Nr. 09 November 2010 Geronto-News Die Online-Fachzeitschrift für
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<strong>Nr</strong>. <strong>09</strong> <strong>November</strong> <strong>2010</strong><br />
<strong>Geronto</strong>-<strong>News</strong><br />
<strong>Die</strong> <strong>Online</strong>-<strong>Fachzeitschrift</strong> <strong>für</strong> Altenpflege<br />
Schwerpunkt: Behinderung im Alter<br />
Weiters:<br />
• Klagen: Benotungen <strong>für</strong> Pflegeheime<br />
• Wählen: Pflege und Parteien im Wahlkampf<br />
• Forschen: Ehescheidungen im Alter steigen an<br />
• Handeln: Mund- und Zahnhygiene im Altenheim<br />
• Sorgen: Teamcoaching – mehr als nur Krisenheilmittel<br />
• Planen: Fortbildungsmanagement – effizient und richtig<br />
• Buchen: Lehrgänge <strong>für</strong> HirnbenutzerInnen ab Jänner 2011
Liebe LeserInnen und Leser<br />
Zunächst einmal steht eine Erklärung an: Seit fast sechs Monaten sind wir Euch<br />
diese Ausgabe der <strong>Geronto</strong> <strong>News</strong> schuldig und nicht wenige dachten schon, wir<br />
seien nun endlich komplett von der Bildfläche verschwunden. Ist aber nicht so –<br />
wir mussten bloß mal eben die Welt retten. Konkret die eines Altenheimes in der<br />
Obersteiermark, das im Sommer hart in die Bredouille gekommen war – sowohl<br />
personalmässig als auch rechtlich.<br />
Was das Rechtliche anbelangt – der Vorwurf einer fahrlässigen Körperverletzung –<br />
so konnte dieser durch unseren Einsatz und die (i. Ü. hervorragende) Kooperation<br />
mit der Polizei und Heimkontrolle binnen weniger Tagen abgewehrt werden, die<br />
Personalmisere allerdings bleibt und erreicht gerade in der Steiermark, die vom<br />
Pflegenotstand am schlimmsten betroffen ist, neue Höhen, die zu letzt in einem<br />
Skandal um Vergewaltigungen und Prügeleien in einem Behindertenheim gipfelten.<br />
Was die Personalprobleme betrifft, reagierte unser Klient jedoch absolut positiv<br />
und fortschrittlich: Den vorhandenen Pflegekräften wird seit Juli Teamcoaching<br />
angeboten, ein überaus effizientes Instrument, dass sich auch (aber eben nicht<br />
nur) in Krisen bestens bewährt hat (und über das Manuela Steinmetz in dieser<br />
Ausgabe ausführlich schreibt) und es wird nun überlegt, auch südlich des Alpenhauptkamms<br />
vermehrt Pflegekräfte aus Deutschland zu requirieren, womit ja<br />
schon in Tirol und Oberösterreich ausgezeichnete Erfahrungen gemacht wurden.<br />
Wir werden auf jeden Fall am Ball bleiben und in einer der nächsten Nummern den<br />
Schwerpunkt „Migration in der Altenpflege“ bringen. Nicht zuletzt auch aus dem<br />
Grund, weil uns das Gesocks der „Fremdenfeindlichen Proleten Österreichs“ (FPÖ)<br />
mittlerweile sowas von ankotzt, dass es kaum mehr zu beschreiben ist, ohne den<br />
Rahmen des guten Tons zu verlassen. <strong>Die</strong> Tatsache der Wahlerfolge dieser Partei –<br />
letztendlich auch ein Ergebnis der katastrophalen (Un-)Bildungspolitik von ÖVP und<br />
SPÖ – tut weder unserem Zorn Abbruch, noch unserer Scham.<br />
In dieser Ausgabe der <strong>Geronto</strong>-<strong>News</strong> (deren Coverbild aus der spitzen Feder von<br />
Katharina Luksch stammt) heißt der Schwerpunkt “Alter und Behinderung“ – auch<br />
etwas, über das in der breiten Masse lieber geschwiegen anstatt geschrieben, bzw.<br />
geredet wird. Zumindest vernehmen wir nur wenig dazu aus anderen Fachmedien,<br />
die sich halt lieber der Selbstbeweihräucherung oder weltfremderen (und damit<br />
aber auch unverbindlicheren) Themen annehmen.<br />
Jedoch: Das Fachpublikum (vor allem jenes abseits der Elfenbeintürme) quittiert<br />
das entsprechend: Bei einem kürzlich durchgeführten Ranking der beliebtesten<br />
Webseiten zu Themen der Pflege im österreichischen Teil des Internets belegte<br />
unsere Website www.geronto.at den 3. Platz, gleich hinter dem (wahrscheinlich<br />
ewigen) Marktführer www.lazarus.at und der Homepage des ÖGKVs. Für eine Site,<br />
die bloß von zwei Leuten betrieben wird, eine ziemlich gute Leistung, finden wir.<br />
Ansonsten wünschen wir auch Euch einen heißen Herbst, bei dem Ihr dennoch<br />
einen kühlen Kopf bewahrt. Passt auf euch auf und lasst euch nix gefallen.<br />
Manuela und Der Luksch<br />
Editorial<br />
Impressum: <strong>Geronto</strong>-<strong>News</strong> ist ein Produkt der Gruppe <strong>Geronto</strong>.at und erscheint monatlich.<br />
<strong>Die</strong> Zusendung erfolgt Email. Wenn Sie das nicht möchten, bestellen Sie es einfach ab.<br />
<strong>Die</strong> Ausgaben erhalten Sie als Download auch auf unserer Homepage www.geronto.at.<br />
Eigentümer, Herausgeber, Chefredakteur und <strong>für</strong> den Inhalt verantwortlich ist<br />
DGKP Christian Luksch, A-1140 Wien, E-Mail: office@geronto.at.<br />
2
Alarmierender Ernährungszustand<br />
alter Menschen in Österreich<br />
WIEN - Viele Senioren sind mangelernährt. Oft<br />
genügt schon die mit dem Alter zunehmende<br />
Einschränkung des persönlichen Aktionsradius,<br />
um in solche Defizite abzugleiten, welche die<br />
Krankheitsgefahr und Sterblichkeit erhöhen.<br />
Ein interdisziplinäres Konsensus-Statement,<br />
das am 16. September, beim Österreichischen<br />
Kongress <strong>für</strong> Führungskräfte in der Altenarbeit<br />
in Wien präsentiert wird, soll Leitlinien zur<br />
Aufdeckung und Behebung von Mangelernährung<br />
bei betagten Menschen darstellen.<br />
Das Papier wurde von der ARGE <strong>für</strong> Klinische<br />
Ernährung, der Österreichischen Gesellschaft<br />
<strong>für</strong> Geriatrie und <strong>Geronto</strong>logie (ÖGGG) und<br />
dem Verband der Diätologen Österreichs erstellt<br />
und umfasst 75 Seiten. Es umfasst Anleitungen,<br />
wie Mangelernährung durch systematisches<br />
Monitoring und Assessment in Pflegeeinrichtungen<br />
oder in der Pflege zu Hause<br />
möglichst früh erkannt werden kann und wie<br />
Ernährungs-Teams durch geeignete Maßnahmen<br />
gegensteuern können.<br />
Insgesamt nimmt das Problem "Mangelernährung<br />
bei alten Menschen in den westlichen<br />
Industriestaaten zu. "Der Ernährungsstatus<br />
älterer Menschen in der Langzeitpflege ist<br />
alarmierend", so Erich Roth (MedUni Wien).<br />
Eine Studie mit dem Titel "NutritionDay in<br />
Pflegeheimen" mit über 2.100 untersuchten<br />
Personen zeigte, dass bei 17% eine Mangelernährung<br />
bestand, weitere 14% waren in<br />
Gefahr einer solchen. Ungewollter Gewichtsverlust,<br />
ein Indikator <strong>für</strong> Mangelernährung,<br />
bestand bei 9%. <strong>Die</strong> Nahrungsaufnahme der<br />
Mittagsmahlzeit war bei 33% unzureichend.<br />
Eine weitere Untersuchung von 245 Pflegeheim-Bewohnern<br />
in Wien (Pflegestufe 3 bis 5)<br />
mittels "Mini Nutritional Assessment" zeigte:<br />
Nur 14% hatten einen zufriedenstellenden<br />
Ernährungsstatus, 38% waren mangelernährt<br />
und bei 48% bestand ein Risiko da<strong>für</strong>.<br />
Von wissenschaftlicher Seite sei zweifelsfrei<br />
geklärt, dass Malnutrition in Pflegeinstitutionen<br />
und in der Pflege zu Hause systematisch<br />
begegnet werden muss, so Erich Roth. Gefordert<br />
sei nun die Politik: Sie müsse das Thema<br />
Mangelernährung ernst nehmen, entsprechende<br />
Regelungen erlassen und geeignete<br />
Projekte konsequent unterstützen.<br />
Quelle: Der Standard<br />
<strong>News</strong><br />
3<br />
Schleswig Holstein sucht Pflegeheim<br />
<strong>für</strong> alternde Junkies<br />
KIEL - Beim Stichwort Drogensucht hat man<br />
viele Bilder vor Augen. Einen 67-Jährigen im<br />
Crackrausch aber mit Sicherheit nicht. Eine<br />
Studie in Schleswig-Holstein bringt nun hervor:<br />
So abwegig ist das gar nicht.<br />
Während in den 70er und 80er Jahren Abhängige<br />
von harten Drogen zu 90% an Überdosen<br />
starben, werden sie heute durch die bessere<br />
medizinische Versorgung und den Einsatz von<br />
Substitutionsmitteln immer älter. 40% der<br />
Betroffenen in Schleswig-Holstein seien über<br />
40 Jahre alt, sagt Hans-Georg Hoffmann, Leiter<br />
der Fachambulanz Kiel: "Der Älteste bei<br />
uns, der Methadon bekommt, ist 67."<br />
Noch ist Drogensucht im Alter kein Thema <strong>für</strong><br />
die Pflegebranche. Anke Buhl, Referentin <strong>für</strong><br />
Alten- und Pflegepolitik bei der AWO Schleswig-Holstein,<br />
räumt ein: "Wir haben uns bisher<br />
noch kaum mit diesem Thema beschäftigt,<br />
weil die Notwendigkeit nicht da war."<br />
Das dürfte sich bald ändern, wie Hoffmann<br />
erklärt: "Drogenabhängige sind in der Regel<br />
15 Jahre älter, als sie eigentlich sind."<br />
In ein paar Jahren, be<strong>für</strong>chtet Hoffmann, wird<br />
es ein großes Problem mit der Unterbringung<br />
der Drogenabhängigen in Alten- und Pflegeheimen<br />
geben. Viele Drogenabhängige haben<br />
massive gesundheitliche Probleme mit den<br />
Lungen oder dem Herz-Kreislauf-System. Buhl<br />
regt deshalb an, dass sich Altenpflegeeinrichtungen<br />
noch stärker mit Suchtberatungszentren<br />
vernetzen sollten.<br />
Zuerst aber sollten sich Ärzte untereinander<br />
besser verständigen und Medikamente vorsichtiger<br />
verschreiben. Oft wisse der eine Arzt<br />
nicht, was der andere verschreibe. In Verbindung<br />
mit Alkohol sei dies bei älteren Menschen<br />
ein gefährlicher Cocktail.<br />
Quelle: Süddeutsche
Probleme der Thromboseprophylaxe:<br />
Jeder dritte Stützstrumpf sitzt falsch<br />
BOCHUM Mehr als zwei Drittel der Patienten,<br />
denen der Arzt wegen Venenleiden Kompressionsstrümpfe<br />
verschreibt, tragen sie nicht<br />
regelmäßig. Dabei kann der Strumpf gefährliche<br />
Thrombosen und offene Beine vermeiden.<br />
Hauptstörfaktoren sind <strong>für</strong> die Patienten<br />
Hautprobleme und schlechter Sitz.<br />
Jeder dritte Strumpf rutscht oder schnürt ein.<br />
Das hat eine Studie von Venenspezialisten der<br />
Ruhr Uni Bochum um Prof. Markus Stücker<br />
ergeben. „Kompressionsstrümpfe müssen unbedingt<br />
von geschultem Fachpersonal genau<br />
angepasst werden“, fordert der Experte. Hautprobleme<br />
wie Trockenheit oder Jucken lassen<br />
sich durch spezielle Pflegeprodukte verhindern<br />
PatientInnen mit Venenleiden haben häufig<br />
schwere und geschwollene Beine. Kompressionstherapien<br />
mit Verbänden und Strümpfen<br />
verringern diese Symptome und senken auch<br />
das Risiko <strong>für</strong> lebensgefährliche Folgen des<br />
Venenleidens wie Thrombosen oder schlecht<br />
heilende Unterschenkelgeschwüre.<br />
Allerdings wenden etwa 67% der Männer und<br />
69% der Frauen die empfohlen Kompressionstherapie<br />
nicht regelmäßig an. Warum, wollten<br />
die Mediziner am RUB-Venenzentrum wissen<br />
und starteten eine Befragung Betroffener.<br />
Heraus kam, dass nur 29% der Patienten die<br />
Kompressionsversorgung als angenehm empfanden.<br />
59% beklagen eine Trockenheit der<br />
Haut, 33% Juckreiz an den Beinen. Bei 29%<br />
der Patienten sitzt der Kompressionsstrumpf<br />
nicht richtig, sondern rutscht oder bildet<br />
Schnürfurchen. Das muss nicht so sein“, betont<br />
Prof. Stücker.<br />
„Der perfekte Sitz lässt sich erreichen, wenn<br />
der Strumpf optimal angepasst ist. Insbesondere<br />
Kompressionsstrümpfe sollten deswegen<br />
unbedingt durch speziell ausgebildete Fachkräfte<br />
angemessen werden.“ Hautkomplikationen<br />
kann man vorbeugen.<br />
Spezielle Gel-Präparate, die vor dem Anziehen<br />
der Strümpfe aufgetragen werden, minimieren<br />
die mechanische Belastung der Haut. Abends<br />
können Patienten rehydrierende Lotionen auftragen<br />
und so die Regeneration der Haut über<br />
Nacht fördern. „Dann ist es nicht mehr unangenehm,<br />
den Strumpf zu tragen“, so Stücker.<br />
Quelle: www.careum-explorer.ch<br />
<strong>News</strong><br />
4<br />
Grippeimpfung schützt BewohnerInnen<br />
von Altenheimen<br />
SYDNEY <strong>Die</strong> Grippeimpfung ist bei Bewohnern<br />
von Seniorenheimen effektiv. <strong>Die</strong>s gilt selbst<br />
dann, wenn die Virusstämme im Impfstoff<br />
nicht korrekt mit den zirkulierenden Virusstämmen<br />
übereinstimmen.<br />
Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie an der<br />
Universität von Sydney mit knapp 290 gegen<br />
Influenza geimpften und 60 nicht geimpften,<br />
gebrechlichen Bewohnern von Seniorenheimen.<br />
Das mittlere Alter lag bei 81 Jahren.<br />
Ausgewertet wurden die Daten der Grippesaison<br />
2007. Damals zirkulierten auf der Südhalbkugel<br />
Driftvarianten von H1N1- und<br />
H3N2-Influenzaviren. <strong>Die</strong> in der Vakzine enthaltenen<br />
Stämme stimmten mit diesen Driftvarianten<br />
nicht komplett überein.<br />
Trotzdem war die Grippeimpfung effektiv: So<br />
gab es bei den geimpften Bewohnern 40 laborbestätigte<br />
Grippeerkrankungen, das entspricht<br />
einer Rate von 14 %. Bei den Ungeimpften<br />
gab es vierzehn Grippeerkrankungen,<br />
das entspricht einer Rate von 24 %. Daraus<br />
errechneten die Autoren eine Effektivität der<br />
Grippeimpfung von 61 %.<br />
Auch die Hospitalisierungsrate wegen Lungenentzündungen<br />
oder grippeähnlicher Erkrankungen<br />
war bei den Geimpften mit 3 % geringer<br />
als bei den Nichtgeimpften mit 10%. Ähnlich<br />
die Sterberate, die bei 4% vs 7% lag.<br />
<strong>Die</strong> Impfrate bei den Bewohnern von Seniorenheimen<br />
wurde in der Studie mit 60 bis 100<br />
% angegeben, die Impfrate bei den Beschäftigten<br />
mit 11 bis 33 %. Ungeimpfte Kontaktpersonen<br />
können Grippeviren verbreiten, MitarbeiterInnen<br />
von Einrichtungen wie Seniorenheimen<br />
sind daher eine weitere wichtige<br />
Zielgruppe der Grippeimpfung.<br />
Quelle: Ärztezeitung
Benotungen <strong>für</strong> Pflegeheime in Deutschland sind rechtswidrig<br />
Eine „supergute Idee“ meinte man in Deutschland gefunden zu haben, um die Pflegequalität<br />
zu steigern: Ein bundesweites Benotungssystem <strong>für</strong> Pflegeheime sollte <strong>für</strong> Interessierte<br />
Orientierung bieten und durch Förderung des Wettbewerbes die Qualität der Einrichtungen<br />
verbessern. Jetzt hat ein Gericht entschieden: <strong>Die</strong>se Art der Bewertung ist irreführend.<br />
<strong>Die</strong> Beurteilungskriterien in den sogenannten<br />
Transparenzberichten seien "nicht geeignet,<br />
die von den Pflegeheimen erbrachten Leistungen<br />
und deren Qualität sachgerecht zu beurteilen",<br />
erläuterte ein Sprecher des Sozialgerichts<br />
Münster die Entscheidung.<br />
<strong>Die</strong> Transparenzberichte sollen Heime miteinander<br />
vergleichbar machen. Da<strong>für</strong> lag bislang<br />
ein Kriterienkatalog mit 82 Punkten vor. <strong>Die</strong><br />
Noten basieren auf Befragungen, die Tester<br />
des Medizinischen <strong>Die</strong>nstes der Krankenkassen<br />
in Pflegeheimen erheben. <strong>Die</strong> Prüfer besuchten<br />
unangekündigt Pflegeheime und analysieren<br />
sie anhand der Kriterien.<br />
<strong>Die</strong>se reichen vom Umgang mit Medikamenten<br />
über Hygiene, Sauberkeit, Lesbarkeit der<br />
Speisepläne bis hin zum Freizeitangebot des<br />
Heims. Auch die Meinung der Heimbewohner<br />
fließt in die Bewertung mit ein. Nach dem<br />
Schulnotenprinzip wurden dann die einzelnen<br />
Bereiche bewertet.<br />
Den Anstoß <strong>für</strong> das Prüfsystem hatten i. Ü<br />
Berichte über eine erschreckend hohe Zahl<br />
wundgelegener und unterernährter Heimbewohner<br />
geliefert. Daraufhin war beschlossen<br />
worden, sämtliche Heime und ambulanten<br />
Pflegedienste unangemeldet und einmal im<br />
Jahr zu prüfen und diese Ergebnisse auch zu<br />
veröffentlichen. <strong>Die</strong> Notenvergabe war seit<br />
ihrer Einführung im vergangenen Jahr allerdings<br />
stark umstritten.<br />
So bemängelte auch der bekannte Münchner<br />
Pflegekritiker Fussek das Benotungssystem als<br />
wenig hilfreich. In der Branche tummelten<br />
sich bereits zahlreiche Berater, die Heimbetreiber<br />
„darin unterweisen, wie sie <strong>für</strong><br />
schlechte Häuser gute Noten bekommen“,<br />
sagte er dem Tagesspiegel.<br />
Außerdem nütze es oft wenig, die teils schweren<br />
Mängel von Pflegeheimen zu kennen.<br />
„Viele Häuser werden nicht geschlossen, weil<br />
keiner weiß, wohin mit den Bewohnern“, sagte<br />
er. „Und viele Heime sind auch deshalb so<br />
schlecht, weil gute Pflegekräfte auf dem Arbeitsmarkt<br />
kaum noch zu finden sind.“<br />
Recht<br />
5<br />
Ein Heim im Raum Borken klagte nun gegen<br />
die Veröffentlichung des Transparenzberichtes<br />
im Internet und bekam Recht. Dass in diesem<br />
Fall die Veröffentlichung untersagt wurde, ist<br />
ein bundesweites Präzedenzurteil.<br />
Das Gericht stützte sich in seinem Urteil unter<br />
anderem auf eine wissenschaftliche Studie<br />
vom Juli <strong>2010</strong>, die ergeben hatte, dass nur<br />
zwei der 64 Einzelnoten den Maßstab der Ergebnisqualität<br />
beträfen und hält zudem die<br />
Systematik der Bewertung <strong>für</strong> misslungen.<br />
<strong>Die</strong> Darstellung der Pflegenoten im Transparenzbericht<br />
sei <strong>für</strong> den Leser nicht nachvollziehbar.<br />
Sie stelle eine Irreführung der<br />
Verbraucher dar, heißt es im Urteil.<br />
Der Spitzenverband der Pflegekassen lobte<br />
hingegen die Transparenz, die durch die Vergabe<br />
von Noten entstanden sei. "<strong>Die</strong> Pflegenoten<br />
haben erstmals Transparenz in die Pflegequalität<br />
