PDF Download - Artgerecht
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Die literarische Seite<br />
damit durch unseren Weidegarten. Die<br />
liest alles nach. Wirklich komisch, ich<br />
dachte immer, die Menschen wüssten<br />
viel, aber die haben keine Ahnung. Dabei<br />
brauche ich doch auch Kräuter und Äste<br />
zum Fressen.<br />
Unter einem Baum ist ein Sandplatz,<br />
den habe ich erst einmal vergrößert, denn<br />
der war für uns zwei viel zu klein. Darin<br />
nehmen wir immer ein schönes Sandbad.<br />
Wenn es geregnet hat, wird daraus halt<br />
ein Schlammbad, und wir wälzen uns darin<br />
mit Mähne und Kopf. „Du siehst ja<br />
wieder aus“, ruft meine Besitzerin. Ja, so<br />
sehe ich aus und fi nde das auch richtig<br />
gut. Es schützt mich nämlich vor Fliegen<br />
und Bremsen und ist meine Tarnfarbe.<br />
So, jetzt muss ich noch einmal mit<br />
meinem Bruder einen Rundgang um<br />
unseren Weidegarten machen, vielleicht<br />
kurz an der Heuraufe ein Maul voll Heu<br />
fressen. Hallo, da ist doch was auf unserer<br />
Wiese. Das muss ich sofort kontrollieren,<br />
lade ja nicht jeden zum Essen ein. Ein<br />
Kaninchen. Ich schleiche mich mal ran,<br />
und dann galoppiere ich los und jage es<br />
ein wenig. Das macht so richtig Spaß.<br />
Und nun etwas trinken aus unserem<br />
Bach. Dafür müssen wir über eine<br />
Holzbrücke gehen. Auf der anderen Seite<br />
gibt es auch noch leckeres Gras. Mein<br />
Bruder traut sich mal wieder nicht, und<br />
ich muss auf ihn warten. Na, komm<br />
schon, alles geprüft, die Brücke hält sogar,<br />
wenn die Rinder darüber gehen. Apropos<br />
Rinder, die sind auch oft auf unserer<br />
Weide. Die Kleinen schlafen noch viel<br />
und haben am Ohr so Plastikteile. Ja und<br />
da bin ich zu einem hin, es schlief gerade,<br />
und Mama Kuh war nicht in der Nähe.<br />
Ich habe dem Kleinen an dem Plastikteil<br />
das Ohr langgezogen. Mein Bruder hat es<br />
mir gleich nachgemacht und das Kälbchen<br />
noch geschubst. Da ist es aufgesprungen<br />
und blökend zu seiner Mama<br />
gelaufen. Weichei!<br />
Wenn wir zum Stall wollen, müssen<br />
wir über eine Brücke und dann an einer<br />
Bild der beiden auf der Weide:<br />
Shaaban, 9 Jahre und Mashan, 5 Jahre<br />
Straße entlang gehen. Da ist immer was<br />
los. Letztens war Harleytreffen in<br />
Hamburg, und fast alle Motorräder fuhren<br />
über unsere schöne Heidestraße, wo wir<br />
gerade lang gingen. Das war vielleicht ein<br />
Lärm. Zugegeben, früher hat mich das<br />
gestresst, und ich bin schon mal auf die<br />
Straße gehüpft, aber heute sehe ich das<br />
gelassen, es interessiert mich nicht mehr.<br />
Nächsten Sommer dürfen wir wieder<br />
auf diese wunderschöne Weide. In der<br />
Zwischenzeit sind wir in einem Bewegungsstall.<br />
Der ist noch nicht ganz fertig,<br />
mal sehen wie das so wird. Nur bitte<br />
keine Box mehr.<br />
Ihr seht, wir haben unseren Menschen<br />
gezeigt, wie wir leben wollen.<br />
Solltet Ihr damit noch Probleme haben,<br />
gebt mir Bescheid. Ich weiß jetzt, wie<br />
man sie dazu bekommt, dass sie einem<br />
zuhören, z. B. immer wieder Bauchschmerzen<br />
bekommen, wenn man<br />
geknastet wird. Warum werden wir<br />
eigentlich in den Knast geschickt? Wir<br />
haben doch gar nichts verbrochen. Wir<br />
sind Herden- und Lauftiere und brauchen<br />
einen offenen Himmel und viel frische<br />
Luft!<br />
Übrigens: Ich veranstalte jetzt beim<br />
Reiten kein Rodeo mehr und meinen<br />
Arzt habe ich auch erst vor kurzem mal<br />
wieder gesehen. Aber nicht weil ich<br />
krank war, nur so. Er meinte, wir sähen<br />
aber sehr zufrieden und gesund aus.<br />
Mandy Edelmann, Rosengarten<br />
Hinweis<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
die Fortsetzung der literarischen Seite aus<br />
unserer Ausgabe 4 „Menschen und Wölfe –<br />
eine Geschichte aus der Altsteinzeit“ finden<br />
Sie im Internet unter www.artgerecht-tier.de<br />
artgerecht 1/2012 39