Potentiale für den Einsatz von Nährstoff- Filtersystemen in ...
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Fachartikel I DOI 10.5675/HyWa_2012,1_1 Holsten et al.: <strong>Potentiale</strong> für <strong>den</strong> <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong> Nährstoff-<strong>Filtersystemen</strong> …<br />
HW 56. 2012, H.1<br />
Bett<strong>in</strong>a Holsten, Agnieszka Bednarek, Annegret Fier, Nicola Fohrer, Gosw<strong>in</strong> Heckrath, He<strong>in</strong>rich Höper, C<strong>in</strong>dy<br />
Hugenschmidt, Charlotte Kjærgaard, Björn Krause, Norbert Litz, Andreas Matz<strong>in</strong>ger, Dagmar Orlikowski, Cecile<br />
Périllon, Matthias Pfannerstill, Pascal Rouault, Walter Schäfer, Michael Trepel, Marek Ubraniak und Maciej Zalewski<br />
<strong>Potentiale</strong> für <strong>den</strong> <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong> Nährstoff-<br />
<strong>Filtersystemen</strong> <strong>in</strong> Deutschland zur Verr<strong>in</strong>gerung<br />
der Nährstoffe<strong>in</strong>träge <strong>in</strong> Oberflächengewässer<br />
Potential for reduc<strong>in</strong>g nutrient <strong>in</strong>put <strong>in</strong> surface waters by us<strong>in</strong>g nutrient filters<br />
Der <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong> Filtern zur Reduzierung <strong>von</strong> Stickstoff- und Phosphore<strong>in</strong>trägen aus der Landwirtschaft <strong>in</strong> die Oberflächengewässer<br />
wurde <strong>in</strong> Deutschland bisher kaum untersucht. In e<strong>in</strong>em Workshop wurde der Stand der Untersuchungen <strong>von</strong> Projekten <strong>in</strong> Polen, Dänemark,<br />
Deutschland und Frankreich vorgestellt. Um das Potential dieser Maßnahmen auszuschöpfen, s<strong>in</strong>d die Entwicklung <strong>von</strong> Entscheidungsunterstützungssystemen<br />
für geeignete <strong>E<strong>in</strong>satz</strong>orte und weitere Demonstrationsprojekte unter Feldbed<strong>in</strong>gungen notwendig.<br />
Schlagwörter: Denitrifikationssysteme, Landwirtschaft, Nährstoffausträge, Nitrat, Phosphor-Filter<br />
The implementation of filters to reduce nutrient loads from agricultural fields is not well studied <strong>in</strong> Germany. In a workshop projects from<br />
Poland, Denmark, Germany and France were presented. To use the potential of these systems more efficiently, decision support systems<br />
for the exploit i<strong>den</strong>tification of suitable sites and methods and further demonstration projects under field conditions are required.<br />
Keywords: Agriculture, <strong>den</strong>itrification systems, nitrate, nutrient load<strong>in</strong>g, phosphorus filters<br />
1 E<strong>in</strong>leitung<br />
Nährstoffe<strong>in</strong>träge belasten nach wie vor Grundwasser, Oberflächengewässer<br />
und Meere <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Ausmaß, dass Deutschland<br />
die Anforderungen wichtiger europäischer Vere<strong>in</strong>barungen zu<br />
deren Schutz wahrsche<strong>in</strong>lich nicht e<strong>in</strong>halten wird (KUHR et al.<br />
2011). Während Stoffe<strong>in</strong>träge über Kläranlagen <strong>in</strong> <strong>den</strong> letzten<br />
drei Jahrzehnten deutlich reduziert wur<strong>den</strong>, haben sich die E<strong>in</strong>träge<br />
aus landwirtschaftlich genutzten Flächen nur ger<strong>in</strong>gfügig<br />
verm<strong>in</strong>dert (FUCHS et al. 2010). Auch wenn es zu e<strong>in</strong>er Reduzierung<br />
des Saldoüberschusses gekommen ist, wer<strong>den</strong> diese Erfolge<br />
durch die Ausweitung des Maisanbaus <strong>in</strong> <strong>den</strong> letzten Jahren,<br />
der <strong>in</strong> der Praxis häufig mit hohen Nährstoffüberschüssen angebaut<br />
wird, wahrsche<strong>in</strong>lich neutralisiert.<br />
Daher ist es notwendig, frühzeitig Möglichkeiten für die weitere<br />
Verr<strong>in</strong>gerung der Nährstoffe<strong>in</strong>träge <strong>in</strong> Gewässer zu entwickeln,<br />
um die oben genannten Umweltziele zusammen mit e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tensiv<br />
wirtschaften<strong>den</strong> Landwirtschaft zu erreichen.<br />
E<strong>in</strong>e Möglichkeit zur Reduzierung <strong>von</strong> Nährstoffe<strong>in</strong>trägen <strong>in</strong><br />
Oberflächengewässer ist der <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong> <strong>Filtersystemen</strong> für Stickstoff<br />
und Phosphor. Filtersysteme nutzen dabei biologische und<br />
biogeochemische Prozesse für die Stoffrückhaltung. Die ersten<br />
Denitrifikationssysteme zur Reduzierung <strong>von</strong> Nitrat wur<strong>den</strong> <strong>in</strong><br />
Neuseeland und Kanada erprobt (ROBERTSON et al. 2000, SCHIP-<br />
PER et al. 2005). Seit e<strong>in</strong>igen Jahren wer<strong>den</strong> Nitrat- und Phosphorrückhalt<br />
auch <strong>in</strong> Projekten <strong>in</strong> Europa untersucht.<br />
E<strong>in</strong> wesentliches H<strong>in</strong>dernis bei der E<strong>in</strong>führung <strong>von</strong> Nährstoff-<br />
<strong>Filtersystemen</strong> ist <strong>in</strong> Deutschland bisher die pr<strong>in</strong>zipielle Ablehnung<br />
<strong>von</strong> sogenannten „End of Pipe-Lösungen“. Unstrittig ist die<br />
Notwendigkeit, die Saldoüberschüsse auf der E<strong>in</strong>tragsseite weiter<br />
zu reduzieren, um flächenhaft <strong>den</strong> <strong>in</strong> der Düngeverordnung<br />
vorgeschriebenen Saldoüberschuss <strong>von</strong> 60 kg N pro ha und Jahr<br />
und 20 kg P pro ha und Jahr zu erreichen (UBA 2011). Da noch e<strong>in</strong><br />
erhebliches Reduzierungspotential bei der Düngung vorhan<strong>den</strong><br />
ist, d.h. die Stickstoffeffizienz deutlich durch Änderungen der Bewirtschaftungsweise<br />
verbessert wer<strong>den</strong> kann, wur<strong>den</strong> nachgeordnete<br />
Maßnahmen, die auf die Reduktion der Nährstoffe im<br />
Wasserkörper abzielen, bisher abgelehnt. In Dänemark wur<strong>den</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>den</strong> letzten zwei Jahrzehnten verschie<strong>den</strong>e Vorschriften erlassen,<br />
die dazu geführt haben, dass der Saldoüberschuss bei 5 kg<br />
P pro ha und Jahr liegt. Trotzdem gehen die Nährstoffausträge<br />
aufgrund der großen Phosphorvorräte im Bo<strong>den</strong> zu langsam<br />
zurück, um <strong>den</strong> Anforderungen der EU-Richtl<strong>in</strong>ien für die Gewässerqualität<br />
zu genügen (TROLLE et al. 2008). Generell gelten hier<br />
Maßnahmen zur weiteren Reduzierung der P-Düngung daher<br />
als uneffektiv und sehr teuer, da sie mit hohen landwirtschaftlichen<br />
Produktionskosten verbun<strong>den</strong> s<strong>in</strong>d (JENSEN et al. 2009). Vor<br />
diesem H<strong>in</strong>tergrund wur<strong>den</strong> die bisher nicht erwünschten „End<br />
of Pipe-Lösungen“ wirtschaftlich, und im Jahr 2010 begann e<strong>in</strong><br />
Forschungsprogramm zur Wirkung und Etablierung <strong>von</strong> P-Filtern<br />
und anderen reaktiven Systemen (SUPREMETECH-PROJEKT 2011).<br />
Um die zu diesem Thema vorhan<strong>den</strong>en Erfahrungen auszutauschen,<br />
fand im Mai 2011 e<strong>in</strong> Workshop im Rahmen des <strong>von</strong> der<br />
Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Projektes<br />
„Entwicklung <strong>von</strong> Strategien zur M<strong>in</strong>derung des Nährstoffaustrags<br />
dränierter, landwirtschaftlich genutzter Flächen“ <strong>in</strong> Kiel<br />
statt. Dabei wurde festgestellt, dass <strong>in</strong> Deutschland die Nutzung<br />
<strong>von</strong> <strong>Filtersystemen</strong> für <strong>den</strong> Nährstoffrückhalt als Element e<strong>in</strong>er<br />
Nährstoffm<strong>in</strong>derungsstrategie nicht ausreichend bekannt ist und<br />
deren Entwicklung und Erprobung bisher kaum gefördert wird.<br />
Daher wer<strong>den</strong> <strong>in</strong> diesem Beitrag die Ergebnisse und Erfahrungen<br />
mit <strong>Filtersystemen</strong> zusammengetragen und daraus notwendiger<br />
Forschungs- und Entwicklungsbedarf abgeleitet.<br />
2 Filtersysteme<br />
Filtersysteme können sowohl für die Rückhaltung <strong>von</strong> Stickstoffverb<strong>in</strong>dungen<br />
(z.B. SCHIPPER et al. 2010a) als auch für Phosphor-<br />
4
HW 56. 2012, H.1<br />
Holsten et al.: <strong>Potentiale</strong> für <strong>den</strong> <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong> Nährstoff-<strong>Filtersystemen</strong> … DOI 10.5675/HyWa_2012,1_1 I Fachartikel<br />
