Messleiter Albert Hagenlocher lässt dafür Strom in<br />

einer bestimmten Hüllkurve durch die Spule fließen.<br />

54 I <strong>MTU</strong> Report 03/12


Marine<br />

Sie liegen im Verborgenen, oft hunderte Meter<br />

unter der Wasseroberfläche – doch ihre<br />

Wirkung ist verherend. Noch heute liegen<br />

weit über 200.000 Seeminen auf dem Grund<br />

der Ostsee. Sie sind Restbestände aus dem<br />

Zweiten Weltkrieg und behindern die Fischerei<br />

und die Handelsschifffahrt. Denn werden<br />

sie nicht bemerkt und fährt ein Schiff über<br />

sie, kommt jede Hilfe für das Schiff und die<br />

Besatzung zu spät. Die finnische Marine<br />

möchte daher im Jahr 2015 drei neue Minensucher<br />

in Betrieb nehmen – für insges<strong>am</strong>t<br />

250 Millionen Euro. <strong>MTU</strong> liefert für die<br />

Minensucher speziell ent mag netisierte<br />

Motoren für den Antrieb und zur Bordstromversorgung.<br />

Manche Dinge sind einfach da – ganz selbstverständlich,<br />

ohne dass man sie bemerkt. <strong>Der</strong> Sauerstoff<br />

in der Luft gehört dazu. Oder die Sonne,<br />

ohne deren Licht und Wärme wir nicht leben<br />

könnten. Auch das Magnetfeld der Erde ist so<br />

etwas. Keiner bemerkt es, doch ohne die Anziehungskraft<br />

der Pole sähe unsere Welt anders aus.<br />

Hochenergetische Teilchen von der Sonne oder<br />

aus dem Weltall würden ein Leben auf der Erde<br />

möglicherweise verhindern, wenn diese nicht in<br />

einigen Tausend Kilometern Höhe vom Erdfeld<br />

abgefangen würden. Wale, Haie oder Meeresschildkröten<br />

nutzen das Magnetfeld außerdem<br />

zur Orientierung. Doch auch Seeminen machen<br />

sich die magnetische Anziehungskraft zu Nutze.<br />

Sie sind mit Magnetsensoren bestückt und erkennen<br />

d<strong>am</strong>it, wann Schiffe in die Nähe kommen, die<br />

sie zerstören sollen. Minensucher haben die Aufgabe,<br />

die Minen zu suchen und sie unschädlich<br />

zu machen. Die finnische Marine nimmt derzeit<br />

drei neue Minensucher in Betrieb. Je zwei Achtzylinder-<strong>MTU</strong>-Motoren<br />

der Baureihe 396 treiben<br />

die etwa 52 Meter langen Schiffe an. Die Leistung<br />

der Motoren spielt dabei nur eine untergeordnete<br />

Rolle, denn während der Minensuche fahren die<br />

Schiffe nicht schneller als fünf Knoten (9,3 Stundenkilometer).<br />

Um möglichst leise durch das Wasser<br />

zu gleiten, sind die Motoren doppelt elastisch<br />

gelagert. Zudem haben sie eine kaum noch vorhandene<br />

magnetische Signatur.<br />

Präzision und Genauigkeit<br />

Diese herzustellen, ist ein komplizierter Vorgang,<br />

der mehrere Wochen dauert. „Wir brauchen für<br />

einen Motor weit über 100 Stunden“, erklärt<br />

Albert Hagenlocher, Messleiter bei <strong>MTU</strong>. Denn<br />

es wird nicht der ges<strong>am</strong>te Motor auf einmal entmagnetisiert.<br />

