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Wiener HaydnWege: „How to Become an Expert“

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<strong>Wiener</strong> <strong>HaydnWege</strong>: <strong>„How</strong> <strong>to</strong> <strong>Become</strong> <strong>an</strong> <strong>Expert“</strong><br />

Ein Rundweg und drei kleinere Touren auf den Spuren Joseph Haydns<br />

und seiner Zeit in Wien<br />

Die vom Da Ponte Institut konzipierten <strong>HaydnWege</strong> machen den Stadtraum Wiens zur urb<strong>an</strong>en<br />

Bühne. Sie führen zu den Gedenkstätten Haydns und ins Wien des 18. Jahrhunderts, unter den<br />

Herrschafts-Baldachinen von Karl VI. bis Fr<strong>an</strong>z II./I.<br />

Ein HaydnPfad verbindet im Rundg<strong>an</strong>g vier bedeutsame Plätze dieser Zeit in der <strong>Wiener</strong><br />

Innenstadt, die mit dem Leben und Schaffen des Komponisten verbunden sind und die<br />

Geschichte Wiens in besonderer Weise erfahren lassen: die vier HaydnStationen<br />

Michaelerplatz, Steph<strong>an</strong>splatz, Josefsplatz und Neuer Markt.<br />

Ergänzend dazu gibt es die HaydnTour „Esterhazy“ und die HaydnTour „Die Schöpfung“ im<br />

ersten Bezirk, die HaydnTour „Haydnhaus“ im 6. Bezirk sowie Informationen zu weiteren<br />

<strong>Wiener</strong> HaydnOrten.<br />

Hinweis:<br />

Diese Informationen entsprechen jenen in der Broschüre<br />

„Haydn 2009“ des WienTourismus enthaltenen, jedoch um<br />

Details und das gesamte Kapitel „Weitere Haydn-Orte“<br />

ergänzt.<br />

PDF-Download des Teils „<strong>HaydnWege</strong>“ der Broschüre des<br />

WienTourismus mit Stadtpl<strong>an</strong> und eingezeichneten<br />

<strong>HaydnWege</strong>n auf www.wien.info/haydn-jahr-2009<br />

Das <strong>Wiener</strong> Haydn-Jahr 2009<br />

War Mozart das früh vers<strong>to</strong>rbene „Menschheits-Genie“,<br />

welches 2006 in einem Jubiläumsjahr weltweit gefeiert<br />

wurde, so führt uns Joseph Haydn 2009 als Erneuerer<br />

musikalischer Formen und pl<strong>an</strong>voller Vermarkter seines<br />

Schaffens auch durch das Wien des 18. Jahrhunderts.<br />

Nachhaltiger als der faszinierende Virtuosen-Star Mozart hat<br />

der Genius Haydn die Musikgeschichte beeinflusst: Seine<br />

Streichquartette und Sinfonien sind als innovative Formate<br />

unmittelbar in die Musikproduktion des 19. Jahrhunderts<br />

eingeg<strong>an</strong>gen.<br />

Mit Haydns Lebenslauf lässt sich ein großer Bogen sp<strong>an</strong>nen<br />

– vom barocken Lebensgefühl Karls VI. zur Reform-Kaiserin<br />

Maria Theresia, über ihre aufklärerischen Söhne Joseph II.<br />

und Leopold II. bis hin zu Fr<strong>an</strong>z II./I., welcher der Aufklärung ein Ende setzte.<br />

Der „Compositeur“ der „Schöpfung“ sowie unvergleichlicher Kammermusik, die die<br />

bürgerlichen Salons prägte, war Av<strong>an</strong>tgardist auf dem europäischen Musikmarkt. Allein durch<br />

den Druck seiner Werke begeisterte er Paris, ohne je dort gewesen zu sein. Und er war<br />

Schöpfer der „Kaiserhymne“, deren Melodie über das Ende der Habsburger Monarchie hinaus<br />

noch heute als Nationalhymne Deutschl<strong>an</strong>ds staatstragende Bedeutung hat.


HaydnPfad<br />

Steph<strong>an</strong>splatz (1)<br />

Haydn-Entdeckung<br />

Im Steph<strong>an</strong>sdom beg<strong>an</strong>n Haydns l<strong>an</strong>ger Weg in Wien. Auf der Suche nach neuen<br />

Sängerknaben für den Chor des Steph<strong>an</strong>sdoms entdeckte 1739 der damalige Domkapellmeister<br />

und spätere Hofkapellmeister, Georg Reutter d. J., den siebenjährigen Joseph in der Stadt<br />

Hainburg in Niederösterreich, unweit zur heutigen Slowakei. Dort besuchte der in Rohrau<br />

geborene Sohn eines Wagnermeisters seit einem Jahr die Schule. Haydns unvorhersehbare<br />

„Entdeckung“ (m<strong>an</strong> denke auch <strong>an</strong> die seit der Renaiss<strong>an</strong>ce kursierenden „Künstlerlegenden“)<br />

eröffnete Haydn eine in weiterer Folge auch durch Selbststudium erarbeitete Karriere, die<br />

aufgrund seiner Herkunft keineswegs vorgezeichnet war – dies im Unterschied zu Mozart, Sohn<br />

eines erzbischöflichen Vizekapellmeisters. Mozart erlernte seinen Beruf wie ein H<strong>an</strong>dwerker in<br />

der „Werkstatt“ seines Vaters, ein im 18. Jahrhundert gängiger Ausbildungsweg. Wer nicht einen<br />

Musiker zum Vater oder in der näheren Verw<strong>an</strong>dtschaft hatte, musste auf die Angebote<br />

kirchlicher Institutionen zurückgreifen.<br />

Sängerknabe im Steph<strong>an</strong>sdom<br />

Von 1740 bis ca.1749 s<strong>an</strong>g Joseph Haydn im Domchor des Steph<strong>an</strong>sdom und erfuhr dort seine<br />

grundlegende musikalische Ausbildung – Haydns jüngerer Bruder Michael folgte ihm 1745 nach.<br />

Das noch zu Lebzeiten Haydns (1803) abgerissene Kapellhaus, in welchem der<br />

Domkapellmeister wie die Chorknaben untergebracht waren, bef<strong>an</strong>d sich in einer direkt vor dem<br />

Haupteing<strong>an</strong>g des Doms gelegenen Häuserzeile. 1749 wurde Joseph Haydn aus dem Chor<br />

entlassen – der Anekdote zufolge war dafür auch ein Streich des jungen Musikers<br />

ausschlaggebend.<br />

Trauung mit der Perückenmacher-Tochter<br />

Im Steph<strong>an</strong>sdom wurde im Jahre 1760 die Trauung von Joseph Haydn mit Maria Anna Keller<br />

vollzogen. Dies erfolgte zu einem Zeitpunkt, als Haydn nach l<strong>an</strong>gen Jahren als „freier“ Musiker<br />

seine erste Anstellung in einer Hofkapelle gefunden hatte. Haydns Gattin wird von den<br />

Musikhis<strong>to</strong>rikern gerne als „Fehlbesetzung“ neben dem „Genie“ beschrieben – ein Urteil des 19.<br />

Jahrhunderts, welches allerdings viele <strong>an</strong>dere Komponistengattinnen betraf, sofern sie sich nicht<br />

bedingungslos der Kunst ihres M<strong>an</strong>nes aufopferten.<br />

Von Karl VI. zu Maria Theresia<br />

Im Jahr 1740, als der achtjährige Haydn nach Wien kam, beg<strong>an</strong>n die Herrschaft Maria<br />

Theresias, die vier Jahrzehnte l<strong>an</strong>g das Habsburgerreich regierte. Sie reduzierte die aufwendige<br />

repräsentative Hofhaltung, wie sie von ihrem Vater Karl VI. in hochbarocker M<strong>an</strong>ier gepflegt<br />

worden war – auch im musikalischen Bereich. Joseph Haydns Jahre als Sängerknabe im<br />

Steph<strong>an</strong>sdom fielen in die Zeit des „Österreichischen Erbfolgekrieges“ (1740-1748), in welchem<br />

das Habsburgerreich seine Stellung als europäische Großmacht trotz einzelner Länderverluste<br />

erfolgreich behaupten konnte. Maria Theresia konnte zwar in der Habsburgermonarchie das<br />

Erbe ihres Vaters <strong>an</strong>treten, nicht aber im Heiligen Römischen Reich. Mit der Wahl ihres Gatten;<br />

Fr<strong>an</strong>z Steph<strong>an</strong> von Lothringen, zum deutschen Kaiser kam die Kaiserkrone 1745 wieder „in die<br />

Familie“. Gegen Ende der 1740er Jahre folgte ein „Modernisierungsschub“ – die systematische<br />

Zentralisierung der staatlichen Behörden einhergehend mit einer Einschränkung des Einflusses<br />

kirchlicher Institutionen im Sinne eines aufgeklärten Absolutismus.<br />

Vom Barock zum gal<strong>an</strong>ten Stil<br />

Es war eine Zeit der Umorientierung auch im musikalischen Bereich. Die <strong>to</strong>n<strong>an</strong>gebenden <strong>Wiener</strong><br />

Komponisten des Hochbarock, Joh<strong>an</strong>n Joseph Fux und An<strong>to</strong>nio Caldara, waren mittlerweile<br />

vers<strong>to</strong>rben, ihr Stil wirkte jedoch im Bereich der Kirchenmusik noch weiter nach. Parallel<br />

entwickelten sich jedoch neue musikalische Formversuche hin zum „gal<strong>an</strong>ten“ Stil. Die Oper –<br />

wenn auch weiterhin eine Domäne der Aris<strong>to</strong>kratie – beg<strong>an</strong>n ihren höfisch exklusiven Charakter<br />

zu verlieren.


