Leitthema Tab. 3 Morbidität und Mortalität der D2-Lymphadenktomie in prospektiv randomisierten europäischen Studien Autor Jahr Patienten (n) jedoch Lymphknotenzahlen von >25 zu erwarten, wenn die erweiterte LA konsequent ausgeführt wird. Die D1-LA wird definiert durch die Entfernung der Lymphknotenstationen 1–6 an der großen und kleinen Kurvatur. In Japan und in den Zentren der westlichen Welt wird die D2-LA als Standardtherapie angesehen (Lymphknotenstation 1–6 und 7–11). Das Kompartiment 1 beinhaltet alle perigastrischen LK (Stationen 1–6), das Kompartiment 2 die Lymphknotenstation oberhalb <strong>des</strong> Pankreas um den Truncus coeliacus herum (Stationen 7–11), die Lymphknotenpositionen 12–16 (Lig. hepatoduodenale, retropankreatisch) gehören dem Kompartiment 3 an (vgl. Abb. 1 im Beitrag Bork et al. in diesem Heft). Für <strong>Tumoren</strong> <strong>des</strong> mittleren Magendrittels gilt diese Regel ohne Ausnahme. Für <strong>Tumoren</strong> <strong>des</strong> proximalen oder distalen Drittels kann die D2-LA nach links (Station 16, linker Nierenstiel) oder nach rechts (Station 13, retropankreatisch) erweitert werden. In westlichen Ländern wird die LA in der sog. „En-bloc-Technik“ durchgeführt. Dabei wird das lymphatische Gewebe en bloc von der Peripherie zum Zentrum <strong>des</strong> Tumors entfernt (zentripetal). Die LK sind damit sämtlich am Resektionspräparat vorhanden. Der Pathologe ist dadurch in der Lage, die anatomische Lokalisation der LK zu identifizieren, sie zu dissezieren und zu zählen. Ergebnisse der Lymphadenektomie Morbidität (%) Mortalität (%) 5-Jahres-Überleben (%) D1 D2 D1 D2 D1 D2 D1 D2 Dent et al. [9] 1988 22 32 15 30 0 0 Bonenkamp et al. [4] 1999 380 331 25 43 4 10 45 47 Cuschieri et al. [10] 1999 200 200 28 46 6.5 13 35 33 Gesamt 602 552 26 44 a 4,7 10,5 a 41,5 42 a Statistisch signifikant. In verschiedenen nichtrandomisierten Studien wurden 5-Jahres-Überlebensraten für die D2-LA zwischen 43 und 64% berichtet. Es fanden sich keine Unterschiede in der Letalität und Morbidität zwischen beiden Verfahren. Im Vergleich zur D1-LA zeigte die Mehrzahl der nichtrandomisierten Studien bei ebenfalls geringer Morbidität und Mortalität einen Prognosevorteil der radikalen D2-LA gegenüber der D1-LA. In der Deutschen Magenkarzinomstudie konnte für die UICC-Stadien II und IIIA ein Prognosevorteil der D2-LA festgestellt werden [40]. Zwei aktuelle prospektive Beobachtungsstudien bestätigen die Ergebnisse aus den nichtrandomisierten Studien der 1990er Jahre [9, 12]. Die randomisierten Studien aus den Niederlanden (DGCT) und aus Großbritannien (MRC) bestätigen die in früheren Arbeiten gefundene geringere Rate an lokoregionären Rezidiven nach D2-LA [5, 6]. > Linksseitige Pankreasresektion und Splenektomie sollten vermieden werden In beiden randomisierten Studien konnte jedoch bei erhöhter Morbidität und Mortalität kein Prognosegewinn nach D2-LA nachgewiesen werden (. Tab. 3). Die Letalität in der D2-LA-Gruppe betrug in der niederländischen Studie 10% (32/390) und in der MRC-Studie 13% (26/200). Allein durch diese hohe postoperative Mortalität können eventuelle Vorteile im Langzeitüberleben verschleiert werden. Die hohen Komplikationsraten der D2-LA in beiden Studien werden durch die hohe Anzahl von Splenektomien und Pankreaslinksresektionen in dieser Gruppe erklärt (DGCT: 32% vs. 3% (D1), MRC: 56,5% vs. 4%). Dadurch kam es häufig zu Pankreasfisteln mit septischen Komplikationen, die ursächlich für die hohe postoperative Morbidität und Letalität waren. Deshalb sollte die linksseitige Pankreasresektion und/ oder Splenektomie nach Möglichkeit vermieden werden. Ein Cochrane-Review bestätigt die Ergebnisse der randomisierten Studien: In der Metaanalyse findet sich kein Vorteil der erweiterten LA, lässt jedoch eine abschließende Bewertung der LA beim Magenkarzinom offen [29]. In den 11-Jahres-Überlebensdaten der niederländischen Studie findet sich ebenfalls kein Überlebensvorteil für das Gesamtkollektiv. Wenn die einzelnen Stadien getrennt betrachtet werden, finden sich Überlebensvorteile (Stadium II 23% vs. 37%, Stadium IIIA 4% vs. 22%) für die D2-LA, die jedoch statistisch nicht signifikant sind (kleine Gruppengröße) [21]. Werden Patienten mit Splenektomie und Pankreaslinksresektion von der Analyse ausgeschlossen, werden die Vorteile der D2-LA im Gesamtkollektiv signifikant (11-Jahres-Überleben 33% [D1] vs. 47% [D2] p=0,018) [19]. Auch finden sich in der holländischen Studie deutlich weniger Lokalrezidive nach D2-LA [20]. Eine aktuelle randomisierte Studie aus Taiwan, in der die D3-LA mit der D1-LA verglichen wurde, zeigt ebenfalls einen deutlichen Trend zu weniger Lokalrezidiven nach 5 Jahren: 40,3 vs. 50,6% (p=0,197). In dieser Studie fand sich ein signifikanter Überlebensvorteil für die D3-Gruppe. Die 221 Resektionen wurden von drei Chirurgen durchgeführt, ohne postoperative Letalität [43]. Ein randomisierter Vergleich zwischen der D2- vs. D4-LA aus Japan ergab kein verbessertes Überleben, bei äußerst geringer Morbidität und Mortalität (0,8% in beiden Gruppen) beider Verfahren [37]. Insgesamt unterstreichen die vorliegenden Arbeiten, dass eine D2-LA ohne Splenektomie und Pankreaslinksresektion in Zentren mit entsprechender Erfahrung nicht zu einer Erhöhung der Mortalität führt. Für diese Fälle ist auch ein Prognosegewinn gegenüber der eingeschränkten LA zu erwarten. Da die Patientengruppe, die von der erweiterten LA profitieren wird, bislang weder präoperativ noch intraoperativ identifiziert werden kann, bleibt die D2-LA das Standardverfahren bei lokal fortgeschrittenen Magenkarzinomen. 108 | Der Chirurg 2 · 2010