Albert Hagenlocher entmagnetisiert<br />

jedes einzelne Teil: Die Kurbelwelle, die Nockenwelle,<br />

die Pleuel, die Turbolader, die Zylinderköpfe<br />

und sogar die Schrauben - 16.000 Teile pro<br />

Motor. Viel Aufwand. „Aber so stellen wir sicher,<br />

dass die magnetische Signatur der Teile dauer-<br />

haft niedrig bleibt“, erzählt er. Fast in sich versunken<br />

stellt er dabei eine Zylinderlaufbuchse in<br />

eine Entmagnetisierungsspule.<br />

Permanente und induzierte Signatur<br />

Noch ist die magnetische Signatur hoch. Eine<br />

Seemine würde den Motor mit dieser Zylinderlaufbuchse<br />

sofort erkennen und explodieren. Um<br />

die magnetische Signatur zu senken, lässt der<br />

Messleiter Strom in einer bestimmen Hüllkurve<br />

durch die Spule fließen. Diese Kurve hat insges<strong>am</strong>t<br />

acht Variablen. Die Frequenz des Stroms<br />

oder die maximale Strommenge, die durch die<br />

Spule fließt, sind zwei davon. Die Kurve richtig<br />

einzustellen, ist die große Kunst. „Das kann man<br />

nicht studieren“, erzählt Hagenlocher. Vielmehr<br />

komme es auf Erfahrung an. Denn jedes magnetische<br />

Teil besitzt zwei verschiedene magnetische<br />

Signaturen: eine permanente und eine induzierte<br />

magnetische Signatur. Die permanente Signatur<br />

der Zylinderlaufbuchse kann Albert Hagenlocher<br />

entfernen, die induzierte jedoch nicht. Diese richtet<br />

sich nach dem Magnetfeld der Erde. Doch das<br />

schwankt und ist außerdem regional sehr unterschiedlich.<br />

<strong>Der</strong> finnische Minensucher soll zunächst nur im<br />

Golf von Finnland unterwegs sein. Doch auch<br />

diese geografische Bezeichnung ist zu weiträumig.<br />

Ein Schiff, das vor der Küste Helsinkis keine<br />

Wenn Albert Hagenlocher allen Einzelteilen des Motors ihre magnetische Signatur genommen hat, wird der Motor montiert. Dann prüft der<br />

Messleiter auf einer Messbahn, wie hoch die Restsignatur des Motors ist.<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 55


INTERVIEW<br />

„Wir haben eine Sauna an Bord“<br />

Interview mit Heikki Vierelä, Kommandant der „Katanpää”<br />

Heikki Vierelä ist Kommandant<br />

der „Katanpää”, dem<br />

ersten von drei neuen Minensuchern<br />

der finnischen Marine.<br />

Warum braucht die finnische Marine Minensucher?<br />

Im Golf von Finnland liegen noch viele Tausend Minen aus dem Zweiten Weltkrieg. Diese behindern<br />

die Schifffahrt und die Fischerei. Außerdem sind Minen in asymmetrischen Kriegen ein<br />

beliebtes Mittel, beispielsweise Hafeneinfahrten zu versperren. Wenn wir mit dem Schiff vertraut<br />

sind, soll die Katanpää auch an internationalen Missionen teilnehmen und Minen in Kriegsgebieten<br />

entfernen.<br />

Wie spüren Sie die Minen unter Wasser auf?<br />

Wir haben Sonar-Geräte an Bord, die die Minen unter Wasser durch die Veränderung des Schalls<br />

finden können. Einige davon sind <strong>am</strong> Schiff montiert, andere fahren wie kleine Roboter. Diese<br />

haben den großen Vorteil, dass das Schiff mit der Besatzung in sicherer Entfernung bleiben kann.<br />

Und was geschieht mit den Minen?<br />

Das kommt drauf an, welches Gefahrenpotenzial die Minen haben. Manchmal reicht es aus, nur<br />

ihre Position zu kennen, so dass wir sie in Seekarten einzeichnen können. Sobald Minen aber<br />

eine Gefahr für andere Schiffe, Fischer oder Taucher darstellen, müssen wir sie sprengen.<br />

<strong>MTU</strong>-Motoren treiben die Katanpää an. Was ist Ihnen bei den Motoren besonders wichtig?<br />

Ganz klar: eine geringe magnetische und akustische Signatur. Dicht gefolgt von Zuverlässigkeit.<br />

Die Power ist zweitrangig, denn unser Schiff fährt nur beim Transit zu den Minengebieten<br />

schnell. Während der Minensuche fahren wir elektrisch und benötigen nur einen der vier<br />

<strong>MTU</strong>-Motoren an Bord.<br />

Finnen sind ja bekannt dafür, überall eine Sauna zu bauen. Gibt es an Bord auch eine<br />

Sauna?<br />

Ja, wir haben tatsächlich eine Sauna an Bord. Das ist übrigens bei allen größeren finnischen<br />

Navy-Schiffen so. Saunas sind Teil der finnischen Kultur, und die darf auch an Bord eines Minensuchers<br />

nicht fehlen. Doch wir haben die Sauna auch aus Sicherheitsgründen an Bord: Unsere<br />

Taucher müssen in den kalten Golf von Finnland Minen entschärfen, zum Aufwärmen ist da die<br />

Sauna wichtig.<br />

magnetische Signatur besitzt, kann nur 150 Kilometer entfernt<br />

vor der Küste Turkus schon wieder magnetisch aufgeladen sein<br />

und somit Seeminen auf sich aufmerks<strong>am</strong> machen. An Bord<br />

sind daher Spulensysteme installiert. Diese beseitigen die magnetische<br />

Signatur des Schiffes, indem sie ein Gegenfeld erzeugen,<br />

das die Restsignatur des ges<strong>am</strong>ten Schiffes kompensiert.<br />

Restsignatur messen<br />

Wie hoch der permanente Restanteil des Motors ist, bestimmt<br />

<strong>MTU</strong> auf einer eigens dafür errichteten magnetischen Messbahn.<br />

Diese befindet sich in einer komplett aus Holz und<br />

einem speziellen Stahl errichteten Halle. Dank einer in 20<br />

Metern Tiefe eingebauten Sonde und zahlreicher Spulen in<br />

der Halle kann der Messleiter hier mit nur wenigen Mausklicks<br />

jedes Magnetfeld der Erde erzeugen. Dann rollt der mittlerweile<br />

montierte Motor mit 16.000 entmagnetisierten Einzelteilen<br />

auf einem Rollwagen über eine Schiene durch die<br />

Halle. Auf den drei Computerbildschirmen vor ihm kann er<br />

die magnetische Restsignatur des Motors auf das Nanotesla<br />

genau erkennen. Albert Hagenlocher ist zufrieden. <strong>Der</strong> Motor<br />

hat nur noch eine sehr geringe Restsignatur, die leicht von<br />

56 I <strong>MTU</strong> Report 03/12


Marine<br />

Die finnische Marine hat für 250 Millionen Euro drei neue Minensucher bestellt. <strong>MTU</strong> liefert für diese Motoren, denen in einem komplizierten Verfahren die magnetische<br />