Domgasse<br />

Haydn und Mozart<br />

Im „Mozarthaus“ in der Domgasse befindet sich die einzige noch erhaltene Wohnung Mozarts,<br />

welche dieser von 1784 bis 1787 bewohnte. In dieser kostspieligen Unterkunft war Mozart als<br />

freischaffender Komponist und Virtuose auch ökonomisch höchst erfolgreich tätig. Im Jahre<br />

1785, als Mozarts Vater Leopold in Wien weilte, besuchte Joseph Haydn Mozart in seiner<br />

eleg<strong>an</strong>ten Stadtwohnung. Dort führte m<strong>an</strong> im selben Jahr jene Streichquartette auf, die<br />

Wolfg<strong>an</strong>g Amadé Joseph Haydn gewidmet hatte und die als „Haydn-Quartette“ in die<br />

Geschichte eingingen.<br />

Mozart wurde bei der Komposition seiner „Haydn-Quartette“ in besonderem Maße von den<br />

1781/1782 bei Artaria in Wien veröffentlichten Streichquartetten op. 33 inspiriert, welche Haydn<br />

selbst wegen ihrer g<strong>an</strong>z neuen Art <strong>an</strong>pries. Wenn auch Haydn schon bei seiner ersten<br />

Streichquartett-Serie seine grundlegend neue Art im Hinblick auf die Gattung des<br />

Streichquartetts zu Papier brachte, so übten doch gerade jene Streichquartette op. 33 auf die<br />

Zeitgenossen eine ungeheure Faszination aus.<br />

Wie Leopold Mozart <strong>an</strong> seine Tochter schreibt, würdigte Haydn Mozart mit dem Kompliment,<br />

neben Geschmack auch die „größte Compositionswissenschaft“ zu besitzen.<br />

Das Streichquartett – Haydns Schöpfung<br />

Zukunftsweisend war Joseph Haydn in seinem umf<strong>an</strong>greichen sinfonischen Werk und in seiner<br />

Kammermusik. Dort konnte sich in besonderer Weise ein moderner Geist entwickeln, da dieses<br />

Musikformat nicht <strong>an</strong> die adligen Repräsentationsstätten gebunden war und deshalb auch<br />

Eing<strong>an</strong>g in bürgerliche Häuser f<strong>an</strong>d. Zu Haydns epochaler künstlerischer Schöpfung zählte das<br />

Streichquartett. Diese Gattung faszinierte den experimentierfreudigen Kenner und bediente<br />

zugleich einen „kulturindustriellen“ Markt für den bürgerlichen Hausgebrauch. Aufbauend auf<br />

Haydns St<strong>an</strong>dards haben Mozart, Beethoven und Schubert das Streichquartett zu einem<br />

Höhepunkt komposi<strong>to</strong>rischer Raffinesse gemacht.<br />

Kohlmarkt (2)<br />

Am Kohlmarkt befindet sich der Verlag Freytag-Berndt und Artaria (Kohlmarkt 11), dessen<br />

Vorläufer im 18. Jahrhundert zahlreiche Werke Joseph Haydns in Druck legte. Auf dem Weg<br />

zum Michaelerhaus passiert m<strong>an</strong> weitere Geschäfte, deren Tradition ins 18. Jahrhundert<br />

zurückreicht: die Zuckerbäckerei Demel (Kohlmarkt 4), die, 1786 am Michaelerplatz gegründet,<br />

im 19. Jahrhundert auf den Kohlmarkt verlegt wurde, und das Juweliergeschäft Rozet-<br />

Fischmeister (Kohlmarkt 9), das seit 1770 die <strong>Wiener</strong> Gesellschaft mit Preziosen beliefert und im<br />

19. Jahrhundert wie die Bäckerei Demel den privilegierten Status eines kaiserlich-königlichen<br />

Hofliefer<strong>an</strong>ten gew<strong>an</strong>n.<br />

Verlagshaus Artaria – der neue Musikmarkt<br />

Parallel zu seinen Aufgaben als Kapellmeister in Diensten der Fürsten Esterházy beg<strong>an</strong>n<br />

Joseph Haydn gezielt, sich am europäischen Musikmarkt zu positionieren. So kooperierte er seit<br />

Beginn der 1780er Jahre mit dem <strong>Wiener</strong> Verlag Artaria. Dieser seit 1770 in Wien <strong>an</strong>sässige<br />

Verlag hatte 1789 auch eine Niederlassung am Kohlmarkt gegründet – im Vorgänger-Haus der<br />

heutigen Buchh<strong>an</strong>dlung Freytag-Berndt und Artaria (Kohlmarkt 9).<br />

Das Verlagshaus Artaria st<strong>an</strong>d somit exemplarisch für die grundlegenden Veränderungen im<br />

Musikleben des 18. Jahrhunderts – für das Entstehen eines bürgerlichen Musikmarktes und<br />

einer damit verbundenen komposi<strong>to</strong>rischen Praxis, die sich <strong>an</strong> diesem Markt orientiert. Haydns<br />

europäischer Ruf – noch vor seinen erfolgreichen London-Reisen in den 1790er Jahren –<br />

verd<strong>an</strong>kte sich eben dieser Präsenz am internationalen Verlagsmarkt – in Paris, Lyon, London,<br />

Amsterdam, Berlin und Wien.


Michaelerplatz (3)<br />

Der Michaelerplatz war in vielfältiger Weise eine Bühne für Joseph Haydn: Sowohl Ort seiner<br />

frühen <strong>Wiener</strong> Jahre als Musikus ohne feste Anstellung als auch der Ort, wo er gegen Ende des<br />

18. Jahrhunderts als mittlerweile europaweit gefeierter Komponist die Ovationen der <strong>Wiener</strong><br />

Gesellschaft entgegennehmen konnte.<br />

Frühe Jahre im „Michaelerhaus“<br />

Im 1720 erbauten „großen Michaelerhaus“ neben der Michaelerkirche wohnte der junge Haydn<br />

in den 1750er Jahren in einer Dachkammer – zwischen seinem Rauswurf als Sängerknabe im<br />

<strong>Wiener</strong> Steph<strong>an</strong>sdom (um 1749) und seiner Anstellung als „Musikdirek<strong>to</strong>r“ beim Grafen Morzin<br />

(um 1757). Das war die Zeit seines „freien“ Musikertums, in der sich der junge Haydn mit<br />

unterschiedlichen Tätigkeiten seinen Lebensunterhalt verdienen musste: Musikdienste bei<br />

Messen und in T<strong>an</strong>zkapellen, kleine Kompositionsaufträge von adligen Geldgebern,<br />

Kompositionen theatralischer Musik für das Kärntner<strong>to</strong>rtheater, Musikunterricht. In dieser Zeit<br />

betrieb Haydn auch ein intensives Selbststudium der musikalischen Lehrbücher.<br />

Michaelerkirche<br />

Nach seiner Entlassung aus der Domkapelle spielte Haydn in der Michaelerkirche 1749<br />

als 17-Jähriger die Orgel.<br />

Stars der italienischen Musik- und Theaterkultur<br />

Im „Michaelerhaus“ begegnete Haydn 1751 dem ebenfalls dort wohnenden Pietro Metastasio,<br />

dem einflussreichsten Operntextdichter des 18. Jahrhunderts. Metastasio bekleidete seit Beginn<br />

der 1730er Jahre die Stelle des Hofdichters am Habsburgischen Hof. Für Kaiser Karl VI. hatte<br />

Metastasio zahlreiche Opernlibretti geschrieben. Später, als Hofkapellmeister der Fürsten<br />

Esterházy, ver<strong>to</strong>nte auch Joseph Haydn ein Libret<strong>to</strong> Metastasios: „L’isola disabitata“ (Die<br />

unbewohnte Insel), uraufgeführt 1779 auf Schloss Esterháza. Im „Michaelerhaus“ lernte Haydn<br />

weiters den berühmten neapolit<strong>an</strong>ischen Komponisten und Ges<strong>an</strong>gspädagogen Nicola Porpora<br />

kennen, in dessen Dienste er sich zeitweilig begab. Ebenfalls auf Vermittlung von Metastasio<br />

erhielt Haydn Gelegenheit, der späteren Komponistin und Pi<strong>an</strong>istin Mari<strong>an</strong>na Martinez<br />