gebracht", sagte Verbandssprecher<br />
Florian Lanz. Es wäre ein gewaltiger Rückschritt<br />
<strong>für</strong> die Verbraucherinnen und Verbraucher,<br />
wenn sich künftig schlechte Pflege wieder<br />
unter dem Mantel der Intransparenz verstecken<br />
könnte. <strong>Die</strong> Pflegenoten hätten sich<br />
grundsätzlich bewährt. "Wir sehen der weiteren<br />
rechtlichen Prüfung gelassen entgegen."<br />
Vorerst darf der Transparenzbericht nicht veröffentlicht<br />
werden. Wegen der Bedeutung des<br />
Rechtsstreits, ließ das Gericht die Revision<br />
zum Bundessozialgericht zu.<br />
Quelle: www.zeit.de
<strong>Die</strong> Qualen der Wahlen<br />
<strong>Die</strong> Landtagswahlen in Wien und Steiermark bereiteten Österreich einen heißen Herbst mit<br />
blauen Wunder. In beiden Bundesländern versagten SPÖ, ÖVP und Grüne und erreichten<br />
ihre Wahlziele nicht. Wieder mal gelang es H. C. Strache, dass die AusländerInnendebatte<br />
(und nur diese) die Wahl bestimmte. Aber war da eigentlich sonst noch etwas?<br />
Zwei Wochen vor der Wiener Wahl erhielt eine<br />
Klasse einer Wiener Gesundheits- und Krankenpflegeschule<br />
im Geriatrie-Unterricht den<br />
Auftrag, die Programme der vier größeren<br />
wahlwerbenden Parteien zu vergleichen, bzw.<br />
bei diesen nachzufragen, welche Lösungsvorschläge<br />
denn diese <strong>für</strong> den vakanten Pflegenotstand<br />
– immerhin fehlen alleine im Bereich<br />
der Altenpflege 8000 Pflegekräfte – hätten.<br />
<strong>Die</strong> Ergebnisse waren fatal: Zum Begriff der<br />
Pflege selbst wurde in den Wahlprogrammen<br />
lediglich das Thema „Pflegegeld“ assoziiert,<br />
weitere wichtige Themen, wie etwa die Attraktivierung<br />
des Pflegeberufes oder gar Lösungsvorschläge<br />
<strong>für</strong> den Personalnotstand kamen,<br />
wenn überhaupt, lediglich als Fußnoten vor.<br />
Judith Mörzinger, Schülerin dieser Klasse und<br />
19jährige Erstwählerin wollte sich mit der<br />
gähnenden Lehre in den Buntprospekten nicht<br />
zufrieden geben, griff zum Telefon und wählte<br />
die Bürgerservicebüros der vier größeren Parteien<br />
an, um ihnen folgende drei Fragen zu<br />
stellen:<br />
1. Was ist Ihrer Meinung nach der Grund <strong>für</strong><br />
den Personalmangel in der Altenpflege?<br />
2. Wie stellen Sie sich die Pflege alter Menschen<br />
in 30 Jahren vor?<br />
3. Welche Lösungsvorschläge haben Sie <strong>für</strong><br />
den Mangel an Pflegekräften?<br />
<strong>Die</strong> Antworten der FPÖ<br />
Ad 1: „Es ist eine Aufgabe der Partei sich um<br />
dieses Problem zu kümmern, wir würden im<br />
Gegensatz zu den anderen Parteien mehr Zeit<br />
in die Lösung dieses Problems investieren.“<br />
Ad 2: „<strong>Die</strong> 24 Stundenpflege muss billiger<br />
werden damit sie <strong>für</strong> jeden leistbar wird, und<br />
keine ausländischen Pfleger mehr notwendig<br />
sind (sic!). Außerdem würden wir den Hauskrankenpflegern<br />
mehr bezahlen (...).“<br />
Ad 3: „<strong>Die</strong> FPÖ würde das Image der GuKP<br />
verbessern. Weiter würden wir Pflegern mehr<br />
bezahlen, um den Beruf attraktiver zu gestalten<br />
und auf diese Weise mehr Personal <strong>für</strong> die<br />
Geriatrie zu gewinnen.“<br />
Politik<br />
6<br />
(Interessant finden wir die Meinung, dass<br />
wir keine ausländischen Pflegekräfte mehr<br />
brauchen werden, wenn die 24-Stunden-<br />
Betreuung billiger wird, sowie den Ansatz<br />
nur den Pflegern, nicht aber den Pflegerinnen<br />
mehr zu bezahlen.)<br />
Und hier die Antworten der ÖVP:<br />
Ad 1: „Der Grund warum so wenige Pfleger in<br />
der Geriatrie arbeiten wollen ist wahrscheinlich<br />
das enorme Imageproblem mit dem die<br />
GuKP noch immer zu kämpfen hat. Auch wenn<br />
ich an Krankenpflege denke, verbinde ich diesen<br />
Beruf vor allem mit Körperpflege und dem<br />
Umgang mit Ausscheidungen.“<br />
(Ja, ein Scheiß-Job eben...)<br />
Ad 2: „Ideal wäre es, wenn alte Menschen<br />
von ihren Angehörigen zuhause gepflegt werden.<br />
Selbstverständlich ist mir bewusst, dass<br />
dies in der heutigen Zeit nicht möglich ist,<br />
doch würde man das Image verbessern, würde<br />
sich auch dieses Problem lösen. Ich kann<br />
mir jedoch nicht vorstellen, dass dies durch<br />
eine Steigerung des Gehalts lösbar wäre (...).“<br />
(... der auch noch dazu schlecht bezahlt<br />
bleiben soll.)<br />
Ad 3: „Um Ihnen einen konkreten Lösungsvorschlag<br />
präsentieren zu können, würde ich<br />
Sie bitten zu mir ins Büro zu kommen. Denn<br />
sonst müsste ich mir jetzt schnell einen Vorschlag<br />
aus dem Ärmel schütteln.“<br />
<strong>Die</strong> Antworten von SPÖ und Grünen<br />
zu diesen Fragen blieben aus. <strong>Die</strong> Vertreter<br />
beider Parteien waren nicht bereit (oder nicht<br />
fähig?), sich zu diesen Fragen zu äußern, forderten<br />
Frau Mörzinger aber auf, ihre Fragen<br />
per Email zu schicken, was diese auch tat. Sie<br />
wartet noch heute auf die Antwort.<br />
Wo Judith in der Wahlzelle ihr Kreuzchen<br />
hinmachte, entzieht sich unserer Kenntnis,<br />
sollte sie aber weiß gewählt haben, könnten<br />
wir das nur zu gut verstehen.<br />
(Kommentare: DGKP Christian Luksch)
Späte Scheidung: Alte Liebe rostet manchmal doch!<br />
Sie haben Kriegs- und Nachkriegswirren gesund überlebt, sie haben Kinder großgezogen<br />
und scheinbar plötzlich heißt es „Aus“ <strong>für</strong> ihre Ehe. Was <strong>für</strong> Außenstehende oft schwer<br />
nachvollziehbar ist, hat die deutsche Psychologin Insa Fooken empirisch untersucht.<br />
„Es gibt Hinweise, dass frühe Belastungen<br />
lange Zeit im Lebensverlauf unterhalb einer<br />
scheinbar lebenstüchtigen Resilienzstruktur<br />
schlummern und erst in viel späteren Entwicklungsphasen<br />
als Reaktionen aufbrechen können“,<br />
erklärt Fooken.<br />
Mittels biographischen Interviews hat die Wissenschaftlerin<br />
herausgefunden, dass sich hinsichtlich<br />
der subjektiven Erklärungen <strong>für</strong> späte<br />
Scheidungen drei Muster erkennen lassen:<br />
Erstens das Erleben eines abrupten Konsensbruches<br />
einer bis dahin als weitgehend ungetrübt<br />
erlebten Beziehung mit typischen Formulierungen<br />
wie „Ich bin aus allen Wolken gefallen“<br />
oder „Er/sie hat ohne Vorwarnung das<br />
gemeinsame Boot verlassen.“<br />
Zweitens das Empfinden, einer trügerischen<br />
Konsensus-Illusion aufgesessen zu sein. Man<br />
habe allmählich auftauchende Dissonanzen<br />
einfach nicht sehen wollen.<br />
Der dritte Erklärungsansatz besteht in einem<br />
langjährigen Dissens: man habe sich fast nie<br />
vom Partner/ von der Partnerin wertgeschätzt<br />
gefühlt, das langjährige Aufrechterhalten der<br />
als unbefriedigend empfundenen Beziehung<br />
wird auf den „Druck der Verhältnisse“ oder<br />
auf eigene Schwäche zurückgeführt.<br />
Kriegskinder und Nachkriegskinder<br />
Befragt hat Fooken insgesamt 83 Frauen und<br />
Männer die um 1940 bzw. 1950 geboren wurden,<br />
die durchschnittliche Ehedauer der „40er-<br />
Kohorte“ betrug 27, die der „50er - Kohorte“<br />
21 Jahre.<br />
Bei der Analyse der Daten fällt auf, dass zwar<br />
die Hälfte der „40er“ Männer den Konsensbruch<br />
als Erklärung nennt, ihre Partnerinnen<br />
dagegen viel häufiger davon ausgehen, dass<br />
die Trennung die Folge einer schon lange Jahre<br />
unerträglichen Beziehung ist (Dissens).<br />
Unter den Nachkriegskindern der 50er Kohorte<br />
gibt es dagegen kaum geschlechtspezifische<br />
Unterschiede: hier wird von Männern und<br />
Frauen der langjährige Dissens als häufigste<br />
Erklärung angeführt.<br />
Forschung<br />
7<br />
Scheidungsstatistik<br />
Im Jahr 2004 wurden in Österreich insgesamt<br />
19.500 Ehen geschieden, 1984 waren es<br />
14.689. Lag in diesem Jahr der Prozentsatz<br />
der Scheidungen nach 20 bis 25 Jahren Ehe<br />
bei 7,3, betrug er 20 Jahre später bereits 8,9.<br />
1984 wurden außerdem 5,1% der Ehen nach<br />
25 und mehr Jahren geschieden. Ganz ähnlich<br />
wird in Deutschland ein zweiter später Scheidungsgipfel<br />
registriert.<br />
„Galt früher, dass eine Scheidung umso unwahrscheinlicher<br />
wird, je länger die Ehe bislang<br />
gehalten hat, so steuert die Rate der<br />
späten Scheidungen bereits auf ein Fünftel<br />
aller Scheidungen zu“, betont Fooken.<br />
„Späte Scheidungen sind nicht zuletzt deshalb<br />
von Bedeutung, weil ehelichen Beziehungen<br />
im Hinblick auf körperliche und seelische Gesundheit<br />
eine protektive Funktion zukommt<br />
und geschiedene Personen diesbezüglich ein<br />
deutlich höheres Risiko aufweisen.“ Das gilt<br />
vor allem <strong>für</strong> geschiedene Männer.<br />
„Wir müssen uns vor Augen halten, dass aus<br />
der Generation der Kriegskinder („40er-<br />
Kohorte) alleine in Deutschland etwa ein Viertel<br />
der Kinder über mehrere Jahre ohne Vater<br />
aufgewachsen ist“, sagt Prim. Dr. David Vyssoki,<br />
Leiter der Ambulanz am psychosozialen<br />
Zentrum ESRA in Wien. Dass Männer und<br />
Frauen ihre Beziehung und das Scheitern der<br />
Selben aus einem unterschiedlichen Blickwinkel<br />
sehen, sei vor allem eine Folge der Sozialisationsbedingungen.
„<strong>Die</strong> Frauen haben das Vorbild der starken<br />
Mutter, während den Männern ein geschlechtsspezifisches<br />
Vorbild fehlt – sie konnten<br />
kaum das Gefühl entwickeln, wie sie als<br />
Mann sein sollten.“ Zu der schwierigen Familiensituation<br />
der über Jahre alleinerziehenden<br />
Kriegsmütter kommt die Tatsache, dass die<br />
Kinder früh mit Hunger und Gewalt konfrontiert<br />
wurden.<br />
„Bei den heute etwa 70-jährigen kommt es<br />
mit dem Verlust von Beziehungen häufig zur<br />
Reaktivierung dieser traumatischen Erlebnisse“<br />
– Tatsachen, die im Hinblick auf die Entstehung<br />
psychosomatischer Erkrankungen<br />
berücksichtigt werden müssen.<br />
Trennung und seelische Gesundheit<br />
Während die unterschiedlichen Erklärungsmuster<br />
keine Auswirkung auf die seelische<br />
Gesundheit der spät Geschiedenen haben,<br />
zeigen sich Unterschiede zwischen Alterskohorten<br />
und Geschlechtern: „40er“ Frauen liegen<br />
im Hinblick auf ihre seelische Gesundheit<br />
am unteren Rand des Normbereiches, „50er“<br />
Männer sogar im Bereich klinischer Auffälligkeit.<br />
„40er“ Männer und „50er“ Frauen scheinen<br />
dagegen psychisch weniger auffällig zu<br />
sein.<br />
Fooken deutet dieses Ergebnis damit, dass bei<br />
40er Männern möglicherweise ein Phänomen<br />
der Verdrängung vorhandener Risiken beziehungsweise<br />
eine defensive Selbstbehauptung<br />
und Aufrechterhaltung der Illusion psychischer<br />
Gesundheit besteht. Auch ist in dieser Gruppe<br />
das Erklärungsmuster „Konsensbruch“ vorherrschend.<br />
<strong>Die</strong> herabgesetzte seelische Gesundheit der<br />
weiblichen Kriegskinder könnte wiederum eine<br />
Folge der fehlenden Entwicklung eigener Ansätze<br />
sein: „Nur ein Teil der Frauen konnte<br />
sich in mühseligen Autonomieschritten befreien“,<br />
erläutert Fooken. Dazu passt auch die<br />
Tatsache, dass die meisten der „40er“ Frauen<br />
das Ende der Ehe als Folge eines langjährigen<br />
Dissens erleben. Um 1940 geborene Frauen<br />
haben schon früh die Botschaft erhalten, dass<br />
sie sich ohnehin nicht auf die Männer verlassen<br />
können.<br />
Ganz anders dagegen in der 50er Generation:<br />
<strong>Die</strong>se Frauen sind weniger auf die Familie<br />
bezogen, während die Männer – mit schlechteren<br />
Werten bei seelischer Gesundheit – sich<br />
eher psychisch belastet fühlen.<br />
8<br />
Sexualität und Beziehung im Alter<br />
„<strong>Die</strong> Pensionierung – meist jene des Mannes –<br />
stellt viele langjährige Ehen auf die Probe“,<br />
meint auch Dr. Gerhard Medicus vom Psychiatrischen<br />
Krankenhaus Hall in Tirol. EhepartnerInnen,<br />
die bislang lediglich Abende und<br />
Wochenenden gemeinsam verbracht haben,<br />
stehen nun plötzlich vor der Herausforderung<br />
Tag <strong>für</strong> Tag – zum Teil ohne Rückzugsmöglichkeiten<br />
und Freiräume – gemeinsam zu<br />
gestalten.<br />
Sehr oft nimmt auch in einer langjährigen Ehe<br />
die verbindende Funktion von Sexualität ab.<br />
Wenn dann zwischen den EhepartnerInnen<br />
keine anderen freundschaftlichen Bindungen<br />
vorhanden sind, nimmt die Wahrscheinlichkeit<br />
einer Trennung zu.<br />
Für die Psychoanalytikerin und Psychotherapeutin<br />
Rotraud Perner stehen häufig überzogene<br />
sexuelle Forderungen auf Seiten der<br />
Männer im Vordergrund – oft angeregt durch<br />
pornographische Darstellungen oder Medienberichte<br />
zum Thema Sexualität.<br />
„Eine sexuelle Kultur <strong>für</strong> die späten Jahre zu<br />
erfinden, ist die Herausforderung <strong>für</strong> die<br />
Kriegs- und Nachkriegsgeneration: zu akzeptieren,<br />
dass man weder die optischen noch<br />
psychosozialen Eigenschaften der jungen Jahre<br />
aufweist, sondern markanter oder weicher<br />
geworden ist – und was die Ehrlichkeit der<br />
Wünsche betrifft – abweisender oder bedürftiger“,<br />
sagt Perner.<br />
„<strong>Die</strong>se zu erarbeiten, fällt älteren Menschen<br />
schwer – schließlich wurden sie auf ein eher<br />
statisches Beziehungsmodell hin erzogen.“ <strong>Die</strong><br />
Rolle der Sexualität unterstreicht auch Prof.<br />
Gereon Heuft, Klinik <strong>für</strong> Psychotherapie und<br />
Psychosomatik, Münster. Es sei ein Tabu, über<br />
Generationengrenzen hinweg sexuelle Schwierigkeiten<br />
anzusprechen.<br />
Quelle: Geriatrie Praxis
Mund-, Zahn- und Zahnprothesenhygiene im Alter<br />
Das Thema der Mund- Zahn- und Zahnprothesenhygiene bei alten Menschen – insbesondere<br />
wenn diese aufgrund ihrer funktionellen oder kognitiven Defizite dazu nicht mehr<br />
selbständig in der Lage sind, wirft eine Menge Fragen auf, die bis dato – abgesehen als<br />
Inhalte der allgemeinen Pflege nur unzureichend thematisiert werden.<br />
Vorurteile wie – „bringt doch gar nichts“, „kostet<br />
zu viel Zeit“ oder „ist doch eklig“ stehen<br />
immer wieder im Raum aber die Gegenrechnung<br />
sollte heißen:<br />
1. Mit geringem Aufwand die Lebensqualität<br />
der alten Menschen enorm gesteigert und<br />
das Gesundheitsrisiko der Pflegebedürftigen<br />
gesenkt werden.<br />
2. Zahnärztliche Behandlungen aber auch die<br />
aus diesem Problem oftmals resultierenden<br />
Ernährungsprobleme kosten weitaus<br />
mehr Geld, Zeit (und Nerven).<br />
3. Je besser gepflegt, desto weniger eklig<br />
wird die Oralhygiene.<br />
Thomas Timischl ist gelernter Zahntechniker<br />
und befasst sich seit Jahren mit diesem Thema.<br />
Durch den Aufenthalt seines Großvaters<br />
in einem Pflegeheim wurde er auf mitunter<br />
katastrophale Zustände sowohl der Zahnhygiene<br />
als auch der Kiefer mancher HeimbewohnerInnen<br />
aufmerksam.<br />
„Jeder Pflegekraft ist bekannt, dass es sehr<br />
wichtig ist Dekubitalgeschwüre zu vermeiden,<br />
aber kaum einer scheint klar zu sein, dass<br />
eine generalisierte Parodontitis einem handtellergroßen<br />
Dekubitus entspricht!“<br />
Nach wie vor nimmt die Mundhygiene bei der<br />
Ausbildung von Pflegekräften nur eine untergeordnete<br />
Rolle ein und so ist es nicht verwunderlich<br />
das führende Alterszahnmediziner<br />
eine sofortige Aufnahme der Mundhygiene in<br />
die Pflegeausbildung und Pflegedokumentation<br />
fordern.<br />
Aber nicht nur in den Grundausbildungen,<br />
auch in den Fort- und Weiterbildungen scheint<br />
es an Problembewusstsein zu mangeln. „Es ist<br />
mir keine Fortbildung bekannt, die dieses<br />
Thema behandeln würde!“, so Beate Bauer,<br />
Wissensmanagerin eines großen österreichischen<br />
Pflegeanbieters.<br />
Dabei zeigt ein bereits im Vorjahr durchgeführtes<br />
Projekt in Hessen, das Schulungen der<br />
Pflegenden enorme Verbesserungen in diesem<br />
Bereich erzielen könnten (siehe Kasten nächste<br />
Seite).<br />
Praxis<br />
9<br />
Mangelnde Mundhygiene als Krankheitsursache<br />
In den letzten Jahren haben einige Studien <strong>für</strong><br />
Aufsehen gesorgt in denen eindeutig belegt<br />
wurde, dass zahlreiche Erkrankungen alter<br />
Menschen auf mangelnde Mundhygiene zurückzuführen<br />
sind.<br />
Neben akuten Schmerzen sind das vor allem<br />
Erkrankungen mit Langzeitfolgen wie Herz-<br />
Kreislauf- Erkrankungen, Lungenerkrankungen<br />
aber auch Schlaganfälle, die durch ständige<br />
Entzündungen oder Bakterien in der Mundhöhle<br />
begünstigt werden.<br />
Statistiken zeigen, das Menschen durch eine<br />
regelmäßige und sorgfältige Pflege der Zähne,<br />
des Zahnfleisches und der halbjährlichen Beseitigung<br />
schädlicher Bakterien in der Mundhöhle<br />
im Schnitt um 6,4 Jahre länger leben.<br />
Beeindruckende Zahlen brachte auch eine<br />
Studie der Deutschen Gesellschaft <strong>für</strong> Alterzahnmedizin<br />
hervor. Demnach wurde das Risiko<br />
<strong>für</strong> Lungenerkrankungen in der Pflege mit<br />
einer guten Mundhygiene um 40% verringert.<br />
Der Mund ist die ideale Eintrittspforte <strong>für</strong> Bakterien<br />
in den Körper. Je mehr Bakterien im<br />
Mund sind, um so mehr können in den Körper<br />
gelangen, und dies tun sie um so leichter, je<br />
mehr Entzündungen im Mund vorhanden sind.<br />
� Korrekte Mundhygiene ist wichtig, weil sie<br />
gesund erhält, und zwar nicht nur den<br />
Mund, sondern den gesamten Körper!