verb<strong>in</strong>dungen (DOUGLAS et al. 2004, VOHLA et al. 2011) e<strong>in</strong>gesetzt<br />
wer<strong>den</strong>. Um diese Systeme effizient zu betreiben, müssen<br />
die <strong>in</strong> ihnen wirken<strong>den</strong> Prozesse und kontrollieren<strong>den</strong> E<strong>in</strong>flussfaktoren<br />
bekannt se<strong>in</strong> (PERILLON & MATZINGER 2010).<br />
2.1 Denitrifikationssysteme<br />
E<strong>in</strong>führung<br />
Bei der Denitrifikation wird wassergelöstes Nitrat durch Bakterien<br />
zu molekularem Stickstoff umgewandelt, wenn der Sauerstoffgehalt<br />
unter 1 mg/O 2<br />
pro l liegt. E<strong>in</strong>e weitere Voraussetzung<br />
für <strong>den</strong> Ablauf der Reaktion ist neben e<strong>in</strong>em pH-Wert <strong>von</strong> 7–8<br />
die Anwesenheit <strong>von</strong> organischem Kohlenstoff, der als Elektronendonator<br />
dient.<br />
5 CH 2<br />
O + 4 NO 3 – 2 N 2<br />
+ 5 CO 2<br />
+ 3 H 2<br />
O + 4 OH –<br />
Grundsätzlich wer<strong>den</strong> die Umsatzraten <strong>von</strong> der Nitratkonzentration<br />
im Wasser, der Wasseraufenthaltszeit und der Temperatur<br />
bestimmt. Um <strong>den</strong> Prozess, der auch <strong>in</strong> natürlichen Systemen<br />
stattf<strong>in</strong>det, gezielt für <strong>den</strong> Nitratabbau e<strong>in</strong>zusetzen, wird nitratreiches<br />
Wasser durch organisches Material wie z.B. Holzhackschnitzel,<br />
Sägespäne, Stroh oder Kompost geleitet (CAMERON<br />
& SCHIPPER 2010, GREENAN et al. 2006, SCHIPPER et al. 2010b).<br />
Weitere Stickstoffverb<strong>in</strong>dungen wie Ammoniak oder organischer<br />
Stickstoff sowie Phosphor passieren das System weitgehend unverändert.<br />
Arten <strong>von</strong> Denitrifikationssystemen<br />
In der Praxis wur<strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>e Denitrifikationssysteme getestet,<br />
die sich h<strong>in</strong>sichtlich der Verfügbarkeit <strong>von</strong> Wasser, Wasserdurchflussraten<br />
und Flächenverbrauch unterschei<strong>den</strong> (Tab. 1).<br />
H<strong>in</strong>weise auf die Grenzen des Systems stammen mehrheitlich<br />
aus SCHIPPER et al. (2010a).<br />
Für e<strong>in</strong>e Vielzahl <strong>von</strong> belasteten Wässern wur<strong>den</strong> bereits unterschiedliche<br />
Filtersysteme entwickelt, wobei weitere Untersuchungen<br />
zur Optimierung der Systeme <strong>in</strong> Bezug auf die Durchströmungsrichtung<br />
und <strong>den</strong> <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong> passiven Solaranlagen<br />
zur Erhöhung der Temperatur und damit der Nitratabbauraten<br />
erprobt wur<strong>den</strong> (CAMERON & SCHIPPER 2011). Besonders <strong>in</strong>teressant<br />
s<strong>in</strong>d unterirdische Systeme wie Denitrifikationswälle, die<br />
wartungsfrei über viele Jahre wirksam s<strong>in</strong>d, wobei die Durchströmung<br />
des organischen Materials sichergestellt se<strong>in</strong> muss. Diese<br />
Systeme kommen ohne Flächenverlust und Folgekosten aus.<br />
Kohlenstoffquellen<br />
In Denitrifikationssystemen wur<strong>den</strong> bislang verschie<strong>den</strong>e organische<br />
Materialien als Kohlenstoffquelle e<strong>in</strong>gesetzt, <strong>von</strong> <strong>den</strong>en<br />
die <strong>in</strong> Deutschland leicht verfügbaren <strong>in</strong> Tabelle 2 zusammengestellt<br />
s<strong>in</strong>d. Weitere untersuchte Substanzen wie Jutepellets,<br />
Rohbaumwolle, Kokosfasern und Torf s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> größeren Mengen<br />
nicht kostengünstig zu erwerben oder, im Fall <strong>von</strong> Torf, zumeist<br />
mit anderen, negativen Umweltwirkungen verbun<strong>den</strong>.<br />
Neben der Nitratabbaurate s<strong>in</strong>d für die Auswahl der Materialien<br />
die Lebensdauer und die hydraulische Leitfähigkeit <strong>von</strong> besonderer<br />
Bedeutung. Insbesondere bei Systemen, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en ke<strong>in</strong>e<br />
Möglichkeit besteht, das organische Material zu ersetzen, hat<br />
sich die Verwendung <strong>von</strong> Holzhackschnitzeln bewährt (CAME-<br />
RON & SCHIPPER 2010, GREENAN et al. 2006, JAYNES et al. 2008,<br />
ROBERTSON et al. 2000). Es konnte gezeigt wer<strong>den</strong>, dass die<br />
Systeme m<strong>in</strong>destens 15 Jahre lang wirksam s<strong>in</strong>d (SCHIPPER et al.<br />
Tabelle 1<br />
Überblick bisher wissenschaftlich untersuchter Denitrifikationssysteme<br />
Overview of scientifically <strong>in</strong>vestigated <strong>den</strong>itrification systems<br />
Systeme Lage Wasserquelle<br />
und -weg<br />
Wälle<br />
Betten und Boxen<br />
Schichten<br />
Reaktive Gräben<br />
Grundwasser-<br />
Reaktoren<br />
Dränfilter<br />
Unterirdische<br />
vertikale Gräben,<br />
später überfahrbar<br />
Ober- und unterirdisch,<br />
aber durch empf<strong>in</strong>dliche<br />
Wasserauffangbehälter,<br />
wahrsche<strong>in</strong>lich ke<strong>in</strong>e Überfahrbarkeit<br />
Unterirdische<br />
horizontale, überfahrbare<br />
Schichten<br />
Ober- und unterirdisch <strong>in</strong><br />
vorhan<strong>den</strong>en Gräben<br />
An Oberfläche, nicht<br />
überfahrbar<br />
Ummantelungen <strong>von</strong><br />
Dränagerohren<br />
Grundwasser<br />
durchströmt <strong>den</strong> Wall<br />
horizontal<br />
Hochkonzentrierte<br />
Abflüsse, die <strong>in</strong> mit Folie<br />
ausgeschlagenen Gräben<br />
(Betten) oder Plastikbehältern<br />
(Boxen) aufgefangen<br />
wer<strong>den</strong><br />
Sickerwasser oder<br />
Verrieselung <strong>von</strong><br />
Abwässern<br />
Grabenwasser<br />
Quellige Standorte mit aufsteigendem<br />
Grundwasser<br />
Sickerwasserabflüsse durch<br />
Dränagen<br />
Grenzen des Systems<br />
Hydraulischer Gradient muss bekannt<br />
se<strong>in</strong>, Wasseraufenthaltszeit<br />
meist kurz, Abbauleistung daher<br />
eher ger<strong>in</strong>g<br />
Bei stark variieren<strong>den</strong> Zuflussraten<br />
Starkregenereignisse bei<br />
Bemessung e<strong>in</strong>beziehen, evtl.<br />
Umgehungsger<strong>in</strong>ne anlegen<br />
Verschlammung möglich, nur für<br />
Verrieselung belasteter Abwässer<br />
erfolgreich erprobt, Wasseraufenthaltszeiten<br />
eher kurz<br />
Verschlammung möglich, Starkregenereignisse<br />
<strong>in</strong> Bemessung<br />
e<strong>in</strong>beziehen<br />
Sehr lokal e<strong>in</strong>setzbar<br />
Bisher nur Kokosfaservariante<br />
im Handel erhältlich, ger<strong>in</strong>ge<br />
Wasseraufenthaltszeit, ke<strong>in</strong>e<br />
Untersuchungen zu Holzhackschnitzelschüttung<br />
Quelle = Nr. Lit.-verz.<br />
(Land)<br />
21 (CDN)<br />
26 (NZ)<br />
12 (USA)<br />
5 (AUS)<br />
1 (PL)<br />
36 (CDN)<br />
27 (NZ)<br />
21 (CDN)<br />
28 (NZ)<br />
24 (CDN)<br />
20 (D)<br />
37 (CND)<br />
6 (D)<br />
5
Fachartikel I DOI 10.5675/HyWa_2012,1_1 Holsten et al.: <strong>Potentiale</strong> für <strong>den</strong> <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong> Nährstoff-<strong>Filtersystemen</strong> …<br />
HW 56. 2012, H.1<br />
2010a). Allerd<strong>in</strong>gs wur<strong>den</strong> <strong>in</strong> der Anfangsphase wiederholt hohe<br />
Konzentrationen <strong>von</strong> gelöstem organischem Kohlenstoff (DOC)<br />
<strong>von</strong> mehreren 100 mg/l gemessen, sodass bei empf<strong>in</strong>dlichen<br />
nachfolgen<strong>den</strong> Wasserkörpern e<strong>in</strong> Vorspülen des Materials notwendig<br />
ist (ROBERTSON & CHERRY 1995, SCHIPPER et al. 2010a).<br />
Das Tränken der Holzhackschnitzel mit Sojaöl erhöht <strong>den</strong> Nitratabbau,<br />
es ist allerd<strong>in</strong>gs nicht bekannt, wie lange diese Wirkung<br />
anhält (CAMERON & SCHIPPER 2010).<br />
Der <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong> Sägespänen, die höhere Retentionsraten als<br />
Holzhackschnitzel erreichten, kann die Wasserdurchlässigkeit so<br />
weit verr<strong>in</strong>gern, dass die Systeme nicht mehr durchströmt und<br />
damit <strong>in</strong>effizient wer<strong>den</strong> (SCHIPPER et al. 2005). Leicht abbaubare<br />
Kohlenstoffquellen wie Stroh und Maiskolben wiesen hohe<br />
bis sehr hohe Retentionsraten auf, es wurde aber die Entstehung<br />
<strong>von</strong> Ammonium festgestellt, sodass die höhere Nitratabbauleistung<br />
gegen die Ammoniumbelastung sorgfältig abgewogen<br />