Signatur genommen worden ist. Dadurch sind sie für Seeminen nicht auffindbar.<br />

den Spulensystemen an Bord ausgeglichen werden<br />

kann.<br />

Leise, unauffällig und nicht magnetisch<br />

D<strong>am</strong>it ist der Motor bereit für seinen Einsatz im<br />

finnischen Minensucher Katanpää. Im Jahr 2015<br />

soll er in Betrieb gehen und zus<strong>am</strong>men mit seinen<br />

zwei Schwesterschiffen Vahterpää und Purunpää<br />

die Küstengebiete vor der finnischen Ostsee<br />

von Minen befreien. Kommandant Heikki Vierelä<br />

bereitet sich bereits mit seiner Mannschaft auf<br />

die Einsätze vor. Zunächst einmal wird er mit<br />

seinem Schiff nur in der Ostsee unterwegs sein,<br />

doch in fünf bis zehn Jahren seien auch internationale<br />

Einsätze geplant. „Hier in der Baltischen<br />

See vor Finnland liegen nur noch Minen aus dem<br />

Zweiten Weltkrieg. Doch in asymmetrischen Kriegen<br />

sind Minen ein beliebtes Mittel, beispielsweise<br />

Hafeneinfahrten zu versperren“, erzählt er.<br />

Mit speziellen Sensoren an Bord ortet er mit seiner<br />

Crew die Minen, entschärft sie oder sprengt<br />

sie. <strong>Der</strong> <strong>MTU</strong>-Antriebsmotor in Kombination mit<br />

einem Voith-Schneider-Propeller ermöglicht der<br />

Crew, das Schiff auch bei starkem Wind und Wellen<br />

sehr genau zu manövrieren, denn mit diesem<br />

kann der Schub beliebig eingestellt werden,<br />

ohne die Drehzahl zu verändern. Dank des <strong>MTU</strong>-<br />

Schiffsautomationssystems Callosum kann sich<br />

die Crew dabei komplett auf ihre Arbeit konzentrieren.<br />

Callosum steuert, überwacht und regelt<br />

nicht nur den Antrieb, sondern auch die <strong>MTU</strong>-<br />

Bordstromversorgung, das Feueralarmsystem<br />

und die Tankmessanlage. „Die wichtigste Aufgabe<br />

der Motoren allerdings ist, dass sie zuverlässig<br />

sind “, so der Kommandant. Auch der <strong>MTU</strong>-Motor<br />

soll einfach nur da sein, ganz selbstverständlich,<br />

ohne dass man ihn bemerkt. Leise, unauffällig<br />

und vor allem – nicht magnetisch.<br />

TEXT: LUCIE MALUCK<br />

BILDER: ROBERT HACK, MARTIN ROSCHER,<br />

FREDDY PHILIPS<br />

Ihre Fragen beantwortet:<br />

Martin Roscher<br />

martin.roscher@mtu-online.de<br />

Tel. +49 7541 90-2694<br />

Schweden<br />

Finnland<br />

Golf von Finnland<br />

Estland<br />

Lettland<br />

Russland<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 57


Energie<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6 7<br />

8<br />

1 Morgens um 7 in Deutschland, in Italien oder in Frankreich. 2 Martin rasiert sich. 3 Michelle brät sich ein Spiegelei. 4 Tim und Laura toasten eine Scheibe Brot.<br />

5 Maria kocht heißes Wasser für ihren Tee. 6 Lara stellt ihren Computer an. 7 Luigi heizt seine Küche mit dem Elektrolüfter. 8 Hans kocht sich einen Kaffee.<br />

Sie alle brauchen Strom. So viel, dass der Strom, den Kraftwerke und private Fotovoltaikanlagen in diesem Moment produzieren, nicht ausreicht und Dieselmotorenkraftwerke<br />

Spitzenstrom liefern müssen.<br />

58 I <strong>MTU</strong> Report 03/12


Kraftwerk mit Stromaggregaten von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> liefert Regelleistung, Not- und Spitzenstrom<br />