<strong>Die</strong> tägliche Mundhygiene<br />
� Echte Zähne am besten morgens und abends<br />
mit einer fluoridhaltigen Zahnpaste<br />
reinigen. Wenn eine zweimal tägliche Reinigung,<br />
aus welchen Gründen auch immer,<br />
nicht umsetzbar ist, sollte man zumindest<br />
einmal täglich die Mundhygiene durchführen.<br />
<strong>Die</strong>se sollte abends geschehen und<br />
dann gründlich!<br />
� Bei vorhandenen Zähnen eine Zahnzwischenraumbürste<br />
verwenden.<br />
� Prothesen einmal täglich mit Flüssigseife<br />
und Prothesenbürste gründlich abbürsten.<br />
Reinigungstabs sind kein Nachteil da sie<br />
antibakteriell wirken, sie lösen aber keine<br />
Beläge am Zahnersatz wie es die Werbung<br />
behauptet.<br />
� Nach jedem Essen die Prothesen mit Wasser<br />
abspülen.<br />
� Bei Schmerzen nicht warten sondern umgehend<br />
den Zahnarzt aufsuchen<br />
Sollte der Zahnersatz mit hartnäckigen Belägen<br />
verschmutzt sein so hilft nur mehr die<br />
professionelle Reinigung durch den Zahntechniker.<br />
<strong>Die</strong> Prothese wird dabei gründlich desinfiziert<br />
und grobe Beläge mit Ultraschall, div.<br />
Schleifkörpern und Sandstrahler entfernt. Abschließend<br />
wird die Prothese durch eine<br />
Hochglanzpolitur homogenisiert und erstrahlt<br />
in neuem Glanz.<br />
Alltagsproblem Zahnprothesen<br />
Prothesen werden immer wieder verlegt, vertauscht<br />
oder verschwinden einfach und tauchen<br />
dann nach Tagen wieder in der Wäscherei<br />
auf weil sie jemand im Morgenmantel eingesteckt<br />
hat. Was jedoch scheinbar nur wenige<br />
wissen: Es besteht die Möglichkeit den<br />
Zahnersatz vom Zahntechniker beschriften zu<br />
lassen. <strong>Die</strong>s erlaubt dann auch zahnmedizinischen<br />
Laien eine einfache Zuordnung zum<br />
Besitzer.<br />
Lösungsansätze zur Bewältigung alltäglicher<br />
Probleme mit dem Zahnersatz und der Mundhygiene<br />
finden sie auch auf der Webseite<br />
www.freshdent.at. Neben hilfreichen Tipps<br />
werden dort auch nützliche Putzhilfen wie z.B.<br />
die Trioblanc -Prothesenbürste aufgelistet. Für<br />
allfällige Fragen steht Thomas Timischl auch<br />
gerne unter der E-Mail office@freshdent.at zur<br />
Verfügung.<br />
10<br />
Projekt<br />
Bessere Mundhygiene bei Senioren<br />
durch Schulung der Pflegekräfte<br />
Geschulte Pflegekräfte können dem Zahnverfall<br />
von PflegeheimbewohnerInnen deutlich<br />
Einhalt gebieten. Nach erfolgreichem Pilotprojekt<br />
soll ein entsprechendes Programm nun in<br />
allen Frankfurter Seniorenheimen angeboten<br />
werden.<br />
Insgesamt 131 Bewohner aus drei hessischen<br />
Altenheimen wurden dabei auf freiwilliger<br />
Basis auf ihre Zahn- und Mundgesundheit<br />
untersucht. Dabei bestätigte sich die schlechte<br />
Mundhygiene der Pflegebedürftigen.<br />
<strong>Die</strong> standardisierte Untersuchung wurde vier,<br />
acht und zwölf Monate später wiederholt. Parallel<br />
dazu nahmen alle Pflegekräfte an einem<br />
Schulungsprogramm teil.<br />
Katastrophaler Erstbefund ...<br />
Zu Beginn der Studie stellte Dr. Susanne Jäger<br />
von der Landeszahnärztekammer Hessen eine<br />
sehr hohe Plaquebesiedelung der noch vorhandenen<br />
Zähne fest.<br />
22,8 % befundete sie als kariös, 20,8 % sogar<br />
als zerstört. Knapp drei Viertel der Untersuchten<br />
hatten eine belegte Zunge.<br />
In zwei Drittel der Fälle waren die Zahnprothesen<br />
unzureichend gepflegt und zeigten ebenfalls<br />
eine starke Plaquebesiedelung. 57<br />
Patienten empfahl die Zahnärztin eine fachgerechte<br />
Behandlung.<br />
... und hervorragende Verbesserung<br />
Bei der Nachuntersuchung fiel das Urteil über<br />
die Zahn- und Prothesenpflege erheblich besser<br />
aus. Durch die wiederholte praktische Unterrichtung<br />
des Pflegepersonals über ein Jahr<br />
konnten diese Ergebnisse nicht nur gehalten,<br />
sondern noch weiter verbessert werden.<br />
Nach vier Monaten hatten 29 der 57 Patienten<br />
ihre zahnärztliche Behandlung bekommen. Bei<br />
der letzten Untersuchung wurde eine derartige<br />
Empfehlung noch <strong>für</strong> 19 Heimbewohner ausgesprochen.<br />
Am stärksten verbesserte sich die Mundhygiene<br />
bei Schwerstpflegebedürftigen mit eingeschränkter<br />
Handmotorik, die vollständig auf<br />
Hilfe angewiesen waren.<br />
Quelle: Ärztezeitung
Alt und behindert: Eine Herausforderung <strong>für</strong> die Geriatrie<br />
Erstmals haben Menschen mit körperlicher, geistiger oder psychischer Behinderung die<br />
Chance, ein hohes Alter zu erreichen. Doch weder Medizin noch Pflege und erst recht nicht<br />
die Gesellschaft als solche schlechthin scheinen darauf vorbereitet zu sein.<br />
Menschen überleben nach schweren Unfällen,<br />
bleiben aber behindert. Querschnittgelähmte<br />
werden nicht mehr von Komplikationen wie<br />
Harnwegsinfektionen bedroht. Juvenile DiabetikerInnen<br />
haben eine Chance, mit ihrer<br />
Stoffwechselstörung in die Jahre zu kommen.<br />
Und auch im Hinblick auf die Verbrechen des<br />
Nazi-Regimes kann behauptet werden , dass<br />
bei Geburt behinderte Menschen erstmals die<br />
Chance haben, ein hohes Alter zu erreichen.<br />
Auseinandersetzung dringend nötig<br />
Konkrete Zahlen, wie viele Menschen mit körperlichen,<br />
geistigen oder psychischen Behinderungen<br />
in Österreich leben, wie alt sie sind<br />
und welchen Hilfsbedarf sie haben, gibt es<br />
jedoch kaum. Es scheint sich bislang niemand<br />
damit auseinander gesetzt zu haben. Selbst in<br />
der Fachliteratur ist zum Thema "Alter und<br />
Behinderung" so gut wie keine Publikation zu<br />
finden, und auch behindertenspezifische Präventionen<br />
sind meist Einzelinitiativen.<br />
<strong>Die</strong> "Biografie der Behinderung" hat jedoch<br />
erheblichen Einfluss auf das Altern beziehungsweise<br />
auf die geriatrische Rehabilitation.<br />
"<strong>Die</strong> Rehabilitation ist schwieriger und aufwändiger,<br />
etwa wenn ein stabiles Standbein<br />
nach einem Oberschenkelhalsbruch fehlt oder<br />
wenn der mechanische Rollstuhl plötzlich nicht<br />
mehr genügt, weil die Kraft der Arme schwindet",<br />
berichtet eine Fachärztin <strong>für</strong> Physikalische<br />
Medizin und Rehabilitation aus der Praxis<br />
an ihrer Abteilung am Wiener Sophienspital.<br />
Behindert alt werden ...<br />
"Grundsätzlich haben ältere Menschen mit<br />
Behinderung dieselben Probleme wie Jüngere.<br />
Sie leben in einem Gleichgewicht zwischen<br />
Kompensation und Funktionseinschränkung",<br />
sagt Dr. Beat Gründler vom Geriatrischen<br />
Konsiliar- und Beratungsdienst in St. Gallen.<br />
Allerdings: "Durch das zunehmende Alter wird<br />
es immer schwieriger die Funktionseinschränkungen<br />
voll zu kompensieren." Demenz, Isolation,<br />
ein Sturz, das Nachlassen von Sehkraft<br />
und Gehör, Inkontinenz oder andere Mobilitätseinschränkungen<br />
bringen das labile Gleichgewicht<br />
ins Wanken.<br />
Schwerpunkt<br />
11<br />
... oder im Alter behindert?<br />
Langjährige Erfahrung in der Rehabilitation<br />
behinderter Menschen aller Altersstufen hat<br />
Prim. Dr. Gerd Korisek, Ärztlicher Leiter des<br />
AUVA-Rehabilitationszentrums Tobelbad. "Es<br />
macht einen großen Unterschied, ob eine Behinderung<br />
in der Jugend oder erst im höheren<br />
Alter erworben wurde." Muss einem jungen<br />
Menschen der Unterschenkel amputiert werden,<br />
dann gelingt es ihm in der Regel recht<br />
gut, die Prothese als Ersatzglied in sein Körperschema<br />
zu integrieren. "Mitunter trifft man<br />
ihn dann einige Jahre später auf der Skipiste",<br />
erzählt Korisek. Ältere Menschen kommen viel<br />
schwerer mit dieser Situation zurecht. "Da<br />
begrenzen sich die Rehabilitationsmöglichkeiten<br />
mitunter auf Rollstuhltraining."<br />
Tatsache ist auch, dass es in Österreich Unterschiede<br />
in der Rehabilitation gibt: Wer einen<br />
Arbeitsunfall erleidet, wird vom Netz der<br />
AUVA aufgefangen, wer nach einem Freizeitunfall<br />
oder einer anderen Erkrankung behindert<br />
bleibt, wird mitunter zwischen den Versicherungsträgern<br />
hin- und hergeschoben.<br />
"Kommt die Pensionsversicherungsanstalt <strong>für</strong><br />
die Rehabilitationskosten nicht auf, weil eine<br />
berufliche Rehabilitation nicht mehr möglich<br />
ist, dann ist der jeweilige Krankenversicherungsträger<br />
zuständig", erklärt Korisek.
Spezifische Rehabilitation<br />
<strong>Die</strong> Rehabilitation verläuft nicht immer optimal:<br />
"Ein Kurheim ist eben keine Rehabilitationseinrichtung,<br />
und wenn ein querschnittgelähmter<br />
Patient drei Monate nach dem Unfall<br />
noch einen Dauerkatheter hat, dann ist das<br />
beinahe ein Kunstfehler", wettert Korisek.<br />
"Gerade Menschen, die im Alter behindert<br />
werden, brauchen eine sehr intensive Rehabilitationsbehandlung."<br />
Ein weiteres Beispiel: Gerade bei älteren Rollstuhlbenützern<br />
ist das Risiko des Wundliegens<br />
relativ groß. "Dekubitalgeschwüre werden<br />
vielleicht an einem Schwerpunktkrankenhaus<br />
durch die plastische Chirurgie versorgt. Weil<br />
aber die entsprechende Pflege und Nachsorge<br />
fehlt, liegt sich der Patient an einer anderen<br />
Stelle gleich wieder wund."<br />
Nicht behindertengerecht<br />
Der Großteil der heimischen Spitäler oder Ordinationen<br />
ist auch gar nicht behindertengerecht<br />
ausgestattet, bestätigt Dr. Klaus Newald.<br />
"Wir Behinderte werden in Spitälern<br />
einfach nicht wahrgenommen." In eigener<br />
Recherche hat Newald abgesehen von spezialisierten<br />
Rehabilitationszentren nur das Wiener<br />
Lorenz-Böhler-Unfallkrankenhaus gefunden,<br />
wo er auch mit seinem Rollstuhl das Bad benutzen<br />
kann. "<strong>Die</strong> Türöffnung müsste mindestens<br />
67cm breit sein, meist sind es aber nur<br />
60cm", sagt Newald.<br />
An der Urologischen Abteilung im Neuen Wiener<br />
AKH wurde er sogar von einer Krankenschwester<br />
aufgefordert, zum Waschen aufzustehen:<br />
"Ich helfe ihnen, sagte sie zu mir."<br />
Dabei ist der pensionierte Jurist infolge eines<br />
Unfalles seit nunmehr 46 Jahren auf einen<br />
Rollstuhl angewiesen. Selbst einer Vorladung<br />
zum Amtsarzt konnte er nicht Folge leisten:<br />
<strong>Die</strong> Tür zur Ordination war zur Hälfte durch<br />
ein medizinisches Gerät verstellt. "Ich war der<br />
erste Rollstuhlfahrer, der selbst zum Amtsarzt<br />
kam." Erst beim zweiten Termin konnte Newald<br />
die Ordination aufsuchen – sie war mittlerweile<br />
umgebaut geworden.<br />
Probleme wie diese beschränken sich nicht<br />
nur auf das Gesundheitssystem: "Da werden<br />
behindertengerechte Hotelzimmer angeboten,<br />
das Haus selbst ist aber nur über Stufen zu<br />
erreichen." Nach wie vor wissen die meisten<br />
Menschen mit Behinderung nichts anzufangen:<br />
"Sie schauen weg, oder sie fangen aus<br />
lauter Mitleid zu weinen an", sagt Newald.<br />
12<br />
Aufgrund seiner Behinderung Hilfe annehmen<br />
müssen – das macht laut Newald den größten<br />
Unterschied zwischen Menschen, die mit Behinderung<br />
alt werden, und jenen, die erst im<br />
Alter auf Hilfe angewiesen sind: "Ich könnte<br />
ohne Hilfe, vor allem die meiner Frau, keinen<br />
einzigen Tag überleben", sagt Newald. "Ohne<br />
Hilfe kann ich abends nicht zu Bett gehen, ja<br />
nicht einmal meine Haustiere füttern, weil ich<br />
die Dose nicht öffnen kann." Im Gegensatz<br />
dazu setzen nicht behinderte Menschen alles<br />
daran, bis ins hohe Alter selbst bestimmt zu<br />
leben und ohne fremde Hilfe auszukommen.<br />
Kostenträger-Ratespiel<br />
Werden fremde Hilfe und Hilfsmittel zur Notwendigkeit,<br />
dann beginnt häufig ein Kostenträger-Ratespiel.<br />
"Für die Krankenbehandlung<br />
ist die Krankenversicherung, <strong>für</strong> die Rehabilitation<br />
die Pensionsversicherung und <strong>für</strong> die<br />
Pflege der Bund bzw. subsidiär das Land oder<br />
die Bezirkshauptmannschaft zuständig", erklärt<br />
Peter Pils, Stv. Ärztlicher Direktor der<br />
AUVA in Wien. "Sechs Wochen nach dem Unfall<br />
bis zur Restitutio ad integrum kommt die<br />
Krankenversicherung <strong>für</strong> ein Hilfsmittel wie<br />
etwa eine Knieorthese auf." Wird das Hilfsmittel<br />
über Jahre zur Ermöglichung des Erwerbslebens<br />
benötigt, müsste die Pensionsversicherung<br />
da<strong>für</strong> aufkommen.<br />
Ist es zur Ermöglichung der Pflege notwendig,<br />
wäre eigentlich das Land gefordert, üblicherweise<br />
bezahlt es aber die Krankenversicherung<br />
unter dem Titel Medizinische Rehabilitation.<br />
Angeschafft werden darf jedoch nur, was<br />
im Vorhinein genehmigt wurde. Verrechnungen<br />
von bereits selbstständig vorweg beschafften<br />
Hilfsmitteln sind schwierig.
