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Großhandel, Überweiser- geschäft oder Direkteinkauf? - IPAM Wismar

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Management<br />

<strong>Großhandel</strong>, <strong>Überweiser</strong><strong>geschäft</strong><br />

<strong>oder</strong> <strong>Direkteinkauf</strong>?<br />

Der Apotheke stehen prinzipiell drei Arten zur Verfügung, wie<br />

sie Waren einkauft: der Bezug über den <strong>Großhandel</strong>, das Über-<br />

weiser<strong>geschäft</strong> (Bestellung beim Hersteller,<br />

Auslieferung und Fakturierung über den<br />

<strong>Großhandel</strong>) und der Direktbezug vom Hersteller.<br />

Mit der Frage, welche Einkaufsart<br />

für die Apotheke die kostengünstigste ist,<br />

befasste sich eine prozesskostenorientierte<br />

Analyse am Institut für Pharmakoökonomie<br />

und Arzneimittellogistik an der Hochschule <strong>Wismar</strong>.<br />

Prozesskostenorientierte<br />

Analyse alternativer Einkaufsstrategien<br />

Von Thomas Wilke und<br />

Kai Neumann<br />

Einkaufsstrategien von<br />

Offizinapotheken<br />

Die von einer Offi zinapotheke 1<br />

abgesetzten Produkte werden<br />

heute in der Regel nicht mehr<br />

selbst hergestellt, sondern als<br />

Fertigarzneimittel eingekauft.<br />

Damit stellt sich für eine öffentliche<br />

Apotheke 2 – wie für jeden<br />

anderen Handelsbetrieb auch –<br />

die strategische Frage, wie der<br />

Wareneinkauf (in diesem Fall<br />

der Arzneimitteleinkauf) zu organisieren<br />

ist.<br />

Einer im deutschen Markt tätigen<br />

Offi zinapotheke bieten sich<br />

drei unterschiedliche Möglich-<br />

keiten, Arzneimittel zu erwerben:<br />

der <strong>Direkteinkauf</strong>, das<br />

<strong>Überweiser</strong><strong>geschäft</strong> und der<br />

<strong>Großhandel</strong>seinkauf. Im Rahmen<br />

des <strong>Direkteinkauf</strong>s tritt die<br />

Apotheke direkt mit dem pharmazeutischen<br />

Hersteller in Kontakt,<br />

bestellt bei diesem die Ware<br />

und wird (unter Einsatz eines<br />

vom Hersteller bestimmten Logistikers)<br />

beliefert. Auch die<br />

Fakturierung erfolgt in aller Regel<br />

durch den Hersteller selbst.<br />

Im Rahmen des <strong>Überweiser</strong>einkaufs<br />

beauftragt der Hersteller<br />

einen pharmazeutischen Großhändler,<br />

die mit der Apotheke<br />

vereinbarte Warenlieferung vor-<br />

Einkaufsstrategien Wann lohnt sich der <strong>Direkteinkauf</strong> von Ware? Ist der Bezug über<br />

den <strong>Großhandel</strong> immer der günstigere? Welche Faktoren müssen berücksichtigt werden?<br />