wer<strong>den</strong> muss (ROBERTSON et al. 2000).<br />
In <strong>den</strong> Denitrifikationssystemen wurde <strong>in</strong> verschie<strong>den</strong>en Versuchen<br />
zudem die Entstehung <strong>von</strong> Lachgas (N 2<br />
O), Kohlendioxyd<br />
(CO 2<br />
) und Methan (CH 4<br />
) gemessen. E<strong>in</strong>e Zusammenfassung der<br />
Ergebnisse f<strong>in</strong>det sich bei SCHIPPER et al. (2010a). Dabei wur<strong>den</strong><br />
ke<strong>in</strong>e be<strong>den</strong>klichen Größenordnungen festgestellt.<br />
Denitrifikationsleistungen<br />
Aus verschie<strong>den</strong>en Ländern außerhalb Europas liegen zum Teil<br />
bis zu 15-jährige Messungen der Abbauleistungen vor. E<strong>in</strong>e<br />
Zusammenstellung der Literaturangaben haben SCHIPPER et al.<br />
(2010a) veröffentlicht. In der Praxis wur<strong>den</strong> ausschließlich Sägespäne<br />
und Holzhackschnitzel verwendet, die e<strong>in</strong>e lange Lebensdauer<br />
erreichen, auch wenn andere Materialien im Labor höhere<br />
Abbauraten erzielten. Die Ergebnisse, bei <strong>den</strong>en es sich zumeist<br />
um Jahresmittelwerte handelt, wer<strong>den</strong> <strong>in</strong> Tabelle 3 zusammengefasst<br />
und ergänzt.<br />
Neben der Nitratkonzentration und der Temperatur s<strong>in</strong>d auch<br />
die Wasseraufenthaltszeit und die Porosität des organischen<br />
Materials für die Abbauleistung entschei<strong>den</strong>d. In <strong>den</strong> Denitrifikationsbetten<br />
wer<strong>den</strong> meist längere Wasseraufenthaltszeiten<br />
erreicht als beim Durchströmen der Wälle, und die Abbauleistung<br />
liegt daher oft höher. Unabhängig <strong>von</strong> <strong>den</strong> <strong>in</strong> Tabelle 3 aufgeführten<br />
Untersuchungen geben die Autoren als Spannbreiten für die<br />
Nitratabbauleistung <strong>von</strong> Wällen unter Freilandbed<strong>in</strong>gungen<br />
0,004 –1,3 kg N m –3 a –1 und für Denitrifikationsbetten 0,71–8,03 kg<br />
N m –3 a –1 an. Ger<strong>in</strong>ge Abbauleistungen wer<strong>den</strong> oftmals bei Nitratlimitierung<br />
gemessen. In <strong>den</strong> Untersuchungen <strong>in</strong> Tabelle 3 wur<strong>den</strong><br />
vorwiegend Wasseraufenthaltszeiten <strong>in</strong> der Größenordnung<br />
<strong>von</strong> Tagen betrachtet. Erreichbare Abbauleistungen bei höheren<br />
Durchflüssen, wie sie unterhalb vieler Dränsysteme auftreten,<br />
s<strong>in</strong>d Gegenstand aktueller Untersuchungen (s. auch Kapitel 3.2).<br />
2.2 Filtersysteme für Phosphor<br />
Phosphorrückhalt kann durch <strong>den</strong> physikalischen Prozess der<br />
Sedimentation, durch die geochemischen Prozesse der Sorption<br />
und Ausfällung erfolgen sowie durch Pflanzenaufnahme und<br />
biologische Immobilisierung (Torfe<strong>in</strong>lagerung) (HOFFMANN et<br />
al. 2009). Während Sedimentation und Pflanzenaufnahme meist<br />
nur kurzzeitigen temporären Phosphorrückhalt bieten, wer<strong>den</strong><br />
Sorption und Ausfällung <strong>in</strong> <strong>Filtersystemen</strong> für langfristigen<br />
Rückhalt genutzt. Sie kommen bisher meist <strong>in</strong> der Abwasserre<strong>in</strong>igung<br />
zum <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> (JENSSEN et al. 2010). E<strong>in</strong>e Übersicht über die<br />
Wirkung verschie<strong>den</strong>ster Filtermaterialien wurde <strong>von</strong> VOHLA et<br />
al. (2011) zusammengestellt. Den höchsten Phosphorrückhalt<br />
mit 420 g P kg –1 erreichten dabei <strong>in</strong>dustrielle Abfallprodukte wie<br />
Kraftwerksschlacken. Natürliche Produkte wie Opoka, e<strong>in</strong>e Geste<strong>in</strong>sart<br />
aus Südostpolen, erreichten Maxima <strong>von</strong> 40 g P kg –1 ,<br />
während künstliche Filtermaterialien 12 g P pro kg Substrat zurückhielten.<br />
Beim <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> der verschie<strong>den</strong>en Medien müssen<br />
weitere Faktoren wie die Dauer bis zur Sättigung des Materials,<br />
der Schwermetallgehalt, die lokale Verfügbarkeit und die mögliche<br />
Nutzung des angereicherten Materials als Dünger mit <strong>in</strong><br />
Erwägung gezogen wer<strong>den</strong>.<br />
3 Anwendungsbeispiele für<br />
Denitrifikationssysteme<br />
3.1 Denitrifikationswälle <strong>in</strong> Polen<br />
In Polen bef<strong>in</strong><strong>den</strong> sich noch viele punktuelle Nährstoffquellen<br />
auf kle<strong>in</strong>en Hofstellen mit etwa 25 Großviehe<strong>in</strong>heiten. Dort wird<br />
Tabelle 2<br />
Denitrifikationsleistung verschie<strong>den</strong>er organischer Materialien im Vergleich zum Wert <strong>von</strong> Holzhackschnitzeln (3,0–4,9 g N m – ³ d –1 )<br />
Denitrification rates of different organic materials <strong>in</strong> relation to wood chips (3.0–4.9 g N m – ³ d –1 )<br />
Material<br />
Denitrifikationsleistung<br />
x Mal Wert <strong>von</strong><br />
Holzhackschnitzeln<br />
Bemerkungen<br />
Holzhackschnitzel 1 Lebensdauer rechnerisch oft bis 40 Jahre<br />
Zu Beg<strong>in</strong>n DOC-Auswaschungen <strong>von</strong><br />
mehreren 100 mg/l gemessen<br />
Holzhackschnitzel mit Sojaöl 1,7 8<br />
Sägespäne 1–1,4 Hydraulische Leitfähigkeit ger<strong>in</strong>g 8<br />
Stroh 1,6–4,5 Lebensdauer ca. 1 Jahr<br />
Hydraulische Leitfähigkeit s<strong>in</strong>kt stark<br />
z.T. Ammoniumentstehung gemessen<br />
Kompost 2,1–2,6 3<br />
Maiskolben ohne Körner 3,1–6,6 Lebensdauer ca. 1 Jahr<br />
z.T. Ammoniumentstehung gemessen<br />
Pappe/Zeitungen 2,4 8<br />
Quelle = Nr. Lit.-verz.<br />
3<br />
3<br />
B. Krause (pers. Mitt.)<br />
R<strong>in</strong><strong>den</strong>mulch 2,0 B. Krause (pers. Mitt.)<br />
3<br />
6
HW 56. 2012, H.1<br />
Holsten et al.: <strong>Potentiale</strong> für <strong>den</strong> <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong> Nährstoff-<strong>Filtersystemen</strong> … DOI 10.5675/HyWa_2012,1_1 I Fachartikel<br />
Mist oft viele Jahre lang ohne e<strong>in</strong>e<br />
Abdeckung zum Grundwasser h<strong>in</strong> gelagert.<br />
Hier wer<strong>den</strong> sehr hohe Nitratwerte<br />
<strong>in</strong> unmittelbarer Nähe der Misthaufen<br />
gemessen, und Investitionen<br />
der Landwirte <strong>in</strong> andere Lagerungssysteme<br />
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> absehbarer Zeit unwahrsche<strong>in</strong>lich.<br />
Daher wurde bereits<br />
vor 5 Jahren mit e<strong>in</strong>em Demonstrationsvorhaben<br />
der Universität Lodz auf<br />
e<strong>in</strong>er Hofstelle begonnen, <strong>in</strong> dem die<br />
Wirkung <strong>von</strong> Denitrifikationswällen<br />
durch e<strong>in</strong> umfangreiches Messprogramm<br />
erprobt wurde (Abb. 1).<br />
Inzwischen wur<strong>den</strong> weitere Denitrifikationswälle<br />
gebaut. Am ersten untersuchten<br />
Standort wur<strong>den</strong> Gesamt-<br />
N-Werte <strong>von</strong> 704 mg dm –3 gemessen,<br />
wobei 228 mg dm –3 als NO 3<br />
-N vorlagen<br />
und 347 mg dm –3 als NH 4<br />
-N (BED-<br />
NAREK et al. 2010).<br />
Auf e<strong>in</strong>er Länge <strong>von</strong> 15 m wur<strong>den</strong> quer<br />
zur Fließrichtung des Grundwassers<br />
10 m³ Sägespäne <strong>in</strong> etwa 1,5 m Tiefe<br />
e<strong>in</strong>gefüllt. In Abstän<strong>den</strong> <strong>von</strong> 1 m, 3 m,<br />
5,5 m und 9,5 m vom offenen Misthaufen<br />
wur<strong>den</strong> Piezometer <strong>in</strong>stalliert und<br />
regelmäßig beprobt (Abb. 2).<br />
Tabelle 3<br />
Nitratabbauleistungen verschie<strong>den</strong>er Denitrifikationssysteme nach SCHIPPER et al. (2010a, ergänzt)<br />
Denitrification rates of different systems after SCHIPPER et al. (2010a, amended)<br />
Systeme<br />
Quelle = Nr. Lit.-verz.<br />
Wälle<br />
Organisches Material<br />
Nitrat<br />
g N m – ³<br />
Temp.<br />
°C<br />
Abbaurate<br />
g N m – ³ d – 1<br />
Abbaurate<br />
kg m – ³ a – 1<br />
22 Sägespäne 50 14 1,7 0,62<br />
26 Sägespäne 5–15 12 1,4 0,51<br />
12 Holzhackschnitzel 87 10 0,62 0,23<br />
5 Sägespäne >60 19 12,7 4,63<br />
Betten<br />
22 Holzhackschnitzel 5 10 10 3,65<br />
23 Holzabfälle 17 15 1,8 0,66<br />
23 Holzabfälle 38 15 2,4 0,88<br />
29 Sägespäne/Holzhackschnitzel 53 15–26 1,4 a 0,51<br />
29 Sägespäne/Holzhackschnitzel 5,5 14–22 0–11 0–4,01<br />
29 Sägespäne/Holzhackschnitzel 250 20 9,7 3,53<br />
Schichten<br />
22 Sägespäne 57 10 1,8 0,66<br />
Reaktiver Graben<br />
24 Holzhackschnitzel 5 8 3,2 1,17<br />
Grundwasserreaktor<br />