Morgens um 7<br />

Die Zukunft der Energieerzeugung ist dezentral<br />

– und regenerativ. Doch d<strong>am</strong>it verändern<br />

sich auch die Anforderungen an die<br />

Stromnetze: Sie müssen zunehmend größere<br />

und schwankende Energiemengen aus Windund<br />

Solaranlagen verkraften, ohne dass<br />

Spannung und Stromfrequenz im Netz abfallen.<br />

Dafür brauchen sie Energiequellen, auf<br />

die Netzbetreiber flexibel und schnell zugreifen<br />

können. Die Überlandwerk Fulda AG<br />

(ÜWAG) betreibt solch eine Energiequelle. In<br />

den vergangenen Jahren hat sie ihr Kraftwerk<br />

mit maßgeschneiderten Dieselaggregaten<br />

von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> aufgerüstet<br />

und liefert jetzt punktgenau und flexibel<br />

Regelleistung, Not- und Spitzenstrom.<br />

Was macht Hans Müller aus Deutschland morgens<br />

um 7? Er macht sich einen Kaffee. Luigi Motta aus<br />

Italien dreht den elektrischen Heizlüfter auf. Und<br />

Michelle Portier kocht sich Frühstück. Sie genießen<br />

die letzten ruhigen Minuten, bevor die Sonne<br />

aufgeht. Es herrscht Stille. Doch die Stromnetze,<br />

die laufen heiß. Denn pünktlich um 7 Uhr <strong>am</strong> Morgen<br />

brauchen nicht nur Hans Müller, Luigi Motta<br />

und Michelle Portier Strom – Millionen andere<br />

Menschen auch. <strong>Der</strong> Strom, den große und kleine<br />

Kraftwerke oder private Fotovoltaikanlagen in diesem<br />

Moment produzieren, reicht dafür nicht aus –<br />

das Stromnetz ist überlastet.<br />

Europäisches Verbundnetz liefert Strom<br />

Das ist die Stunde der flexiblen Kraftwerke.<br />

Die ÜWAG hat eines davon. Vor 100 Jahren wurde<br />

es gebaut – ursprünglich, um die Bürger der Region<br />

Fulda mit Elektrizität zu versorgen. Doch mittlerweile<br />

gibt es ein europäisches Verbundnetz, in<br />

das riesige Kraftwerke und vermehrt auch Betreiber<br />

kleinerer, dezentraler Energieanlagen ihren<br />

Strom einspeisen. Dieser wird über Umspannwerke<br />

und Transformatorstationen an die einzelnen<br />

Haushalte und Industrieunternehmen verteilt.<br />

Die ÜWAG in Fulda musste sich einen neuen<br />

Platz in dieser „Verteilkette“ suchen – und hat ihn<br />

gefunden.<br />

Spitzenstrom bei Stromspitzen<br />

Das Kraftwerk liefert Spitzenstrom, wenn der<br />

Bedarf so hoch ist, dass im Verbundnetz nicht<br />

genug Strom verfügbar ist: Dann, wenn Hans<br />

Müller, Luigi Motta, Michelle Portier und Millionen<br />

andere morgens das Licht anschalten oder<br />

ihren Kaffee kochen. „Morgens zwischen 7 und<br />

8 Uhr und abends um 20 Uhr steigt der Strombedarf<br />

schnell an“, erklärt Frank Weinmann, der bei<br />

der ÜWAG die Abteilung Energieerzeugung und<br />

–beschaffung leitet. Früher lag diese Stromspitze<br />

mittags um 12, heute brauchen die Menschen<br />

morgens nach dem Aufstehen und abends, wenn<br />

sie nach Hause kommen <strong>am</strong> meisten Strom. „Am<br />

Stromverbrauch kann man gut sehen, wie sich<br />

die Lebensweise der Deutschen verändert hat“,<br />

schmunzelt er.<br />

Um diese Stromspitzen in Zukunft noch besser<br />

ausgleichen zu können, hat die ÜWAG in Fulda ihr<br />

Kraftwerk in den vergangenen Jahren für zehn Millionen<br />

Euro modernisiert: Sie hat zwei ältere Dieselmotoren<br />

aussortiert und durch sechs kleinere<br />

Stromaggregate von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> ersetzt.<br />

Kern der Aggregate ist je ein 20-Zylinder-Motor<br />

der <strong>MTU</strong>-Baureihe 4000. Stolz blickt der Ingenieur<br />

von der Leitstelle hinunter auf die blauen Aggregate<br />

von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong>. „Die Motoren sind<br />

wahre Ferraris“, schwärmt er. Innerhalb weniger<br />

Sekunden können sie starten und sich mit dem<br />

europäischen Stromnetz synchronisieren. Die bisherigen<br />

Motoren hätten dazu mehrere Minuten<br />

gebraucht.<br />

Regelleistung gleicht Netzschwankungen aus<br />

„In der heutigen Stromwelt muss man schnell<br />

sein“, erklärt er. Das liege nicht nur daran, dass<br />

heute immer häufiger der Bedarf nach Spitzenstrom<br />

besteht. Auch der ständig steigende Anteil<br />

von Strom aus regenerativen Energiequellen trage<br />

dazu bei. Denn anders als die konventionellen,<br />

großen Kraftwerke kann man bei diesen nicht<br />

abschätzen, wie zuverlässig sie Energie in das<br />

Netz einspeisen. Kurz gesagt: Scheint die Sonne<br />

und weht der Wind, fließt auch der Strom. Doch<br />

was ist, wenn es windstill ist und auf den Photovoltaikanlagen<br />

Schnee liegt? Dann ist die Stromfrequenz<br />

von 50 Hertz gefährdet und es droht ein<br />

Stromausfall. D<strong>am</strong>it dies nicht passiert, greifen<br />

Das ÜWAG Fulda wurde vor 100 Jahren <strong>am</strong> Rande der<br />

Innenstadt gebaut. Doch Fulda ist gewachsen, daher<br />

ist das Kraftwerk heute mitten in der Stadt.<br />

Frank Weinmann ist Diplom-Ingenieur und leitet die<br />

Abteilung Energieerzeugung und -beschaffung.