Klavierunterricht zu geben.<br />

Die Zeit Joseph Haydns im „ großen Michaelerhaus“ fiel in eine Zeit grundlegender Neustrukturierung<br />

des Staates – mit Herausbildung einer neuen Verwaltung in den Habsburgischen<br />

Erbl<strong>an</strong>den, Zentralisierung wie Differenzierung der staatlichen Behörden, erste Ansätze einer<br />

Zensurreform, welche den Einfluss der Jesuiten auf den Universitäten sukzessive einschränkte,<br />

bis hin zur späteren Auflösung des Jesuitenordens. Die theoretischen wie praktischen Diskurse<br />

der Aufklärung wurden instrumentalisiert für die Entwicklung effektiverer staatlicher<br />

Administration. Auf kulturellem Gebiet verstärkte sich in den 1750er Jahren – auch Ausdruck<br />

politischer Annäherung <strong>an</strong> Fr<strong>an</strong>kreich – die Orientierung <strong>an</strong> fr<strong>an</strong>zösischer Kultur. Diese<br />

dominiert das höfische Theater, wenn auch die Pflege der italienischen Oper nicht aufgegeben<br />

wurde. In den Opernreformen der 1760er Jahre, nicht nur derjenigen Glucks, war ein Versuch zu<br />

sehen, italienische und fr<strong>an</strong>zösische musiktheatralische Traditionen zusammenzuführen.<br />

Das alte Burgtheater: Vom Ballhaus zur Hofbühne<br />

Gegenüber der dem Michaelerplatz zugew<strong>an</strong>dten Seite des „Michaelerhauses“ bef<strong>an</strong>d sich zur<br />

Zeit Joseph Haydns das „Theater nächst der Burg“: jenes „alte“ Burgtheater, in welchem für die<br />

Operngeschichte so bedeutsame Werke wie „Orpheus und Eurydike“ von Chris<strong>to</strong>ph Willibald<br />

Gluck oder „Die Hochzeit des Figaro“ von Wolfg<strong>an</strong>g Amadeus Mozart uraufgeführt wurden.<br />

Dieses Theater musste im Jahre 1888 dem Bau des Michaelertraktes der Hofburg weichen, der<br />

nach alten Plänen Joseph Em<strong>an</strong>uel Fischer von Erlachs errichtet wurde.<br />

Das Burgtheater entst<strong>an</strong>d durch den Umbau des damaligen „Ballhauses“, in welchem der Hof<br />

dem „Jeu de paume“, einem Vorläufer des Tennis, nachging. Es wurde im Jahre 1748 eröffnet.


Italienische und fr<strong>an</strong>zösische Bühne für alle<br />

Wenn auch ein Großteil des Publikums der Aris<strong>to</strong>kratie <strong>an</strong>gehörte, war das Burgtheater keine<br />

exklusiv höfische Einrichtung, sondern auch für die zahlende Öffentlichkeit zugänglich. Im 18.<br />

Jahrhundert war das Burgtheater ein „Mehrspartentheater“ mit Oper, Schauspiel und Ballett.<br />

Gelegentlich wurden auch Ora<strong>to</strong>rien aufgeführt und Konzerte ver<strong>an</strong>staltet.<br />

Zu Haydns Zeit im „Michaelerhaus“ wurde diese erste Bühne Wiens im Zuge der politischen<br />

Annäherung <strong>an</strong> Fr<strong>an</strong>kreich zum „fr<strong>an</strong>zösischen Theater“, wo neben italienischen Opern<br />

fr<strong>an</strong>zösische Schau- und Singspiele aufgeführt wurden. Der Fr<strong>an</strong>kophilie sollte in Wien ab den<br />

1770er Jahren eine Anglom<strong>an</strong>ie folgen.<br />

Haydn und das Theater<br />

Haydns erste musiktheatralische Komposition fiel in seine frühe Zeit am Michaelerplatz.<br />

Allerdings schrieb er nicht für das Burgtheater und seine damalige fr<strong>an</strong>zösische respektive<br />

italienische Bühne, sondern für das deutsche Kärntner<strong>to</strong>rtheater. Mit Ausnahme seiner letzten<br />

für London verfassten Oper (1792) komponierte Haydn alle Opern für den Hof der Fürsten<br />

Esterházy, in deren Dienste er im Jahre 1761 trat.<br />

Anlässlich des Aufenthalts von Maria Theresia im neu errichteten, prachtvollen Schloss von<br />

Fürst Nikolaus II. in der Nähe von Sopron (1773) wurden auch zwei Bühnenwerke Haydns<br />

gespielt: eine italienische Oper („L’ infedeltà delusa“) und ein Puppenspiel („Philemon und<br />

Baucis“). Die Kaiserin war von der Opernbühne des Fürsten sehr <strong>an</strong>get<strong>an</strong>: „wenn ich eine gute<br />

Oper hören will geh ich nach Esterház“.<br />

Haydns späte Triumphe im Burgtheater<br />

Die Kaiserin kam jedoch nicht wieder ins Schloss Esterháza und auch das <strong>Wiener</strong> Burgtheater<br />

nahm Haydns Opern nicht in den Spielp<strong>an</strong> auf. Zu den „legendären“ Haydn-Aufführungen am<br />

<strong>Wiener</strong> Burgtheater, das gelegentlich auch als Konzertsaal diente, kam es erst 1793, als Haydn<br />

drei seiner Londoner Sinfonien dirigierte. 1797 erkl<strong>an</strong>g hier zum Geburtstag Fr<strong>an</strong>z II. erstmals<br />

die „Kaiserhymne“ und 1799 erfolgte hier die erste öffentliche Aufführung des Ora<strong>to</strong>riums „Die<br />

Schöpfung“.<br />

Josefsplatz (4)<br />

Gottfried v<strong>an</strong> Swieten – Textdichter von Haydns „Schöpfung“<br />

In der ehemaligen Hofbibliothek am Josefsplatz (heute Sitz der Österreichischen<br />

Nationalbibliothek) wohnte und arbeitete Gottfried v<strong>an</strong> Swieten, der Textau<strong>to</strong>r von Haydns<br />

Ora<strong>to</strong>rien „Die Schöpfung“ und „Die Jahreszeiten“. Der l<strong>an</strong>gjährige Präfekt der Hofbibliothek war<br />

der Sohn von Gerard v<strong>an</strong> Swieten, dem Leibarzt Maria Theresias. Die Hofbibliothek wurde unter<br />

Karl VI. als freistehender Bau errichtet – unter Maria Theresia f<strong>an</strong>d der Josefsplatz seine heutige<br />

hufeisenartige Form. Das Reiterst<strong>an</strong>dbild Kaiser Joseph II. als römischer Impera<strong>to</strong>r ließ sein<br />

Neffe, Kaiser Fr<strong>an</strong>z II./I., 1806 errichten – zu diesem Zeitpunkt war die ras<strong>an</strong>te Zeit der österreichischen<br />

Aufklärung, wie sie Joseph II. mit Nachdruck forciert hatte, allerdings längst vorüber.<br />

„Tauwetter“ in Wien<br />

Als Vorsitzender der Zensur- und Studienkommission hat sich Gottfried v<strong>an</strong> Swieten erfolgreich<br />

für eine Liberalisierung des Büchermarktes eingesetzt. Durch die von Joseph II. nach dem Tode<br />

Maria Theresias (1780) betriebene Reformpolitik wurde in Wien geradezu ein „Tauwetter“<br />

ausgelöst. In einer Flut von Broschüren wurden Fragen von der Kirchenpolitik bis hin zur<br />

Sexualität diskutiert – selbst die offene Kritik am Kaiser war zulässig.<br />

Josephs Reformen im Sinne eines aufgeklärten Absolutismus umsp<strong>an</strong>nten alle wesentlichen<br />

Bereiche des gesellschaftlichen Lebens und wurden in einem ras<strong>an</strong>ten Tempo durchgeführt:<br />

Toler<strong>an</strong>z im Hinblick auf die Ausübung von Religionen, Einschränkung der kirchlichen Aufgaben<br />

auf den seelsorgerischen Dienst, st<strong>an</strong>desamtliche Eheschließung, Auflösung aller Klöster,<br />

welche keine sozial nützlichen Aufgaben verfolgten, Aufhebung der Leibeigenschaft, weitere<br />

Zentralisierung der Behörden, Aufhebung des Sonderstatus des Adels im Strafrecht – bis hin zu<br />

Neuregelung der Bestattung.


