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Mitarbeiterscreenings - Allen & Overy

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Arbeitsrecht<br />

Status „sicher“ haben, um einen Missbrauch zu terroristischen Anschlägen<br />

auszuschließen. „Sicher“ ist Luftfracht, wenn sie nach gemeinsam<br />

festgelegten Sicherheitsvorgaben behandelt wurde, die deren Beförderung<br />

auf dem Luftweg gestatten.<br />

Die Fracht kann entweder durch Kontrollen beim Luftfahrtunternehmen<br />

oder einem behördlich kontrollierten Logistikdienstleister/Spediteur<br />

„sicher“ gemacht werden. Die erforderlichen Maßnahmen, wie Röntgenuntersuchungen<br />

oder Handkontrollen, kosten jedoch Zeit, Aufwand und<br />

Geld oder sind mit Qualitätsstandards oder Warenbeschaffenheit unvereinbar.<br />

Daher kann ein Unternehmen die Luftfracht auch ohne diese<br />

Kontrollmaßnahmen in Eigenregie abfertigen, wenn es behördlich als<br />

„bekannter Versender“ zugelassen ist. Dazu sichert es identifi zierbare<br />

Luftfracht auf dem eigenen Betriebsgelände vor unbefugtem Zugriff und<br />

Manipulation und übergibt sie ohne weitere Kontrolle als „sicher“.<br />

Wichtig<br />

Nach dem 25.3.2013 (Ende der Übergangsfrist der Verordnung) muss<br />

sich das Unternehmen einem aufwändigen Zulassungsverfahren beim<br />

Luftfahrt-Bundesamt (LBA) unterziehen. Dazu ist ein Sicherheitskonzept<br />

zu erstellen, das mit identifi zierter Luftfracht in Berührung kommende Personal<br />

zu überprüfen und zu schulen, ggf. der betriebliche Logistikbereich<br />

umzugestalten und ein umfassendes Audit durch das LBA zu bestehen.<br />

(Anm. d. Red.: vgl. zum Thema auch den Blickpunkt in AuA 4/13.)<br />

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Diese Überprüfung der Mitarbeiter richtet sich nach einer weiteren Verordnung<br />

(EU) Nr. 185/2010 und betrifft zwei Personenkreise,<br />

– den verantwortlichen „Beauftragten für die Sicherheit“ sowie<br />

– das Personal, das physisch Zugang zu identifi zierbarer Luftfracht hat.<br />

Die behördliche Zuverlässigkeitsüberprüfung des Sicherheitsbeauftragten<br />

– mit Identitätsnachweis, Prüfung der Strafregistereinträge sowie Erfassung<br />

beschäftigungsbezogener und sonstiger Lücken im Lebenslauf der<br />

letzten fünf Jahre – nimmt die zuständige Luftsicherheitsbehörde auf Antrag<br />

des Arbeitgebers vor. Das Personal mit physischem Zugang zu identifi<br />

zierbarer Luftfracht muss er hingegen selbst überprüfen. Dabei ist die<br />

Identität des jeweiligen Mitarbeiters festzustellen und von diesem sind<br />

Auskünfte über Straffälligkeiten bzw. beschäftigungsbezogene und sonstige<br />

Lebenslaufl ücken der letzten fünf Jahre einzufordern.<br />

Praxistipp<br />

Die datenschutzrechtlichen Erwägungen für dieses Verfahren dürften auf<br />

die Anti-Terrorismus-Listen entsprechend anwendbar sein. Das gilt im<br />

Wesentlichen auch für die betriebsverfassungsrechtlichen Aspekte. Die<br />

Entscheidung des Unternehmens, den Status „bekannter Versender“<br />

anzustreben, darf durch Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nicht<br />

beschränkt werden. §§ 94 und 95 BetrVG scheiden aus, weil zum einen<br />

die Stammdaten bereits erhoben sind und zum anderen die Behörde<br />

– und nicht der Arbeitgeber – die Kriterien für eine Zuverlässigkeitsüberprüfung<br />

oder beschäftigungsbezogene Überprüfung festlegt. In arbeitsrechtlicher<br />

Hinsicht ist zu beachten, dass man Arbeitnehmer, die die<br />

Zuverlässigkeits- oder die beschäftigungsbezogene Überprüfung in diesem<br />

Verfahren nicht bestehen, ohne Weiteres an anderer Stelle einsetzen<br />

kann. Eine entsprechende Versetzung ist dem Arbeitgeber also zumutbar.<br />

7 Fazit<br />

Wegen seiner Tragweite für die Personalarbeit bleibt der Umgang mit Mitarbeiterdaten<br />

ein sensibles Thema. Den sicherheitspolitischen Verschärfungen<br />

und daraus resultierenden Anforderungen können sich die Unternehmen<br />

kaum entziehen. Aber auch nach der Entscheidung des BFH wird<br />

die Diskussion unter Arbeitsrechtlern und Datenschützern nicht verstummen.<br />

Dabei hat der BFH eine wichtige Vorfrage geklärt und die Zollverwaltung<br />

insoweit bestätigt, die für das AEO-Zertifi kat den Listenabgleich<br />

verlangt.<br />

Arbeitsrechtlich ist zu folgern, dass dadurch der Regelungsspielraum der<br />

Betriebsparteien und etwaige Mitbestimmungsrechte auf null reduziert<br />

sind. Der Arbeitgeber ist nur frei in der Entscheidung, ob er ein Zertifi kat<br />

erwirbt, nicht jedoch in der Vorgehensweise. Streitfälle werden letztendlich<br />

die Arbeitsgerichte und Einigungsstellen beschäftigen. Vor diesem<br />

Hintergrund können Betriebsvereinbarungen durchaus sinnvoll sein, auch<br />

wenn der Umfang der Mitbestimmungsrechte unklar und die Reichweite<br />

der Regelungsbefugnis der Betriebsparteien zweifelhaft sind.<br />

Auch beim Datenschutz kann man nach der Entscheidung des BFH nicht<br />

zur Tagesordnung übergehen. Der Listenabgleich berührt das informationelle<br />

Selbstbestimmungsrecht der Beschäftigten, zumal dies in der Praxis<br />

überwiegend über automatisierte Verfahren und ggf. durch Dienstleister<br />

realisiert wird. Rechtsgrundlagen, Rechtsstaatlichkeit beim Zustandekommen<br />

der Listen, Verhältnismäßigkeit eines anlasslosen <strong>Mitarbeiterscreenings</strong><br />

ohne Verdachtsfall und Zumutbarkeitsaspekte werden weiterhin für<br />

Kontroversen mit betrieblichen Datenschutzbeauftragten und Betriebsräten<br />

sorgen.<br />

156 Arbeit und Arbeitsrecht · 3/13

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