Sven Kunkel (rechts) hat den Umbau des Kraftwerks<br />

geleitet. Dabei arbeitete er eng mit Dietmar Witzigmann<br />

(links) von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> zus<strong>am</strong>men.<br />

"Wenn es Probleme gab, hat das außer uns oft keiner<br />

bemerkt, denn wir haben sie unbürokratisch auf dem<br />

kleinen Dienstweg gelöst," erzählen beide über ihre<br />

Zus<strong>am</strong>menarbeit.<br />

die Übertragungsnetzbetreiber auf Regelleistung<br />

zurück. Diese stellen zum großen Teil die Energieversorger<br />

selbst zur Verfügung. Aber kommunale<br />

Kraftwerksbetreiber wie die ÜWAG gewinnen hier<br />

immer mehr an Bedeutung.<br />

Wann die Motoren starten, wissen die Mitarbeiter<br />

der ÜWAG nicht. Die Netzbetreiber bezahlen<br />

schon dafür, dass sie im Notfall auf die Aggregate<br />

zugreifen können. Wann dieser Zeitpunkt ist,<br />

bestimmen aber sie. Rufen sie den Strom tatsächlich<br />

ab, müssen sie auch dafür bezahlen. Wie viel,<br />

60 I <strong>MTU</strong> Report 03/12


Energie<br />

Sechs Aggregate von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> können innerhalb von wenigen Sekunden starten, um Regelenergie sowie Not- und Spitzenstrom zu erzeugen.<br />

das hängt auch davon ab, wie schnell die Kraftwerke<br />

den Strom liefern können. Bisher hatte die<br />

ÜWAG die sogenannte Tertiärenergie, häufig auch<br />

Minutenreserve, geliefert. Diese muss 15 Minuten<br />

nach Abruf zur Verfügung stehen. Mit den<br />

neuen Aggregaten von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> wird<br />

die ÜWAG aber in der Lage sein, auch die deutlich<br />

lukrativere Sekundärleistung zu liefern. Dafür<br />

muss sie unter anderem nach fünf Minuten die<br />

angemeldete Leistung zu 100 Prozent liefern können.<br />

Strom so schnell zu erzeugen und übertragen<br />

zu können, ist eine große Herausforderung.<br />

Denn die Aggregate müssen dafür nicht nur „aus<br />

dem Stand heraus“ anspringen, sondern sie müssen<br />

auch innerhalb weniger Sekunden ihre Frequenz,<br />

ihre Spannung und ihre Phasen mit der<br />

des Verbundstromnetzes synchronisieren. „Das<br />

schaffen unsere Aggregate nur, weil wir ein perfekt<br />

ausgeklügeltes System aus Motor, Aggregat<br />

und Motorregler haben“, erzählt Dietmar Witzigmann,<br />

der das Projekt bei <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong><br />

betreut hat.<br />

Notstrom für den Ernstfall<br />

Die Fähigkeit, innerhalb weniger Sekunden Energie<br />

liefern zu können, kommt auch den Bürgern<br />

vor Ort zugute. Denn die ÜWAG stellt nicht nur<br />

Spitzen- und Regelleistung für die großen Stromverbundnetze<br />

zur Verfügung, es liefert auch Notstrom<br />

für die Stadt Fulda. Für den Fall, dass das<br />

öffentliche Stromnetz zus<strong>am</strong>menbräche, sorgten<br />

die Aggregate dafür, dass in Fulda nicht alle Lichter<br />

ausgingen. Ein Schwarzstartaggregat, das zum<br />

Starten keine externen elektrischen Pumpen und<br />

Hilfsantriebe benötigt, springt dann automatisch<br />

an und liefert die Energie für den Start der anderen<br />

fünf Aggregate. Zus<strong>am</strong>men können sie 24,8<br />

Megawatt Strom für Straßenbeleuchtung, Ampeln,<br />

Krankenhäuser, Altenheime, Notunterkünfte oder<br />

Bürgerhäuser liefern. „Fulda ist eine der wenigen<br />

Städte Deutschlands, die das kann“, erzählt Frank<br />

Weinmann selbstbewusst. Bisher sei dieser Ernstfall<br />

noch nicht eingetreten, doch der Energiespezialist<br />

ist sich sicher, dass man deutschlandweit<br />

zukünftig mit mehr Engpässen rechnen müsse.<br />

Umbau mit Herausforderungen<br />

Geleitet wurde der Umbau des Kraftwerks und<br />

dessen Neu-Ertüchtigung durch Projektleiter<br />

Sven Kunkel. Eine große Herausforderung für den<br />

Elektroingenieur, denn Dieselmotoren waren bisher<br />

nicht sein Spezialgebiet. „Ich kenne mich<br />

mit Stromnetzen aus. Stromaggregate waren<br />

bisher nicht meine Welt“, berichtet er schmunzelnd.<br />

Heute merkt man davon nichts mehr. Voller<br />

Enthusiasmus erzählt er von den vielen Herausforderungen,<br />

denen er sich stellen musste. Das<br />

begann schon vor dem Umbau, denn eigentlich<br />

war das Kraftwerk viel zu klein für die Pläne, die<br />

er hatte. Knapp 25 Megawatt elektrische Leistung<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 61