Kognitiv behindert<br />
Während <strong>für</strong> junge und alte Menschen mit<br />
körperlichen Behinderungen vereinzelt Erleichterungen<br />
in Angriff genommen werden, haben<br />
es Menschen mit intellektuellen oder psychischen<br />
Beeinträchtigungen weit schwieriger.<br />
So zeigt eine Studie unter der Leitung des<br />
Vizepräsidenten der Lebenshilfe, Univ.-Prof.<br />
Dr. Germain Weber, dass die Lebensqualität<br />
von älteren Menschen mit intellektueller Behinderung<br />
extrem gefährdet ist. "Im Durchschnitt<br />
leben 36% der über 40-Jährigen noch<br />
bei ihren Eltern." Da kann es sein, dass quasi<br />
"über Nacht" ein Wohnplatz benötigt wird.<br />
Doch auch <strong>für</strong> jene, die zur Zeit in einer betreuten<br />
Einrichtung wohnen, ist ein solcher<br />
nicht gesichert. "In einigen Bundesländern ist<br />
das Wohnen an die Tätigkeit in der Werkstätte<br />
gebunden", berichtet Weber. "Können sie<br />
nicht mehr zur Arbeit gehen, werden sie in ein<br />
Altenheim ,verlegt‘. Das ist eine furchtbare<br />
Diskriminierung; mein Mietvertrag wird<br />
schließlich auch nicht gekündigt, wenn ich 60<br />
werde." Menschen mit intellektueller Behinderung<br />
haben heute eine Lebenserwartung von<br />
70 bis 74 Jahren, <strong>für</strong> die Gruppe mit Down-<br />
Syndrom liegt sie bei 60 bis 65 Jahren.<br />
Es wird vor allem an den Trägerverbänden<br />
liegen, sich über diese Situation Gedanken zu<br />
machen. Doch wie die Studie von Weber<br />
zeigt, haben sich bislang nur wenige<br />
Behinderteneinrichtungen mit dem Thema<br />
Altern auseinander gesetzt. Eine Weiterbildung<br />
zu gerontologischen Themen ist<br />
nirgends vorgesehen. Erschwert wird die<br />
Situation dadurch, dass Menschen mit<br />
intellektueller Behinderung in den Werkstätten<br />
lediglich "Taschengeld" erhalten und in<br />
finanzieller Hinsicht kaum in der Lage sind,<br />
eine Altersvorsorge zu treffen.<br />
"Wenn wir die BetreuerInnen fragen, was intellektuell<br />
behinderte Menschen im Alter benötigen<br />
werden, nennen sie in erster Linie Pflege.<br />
Fragen wir dagegen die Menschen selbst,<br />
dann wünschen sie sich mehr Begegnung mit<br />
anderen", sagt Weber. Kreative Lösungen sind<br />
nötig, um diesen Bedürfnissen gerecht zu<br />
werden. So plant die Lebenshilfe derzeit in<br />
Innsbruck ein Projekt unter dem Titel "Wohnen<br />
im Zentrum" mit rund 20 Wohnplätzen.<br />
Durch die Anbindung an ein Einkaufszentrum<br />
mit Gastronomiebereich solle eine Art "Grätzel"<br />
geschaffen werden.<br />
13<br />
85 und schizophren<br />
Psychische Erkrankungen bei älteren Menschen<br />
habe es schon immer gegeben, "neu ist<br />
aber die Situation des altgewordenen psychiatrischen<br />
Patienten", betont Univ.-Prof. Dr.<br />
Karl Dantendorfer, Chefarzt der Psychosozialen<br />
<strong>Die</strong>nste im Burgenland. "Wenn ich Kollegen<br />
frage, dann fällt ihnen kaum ein 85jähriger<br />
schizophrener Patient ein." Strukturen<br />
<strong>für</strong> diese Patienten gibt es keine, "erst kürzlich<br />
kritisierte der Rechnungshof in seinem Bericht,<br />
dass sich Pflegeheime in Wien geweigert hätten,<br />
Patienten aus einer psychiatrischen Abteilung<br />
zu übernehmen".<br />
Im Burgenland wird jetzt versucht, an größeren<br />
Pflegeheimen Stationen <strong>für</strong> psychiatrische<br />
Patienten einzurichten. Wie viele solche Plätze<br />
notwendig wären, kann Dantendorfer allerdings<br />
nicht sagen: "Es liegt alles im Bereich<br />
der Schätzung."<br />
Als Musterprojekt könnte der Wohnhof Scherb<br />
in Oberösterreich dienen: Dort wohnen seit<br />
Jahren zwölf Menschen mit psychiatrischen<br />
Erkrankungen. <strong>Die</strong> meisten sind ehemalige<br />
Langzeitpatienten der Landesnervenklinik, das<br />
Durchschnittsalter liegt bei 70 Jahren. Finanziert<br />
wird das Projekt über einen Verein sowie<br />
durch Spenden und Subventionen.<br />
Versorgung leistbar machen<br />
"Was der Gesellschaft noch fehlt, das ist die<br />
Wachsamkeit", resümiert Katharina Pils, Institusvorständin<br />
am Wiener Sophienspital . Gute<br />
Einrichtungen wie die Übergangspflege verschwinden<br />
angesichts knapper Ressourcen.<br />
„Pensionskürzungen und reduzierte Zuschüsse<br />
tragen dazu bei, dass sich viele nicht einmal<br />
eine Minimalbetreuung werden leisten können“.<br />
Gute Ansätze liefere dagegen die Akutgeriatrie:<br />
"Wir dürfen nicht ausschließlich<br />
schwarz malen: Es gibt auch Einrichtungen,<br />
die sich der älterer Mitbürger annehmen."<br />
Quelle: www.geriatrie-online.at
Mehrfachbehinderte Ältere – Entwicklung und Notwendigkeiten<br />
Während Behinderungen, die in der Folge von chronischen Erkrankungen entstanden sind, schon<br />
jetzt vor allem ältere Menschen betreffen, besaßen Menschen mit lebenslangen geistigen Behinderungen<br />
bisher kaum eine Chance, das Ruhestandsalter zu erreichen. Das wird sich vermutlich bald<br />
ändern und dann sind neue Versorgungskonzepte gefragt.<br />
<strong>Die</strong> meisten Menschen mit Schwerbehindertenausweis<br />
besitzen diesen auf Grund von<br />
Behinderungen, die in der Folge körperlicher<br />
Erkrankungen entstehen: Bei 82% liegt eine<br />
„allgemeine Krankheit“ zugrunde, nur je 4%<br />
haben einen Unfall erlitten oder die Behinderung<br />
gilt als angeboren. Bei einer Restkategorie<br />
von 9% ist die Ursache nicht beschrieben.<br />
Krankheitsfolgen sind vor allem Schädigungen<br />
der inneren Organe. Multimorbiditäten sind<br />
nicht selten: 39% der Besitzer von Schwerbehindertenausweisen<br />
leiden unter mehr als<br />
einer Art von Behinderung.<br />
<strong>Die</strong> Risiken <strong>für</strong> Krankheitsfolgen steigen mit<br />
dem Alter: 54% der Schwerbehinderten sind<br />
über 60 Jahre alt, 24% über 75. Ab dem Renteneintrittsalter<br />
steigt der Anteil an: Bei den<br />
55- bis 59-Jährigen haben etwa 13% eine<br />
Schwerbehinderung, mit 60 - 65 schon 17%,<br />
mit 80 Jahren sind mehr als 30% betroffen.<br />
Wenn die altersspezifischen Erkrankungs- und<br />
Behinderungsrisiken in den kommenden Jahrzehnten<br />
ähnlich bleiben wie heute, wird mit<br />
dem größer werdenden Anteil der Älteren<br />
auch die Gruppe der Menschen mit erkrankungsbedingten<br />
Behinderungen ansteigen.<br />
Überträgt man die Prävalenzen aus der<br />
Schwerbehindertenstatistik auf die <strong>für</strong> 2050<br />
prognostizierte Bevölkerung, entspricht das<br />
einem Anstieg des Anteils Schwerbehinderter<br />
auf rund 12% der Bevölkerung .<br />
<strong>Die</strong> Schwerbehindertenstatistik unterscheidet<br />
zwar verschiedene Arten und Ursachen von<br />
Behinderungen, aber sie eignet sich nicht als<br />
Basis zur Versorgungsplanung, weil die dort<br />
gewählten Kategorien nichts über den Unterstützungsbedarf<br />
der Betroffenen aussagen. So<br />
zeigt sich in, einer regelmäßigen Querschnittsbefragung<br />
von einem Prozent der Bevölkerung,<br />
dass nur etwa jede vierte Person<br />
mit anerkannter Behinderung im Unterstützung<br />
bei Alltagsverrichtungen benötigt. Der<br />
Anteil Unterstützungsbedürftiger an jeder Altersgruppe<br />
entwickelt sich etwa parallel zur<br />
Pflegebedürftigkeit und liegt bei den 70- bis<br />
74-Jährigen noch bei unter 5%. Er steigt erst<br />
bei den 75- bis 80-Jährigen auf über 10% an.<br />
Schwerpunkt<br />
14<br />
Lebenslange Behinderungen<br />
Angeborene Behinderungen stellen nur einen<br />
kleinen Bruchteil der Ursachen <strong>für</strong> eine<br />
Schwerbehinderung dar. Der Anteil Betroffener<br />
an der Gesamtbevölkerung liegt bei weniger<br />
als einem halben Prozent. Der überwiegende<br />
Anteil angeborener Behinderungen sind<br />
geistige oder mehrfache Behinderungen.<br />
Im Gegensatz zur Gruppe der Personen mit<br />
Schwerbehindertenausweis insgesamt erhielten<br />
bislang nur sehr wenige von ihnen die<br />
Chance, das Rentenalter zu erreichen. Viele<br />
von ihnen leben in stationären und ambulant<br />
betreuten Wohnmöglichkeiten. So zeigt sich<br />
auch bei jenen, die Leistungen der Eingliederungshilfe<br />
zum Wohnen in Anspruch nehmen,<br />
eine ähnliche Altersverteilung.<br />
<strong>Die</strong> Gründe <strong>für</strong> das Fehlen älterer Menschen<br />
mit lebenslanger Behinderung liegen zum einen<br />
in den systematischen Krankenmorden<br />
während der Zeit des Nationalsozialismus. Sie<br />
haben Hunderttausenden das Leben gekostet,<br />
von denen jetzt vielleicht einige ein höheres<br />
Alter erreicht hätten. Zum anderen hat sich<br />
die Lebensqualität mit dem Ausbau des Bildungssystems<br />
und des Wohlfahrtsstaates und<br />
die Emanzipation der Betroffenen insgesamt<br />
verbessert. Auch der medizinische Fortschritt<br />
hat dazu beigetragen, nicht zuletzt durch verbesserte<br />
Überlebenschancen von Kindern mit<br />
Fehlbildungen und Herzschäden.
Steigende Lebenserwartung<br />
Zur heutigen Lebenserwartung von Menschen<br />
mit lebenslanger Behinderung liegen keine<br />
gesicherten Erkenntnisse vor. Selbst bei<br />
Kenntnis von Sterberisiken <strong>für</strong> bestimmte Störungsbilder<br />
ist eine Einschätzung <strong>für</strong> die gesamte<br />
Gruppe vor allem wegen ihrer Heterogenität<br />
schwierig. ExpertInnen gehen davon<br />
aus, dass sich die Lebenserwartung auch bei<br />
Menschen mit langjähriger Behinderung normalisieren<br />
wird, wobei einzelne Behinderungsformen<br />
zunächst weiterhin mit erhöhten Sterberisiken<br />
verbunden sein werden.<br />
Besonders deutlich wird der Trend bei Menschen<br />
mit Down-Syndrom. Lange Zeit bedeutete<br />
die Diagnose der Trisomie 21 eine deutlich<br />
verminderte Lebenserwartung, heute<br />
können sie sich auf ein langes Leben freuen.<br />
Immer weniger Kinder mit der Genanomalie<br />
sterben und Einzelne haben mittlerweile ein<br />
hohes Alter erreicht, so dass die durchschnittliche<br />
Lebenserwartung bei Geburt mittlerweile<br />
bei über 57 Jahren liegt.<br />
Das bisherige Fehlen des Rentenalters in dieser<br />
Gruppe von Menschen und die Aussicht<br />
auf eine sich normalisierende Lebenserwartung<br />
haben zur Folge, dass sich die Altersstruktur<br />
in den nächsten Jahrzehnten stark<br />
verändern wird, wie Vorausberechnungen des<br />
Berlin-Instituts <strong>für</strong> Bevölkerung und Entwicklung<br />
in verschiedenen Szenarien zeigen:<br />
Vorausgesetzt, dass die Personen, die heute<br />
in einem Heim der Behindertenhilfe leben und<br />
50 Jahre und älter sind, dort bleiben, die geschlechtsspezifischen<br />
Sterberisiken der Gesamtbevölkerung<br />
gelten, die HeimbewohnerInnen<br />
in den Altersgruppen unter 50 Jahren<br />
künftig einen gleich bleibenden Anteil der Gesamtbevölkerung<br />
ausmachen, wird die Gruppe<br />
der mehrfach behinderten HeimbewohnerInnen<br />
weiter anwachsen, ihre Lebenserwartung<br />
ansteigen und sich das Verhältnis der<br />
über 60-Jährigen zu jüngeren Behinderten<br />
zugunsten der älteren verschieben.<br />
Auf Grund einer höheren Vulnerabilität von<br />
Männern <strong>für</strong> viele Formen angeborener, geistiger<br />
und mehrfacher Behinderungen weist die<br />
Gruppe der Empfänger von Eingliederungshilfeleistungen<br />
heute einen Männerüberschuss<br />
auf, der möglicherweise bei einem Vorrücken<br />
in das höhere Lebensalter durch höhere Überlebensraten<br />
der Frauen zumindest unter den<br />
Älteren ausgeglichen werden wird.<br />
15<br />
Zukünftige Wohnformen<br />
Neben den stationären Einrichtungen werden<br />
ambulant betreute Wohnmöglichkeiten immer<br />
beliebter und verbreiteter. Viele Anbieter der<br />
Behindertenhilfe haben diese Wohnform innerhalb<br />
der letzten Jahre stark ausgebaut.<br />
Unter den oben <strong>für</strong> Bewohner stationärer Einrichtungen<br />
angelegten Voraussetzungen ist<br />
auch <strong>für</strong> die Gruppe jener, die heute Leistungen<br />
<strong>für</strong> das ambulant betreute Wohnen erhalten,<br />
von einem alterungsbedingten Anwachsen<br />
und steigenden Medianalter auszugehen.<br />
Dabei bleiben diejenigen Menschen mitlebenslanger<br />
Behinderung noch unberücksichtigt, die<br />
heute keine Eingliederungshilfeleistung zum<br />
Wohnen beziehen, sondern privat bei ihren<br />
Eltern oder Geschwistern leben. Wie viele das<br />
sind, ist eine unbekannte Größe. Es ist zu<br />
vermuten, dass es sich dabei überwiegend um<br />
Erwachsene handelt, die im Alltagsleben von<br />
ihren Eltern unterstützt werden – und nach<br />
deren Tod auf Hilfe angewiesen sein werden.<br />
Wahrscheinlich wird sich aber der Bedarf derer,<br />
die heute bei den Eltern leben, auf die<br />
verschiedenen Wohnformen verteilen.<br />
<strong>Die</strong> Vorausberechnungen, die auf Basis der<br />
vorliegenden Daten möglich sind, können nur<br />
als Mittel zum „Awareness Raising“, nicht als<br />
Bedarfsprognose <strong>für</strong> die Versorgungsplanung<br />
interpretiert werden. Da<strong>für</strong> hängt die Entwicklung<br />
der Empfängerzahlen in der Eingliederungshilfe<br />
von zu vielen unbekannten oder<br />
nicht quantifizierbaren Faktoren ab, die sich<br />
zudem noch regional stark unterschiedlich<br />
auswirken. Dennoch wird deutlich: <strong>Die</strong> Ruhestandsphase<br />
wird auf jeden Fall in den nächsten<br />
Jahren zu einem wichtigen Thema in der<br />
Eingliederungshilfe. Und das bei einem sehr<br />
wahrscheinlichen Anwachsen der Gesamtgruppe<br />
der Leistungsberechtigten.
Anbieter der Behindertenhilfe<br />
Einrichtungen und <strong>Die</strong>nste der Behindertenhilfe<br />
sehen sich vor der Herausforderung, neue<br />
Konzepte im Umgang mit dem Rentenalter zu<br />
entwickeln und zu erproben. Im Sinne des<br />
Normalisierungsprinzips und de bedarfsgerechten<br />
Unterstützung werden sie versuchen,<br />
Pauschallösungen zu vermeiden.<br />
<strong>Die</strong> beiden wichtigsten Fragen sind:<br />
1. Wie können Einrichtungsstrukturen verändert<br />
werden, damit ältere Bewohner ihren<br />
Ruhestand nach ihren Bedürfnissen und<br />
Wünschen aktiv gestalten können?<br />
2. Wie kann ein eventuell eintretender oder<br />
erhöhter Pflegebedarf so bewältigt werden,<br />
dass die Betroffenen noch sozial gut<br />
eingebunden in ihrem gewohnten Lebenszusammenhang<br />
bleiben können?<br />
Zur Gestaltung des Ruhestands gibt es bereits<br />
unterschiedliche Konzepte. In einer Studie der<br />
Universität Münster wurden mit Betroffenen<br />
zusammen Kriterien <strong>für</strong> gute Lösungen erarbeitet<br />
und in der Folge ein Handbuch mit Praxisbeispielen<br />
herausgegeben. <strong>Die</strong> dort zitierten<br />
zierten Elemente guter Praxis sind<br />
� Wünsche und Bedürfnisse berücksichtigen<br />
� Biografiearbeit<br />
� Selbstbestimmung<br />
� Den Erhalt von Fähigkeiten fördern<br />
� Entschleunigung<br />
� Kontinuität, ein vertrautes Umfeld<br />
� Punktuelle Begleitung anbieten<br />
� Sterbebegleitung<br />
Herausforderung <strong>für</strong> die Pflege ...<br />
Bei altersbedingt stark zunehmendem Pflegebedarf<br />
bis hin zur Sterbebegleitung sehen sich<br />
aber viele Einrichtungen fachlich und personell<br />
überfordert. Eine solche Situation führt nicht<br />
selten dazu, dass die Verantwortlichen den<br />
Pflegebedarf letztlich im Vordergrund sehen,<br />
das Ziel der Eingliederungshilfe als nicht mehr<br />
erreichbar einschätzen und der betreffende<br />
Mensch in ein Pflegeheim umzieht.<br />
Das bedeutet <strong>für</strong> den Einzelnen in der Regel<br />
einen Bruch in der Biografie, einen Wechsel in<br />
ein ungünstigeres Betreuungsverhältnis mit<br />
nicht speziell ausgebildeten Fachkräften und<br />
Mitbewohnern, die wesentlich älter sind und<br />
nicht selten starke Vorbehalte gegenüber<br />
Menschen mit geistiger Behinderung hegen.<br />
Hier gilt es, flexiblere Kombinationen von Eingliederungshilfe-<br />
und Pflege zu ermöglichen.<br />
16<br />
... und <strong>für</strong> die ärztliche Versorgung<br />
<strong>Die</strong> genannten Entwicklungen machen Anpassungen<br />
der medizinischen Versorgung notwendig,<br />
und zwar strukturell und inhaltlich.<br />
Längst leben nicht mehr alle Menschen mit<br />
geistigen und mehrfachen Behinderungen in<br />
einer Komplexeinrichtung mit ärztlicher Versorgung.<br />
Teilhabe bedeutet auch, die freie<br />
Wahl zwischen ÄrztInnen zu haben.<br />
Daher müssen niedergelassene AllgemeinmedizinerInnen<br />
ihre Praxen <strong>für</strong> Menschen mit<br />
Behinderungen öffnen und sich nicht zuletzt<br />
auch die Zeit nehmen, PatientInnen mit einer<br />
Behinderung näher kennen zu lernen.<br />
<strong>Die</strong> TeilnehmerInnen des 112. Deutschen Ärztetages<br />
haben noch weitreichende Defizite in<br />
der medizinischen Versorgung von Menschen<br />
mit geistiger Behinderung festgestellt und<br />
mahnen in einer Schlusserklärung an:<br />
� <strong>Die</strong> Versorgungsstrukturen anzupassen,<br />
unter anderem durch Hilfen zur Barrierefreiheit<br />
der Arztpraxen<br />
� <strong>Die</strong> Einrichtung Medizinischer Zentren <strong>für</strong><br />
Erwachsene mitgeistiger oder mehrfacher<br />
Behinderung analog zu den Sozialpädiatrischen<br />
Zentren und durch das Ermöglichen<br />
von Assistenzbegleitung im Krankenhaus.<br />
� <strong>Die</strong> eigenen Fachkompetenzen auszubauen,<br />
um auf die besonderen Bedürfnisse<br />
von Menschen mit geistiger oder mehrfacher<br />
Behinderung eingehen zu können.<br />
Zu diesen Fachkompetenzen gehört nicht nur,<br />
die organischen Ursachen der Behinderung<br />
behandeln zu können, sondern auch typischen<br />
Begleiterkrankungen vorzubeugen, diese zu<br />
erkennen und zu therapieren.<br />
Autorin: Ylva Köhnke, Berlin<br />
Quelle: Geriatrie Journal, www.dggeriatrie.de
Geistige Behinderung und Demenz<br />
Einer der wichtigsten Risikofaktoren <strong>für</strong> das Eintreten einer dementiellen Erkrankung ist<br />
das Alter. Auch <strong>für</strong> Menschen mit geistiger Behinderung gilt diese Annahme. Sie bekommt<br />
bei dieser Gruppe allerdings einen besonderen Stellenwert da der Alterungsprozess bei<br />
Menschen mit geistiger Behinderung schneller voranschreitet.<br />
Zur Epidemiologie<br />
Es liegen bisher keine umfassenden Zahlenangaben<br />
zu dem Vorkommen dementieller<br />
Erkrankungen bei Menschen mit geistiger Behinderung<br />
vor. Auf der Grundlage einiger Studien<br />
kann jedoch eine Schätzung des Phänomens<br />
unternommen werden. In einer von<br />
LUND (1985) durchgeführten Studie zeigten<br />
22,0% der über 65jährigen Menschen mit<br />
geistiger Behinderung Symptome einer Demenz.<br />
MOSS (1997) spricht bereits von 11,4%<br />
bei den über 50jährigen.<br />
Besonderer Aufmerksamkeit bedarf die Gruppe<br />
der älteren Menschen mit Down Syndrom.<br />
Verschiedene Autoren verweisen auf ein erhöhtes<br />
Risiko dieser Gruppe, an einer Demenz<br />
zu erkranken. Nach einer Langzeitstudie über<br />
die Auswirkungen des Alterns bei Personen<br />
mit geistiger Behinderung, die in den zwei<br />
Provinzen der Niederlande durchgeführt wurde,<br />
ist sowohl die Pflegeabhängigkeit als auch<br />
die geringere Lebenserwartung älterer Menschen<br />
mit Down-Syndrom vor allem auf das<br />
auftreten einer Alzheimer-ähnlichen Demenzerkrankung<br />
zurückzuführen.<br />
Primäre und sekundäre Symptome<br />
Eine dementielle Erkrankung geht stets mit<br />
einem Verlust von kognitiven, intellektuellen<br />
und funktionellen Fähigkeiten und Selbsthilfefertigkeiten<br />
einher. <strong>Die</strong>se Verluste können<br />
mehr oder weniger stark ausgeprägt sein.<br />
Als wichtige primäre Symptome werden folgende<br />
genannt:<br />
Gedächtnisstörungen, Orientierungsstörungen,<br />
Wortfindungsstörungen, spezielle Sprachstörungen,<br />
Störungen des Erkennens, Aufmerksamkeits-<br />
und Antriebsstörungen, spezifische<br />
Denkstörungen sowie motorische Störungen<br />
und Apraxien.<br />
<strong>Die</strong>se sogenannten primären Symptome überschneiden<br />
sich auf den ersten Blick natürlich<br />
mit den klassischen DSM-Kriterien der American<br />
Psychiatric Association zur Demenzdiagnose.<br />
Nicht immer sind diese Kriterien jedoch<br />
geeignet <strong>für</strong> die Diagnose einer Demenz bei<br />
Menschen mit geistiger Behinderung.<br />
Schwerpunkt<br />
17<br />
Sekundäre Symptome, die eher im emotionalen<br />
Bereich liegen und die auch aus der Arbeit<br />
mit älteren nicht geistig behinderten Menschen<br />
bekannt sind, können gerade bei Menschen<br />
mit geistiger Behinderung wichtige Anhaltspunkte<br />
<strong>für</strong> den Verdacht auf eine dementielle<br />
Entwicklung liefern. Theunissen (2000)<br />
hebt folgende sekundäre Symptome hervor:<br />
� Erhöhte Ängstlichkeit, durch wiederholte<br />
Erfahrungen, Anforderungen nicht mehr so<br />
gut entsprechen zu können wie früher.<br />
� Depressive Reaktionen aufgrund der erlebten<br />
Leistungseinbußen.<br />
� Aggressive Reaktionen, ebenfalls aufgrund<br />
von Versagungserlebnisse<br />
� Wahnhafte Reaktionen aufgrund von Fehlleistungen<br />
und Fehlinterpretationen.<br />
� Panikartiges Verhalten durch Überforderung<br />
und Fehldeutungen der Umweltreize.<br />
� Unruhezustände aufgrund von Angst- und<br />
Hilflosigkeitsgefühlen.<br />
� Apathie aufgrund von Verlusten kognitiver<br />
Fähigkeiten.<br />
� Sozialer Rückzug als Vermeidungsverhalten,<br />
um weiteren negativen Erfahrungen<br />
zu entgehen.<br />
� Tag-Nacht-Umkehr durch fehlende Tagesaktivitäten<br />
und Orientierungsstörungen.
