Heft 1 - LUGV - Land Brandenburg
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10 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 20 (1) 2011; 10-13<br />
ÜBERRASCHEND STELLTE SICH HERAUS, DASS CHALARA FRAXINEA IN DIE NÄHERE VERWANDTSCHAFT<br />
DES SCHON SEIT MITTE DES 19. JAHRHUNDERTS BEKANNTEN SCHLAUCHPILZES<br />
HYMENOSCYPHUS ALBIDUS (GILLET) W. PHILLIPS („WEIßES STÄNGELBECHERCHEN“) GEHÖRT.<br />
PAUL HEYDECK, KATI HIELSCHER & JÖRG SCHUMACHER<br />
Neuartige Schäden an Gemeiner Esche (Fraxinus excelsior L.)<br />
Schlagwörter:<br />
Fraxinus excelsior, Kernzonen, Krankheitserreger, Chalara fraxinea, Hymenoscyphus pseudoalbidus,<br />
Coleoptera, Curculionidae, Scolytinae<br />
Gegenwärtig werden in nahezu allen Gebieten<br />
des nordostdeutschen Tieflands Absterbeerscheinungen<br />
an Gemeiner Esche (Fraxinus<br />
excelsior L.) registriert. Ursache dafür ist<br />
eine neuartige Krankheit, das sogenannte<br />
„Eschentriebsterben“ (ash dieback). Betroffen<br />
sind sowohl Jungpflanzen (z. B. in Baumschulen)<br />
als auch heranwachsende bzw. ältere<br />
Bäume in Wäldern und Forsten sowie in<br />
der offenen <strong>Land</strong>schaft.<br />
1 Krankheitsgeschehen und<br />
Symptomausprägung<br />
Die zuerst in Polen (KOWALSKI 2001, PRZYBYfl<br />
2002) und Nordosteuropa (JUODVALKIS & VA-<br />
SILIAUSKAS 2002, BARKLUND 2005, BAKYS et al.<br />
2008) beobachtete Krankheit stellt für die<br />
Gemeine Esche inzwischen eine ernste Bedrohung<br />
dar. Immerhin hat sich das Eschentriebsterben<br />
rasant über Mitteleuropa sowie<br />
in einigen Gebieten West- und Südeuropas<br />
ausgebreitet. Geschädigt werden nicht nur<br />
gepflanzte, sondern auch natürlich verjüngte<br />
Bäume. So blieben selbst die Kernzonenbereiche<br />
der Biosphärenreservate und Nationalparks<br />
nicht verschont.<br />
Im nordostdeutschen Tiefland wurden erste<br />
Symptome im Jahr 2002 registriert (HEYDECK<br />
et al. 2005). Bemerkenswert erscheint retrospektiv<br />
das nahezu plötzliche, simultane Auftauchen<br />
der Krankheit in den verschiedenen<br />
forstlichen Wuchsgebieten. Schäden wurden<br />
anfangs nur an jungen Eschen, von denen<br />
viele schon nach wenigen Jahren abstarben,<br />
festgestellt. Zunehmend erkrankten dann<br />
aber auch ältere Bäume, bei denen eine deutliche<br />
Auflichtung der Kronen zu beobachten<br />
ist (Abb. 1). Das geschädigte Rindengewebe<br />
zeigt eine blass ockergelbliche, stellenweise<br />
auch violettbraune oder kupferrötliche Färbung<br />
(Abb. 2). In der Vegetationsperiode<br />
kommen weitere Symptome, wie plötzliche<br />
Welke, Blattverbräunungen und vorzeitiger<br />
Blattfall (besonders auffällig im Spätsommer<br />
2010, vgl. KIRISITS et al. 2010) hinzu.<br />
2 Erreger<br />
Aus erkrankten Eschen wurde erstmals im<br />
Jahr 2006 ein bis dahin unbekanntes ungeschlechtliches<br />
Entwicklungsstadium eines<br />
Kleinpilzes isoliert und unter dem Namen<br />
Chalara fraxinea T. KOWALSKI beschrieben<br />
(KOWALSKI 2006). Dieser Pilz wird seitdem als<br />
primärer Verursacher des neuen Triebsterbens<br />
angesehen. In Deutschland war C. fraxinea<br />
erstmals 2007 nachgewiesen worden<br />
(SCHUMACHER et al. 2007). Im Jahr 2008 wurde<br />
zunächst als dazugehöriges geschlechtliches<br />
Entwicklungsstadium („Hauptfruchtform“)<br />
der Schlauchpilz Hymenoscyphus albidus<br />
(GILLET) W. PHILLIPS („Weißes Stängelbecherchen“)<br />
diagnostiziert (KOWALSKI &<br />
HOLDENRIEDER 2009). Allerdings stellte sich<br />
die Frage, warum dieser bereits seit Mitte<br />
des 19. Jahrhunderts als „harmloser“ Streu-<br />
Abb. 1<br />
Eschentriebsterben im Naturpark Märkische Schweiz<br />
Foto: P. Heydeck<br />
Abb. 2<br />
Rindennekrosen an erkrankten Trieben<br />
Foto: P. Heydeck