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Liebe, Angst und Tod in Werken von Edvard Munchs Zeitgenossen ...

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d’Aurevillys Erzählung berichtet der Graf de Ravila <strong>von</strong> der Tochter e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>stigen Geliebten, die ihn<br />

mit sexueller Neugier beäugte <strong>und</strong> e<strong>in</strong>es Tages gr<strong>und</strong>los fürchtete, <strong>von</strong> ihm schwanger zu se<strong>in</strong>,<br />

nachdem sie nach ihm auf demselben Fauteuil gesessen hatte. Rops zeigt die junge Frau im Akt,<br />

schattengleich h<strong>in</strong>terfangen <strong>von</strong> der Mantelfigur des Grafen. Der Mädchenakt <strong>in</strong> <strong>Munchs</strong> Pubertät<br />

sitzt erstarrt auf dem Bettrand, die Hände verschämt im Schoß haltend, während sich h<strong>in</strong>ter ihm e<strong>in</strong><br />

übermächtiger Schatten bedrohlich aufbäumt.<br />

<strong>Munchs</strong> Darstellungen der <strong>Liebe</strong>sschicksale s<strong>in</strong>d jedoch weit weniger erzählerisch ausgebreitet als bei<br />

se<strong>in</strong>en <strong>Zeitgenossen</strong>. Für das ambivalente Mite<strong>in</strong>ander der Geschlechter fand er seit den frühen<br />

1890er Jahren mit se<strong>in</strong>en zahlreichen Variationen des Kuss-Themas zu über<strong>in</strong>dividuellen S<strong>in</strong>nbildern.<br />

Die Gesichter <strong>von</strong> Mann <strong>und</strong> Frau s<strong>in</strong>d auf dem Gemälde Der Kuss <strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander verschmolzen <strong>und</strong> <strong>in</strong><br />

ihrer Individualität aufgelöst. Die E<strong>in</strong>heit im <strong>Liebe</strong>sakt bekommt etwas Beklemmendes.<br />

In Nachfolge <strong>von</strong> Auguste Rod<strong>in</strong>s berühmter Skulptur <strong>von</strong> 1886 thematisierte auch der zu der<br />

Gruppe der Nabis gehörige Grafiker <strong>und</strong> Maler Félix Vallotton (1865–1925) die unglückliche Seite<br />

der <strong>Liebe</strong> <strong>und</strong> das trügerische Moment der körperlichen Verschmelzung. <strong>Munchs</strong> Kuss-Darstellung<br />

dürfte Vallotton bekannt gewesen se<strong>in</strong>, denn beide Künstler waren mit Julius Meier-Graefe<br />

befre<strong>und</strong>et – Meier-Graefe hatte 1894 se<strong>in</strong>e erste kunstkritische Arbeit über Munch verfasst <strong>und</strong> auch<br />

über Vallotton 1898 e<strong>in</strong>e Monografie geschrieben. Vallottons Darstellung zeigt e<strong>in</strong> eng<br />

umschlungenes, junges Paar im zärtlichen Mite<strong>in</strong>ander. Doch die Idylle täuscht <strong>und</strong> entpuppt sich als<br />

moralisch doppelbödig, wie der Titel dieses Blattes – Die Lüge – offenbart. Vallotton entwarf e<strong>in</strong>en<br />

ironischen Sittenspiegel des bürgerlichen Ehelebens. In dessen Mittelpunkt steht die Verführungskunst<br />

der Frau, die den materiellen Vorteil im Blick hat, den der Mann mit sich br<strong>in</strong>gt. Nach Erreichen<br />

ihres Ziels aber amüsiert sie sich anderweitig.<br />

Die vorgestellten Beispiele zeigen, wie stark <strong>Edvard</strong> Munch aus dem symbolistischen Bildrepertoire<br />

se<strong>in</strong>er Zeit schöpfte. Se<strong>in</strong>e Kunst entstand <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em komplizierten <strong>in</strong>tellektuellen Prozess, bei dem er<br />

<strong>von</strong> persönlichen Erlebnissen ausg<strong>in</strong>g, diese aber unter E<strong>in</strong>beziehung der zeitgenössischen Bildsprache<br />

zu über<strong>in</strong>dividuellen, dichten Bildern <strong>von</strong> elementaren Lebenskonflikten komprimierte. Munch schuf<br />

so e<strong>in</strong>en existentiellen Symbolismus. In ihrem s<strong>in</strong>nbildlichen Charakter ist se<strong>in</strong>e Kunst im 19.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert verankert, <strong>in</strong> ihrer Motivation subjektiver Entäußerung bereitet sie den Weg <strong>in</strong> das 20.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert.<br />

Text: Anne Buschhoff/Kathar<strong>in</strong>a Groth<br />

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Ansprechpartner<strong>in</strong> Ansprechpartner<strong>in</strong> für für kunsthistorische kunsthistorische Informationen<br />

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Dr. Anne Buschhoff, Kurator<strong>in</strong> der Ausstellung<br />

Kunsthalle Bremen – T 0421-32908-270, buschhoff@kunsthalle-bremen.de<br />

Ansprechpartner<strong>in</strong> Ansprechpartner<strong>in</strong> für für Presse Presse- Presse <strong>und</strong> Öffentlichkeitsarbeit<br />

Rebekka Maiwald, Leiter<strong>in</strong> Presse- <strong>und</strong> Öffentlichkeitsarbeit<br />

Kunsthalle Bremen – T 0421-32908-380, presse@kunsthalle-bremen.de<br />

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Benutzername: presse, Kennwort: Rutenberg

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