Diagnostische Fragestellungen<br />
Während bei geistig nicht behinderten Älteren<br />
die Symptome einer dementiellen Erkrankung<br />
eher „leicht“ zu erkennen sind, ist dies bei<br />
Menschen mit geistiger Behinderung nicht<br />
immer einfach.<br />
So kann es aufgrund des ähnlichen Erscheinungsbildes<br />
besonders schwierig sein, eine<br />
beginnende Demenz bei gleichzeitiger geistiger<br />
Behinderung zu erkennen. Hinzu kommt<br />
die Tatsache, dass die vorhandenen diagnostischen<br />
Instrumente <strong>für</strong> die Menschen mit geistiger<br />
Behinderung ungeeignet sind.<br />
Bedenkt man außerdem, dass viele Betroffene<br />
nicht ohne weiteres Auskunft über ihr eigenes<br />
Befinden bzw. über Veränderungen geben<br />
können, wird deutlich, dass jegliche diagnostische<br />
Bemühungen nur in enger Zusammenarbeit<br />
mit Bezugspersonen möglich sind.<br />
<strong>Die</strong> auch bei geistig nicht behinderten Menschen<br />
geforderte Betrachtung der Vorgeschichte<br />
bekommt hier eine noch wichtigere<br />
Stellung.<br />
Nicht die Norm der sogenannten Allgemeinbevölkerung<br />
darf als Anhaltspunkt <strong>für</strong> die Beurteilung<br />
von Veränderungen gelten, sondern<br />
die auf den Einzelfall bezogene individuelle<br />
Ausgangslage. <strong>Die</strong>s ist besonders wichtig<br />
wenn es sich um Personen handelt, die Mehrfachbehinderungen<br />
aufweisen.<br />
Herausforderung Interdisziplinarität<br />
Aus den vorausgegangenen Ausführungen<br />
wird deutlich, dass die Begleitung von altgewordenen<br />
Menschen mit geistiger Behinderung<br />
eine starke Interdisziplinarität erfordert.<br />
Theunissen hebt hervor, dass anders als in<br />
der klassischen Behindertenarbeit pädagogische<br />
Konzepte hier nicht mehr ausreichen, um<br />
den Bedürfnissen des Menschen mit geistiger<br />
Behinderung im Alter gerecht zu werden.<br />
Pädagogische Kenntnisse müssen notwendigerweise<br />
mit pflegerischem und gerontopsychiatrischem<br />
Fachwissen einhergehen. <strong>Die</strong>s<br />
kann sicherlich nur durch gezielte Fort- und<br />
Weiterbildung, aber vielmehr noch durch die<br />
Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen<br />
erreicht werden.<br />
Hinzu kommen ganz besondere Anforderungen,<br />
die in den nächsten Jahren mit großer<br />
Wahrscheinlichkeit ebenfalls einen immer größeren<br />
Raum einnehmen werden. An erster<br />
Stelle sei die Angehörigenarbeit genannt.<br />
18<br />
Angehörige und Pflegende<br />
Während in der traditionellen Behindertenarbeit<br />
die Angehörigenarbeit zu einem großen<br />
Teil darin bestand, Angehörige <strong>für</strong> das Ziel<br />
eines möglichst selbständigen Lebens des<br />
behinderten Menschen zu gewinnen, muss<br />
dieses Ziel in einem späteren Lebensabschnitt<br />
eventuell bewusst in Frage gestellt werden.<br />
Nicht selten wehren sich Angehörige gegen<br />
den Austritt aus der Werkstatt und interpretieren<br />
einen möglichen Leistungsabfall des<br />
betreffenden Menschen als Verweigerungsverhalten,<br />
das gezielt bekämpft werden muss.<br />
Mitarbeiter laufen hier eine ähnliche Gefahr.<br />
Sie müssen sich außerdem zunehmend in einer<br />
<strong>für</strong>sorglichen Rolle zurechtfinden, in der<br />
sie jedoch nicht <strong>für</strong> jüngere sorgen, sondern<br />
ältere betreuen. Sie stehen einerseits stellvertretend<br />
als Eltern, andererseits könnten sie die<br />
Kinder sein.<br />
Dass die Konstellation alternde Menschen und<br />
jüngere Helfer die erste aller Beziehungen –<br />
nämlich die zu der Mutter bzw. den eigenen<br />
Eltern – in uns wiederbeleben kann hat, wurde<br />
bereits beschrieben.<br />
Zuletzt sei die besondere Anforderung der<br />
Sterbebegleitung genannt. In dem Ausmaß, in<br />
dem Menschen mit geistiger Behinderung ein<br />
immer höheres Alter erreichen, nimmt auch<br />
die Wahrscheinlichkeit häufiger Todesfälle zu.<br />
Mitarbeiter aus der Behindertenhilfe könnten<br />
des öfteren mit Trauer konfrontiert werden.<br />
Eine bislang wenig beachtete Perspektive des<br />
Trauerns ist die des älteren Menschen mit<br />
geistiger Behinderung selbst. Durch ihre erhöhte<br />
Lebenserwartung werden immer mehr<br />
geistig behinderte Menschen die eigenen Eltern<br />
überleben.<br />
In vielen Fällen werden sie erst durch den Tod<br />
der Eltern in eine Einrichtung der Behindertenhilfe<br />
kommen, was wiederum von den Mitarbeitern<br />
ganz besondere professionelle und<br />
menschliche Qualitäten in der Betreuung abverlangt.<br />
Autorin: Marianna Kranich, Dipl. Psych.
Situation der Pflege in der Behindertenhilfe<br />
Grundsätzlich gilt, dass Menschen mit geistiger Behinderung ebenso altern, wie alle anderen<br />
Menschen auch. Dennoch muss festgehalten werden, dass das Risiko <strong>für</strong> Krankheiten<br />
oder zusätzliche Behinderungen bei Menschen mit geistiger Behinderung aus verschiedenen<br />
Gründen erhöht ist.<br />
<strong>Die</strong> Darstellung des Alternsprozesses allgemein<br />
und der spezifischen Aspekte <strong>für</strong> Menschen<br />
mit geistiger Behinderung zeigen deutlich,<br />
wie wichtig und entscheidend eine gute<br />
Gesundheitsförderung, Prävention, Diagnostik<br />
und Therapie <strong>für</strong> diesen Personenkreis ist.<br />
Es ist von großer Bedeutung, dass Personen in<br />
der Begleitung um bestehende Risiken und<br />
entsprechende präventive Konzepte wissen,<br />
zumal Menschen mit Behinderung vielfach auf<br />
die Hilfe von außen angewiesen sind.<br />
<strong>Die</strong>s macht eine entsprechende Qualifizierung<br />
der begleitenden Personen sehr wichtig, damit<br />
diese sensibel auf mögliche Alternsprozesse<br />
reagieren können und vor allem mit selbständigkeitsunterstützenden<br />
und präventiven<br />
Maßnahmen ein gesundes Altern ermöglichen.<br />
So zeigt eine Interventionsstudie, dass die<br />
Haltung und Einstellung der Begleitenden,<br />
deren Altersbilder und selbständigkeitsunterstützende<br />
Verhaltensweisen einen hohen Einfluss<br />
auf die Förderung und Erhaltung von<br />
Selbständigkeit haben. Wirksame präventive<br />
und auch therapeutische Maßnahmen können<br />
den Ausbruch von Krankheit und zusätzliche<br />
Funktionsstörungen verhindern.<br />
Multiprofessionelle Teams, die pflegerische<br />
und pädagogische Aspekte gleichermaßen in<br />
der Begleitung und Gestaltung des oft schwierigen<br />
Alltags mit im Blick behalten, unterstützen<br />
die Reflexion der Angemessenheit der<br />
Begleitung. Es zeigt sich das pflegerisch ausgebildete<br />
Mitarbeitende bestimmte gesundheitliche<br />
Risiken aufgrund ihrer Ausbildung<br />
eher wahrnehmen oder andere Rückschlüsse<br />
aus Verhaltensänderungen ziehen, als dies<br />
pädagogisch ausgebildete Mitarbeitende tun.<br />
Vor allem die gegenseitige Ergänzung ermöglicht<br />
eine eher umfassende Lebensbegleitung,<br />
die von einer Disziplin alleine - vor allem bei<br />
sehr komplexen Behinderungen - nicht geleistet<br />
werden kann.<br />
Für die Pflege ergeben sich nach Darstellung<br />
der Situation alter Menschen mit geistiger<br />
Behinderung wichtige Aufgabenstellung auch<br />
im Bereich der Behindertenhilfe.<br />
Schwerpunkt<br />
19<br />
Hierzu gehören beispielsweise:<br />
� Übernahme des Case-Managements im<br />
Bezug auf gesundheitliche Bereiche:<br />
- Assessment (Sensibilität <strong>für</strong> Risiken/<br />
Störungen),<br />
- Begleitung prophylaktischer u. therapeutischer<br />
Maßnahmen<br />
- Sichern organisatorischer Aspekte<br />
� Einbringen der Expertise in pflegerischen<br />
Fragen, z. B.<br />
- Pflegeplanung als integrierter Bestandteil<br />
der Hilfeplanung<br />
- Einführung von Expertenstandards<br />
� Beratung, Schulung, Begleitung von Menschen<br />
mit geistiger Behinderung, Angehörigen<br />
und anderen Mitarbeitenden.<br />
<strong>Die</strong> Realität ist anders<br />
Trotz dieser Erkenntnisse zeigt sich in der<br />
Umsetzung vielfach ein anderes Bild: Das<br />
Thema der Lebensbegleitung alter Menschen<br />
mit geistiger Behinderung gewinnt zwar zunehmend<br />
an Relevanz in der Literatur und<br />
auch das Thema Pflege erhält dabei einen<br />
Stellenwert. Allerdings gilt dies vor allem <strong>für</strong><br />
die Heilpädagogik und weniger <strong>für</strong> die Pflegewissenschaft<br />
und die Gesundheitswissenschaften.<br />
Hierdurch fehlen aber wichtige Forschungsgebiete<br />
und Synergieeffekte.<br />
Darüber hinaus fehlt die Diskussion und auch<br />
die Implementierung von pflegerischen und<br />
gesundheitlichen Versorgungsstrukturen in der<br />
professionellen Begleitung von alten Menschen<br />
mit geistiger Behinderung.