36 Holzhackschnitzel 9 9 2,1 0,77<br />
36 Holzhackschnitzel 13 13 3,7 1,35<br />
a = Abbaurate durch Nitratverfügbarkeit begrenzt.<br />
Die Auswertung ergab im Abstand <strong>von</strong> 5,5 m zum Misthaufen<br />
e<strong>in</strong>e Reduzierung <strong>von</strong> 87 % des Gesamt-N-Gehaltes im Strömungsverlauf,<br />
der Nitratgehalt sank um 95 % und Ammonium<br />
nahm um 77 % ab. Der Rückgang des Ammoniums wird auf<br />
Oxidation durch das sauerstoffreiche Grundwasser am Beg<strong>in</strong>n<br />
des Walles zurück geführt, später s<strong>in</strong>kt der Sauerstoffgehalt im<br />
Verlauf des Walles stark ab, und Ammoniumabbau f<strong>in</strong>det nicht<br />
mehr statt. Über und h<strong>in</strong>ter dem Wall wur<strong>den</strong> zudem Methan<br />
(CH 4<br />
), Lachgas (N 2<br />
O) und Kohlendioxid (CO 2<br />
) gemessen. Der Methangehalt<br />
lag <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Bo<strong>den</strong>tiefe <strong>von</strong> 50 cm mit Werten <strong>von</strong><br />
etwa 17 % am höchsten, <strong>in</strong> 15 cm Bo<strong>den</strong>tiefe waren es noch<br />
etwa 6 %.<br />
Die höchsten Konzentrationen <strong>von</strong> N 2<br />
O traten <strong>in</strong> 30 cm Tiefe auf.<br />
Hier wur<strong>den</strong> Werte <strong>von</strong> mehr als 350 ppm gemessen, <strong>in</strong> 15 cm Tiefe<br />
waren es jedoch nur noch 150 ppm und > 50 ppm an der Oberfläche,<br />
sodass nur ger<strong>in</strong>ge Mengen Lachgas an die Atmosphäre<br />
abgegeben wer<strong>den</strong>. Die höchsten CO 2<br />
-Konzentrationen treten <strong>in</strong><br />
Bo<strong>den</strong>tiefen <strong>von</strong> 50–70 cm auf, wo Werte <strong>von</strong> etwa 27 % gemessen<br />
wur<strong>den</strong>, an der Oberfläche waren es 3 %. Auch beim CO 2<br />
sche<strong>in</strong>t<br />
die Abgabe an die Atmosphäre ger<strong>in</strong>g und vertretbar zu se<strong>in</strong>.<br />
Die Kosten für <strong>den</strong> Bau beliefen sich auf etwa 184,– € (727,– Zloty),<br />
wobei 108,– € (427,– Zloty) für 3,5 Stun<strong>den</strong> Baggerarbeiten<br />
anfielen und 76,– € (300,– Zloty) für 10 m³ Sägespäne.<br />
Abbildung 1<br />
Errichtung des Denitrifikationswalles an e<strong>in</strong>em offenen Misthaufen<br />
Construction of a <strong>den</strong>itrification wall next to an open dung pile<br />
Abbildung 2<br />
Lage der Piezometer nach Installation des Walles<br />
Placement of the piezometers after construction of the wall<br />
7
Fachartikel I DOI 10.5675/HyWa_2012,1_1 Holsten et al.: <strong>Potentiale</strong> für <strong>den</strong> <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong> Nährstoff-<strong>Filtersystemen</strong> … HW 56. 2012, H.1<br />
Czarnoc<strong>in</strong> Reservoir<br />
Im W<strong>in</strong>ter 2010 wurde e<strong>in</strong> Tr<strong>in</strong>kwasserreservoir der Stadt Czarnoc<strong>in</strong><br />
<strong>in</strong> der Nähe <strong>von</strong> Lodz mit e<strong>in</strong>em Denitrifikationswall versehen<br />
(Abb. 3). Im zufließen<strong>den</strong> Grundwasser wer<strong>den</strong> hier Werte <strong>von</strong><br />
46,8 NO 3<br />
mg/l gemessen, punktuell waren es auch 90,8 NO 3<br />
mg/l.<br />
Messungen zur Reduktionsleistung liegen noch nicht vor.<br />
Aufgrund der oft hohen Nitratbelastung des Grundwassers s<strong>in</strong>d<br />
Denitrifikationswälle an vielen Stellen <strong>in</strong> Polen als Maßnahme zur<br />
Reduktion <strong>von</strong> Nitratwerten effektiv e<strong>in</strong>setzbar. Weitere Denitrifikationswälle,<br />
die mit Hanfstroh und Flachsresten gefüllt waren,<br />
wur<strong>den</strong> ebenfalls erfolgreich zur Reduzierung <strong>von</strong> Punktquellen<br />
auf privaten Grundstücken e<strong>in</strong>gesetzt. Die Bereitschaft, die<br />
Arbeiten auf <strong>den</strong> Hofstellen durchführen zu lassen, ist groß, da<br />
die Maßnahme ohne Flächenverluste auskommt und wartungsfrei<br />
ist, die Umsetzung wird jedoch durch fehlende f<strong>in</strong>anzielle<br />
Fördermöglichkeiten begrenzt. Denitrifikationswälle s<strong>in</strong>d auch<br />
<strong>in</strong> Deutschland für die Verm<strong>in</strong>derung der Nitratbelastung im Abstrom<br />
<strong>von</strong> Punktquellen e<strong>in</strong>setzbar.<br />
3.2 Laborversuche und reaktive Gräben im Freilandversuch<br />
des Umweltbundesamtes<br />
Die folgen<strong>den</strong> zwei Versuchsanlagen wur<strong>den</strong> im Projekt AQUI-<br />
SAFE-2 e<strong>in</strong>gerichtet, das vom Kompetenzzentrum Wasser <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />
durchgeführt und <strong>von</strong> VEOLIA EAU f<strong>in</strong>anziert wird. Das Projekt<br />
hat e<strong>in</strong>e Effizienzanalyse ausgewählter naturnaher Puffersysteme<br />
zur Verm<strong>in</strong>derung diffuser Verschmutzungen aus der Landwirtschaft<br />
zum Ziel. Dazu wur<strong>den</strong> Labor- und Versuchsger<strong>in</strong>neuntersuchungen<br />
auf dem Gelände des Umweltbundesamtes durchgeführt.<br />
Hierbei ist der E<strong>in</strong>fluss <strong>von</strong> organischen Materialien auf<br />
<strong>den</strong> Nitratrückhalt bei ger<strong>in</strong>gen hydraulischen Aufenthaltszeiten<br />
untersucht wor<strong>den</strong>. Zunächst wur<strong>den</strong> e<strong>in</strong>jährige Säulenversuche<br />
im Labor angesetzt, bei <strong>den</strong>en Stroh, R<strong>in</strong><strong>den</strong>mulch sowie e<strong>in</strong>e<br />
Mischung beider Materialien kont<strong>in</strong>uierlich mit 100 mg L –1 Nitrat<br />
und 5 mg L –1 Phosphat beschickt wur<strong>den</strong> (Tab. 4).<br />
Die Nitratreduktion lag <strong>in</strong> Strohsystemen am höchsten, R<strong>in</strong><strong>den</strong>mulch<br />
erreichte weniger als die Hälfte der Abbauleistung und<br />
e<strong>in</strong>e Komb<strong>in</strong>ation der Substrate erreichte fast die Höhe <strong>von</strong> Stroh.<br />
In Kurzzeitexperimenten wurde der E<strong>in</strong>fluss der Aufenthaltszeit<br />
getestet. Bei 50 Stun<strong>den</strong> lag die Denitrifikationsleistung des R<strong>in</strong><strong>den</strong>mulches<br />
dann genau so hoch wie beim Stroh, die Freisetzung<br />
Abbildung 3<br />
Errichtung e<strong>in</strong>es Denitrifikationswalls zum Schutz e<strong>in</strong>es Tr<strong>in</strong>kwasserreservoirs<br />
im W<strong>in</strong>ter 2010<br />
Construction of a <strong>den</strong>itrification wall to protect a dr<strong>in</strong>k<strong>in</strong>g water reservoir<br />
<strong>in</strong> w<strong>in</strong>ter 2010<br />
ungenutzten DOCs war jedoch 13-fach ger<strong>in</strong>ger. Am günstigsten<br />
erwies sich die Mischung <strong>von</strong> R<strong>in</strong><strong>den</strong>mulch und Stroh, die hohe<br />
Nitratabbauraten und ger<strong>in</strong>ge DOC-Freisetzung zeigte.<br />
In Freilandversuchen s<strong>in</strong>d im Sommer 2010 drei Denitrifikationsgräben<br />
mit e<strong>in</strong>er Mischung <strong>von</strong> Stroh und R<strong>in</strong><strong>den</strong>mulch befüllt<br />
und mit <strong>den</strong>selben Nährstoffkonzentrationen wie die Laborversuche<br />
versetzt wor<strong>den</strong>, um neben dem E<strong>in</strong>fluss der Aufenthaltszeit<br />
auch <strong>den</strong> der Temperatur zu untersuchen (Abb. 4). Im Sommer<br />
konnte auch bei 12 Stun<strong>den</strong> Wasseraufenthaltszeit e<strong>in</strong> fast<br />
vollständiger Nitratabbau beobachtet wer<strong>den</strong>, im Herbst und<br />
Frühjahr waren es 20 %. Im weiteren Verlauf des W<strong>in</strong>ters konnten<br />
aufgrund des Frostes ke<strong>in</strong>e Daten mehr erhoben wer<strong>den</strong>. Im<br />
Parallelansatz unter sonst gleichen Bed<strong>in</strong>gungen, aber e<strong>in</strong>er Aufenthaltszeit<br />
<strong>von</strong> 2 Tagen, wurde im Sommer, Herbst und Frühjahr<br />
e<strong>in</strong>e vollständige Denitrifikation erreicht (Tab. 5).<br />
Direkt nach der Befüllung der Versuchsger<strong>in</strong>ne wur<strong>den</strong> sehr<br />
hohe Werte <strong>von</strong> 900 mg L –1 DOC im Ablauf gemessen. Bei Aufenthaltszeiten<br />
<strong>von</strong> 12 Stun<strong>den</strong> bzw. 2 Tagen sanken diese Kon-<br />
Tabelle 4<br />
Nitratabbauleistungen und DOC-Freisetzung <strong>von</strong> unterschiedlichen Materialien <strong>in</strong> Laborversuchen<br />
des UBA. Mittelwerte aus e<strong>in</strong>jährigen Säulenversuchen<br />
