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Gender Loops Curriculum

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glaubt, dass dies unter anderem daran liegt, dass Bildnerisches<br />

Gestalten eine sehr körperliche Aktivität ist und dass Lehrer-<br />

Innen, ErzieherInnen und Kinder dabei auf Erfahrungen<br />

zurückgreifen, die sich in die Körper „eingeschrieben“ haben<br />

und die nicht so einfach durch rationale Erwägungen<br />

zu verändern sind. Das Fach Bildnerische Gestalten sollte<br />

Studierenden deshalb praktische körperliche Geschlechtergrenzen<br />

überschreitende Erfahrungen ermöglichen.<br />

„Ich glaube, dass die praktischen Fächer wie Bildnerisches<br />

Gestalten, Musik und Theater besonders wichtig dafür sind,<br />

was StudentInnen, SchülerInnen und Kinder über das soziale<br />

Geschlecht lernen. Praxen in diesem Feld sind häufig stark<br />

vergeschlechtlicht. Ich erinnere mich, dass wir deshalb unseren<br />

SchülerInnen, die mehrheitlich Frauen waren, beigebracht<br />

haben, eine Kettensäge zu benutzen. Nicht, weil wir es an sich<br />

wichtig fanden, dass Studierende eine Kettensäge benutzen<br />

können, sondern weil wir wollten, dass sie durch diese neue<br />

Erfahrung sich auch Gedanken über ihre Geschlechterbilder<br />

und die damit einhergehenden Glaubenssätze machen.“<br />

Lehrerin für Bildnerisches Gestalten, Norwegen 97<br />

Das Fach Bildnerisches Gestalten unterscheidet sich von<br />

vielen anderen Fächern, weil es so eng mit dem Körper<br />

verbunden ist. Männer und Frauen durchlaufen in ihrer<br />

Sozialisation unterschiedliche prägende Erfahrungen, die<br />

sie in ihre bildnerischen Gestaltungsaktivitäten in Kindertageseinrichtungen<br />

einfließen lassen, ohne sich dessen<br />

immer bewusst zu sein.<br />

Bilder zeichnen – ein Beispiel für Geschlechter-Muster<br />

in Kunstaktivitäten<br />

Wie stark das Geschlecht der Kinder Kunstaktivitäten in<br />

Kindertageseinrichtungen beeinflussen kann, zeigt die Studie<br />

von Eva Änggård, die in zwei schwedischen Kinderta-<br />

97 Auch die Interviews, die in Deutschland mit ExpertInnen aus dem<br />

Bereich der frühkindlichen Erziehung und Bildung gemacht wurden,<br />

zeigen, dass Fachschulen gute Erfahrungen mit Unterrichtsmodulen<br />

machen, in denen die häufig noch sehr jungen weiblichen<br />

Studierenden lernen, mit der Motorsäge Bäume zu fällen, im Wald<br />

Iglus zu bauen und darin zu übernachten oder Bohrmaschinen zum<br />

Bau von Stühlen und Tischen einzusetzen. Diese erlebnispädagogischen<br />

und handwerklichen Unterrichtsmodule können dazu führen,<br />

dass die ausgebildeten Erzieherinnen (und Erzieher) später in<br />

ihrer praktischen Arbeit in Kindertageseinrichtungen bestimmte<br />

handwerkliche und erlebnispädagogische Angebote an die Kinder<br />

weitergeben. Wie das Beispiel einer neuseeländischen Kindertageseinrichtung<br />