Der „Musiksalon“ Gottfried v<strong>an</strong> Swietens<br />

Gottfried v<strong>an</strong> Swieten war eine jener für das 18. Jahrhundert typischen universell gebildeten<br />

Persönlichkeiten: Diplomat, Komponist, Textdichter, Kulturförderer, Präfekt der Hofbibliothek,<br />

Leiter der Studien und Zensurkommission etc. Sein Name ist mit allen drei Komponisten der<br />

„<strong>Wiener</strong> Klassik“ eng verbunden: Neben Haydn förderte er auch Mozart und Beethoven, der ihm<br />

seine erste Sinfonie widmete.<br />

Gottfried v<strong>an</strong> Swieten führte in den 1780er Jahren auch einen „Musiksalon“ – regelmäßig am<br />

Sonntag verkehrten in seiner Wohnung Komponisten und Musiker wie Mozart, Salieri und Weigl,<br />

um Werke von Bach und Händel zu spielen und zu studieren. Die Salons in Wien wie auch in<br />

<strong>an</strong>deren europäischen Zentren waren wesentliche Orte des aufgeklärten Denkens. Auch Haydn<br />

verkehrte in diesen und hatte dadurch Anteil <strong>an</strong> der intellektuellen Entwicklung seiner Zeit.<br />

Palais Fries<br />

Das gegenüber der ehemaligen Hofbibliothek gelegene Palais Fries (heute Palais Pallavicini)<br />

wurde im josephinischen Jahrzehnt (1783) im Auftrag des B<strong>an</strong>kiers Joh<strong>an</strong>n von Fries gebaut.<br />

Das von Joh<strong>an</strong>n Ferdin<strong>an</strong>d Hetzendorf errichtete Stadtpalais erregte durch den „Reduktionismus“<br />

der Fassade wie später das Loos-Haus am Michaelerplatz großes Aufsehen, aber auch<br />

Kritik. Um die Fassade „repräsentativer“ zu gestalten, wurde schließlich das Eing<strong>an</strong>gsportal neu<br />

gestaltet. Die Söhne des B<strong>an</strong>kiers Moritz und Josef Fries waren große Kunstförderer und Kunstsammler.<br />

Für ersteren schrieb Joseph Haydn sein letztes, unvollendetes Streichquartett (1803).<br />

Redoutensäle<br />

Die Redoutensäle – situiert im rechten Seitentrakt am Josefsplatz - waren mehrfach<br />

Aufführungsort von Haydns Musik in unterschiedlichen Kontexten: So wurden 1792 Menuette<br />

und deutsche Tänze Haydns aufgeführt, die der Komponist für die Pensionsgesellschaft<br />

bildender Künstler komponiert hat. 1795 – nach der Rückkehr von seiner zweiten Londoner<br />

Reise – wUrden im kleinen Redoutensaal drei seiner Londoner Sinfonien aufgeführt . Die<br />

Redoutensäle gehören auch zu den zahlreichen <strong>Wiener</strong> Aufführungsorten von Haydns<br />

Ora<strong>to</strong>rium „Die Schöpfung“ – der Reinerlös einer Aufführung im Jahre 1801 wurde verwundeten<br />

Soldaten gespendet. Im selben Jahr erfolgte dort auch die erste öffentliche Aufführung von<br />

Haydns Ora<strong>to</strong>rium „Die vier Jahreszeiten“ (1801).<br />

Neuer Markt (5)<br />

Am „Neuen Markt“ (ursprünglich „Mehlmarkt“) st<strong>an</strong>den das Haus, in welchem Haydn die Kaiserhymne<br />

komponierte, und das (Stadt-)Palais Schwarzenberg, wo Haydns „Schöpfung“ uraufgeführt<br />

wurde. Diese Gebäude sind mittlerweile durch neue ersetzt – als beeindruckendes Zeugnis<br />

des frühen 18. Jahrhunderts ist der barocke Brunnen von Raphael Donner (1737) erhalten.<br />

„Mehlgrube“ – <strong>Wiener</strong> Unterhaltungsetablissement<br />

An der Stelle des jetzigen Hotel Ambassador (Neuer Markt 5) bef<strong>an</strong>d sich im 18. Jahrhundert<br />

das Unterhaltungsetablissement „Mehlgrube“ in einem fünfstöckigen Haus, welches die Stadt<br />

1698 <strong>an</strong>stelle des ehemaligen Mehldepots errichtet hatte. Hier bot sich dem jungen Haydn in<br />

den 1750er Jahren Gelegenheit, im Karneval in diversen T<strong>an</strong>zorchestern auf Festen des Adels<br />

aufzuspielen. 30 Jahre später gab Mozart hier Konzerte.<br />

„Hoföbstlerisches Haus“ – Kaiserhymne<br />

Im ehemaligen „Hoföbstlerischen Haus“ (Neuer Mark 2) wohnte Haydn von 1792 bis 1797. Als<br />

Haydn in diese Wohnung einzog, lag die erste erfolgreiche Engl<strong>an</strong>dreise (1791/92) bereits hinter<br />

ihm. Hier komponierte er Ende 1796 die wirkungsmächtige wie unterschiedliche „Patriotismen“<br />

<strong>an</strong>sprechende Musik der Kaiserhymne als politische Auftragskomposition für Fr<strong>an</strong>z II.,<br />

beauftragt vom niederösterreichischen Regierungspräsidenten Fr<strong>an</strong>z Josef Graf von Saurau.<br />

Der Text „Gott erhalte Fr<strong>an</strong>z den Kaiser, Unsern guten Kaiser Fr<strong>an</strong>z“ stammt von Haschka,<br />

geschrieben im Kontext der Koalitionskriege gegen das revolutionäre Fr<strong>an</strong>kreich – inspiriert von<br />

„God save the Queen“, gewissermaßen als eine Anti-Marseillaise.


Der habsburgische Vielvölkerstaat brauchte eben keine „Nationalhymne“ – eine Hymne konnte<br />

nur <strong>an</strong> den Kaiser als Funktionsträger der Macht gebunden sein. Zu seinem Geburtstag, den 12.<br />

Februar 1797, wurde die Hymne allerorts gesungen – der sichtlich zufriedene Fr<strong>an</strong>z II. bed<strong>an</strong>kte<br />

sich beim Komponisten mit einer Dose als Geschenk, welches sinnigerweise sein Abbild zeigte.<br />

Immer wieder mit abgeändertem Text wurde die „Kaiserhymne“ zur offiziellen Hymne erklärt –<br />

mit vielen Vari<strong>an</strong>ten, die allerdings nie realisiert wurden.<br />

Erwähnt sei die Fassung Grillparzers sowie die unter Fr<strong>an</strong>z Joseph I. approbierte Fassung „Gott<br />

erhalte, Gott beschütze / Unsern Kaiser unser L<strong>an</strong>d“ – übersetzt in die Sprachen des<br />

„Vielvölkerstaates“. Die kleine Adaptierung für Karl I. im Jahre 1918 hielt den Unterg<strong>an</strong>g der<br />

Monarchie auch nicht auf und kam dementsprechend nie in Umlauf. Haydns Musik wurde auch<br />

in der 1. Republik wieder aufgegriffen – und als Reminiszenz wurde sie in Wien „öffentlich“ nur<br />

noch 1989 aufgeführt, <strong>an</strong>lässlich der viel beachteten Begräbniszeremonien zu Ehren der<br />

„Kaiserin“ Zita.<br />

Eine beängstigende Karriere nahm die Hymne Haydns, als sie von deutschtümelnden Patrioten<br />

„auf die Fahnen geschrieben“ wurde. Zunächst noch parodierend schrieb 1841 Heinrich<br />

Hoffm<strong>an</strong>ns von Fallersleben sein „Gott erhalte den Tyr<strong>an</strong>nen, den Tyr<strong>an</strong>n Dionysos“, um noch<br />

im selben Jahr sein wirkungsgeschichtlich so folgenreiches „Deutschl<strong>an</strong>d, Deutschl<strong>an</strong>d über<br />

alles“ zu schreiben. Dieser Text mutierte 1922 zur „Deutschen Nationalhymne“, <strong>an</strong> die das<br />

Regime der Nazis <strong>an</strong>geknüpfte und den Popularitätswert der Melodie für ihre Zwecke<br />

missbraucht hat. Nach dem 2. Weltkrieg zeitweise verpönt, wurde die unverwüstliche Melodie,<br />

diesmal ohne formale Beschlüsse, als BRD-Hymne weiter strapaziert. Erst 1990 wurde im<br />

wiedervereinigten Deutschl<strong>an</strong>d die dritte Strophe des früheren Deutschl<strong>an</strong>dliedes offiziell zur<br />

Nationalhymne erklärt.<br />

Haydns Ora<strong>to</strong>rium „Die Schöpfung“<br />

Im ehemaligen Palais Schwarzenberg (Neuer Markt 8) wurden Haydns deutsche Ora<strong>to</strong>rien „Die<br />

Schöpfung“ (1798) und „Die Jahreszeiten“(1801) uraufgeführt. Der Auftrag zur Komposition<br />

dieser Werke ging auf adlige Musikkenner aus dem Kreis um Gottfried v<strong>an</strong> Swieten (die<br />

sogen<strong>an</strong>nten „Assoziierten Cavaliere“) zurück.<br />

Mit dem deutschen Ora<strong>to</strong>rium „Die Schöpfung“ schuf Joseph Haydn – unter Eindruck seiner<br />