<strong>Die</strong> Pflege im Schatten?<br />
Obwohl es eine der zentralen Aufgaben der<br />
Pflege ist, in umfassender Weise auch Prävention,<br />
Gesundheitsförderung sowie Beratung<br />
und Begleitung mit zu übernehmen, fehlt es<br />
der Pflege vielfach noch an professioneller<br />
Orientierung und Akzeptanz. Vielmehr wird sie<br />
oft mit einer rein körperbezogenen, versorgenden<br />
Tätigkeit gleichgesetzt.<br />
Pflege und Lebensbegleitung in der Behindertenhilfe<br />
stehen in der Gefahr auseinander zu<br />
fallen, anstatt sich zu ergänzen. So zeigt sich<br />
dies in den Diskussionen um die Alten- vs.<br />
Behindertenhilfeeinrichtungen, aber auch in<br />
der praktischen Umsetzung der ambulanten<br />
Betreuung in der Behindertenhilfe gegenüber<br />
der ambulanten Pflege.<br />
Pflegerisch ausgebildete Mitarbeitende sind in<br />
Einrichtungen der Behindertenhilfe nach wie<br />
vor wenig vertreten, wodurch es an multidisziplinärer<br />
Zusammenarbeit und sich ergänzenden<br />
Blickwinkel in der Begleitung alter Menschen<br />
mit geistiger Behinderung fehlt.<br />
Dabei sind pflegerische Impulse (Alten- und<br />
Krankenpflege) in die Behindertenhilfe genauso<br />
wichtig und wünschenswert wie umgekehrt<br />
Impulse aus der Behindertenhilfe <strong>für</strong> die Pflege,<br />
bzw. <strong>für</strong> Pflegeeinrichtungen.<br />
<strong>Die</strong> eher strikte Trennung der Wissenschaftsdisziplinen<br />
und der Versorgungsstrukturen<br />
verhindert leider wichtige Diskussionen, wie<br />
etwa die Frage, warum <strong>für</strong> Menschen in Altenpflegeinrichtungen<br />
das Recht auf Eingliederung<br />
vielfach nicht gilt.<br />
Anforderungen <strong>für</strong> die Zukunft<br />
Wesentlich ist, dass auch zukünftig verstärkt<br />
daran gearbeitet wird, dass Menschen mit<br />
geistiger Behinderung die gleichen Zugangschancen<br />
zu gesundheitlicher Versorgung haben,<br />
wie nicht behinderte Menschen auch.<br />
Allen professionellen Anbietern von Gesundheitsleistungen<br />
muss klar sein, dass Personen<br />
mit geistiger Behinderung den gleichen, wenn<br />
nicht sogar höheren Bedarf an Gesundheitsförderung,<br />
Prävention, Diagnostik und Therapie<br />
haben. <strong>Die</strong>s muss auch in angemessenen<br />
Schulungskonzepten <strong>für</strong> Menschen mit geistiger<br />
Behinderung und deren Begleitungen zum<br />
Ausdruck kommen.<br />
Autorin: Karin Tiesmeyer, Dipl. Pflegewirtin<br />
Quelle: „Alt und Behindert in Europa“, 2006<br />
20<br />
Das Seminar zum Thema<br />
Alt, behindert und im Pflegeheim<br />
Ziel:<br />
<strong>Die</strong> TeilnehmerInnen (Pflegekräfte und therapeutisches<br />
Personal) sollen die Bedingungen<br />
und Besonderheiten von Menschen, die mit<br />
geistigen und mehrfachen Behinderungen in<br />
Pflegeheimen leben, und adäquate Strategien<br />
in deren Betreuung und Pflege kennen lernen.<br />
Inhalte:<br />
� Was heißt „alt“, was heißt „behindert“,<br />
was heißt „alt und behindert“?<br />
� Brille, Rollstuhl, Hörgeräte: Alt werden mit<br />
körperlichen Behinderungen<br />
� Überforderte Pflegende, unterforderte<br />
Betroffene, geforderte Angehörige<br />
� <strong>Die</strong> permanente Beleidigung: Alt werden<br />
mit geistiger und Mehrfach-Behinderung<br />
� Demenz und geistige Behinderung – Von<br />
der Diagnose zur umfassenden Therapie<br />
� Knackpunkt und Trauma: <strong>Die</strong> Übergangsphase<br />
von Werkstätte ins Heim<br />
� Besondere Bedürfnisse, besondere Rollen,<br />
besondere Pflege<br />
Methoden:<br />
Impulsreferate, reflektierte Gruppenarbeiten,<br />
Storytelling, Fallbeispiele, Skriptum<br />
TrainerIn:<br />
DGKP Christian Luksch zert. Trainer und DGKS<br />
Andrea Ricar, Jugend am Werk, Wien<br />
Ort:<br />
Ihr Pflegeheim (Bei Bedarf organisieren wir<br />
auch gerne ein Seminarlokal in ihrer Nähe)<br />
Termin:<br />
Wann immer Sie wollen<br />
Dauer:<br />
16 Unterrichtseinheiten (2 Arbeitstage)<br />
Kosten:<br />
1.200,- € pauschal <strong>für</strong> max. 12 TN<br />
Kontakt:<br />
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Alt und blind<br />
<strong>Die</strong> Altenhilfe ist nicht ausreichend auf die steigende Zahl älterer Menschen mit Sehbehinderungen<br />
vorbereitet. Dabei gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, wie den Betroffenen<br />
wieder zu mehr Lebensqualität verholfen werden kann. In diesem Zusammenhang weist<br />
das Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA) auf die demografische Entwicklung hin, aufgrund<br />
der auch die altersbedingten Augenerkrankungen unausweichlich steigen werden.<br />
"Fast die Hälfte aller neuerblindeten Menschen<br />
sind über 80 Jahre alt", so Professor Dr. Norbert<br />
Pfeiffer von der Universitäts-Augenklinik<br />
in Mainz und zweiter Vizepräsident der Deutschen<br />
Ophthalmologischen Gesellschaft. Der<br />
Mediziner geht davon aus, dass es 2030 30%<br />
mehr blinde Menschen und hochgradig Sehbehinderte<br />
geben wird als heute.<br />
Derzeit leben alleine in der Bundesrepublik<br />
rund 145.000 Blinde und eine halbe Million<br />
Sehbehinderte. Bei diesen Angaben handele<br />
es sich jedoch um Untergrenzen, da die gesetzlichen<br />
Definitionen <strong>für</strong> Sehbehinderungen<br />
in Deutschland sehr viel strenger und enger<br />
gefasst seien als in anderen Ländern.<br />
Auf den prognostizierten Anstieg der Altersblinden<br />
und sehbehinderten alten Menschen<br />
ist die Altenhilfe nicht vorbereitet. "Viele Pflegepersonen<br />
wissen einfach zu wenig über<br />
deren Situation und die speziellen Probleme<br />
und sind erst recht nicht im Umgang mit ihnen<br />
geschult", urteilt Hans-Eugen Schulze, Beauftragter<br />
<strong>für</strong> Blinden- und Sehbehindertendienste<br />
der Evangelischen Landeskirche in Baden.<br />
Schulzes Einschätzung bestätigt auch Hans-<br />
Joachim Meyer: "Ich bin verblüfft, wie wenig<br />
die MitarbeiterInnen in der Pflege über altersbedingte<br />
Sehstörungen wissen". Der Optikermeister<br />
aus Essen, der sich auf das Gebiet der<br />
vergrößernden Sehhilfen spezialisiert hat,<br />
führt Hausbesuche und Sprechstunden <strong>für</strong> die<br />
BewohnerInnen von Alteneinrichtungen sowie<br />
Schulungen <strong>für</strong> MitarbeiterInnen durch.<br />
Meyer hat dabei die Erfahrung gemacht: "Das<br />
Pflegepersonal weiß in der Regel nichts oder<br />
nicht viel über das Sehvermögen der ihnen<br />
anvertrauten Personen. Selbst wenn ein Augenarzt<br />
eine Einrichtung besucht und dort<br />
Diagnosen stellt, haben die wenigsten Pflegepersonen<br />
eine Vorstellung davon, welche<br />
Probleme die Betroffenen haben." Erschwerend<br />
käme hinzu, so Meyer weiter, dass die<br />
alten Menschen auch häufig nicht mehr so<br />
motiviert wären und sich mit ihren Sehproblemen<br />
einfach abfänden.<br />
Schwerpunkt<br />
21<br />
Damit kommt es aber unnötigerweise zu einer<br />
Beeinträchtigung der Lebensqualität. Denn<br />
durch die individuelle Anpassung von Hilfsmitteln<br />
können sehbehinderte Menschen, selbst<br />
im hohen Alter und bei Demenz, viele ihrer<br />
Fähigkeiten und somit auch Selbstständigkeit<br />
wiedererlangen.<br />
Hans-Joachim Meyer spricht sich daher da<strong>für</strong><br />
aus, den Aspekt "Sehen im Alter" verstärkt in<br />
die Ausbildung zu integrieren. "Gutes oder<br />
bestmögliches Sehen der pflegebedürftigen<br />
Personen sollte ein wesentlicher Aspekt in der<br />
Arbeit der Altenpflege werden, weil es beispielsweise<br />
die Sicherheit erhöht, indem Stürze<br />
verhindert werden, oder aber therapeutische<br />
Maßnahmen unterstützt. <strong>Die</strong> Sehbehinderten<br />
selbst werden dadurch oft neu motiviert,<br />
und ihre psychischen Belastungen reduzieren<br />
sich", ist sich Meyer sicher.<br />
Ein Wissensdefizit bescheinigt der engagierte<br />
Optikermeister aber auch der Ärzteschaft.<br />
Zwar würde er mit vielen Augenärztinnen und<br />
-ärzten gut zusammen arbeiten, doch stieße<br />
er immer wieder auf solche, die ihre alten<br />
Patientinnen und Patienten mit den Worten<br />
"Ich kann Ihnen keine andere Brille mehr verordnen"<br />
als „austherapiert" verabschiedeten.<br />
Dr. Anita Künnecke gehört nicht dazu. <strong>Die</strong> seit<br />
20 Jahren in eigener Praxis niedergelassene<br />
Augenärztin, die im Raum München fünf Altenpflegeheime<br />
betreut und zudem auch Personen<br />
besucht, die zu Hause gepflegt werden,<br />
sagt in PRO ALTER: "Selbst bei Demenzkranken<br />
können wir Augenärzte noch etwas bewirken.<br />
<strong>Die</strong> Diagnose bei ihnen stellt zwar<br />
eine besondere Herausforderung<br />
dar, aber<br />
wenn man sich auf diese<br />
Zielgruppe einlässt, ihr<br />
ganz besonders zuhört<br />
und die oft individuelle<br />
Sprache oder Ausdrucksweise<br />
'übersetzt',<br />
kann man eine Therapie<br />
einleiten."<br />
Quelle: www.bfs-ev.de
Gehörlos im Altenheim – wie es funktionieren kann<br />
Der Altenpflegepreis, immerhin 5000,- € wird alljährlich von dem deutschen Fachmagazin<br />
„Altenpflege“ ausgeschrieben. Vor zwei Jahren gewann ihn das „Minna-Sattler-Senioren-<br />
Zentrum“. Wegen seines „vorbildlichen Engagements <strong>für</strong> gehörlose alte Menschen“.<br />
Innovation und Spezialisierung sind Denkrichtungen,<br />
die die Verantwortlichen in Dortmund-<br />
Brünninghausen schon seit Jahren beschreiten.<br />
So war der Leiter der Einrichtung, Hans<br />
van Dormalen, auch ganz Ohr, als das „Zentrum<br />
<strong>für</strong> Gehörlosenkultur“ anrief. Zahlreiche<br />
Einrichtungen waren angesprochen, aber erst<br />
in Dortmund hörte man zu – und dachte nach.<br />
Immer mehr der rund 650 gehörlosen Menschen<br />
in Dortmund sind inzwischen alt und<br />
pflegebedürftig. Sie finden aber in der Stadt<br />
und im Umland kein Haus, in dem sie entsprechend<br />
ihren Wünschen und Bedürfnissen den<br />
Lebensabend verbringen können.<br />
In der Bundesrepublik gibt es 80.000 Gehörlose,<br />
aber gerade mal drei Alten- und Pflegeheime<br />
<strong>für</strong> diese Zielgruppe, wie der Leitende<br />
Redakteur der Zeitschrift „Altenpflege“, Dr.<br />
Holger Jenrich, in seiner Laudatio anlässlich<br />
der Preisverleihung ausführte. So war die Resonanz<br />
auf den ausgelobten Preis – Motto:<br />
„Wenn die Sinne schwinden“ - bei dem es um<br />
die Pflege von stummen, tauben oder blinden<br />
alten Menschen ging, auch recht schwach.<br />
Herausragend allerdings die Bewerbung des<br />
Minna-Sattler-Seniorenzentrums der AWO<br />
Westfalen. Stück <strong>für</strong> Stück machten sich die<br />
MitarbeiterInnen mit der Lebenswelt Gehörloser<br />
vertraut und ermittelten, welche Änderungen<br />
in technischer, personeller und pflegerischer<br />
Hinsicht nötig wären.<br />
Dann ging alles rasend schnell. Innerhalb von<br />
Tagen zog ein gehörloses Ehepaar ein: 79 und<br />
86 Jahre alt, sie durch einen Schlaganfall zusätzlich<br />
gehandicapt, er demenzerkrankt.<br />
„Weil wir noch nicht richtig vorbereitet waren,<br />
haben wir anfangs improvisiert,“ so Hans van<br />
Dormalen. Hände und Füße, Papier und Bleistift<br />
waren die wichtigsten Hilfsmittel zur<br />
Kommunikation. Bald waren MitarbeiterInnen<br />
gefunden, die Gebärdensprache beherrschten.<br />
Einer Krankenschwester folgte eine Ergotherapeutin<br />
sowie eine selbst hörgeschädigte<br />
junge Frau in der Ausbildung zur Altenpflegerin.<br />
Mitarbeiter wie Altenpflegerin Claudia<br />
Hennecke, waren von der Kommunikation in<br />
der Gebärdensprache so beeindruckt, dass sie<br />
sich in Kursen weiterbildeten.<br />
Schwerpunkt<br />
22<br />
Mittlerweile leben im Minna-Sattler-Seniorenzentrum<br />
mehrere gehörlose BewohnerInnen.<br />
Sie sind in die Wohnbereiche integriert, denn<br />
eine gesonderte Abteilung gibt es ganz bewusst<br />
nicht. „Wir setzen auf Integrationund<br />
schaffen Situationen, in denen Hörende und<br />
Gehörlose ihre gemeinsame Zeit verbringen<br />
können“.<br />
Zur Integration trug bei, dass das Personal<br />
des Zentrums geschult wurde, sich mit gehörlosen<br />
Menschen auch ohne Kenntnisse der<br />
Gebärdensprache zu verständigen.<br />
Um den gehörlosen Bewohnern das Weiterführen<br />
ihrer gewohnten sozialen Kontakte zu<br />
ermöglichen, bringt sie ein Fahrdienst regelmäßig<br />
zu Treffen in die Gehörlosen-Altenstube<br />
oder zu Vorführungen eines Gehörlosen-<br />
Theaters. Umgekehrt bekommen sie regelmäßig<br />
Besuch von gehörlosen Menschen aus<br />
Dortmund.<br />
Natürlich mussten die Appartements der gehörlosen<br />
Bewohner adäquat ausgerüstet werden:<br />
statt eines Telefons ein Faxgerät - statt<br />
eines Türgongs eine Blitzklingel. Geweckt<br />
werden die Bewohner von einem Lichtwecker.<br />
Sollten sich die gemeinsamen Pläne des<br />
Dortmunder Zentrums <strong>für</strong> Gehörlosenkultur<br />
und der AWO realisieren lassen, wird das<br />
Haus eine Beratungsfunktion übernehmen.<br />
Gehörlose ältere Menschen sollen sich dann<br />
bei Experten über Angebote der offenen und<br />
stationären Altenhilfe informieren können.<br />
Quelle: Standard aktuell
Coaching in der Pflege<br />
Wie Sie mit professioneller Begleitung Ihre Pflegeteams unterstützen und so ganz nebenbei<br />
auch Ihre Unternehmensziele erreichen<br />
Coaching ist ein Instrument, mit dem die Leistungen<br />
eines Teams verbessert oder die Kompetenzen<br />
und Fähigkeiten des Teamleiters/der<br />
Teamleiterin oder auch jeder einzelnen Mitarbeiterin<br />
und jedes einzelnen Mitarbeiters entwickelt<br />
werden können. Ebenso können Aspekte<br />
wie Motivation oder individuelle<br />
Entwicklungsziele gefördert werden.<br />
Es gibt drei Formen des Coachings, von denen<br />
ein Team profitieren kann: Im Teamcoaching<br />
arbeitet eine externe Coachin oder ein Coach<br />
mit dem gesamten Team, im Einzelcoaching<br />
wird mit der Teamleitung oder mit einzelnen<br />
Mitarbeiter/innen gearbeitet und beim Coaching<br />
als Führungsaufgabe fungiert die Teamleitung<br />
als Coach/in <strong>für</strong> die Mitarbeiter/innen<br />
Coaching hat sich in einem Zeitraum von mehr<br />
als 30 Jahren von einer besonderen Form der<br />
professionellen Unterstützung im Sport zu<br />
einem wichtigen Instrument des Personalmanagements<br />
weiterentwickelt. War es in den<br />
80er Jahren nur Vorgesetzten und Top-<br />
Manager/innen vorbehalten, ergibt sich seit<br />
Beginn der 90er Jahre ein ausgesprochen<br />
breites Anwendungsfeld in unterschiedlichen<br />
Branchen, bei unterschiedlichen Problemen<br />
und bei unterschiedlichen Zielgruppen.<br />
Heute ist Coaching in vielen Unternehmen als<br />
selbstverständliche Ergänzung zu anderen<br />
Personalentwicklungsmaßnahmen akzeptiert.<br />
Und auch in mobilen und stationären Einrichtungen<br />
des Gesundheitswesens beginnen die<br />
Personalverantwortlichen zu erkennen, dass<br />
sie nur mit gesunden, zufriedenen und motivierten<br />
MitarbeiterInnen den Herausforderungen<br />
der Zukunft erfolgreich begegnen können<br />
und setzen Coaching als innovative und wirksame<br />
Form der Personalentwicklung ein.<br />
Psychohygiene<br />
23<br />
Ansatzpunkte in der Hierarchie<br />
Coaching kann sich grundsätzlich sowohl an<br />
Führungskräfte unterschiedlicher Hierarchieebenen<br />
als auch an Mitarbeiter/innen ohne<br />
Führungsfunktion richten. Der gewisse Hauch<br />
an Exklusivität, der diesem Instrument auch<br />
anhängt, trägt primär dazu bei, dass Coaching<br />
eher den Führungskräften vorbehalten bleibt.<br />
Führungskräfte-Coachings können als<br />
Einzel- oder Gruppen-Coachings durchgeführt<br />
werden. Dabei gilt: Je höher sich die Führungskraft<br />
in der Hierarchie befindet, desto<br />
problematischer wird die Gestaltung eines<br />
Gruppen-Coachings. So wäre zwar ein solches<br />
mit PDLs mehrerer Krankenhäuser oder Altenheime<br />
denkbar, in der Praxis jedoch kaum<br />
durchführbar. Zu groß sind hier die Berührungsängste,<br />
die den Prozess maßgeblich behindern<br />
und sogar unmöglich machen würden.<br />
Denkbar wäre dagegen ein Coaching <strong>für</strong><br />
Wohnbereichsleitungen eines Altenheims oder<br />
Teamleitungen. Bei dieser homogenen Gruppenkonstellation<br />
könnte zum Beispiel ein Coaching<br />
mit dem Ziel einer Erweiterung der Führungskompetenz<br />
stattfinden. Hier vielleicht<br />
entstehende Berührungsängste lassen sich<br />
erfahrungsgemäß leichter abbauen.<br />
Ein im an speziellen Zielen oder Problemen<br />
erzeugte tiefe Zusammengehörigkeitsgefühl<br />
hat auch langfristig positive Konsequenzen.<br />
Nach der Coaching-Phase können auf dieser<br />
Ebene des Vertrauens Erfahrungen ausgetauscht<br />
werden und man kann sich gegenseitig<br />
unterstützen bzw. coachen.<br />
Mitarbeiter/innen-Coachings findet man<br />
häufig als Gruppen-Coachings. In der Pflege<br />
ist dies mit einer Gruppengröße von bis zu<br />
zehn Teilnehmer/innen denkbar. Das Pflegeteam<br />
einer Abteilung wird dabei hinsichtlich<br />
der <strong>Die</strong>nstplangestaltung, geteilt. Häufig sind<br />
es Kostengründe, die ein Teamcoaching auf<br />
dieser Ebene realisierbar machen. Selbstverständlich<br />
kommen die positiven Effekte auch<br />
unter den Mitarbeiter/innen zum Tragen. Darüber<br />
hinaus zeigen sich häufig gerade diese<br />
Mitarbeiter/innen dankbar da<strong>für</strong>, dass sie in<br />
den Genuss einer solchen exklusiven Personalentwicklungsmaßnahme<br />
kommen.
Ausgewählte Anlässe <strong>für</strong> Coaching<br />
Vor allem unter Berücksichtigung der täglichen<br />
Belastungen, denen Pflegende ausgesetzt<br />
sind, kann ein Coaching eine sinnvolle<br />
und sogar notwendige Unterstützung bilden.<br />
<strong>Die</strong> einzelnen Anlässe <strong>für</strong> Einzel- oder Gruppencoachings<br />
sind ausgesprochen vielfältig.<br />
Der Wunsch nach persönlicher Leistungsverbesserung<br />
wird am häufigsten genannt:<br />
• Führungskompetenz erweitern<br />
• Selbstsicherheit gewinnen / stärken<br />
• Mitarbeiter/innen motivieren können<br />
• Gespräche kompetent führen<br />
• Standortbestimmung<br />
• Pers./berufl. Weiterentwicklung<br />
• vorhandene Potenziale stärken<br />
• Konfliktfähigkeit verbessern.<br />
Im Rahmen des Coachings werden diese Ziele<br />
weiter konkretisiert und Maßnahmen gemeinsam<br />
mit dem Coach/der Coachin generiert.<br />
Zu oft genannten Problemen, an denen auch<br />
im Rahmen des Coaching-Prozesses gut gearbeitet<br />
werden kann, gehören auch: Stress<br />
jeglicher Art, Streit und Konflikte, Führungsschwierigkeiten<br />
jeglicher Art, private Probleme,<br />
Veränderungswiderstände.<br />
Beispiele <strong>für</strong> Coaching-Projekte<br />
In der mobilen und stationären Altenpflege<br />
ergeben sich also vielfältige Ansatzpunkte.<br />
Auch hat sich je nach Thematik ein paralleles<br />
Coaching auf unterschiedlichen Ebenen – auf<br />
der Ebene der MitarbeiterInnen sowie auf der<br />
Führungskräfte-Ebene – bewährt.<br />
<strong>Die</strong>s ist z.B. bei Umstrukturierungen im Betrieb,<br />
wie die Zusammenlegung von Teilbereichen,<br />
bei Veränderung von Teamkonstellationen<br />
oder besonders bei der Arbeit an künftigen<br />
Unternehmenszielen, da hier eine Ableitung<br />
in Bereichs-, Team- und Mitarbeiter-<br />
Innenziele gegeben ist, angebracht.<br />
24<br />
Durch die Konzentration im Coaching auf die<br />
Bedürfnisse, Wünsche und Gefühle aller Beteiligten<br />
während Veränderungsprozessen kann<br />
eine Steigerung der Arbeitszufriedenheit und -<br />
motivation erreicht sowie Absenzen und Fluktuation<br />
erfolgreich verhindert werden.<br />
Weitere erfolgreiche Coaching-Interventionen<br />
können<br />
• die Optimierung der Kommunikations- und<br />
Kooperationsqualität zwischen den einzelnen<br />
Bereichen eines Unternehmens,<br />
• die Erarbeitung von Maßnahmen zur Personalsuche<br />
und langfristiger Bindung an<br />
das Unternehmen<br />
• die Feststellung von aktuellen und der<br />
Aufbau von zukünftig notwendigen Kompetenzen<br />
der Mitarbeiter/innen oder der<br />
Teamleitungen<br />
betreffen.<br />
Zusammengefasst kann gesagt werden, dass<br />
es zahlreiche Ansatzpunkte <strong>für</strong> Coaching in<br />
der Pflege gibt und der ideale Coach bzw. die<br />
ideale Coachin nicht nur <strong>für</strong> die möglichen<br />
Hauptanlässe <strong>für</strong> Coaching – die Bewältigung<br />
von Krisen und Maßnahmen zur Leistungsverbesserung<br />
– sondern auch <strong>für</strong> vielfältige<br />
Unterthemen offen sein muss.<br />
Bleibt die Frage: Wo und wie finde ich den<br />
idealen Coach bzw. die ideale Coachin <strong>für</strong><br />
mein Unternehmen?<br />
Anforderungen an eine/n CoachIn<br />
<strong>Die</strong> Anforderungen an einen Coach oder eine<br />
Coachin sind ausgesprochen komplex. Coachs<br />
müssen sich schnell auf neue Situationen einstellen<br />
können. Authentizität, Flexibilität und<br />
die Fähigkeit, sich in sein Gegenüber hineinversetzen<br />
zu können, sind weitere Eigenschaften.<br />
Ob ein Coach/eine Coachin die notwendigen<br />
persönlichen und fachlichen Anforderungen<br />
tatsächlich erfüllt, ist in der Praxis jedoch<br />
schwer einzuschätzen, da Coaching heute<br />
noch eine ungeschützte Bezeichnung ist, die<br />
dementsprechend jede/r verwenden darf.<br />
Einzelne Verbände bemühen sich eine<br />
verbindliche Qualität der Ausbildung zu<br />
definieren. Bei der Auswahl eines geeigneten<br />
Coachs oder einer Coachin sollte somit die<br />
Aufmerksamkeit vor allem auf eine<br />
umfassende und mit Erfolg absolvierte<br />
Qualifizierung gerichtet werden.
