Religion und Verletzbarkeit - Seeking Sense
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Aus: Agnes Wuckelt, Annebelle Pithan, Christoph Beuers (Hg.), "Was mein Sehnen sucht..." –<br />
Spiritualität <strong>und</strong> Alltag, Münster 2009.<br />
42 Bert Roebben<br />
der geteilten <strong>Verletzbarkeit</strong> didaktisch verstärkt werden kann. Integrativer<br />
<strong>Religion</strong>sunterricht ist ein ausgezeichneter Ort, um diese Lebenserfahrung<br />
<strong>und</strong> diesen Lernprozess systematisch miteinander zu verbinden <strong>und</strong><br />
auf diese Weise zu mehr Humanität beizutragen. Ich skizziere nun die<br />
vier Begriffe, die ich im Titel dieses Beitrags angeführt habe <strong>und</strong> die als<br />
Gr<strong>und</strong>lage für die weiteren Überlegungen (vgl. 4. <strong>und</strong> 5.) dienen.<br />
3.1 Integration<br />
Jedes Kind hat das Recht auf Leben <strong>und</strong> Überleben: auf Wasser <strong>und</strong><br />
Nahrung, auf Sicherheit <strong>und</strong> Erwachsene, die sich um es kümmern. Jedes<br />
Kind hat das Recht auf Erziehung <strong>und</strong> Bildung, auf Lesen, Schreiben<br />
<strong>und</strong> Rechnen, auf Informationen über die Welt, auf Sozialerziehung, auf<br />
Einführung in die Kultur, Kunst <strong>und</strong> <strong>Religion</strong>. Menschenkinder haben<br />
ein Recht auf das Lernen von „selbstverantwortlicher Selbstbestimmung“<br />
(Singularität) (Langeveld 1967, 74-76) innerhalb der konkreten Lebensgemeinschaft<br />
(Partikularität), in die sie hineingeboren sind <strong>und</strong> von<br />
der sie sich emanzipieren sollen; <strong>und</strong> dies inmitten einer globalisierten<br />
Weltgemeinschaft (Universalität). Sie haben das Recht auf das Erk<strong>und</strong>en,<br />
Benennen, Entwickeln <strong>und</strong> Finden einer eigenen Lebensbestimmung,<br />
inmitten einer Welt, in der auch andere diesem Recht nachstreben. Sie<br />
haben das Recht, ihr eigenes Lebensgeheimnis, die eigene narrative Identität<br />
zu erforschen <strong>und</strong> zu entwickeln.<br />
Dieses Recht ist ein Menschenrecht, es gehört zum Wesen des Menschen<br />
– zum Wesen eines jeden Menschen. Dieses Recht auf mich selbst<br />
ist unmittelbar verb<strong>und</strong>en mit dem Recht aller Menschen auf Lebensbestimmung.<br />
Humanität als Ziel pädagogischen Handelns (als Verdichtung<br />
des einmaligen Menschseins als Aufgabe für jeden Menschen) ist in der<br />
Voraussetzung begründet, dass jeder Mensch darauf ein Recht hat <strong>und</strong><br />
somit ein Recht auf eine angemessene Lebensbegleitung (Humanität als<br />
Ausgangspunkt) (Adam 2001; 2002). Bildung muss eine integrative oder<br />
inklusive Einübung in Menschenwürde sein: Lernen, auf das unantastbare<br />
Geheimnis des eigenen Lebens zu hören <strong>und</strong> dies stets in der Gegenwart<br />
des Anderen.<br />
„Integration bedarf einer Pädagogik, in der alle Kinder in Kooperation<br />
miteinander auf ihrem jeweiligen Entwicklungsniveau <strong>und</strong> mittels ihrer<br />
momentanen Denk- <strong>und</strong> Handlungskompetenzen an <strong>und</strong> mit einem<br />
gemeinsamen Gegenstand spielen, lernen <strong>und</strong> arbeiten“ (Ebner 2001,<br />
29). Unsere Option ist es, eine Diskussion mit einer integrativen Pädagogik<br />
– zugespitzt auf den <strong>Religion</strong>sunterricht – aufgr<strong>und</strong> integrativer<br />
Maßnahmen in Regelschulen zu führen. Dabei ist das Ziel „eine Schule,<br />
in der alle Kinder im Rahmen eines gemeinsamen Curriculums den geeigneten<br />
Unterricht <strong>und</strong> zudem jene besondere Hilfe erhalten, die sie infolge