Eine SCR-Anlage reinigt das Abgas der Dieselmotoren. So liegen die Abgaswerte weit unter denen, die die deutsche Umweltvorschrift TA Luft vorgibt.<br />

Regelleistung gleicht Netzschwankungen aus<br />

MEMO<br />

Olaf Dempewolf hat die Aggregate in Fulda installiert und in Betrieb genommen.<br />

Mit einem speziellen Remote-System kann er nicht nur vor Ort, sondern auch aus<br />

dem Büro in Friedrichshafen das Kraftwerk überwachen.<br />

Mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien kommt es zu höheren Schwankungen<br />

im Stromnetz, denn der Wind weht nicht immer und die Sonne versteckt sich oft<br />

hinter Wolken. Trotzdem fällt die Stromversorgung in Europa fast nie aus. Wie<br />

kann das sein? Zum einen sind die Stromproduzenten verpflichtet, möglichst<br />

genaue Prognosen hinsichtlich der Liefermengen abzugeben, um die Einspeisung<br />

ins Stromnetz optimal zu planen und die Normalfrequenz im Stromnetz bei<br />

50 Hertz zu halten. Was aber, wenn plötzlich der Stromverbrauch überraschend<br />

anzieht und jede noch so korrekte Prognose hinfällig werden lässt? In diesem Fall<br />

greift die Regelleistung ein, um einen Zus<strong>am</strong>menbruch des Stromnetzes abzuwenden.<br />

Diese Reserve gleicht die Schwankungen im Stromnetz innerhalb von Sekunden<br />

(Primärenergie), Minuten (Sekundärenergie) oder Viertelstunden (Tertiärenergie)<br />

aus.<br />

■ Primärleistung: Nach 30 Sekunden muss die Energie vollständig und für insges<strong>am</strong>t<br />

15 Minuten verfügbar sein.<br />

■ Sekundärleistung: Nach fünf Minuten muss die volle Leistung zur Verfügung<br />

stehen.<br />

■ Tertiärleistung: Sie muss innerhalb von 15 Minuten verfügbar sein und löst die<br />

Primär- und Sekundärregelleistung ab.<br />

62 I <strong>MTU</strong> Report 03/12


Energie<br />

wollte er erzeugen – möglichst sauber, wirtschaftlich<br />

und zuverlässig. „Ich habe mir schon überlegt,<br />

ob wir das Kraftwerk erweitern müssen, was aber<br />

einen Anbau und d<strong>am</strong>it ein noch aufwändigeres<br />

Genehmigungswerk erfordert hätte“, erinnert<br />

er sich. Auch wegen solcher projektseitig aufkommenden<br />

Fragen, war er von der offenen und<br />

partnerschaftlichen Herangehensweise der <strong>MTU</strong><br />

<strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong>-Mitarbeiter überzeugt: „Wir haben<br />

auf Augenhöhe diskutiert und gemeins<strong>am</strong> Ideen<br />

entwickelt. So entstand auch der Vorschlag, zwei<br />

große Aggregate durch sechs kleinere zu ersetzen<br />

und ein zusätzliches Geschoss einzuziehen, auf<br />

dem die SCR-Anlage zur Abgasnachbehandlung<br />

eingesetzt wird“, erklärt er.<br />

Sauberer, schneller, wirtschaftlicher<br />

Stolz berichtet er davon, wie effizient und sauber<br />

die Maschinen arbeiten. „Mit den neuen Motoren<br />

haben wir die Partikelemissionen auf ein Sechstel<br />

pro erzeugter Kilowattstunde reduziert, die Stickoxide<br />

auf ein Viertel und das Kohlenmonoxid auf<br />

die Hälfte und zugleich noch den Kraftstoffverbrauch<br />

um zehn Prozent gesenkt“, so der Elektroingenieur.<br />

<strong>Der</strong> Grund für diese beeindruckenden<br />

Werte seien die modernen Motoren mit Common-<br />

Rail-Einspritzung sowie ein geregelter SCR-Katalysator.<br />

In diesem wird das Abgas gereinigt, indem<br />

Harnstoff in das Abgas eingespritzt wird. Im Katalysator<br />

reagiert dieser mit den Stickoxiden zu den<br />

unschädlichen Stoffen Wasser und Stickstoff. „Die<br />

Aggregate unterschreiten die Grenzwerte der TA<br />

Luft messbar um Längen“, so Kunkel. Außerdem<br />

liege das Kraftwerk mitten im Stadtgebiet, da sei<br />

es selbstverständlich, dass die Schadstoffemissionen<br />

so gering wie möglich sein müssen. Wegen<br />

der zentralen Lage hatte die ÜWAG ein besonderes<br />

Augenmerk auf die Reduzierung der Schallemissionen<br />

gelegt: Spezielle Schallschutzwände<br />

lassen kaum einen Laut nach außen dringen,<br />

wenn die Motoren starten und laufen.<br />

<strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> von Friedrichshafen aus auf die<br />

