Ist der Ruf erst ruiniert - Allen & Overy
Ist der Ruf erst ruiniert - Allen & Overy
Ist der Ruf erst ruiniert - Allen & Overy
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
MARKENFÜHRUNG<br />
image Markenartikel 9/2013<br />
HANDEL<br />
RECHT<br />
SERVICE<br />
74<br />
<strong>Ist</strong> <strong>der</strong> <strong>Ruf</strong> <strong>erst</strong> <strong>ruiniert</strong><br />
Wenn Marken in den Medien in einem unerwünschten Kontext<br />
auftauchen, können Unternehmen dagegen vorgehen. Denn oft<br />
wird <strong>der</strong> <strong>Ruf</strong> <strong>der</strong> bekannten Marke in unlauterer Weise ausgenutzt.<br />
Das muss sie sich nicht gefallen lassen.<br />
Die Pflege des Markenimages ist heute weit mehr als die<br />
Einhaltung eines Brand Designs und die Überwachung<br />
<strong>der</strong> Produktqualität. Das Markenimage ist fragiler geworden,<br />
weil öffentliche Diskussionen heute schneller<br />
und breiter geführt werden. Zunehmendes Product<br />
Placement in Kino und TV lässt die Grenzen zwischen<br />
Programm und erkennbarer Werbung verschwimmen.<br />
In Sozialen Netzwerken werden Nutzer per Like-Button<br />
bewusst o<strong>der</strong> unbewusst selbst zum Werbeträger.<br />
Suchmaschinen schlagen nach Eingabe weniger Buchstaben<br />
vor, was wir vermeintlich suchen, und platzieren<br />
daneben die passende Werbung. Mit <strong>der</strong> Dynamik<br />
dieser Entwicklungen ist kaum Schritt zu halten. Der<br />
Markeninhaber muss daher nicht nur die klassische<br />
Markenverletzung fürchten, also die Nachbildung seiner<br />
Marke o<strong>der</strong> seines Produkts. Die kommunikative<br />
Energie <strong>der</strong> Multikanalpräsenz kann heute aus kleinstem<br />
Anlass in die falsche Richtung steuern.<br />
Grauzonen beim Product Placement<br />
Product Placement in Filmen und TV-Shows ist inzwischen<br />
alltäglich. Während sich im Kinofilm Markenprodukte<br />
weitgehend unbeschränkt platzieren lassen,<br />
gilt im Fernsehen <strong>der</strong> Rundfunkstaatsvertrag, <strong>der</strong><br />
2010 <strong>erst</strong>mals spezielle Regeln zur Kennzeichnung von<br />
Product Placement formulierte und damit gleichzeitig<br />
neue Werbeplattformen schuf: »Dschungelcamp«-<br />
Bewohner verdrücken werbewirksam Bahlsen-Kekse,<br />
und Kandidatinnen von »Germanys Next Topmodel«<br />
schwärmen in <strong>der</strong> Sendung auf Kommando für den<br />
neuen Opel.<br />
Aber was tun, wenn ein Produkt nicht vom H<strong>erst</strong>eller<br />
selbst platziert wird und die Darstellung eher schädlich<br />
als för<strong>der</strong>lich ist? Mancher Markeninhaber geht<br />
das pragmatisch an: Abercrombie & Fitch bot den<br />
Darstellern eines umstrittenen Reality-Formats in den<br />
USA Geld dafür, dass sie keine Kleidung dieser Marke<br />
mehr tragen. Man hielt offenbar jegliche Verbindung<br />
zwischen diesen Personen und <strong>der</strong> Marke für<br />
abträglich. Wenig erfreut war auch Anheuser-Busch<br />
InBev über den Hollywod-Film »Flight«, in dem <strong>der</strong><br />
von Denzel Washington verkörperte Pilot hinter dem<br />
Steuer Bier <strong>der</strong> Flaggschiff-Marke »Budweiser« trinkt.<br />
Der Brauereikonzern verlangte von <strong>der</strong> Produktionsfirma,<br />
die Biermarke bei den DVD-Fassungen unkenntlich<br />
zu machen. Rechtlich spielt das allerdings<br />
in einer Grauzone.<br />
Ein solches unerwünschtes Product Placement ist keine<br />
klassische Markenverletzung, bei <strong>der</strong> es um die<br />
Gefahr einer Verwechslung mit dem Markeninhaber<br />
geht (§ 14 I Nr. 1 und 2 MarkenG). Inhaber einer bekannten<br />
Marke könnten aber ihre Verwendung o<strong>der</strong><br />
auch die hierauf nur anspielenden, ähnlichen Marken<br />
unter Umständen verbieten, wenn die konkrete<br />
Verwendung die Wertschätzung <strong>der</strong> bekannten Marke<br />
ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise<br />
ausnutzt o<strong>der</strong> beeinträchtigt (§ 14 II Nr. 3 MarkenG).<br />
Dazu genügt nach <strong>der</strong> Rechtsprechung schon die gedankliche<br />
Verknüpfung (BGH GRUR 2005, 583f –<br />
Lila Postkarte). Das kann man bei unautorisiertem<br />
Product Placement naturgemäß bejahen, weil es in aller<br />
Regel gezielt auf die bekannte Marke anspielt. Es<br />
kommt allerdings immer auf die Details an. Die Gerichte<br />
wägen die Interessen des Markeninhabers mit<br />
denen des Medienschaffenden ab, wobei vor allem die<br />