Denitrification rates and DOC release of different materials <strong>in</strong> laboratory experiments of the<br />
UBA. Arithmetic mean from one year of column experiments<br />
Org. Material<br />
Wasseraufenthaltszeit<br />
<strong>in</strong> Stun<strong>den</strong><br />
DOC<br />
<strong>in</strong> mg l –1<br />
Nitratabbau<br />
<strong>in</strong> %<br />
Nitratabbau<br />
<strong>in</strong> mg-N m –2 d –1<br />
Stroh 4 0 55 3900<br />
10 0 83<br />
50 63 99<br />
R<strong>in</strong><strong>den</strong>mulch 4 0 22 1500<br />
10 0 27<br />
50 5 99<br />
Stroh +<br />
4 0 53 3550<br />
R<strong>in</strong><strong>den</strong>mulch<br />
10 0 87<br />
50 15 99<br />
Tabelle 5<br />
Nitratabbauleistung <strong>in</strong> reaktiven Gräben im UBA <strong>von</strong><br />
Juli 2010 bis April 2011<br />
Denitrification rates <strong>in</strong> stream-bed bioreactors <strong>in</strong> the UBA<br />
from July 2010 until April 2011<br />
Wasseraufenthaltszeit<br />
Nitrat<br />
<strong>in</strong> mg NO 3<br />
l –1<br />
Temp.<br />
<strong>in</strong> °C<br />
Abbaurate<br />
<strong>in</strong> %<br />
48 Stun<strong>den</strong> 100 25 100<br />
100 7 100<br />
100 5 100<br />
12 Stun<strong>den</strong> 100 25 98<br />
100 7 20<br />
100 5 20<br />
8
HW 56. 2012, H.1<br />
Holsten et al.: <strong>Potentiale</strong> für <strong>den</strong> <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong> Nährstoff-<strong>Filtersystemen</strong> … DOI 10.5675/HyWa_2012,1_1 I Fachartikel<br />
Abbildung 4<br />
Reaktiver Graben auf dem UBA-Gelände mit Stroh und R<strong>in</strong><strong>den</strong>mulch vor<br />
Abdeckung mit e<strong>in</strong>er schwarzen Plane<br />
Stream-bed bioreactor on the UBA ground with straw and wood bark chips<br />
before <strong>in</strong>stallation of a black plastic cover<br />
zentrationen <strong>in</strong>nerhalb <strong>von</strong> 20 bzw. 50 Tagen auf unter 10 mg<br />
L –1 . Nach der W<strong>in</strong>terstagnation wur<strong>den</strong> erneut kurzzeitig erhöhte<br />
Werte <strong>von</strong> ca. 150 mg DOC L –1 gemessen, die nach 2 Wochen aber<br />
wieder die Durchschnittswerte vom Herbst <strong>von</strong> weniger als 5 mg<br />
L –1 erreicht hatten.<br />
Die Mischung <strong>von</strong> Stroh und R<strong>in</strong><strong>den</strong>mulch hat sich als besonders<br />
günstige Kohlenstoffquelle für Denitrifikationssysteme mit<br />
ger<strong>in</strong>gen Aufenthaltszeiten erwiesen. Auch bei 5 °C fand noch<br />
e<strong>in</strong> messbarer Nitratabbau statt, wobei die im Versuch e<strong>in</strong>gesetzten<br />
100 mg NO 3<br />
L –1 an Dränwasser angelehnt s<strong>in</strong>d und mehr als<br />
doppelt so hoch wie <strong>in</strong> <strong>den</strong> meisten Oberflächengewässern se<strong>in</strong><br />
dürften.<br />
3.3 Reaktiver Infiltrationsgraben und künstliche<br />
Feuchtgebiete <strong>in</strong> Frankreich<br />
Im Projekt AQUISAFE-2 wurde neben <strong>den</strong> Versuchen im UBA e<strong>in</strong>e<br />
Anlage <strong>in</strong> Frankreich <strong>in</strong>stalliert. In dem <strong>in</strong>tensiv landwirtschaftlich<br />
genutzten E<strong>in</strong>zugsgebiet des Ic <strong>in</strong> der Bretagne liegen die Nitratkonzentrationen<br />
<strong>in</strong> <strong>den</strong> Oberflächengewässern meist über 50 mg<br />
L –1 . Im Herbst 2010 wurde e<strong>in</strong> Infiltrationsgraben angelegt, der <strong>in</strong><br />
Wechsellagen mit Kies und Holzhackschnitzeln verfüllt wor<strong>den</strong><br />
ist (Abb. 5, Abb. 6). Dabei handelt es sich um<br />
e<strong>in</strong>e spezielle Form des reaktiven Grabens.<br />
Die Holzhackschnitzelschicht <strong>von</strong> etwa 30 cm<br />
bef<strong>in</strong>det sich im oberen Drittel der Verfüllung.<br />
Im Zulaufschacht ist e<strong>in</strong> Strohballen<br />
als Kohlenstoffquelle e<strong>in</strong>gebracht wor<strong>den</strong>.<br />
In Zulauf und Ablauf wer<strong>den</strong> kont<strong>in</strong>uierlich<br />
Wasserstände gemessen, im Zulauf zudem<br />
die Fließgeschw<strong>in</strong>digkeit. Über Ventile im<br />
Ablauf kann der Wasserstand und somit die<br />
Aufenthaltszeit des Wassers im Graben reguliert<br />
wer<strong>den</strong>. Anhand <strong>von</strong> regelmäßigen<br />
Probennahmen wer<strong>den</strong> Nährstoffkonzentrationen<br />
gemessen.<br />
Die Probennahmen und Durchflussmessungen<br />
laufen seit Januar 2011. Erste Ergebnisse<br />
zeigen e<strong>in</strong>en Nitratabbau <strong>von</strong> ca. 10 %<br />
bei knapp 7 °C. Die ger<strong>in</strong>ge Abbauleistung wird auf die niedrigen<br />
Temperaturen zurückgeführt. Außerdem war der Betrieb des Grabens<br />
erst für kurze Zeit so e<strong>in</strong>gestellt, dass die <strong>den</strong>itrifizierende<br />
Holzhackschnitzelschicht permanent wassergesättigt war. Aufgrund<br />
ausbleibender Niederschläge besteht seit Ende Februar<br />
2011 ke<strong>in</strong> Abfluss im Grabensystem für weitere Messungen. Bei<br />
wieder e<strong>in</strong>setzendem Abfluss wird das zweiwöchentliche Monitor<strong>in</strong>g<br />
bis Sommer 2012 fortgesetzt.<br />
Bereits im Frühl<strong>in</strong>g 2010 wur<strong>den</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em weiteren Teile<strong>in</strong>zugsgebiet<br />
des Ic zwei parallel geschaltete künstliche Feuchtgebiete<br />
mit reaktiven Schichten angelegt, um e<strong>in</strong>en direkten Vergleich<br />
unterschiedlicher Systeme zu ermöglichen. Es handelt sich um<br />
e<strong>in</strong> Infiltrationsfeuchtgebiet mit Dränagen und e<strong>in</strong> Oberflächenfeuchtgebiet.<br />
Aus der Literatur liegen bisher ke<strong>in</strong>e Untersuchungen<br />
e<strong>in</strong>es vergleichbaren Systems mit nicht reguliertem Zufluss<br />
vor. Von der Wirkungsweise entspricht die Anlage e<strong>in</strong>er Komb<strong>in</strong>ation<br />
<strong>von</strong> Denitrifikationsschicht und -bett. Beide Feuchtgebiete<br />
wur<strong>den</strong> mit e<strong>in</strong>er humushaltigen Bo<strong>den</strong>mischung als<br />
Kohlenstoffquelle befüllt. Für beide Feuchtgebiete liegen für das<br />
Jahr 2011 Probennahmen bis Mitte März vor. E<strong>in</strong>e Denitrifikationsleistung<br />
im Oberflächenfeuchtgebiet <strong>von</strong> 16 % konnte im<br />
März gemessen wer<strong>den</strong>.<br />
E<strong>in</strong>e Bewertung der tatsächlichen Effizienz der drei Denitrifikationssysteme<br />
kann erst aufgrund weiterer Beobachtungen des<br />
Abflussgeschehens und der Nährstoffgehalte im Jahresgang<br />
erfolgen.<br />
3.4 Reaktiver Graben im E<strong>in</strong>zugsgebiet der Kielstau,<br />
Schleswig-Holste<strong>in</strong><br />
Im E<strong>in</strong>zugsgebiet der Kielstau wurde im Sommer 2010 e<strong>in</strong> bestehender<br />
Graben auf etwa 20 m Länge mit Holzhackschnitzeln<br />
befüllt (Abb. 7).<br />
Es wur<strong>den</strong> Holzrahmen und Drahtgeflechte verwendet, um e<strong>in</strong><br />
Ausschwemmen der Holzstücke zu verh<strong>in</strong>dern. Um bei Starkregenereignissen<br />
ke<strong>in</strong> Überschwemmen der angrenzen<strong>den</strong> Fläche<br />
zu verursachen, wurde der Graben bis etwa 40 cm unterhalb der<br />
Grünlandsohle befüllt, sodass bei Hochwasser e<strong>in</strong> Überströmen<br />
der Holzhackschnitzel erfolgt (Abb. 8).<br />
Im Herbst 2010 und W<strong>in</strong>ter 2010/2011 kam es zu mehreren<br />
Hochwasserereignissen, bei <strong>den</strong>en e<strong>in</strong> Überströmen der befüll-<br />
Abbildung 5<br />
Längsschnitt durch <strong>den</strong> mit Kies und Holzhackschnitzeln verfüllten Infiltrationsgraben mit<br />
regulierbarem Ablauf<br />
Longitud<strong>in</strong>al cut through the gravel and wood chip filled <strong>in</strong>filtration ditch with adjustable outflow<br />
9
Fachartikel I DOI 10.5675/HyWa_2012,1_1 Holsten et al.: <strong>Potentiale</strong> für <strong>den</strong> <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong> Nährstoff-<strong>Filtersystemen</strong> … HW 56. 2012, H.1<br />
ten Holzhackschnitzelstrecke beobachtet wurde, die angrenzende<br />
Fläche jedoch trocken blieb. Somit bestand ke<strong>in</strong>e direkte<br />
negative Auswirkung auf die angrenzen<strong>den</strong> landwirtschaftlichen<br />
Flächen. Aus diesem Grund wird der gewählte Überströmungsansatz<br />
als praxistauglich angesehen.<br />
Für <strong>den</strong> Herbst konnte vor Beg<strong>in</strong>n der Holzhackschnitzelstrecke<br />
e<strong>in</strong>e mittlere NO 3<br />
-N-Konzentration <strong>von</strong> 8 mg/l verzeichnet<br />