Aggregate und andere Komponenten im Kraftwerk<br />

zugreifen und Empfehlungen geben, wie Fehler<br />

vermieden oder behoben werden können.<br />

„Europaweit etwas Besonderes“<br />

Am 23. Dezember 2011 gingen die ersten drei<br />

der sechs Aggregate im Kraftwerk in Betrieb.<br />

Kunkel kann sich noch gut an die Zeit davor erinnern.<br />

„Unter Hochspannung“ habe er und das<br />

ges<strong>am</strong>te Te<strong>am</strong> gestanden. Vor allem deshalb,<br />

weil das Kraftwerk auch während der Umbauten<br />

ständig mit 75 Prozent Nennleistung weiterlaufen<br />

musste: „Wir waren vertraglich verpflichtet, Strom<br />

zu liefern, das konnten wir nicht unterbrechen.“<br />

Erst als Stadt und Landkreis Fulda im September<br />

2012 die Inbetriebnahme des Kraftwerks feierten,<br />

konnte sich auch Kunkel zurücklehnen: „Ein derart<br />

flexibles Kraftwerk entspricht den aktuellen<br />

Anforderungen an den Strommarkt geradezu ideal.<br />

Dass wir als kommunaler Versorger so etwas<br />

haben, ist europaweit etwas Besonderes“, so der<br />

Elektroingenieur, der jetzt auch Dieselmotorenspezialist<br />

ist.<br />

Nordsee<br />

Niederlande<br />

Belgien<br />

TEXT: LUCIE MALUCK<br />

BILDER: ROBERT HACK<br />

H<strong>am</strong>burg<br />

Berlin<br />

Deutschland<br />

Polen<br />

Fulda<br />

Ihre Fragen beantwortet:<br />

Dietmar Witzigmann<br />

dietmar.witzigmann@mtu-online.de<br />

Tel. +49 7541 90-4841<br />

Tschechien<br />

Österreich<br />

Italien<br />

Olaf Dempewolf überprüft den Ölstand der Motoren. Eine automatische Ölnachfüllung sowie ein wartungsfreier<br />

Ölfilter führen jedoch dazu, dass dies nur selten notwendig ist.<br />

Und das wird in den nächsten Wochen der Erfahrung<br />

nach immer häufiger passieren. Gerade im<br />

Winter, wenn es kalt ist, steigt der Strombedarf.<br />

„Und nicht nur, weil in der Vorweihnachtszeit alle<br />

Plätzchen backen“, erzählt Sven Kunkel. Die Tage<br />

sind kürzer, es wird mehr Licht benötigt und in<br />

der Industrie wird auf Hochtouren gearbeitet, um<br />

die Aufträge noch innerhalb des laufenden Jahres<br />

abzuarbeiten. Zuverlässige Aggregate sind nicht<br />

nur in dieser Zeit ein Muss. Die ÜWAG hat dafür<br />

zusätzlich zur eigenen Netzüberwachung auch ein<br />

spezielles Ferndiagnosesystem installieren lassen.<br />

Mit diesem können die Spezialisten von <strong>MTU</strong><br />

<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 63


Apropos<br />

Was unsere Redakteure beeindruckt<br />

1<br />

2<br />

1 Um zu sehen, wie in den Vereinigten Arabischen Emiraten Yachten gebaut werden,<br />

besuchte Lucie Maluck die Werft Gulf Craft. 2 Katrin Hanger fand beim Besuch eines<br />

Tiefkühllagers heraus, wie man aus Wärme Kälte machen kann. 3 Bernd Scherer zeigt<br />

Katrin Beck die NC-Progr<strong>am</strong>mierung eines Zylinderkopfs <strong>am</strong> Computer.<br />

3<br />

Nachbehandlung<br />

Märchenhafter Yachtbau<br />

Hier soll eine Luxusyacht entstehen? Das konnte ich mir kaum vorstellen,<br />

als ich durch die Fertigungshallen der Werft Gulf Craft in den Vereinigten<br />

Arabischen Emiraten lief. Es wimmelte nur so vor Menschen, die sägten,<br />

bohrten, hämmerten und spachtelten. Luxus habe ich mir anders vorgestellt:<br />

top-modern mit modernsten Maschinen, glitzernd, blinkend. Doch<br />

der Yachtbau ist bei Gulf Craft wirklich Handarbeit. Die Lohnkosten sind<br />

gering, da kann es sich die Werft leisten, Menschen für das zu bezahlen,<br />

was in anderen Unternehmen Maschinen machen. Lange nachdenken<br />

möchte ich darüber trotzdem nicht. Besonders nicht, nachdem mir der<br />

belgische Geschäftsführer erzählt hat, dass seine Mitarbeiter gerne lange<br />

arbeiten und ihnen Freizeit nicht wichtig ist. Doch die Vereinigten Arabischen<br />

