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Personalisierte Medizin - MDK Nord

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gesundheit und pflege 29<br />

mdk forum 2/13<br />

nisse potenzieller Organempfänger im Vordergrund, sondern<br />

die Informationsbedürfnisse potenzieller Spender. So<br />

wurden sowohl die Sachinhalte als auch die Beweggründe<br />

für oder gegen eine Organspende in einer Fokusgruppe<br />

und in Einzelinterviews mit Laien entwickelt und geprüft.<br />

Daraus entstand eine interaktive Entscheidungshilfe, die<br />

Versicherten im Internet zur Verfügung gestellt wird.<br />

Der zweite Vortrag knüpfte inhaltlich direkt an. Corinna<br />

Schaefer vom Ärztlichen Zentrum für Qualität in der <strong>Medizin</strong><br />

(äzq) hat untersucht, inwieweit Entscheidungshilfen<br />

zur Organspende die kritischen Aspekte aufgreifen, die<br />

beim Thema Organspende in den Medien angesprochen<br />

werden. Es ging also um die Frage: Wie nahe kommen Entscheidungshilfen<br />

dank – oder trotz – ihrer Nähe zu Laien,<br />

die bei der Erstellung mitgeholfen haben, den relevanten<br />

Aspekten tatsächlich? Das Ergebnis: Die drei am häufigsten<br />

in Medien diskutierten kritischen Aspekte sind:<br />

1. Hirntote sind nicht tot.<br />

2. Das Argument »Organmangel« übt moralischen<br />

Druck aus.<br />

3. Die Konsequenzen für Angehörige werden<br />

verschwiegen.<br />

Von drei methodisch hochwertigen Entscheidungshilfen<br />

erwähnte nur eine den dritten Aspekt, die beiden anderen<br />

Entscheidungshilfen erwähnten keinen der Aspekte. In<br />

der Diskussion zum Vortrag versicherte der Projektleiter<br />

der Hamburger Entscheidungshilfe, Dr. Matthias Lenz,<br />

dass die drei Kriterien inzwischen aufgenommen wurden.<br />

Wie steht es um die Risikokompetenz<br />

von <strong>Medizin</strong>studierenden?<br />

Im dritten Vortrag berichtete Dr. Hendrik Friedrichs vom<br />

Studienhospital Münster über die Risikokompetenz von<br />

Studierenden der <strong>Medizin</strong>. Friedrichs hatte anhand eines<br />

Tests mit vier Fallbeispielen, in denen Risiken mit unterschiedlichen<br />

Zahlenangaben dargestellt wurden, ermittelt,<br />

wie gut <strong>Medizin</strong>studierende Zahlenangaben verstehen.<br />

Diese Kompetenz ist insofern bedeutend, als die Studierenden<br />

im späteren Berufsleben ihren Patienten zur<br />

gemeinsamen Entscheidungsfindung vermitteln müssen,<br />

wie hoch die Risiken einer Intervention sind, damit diese<br />

Für und Wider angemessen abwägen können. Die Auswertung<br />

von 434 Datensätzen ergab, dass männliche<br />

Studierende signifikant besser abschnitten als weibliche,<br />

dass Notizen, die sich Probanden machten, mit besseren<br />

Ergebnissen einhergingen, dass aber ältere Semester sich<br />

nicht leichter taten als jüngere.<br />

(ipdasi). Die meisten Entscheidungshilfen schnitten dabei<br />

gut ab. Chernyak leistete in ihrem Vortrag selbst einen<br />

Beitrag zur Unsicherheitskommunikation, indem sie darauf<br />

hinwies, dass unklar sei, wie valide die Kriterien wirklich<br />

sind.<br />

Finanzielle Anreize für die Darmkrebsvorsorge?<br />

Im letzten Vortrag dieses Workshops ging Harald Schmidt<br />

von der University of Pennsylvania der Frage nach, ob<br />

finanzielle Anreize für die Darmkrebsvorsorge die Unsicherheit<br />

erhöhen oder vermindern. Schmidt setzte dabei<br />

jedoch als sicher voraus, dass Darmkrebsvorsorge nützt<br />

und deshalb erstrebenswert sei. Unsicherheit bei Versicherten<br />

äußere sich laut Schmidt<br />

deshalb darin, dass Angebote<br />

zum Darmkrebsscreening nicht<br />

adäquat genutzt werden. Anhand<br />

von Literaturrecherchen fand er<br />

Die meisten<br />

Entscheidungshilfen<br />

schneiden gut ab<br />

heraus, dass Einladungsverfahren und Entscheidungshilfen<br />

für gesundheitsmündige Bürger geeignete Methoden<br />

sind. Ob auch finanzielle Anreize, etwa über Bonusprogramme,<br />

Unsicherheiten bezüglich der Teilnahme abzubauen<br />

in der Lage sind, ließ die ungenügende Datenlage<br />

nicht erkennen. In dieser Frage besteht also weiterhin<br />

Unsicherheit.<br />

Wie die Beispiele zeigen, besteht die Stärke der evidenzbasierten<br />

<strong>Medizin</strong> darin, existierende Unsicherheit<br />

zu benennen und nach Möglichkeit zu quantifizieren – ob<br />

über Nutzen und Risiken von Interventionen, oder wie in<br />

den Beispielen des Workshops über die Kommunikation<br />

von relevanten Aspekten der Organspende, die Bedeutung<br />

von Zahlen bei Studierenden der <strong>Medizin</strong>, die Kriterien<br />

zur Beurteilung von Entscheidungshilfen und über finanzielle<br />

Anreize für Vorsorgeprogramme. Bei aller weiterhin<br />

bestehenden Entscheidungsunsicherheit blieb am Ende<br />

zumindest eine Sicherheit: Es war eine gute Entscheidung,<br />

die Tagung besucht zu haben.<br />

Analyse von deutschsprachigen Entscheidungshilfen<br />

Dr. Nadja Chernyak von der Universität Düsseldorf stellte<br />

in ihrem Vortrag vor, wie deutschsprachige Entscheidungshilfen<br />

Unsicherheiten kommunizieren. Ihr ging es dabei<br />

sowohl um die Kommunikation der Wahrscheinlichkeit,<br />

mit der ein Ereignis eintritt, als auch um die Kommunikation<br />

der Unsicherheit, mit der die Wahrscheinlichkeitsangabe<br />

behaftet ist. Acht Entscheidungshilfen konnten<br />

analysiert werden, und zwar anhand der Kriterien zur<br />

Bewertung der Wahrscheinlichkeitskommunikation aus<br />

dem International Decision Aids Standard Instrument<br />

Dr. Christian Weymayr ist<br />

freier <strong>Medizin</strong>journalist<br />

und Mitglied des DNEbM<br />

www.christian-weymayr.de

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