wer<strong>den</strong>. Nach der Filterstrecke betrug die NO 3<br />
-N-Konzentration<br />
5 mg/l. Dabei ist zu beachten, dass das Filtersystem mehrmals<br />
überströmt wurde und somit e<strong>in</strong> Anteil des Abflusses die Filterstrecke<br />
nicht passierte. Trotzdem konnte e<strong>in</strong>e mittlere Abnahme<br />
der NO 3<br />
-N-Konzentration <strong>von</strong> rund 40 % dokumentiert<br />
wer<strong>den</strong>. Im W<strong>in</strong>ter fiel die Abnahme mit etwa 1 mg NO 3<br />
-N l –1 h<strong>in</strong>gegen<br />
weitaus ger<strong>in</strong>ger aus. Im bisher ausgewerteten Frühl<strong>in</strong>g<br />
wurde wieder e<strong>in</strong>e höhere Abnahme <strong>von</strong> etwa 2 mg NO 3<br />
-N l –1<br />
beobachtet.<br />
Abbildung 6<br />
Fertiggestellter reaktiver Infiltrationsgraben im Herbst 2010 im<br />
Ic-E<strong>in</strong>zugsgebiet <strong>in</strong> Frankreich<br />
Reactive <strong>in</strong>filtration ditch <strong>in</strong> autumn 2010 <strong>in</strong> the catchment of the Ic <strong>in</strong><br />
France<br />
Aus <strong>den</strong> bisherigen Ergebnissen lässt sich folgern, dass die gewünschte<br />
Abnahme der NO 3<br />
-N-Konzentration nach der Filterstrecke<br />
e<strong>in</strong>tritt. Dennoch besteht weiterer Forschungsbedarf, um die<br />
Denitrifikation als Hauptre<strong>in</strong>igungsmechanismus zu i<strong>den</strong>tifizieren<br />
und zu bestätigen. Darüber h<strong>in</strong>aus muss <strong>in</strong> weiteren Untersuchungen<br />
festgestellt wer<strong>den</strong>, welchen E<strong>in</strong>fluss Mischungseffekte<br />
aus seitlich zufließendem Grundwasser oder der Rückstau aus<br />
dem Vorfluter haben können.<br />
Grundsätzlich sollte beachtet wer<strong>den</strong>, dass das Verfüllen <strong>von</strong> bestehen<strong>den</strong><br />
Gräben nur mit e<strong>in</strong>em wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren<br />
durchgeführt wer<strong>den</strong> kann. Vor e<strong>in</strong>er möglichen<br />
Übertragung solcher Systeme auf größere Landschaftse<strong>in</strong>heiten<br />
muss daher auch die Rechtslage geklärt wer<strong>den</strong>.<br />
Abbildung 7<br />
Reaktiver Graben im E<strong>in</strong>zugsgebiet der Kielstau (Schleswig-Holste<strong>in</strong>) im<br />
Sommer 2010<br />
Stream-bed bioreactor <strong>in</strong> the Kielstau catchment (Schleswig-Holste<strong>in</strong>) <strong>in</strong><br />
summer 2010<br />
3.5 Dränfilter<br />
Dränrohre dienen vor allem der Entwässerung <strong>von</strong> Bö<strong>den</strong>. Um<br />
<strong>den</strong> Wasserabfluss zu beschleunigen und die Verschlämmung<br />
der Rohre zu verh<strong>in</strong>dern, wer<strong>den</strong> sie üblicherweise mit Kokos,<br />
Stroh oder Polypropylen ummantelt (sogenannte Dränfilter).<br />
Diese Systeme können zusätzlich für <strong>den</strong> Nitratabbau e<strong>in</strong>gesetzt<br />
wer<strong>den</strong>, sofern sich möglichst wassergesättigte Bed<strong>in</strong>gungen<br />
am Dränrohr e<strong>in</strong>stellen lassen. Voraussetzung s<strong>in</strong>d geeignete<br />
organische Filtermaterialien. Besonders s<strong>in</strong>nvoll s<strong>in</strong>d organische<br />
Dränfilter auf Flächen, die <strong>von</strong> Natur aus wenig organische Substanz<br />
im Untergrund aufweisen. Grundsätzlich s<strong>in</strong>d Dränfilter auf<br />
allen dränierten Flächen e<strong>in</strong>setzbar.<br />
In Laborexperimenten wur<strong>den</strong> unterschiedlich langlebige Materialien<br />
<strong>in</strong> Dränkästen mit e<strong>in</strong>stellbaren Wasserstän<strong>den</strong> untersucht.<br />
Die gewonnenen Ergebnisse sollen die Auswahl <strong>von</strong> geeigneten<br />
Materialien und Randbed<strong>in</strong>gungen für Geländeversuche e<strong>in</strong>grenzen<br />
und erleichtern. Von besonderem Interesse war dabei<br />
der <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong> Xylit (Abb. 9). Dieses unvollständig <strong>in</strong>kohlte Pflanzenmaterial<br />
fällt bei der Braunkohlegew<strong>in</strong>nung an und wird als<br />
sehr langlebig angesehen. Es weist e<strong>in</strong> sehr weites C/N-Verhältnis<br />
und e<strong>in</strong>en höheren Anteil an langfristig verfügbaren Kohlenstofffraktionen<br />
als Kokos oder Stroh auf (HÖPER et al. 2008).<br />
Abbildung 8<br />
Überflutungssituation nach e<strong>in</strong>em Starkregenereignis im Herbst 2011<br />
Flood situation after heavy ra<strong>in</strong> <strong>in</strong> autumn 2011<br />
In e<strong>in</strong>em frostfrei gehaltenen Gewächshaus wur<strong>den</strong> sogenannte<br />
Dränkästen aufgestellt: 0,6 m³ große Metallkästen, <strong>in</strong> die das<br />
ummantelte Dränrohr e<strong>in</strong>gebaut wird. Als Füllmaterial wurde humusarmer<br />
Sand (C org<br />
0,18 %) verwendet. Der Wasserstand konnte<br />
sowohl unterhalb (WS1) als auch oberhalb (WS2) der Dränrohre<br />
10
HW 56. 2012, H.1<br />
Holsten et al.: <strong>Potentiale</strong> für <strong>den</strong> <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong> Nährstoff-<strong>Filtersystemen</strong> … DOI 10.5675/HyWa_2012,1_1 I Fachartikel<br />
Abbildung 9<br />
Mit Xylit ummanteltes Dränrohr<br />
Dra<strong>in</strong> pipe with xylit layer<br />
Abbildung 10<br />
Abgebauter NO 3<br />
-Anteil an der <strong>in</strong>sgesamt zugeführten NO 3<br />
-N-Menge<br />
(~ 12.500 mg NO 3<br />
-N) <strong>in</strong>nerhalb <strong>von</strong> 727 Tagen<br />
Proportion of nitrate removal compared to the added amount of nitrate<br />
(~ 12,500 mg NO 3<br />
-N) after 727 days<br />
e<strong>in</strong>gestellt wer<strong>den</strong> (vgl. FIER et al. 2009), um e<strong>in</strong> aerobes bzw.<br />
anaerobes Milieu am Dränrohr zu erzeugen. Als Ummantelung<br />
wurde e<strong>in</strong> Gemisch aus Xylit und Kokosfasern (XyKo), Kokos und<br />
Polypropylen (PP, ursprünglich gedacht als Bl<strong>in</strong>dprobe) e<strong>in</strong>gesetzt.<br />
Stroh wurde ausgeschlossen, da es im Bo<strong>den</strong> schon nach<br />
kurzer Zeit vollständig abgebaut wird. Im 4-Wochenrhythmus<br />
wur<strong>den</strong> die Kästen mit künstlichem Regenwasser, angereichert<br />
mit 20 mg NO 3<br />
-N l –1 , beregnet und das verdrängte Wasser analysiert.<br />
Bei <strong>den</strong> Naturmaterialien Xylit und Kokos, <strong>in</strong> Re<strong>in</strong>form oder<br />
im Gemisch, wurde bei hohen Wasserstän<strong>den</strong> e<strong>in</strong> Nitratabbau<br />
zwischen 37 % und 51 % <strong>in</strong>nerhalb <strong>von</strong> 727 Tagen beobachtet<br />
(Abb. 10).<br />
Bei niedrigen Wasserstän<strong>den</strong> lag der Abbau bei 21 % bis 25 %.<br />
Der PP-Filter zeigte im Versuch erstaunlich hohe Abbauraten, da<br />
das Material unerwartet auch Wollfasern enthielt. Die Wollfasern<br />
führten zu hoher Nitratreduktion bei gleichzeitiger Ammoniumbildung.<br />
Auch andere Autoren berichten dies für leicht abbaubare<br />
Kohlenstoffquellen (s. Kapitel 2.1). Wird unterstellt, dass die<br />
im Abfluss gemessene Ammoniummenge zu 100 % aus dem zugeführten<br />
Nitrat gebildet wurde, wur<strong>den</strong> 56 % des zugeführten<br />
Stickstoffs tatsächlich <strong>den</strong>itrifiziert, 30 % wur<strong>den</strong> ammonifiziert.<br />
Aufgrund der Ammoniumproblematik s<strong>in</strong>d Wollfasern als Filtermaterial<br />
wenig geeignet.<br />
Kokosfasern erzielen hohe Abbauraten, bauen sich im Bo<strong>den</strong><br />
aber schneller ab als Xylitfasern. Da e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> <strong>den</strong> Bo<strong>den</strong> e<strong>in</strong>ge-<br />
brachte Dränfilter nicht ausgetauscht wer<strong>den</strong> können, wird die<br />
Komb<strong>in</strong>ation aus Xylit und Kokos für Feldversuche vorgeschlagen.<br />
Das garantiert gute Abbauleistung und e<strong>in</strong>e hohe Langlebigkeit<br />
des Filters. Ob sich die im Labor gewonnenen Ergebnisse<br />
auch unter Feldbed<strong>in</strong>gungen wiederholen lassen, wurde bislang<br />
noch nicht untersucht.<br />
Die Materialkosten für e<strong>in</strong>en Mischfilter (Xylit + Kokos) liegen bei<br />
etwa 1 €/m und damit nur unwesentlich über <strong>den</strong> bereits im Handel<br />
bef<strong>in</strong>dlichen, kokosummantelten Dränrohren mit 0,88 €/m.<br />
Da e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche Wasserbedeckung die Effizienz des Filters<br />