Emirate sind trotzdem faszinierend. Bei meiner Reise k<strong>am</strong>en sie<br />

mir vor wie ein Märchenland. Und im Grunde genommen ist die Entwicklung<br />

von Gulf Craft auch ein Märchen. Warum, lesen Sie ab der Seite 36<br />

im Artikel „<strong>Der</strong> <strong>Wedding</strong>-<strong>Planner</strong>“.<br />

Künstliches Land<br />

„Bitte wenden Sie“, „bitte wenden Sie“, „bitte wenden Sie“: Wir fuhren mit<br />

unserem Auto schon längst in der Nordsee herum – laut Navi. Dabei hatten<br />

wir immer noch festes Land unter unseren Rädern. Künstliches Land,<br />

wohlgemerkt, denn der Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven wurde durch<br />

das Aufschütten von Sand geschaffen. Und für das Navi war unser Einsatzort<br />

noch gänzlich unbekannt. Im Jade-Weser-Port befindet sich der jüngste<br />

Standort des Lebensmittellogistikers Nordfrost, wo ich mir zus<strong>am</strong>men mit<br />

unserem Fotografen die beiden Blockheizkraftwerke von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong><br />

angesehen habe, die dort für Strom und Wärme, aber vor allem Kälte<br />

sorgen. Das passiert mittels Absorptionskältemaschinen, und was da drin<br />

an chemischer Reaktion abläuft und welche Rolle dabei die „Zuneigung“<br />

von Ammoniak zu Wasser spielt, fand ich ziemlich interessant. Lesen Sie<br />

selbst nach ab Seite 44.<br />

Fertigung mal anders<br />

In dieser Ausgabe des <strong>MTU</strong> Reports erkläre ich, wie bei <strong>MTU</strong> ein Zylinderkopf<br />

entsteht. In Gedanken sah ich mich schon in unseren Montagehallen<br />

neben einem Werker <strong>am</strong> Band stehen. Den typischen Geruch aus den<br />

Montagehallen in der Nase, würde er mir jeden einzelnen Schritt zeigen<br />

und erklären. Umso erstaunter war ich, als ich dann bei Bernd Scherer<br />

landete. Vor einem ganz normalen Computer, weit und breit keine Fertigung<br />

in Sicht! Was ich hier erfuhr hat mich beeindruckt: Ein Zylinderkopf<br />

wird zuerst <strong>am</strong> Computer gefertigt – virtuell. Denn die NC-Progr<strong>am</strong>mierung<br />

ist der erste und wichtigste Schritt, d<strong>am</strong>it die Bearbeitungsmaschinen<br />

überhaupt laufen. Mit quietschbunten aber sehr anschaulichen<br />

Grafiken erklärte mir Scherer, wie die Progr<strong>am</strong>mierung funktioniert, was<br />

das Wichtige für die Fertigung ist und warum der Zylinderkopf erst <strong>am</strong><br />

Computer entsteht. Aber lesen Sie selbst... auf Seite 26!<br />

64 I <strong>MTU</strong> Report 03/12


Apropos... …extreme<br />

Einsatzbedingungen<br />

Mehr über extreme Einsatzbedingungen von <strong>MTU</strong>-Motoren auf den Seiten 20 bis 25.<br />

Impressum<br />

<strong>MTU</strong> Report Magazin der Marken <strong>MTU</strong> und <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> HERAUSGEBER Tognum AG; für den<br />

Herausgeber: Wolfgang Boller REDAKTIONSLEITUNG Lucie Maluck, e-mail: lucie.maluck@tognum.com,<br />

Tel. +49 7541 90-2974 REDAKTION Katrin Beck, e-mail: katrin.beck@tognum.com, Tel. +49 7541<br />

90-6535; Bryan Mangum, e-mail: bryan.mangum@tognum.com, Tel. +1 248 560-8484 WEITERE<br />

AUTOREN Mirko Gutemann, Katrin Hanger, Chuck Mahnken ANSCHRIFT DER REDAKTION Tognum AG,<br />

Maybachplatz 1, 88045 Friedrichshafen GESTALTUNG UND HERSTELLUNG designmanufaktur|ries,<br />

88214 Ravensburg LEKTORAT Sigrid <strong>Hart</strong>mann, 88697 Bermatingen LITHOGRAPHIE wagner ...digitale<br />

medien, 88690 Uhldin gen-Mühlhofen DRUCK Druckerei Holzer, Weiler im Allgäu ISSN-Nr 09 42-82 59,<br />

Nachdruck mit Quellenangabe erlaubt. INTERNET ADRESSE http://www.mtu-online.com<br />

IMPRESSUM<br />

<strong>MTU</strong> Report online<br />

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<strong>MTU</strong>-Website www.mtu-online.com, Rubrik „Über <strong>MTU</strong>“ /<br />

„<strong>MTU</strong> Report“ oder im App Keosk im Apple-App Store.<br />

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<strong>MTU</strong> Report 03/12 I 65

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