zeigt, können Handwerksprojekte in Kindertageseinrichtungen<br />

auch die Geschlechterbilder der Eltern erweitern.<br />

In einem Film, in dem neuseeländische Kindertageseinrichtungen<br />

vorgestellt werden, erzählt eine Mutter, dass sie ihre „Prinzessin“ gar<br />

nicht wieder erkennen würde, nachdem diese sich in der Kita mit<br />

einer Bohrmaschine ihren Stuhl selber gebaut habe.<br />

Die Befragungen in Deutschland verdeutlichen weiterhin, dass gerade<br />

junge Frauen über erlebnispädagogische und handwerkliche Unterrichtsmodule<br />

eine Aufwertung ihres Selbstbewusstseins erfahren.<br />

Einer unserer Interviewpartner drückt diesen Umstand folgendermaßen<br />

aus: „Manche junge Frauen trauen sich (mit der Motorsäge<br />

zu arbeiten J.K.) und man merkt, die wachsen um 5 Zentimeter.“<br />

(vgl. <strong>Gender</strong> <strong>Loops</strong> 2007).<br />

geseinrichtungen untersucht, wie und was Kinder malen.<br />

Eva Änggård arbeitet in ihrer Studie heraus, dass sich<br />

die Bilder und Motive der Mädchen und Jungen beim<br />

Malen unterscheiden (vgl. Änggård 2006). Die Kinder<br />

malen demnach vor allem Menschen ihres eigenen Geschlechts.<br />

Mädchen zeichnen vor allem gerne Prinzessinnen,<br />

Hunde, Katzen und Herzen, Jungen zeichnen<br />

häufig Helden, Dinosaurier und wilde Tiere. Häuser und<br />

Stühle sind dagegen Motive, die von Mädchen wie Jungen<br />

gleichermaßen gerne gemalt werden. Änggård zeigt<br />

aber auch auf, dass Kinder in ihrem Malen immer wieder<br />

Geschlechterkonventionen durchbrechen.<br />

In ihrer Bilderanalyse findet Änggård heraus, dass Kinder<br />

sich mit Medienfiguren und -geschichten und deren<br />

implizierten Geschlechterbildern auseinandersetzen. Die<br />

Kinder entwickeln dabei ihre eigenen Bilderwelten in<br />

kreativer und interpretativer Auseinandersetzung mit bestimmten<br />

Medienfiguren, die sie aus Büchern, Fernsehserien<br />

oder Hörspielen kennen, stellt Änggård fest. Sie versteht<br />

die Geschlechtermuster in den Bildern der Kinder<br />

zum Teil als Ergebnis geschlechtertypischer Spielzeuge<br />

und Medienfiguren. Die Geschlechtermuster in den von<br />

den Kindern kreierten Bildern sind dabei auch Resultat<br />

des aktiven Bestrebens der Kinder, Bilder zu schaffen, die<br />

ihr Geschlecht bestätigen. Die Ausgestaltung, Farben und<br />

das Design der Medien- und Spielzeugfiguren für Mädchen<br />

und Jungen hinterlassen ihre Spuren in der aktiven<br />

Identitäts-Herstellung der Kinder.<br />

Auf einer allgemeineren Ebene versteht Änggård die<br />

starke Präferenz der Kinder für Medienfiguren auch als<br />

Widerstand gegen die Bilderkultur der Eltern und ErzieherInnen:<br />

(Denn) oft lehnen die Erwachsenen bestimmte<br />

Medienfiguren ab. Ein anderer Grund für die Präferenz<br />

bestimmter Medienfiguren ist die Tatsache, dass deren<br />

Design und Farben für die Kinder einfach zu reproduzieren<br />

und perfektionieren sind.<br />

Nach Änggård ist es Aufgabe der ErzieherInnen, weder<br />

unkritisch die häufig geschlechterstereotypen Medienfiguren<br />

und Spielzeuge im Kindergarten zu akzeptieren,<br />

noch sie zugunsten von „pädagogisch sinnvollem” Material<br />

zu verbannen. Aus ihrer Sicht ist es eine wichtige<br />

Aufgabe, den Kindern zu helfen und im Dialog mit ihnen<br />

zu sein bei ihrer Verarbeitung medialer Einflüsse. Wenn<br />

Kinder an bestimmten Medienfiguren interessiert sind, ist<br />

es wichtig, diese als Ausgangspunkt für Malaktivitäten zu<br />

nutzen. In Interaktion und im Spiel mit anderen Kindern<br />

und Erwachsenen muss Kindern die Möglichkeit gegeben<br />

werden, (geschlechterstereotype) mediale Bilderwelten<br />

und Spielzeuge zu verarbeiten. Zudem, so konstatiert<br />

Änggård, seien bei näherem Hinsehen nicht alle Medienfiguren<br />

so geschlechterstereotyp wie man möglicherweise<br />

auf den ersten Blick annehmen könnte. Auch diese weisen<br />

oft Geschlechtergrenzen überschreitende Verhaltensweisen<br />

und Formen auf, die ErzieherInnen für Kunstaktivitäten<br />

in Kindertageseinrichtungen nutzen können.<br />

So hat beispielsweise in Deutschland das Projekt „Kin-<br />

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