54 | 4594 | DEUTSCHE APOTHEKER ZEITUNG | 147. JAHRGANG<br />

Foto: DAZ/Sket<br />

zunehmen. Auch die Fakturierung<br />

der Lieferung übernimmt<br />

der Großhändler.<br />

Die dritte Form des Arzneimitteleinkaufs<br />

stellt der <strong>Großhandel</strong>seinkauf<br />

dar. Angesichts ca.<br />

120.000 im deutschen Markt<br />

verfügbarer Arzneimittel, die bei<br />

bis zu 1400 pharmazeutischen<br />

Herstellern bzw. Betrieben mit<br />

Zulassungsinhaberschaft 3 erworben<br />

werden können, nimmt<br />

der pharmazeutische <strong>Großhandel</strong><br />

die ökonomische Funktion<br />

der Bündelung der Warenströme<br />

und der Sicherung der kurzfristigen<br />

Lieferbereitschaft der Apotheken<br />

durch eigene Warenlagerung<br />

wahr. Erwerben Apotheken<br />

Arzneimittel ohne unmittelbaren<br />

Kontakt zu deren Herstellern<br />

beim pharmazeutischen <strong>Großhandel</strong>,<br />

spricht man vom <strong>Großhandel</strong>seinkauf.<br />

Mit dem am 1. Mai 2006 in<br />

Kraft getretenen Arzneimittelversorgungs-<br />

und -wirtschaftlichkeitsgesetz<br />

(AVWG) 4 verfolgt<br />

der Gesetzgeber unter anderem<br />

das Ziel, durch eine<br />

Neuregelung der gewährten Rabatte<br />

im Arzneimittelsektor Kostensenkungspotenziale<br />

zu generieren.<br />

Den Vorschriften des<br />

AVWG folgend sind zwar sämtliche<br />

Einkaufsoptionen nach ><br />

1 Die ca. 21.500 in Deutschland domizilierenden<br />

Offi zinapotheken (Quelle:<br />

ABDA) sind grundsätzlich von ca. 540<br />

Krankenhausapotheken zu unterscheiden.<br />

Für letztere gelten andere Regulierungsgrundsätze<br />

und die Eigenherstellung<br />

von Arzneimitteln spielt eine<br />

wesentlich größere Rolle. Ca. 300 Offi<br />

zinapotheken nehmen eine Zwischenstellung<br />

in Deutschland ein, da sie zugleich<br />

eines <strong>oder</strong> mehrere Krankenhäuser<br />

beliefern.<br />

2 Die Begriffe Offi zinapotheke und öffentliche<br />

Apotheke werden synonym<br />

gebraucht.<br />

3 Quelle: Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller:<br />

Der Arzneimittelmarkt in<br />

Deutschland in Zahlen, 2004.<br />

4 Vgl. Bundesgesetzblatt Teil 1 Nr. 21,<br />

Jahrgang 2006, S. 984-987<br />

11.10.2007 | Nr. 41


Management<br />

Tab. 1: Struktur der analysierten Apotheken<br />

Apotheke Anteil<br />

<strong>Direkteinkauf</strong><br />

in %<br />

1 (bestehend aus<br />

2 Apotheken)<br />

Anteil<br />

<strong>Überweiser</strong>einkauf<br />

in %<br />

Anteil<br />

<strong>Großhandel</strong>seinkauf<br />

in %<br />

3,8% 0,0% 96,2% 3640<br />

2 24,0% 4,2% 71,8% 846<br />

3<br />

5,3% 4,8% 89,9% 1387<br />

4<br />

0,8% 0,3% 98,9% 1868<br />

5<br />

5,6% 9,3% 85,1% 1089<br />

Durchschnitt 5,6% 2,3% 91,1% 1766<br />

wie vor grundsätzlich zulässig,<br />

allerdings kommt es durch die<br />

regulierenden Eingriffe des Gesetzgebers<br />

hinsichtlich der<br />

Preisverhandlungen zwischen<br />

Apotheken und Herstellern zu<br />

gravierenden strukturellen<br />

(Preis-)Veränderungen.<br />

Grundsätzlich erfordert eine betriebswirtschaftlich<br />

orientierte<br />

Führung der Apotheke, die Einkaufsstrategie<br />

strukturell zu kontrollieren<br />

und jede der drei Einkaufsarten<br />

hinsichtlich der erzielbaren<br />

Rabatte und der relevanten<br />

Prozesskosten zu bewerten.<br />

Das betriebswirtschaftliche Kalkül,<br />

welches dieser Bewertung<br />

zugrunde liegt, ist offensichtlich:<br />

Relevant sind zum einen<br />

der Preis der Arzneimittel bzw.<br />

die gewährten Rabatte (Wirkung<br />

auf den Rohertrag) sowie zum<br />

anderen die Kosten in der Apotheke,<br />

die die Bearbeitung der<br />

Einkäufe bis hin zu ihrer Einlagerung<br />

verursacht (Wirkung auf<br />

das Betriebsergebnis). Die Preise<br />

und Rabatte sind für jede<br />