entschei<strong>den</strong>d steigert, ist e<strong>in</strong>e Verwendung auf dränierten<br />
Flächen mit regulierbaren Wasserstän<strong>den</strong> zweckmäßig (Abb. 11).<br />
In ebenen Gebieten, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en Dränagen erneuert wer<strong>den</strong> müssten,<br />
ist der E<strong>in</strong>bau solcher Kontrollsysteme auch zur Abmilderung<br />
<strong>von</strong> Wassermangelsituationen im Sommerhalbjahr s<strong>in</strong>nvoll.<br />
Im Gegensatz zu Deutschland s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>den</strong> USA solche Systeme<br />
verbreitet im <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> und können auch ohne Dränfilter bereits<br />
zu e<strong>in</strong>er Reduzierung des Nitrataustrags führen (LALONDE et al.<br />
1996, SADEGHI et al. 2008).<br />
Fazit<br />
Die vorliegen<strong>den</strong> Untersuchungen zeigen, dass etwa 1 m breite<br />
Denitrifikationswälle, wie sie <strong>in</strong> Polen erprobt wur<strong>den</strong>, <strong>in</strong><br />
ihrer technischen Umsetzung als praxisreif angesehen wer<strong>den</strong><br />
können. Generell können nährstoffsensible Gewässer und Vegetationstypen<br />
durch solche Wälle vor Stoffe<strong>in</strong>trägen geschützt<br />
Abbildung 11<br />
Beispielskizze für kontrollierte Dränung – an e<strong>in</strong>em Kontrollschacht am Dränauslass kann der Wasserstand aktiv reguliert wer<strong>den</strong>.<br />
Sketch of a controlled dra<strong>in</strong>age system – the water table may be regulated at the outlet.<br />
11
Fachartikel I DOI 10.5675/HyWa_2012,1_1 Holsten et al.: <strong>Potentiale</strong> für <strong>den</strong> <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong> Nährstoff-<strong>Filtersystemen</strong> …<br />
HW 56. 2012, H.1<br />
wer<strong>den</strong>. Weitere <strong>E<strong>in</strong>satz</strong>möglichkeiten <strong>in</strong> der Landschaft gilt es<br />
aufgrund <strong>von</strong> Anströmverhältnissen und Nitratkonzentrationen<br />
zu spezifizieren. Reaktive Gräben können als nahezu praxisreif<br />
angesehen wer<strong>den</strong>. Sie sollten mit E<strong>in</strong>richtungen zur Regulierung<br />
der Wasserstände versehen wer<strong>den</strong>, wobei die technische<br />
Entwicklung solcher komb<strong>in</strong>ierter Anlagen als noch nicht abgeschlossen<br />
gelten muss. Ihr <strong>E<strong>in</strong>satz</strong>bereich kann Teilbereiche<br />
<strong>von</strong> allen hoch belasteten kle<strong>in</strong>en Gräben ohne Vorkommen<br />
<strong>von</strong> geschützten Pflanzen- und Tierarten umfassen, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en<br />
die Durchgängigkeit des Gewässers nicht berücksichtigt wer<strong>den</strong><br />
muss. Bei der Entwicklung <strong>von</strong> Dränfiltern ist die Praxisreife noch<br />
nicht gegeben. Aufgrund der generellen E<strong>in</strong>setzbarkeit auf allen<br />
dränierten Flächen s<strong>in</strong>d Demonstrationsanlagen unter Freilandbed<strong>in</strong>gungen<br />
zu erproben.<br />
4 Filtersysteme für Phosphor<br />
In Dänemark wurde 2010 vor dem H<strong>in</strong>tergrund wesentlicher<br />
Nährstoffausträge über das Dränwasser (KRONVANG et al. 2005)<br />
das SupremeTech-Projekt (http://www.supremetech.dk/SUPRE-<br />
METECH.htm) begonnen, um die wissenschaftliche Grundlage für<br />
die Entwicklung <strong>von</strong> Filtertechnologien für e<strong>in</strong>e kostengünstige<br />
Phosphorretention, aber auch Denitrifikation <strong>in</strong> Dränwässern zu<br />
schaffen. Dieses geschieht anhand <strong>von</strong> zwei unterschiedlichen<br />
<strong>Filtersystemen</strong>, M<strong>in</strong>i-Feuchtgebieten und Kompaktfiltern. Dabei<br />
wer<strong>den</strong> jeweils Aspekte wie die Funktion, Effektivität und Lebensdauer<br />
verschie<strong>den</strong>er Filtermaterialien sowie die Leistungsfähigkeit<br />
der Systeme bei relativ ger<strong>in</strong>gen Phosphorkonzentrationen<br />
im Dränwasser und stark schwanken<strong>den</strong> Strömungsverhältnissen<br />
systematisch <strong>in</strong> Laborversuchen und Pilotanlagen analysiert.<br />
Die Ergebnisse dieser Forschung wer<strong>den</strong> zusammen mit <strong>den</strong>en<br />
e<strong>in</strong>er Kosten-Nutzen-Analyse und der Entwicklung <strong>von</strong> Modellen<br />
als Planungshilfe für die Anlage und Dimensionierung <strong>von</strong> <strong>Filtersystemen</strong><br />
dienen.<br />
Trotz der verbreiteten Nutzung <strong>von</strong> künstlichen M<strong>in</strong>i-Feuchtgebieten<br />
zur Reduktion <strong>von</strong> Nährstoffe<strong>in</strong>trägen <strong>in</strong> Oberflächengewässer<br />
ist der Mangel an Information über die Effektivität dieser<br />
Systeme unter schwanken<strong>den</strong> Strömungsverhältnissen und<br />
Nährstoffbelastungen überraschend. Daher untersucht das Su-<br />
Abbildung 12<br />
E<strong>in</strong>bau <strong>von</strong> Kompaktfiltern zur Phosphorretention im Dränwasser <strong>in</strong><br />
Dänemark<br />
Installation of compact filters to reduce phosphorus <strong>in</strong> the dra<strong>in</strong>age water<br />
<strong>in</strong> Denmark<br />
premeTech-Projekt, ähnlich wie <strong>in</strong> <strong>den</strong> oben beschriebenen Denitrifikationssystemen,<br />
künstliche M<strong>in</strong>i-Feuchtgebiete mit entweder<br />
horizontaler Strömung durch die Matrix oder <strong>in</strong> offenen<br />
Ger<strong>in</strong>nen. Der andere Schwerpunkt des Projektes ist die Entwicklung<br />
und Untersuchung <strong>von</strong> Kompaktfiltern für Phosphor (Abb.<br />
12), die als austauschbare Filtere<strong>in</strong>sätze <strong>in</strong> Dränbrunnen <strong>in</strong>stalliert<br />
wer<strong>den</strong> und <strong>von</strong> <strong>den</strong>en man sich verspricht, dass sie wartungsfreundlicher<br />
und weniger flächen<strong>in</strong>tensiv s<strong>in</strong>d als Feuchtgebiete.<br />
Als Fortsetzung dieser grundlagenorientierten Forschung untersucht<br />
e<strong>in</strong> Anschlussprojekt seit 2011 Aspekte der Implementierung<br />
verschie<strong>den</strong>er Filtertechnologien unter Berücksichtigung<br />
<strong>von</strong> variieren<strong>den</strong> Austragspotentialen <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zugsgebieten.<br />
In Norddeutschland s<strong>in</strong>d die Phosphorkonzentrationen der<br />
meisten Oberflächengewässer ebenfalls zu hoch (FUCHS et al.<br />
2010, UBA 2011); die <strong>in</strong> Dänemark erlangten Erkenntnisse über<br />
Dränfilter zu Verm<strong>in</strong>derung der Phosphat-Konzentrationen sollten<br />
daher auf ihre Übertragbarkeit <strong>in</strong>s norddeutsche Tiefland h<strong>in</strong><br />
überprüft wer<strong>den</strong>.<br />
5 Handlungsbedarf und Empfehlungen<br />
für die E<strong>in</strong>führung <strong>von</strong> <strong>Filtersystemen</strong><br />
In Deutschland besteht e<strong>in</strong> erheblicher Bedarf, die Nährstoffe<strong>in</strong>träge<br />
<strong>in</strong> Grund- und Oberflächengewässer zu senken, um die<br />
Umweltziele diverser europäischer Richtl<strong>in</strong>ien zu erreichen. Aus<br />
<strong>den</strong> Erfahrungen mit der bisherigen Umsetzung <strong>von</strong> Nährstoffm<strong>in</strong>derungsprogrammen<br />
ist bekannt, dass nicht e<strong>in</strong>e Maßnahme<br />
alle<strong>in</strong>e zum Ziel führen wird, sondern e<strong>in</strong> Maßnahmenbündel<br />
erforderlich ist. Bisher konzentrieren sich <strong>in</strong> Deutschland Maßnahmen<br />
zur M<strong>in</strong>derung der Nährstoffausträge auf die Verr<strong>in</strong>gerung<br />
der punktuellen Stoffe<strong>in</strong>träge und auf die Verr<strong>in</strong>gerung der<br />
diffusen E<strong>in</strong>träge. Erstere setzen vor allem an <strong>den</strong> Kläranlagen an,<br />
Letztere versuchen durch Änderungen der landwirtschaftlichen<br />
Praxis die Nährstoffausnutzungseffizienz zu verbessern und damit<br />
die Belastungen durch Stoffausträge für die Umwelt zu verr<strong>in</strong>gern.<br />
Erfahrungen aus Dänemark belegen heute schon, dass diese<br />
bei<strong>den</strong> Ansätze nicht ausreichen wer<strong>den</strong>, um <strong>in</strong>sbesondere die<br />
Stoffe<strong>in</strong>träge <strong>in</strong> Oberflächengewässer und damit die Ziele des<br />
Meeresschutzes und der Wasserrahmenrichtl<strong>in</strong>ie zu erreichen.<br />
Modellierungen <strong>von</strong> zwei E<strong>in</strong>zugsgebieten <strong>in</strong> Deutschland haben<br />