Grundrechte <strong>der</strong> Meinungs- und Kunstfreiheit eine<br />
Rolle spielen, die dem Filmemacher erheblichen Gestaltungsspielraum<br />
lassen.<br />
Im Fall des trinkenden Piloten könnte die Brauerei<br />
mit ihrem erklärten Anliegen argumentieren, gesellschaftliche<br />
Verantwortung zu übernehmen und vor<br />
den Gefahren des verantwortungslosen Alkoholkonsums<br />
zu warnen. Wenn man zudem berücksichtigt,<br />
dass die offene Benutzung von Markenprodukten in<br />
Medien vom Publikum zunehmend gerade als autorisierte<br />
o<strong>der</strong> sogar bezahlte Produktplatzierung<br />
wahrgenommen wird, ließe sich möglicherweise eine<br />
Beeinträchtigung <strong>der</strong> Wertschätzung <strong>der</strong> Marke
markenartikel 9/2013<br />
image<br />
MARKENFÜHRUNG<br />
HANDEL<br />
RECHT<br />
SERVICE<br />
Autocomplete<br />
75<br />
BGH: Google muss Autocomplete-Vorschläge unterbinden, sobald <strong>der</strong> Internetriese erfährt, dass die vorgeschlagenen Begriffe Rechte Dritter verletzen<br />
begründen. Außerdem könnten nach jüngerer BGH-<br />
Rechtsprechung Designrechte an einer Produktgestaltung<br />
helfen, die unerwünschte Benutzung dieses<br />
Produktes in einem Film zu unterbinden (BGH<br />
GRUR 2011, 1117 – ICE ).<br />
Autocomplete: Schutz vor <strong>Ruf</strong>beeinträchtigung<br />
In einem an<strong>der</strong>em Zusammenhang hat <strong>der</strong> Bundesgerichtshof<br />
(BGH) einen wesentlichen Schritt zur Verbesserung<br />
des Schutzes vor <strong>Ruf</strong>beeinträchtigungen getan.<br />
Nachdem die Gerichte in den vergangenen Jahren<br />
vor allem für Marken in Googles Keyword-Advertising<br />
einige Regeln entwickelten, hat <strong>der</strong> BGH nun<br />
Google für <strong>der</strong>en Autocomplete-Funktion zur Verantwortung<br />
gezogen (BGH Urt. v. 14.05.2013 – VI ZR<br />
269/12). Diese ergänzt Sucheingaben durch (vermeintlich)<br />
passende Begriffe.<br />
Seit geraumer Zeit wird kritisiert, dass bei Eingabe<br />
eines Suchworts auch Begriffe vorgeschlagen werden,<br />
die in Einzelfällen äuß<strong>erst</strong> <strong>Ruf</strong> schädigend sein können.<br />
Das betrifft etwa Namen von Personen, zu denen<br />
Autocomplete eine Verbindung ins Rotlichtmilieu nahelegt,<br />
aber auch Unternehmen und <strong>der</strong>en Marken, zu<br />
denen die Vorschläge etwa Abzocke, Ausbeutung o<strong>der</strong><br />
Betrug lauten. Im konkreten Fall schlug die Google-<br />
Funktion bei Eingabe eines Namens als Suchwort die<br />
Begriffe Scientology und Betrug vor, obwohl in Wahrheit<br />
kein solcher Zusammenhang bestand.<br />
Bislang berief sich Google schlicht darauf, dass Autocomplete<br />
keine eigenen Sachaussagen mache, son<strong>der</strong>n<br />
lediglich auf Grundlage automatisierter Verfahren die<br />
vorherigen Nutzeranfragen wi<strong>der</strong>spigele. Der BGH<br />
hat nun klargestellt, dass <strong>der</strong> Suchmaschinenbetreiber<br />
Autocomplete-Vorschläge unterbinden muss, sobald<br />
er erfährt, dass die vorgeschlagenen Begriffe Rechte<br />
Dritter verletzen. Dieses Urteil stärkt auch Markeninhaber,<br />
die nun die Chance haben, ungerechtfertigte<br />
und schädigende Assoziationen zu unterbinden, bevor<br />
sie in die mediale V<strong>erst</strong>ärkungsspirale geraten.<br />
Mediale Markenbeeinträchtigung<br />
An<strong>der</strong>e Grauzonen bedürfen noch <strong>der</strong> Klärung, etwa<br />
beim Targeted Advertising. Das verdeutlicht die im<br />
Mai bekannt gewordene Aussetzung <strong>der</strong> Facebook-<br />
Kampagnen von Nissan und Dove, nachdem <strong>der</strong>en<br />
Anzeigen im Kontext frauenfeindlicher Posts erschienen<br />
waren. Das wachsende Bewusstsein <strong>der</strong> Gerichte<br />
für die Bedeutung solcher medialer Markenbeschädigungen<br />
ermutigt die Markeninhaber, ihr Terrain in<br />
den verschiedenen Medien zu behaupten.<br />
Dr. Jens Matthes, Dr. Fabian Ziegenaus<br />
Dr. Jens Matthes, Rechtsanwalt<br />
in Düsseldorf, leitet die deutsche<br />
Praxisgruppe Intellectual Property<br />
<strong>der</strong> internationalen Sozietät <strong>Allen</strong><br />
& <strong>Overy</strong> LLP. Er berät Unternehmen<br />
insbeson<strong>der</strong>e im Lizenz-, Markenund<br />
Marketingrecht.<br />
Dr. Fabian Ziegenaus, LL.M.,<br />
Rechtsanwalt bei <strong>Allen</strong> & <strong>Overy</strong><br />
LLP in München, ist auf Markenrecht,<br />
unlauteren Wettbewerb<br />
sowie auf Presse- und Äußerungsrecht<br />
spezialisiert.