Händel-Erfahrungen in London – einen neuen Typ des Ora<strong>to</strong>riums. Von der Ursprungsform<br />

einer Andacht, im Kirchenraum des „Ora<strong>to</strong>riums“ gesungen, wurde das Ora<strong>to</strong>rium bis zu Haydn<br />

hin in eine zunehmend verweltlichende Form überführt. Die „Schöpfung“ wurde im<br />

Sp<strong>an</strong>nungsfeld der noch nachwirkenden josephinischen Aufklärung und konsequenten<br />

Restauration unter Kaiser Fr<strong>an</strong>z II./I. geschrieben.<br />

Gezielt und mit eigenen Mitteln betrieb Haydn den Druck der Partitur, die sich rasch über Europa<br />

verbreitete. Die „Schöpfung“ zählte zu den meist beachteten Werken Haydns im 19.<br />

Jahrhundert.<br />

<strong>Wiener</strong> Moderne um 1800<br />

Unter geänderten politischen Bedingungen f<strong>an</strong>d der auf Reduktion bedachte Stil des<br />

Josephinismus Fortsetzung in der Zeit Kaiser Fr<strong>an</strong>z II./I. Dazu zählte der eigentümliche <strong>Wiener</strong><br />

Klassizismus eines Joseph Kornhäusl genauso wie die unvergleichliche Schlichtheit des „<strong>Wiener</strong><br />

Silbers“ dieser Zeit oder jene äußerst modern <strong>an</strong>mutenden Möbel eines Joseph D<strong>an</strong>hauser.<br />

Vor der weltweit beachteten <strong>Wiener</strong> Moderne des „Fin de Siècle“ um 1900 gilt es eine<br />

verblüffende <strong>Wiener</strong> Moderne um 1800 zu entdecken, <strong>an</strong> welche auch Ot<strong>to</strong> Wagner, Adolf Loos<br />

oder die Secessionisten <strong>an</strong>schließen konnten.


HaydnTour „Esterházy“<br />

Wallnerstraße (6)<br />

Experimente im „Kaiserhaus“<br />

Im „Kaiserhaus“ (Wallnerstraße 3) bef<strong>an</strong>d sich eine Residenz von Fr<strong>an</strong>z Steph<strong>an</strong> von<br />

Lothringen, Gatte Maria Theresias und deutscher Kaiser seit 1745. Damit schuf sich Fr<strong>an</strong>z II./I.<br />

bewusst eine Sphäre außerhalb der Hofburg, die er auch für praktische Experimente nutzte.<br />

Seine natur-wissenschaftlichen Sammlungen legten den Grundstein für das Naturhis<strong>to</strong>rische<br />

Museum.<br />

Die <strong>Wiener</strong> Residenz der Fürsten Esterházy: Palais Esterházy<br />

(Wallnerstraße 4)<br />

1761 trat Joseph Haydn in die Dienste des Fürsten Paul An<strong>to</strong>n Esterházy – für ihn der entscheidende<br />

Schritt für seine weitere Musikerkarriere. Fast drei Jahrzehnte verb<strong>an</strong>den Haydn mit<br />

dem Bruder und Nachfolger Paul An<strong>to</strong>ns, Nikolaus I., gen<strong>an</strong>nt „der Prachtliebende“, der bei<br />

Fertöd ein Schloss erbauen ließ, das von den Zeitgenossen als „ungarisches Versailles“<br />

bezeichnet wurde.<br />

Mit dem Eintritt in die Dienste der Fürsten Esterházy verließ Joseph Haydn Wien als zentralen<br />

Wirkungsort – er ist aber immer wieder zurück gekommen. Wie jede bedeutende hocharis<strong>to</strong>kratische<br />

Familie besaßen die Esterházys ein repräsentatives Palais in der Residenzstadt.<br />

Parallel zu seinen Aufgaben als Kapellmeister in fürstlichen Diensten entwickelte Joseph Haydn<br />

gezielte Aktivitäten, um sich am europäischen Musikmarkt zu positionieren. Auch dies führte ihn<br />

wieder nach Wien, wo er mit dem <strong>Wiener</strong> Verlag Artaria, der auch eine Niederlassung am<br />

Kohlmarkt besaß, kooperierte.<br />

Mit der Auflösung der Musikkapelle durch den Nachfolger Nikolaus I. 1790 war Haydn frei,<br />

wiederum nach Wien zu gehen, unter Beibehaltung seiner Position im fürstlichen Dienst. Haydn<br />

war – ohne mit dem Fürsten brechen zu müssen – frei für seine erfolgreichen Reisen nach<br />

London. Von der Hauptstadt Großbrit<strong>an</strong>niens zurückgekehrt, war er bereits zu Lebzeiten ein<br />

Denkmal seiner selbst. Wenn auch nach wie vor in Diensten der Esterházys, lebte Haydn nach<br />

seiner Rückkehr aus London 1795 überwiegend in Wien, wo er in seinem 1793 erworbenen<br />

Haus in Gumpendorf im Jahre 1809 starb. Für den Namenstag der Gattin Nikolaus II. schrieb<br />

Joseph Haydn seine letzten Messen, im <strong>Wiener</strong> Auftrag schrieb er seine deutschen Ora<strong>to</strong>rien<br />

„Die Schöpfung“ und „Die Jahreszeiten“, welche in Wien ihre gefeierte Uraufführung erlebten.<br />

Herrengasse (7)<br />

Palais Mollard<br />

In unmittelbarer Nähe des Palais Esterházy befindet sich das Palais Mollard (Herrengasse 9),<br />

ein barockes Stadtpalais, das im 18. Jahrhundert aus dem Besitz des Adelsgeschlechts der<br />

Mollards <strong>an</strong> den Grafen Fr<strong>an</strong>z Wenzel Clary überging. In diesem Palais traf sich in den 1780er<br />

Jahren Kaiser Joseph II. regelmäßig zum politischen und kulturellen Austausch mit Vertretern<br />

des Hochadels („Josephsrunde“).<br />

„Musikdirek<strong>to</strong>r“ beim Grafen Morzin<br />

In der Herrengasse19/Ecke B<strong>an</strong>kgasse befindet sich das Palais Batthyányi, in welchem der<br />

erste adlige Dienstgeber Haydns, Graf Morzin, eine Wohnung bezogen hatte. Im Jahre 1757<br />

stellte er Haydn als „Musikdirek<strong>to</strong>r“ <strong>an</strong>. In Böhmen besaß Graf Morzin das Schloss Lukavec (bei<br />

Pilsen), wo sich Haydn vor allem im Sommer aufhielt. Für den Grafen Morzin schrieb Haydn u.<br />

a. seine erste Sinfonie. Im 18. Jahrhundert differenzierte sich die noch im 17. Jahrhundert stark<br />

<strong>an</strong> den Hof, <strong>an</strong> die „Kammer“ gebundene Musikpflege. In zunehmendem Maße installierte die<br />

Aris<strong>to</strong>kratie in ihren Schlössern Musikkapellen, womit neue musikalische Räume und neue<br />

musikalische Ausdrucksformen entst<strong>an</strong>den.


Freyung<br />

Schottenhof<br />

Im Schottenhof bei der Freyung bef<strong>an</strong>d sich die Wohnung von Peter Leopold Genzinger, des<br />

<strong>Wiener</strong> Leibarztes von Fürsten Nikolaus I., und seiner Gattin Mari<strong>an</strong>ne, in deren Salon Joseph<br />

Haydn des öfteren verkehrte. Mit der Pi<strong>an</strong>istin Mari<strong>an</strong>ne von Genzinger unterhielt Haydn seit<br />

den späten 1790er Jahren eine sehr enge Beziehung. Dies ist durch einen ausführlichen Briefverkehr<br />

dokumentiert – Mari<strong>an</strong>ne von Genzinger vertraute Haydn auch <strong>an</strong>, dass er sich auf<br />

Schloss Esterháza in zunehmenden Ausmaß isoliert fühlte: „Nun – da sitz ich in meiner Einöde –<br />

verlassen – wie ein armer waiß – fast ohne menschliche Gesellschaft – traurig – ich f<strong>an</strong>de zu<br />

Haus alles verwürt – 3 Tage wußt ich nicht, ob ich CapellMeister oder CapellDiener war – ich<br />

konnte wenig schlafen, sogar die Träume verfolgten mich, d<strong>an</strong>, da ich am besten die opera le<br />

Nozze di Figaro zu hören träumte, wegte mit der Fatale Nordwind auf, und blies mir fast die<br />

schlafhauben vom Kopf.“ (Brief <strong>an</strong> Mari<strong>an</strong>ne von Genzinger aus Esterháza, 9. Februar 1790)<br />