Charakteristikum einer tragbaren Beziehung<br />
zwischen Coach/in und Coachee ist Vertrauen.<br />
Einen entscheidenden Beitrag zum Aufbau von<br />
Vertrauen leistet vor allem eine breite Lebens-<br />
und Berufserfahrung. Ein/e selbsterfahrene/r<br />
Coach/in wird <strong>für</strong> sich auch schnell erkennen,<br />
<strong>für</strong> welchen Auftrag die eigene Erfahrung ausreicht<br />
und <strong>für</strong> welchen Auftrag nicht.<br />
Auch das Hinterfragen des eigenen Zuständigkeitsbereichs<br />
gehört dazu. Psychische und<br />
physische Erkrankungen sowie schwere Suchtprobleme<br />
gehören nicht in das Tätigkeitsfeld<br />
des Coachs oder der Coachin. In diesen Fällen<br />
werden seriöse Anbieter/innen das Erbringen<br />
der <strong>Die</strong>nstleistung ablehnen und das Aufsuchen<br />
von Spezialist/innen empfehlen. Weiters<br />
sollten Coachs über positive persönliche Ausstrahlung<br />
und einen angemessenen Interaktions-<br />
und Kommunikationsstil verfügen.<br />
Zu den fachlichen Anforderungen gehört eine<br />
passende Feldkompetenz, die dem Coach/der<br />
Coachin hilft die Besonderheiten der Berufswelt<br />
der Coachees zu verstehen. Kenntnisse in<br />
Bezug auf die Organisation, in die die KlientInnen<br />
eingebettet sind, sind im Coaching-<br />
Prozess an vielen Stellen hilfreich. Einem Coach<br />
und einer Coachin aus einem fachnahen<br />
Berufsfeld oder zumindest einem oder einer<br />
mit der Branche eng vertrauten, wird Feldkompetenz<br />
zugestanden. Der Aufbau von Vertrauen<br />
wird dadurch erleichtert.<br />
Interne/r oder Externe/r Coach/in?<br />
Organisationsinterne Coachs gehören in der<br />
Regel der Personalentwicklungsabteilung an.<br />
<strong>Die</strong>se werden jedoch meist nur von großen<br />
Unternehmen beschäftigt, die den Nutzen<br />
dieser Personalentwicklungsmaßnahme erkannt<br />
haben und die da<strong>für</strong> benötigten finanziellen<br />
Mittel zur Verfügung haben. Selbstverständlich<br />
muss auch ein/e organisationsinterne/r<br />
Coach/in die beschriebenen fachlichen<br />
und persönlichen Anforderungen erfüllen. Der<br />
größte Vorteil liegt hier sicherlich in dem vorhandenen<br />
Wissen über die Organisation.<br />
Wenn diese/r auch in keine weitere Führungsaufgabe<br />
eingebunden ist, kann er/sie als unabhängige/r<br />
und neutrale/r Coach/in über<br />
einen Vertrauensvorschuss verfügen. In der<br />
Eingebundenheit ins Unternehmen und der<br />
Kenntnisse über das Unternehmen liegt jedoch<br />
auch gleichzeitig der größte Nachteil.<br />
Der Begriff Betriebsblindheit umschreibt diesen<br />
Sachverhalt sehr treffend.<br />
25<br />
Auch sieht sich der/die organisationsinterne/r<br />
Coach/in häufig mit unterschiedlichen Erwartungen<br />
der Führungskräfte und Mitarbeiter/<br />
innen konfrontiert. Es ist fast unmöglich, die<br />
in einem MitarbeiterInnen-Coaching gesammelten<br />
Erkenntnisse zu neutralisieren um sich<br />
völlig offen in ein anschließendes Führungskräfte-Coaching<br />
zu begeben. <strong>Die</strong> Gefahr der<br />
Parteinahme <strong>für</strong> eine Führungskraft oder eine<br />
Mitarbeiter/in besteht in diesem Fall immer.<br />
Ein/e organisationsexterne/r Coach/in ist freiberuflich<br />
oder selbständig tätig. <strong>Die</strong>s hat den<br />
Vorteil, dass er oder sie kein fest angestelltes<br />
Organisationsmitglied ist und nur <strong>für</strong> einen<br />
begrenzten Zeitraum „Hilfe zur Selbsthilfe“<br />
leistet. Damit unterliegen sie nur wenigen<br />
Zwängen in der Organisation, werden eher als<br />
neutrale Partner/innen betrachtet und sind<br />
nicht „betriebsblind“. Bezüglich der Auswahl<br />
von externen Coachs/ Coachinnen ist die genaue<br />
Prüfung der Qualifikation unabdingbare<br />
Voraussetzung <strong>für</strong> den Erfolg der Intervention.<br />
<strong>Die</strong> Führungskraft als Coach/in<br />
Erfolgreiche Führungskräfte führen flexibel.<br />
Das heißt, dass sie situationsabhängig einzelne<br />
Führungsstile verwenden. Damit kann eine<br />
Führungskraft in ausgewählten Situationen<br />
durchaus zum/ zur Coachin werden. Ihr<br />
Hauptkennzeichen ist die große Flexibilität.<br />
In der Rolle des/der Coach/in muss er/sie sich<br />
zurücknehmen und dem Gegenüber die volle<br />
und ehrliche Aufmerksamkeit durch aktives<br />
Zuhören und geschickte Fragen, schenken<br />
können. Eine große Gefahr besteht darin, dass<br />
eine coachende Führungskraft es nicht<br />
schafft, sich mit der gebührenden Neutralität<br />
dem Coachee zu widmen. <strong>Die</strong> Einbindung in<br />
das Unternehmen, das Unterliegen auferlegter<br />
Zwänge sowie persönliche Interessen und<br />
selbstverständlich die eigene Betriebsblindheit<br />
können den Coaching-Prozess stören.<br />
Der Hauptvorteil einer coachenden Führungskraft<br />
besteht darin, dass in vielen Fällen<br />
der kostenintensive Einsatz eines Coachs oder<br />
einer Coachin erspart bleibt und mitunter ein<br />
Vertrauensverhältnis bereits existiert und nicht<br />
erst mühsam aufgebaut werden muss. In Anbetracht<br />
dessen, dass eine coachende Führungskraft<br />
bei weitem nicht alle potenziellen<br />
Coaching-Themen bearbeiten kann, ist es sicherlich<br />
kritisch zu betrachten, wenn Coachings<br />
aus Kostengründen nur noch durch die<br />
Führungskräfte durchgeführt werden sollen.
Methoden des Coachings<br />
Coachings leben von der Kreativität der Coachin<br />
/ des Coachs. <strong>Die</strong>s macht sich vor allem<br />
auch beim Einsatz einzelner Übungen bemerkbar.<br />
Erfolgreiche Coachs haben einen<br />
Methoden- und Übungspool, den sie ständig<br />
erweitern.<br />
Darüber hinaus besteht ein Coaching auch<br />
nicht nur aus einzelnen Übungen. In sehr vielen<br />
Gesprächen können ebenfalls wichtige<br />
Aspekte herausgearbeitet werden, die dem<br />
Team oder einzelnen Mitgliedern dem Ziel<br />
einen Schritt näher bringen. Coachs müssen<br />
vor allem gute KommunikatorInnen sein, die<br />
Sprache ist ihr wichtigstes Werkzeug.<br />
Eine Teamcoachin oder ein Teamcoach kann<br />
sich zur Beobachtung auch im Pflegeteam<br />
aufhalten. <strong>Die</strong> Rückmeldungen der Beobachtungen,<br />
die z. B im Bereich der Arbeitsorganisation<br />
und Arbeitsmethoden oder Kommunikation<br />
und Arbeitsklima gemacht wurden, sensibilisieren<br />
die Mitarbeiter/innen da<strong>für</strong>,<br />
wie sie miteinander umgehen und arbeiten<br />
und sind eine wichtige Voraussetzung <strong>für</strong> den<br />
ersten Schritt, dass Veränderungsmaßnahmen<br />
eingeleitet werden können.<br />
„Training on the job“ werden Mitarbeiter/innen<br />
einzeln oder in Subgruppen vom<br />
Coach oder der Coachin begleitet, erhalten<br />
sofort nach bestimmten Handlungssequenzen<br />
Feedback und können vor Ort andere Lösungsvorschläge<br />
ausarbeiten und auf ihre<br />
Wirksamkeit hin testen.<br />
Mein Angebot an Sie:<br />
Coaching von Pflegeteams<br />
26<br />
Einsatz von Coaching in der Pflege<br />
(z. B. Pflegefachkräfte, Teamleitungen, Projekt- und Arbeitsgruppen, etc.)<br />
• Telefonischer Erstkontakt mit Abklärung der Thematik<br />
• Persönliches Kennenlernen mit Erhebung der aktuellen Situation<br />
und Abklärung von ersten Zielen und Erwartungen gratis<br />
(außerhalb von Wien gegen Spesenersatz)<br />
• Schriftliche Angebotserstellung zur Intervention<br />
Coachingeinheiten je nach Vereinbarung, Bedarf und Thematik<br />
Coaching erfreut sich als Intervention im Gesundheitswesen<br />
einer zunehmenden Beliebtheit<br />
und viele Einrichtungen nutzen bereits<br />
derartige Personalentwicklungsangebote.<br />
Gerade in der Pflege wird damit größtenteils<br />
der Bereich der klassischen, meist ausschließlich<br />
problemorientierten Supervision abgelöst<br />
und durch ein zeitgemäßeres problem- und<br />
zielorientiertes Coaching ersetzt. <strong>Die</strong> Erkenntnis,<br />
dass es sich bei den Mitarbeiter/innen um<br />
das wichtigste Potenzial der Unternehmen im<br />
Gesundheitswesen handelt, sorgt mittlerweile<br />
auch <strong>für</strong> eine hohe Sensibilität gegenüber der<br />
Einführung von MitarbeiterInnencoachings.<br />
Erfolgsberichte aus der Praxis lassen hoffen,<br />
dass Coaching sich zukünftig zu einer regelmäßigen<br />
Intervention in vielen Unternehmen<br />
entwickeln wird, denn letztendlich gewinnen<br />
nicht nur die Mitarbeiter/innen, sondern auch<br />
die Unternehmensführung und natürlich die<br />
Patient/innen und Bewohner/innen.<br />
DGKS Manuela Steinmetz<br />
Dipl. Erwachsenenbildnerin, Dipl. Coachin<br />
Training & Coaching <strong>für</strong> Pflegeberufe, Sozial- und Lehrberufe<br />
DGKS Manuela Steinmetz, Dipl. Erwachsenenbildnerin, Dipl. Coachin<br />
I: www.frauenlebensraeume.at E: office@frauenlebensraeume.at T: 0699 12292995
Fortbildungsmanagement in der Altenpflege<br />
Eine ganz eigene Art hektischer Betriebsamkeit bricht jährlich im Oktober und <strong>November</strong><br />
bei den Qualitäts- und PersonalmanagerInnen sowie den Pflegedienstleitungen von Altenheimen<br />
aus: Es ist die Zeit der Fortbildungsplanung <strong>für</strong> das kommende Jahr – ein Eiertanz<br />
mit Pirouetten und Spagat zwischen Wünschen, Zielvorgaben und Möglichkeiten.<br />
Fortbildungsmanagement ist eine der vielen<br />
Schnittstellen zwischen Organisations-, Qualitäts-<br />
und Personalentwicklung. Zum einen<br />
durch rechtliche Vorgaben normiert, zum anderen<br />
durch die Qualitätsansprüche der Organisationen<br />
und deren Umsetzung vorgegeben,<br />
stößt der Wille dazu häufig auf Grenzen von<br />
wirtschaftlichen und personellen Ressourcen:<br />
Fortbildung ist nicht mehr leistbar – selbst<br />
wenn die ökonomischen Ressourcen da wären.<br />
Viele Altenheime sehen kaum mehr die<br />
Möglichkeit Fortbildungen durchzuführen, weil<br />
auch kaum mehr Personal da ist, das den Alltagsbetrieb<br />
aufrecht erhalten kann.<br />
Nicht zuletzt auch aus diesem Grund wird die<br />
Fortbildungsplanung daher jenen übertragen<br />
die auch <strong>für</strong> die <strong>Die</strong>nstpläne zuständig sind,<br />
nämlich den Pflegedienstleitungen. Eigentlich<br />
gar nicht so übel – denn diese sind ja genau<br />
die Leute, die auch wissen müssten, welche<br />
Fortbildungsinhalte notwendig sind. Dennoch<br />
scheitern viele – und nicht nur an dem Spagat<br />
zwischen Fortbildungs- und <strong>Die</strong>nstplan oder<br />
an mangelnder Wirtschaftskompetenz.<br />
Den Fortbildungsbedarf feststellen<br />
Einer der ersten Stolpersteine ist die Tatsache,<br />
dass viele Leitungen und MitarbeiterInnen –<br />
diesen als eine Art Wunschkonzert ansehen.<br />
Allzu selten wird nämlich noch vor der Planung<br />
der Fortbildungsbedarf erhoben und<br />
damit das wirklich Notwendige erst gar nicht<br />
erfasst. Kein Wunder, wenn dann vom 25.<br />
Validationsseminar bis zum Ikebana-Kurs alles<br />
draufsteht, was gut und teuer, aber oft nicht<br />
wirklich notwendig ist.<br />
In der Regel ist es jedoch eine recht einfache<br />
Rechnung: Benötigte Kompetenzen minus<br />
vorhandene Kompetenzen ist gleich Bedarf!<br />
Schwieriger ist dabei schon die Festlegung,<br />
welche Kompetenzen jenseits allgemeiner<br />
Anforderungen überhaupt benötigt werden,<br />
was wiederum nur durch eine Analyse des<br />
Auftrages der Organisation festgestellt werden<br />
kann. Glücklich, wer da auf ein Pflegeleitbild<br />
sowie auf die, von diesem abgeleitete, strategische<br />
Ziele zurückgreifen kann.<br />
Management<br />
27<br />
Leichter scheint es da schon zu sein, die vorhandenen<br />
Kompetenzen der MitarbeiterInnen<br />
festzustellen – führen doch die meisten Organisationen<br />
Aufzeichnungen über die bereits<br />
absolvierten Fort- und Weiterbildungen ihrer<br />
MitarbeiterInnen.<br />
Allerdings droht hier ein weiterer Stolperstein:<br />
Fortbildungsnachweise alleine sagen noch<br />
nichts aus, über die tatsächlichen (praktischen)<br />
Kompetenzen, da sie i. R. lediglich eine<br />
Bestätigung der expliziten Wissensvermittlung<br />
sind, jedoch nicht den Praxistransfer beurteilen.<br />
Wenn Schwester Elvira schon vor drei<br />
Jahren eine Fortbildung in Bobath-Pflege gemacht<br />
hat, diese bislang allerdings noch nicht<br />
anwenden konnte, ist das noch keine Kompetenz,<br />
sondern bestenfalls nur ein theoretisches<br />
– und damit auch de facto totes – Wissen.<br />
Gute Fortbildungsmanagerinnen verlassen sich<br />
also nicht alleine auf Fortbildungsnachweise<br />
und -bestätigungen, sondern fragen nach, ob<br />
die jeweiligen Inhalte auch angewandt und<br />
entsprechende Praxiserfahrungen gemacht<br />
wurden. Das Mittel der Wahl dazu ist das MitarbeiterInnenorientierungsgespräch,<br />
bei dem<br />
auch und gerade solche Dinge Inhalt sind.<br />
Ein weiterer Fakt, den es zu bedenken gilt,<br />
sind Fortbildungsthemen, welche die bestehende<br />
Gesetzgebung vorschreibt, wie zum<br />
Beispiel regelmäßige Erste-Hilfe-Kurse, Hygieneschulungen<br />
und/oder Brandschutzübungen,<br />
sowie benötigte Kompetenzen im Rahmen<br />
bestimmter Funktionsbereiche.
