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Pfl ege und Behandlung<br />

Teil 3<br />

Symptome für Stoffwechselüberlastung<br />

beim Pferd und mögliche Therapieansätze<br />

Ist die Leber durch Stoffwechselüberlastung<br />

erst einmal in ihrer Funktion<br />

eingeschränkt, so kann sie ihrer Entgiftungsfunktion<br />

nicht mehr ausreichend<br />

nachkommen. Diese Störung kann sich<br />

langfristig als Kryptopyrrolurie (KPU)<br />

manifestieren. Diese ist im Blutbild nicht<br />

nachweisbar, allerdings mit Hilfe einer<br />

Urinprobe und der Bestimmung des Kryptopyrrol-<br />

und des Indikan-Werts. Aus<br />

diesem Zustand kommt das Pferd ohne<br />

Hilfe von außen nicht mehr heraus, hier<br />

muss therapeutisch eingegriffen werden,<br />

bis das Pferd sich wieder stabilisieren<br />

kann. Mehr Info zur KPU fi nden Sie auf<br />

Seite 19f.<br />

Hinweise auf erhebliche Entgiftungsstörungen:<br />

Alle Symptome für Leber- und<br />

Nieren-Probleme<br />

Wiederkehrende Koliken, trotz<br />

optimaler Haltung und Fütterung<br />

Probleme im Bewegungsapparat wie<br />

intermittierende Lahmheiten,<br />

Rückenverspannungen, die nicht<br />

muskulär oder osteopathisch erklärbar<br />

sind<br />

Kotwasser, Durchfälle trotz pferdegerechter<br />

Fütterung<br />

Chronischer Husten, therapieresistenter<br />

Husten<br />

Anfälligkeit für Überbeine, Knochendemineralisierung,<br />

Zahndemineralisierung<br />

Multimorbide Pferde, d. h. viele<br />

verschiedene, z. T. schwer defi nierbare<br />

Krankheitszustände<br />

Non-responder, also Pferde, die auf<br />

Therapien nicht oder viel zu schwach<br />

ansprechen<br />

Diese Pferde sprechen auf normale<br />

Therapien oft nicht mehr oder nur sehr<br />

schwach an. Häufig haben die Besitzer<br />

schon eine Odyssee durch verschiedene<br />

Tierarzt- und Heilpraktiker-Praxen hinter<br />

sich, ohne dass die Symptome sich<br />

nachhaltig gebessert haben. Stattdessen<br />

kommen häufig mit der Zeit und der<br />

medikamentösen Therapie immer neue<br />

Erkrankungen und Symptome hinzu. Bei<br />

Verdacht auf KPU ist es wichtig, zunächst<br />

diagnostisch zu bestimmen, ob es sich um<br />

diese Stoffwechselstörung handelt oder<br />

nur eine zufällige Häufung von Symptomen.<br />

Sind die Pferde an KPU erkrankt, so<br />

können auch die üblichen Entgiftungstherapien<br />

nicht mehr greifen, weil die<br />

Leber ihre Regulationsfähigkeit verloren<br />

hat. Entgiftungskuren wirken hier oft<br />

eher schädlich und können die Symptome<br />

deutlich verstärken, weil gerade diese<br />

Entgiftung, die man anregt, nicht mehr<br />

funktioniert. Denn diesen Pferden fehlt<br />

ein wichtiger Katalysator, um in der Leber<br />

die Entgiftung ablaufen zu lassen, das<br />

Pyridoxal-5-Phosphat, kurz P5P genannt.<br />

Dabei handelt es sich um eine aktivierte<br />

Form von Vitamin B6, welche das Pferd<br />

aber selber nicht oder nur in sehr<br />

geringen Mengen herstellen kann.<br />

Die Entgiftung erfolgt in der Leber in<br />

zwei Phasen, wobei die Phase 1 auch bei<br />

KPU normal abläuft. Erst in der Phase 2<br />

wird P5P als Katalysator für den Start der<br />

chemischen Reaktionen benötigt. Fehlt<br />

es, so bricht die Entgiftungskaskade ab<br />

und übrig bleibt ein Zwischenprodukt, das<br />

häufig wesentlich giftiger ist als das<br />

Ausgangsprodukt und jetzt nicht mehr<br />

„entschärft“ werden kann. Um diese<br />

Giftstoffe trotzdem ausscheiden zu<br />

können, werden sie vermehrt an Spurenelemente<br />

gekoppelt, allen voran Zink,<br />

Selen, Mangen oder Eisen. Zuerst wird<br />

Zink verwendet, nach Aufbrauchen der<br />

Zink-Speicher aber auch andere Spurenelemente.<br />

Ein im Blutbild sichtbarer<br />

Mangel an Eisen (Häm), Selen oder<br />

Mangan ist dann oft die Folge der KPU,<br />

während man den Zinkmangel, der in der<br />

Leber besteht, oft im Blutbild erst viel zu<br />

spät sieht.<br />

Die Ursache für das Entstehen der<br />

KPU beim Pferd ist eine Störung der<br />

Darmflora. Diese kann verursacht werden<br />

durch Medikamentengaben, die toxisch<br />

auf die Darmflora wirken, wie Antibiotika<br />

oder Wurmkuren, aber auch durch eine<br />

Fütterung, die das Darmmilieu stört. Dazu<br />

gehört die Fütterung von silierten<br />

Produkten (Silage, Heulage, Feuchtheu,<br />

Maissilage), weil damit zu viele Milchsäurebakterien<br />

eingetragen werden und der<br />

Darm ansäuert, was giftig auf die<br />

natürlich Darmflora wirkt.<br />

Aber auch die Fütterung von Müslis<br />

kann sich schädigend auf die Darmflora<br />

auswirken, vor allem bei hohem Melasse-<br />

Anteil, weil hier oft für das Pferd<br />

schädliche Keime siedeln. Auch die<br />

Beigabe von „Struktur“ in den Müslis<br />

schadet der Darmflora, weil diese<br />

Raufaserstengel die Darmpassage<br />

verlangsamen, sodass das Futter bis zu<br />

einer Woche im Darm gärt. Kommen<br />

mehrere Faktoren zusammen, entsteht<br />

schleichend aus der Darmentgleisung eine<br />

KPU, die sich dann – meist einige<br />

Monate bis Jahre zeitverzögert – mit sichtbaren<br />

Krankheitssymptomen manifestiert.<br />

…<br />

Dr. rer. nat. Christina Fritz, Berlin<br />

Den Artikel können Sie unter<br />

www.artgerecht-tier.de weiterlesen.<br />

24<br />

artgerecht 1/2012

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