Mit Mari<strong>an</strong>ne von Genzinger verb<strong>an</strong>d Joseph Haydn auch ein intensiver Austausch über Fragen<br />

der Musik und Komposition – für sie schrieb er auch Klaviermusik.<br />

„Am Hof“ (8)<br />

Wunderkind und Papstsegen<br />

Auf diesem Platz finden sich weitere Zeugnisse der <strong>Wiener</strong> Musik und Kulturgeschichte des 18.<br />

Jahrhunderts. Im barocken Palais Collal<strong>to</strong> (Am Hof 13) traten im Jahre 1762 der sechsjährige<br />

Mozart mit seiner Schwester N<strong>an</strong>nerl auf. Vor der alten Jesuitenkirche hielt 1782 Papst Pius VI.<br />

– Gegner der josephinischen Reformpolitik – seine Oster<strong>an</strong>sprache und hier bef<strong>an</strong>d sich seit<br />

dem 16. Jahrhundert das „Bürgerliche Zeughaus“ (heute Feuerwehrzentrale), dessen Fassade<br />

1732 neu gestaltet wurde.<br />

Judenplatz (9)<br />

Auf dem Weg zum Judenplatz, wo sich im Mittelalter das jüdische Ghet<strong>to</strong> bef<strong>an</strong>d, passieren wir<br />

das „Neuwall’sche Haus“ (Schulhof 4, erbaut um 1728), bemerkenswert durch seine barocke<br />

Fassade.<br />

Mit Haydn bei der Probe zu „Così f<strong>an</strong> tutte“<br />

Am Judenplatz hatte Mozart zweimal Quartier bezogen, 1783 (Judenplatz 3) und 1789 bis<br />

Herbst 1790. Im nicht mehr existierenden Haus am Judenplatz 4 komponierte Mozart seine<br />

Opera buffa „Così f<strong>an</strong> tutte“.<br />

Ende des Jahres 1789 besuchte Haydn Mozart in seiner damaligen Wohnung am Judenplatz,<br />

wo er zu einer Probe von „Così f<strong>an</strong> tutte“ eingeladen wurde – diese Opera buffa, die<br />

ursprünglich An<strong>to</strong>nio Salieri komponieren sollte, wurde am 26. Jänner 1790 am <strong>Wiener</strong><br />

Burgtheater uraufgeführt – knapp vier Wochen vor dem Tod Kaiser Joseph II./I.<br />

Mit „Così f<strong>an</strong> tutte“ haben Mozart und sein Textdichter einen der subtilsten Höhepunkte der<br />

opera buffa kreiert, deren Wert erst im 20. Jahrhundert wieder entdeckt wurde. „Così f<strong>an</strong> tutte“<br />

ist nicht nur eine Aufklärungsoper, sie ist auch eine Oper über die Aufklärung der Aufklärung.<br />

Zum Zeitpunkt der Entstehungsgeschichte der „Così f<strong>an</strong> tutte“ hatte Haydn fast sechs Jahre l<strong>an</strong>g<br />

keine Oper mehr komponiert, obwohl er alltäglich in den Reper<strong>to</strong>irebetrieb des fürstlichen<br />

Opernhauses von Esterháza eingebunden war. Seine letzte Oper steht zu diesem Zeitpunkt<br />

noch bevor: das für London geschriebene Dramma per musica „L’ <strong>an</strong>ima del filosofo ossia Orfeo<br />

ed Euridice“. Auch diese Oper ist ein Werk der Aufklärung.<br />

Böhmische Hofk<strong>an</strong>zlei<br />

Im heutigen Gebäude des Verwaltungs- und des Verfassungsgerichtshofs bef<strong>an</strong>d sich in der<br />

ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts die „Böhmische Hofk<strong>an</strong>zlei“ (Judenplatz 11), errichtet nach<br />

den Plänen Joh<strong>an</strong>n Bernhard Fischer von Erlachs (1709 – 1714). Um die Mitte des Jahrhunderts<br />

wurde der Bau wesentlich erweitert und mit der Österreichischen Hofk<strong>an</strong>zlei vereint. Weitere


Umbauten erfolgten im 19. und 20. Jahrhundert. Hier bef<strong>an</strong>d sich auch die „Haugwitz’sche<br />

Kapelle“, in welcher Haydn 1755 bis 1757 zum sonntäglichen Gottesdienst die Orgel spielte.<br />

Auf dem Audienzweg – das „Paller-Tor“<br />

Durch die architek<strong>to</strong>nisch reizvolle Kurrentgasse gel<strong>an</strong>gen wir zum „Graben“. An der Ecke von<br />

Kohlmarkt und Graben bef<strong>an</strong>d sich noch im 18. Jahrhundert das „Paller-Tor“ – ein turmartiges<br />

Gebilde, einst <strong>an</strong> der Stadtmauer des mittelalterlichen Wien gelegen. Durch dieses Tor schritt<br />

m<strong>an</strong>, wenn m<strong>an</strong> sich auf dem „Audienzwege“ bef<strong>an</strong>d – es eröffnete Richtung Kohlmarkt eine<br />

unmittelbare Perspektive auf den Michaelerplatz und die dar<strong>an</strong> <strong>an</strong>schließende Hofburg.<br />

HaydnTour „Die Schöpfung“<br />

Hoher Markt (10)<br />

Ankeruhr – täglicher Auftritt Haydns<br />

Diese Route führt uns zunächst zur Ankeruhr am Hohen Markt, errichtet nach den Plänen des<br />

Jugenstilmalers Fr<strong>an</strong>z Matsch in den Jahren 1911 bis 1917 vor dem Ende der Habsburger-<br />

Monarchie. Die Ankeruhr befindet sich auf einer zehn Meter l<strong>an</strong>gen Brücke, welche die beiden<br />

Teile des „Ankerhofs“ verbindet. Um 12 Uhr mittags bei der Parade aller zwölf his<strong>to</strong>rischen<br />

Figuren von der Antike bis zum 18. Jahrhundert erscheint Haydn als letzte. Bei Haydns Auftritt<br />

erkl<strong>an</strong>g ursprünglich die 1796 komponierte Kaiserhymne, nach dem Unterg<strong>an</strong>g der Monarchie<br />

wurde sie durch eine Melodie aus der „Schöpfung“ ersetzt.<br />

Haydn vor<strong>an</strong> gehen als letzte his<strong>to</strong>rische Herrschergestalten Maria Theresia und ihr Gatte Fr<strong>an</strong>z<br />

Steph<strong>an</strong> von Lothringen. So hatte die Figur Haydns mit ihrer Musik auch die nicht mehr<br />

gezeigten folgenden Herrscher der Habsburgerdynastie von Kaiser Joseph II. bis zu Kaiser<br />

Fr<strong>an</strong>z Joseph mitzurepräsentieren. In zwölf Stunden durchlaufen alle Figuren einmal die Uhr –<br />

von 12 bis 1 Uhr ist Haydn unterwegs.<br />

Der Josephsbrunnen am Hohen Markt<br />

Nur wenig ist am Hohen Markt, einem der ältesten Plätze Wiens, von den Zerstörungen des 2.<br />

Weltkrieges verschont geblieben. Neben der Ankeruhr zählen dazu der „Josephsbrunnen“ (auch<br />

„Vermählungsbrunnen“) in der Mitte des Platzes, der die Vermählung von Maria mit Joseph zum<br />

Thema hat. Ursprünglich wurde dieses Monument vom Hofarchitekten Joh<strong>an</strong>n Bernhard Fischer<br />

von Erlach im Auftrag Kaiser Joseph I. als hölzerne „Säule“ errichtet (1706). Dessen Nachfolger,<br />

Kaiser Karl VI., ließ das mittlerweile schon <strong>an</strong>gegriffene hölzerne Modell in Marmor neu<br />

erbauen. Der nunmehrige Brunnen wurde 1732, im Geburtsjahr Joseph Haydns, eingeweiht.<br />

Dr.-Ignaz-Seipel-Platz (11)<br />

Wiens altes Universitätsviertel<br />

Auf dem Weg zum alten Universitätsviertel passieren wir den „Heiligenkreuzerhof“, eine auf das<br />

Mittelalter zurückgehende Anlage, welche ihre jetzige Gestalt im 18. Jahrhundert <strong>an</strong>nahm.<br />

Über die Schönlaterngasse und die Jesuitengasse erreichen wir den ehemaligen<br />

Universitätsplatz (heute Dr. Ignaz Seipel-Platz). Hier befindet sich das 1623 bis 1627 von den<br />

Jesuiten errichtete Universitätsgebäude mit der damaligen „Universitätskirche“, welche zu<br />

Beginn des 18. Jahrhunderts ihre hochbarocke Form gew<strong>an</strong>n. Bis in die Mitte des 18.<br />

Jahrhunderts st<strong>an</strong>d die <strong>Wiener</strong> Universität unter der Kontrolle der Jesuiten, die auch die<br />