ebenfalls ergeben, dass der Reduzierungsbedarf für Stickstoff<br />
lokal höher liegt, als er mit bekannten landwirtschaftlichen<br />
Reduzierungsmaßnahmen erreicht wer<strong>den</strong> kann (KUHR et al.<br />
2011). Hierfür s<strong>in</strong>d Maßnahmen zielführend, die <strong>den</strong> Stoffrückhalt<br />
während der Passage zum Wasserkörper oder im Wasserkörper<br />
fördern. In diesem Zusammenhang kommt <strong>Filtersystemen</strong> e<strong>in</strong>e<br />
große Bedeutung zu. Filtersysteme nutzen natürliche Prozesse für<br />
<strong>den</strong> Stoffrückhalt. Ihr Spektrum reicht <strong>von</strong> der Wiederherstellung<br />
natürlicher Feuchtgebiete über künstliche Feuchtgebiete wie<br />
Dränteiche oder Infiltrationsgräben bis h<strong>in</strong> zu speziellen technischen<br />
Filtern, die z.B. <strong>in</strong> Dränsammlern e<strong>in</strong>gesetzt wer<strong>den</strong> können.<br />
Aus der Literatur ist bekannt, dass alle diese Maßnahmen grundsätzlich<br />
zur Stoffrückhaltung geeignet s<strong>in</strong>d. Die Wiederherstellung<br />
<strong>von</strong> natürlichen Feuchtgebieten wird bereits als geeignete<br />
Maßnahme <strong>in</strong> der Wasserrahmenrichtl<strong>in</strong>ie angesehen, und<br />
e<strong>in</strong>ige Bundesländer haben hierfür bereits spezielle Förderprogramme<br />
aufgelegt (Schleswig-Holste<strong>in</strong>: TREPEL 2007; Mecklenburg-Vorpommern:<br />
MLUV 2009). Obwohl Synergien zum Natur-,<br />
12
HW 56. 2012, H.1<br />
Holsten et al.: <strong>Potentiale</strong> für <strong>den</strong> <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong> Nährstoff-<strong>Filtersystemen</strong> … DOI 10.5675/HyWa_2012,1_1 I Fachartikel<br />
Klima- und vorbeugen<strong>den</strong> Hochwasserschutz bestehen (GRETT<br />
2011), wird <strong>in</strong> der Praxis die Umsetzung dieser Maßnahme aufgrund<br />
des hohen Flächendrucks für andere landwirtschaftliche<br />
Nutzungen erschwert. Daher ist es erforderlich, weitere Maßnahmen<br />
zu erproben, die bei ger<strong>in</strong>gem Flächenverbrauch zufließende<br />
Nährstoffe wirksam zurückhalten können.<br />
In Deutschland wird dieses Thema bislang <strong>von</strong> verschie<strong>den</strong>en<br />
Instituten bearbeitet, aber e<strong>in</strong>e Vernetzung der vorliegen<strong>den</strong><br />
Erfahrungen ist bisher nicht gegeben. Die f<strong>in</strong>anzielle Ausstattung<br />
dieser Forschungsvorhaben ist nicht ausreichend, um<br />
diese erfolgversprechen<strong>den</strong> Maßnahmen mittelfristig <strong>in</strong> die<br />
Praxisreife zu überführen. E<strong>in</strong> Grund für die fehlende Förderung<br />
dieser Maßnahmen ist die fehlende politische Akzeptanz für<br />
diese sogenannten „End of pipe“-Ansätze. Die Entwicklung und<br />
Etablierung <strong>von</strong> <strong>Filtersystemen</strong> kann und soll landwirtschaftliche<br />
Bemühungen, die Stickstoff- und Phosphoreffizienz zu<br />
verbessern, nicht ersetzen. Sie ist aber e<strong>in</strong> ergänzendes Element<br />
e<strong>in</strong>er modernen Nährstoffm<strong>in</strong>derungsstrategie <strong>in</strong> Landschaften,<br />
<strong>in</strong> <strong>den</strong>en aufgrund natürlicher Gegebenheiten Stoffausträge<br />
selbst bei bester fachlicher Praxis nicht <strong>in</strong> ausreichender Höhe<br />
vermeidbar s<strong>in</strong>d.<br />
6 Zusammenfassung<br />
Der <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong> Denitrifikationssystemen und P-Filtern wird<br />
zurzeit <strong>in</strong> verschie<strong>den</strong>en Untersuchungen zur Reduzierung der<br />
Nitrat- und Phosphorausträge aus landwirtschaftlichen Flächen<br />
e<strong>in</strong>gesetzt. Auch wenn <strong>in</strong> Deutschland zweifellos e<strong>in</strong> weiteres<br />
E<strong>in</strong>sparpotential bei der Düngung besteht, das ohne Ertragse<strong>in</strong>bußen<br />
umgesetzt wer<strong>den</strong> kann, sollten angesichts der Dr<strong>in</strong>glichkeit<br />
des Problems nachgeordnete Maßnahmen wie Filtersysteme<br />
geprüft wer<strong>den</strong>. Der <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> solcher Systeme wird zurzeit<br />
noch durch die e<strong>in</strong>geschränkte Praxisreife begrenzt, wobei sich<br />
die N- und P-Filtersysteme unterschei<strong>den</strong>. Die Praxisreife der P-<br />
Filtersysteme ist noch nicht gegeben, sodass hier zunächst die<br />
Entwicklung geeigneter Systeme im Vordergrund steht. Denitrifikationssysteme<br />
s<strong>in</strong>d grundsätzlich weiter entwickelt, es besteht<br />
aber weiterer Optimierungsbedarf zur I<strong>den</strong>tifikation s<strong>in</strong>nvoller<br />
<strong>E<strong>in</strong>satz</strong>möglichkeiten unter Berücksichtigung der Nährstoffkonzentrationen<br />
im Zulauf, <strong>den</strong> Wasseraufenthaltszeiten, der Durchflussdynamik<br />
und unerwünschter Nebenprodukte im Ablauf. E<strong>in</strong><br />
zentrales Ergebnis des <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>leitung genannten Workshops<br />
ist, dass mit der Entwicklung <strong>von</strong> Entscheidungssystemen zum<br />
effektiven <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong> Nährstofffiltersystemen begonnen wer<strong>den</strong><br />
muss. In der Folge sollten Demonstrationsprojekte <strong>in</strong>itiiert<br />
wer<strong>den</strong>, um kostengünstige und wartungsarme Lösungen für<br />
unterschiedliche Nährstoffquellen weiter zu entwickeln.<br />
Um das Potential <strong>von</strong> <strong>Filtersystemen</strong> konkret zu fördern, sollten<br />
daher folgende Forschungsthemen bearbeitet wer<strong>den</strong>:<br />
••<br />
Entwicklung e<strong>in</strong>es Entscheidungssystems zur I<strong>den</strong>tifizierung<br />
<strong>von</strong> effektiven <strong>E<strong>in</strong>satz</strong>möglichkeiten verschie<strong>den</strong>er<br />
Filtersysteme für unterschiedliche Wasseranströmverhältnisse,<br />
Durchflussraten und Nährstoffkonzentrationen<br />
••<br />
Entwicklung und Erprobung <strong>von</strong> Demonstrationsanlagen<br />
flächensparender Filtersysteme für <strong>den</strong> E<strong>in</strong>bau <strong>in</strong> Entwässerungse<strong>in</strong>richtungen<br />
••<br />
Nachweis der Effektivität <strong>von</strong> weiteren „End of pipe“-Lösungen<br />
wie natürlichen Feuchtgebieten, Dränteichen und<br />
künstlichen Feuchtgebieten durch e<strong>in</strong> an die Fließwege<br />
angepasstes Monitor<strong>in</strong>g (TREPEL & KLUGE 2004).<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus wird empfohlen, Stoffrückhaltung als Maßnahme<br />
<strong>in</strong> die nationale Stickstoffm<strong>in</strong>derungsstrategie des Bundes<br />
(UBA 2009) aufzunehmen.<br />
Summary<br />
The use of <strong>den</strong>itrification systems and P-filters is currently be<strong>in</strong>g<br />
tested <strong>in</strong> several studies to reduce nitrate and phosphorus<br />
leach<strong>in</strong>g from agricultural land. Field applications of such systems<br />
are currently limited, with dist<strong>in</strong>ctions between the N- and<br />
P-filter systems. S<strong>in</strong>ce the technical development of the P-filters<br />
for low phosphorus concentrations has only just begun, the<br />
choice of the appropriate material is one of the research subjects.<br />
Denitrification systems are generally more sophisticated, but<br />
further optimization is needed to i<strong>den</strong>tify useful applications,<br />
tak<strong>in</strong>g <strong>in</strong>to account the nutrient concentrations, water resi<strong>den</strong>ce<br />
times, flow dynamics and unwanted byproducts <strong>in</strong> the effluent. A<br />
key outcome of the workshop is the necessity of start<strong>in</strong>g with the<br />
development of a decision-support system to i<strong>den</strong>tify effective<br />
sites for <strong>in</strong>stall<strong>in</strong>g nutrient filter systems. Afterwards demonstration<br />
projects should be <strong>in</strong>itiated <strong>in</strong> order to further develop cost<br />
effective solutions with low ma<strong>in</strong>tenance demand for different<br />
nutrient sources <strong>in</strong> the near future.<br />
Anschrift der Verfasser<strong>in</strong>:<br />
Dr. B. Holsten<br />
Institut für Ökosystemforschung<br />
Abt. Angewandte Ökologie<br />
Olshausenstr. 75, 24118 Kiel<br />
bholsten@ecology.uni-kiel.de<br />
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