Aus-, Fort- oder Weiterbildung?<br />
Spätestens hier erhebt sich auch die Frage, ob<br />
denn eine Fortbildung als solches genügt, ob<br />
diese denn überhaupt notwendig ist, weil die<br />
Inhalte ja doch bereits in der Grundausbildung<br />
gelehrt wurden, bzw. ob es nicht vielleicht<br />
doch eine Weiterbildung sein sollte.<br />
Der Unterschied, respektive jener zwischen<br />
Fort- und Weiterbildung ist dabei gar nicht so<br />
einfach. Das GuKG definiert eine Fortbildung<br />
als „Information über die neuesten Entwicklungen<br />
und Erkenntnisse (...)“ sowie als „Vertiefung<br />
der in der (Grund-)Ausbildung erworbenen<br />
Kenntnisse und Fertigkeiten“, legt aber<br />
keine näheren Vorschriften über die Art, Form<br />
und Dauer von Fortbildungen fest. Lediglich<br />
Weiterbildungen „haben mindestens vier Wochen<br />
zu umfassen“, sind durch die Landesregierung<br />
zu bewilligen und enden mit einer<br />
Prüfung sowie dem Recht zur Führung einer<br />
Zusatzbezeichnung. Aber auch sie dienen<br />
„nur“ der Erweiterung und Vertiefung von<br />
Kenntnissen und Fähigkeiten, die bereits in<br />
der Grundausbildung erworben wurden.<br />
Prinzipiell ist es also anzuraten, einen etwas<br />
genaueren Augenmerk auf die Kenntnisse und<br />
Fähigkeiten zu legen, die schon durch die<br />
Grundausbildungen mitgebracht werden sollten,<br />
allerdings, hinsichtlich des spezifischen<br />
Arbeitsauftrages, entsprechend gut beherrscht<br />
werden müssen. Überall wo dies nicht der Fall<br />
ist, bzw. wo „tiefergehende Kenntnisse und<br />
Fähigkeiten“ benötigt werden, sollte nun fort-<br />
und weitergebildet werden.<br />
<strong>Die</strong>s kann wie gesagt spezielle Aufgabenstellungen<br />
betreffen, muss aber nicht unbedingt.<br />
Werden bestimmte Basics (wie etwa eine effiziente<br />
Pflegeplanung oder -dokumentation)<br />
von den betroffenen MitarbeiterInnen nicht<br />
lege artis beherrscht, ist hier ein Fortbildungsbedarf<br />
anzusetzen und in der Regel höher zu<br />
bewerten, als der Wunsch nach bestimmten<br />
zusätzlichen Fähigkeiten bzw. Kenntnissen.<br />
Das betrifft auch Fähigkeiten, die unter Umständen<br />
eigentlich schon bei den Grundausbildungen<br />
vorausgesetzt worden sind, z. B. das<br />
Beherrschen der deutschen Sprache in Wort<br />
und Schrift. Hier wird auch der <strong>Die</strong>nstgeber in<br />
die Pflicht zu nehmen sein, wie es etwa das<br />
Krankenanstaltengesetz ohnehin bereits tut.<br />
Und: <strong>Die</strong> betroffenen MitarbeiterInnen dürfen<br />
sich einer, <strong>für</strong> ihre Arbeit notwendigen und<br />
zumutbaren, Fortbildung nicht entziehen!<br />
28<br />
Intern oder extern?<br />
Eine weitere – und gar nicht so unwesentliche<br />
– Frage in der Planung von Fortbildungen ist,<br />
ob diese intern oder extern abzuhalten sind.<br />
Beide Varianten haben Vorteile und Risiken.<br />
Zunächst: Interne Fortbildungen sind nicht<br />
unbedingt solche, die „im eigenen Haus“<br />
durchgeführt werden, sondern solche, die von<br />
internen SpezialistInnen, also Fachleuten, die<br />
in der Organisation fix angestellt sind, abgehalten<br />
werden. <strong>Die</strong>s kann „Inhouse“ – eben<br />
in der Einrichtung selbst – oder in eigenen<br />
Fortbildungseinrichtungen geschehen. Externe<br />
Fortbildungen werden von TrainerInnen bzw.<br />
ReferentInnen durchgeführt, die nicht zum<br />
Stammpersonal der Organisation gehören –<br />
ebenfalls wieder „Inhouse“ oder Outhouse“.<br />
Der Vorteil Interner Fortbildungen ist zweifellos<br />
die Kosteneffizienz: Interne SpezialistInnen<br />
sind billiger. Und sie kennen auch die Eigenheiten<br />
der Organisation besser. Ihre Nachteile<br />
liegen zum einen in der Gefahr einer gewissen<br />
Betriebsblindheit, vor allem aber im sogenannten<br />
„Phänomen des Propheten im eigenen<br />
Land“ – man glaubt externen Profis meist<br />
mehr als der Kollegin/ dem Kollegen, mit<br />
dem/ der man Tag <strong>für</strong> Tag zusammenarbeitet.<br />
Wichtig bei der Beauftragung externer Trainer<br />
und TrainerInnen ist neben deren fachlicher<br />
und methodischer Qualifikation (ideal sind<br />
Nachweise über Ausbildungen als TrainerIn),<br />
vor allem die Gewährleistung eines effizienten<br />
Praxistransfers. Sich darauf zu verlassen, dass<br />
die (theoretischen) Inhalte eines Seminars ad<br />
hoc und ohne Begleitung in die tägliche Praxis<br />
übernommen werden können, erweist sich oft<br />
als Gegenteil von gut, nämlich gut gemeint.<br />
Nützen Sie daher das Angebot vieler kompetenter<br />
TrainerInnen, ihr Team auch nach dem<br />
Theorieinput in der Praxis zu begleiten (etwa<br />
durch sogenannte Nachfasstage) oder greifen<br />
sie gleich zur Möglichkeit des „Training on the<br />
Job“, bei der weniger die theoretische Unterweisung<br />
als das praktische Handeln und dessen<br />
Reflexion, beides gemeinsam mit den<br />
TrainerInnen, im Vordergrund steht. Das mag<br />
vielleicht nicht ganz so billig sein, wie ein in<br />
der nächsten Fortbildungsakademie gebuchtes<br />
Halbtagesseminar, ist aber in den allermeisten<br />
Fällen von bedeutend größerer Nachhaltigkeit.<br />
Autor: Christian Luksch, zertifizierter Trainer<br />
und Dozent <strong>für</strong> Geriatrische Pflege
Neue Ausbildung Geriatrische Animation“ ab 10. 1. 2011 in Wien!<br />
Kennen Sie das? Kaum sind alte Menschen in einem Pflegeheim, verschlechtert sich ihr<br />
psychischer Zustand rapid: Sie werden verwirrt, wahnhaft, aggressiv und sind zu keiner<br />
sinnvollen Aktivität mehr im Stande. Motivierungsversuche bringen nur selten etwas,<br />
der Verfall verläuft immer rascher, der Rückzug wird bald unumkehrbar.<br />
Bereits vor zehn Jahren wurde jedoch am<br />
Wiener Otto-Wagner-Spital ein Pflegekonzept<br />
entwickelt, das diesen Prozess der dementiellen<br />
Dekompensation nachhaltig und nachweisbar<br />
aufhalten kann: Geriatrische Animation<br />
– ein aktivierendes Pflegekonzept, speziell<br />
<strong>für</strong> verwirrte alte Menschen, das sowohl die<br />
Lebensqualität der betroffenen PatientInnen<br />
als auch die Arbeitsqualität der Pflegepersonen<br />
erhöht.<br />
Es baut auf den Erkenntnissen der sozialen<br />
<strong>Geronto</strong>psychiatrie sowie auf den Theorien<br />
von Erwin Böhm, Erich Grond, Naomi Feil u.a.<br />
<strong>Geronto</strong>logInnen auf und wurde speziell <strong>für</strong><br />
eine rasche und kosteneffiziente Implementierung<br />
in stationäre und ambulante Betreuungsformen<br />
entwickelt.<br />
Neben einem umfassenden funktionellen und<br />
psychosozialen Assessment ist das Kernstück<br />
des Konzeptes der von DGKP Christian Luksch<br />
entwickelt „Dreierschritt“ von Re-Orientierung,<br />
Re-Aktivierung und Re-Integration durch leicht<br />
zu erlernende niederschwellige Techniken der<br />
Physio-, Psycho- und Soziotherapie.<br />
Bereits in der zweijährigen Erforschungsphase<br />
konnten die positiven Wirkungen des Konzeptes<br />
nachgewiesen werden: 23% weniger Behandlungskosten<br />
und 32% weniger Psychopharmaka<br />
machen durchaus Sinn.<br />
Doch auch <strong>für</strong> die Pflegenden ist das Konzept<br />
von Vorteil, wie ein Folgeprojekt im GZ Liesing<br />
zeigt: Dort sank nach der Implementierung<br />
der Geriatrischen Animation die Krankenstandsrate<br />
vor allem der KollegInnen im<br />
Alter 50+ rapide ab, während die Arbeitszufriedenheit<br />
massiv anstieg.<br />
1999 erhielt das Konzept den Gesundheitspreis<br />
der Stadt Wien, 2000 den begehrten<br />
Mediscus – Award.<br />
Neben den Wiener Geriatriezentren Liesing<br />
und Baumgartner Höhe haben mittlerweile<br />
mehr als 50 Pflegeheime in Kärnten und Südtirol,<br />
Niederösterreich, Steiermark und Vorarlberg<br />
sowie in Bayern dieses Konzept erfolgreich<br />
implementiert.<br />
Fortbildung<br />
29<br />
Neben den laufenden Ausbildungen an der<br />
AWO-Akademie in Franken und dem BFI in<br />
Kärnten findet ab Jänner 2011 auch in Wien<br />
wieder eine entsprechende, berufsbegleitende<br />
Ausbildung zur Geriatrischen Animationsfachkraft<br />
statt. Zielgruppe der insgesamt 100 Theorie-<br />
und 20 Praxisstunden dauernden Ausbildung<br />
sind neben diplomierten Gesundheits-<br />
und Krankenpflegepersonen auch PflegehelferInnen<br />
und ausgebildete SeniorenanimateurInnen<br />
mit einer mindestens zweijährigen Berufserfahrung<br />
in der Altenpflege.<br />
Der Lehrgang besteht aus einem fünftägigen<br />
Grundkurs, drei Aufbaumodulen zu jeweils<br />
drei Tagen in Abständen von zwei Monaten<br />
sowie einer selbständig durchgeführten Fallstudie.<br />
<strong>Die</strong> Fortbildung (i.S. der §§ 63 und<br />
104c GuKG) schließt mit der Präsentation der<br />
Fallstudie sowie mit einem Zertifikat ab, das<br />
zur Ausführung der “Geriatrischen Animation<br />
nach Luksch” berechtigt.<br />
Start der Ausbildung ist der 10. 1. 2011, Austragungsort<br />
ist das Bildungszentrum Floridsdorf<br />
1210 Wien, Pius Parsch Platz 2.<br />
<strong>Die</strong> ReferentInnen sind DGKP Christian Luksch<br />
und DGKS Manuela Steinmetz.<br />
<strong>Die</strong> Kosten <strong>für</strong> den gesamten Kurs betragen<br />
1500,- €, (inkl. USt.) Förderungen (z.B. durch<br />
den WAFF) sind möglich<br />
Mehr Information gibt es unter der E-Mail<br />
office@geronto.at oder unter den Tel. <strong>Nr</strong>.<br />
0699 1279 0778, bzw. 0699 1229 2995.
Berufsbegleitender Lehrgang<br />
„Help The Helper, Train The Nurse“<br />
Fortbildung zur Fachreferentin <strong>für</strong><br />
Gesundheitsberufe<br />
FachreferentInnen (“TrainerInnen”) sind speziell<br />
ausgebildete Personen, die <strong>für</strong> fachliche<br />
Fortbildungsmaßnahmen von im Beruf stehenden<br />
MitarbeiterInnen befähigt sind. Anders<br />
als LehrerInnen arbeiten sie nicht im Rahmen<br />
von Grundausbildungen sondern v. a. im Bereich<br />
der inner- und außerbetrieblichen Fort-<br />
und Weiterbildung.<br />
Als erstes Fortbildungsinstitut bietet <strong>Geronto</strong>.at<br />
eine Ausbildung speziell <strong>für</strong> Menschen in<br />
Pflege- und Gesundheitsberufen an, die u. a.<br />
auch den Anforderungen des AMS an TrainerInnen<br />
entspricht und u. a. zur Anerkennung<br />
durch die Akademie <strong>für</strong> Erwachsenenbildung<br />
eingereicht werden kann.<br />
Das Ziel des Lehrganges ist der Erwerb methodischer,<br />
didaktischer und fachlicher Kompetenzen,<br />
um die Aufgaben einer Fachreferentin<br />
bzw. eines Fachreferenten in Gesundheitsberufen<br />
erfüllen zu können<br />
Zielgruppe sind Personen, die eine abgeschlossene<br />
und anerkannte Grundausbildung<br />
(z. B. als DGKS oder als TherapeutIn) und<br />
mindestens fünf Jahre praktische Erfahrung<br />
im erlernten Beruf haben.<br />
<strong>Die</strong> Fortbildung (i. S. d. §63 GuKG) umfasst<br />
140 theoretische Unterrichtseinheiten in 8<br />
Modulen, 4 Einheiten Einzelcoaching sowie ein<br />
Praktikum in der Dauer von 20 Unterrichtseinheiten<br />
und schließt mit einer Prüfung sowie<br />
einem Zertifikat ab.<br />
Der nächste Lehrgang beginnt am 4. und 5.<br />
Februar 2011 in Wien (VHS Hernals) und wird<br />
von DGKS Manuela Steinmetz, dipl. Erwachsenenbildnerin<br />
und Coachin, geleitet<br />
Der Preis beträgt 1800,- Euro bei einer Anmeldung<br />
bis 31. 11. <strong>2010</strong>, bei Anmeldungen<br />
nach dem 30. 11. 2100,- Euro. Ratenzahlungen<br />
können vereinbart werden.<br />
<strong>Die</strong> TeilnehmerInnenanzahl ist nach oben hin<br />
mit sieben begrenzt.<br />
Mehr Informationen finden Sie auf unserer<br />
Website www.geronto.at, unter der E-Mail-<br />
Adresse office@geronto.at oder unter der Telefonnummer<br />
0699/ 1279 0778.<br />
Fortbildung<br />
30<br />
Berufsbegleitender Lehrgang<br />
„Selbständigkeit in Gesundheitsberufen“<br />
Fortbildung <strong>für</strong> eine freiberufliche<br />
Berufsausübung<br />
Immer mehr GesundheitsarbeiterInnen erkennen<br />
die Grenzen des institutionellen Arbeitens<br />
und machen sich selbständig – mit eigenen<br />
Pflegediensten, als TherapeutInnen, als BeraterInnen,<br />
als ReferentInnen. Und tatsächlich<br />
scheint die Freiberuflichkeit <strong>für</strong> viele eine große<br />
Chance zu sein, sich beruflich und privat zu<br />
verwirklichen.<br />
Aber was heißt eigentlich „beruflich selbständig“?<br />
Wie wird man „FreiberuflerIn“? Was ist<br />
zu beachten? Welche Fallen und Stolpersteine<br />
drohen? Wie finanziert sich so was? Was sagen<br />
Familie und PartnerIn dazu? Und wie überlebt<br />
man im Dschungel der sogenannten<br />
„freien“ Marktwirtschaft?<br />
Das Ziel des Lehrganges ist der Erwerb methodischer<br />
und fachlicher Kompetenzen, um<br />
Freiberufliche/r, bzw. Selbständige/r ein Klein-<br />
bzw. Ein-Personen-Unternehmen zu gründen<br />
und führen zu können<br />
Zielgruppe sind DGKS/P, TherapeutInnen,<br />
Hebammen, etc. Voraussetzungen sind eine<br />
abgeschlossene Ausbildung sowie eine mindestens<br />
zweijährige praktische Erfahrung im<br />
erlernten Beruf.<br />
<strong>Die</strong> Fortbildung umfasst 140 theoretische Unterrichtseinheiten<br />
in acht Modulen, sowie vier<br />
Einheiten Einzelcoaching und schließt mit der<br />
Präsentation eines selbst erstellten und auf<br />
die eigenen Bedürfnisse abgestimmten Businessplans<br />
ab.<br />
Der nächste Lehrgang beginnt am 18. und 19.<br />
Februar 2011 in Wien (VHS Hernals) und wird<br />
von DGKP Christian Luksch, zert. Trainer und<br />
Geschäftsführer der Fa. <strong>Geronto</strong>.at, geleitet.<br />
Der Preis beträgt 1800,- Euro bei einer Anmeldung<br />
bis 31. 11. <strong>2010</strong>, bei Anmeldungen<br />
nach dem 30. 11. 2100,- Euro. Ratenzahlungen<br />
können vereinbart werden.<br />
<strong>Die</strong> TeilnehmerInnenanzahl ist nach oben mit<br />
sieben begrenzt,.<br />
Mehr Informationen finden Sie auf unserer<br />
Website www.geronto.at, unter der E-Mail-<br />
Adresse office@geronto.at oder unter der Telefonnummer<br />
0699/ 1279 0778<br />
.
Zur Person:<br />
Wortspende<br />
Erich Fromm<br />
an Frau Innenministerin Maria Fekter:<br />
Wenn die Welt sich nicht selbst zerstören soll,<br />
brauchen wir einen neuen Menschen –<br />
einen Menschen der die engen Grenze seiner Nation hinter sich lässt<br />
und der jedes menschliche Wesen als einen Nachbarn<br />
und nicht als einen Barbaren empfindet –<br />
einen Menschen der sich in der Welt zu Hause fühlt<br />
Erich Fromm wollte eigentlich wie viele seiner männlichen Vorfahren Rabbiner werden. Ende der<br />
1920er Jahre lernte er allerdings den Freud-Schüler und Juristen Hanns Sachs kennen und studierte<br />
bei diesen Psychoanalyse, ab 1929 praktizierte er, da er kein Arzt war, als Laienanalytiker. Nach<br />
der Machtergreifung der Nazis emigrierte er in die USA, wo er an der Columbia University in New<br />
York und später in Mexiko lehrte. Durch seine Beiträge zur Psychoanalyse, Religionspsychologie<br />
und Gesellschaftskritik gilt er als einer der einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts. Viele<br />
seiner Bücher wurden zu Bestsellern – vor allem „<strong>Die</strong> Kunst des Liebens“ und „Haben oder Sein“.<br />
Heuer jährte sich Geburtstag zum 110. und sein Todestag zum 30. mal<br />
31
Was ist der Mensch?<br />
Hircan Sen, Masseurin in Istanbul<br />
Hicran Sen ist 43 Jahre alt. Seit 30 Jahren massiert sie Frauen in einem Istanbuler Hamam,<br />
einem Dampfbad. Eine Ausbildung hat sie nicht, sie kann weder lesen noch schreiben.<br />
Für ihren Job braucht man kräftige, aber sensible Hände, um zu spüren, wo der Badegast<br />
verspannt ist. <strong>Die</strong> Kunst der Massage hat sie von ihrer Mutter gelernt, die schon<br />
denselben Beruf ausübte. Hicran Sen arbeitet elf Stunden täglich, sieben Tage die Woche.<br />
Sie ist verheiratet, hat zwei Söhne und ist gerade zum ersten Mal Großmutter geworden.<br />
Der ältere Sohn leistet Militärdienst, die Schwiegertochter wohnt bei ihr.<br />
Monatsverdienst und Grundkosten:<br />
Hicran Sen erhält von ihrem Chef fünf Euro pro Kunde.<br />
Daher schwankt ihr monatliches Einkommen stark. Im<br />
Winter liegt es bei 600 Euro. Ihr Ehemann besitzt einen<br />
mobilen Obststand und steuert etwa genauso viel zum<br />
Lebensunterhalt bei. Ihre 2-Zimmer-Wohnung kostet 125<br />
€ Miete im Monat, hinzu kommen 25 € <strong>für</strong> Strom und<br />
Wasser. Steuern bezahlt Sen keine, und ihre Krankenversicherung<br />
ist die sogenannte Grüne Karte: <strong>Die</strong>se gewährt<br />
Türken mit niedrigem Einkommen eine kostenlose staatliche<br />
Gesundheitsgrundversorgung. Für das Alter legt sie<br />
nichts beiseite.<br />
Was ist das Wichtigste in Ihrem Leben?<br />
„Das Wichtigste ist, dass meine Kinder gesund sind. Gott<br />
sei Dank sind sie das.“<br />
Was möchten Sie in Ihrem Leben verändern?<br />
„Ich hätte gern ein Haus. Unsere Wohnung ist viel zu<br />
klein.“<br />
Was sind Ihre größten Probleme und wie gehen<br />
Sie damit um?<br />
„Meine größte Sorge ist, dass mein Sohn unversehrt vom<br />
Militärdienst zurückkommt. Da<strong>für</strong> bete ich regelmäßig."<br />
Was erwarten Sie von der Zukunft?<br />
Kolumne<br />
"Ich hoffe, dass meine Kinder Arbeit finden. Ich habe<br />
meinen Söhnen immer gesagt, wie wichtig es ist, zur<br />
Schule zu gehen. Und ich habe sie gut erzogen. Mehr<br />
kann ich nicht machen."<br />
Was würden Sie tun, wenn Sie sich ein Jahr lang<br />
nicht um Ihren Unterhalt kümmern müssten?<br />
"<strong>Die</strong> Frage verstehe ich nicht. Ich muss doch Geld verdienen!<br />
Aber wenn mir jemand wirklich ein Jahr lang Geld<br />
schenken würde, dann würde ich zu Hause bleiben, mich<br />
entspannen und fernsehen."<br />
Sie tragen kein Kopftuch. Was denken Sie über die<br />
Kopftuchdiskussion in der Türkei?<br />
"Mir ist das egal. Jeder soll so herumlaufen, wie er will.<br />
Ich trage zwar kein Kopftuch, aber glaube trotzdem an<br />
Gott.<br />
32<br />
Türkei<br />
EinwohnerInnen:<br />
77 Millionen<br />
Währung:<br />
Lira (1 Lira = 0,44 Euro)<br />
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf:<br />
8160,- Euro<br />
(Österreich 33.400,- Euro)<br />
Human Development Index:<br />
Platz 84 von 177 Nationen<br />
(Österreich: Platz 15)<br />
Aktuelle Durchschnittskosten:<br />
1 Liter Milch: 0,94 €<br />
1 kg Hammelfleisch: 6,70 €<br />
1 kg Schafkäse: 5,50 €<br />
1 U-Bahnfahrt: 0,50 Euro<br />
1 Frauenhaarschnitt: 10,30 €<br />
Quelle: www.brandeins.de