Bücherzensur ausübten. Unter Maria Theresia wurde der Einfluss der Jesuiten im Sinne eines<br />

aufgeklärten Absolutismus zurückgedrängt.<br />

Haydns letzter Auftritt<br />

1753 ließ Maria Theresia am Universitätsplatz ein neues Universitätsgebäude errichten – heute<br />

Sitz der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Dr. Ignaz Seipel-Platz 3). In der


prachtvollen Aula der Universität wurde 1808 – ein Jahr vor Haydns Tod – das Ora<strong>to</strong>rium „Die<br />

Schöpfung“ (uraufgeführt 1798) als glänzendes gesellschaftliches Ereignis zur Aufführung<br />

gebracht. Unter den Besuchern bef<strong>an</strong>d sich auch Ludwig v<strong>an</strong> Beethoven, dessen<br />

Schlachtensinfonie „Welling<strong>to</strong>ns Sieg“ fünf Jahre später am selben Orte uraufgeführt wurde.<br />

Die von An<strong>to</strong>nio Salieri dirigierte Aufführung war der letzte öffentliche Auftritt von Joseph Haydn,<br />

der das Konzert kr<strong>an</strong>kheitsbedingt bereits nach dem ersten Teil des Ora<strong>to</strong>riums verlassen<br />

musste. Im selben Jahr beg<strong>an</strong>n der elfjährige Fr<strong>an</strong>z Schubert seine Ausbildung als<br />

Hofsängerknabe im „Kaiserlichen und königlichen Stadtkonvikt“, das sich im gegenüber<br />

liegenden alten Universitätsgebäude bef<strong>an</strong>d.<br />

HaydnTour „Haydnhaus“<br />

Mariahilf (12)<br />

Spendenaktion von Haydn-Verehrern<br />

Das von Josef Natter geschaffene Denkmal vor der Kirche Mariahilf (Mariahilfer Straße 55)<br />

wurde am 31. Mai 1887 – am Todestag des Komponisten – enthüllt. Der Auftrag zu dieser<br />

Skulptur, deren Sockel vom Architekten Ot<strong>to</strong> Hiesel gestaltet wurde, war durch eine<br />

Spendenaktion von Haydn-Verehrern ermöglicht worden. Dieses Denkmal verd<strong>an</strong>kte sich der<br />

gründerzeitlichen Kulturbeflissenheit, Genies zur Stärkung kollektiver Identitätsbildung zu<br />

stilisieren.<br />

Wenn auch seine musikgeschichtliche Pionierleistung allseits unbestritten blieb, konnte sich das<br />

19. Jahrhundert <strong>an</strong> Haydns Musik nicht mehr so richtig erwärmen. So war etwa für den<br />

Rom<strong>an</strong>tiker Schum<strong>an</strong>n Haydn von keinem aktuellen Interesse mehr. Haydns Musik, seine stets<br />

überraschende und komplexe motivische Arbeit, sein intellektuelles Spiel und sein Witz mussten<br />

erst wieder entdeckt werden und bleiben weiterhin neu zu entdecken. Haydns Musik ist „Denken<br />

in Tönen“ und eine besondere Herausforderung für den „intelligenten Geschmack“, für das<br />

„scientific ear“, wie es Haydns Zeitgenossen im ausgehenden 18. Jahrhundert n<strong>an</strong>nten.<br />

(Ehemaliges) Palais Kaunitz/Esterházy<br />

(Esterhazypark/Amerling-Gymnasium in der Amerlingstraße)<br />

Das ehemalige Palais Kaunitz im 6. Bezirk, <strong>an</strong> der Stelle des heutigen Esterházyparks,<br />

respektive des heutigen Amerling-Gymnasiums, weist zwar keinen unmittelbaren biographischen<br />

Bezug zu Haydn auf, da dieses ehemalige „Kaunitzsche Palais“ erst nach dem Tode<br />

Haydns vom Fürsten Nikolaus II. Esterházy, in dessen Diensten Haydn von 1794 bis zu seinem<br />

Tode 1809 st<strong>an</strong>d, erworben wurde. Es ist jedoch von großem Interesse, da Nikolaus II. in<br />

diesem Palais seine Gemäldegalerie, eine der bedeutendsten der damaligen Zeit, präsentierte.<br />

Haydnhaus<br />

Weiter führt der Weg zu jenem Haus, das Haydn 1793 erworben und in dem er seine letzten<br />

Lebensjahre verbracht hat (Haydngasse 19). Hier starb Joseph Haydn am 31. Mai 1809 zur Zeit<br />

der Belagerung Wiens durch die Fr<strong>an</strong>zosen – in Wertschätzung des Komponisten soll Napoleon<br />

vor Haydns Haus eine Ehrenwache aufgestellt haben. Im Haydnhaus befindet sich ein <strong>an</strong>lässlich<br />

des Haydn-Jahres 2009 neu gestaltetes Haydn-Museum. Hier entst<strong>an</strong>den u. a. seine Ora<strong>to</strong>rien<br />

„Die Schöpfung“ und „Die Jahreszeiten“.<br />

Kirche S<strong>an</strong>kt Aegyd<br />

In dieser Kirche (Gumpendorfer Straße / Ecke Brückengasse) wurde 1809 Haydns Leichnam<br />

eingesegnet.


Weitere Haydn-Orte in Wien<br />

1. Bezirk – Innenstadt<br />

(Ehemaliges) Kärntner<strong>to</strong>r-Theater<br />

Hotel Sacher / Cafe Mozart, Philharmonikerstraße<br />

Das Kärntner<strong>to</strong>r-Theater, <strong>an</strong> dessen Stelle heute das Hotel Sacher steht und dessen Eing<strong>an</strong>g<br />

sich dort befunden hat, wo heute das Cafe Mozart situiert ist, ist mit Joseph Haydn in<br />

mehrfacher Weise verbunden. Hier wurde 1753 das Singspiel „Der krumme Teufel“ mit dem<br />

Text von Kurtz-Bernardon und der bisl<strong>an</strong>g verschollenen Musik von Joseph Haydn aufgeführt.<br />

Hier erfolgte später (1775) die Uraufführung von Haydns Ora<strong>to</strong>rium „Il ri<strong>to</strong>rno di Tobia“. 1784, im<br />

josephinischen Jahrzehnt, wurde dort durch die Theatertruppe Em<strong>an</strong>uel Schik<strong>an</strong>eders Haydns<br />

1781 in Esterháza uraufgeführte Oper „La fedeltà premiata“ in deutscher Übersetzung zur<br />

Aufführung gebracht. Auch Kaiser Joseph II. – nach den au<strong>to</strong>biographischen Schilderungen des<br />

<strong>Wiener</strong> Erfolgskomponisten Carl Ditters von Dittersdorf kein Verehrer von Haydns musiktheatralischem<br />

Werk – war bei dieser Aufführung <strong>an</strong>wesend.<br />

Das Kärntner<strong>to</strong>r-Theater gilt als die älteste stehende deutsche Bühne – zuvor wurden<br />

deutschsprachige Theaterstücke, im Unterschied etwa zur höfischen Oper, nur von<br />

W<strong>an</strong>dergruppen aufgeführt. Dementsprechend wurde das Kärntner<strong>to</strong>r-Theater bis zu den<br />

1760er Jahren auch das „deutsche Theater“ gen<strong>an</strong>nt. In den zum Großteil als Stegreiftheater<br />

inszenierten Stücken wurden auch Musiknummern vorgesehen, sodass diese Form des <strong>Wiener</strong><br />

Theaters eine bisher viel zu wenig beachtete Frühform eines deutschen „Singspiels“ hervorbrachte.<br />

Die deutsche Sprache musste im Laufe des 18. Jahrhunderts erst ihren Stellenwert als eine dem<br />

Italienischen oder Fr<strong>an</strong>zösischen ebenbürtige Kultursprache durchsetzen. Zum Zeitpunkt der<br />

Uraufführung von Haydns „Krummem Teufel“ war die höfische Bühne des Burgtheaters von der<br />

fr<strong>an</strong>zösischen Kultur bestimmt. Zwischen fr<strong>an</strong>zösischen und deutschen Schauspielern<br />

best<strong>an</strong>den große soziale Unterschiede – so waren die Mitglieder des Burgtheaters „salonfähig“,<br />

die Schauspieler des Kärntner<strong>to</strong>rtheaters jedoch nicht. Dies entzog ihnen auch wesentliche<br />

Erfahrungen für ihre Schauspielkunst. Reformer der Aufklärung wie Joseph von Sonnenfels<br />

waren – letztlich erfolgreich – bestrebt, den Status der deutschen Schauspieler zu heben wie<br />

auch das Stegreiftheater zugunsten des „regelmäßigen“ Schauspiels (nach dem Vorbild<br />

fr<strong>an</strong>zösischer theatralischer Kunst) zu „vers<strong>to</strong>ßen“.<br />

