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Magazin - IDS Scheer AG

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im fokus<br />

Schnitt durchs Unternehmen<br />

Die Liberalisierung der Energiemärkte sollte den Verbrauchern niedrigere<br />

Strom- und Gaspreise bringen. Vor allem aber brachte sie zusätzliche Arbeit: Die Energieversorger<br />

müssen ihr Vertriebs- und Netzgeschäft in unabhängige Unternehmen trennen und eine höhere<br />

Komplexität der IT-Prozesse meistern.<br />

Ralf Ortmanns, Leiter der Kundenabrechnung bei der SWD <strong>AG</strong><br />

Günstigere Strompreise durch mehr Wettbewerb – so lautete das<br />

Versprechen der Politik als 1998 in Deutschland die EU-Richtlinie<br />

96/92/EG in Kraft trat. Die Liberalisierung des Strommarktes sollte<br />

neuen Energieversorgern Zugang zum bis dahin von wenigen Monopolisten<br />

beherrschten Markt geben und Druck auf die Preise ausüben.<br />

Ein harter Wettbewerb entbrannte, Strom wurde mal gelb mal blau, und<br />

die Preise sanken tatsächlich. Doch schon bald stiegen sie wieder, weil<br />

sich der Wille zum Wechsel des Strom anbieters in Grenzen hielt.<br />

Bis zum Sommer 2008 haben in Deutschland gerade mal 17 Prozent der<br />

Haushalte zumindest einmal den Lieferanten gewechselt. Diese geringe<br />

Quote sei Folge eines intransparenten Marktes und eines nicht funktionierenden<br />

Wettbewerbs, kritisiert EU-Wett bewerbs kommissarin Neelie Kroes.<br />

Kein Wunder, sagen Verbraucherschützer, denn die EU habe das Augenmerk<br />

zu sehr auf die Erzeugerseite gerichtet, auf die Monopolisten mit<br />

ih ren rentablen Kraftwerkparks. Doch ein Drittel der Stromkosten für<br />

den Verbraucher sind die Netz nutzungs entgelte, die Stromanbieter zahlen<br />

müssen, wenn sie ihre Energie durch das Netz anderer Versorger leiten<br />

wollen – die die Preise dafür nahezu nach Belieben festlegen konnten.<br />

UnbUndling sorgt für mehrArbeit<br />

Mit der zweiten EU-Richtlinie zum Strommarkt aus dem Jahr 2003 ist<br />

damit Schluss. Sie fordert eine Entflechtung – Insider sprechen von<br />

Unbundling – von Stromerzeugung beziehungsweise Gasbeschaffung<br />

auf der einen sowie dem Netz auf der anderen Seite; das heißt, die beiden<br />

Geschäftsbereiche müssen in zwei Unternehmen getrennt werden. Das<br />

hat groteske Folgen: Streng genommen dürfen die Mitarbeiter eines<br />

Energieversorgers, die früher gemeinsam in der Kantine beim Mit tagessen<br />

saßen, nicht mehr über Dienstliches miteinander reden, wenn sie<br />

für unterschiedliche Geschäftsbereiche arbeiten. Andernfalls könnten<br />

die Kollegen aus dem jeweils anderen Geschäftsbereich einen Vorteil gegenüber<br />

der Konkurrenz erzielen.<br />

Natürlich kann die oberste Aufsichtsbehörde – die Bundesnetzagentur<br />

– nicht wirklich kontrollieren, ob sich beispielsweise die Mitarbeiter der<br />

Stadtwerke Düsseldorf Netz GmbH nicht doch beim Mittagessen mit<br />

den Kollegen der Stadtwerke Düsseldorf <strong>AG</strong> über unbundling-sensible<br />

Geschäftsvorfälle unterhalten. Deshalb haben die Stadtwerke Düsseldorf<br />

<strong>AG</strong> ein für alle Mitarbeiter verbindliches Unbundling-Handbuch erstellt<br />

und die Mitarbeiter auf seine Einhaltung verpflichtet – sozusagen<br />

auf die Bibel des liberalisierten, aber regulierten Strom- und Gasmarktes.<br />

Einmal im Jahr muss jedes Energieunternehmen Rechenschaft über<br />

die Umsetzung der Unbundling-Maßnahmen ablegen, die in einem<br />

Gleich behandlungs bericht gegenüber der Bun des netzagentur veröffentlicht<br />

werden.<br />

Die Aufspaltung in zwei Unternehmen klingt einfach, ist indes mehr als<br />

nur ein rechtlicher Akt und gerät in der Praxis schnell zur Sisy phus arbeit.<br />

Denn auch auf der Prozess- und IT-Ebene müssen die Energie versorger<br />

die Entflechtung vollziehen. „Wir machen einen tiefen Schnitt durchs<br />

Unternehmen“, sagt Ralf Ortmanns, Leiter der Kundenabrechnung bei<br />

den Stadtwerken Düsseldorf. Die SWD <strong>AG</strong> ist weiter für den Vertrieb an<br />

die Kunden zuständig, der Betrieb des Stromnetzes wurde an die<br />

Stadtwerke Düsseldorf Netz GmbH verlagert. Die beiden Untermehmen<br />

sind administrativ ge trennt. Zwar gibt es ein gemeinsames Rechenzentrum,<br />

auch die IT-Be treuung für das SAP-System erfolgt aus einer<br />

Hand, doch die Ge schäftsprozesse laufen auf den Rechnern seit Januar<br />

2009 völlig getrennt. Beispiel: Wo früher bei einem neuen Kunden ein gemeinsamer<br />

Datensatz für Vertrieb und Netz genügte, werden nun über<br />

marktkonforme elektronische Datenaustauschprozesse (EDIFACT) komplexe<br />

Ver trags- und Energiedaten zwischen den getrennten SAP-<br />

Mandanten kommuniziert.<br />

4 scheer <strong>Magazin</strong> 1|09

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