(Ehemalige) Freimaurerloge „Zur wahren Eintracht“<br />

Palais Gatterburg, Dorotheergasse 12<br />

Im Jahre 1785 wurde Joseph Haydn in die Loge zur „Zur wahren Eintracht“ aufgenommen –<br />

weitere Teilnahme <strong>an</strong> Logensitzungen sind nicht überliefert. Dies wurde oft als m<strong>an</strong>gelndes<br />

Interesse Haydns am Freimaurertum <strong>an</strong>gesehen.<br />

Jenseits des Teilens gemeinsamer Ideale bot das Logenleben gerade auch für Musiker die<br />

Möglichkeit vielfältiger, für die eigene Berufslaufbahn förderlicher Beziehungen. Gemäß seinem<br />

nicht aufgenommenen Logenleben gibt es von Haydn keine Freimaurer-Kompositionen im<br />

eigentlichen Sinne – wie etwa im Falle Mozarts. Im Hinblick auf den Kompositionsauftrag für die<br />

„Pariser Sinfonien“ (geschrieben 1785/86) durch das Direk<strong>to</strong>rium der „Concerts de la Loge<br />

Olympique“ hatte Haydn freimaurerische Auftraggeber, in Freimaurer-Kontexten bewegt er sich<br />

auch in London.<br />

Wenn auch nicht als Logenleben realisiert, so bezeugt Haydns Aufnahmegesuch in die Loge<br />

„Zur wahren Eintracht“ sein reges Interesse <strong>an</strong> der sich neu entfaltenden intellektuellen Kultur<br />

Wiens, deren wichtigste Vertreter in Freimaurer-Logen engagiert waren, und die auch zu<br />

Haydns <strong>Wiener</strong> Bek<strong>an</strong>ntenkreis zählten.


Ehemalige Haydnwohnung in der Wasserkunstbastei<br />

Seilerstätte 19 / Fichtegasse 2<br />

Hier wohnte Haydn kurz nach der Auflassung der Hofkapelle durch den Nachfolger des 1790<br />

vers<strong>to</strong>rbenen Nikolaus I. – in der Zeit vor der ersten Engl<strong>an</strong>dreise. Gegen Ende des Jahres 1790<br />

brach Joseph Haydn zu seiner ersten Engl<strong>an</strong>dreise auf, von der er äußerst erfolgreich, als<br />

„Shakespeare der Musik“ gepriesen, nach Wien zurückkehrte, wo er nunmehr zu einem<br />

„St<strong>an</strong>dard“ geworden war.<br />

London beg<strong>an</strong>n sich schon im 18. Jahrhundert zu einer Großstadt modernen Zuschnitts zu<br />

entwickeln, in welcher sich abseits der Sphäre des Hofes, der seine Kultur bestimmende<br />

Funktion im 17. Jahrhundert verloren hatte, vielseitige kulturelle Sphären auftaten, sich ein Markt<br />

herausbildete, der einen „refined taste“ bediente. L<strong>an</strong>ge vor Wien gab es dort eine öffentliche<br />

Konzertkultur.<br />

Minoritenkirche – Denkmal Pietro Metastasios<br />

Minoritenplatz<br />

In der Minoritenkirche befindet sich das 1855 von Lucardi errichtete Denkmal für den <strong>Wiener</strong><br />

Hofdichter Pietro Metastasio. M<strong>an</strong> glaubt bis heute, in einem Relief <strong>an</strong> der Vorderseite Joseph<br />

Haydn dargestellt sehen zu können. Er soll die dritte abgebildete Figur neben Wolfg<strong>an</strong>g<br />

Amadeus Mozart und An<strong>to</strong>nio Salieri sein, hinter dem im Kr<strong>an</strong>kenbett liegenden Hofdichter, der<br />

den in Wien weilenden Papst Pius VI. empfängt. Dass die als Haydn <strong>an</strong>gesehene, knieende<br />

Figur tatsächlich den Komponisten darstellt, ist allerdings sehr unwahrscheinlich.<br />

Denkmal Maria Theresia von Kaspar von Zumbusch<br />

Maria-Theresien-Platz<br />

Am theatralisch inszenierten Denkmal der Kaiserin Maria Theresia von Kaspar von Zumbusch<br />

(1888) befindet sich auch eine „Komponistengruppe“, bestehend aus Gluck, Haydn und Mozart<br />

(letzterer als Kind dargestellt; Haydn legt ihm die H<strong>an</strong>d auf die Schulter), positioniert hinter<br />

Gerard v<strong>an</strong> Swieten, dem Leibarzt der Kaiserin und Vater des Textdichters von Haydns<br />

Ora<strong>to</strong>rien „Die Schöpfung“ und „Die Jahreszeiten“.<br />

2. Bezirk<br />

Kirche der Barmherzigen Brüder in der Leopoldstadt<br />

Taborstraße 16<br />

Hier wirkte Haydn in den Jahren 1755 bis 1758 bei den Sonntagsmessen als Geiger. Oft trat er<br />

noch am selben Tag als Org<strong>an</strong>ist in der Gräflich Haugwitz’schen Kapelle (in der Böhmischen<br />

Hofk<strong>an</strong>zlei – heute Österreichischer Verwaltungsgerichtshof) auf.<br />

3. Bezirk<br />

(Ehemaliges) Gluck-Wohnhaus<br />

Rennweg 93<br />

1772 wurde in der Wohnung Glucks <strong>an</strong>lässlich des Besuchs des Musikers und Musikhis<strong>to</strong>rikers<br />

Charles Burney ein Streichquartett Haydns aufgeführt. Charles Burney bef<strong>an</strong>d sich neuerlich auf<br />

einer Reise auf dem Kontinent, um die Musik in den deutschen Ländern und in den Niederl<strong>an</strong>den<br />

zu studieren. Ein Jahr zuvor hatte er die Erfahrungen seiner vor<strong>an</strong>gehenden Reise durch<br />

Fr<strong>an</strong>kreich und Italien publiziert: „The Present State of Music in Fr<strong>an</strong>ce <strong>an</strong>d Italy“. Im Zuge<br />

seiner ersten London-Reise 1791/92 lernte Joseph Haydn Charles Burney persönlich kennen,<br />

der zur Ankunft des Komponisten ein Huldigungsgedicht verfasst hatte.


8. Bezirk<br />

Piaristenkirche Maria Treu in der Josefstadt<br />

Jodok-Fink-Platz<br />

1771 wurde Haydns „Stabat Mater“ – eine äußerst komplexe Kirchenkomposition – in der<br />

Piaristenkirche Maria Treu aufgeführt. 25 Jahre später – am 26. Dezember 1796 – gel<strong>an</strong>gte hier<br />

Haydns „Missa in tempore belli“ zur Uraufführung. Aufgrund des bedrohlichen Einsatzes der<br />

Pauken wurde diese Messe – geschrieben in der Zeit des Ersten Koalitionskrieges –<br />

„Paukenmesse“ gen<strong>an</strong>nt.<br />

12. Bezirk<br />

(Ehemaliger) Hundsturmer Friedhof<br />

Haydnpark, Gaudenzdorfer Gürtel<br />

Am Hundsturmer Friedhof, heute Haydnpark, wurde Haydn am 1. Juni 1809 bestattet – sein<br />

Leichnam wurde 1820 exhumiert und in das Mausoleum der Bergkirche in Eisenstadt überführt.<br />

Haydns Schädel, der noch im Juni 1809 von einem Freund Haydns und Anhänger der<br />

Gall’schen Schädellehre vom Leichnam des Komponisten entfernt worden war, wurde erst im<br />

Jahre 1954 in der Bergkirche in Eisenstadt beigesetzt.<br />

13. Bezirk<br />

Schloss Schönbrunn<br />

Im Zuge seiner Tätigkeit als Chorknabe im Steph<strong>an</strong>sdom trat Joseph Haydn auch bei<br />

musikalischen Darbietungen in Schönbrunn auf. Die Anekdote erzählt, dass er 1745 wegen<br />

ungehörlichen Betragens abgestraft wurde. Haydn sollte später – in Diensten der Fürsten<br />

Esterházy – nach Schönbrunn zurückkehren: So trat er 1777 <strong>an</strong>lässlich des Besuchs des<br />

Kurfürsten von Trier mit der Kapelle des Fürsten Esterházy bei der kaiserlichen Tafel in<br />

Schönbrunn auf.<br />

Welche Erfahrungsmöglichkeiten, auch im Hinblick auf die Einschätzung der eigenen Kräfte und<br />

Möglichkeiten, boten jungen, <strong>an</strong>gehenden Musikern solche Auftritte bei Hof? Auch diesbezüglich<br />

machte der junge Haydn <strong>an</strong>dere Erfahrungen als der junge Mozart, für den die<br />

Statusunterschiede im Narkotikum des „Wunderkind-Daseins“ förmlich verschwammen – nicht<br />

zufälligerweise ließ sich Mozart in den ihm von Maria Theresia geschenkten Kleidern eines<br />

Erzherzogs abbilden.<br />

Da Ponte Institut Wien, im Dezember 2008<br />

www.daponte.at

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