Apotheke transparent, jedoch<br />

sind die mit einer Einkaufsstrategie<br />

verbundenen Kosten (Prozesskosten)<br />

bisher nicht systematisch<br />

analysiert worden. Dies<br />

war der Hintergrund eines Projektes,<br />

welches das Institut für<br />

Pharmakoökonomie und Arzneimittellogistik<br />

(<strong>IPAM</strong>) an der<br />

Hochschule <strong>Wismar</strong> gemeinsam<br />

mit ausgewählten Apotheken<br />

von Oktober 2005 bis März<br />

5 Die Prozesskostenrechnung gehört seit<br />

den 1990er Jahren zu den Standardinstrumenten<br />

des Controllings. Sie wurde<br />

von Horváth / Mayer in das deutschsprachige<br />

Schrifttum eingeführt. Vgl.<br />

Horváth, Peter / Mayer, Reinhold: Prozesskostenrechnung,<br />

in: Controlling, 1.<br />

2006 durchgeführt hat. Gegenstand<br />

der Analyse war die Frage,<br />

welche Prozesskosten 5 (Personal-<br />

und Sachkosten) die drei<br />

unterschiedlichen Einkaufsalternativen<br />

in einer durchschnittlichen<br />

Apotheke verursachen.<br />

Im Rahmen des Projektes wurden<br />

fünf unterschiedliche Apotheken<br />

analysiert, von denen<br />

eine im Direkt<strong>geschäft</strong> als Einkaufszusammenschluss<br />

von<br />

zwei Apotheken tätig wird und<br />

somit bei einer auf Einkaufsprozesse<br />

abzielenden Analyse auch<br />

als prozessuale Einheit zu betrachten<br />

ist. Tabelle 1 gibt einen<br />

Überblick über die wesentlichen<br />

Kennzahlen der analysierten<br />

Apotheken.<br />

Für die Prozesskostenanalyse<br />

wurden Apotheken ausgewählt,<br />

die bezüglich ihrer Größe und<br />

historischen Einkaufsstruktur<br />

unterschiedliche, für den Gesamtmarkt<br />

aber durchaus typische<br />

Apothekensegmente repräsentieren.<br />

Damit gelang es, für<br />

den Untersuchungsgegenstand<br />

eine betriebswirtschaftliche<br />

Datenbasis zu generieren, die<br />

vor dem Hintergrund der Analyseziele<br />

wegen der geringen<br />

Stichprobengröße zwar im statistischen<br />

Sinne nicht als repräsentativ,<br />

zugleich jedoch als betriebswirtschaftlich<br />

sehr aussagekräftig<br />

anzusehen ist.<br />

Prozesskostenanalyse von<br />

Einkaufsprozessen:<br />

Methodisches Vorgehen<br />

Zur Vorbereitung der Erhebung<br />

und Analyse der Einkaufsprozesskosten<br />

in den Apotheken<br />

wurde gemeinsam mit den Prozessverantwortlichen<br />

vor Ort der<br />

Einkaufsprozess in den Apothe-<br />

Jährliches Einkaufsvolumen<br />

2005 zu<br />

AEP 1 in Tsd. €<br />

ken in die relevanten Teilprozesse<br />

(Tätigkeiten) gegliedert,<br />

um in einem zweiten Schritt die<br />

Prozesskosten pro Teilprozess<br />

zu ermitteln. Tabelle 2 systematisiert<br />

die Teilprozesse sowie deren<br />

Relevanz beim <strong>Direkteinkauf</strong>,<br />

<strong>Überweiser</strong>einkauf bzw.<br />

<strong>Großhandel</strong>seinkauf. Neben den<br />

mit Personaleinsatz ablaufenden<br />

Tätigkeiten wurden drei dem<br />

Wareneinkauf direkt zuzurechnende<br />

Kostenkategorien (keine<br />

eigentlichen Teilprozesse im<br />

Sinne einer Aktivität) berücksichtigt.<br />

Hierzu gehören die<br />

Fracht- und Belieferungskosten<br />

(M), die Kapitalbindungskosten<br />

(N) und der Warenverfall (O).<br />

Diese Kosten sind grundsätzlich<br />

in ihrer Höhe von der jeweiligen<br />

Einkaufsart abhängig und somit<br />

auch für die auf Basis der Prozesskostenrechnungabzuleitende<br />

Vorteilhaftigkeitsanalyse relevant.<br />

Konstitutiver Bestandteil des Direkt-<br />

und <strong>Überweiser</strong><strong>geschäft</strong>s<br />

sind Gespräche und Verhandlungen<br />

mit den Herstellern (A/B).<br />

Die laufenden Gespräche (A) –<br />

oft ohne vorherige Anmeldung<br />

der Herstellervertreter – werden<br />

in der Apothekenpraxis von den<br />

Mitarbeitern in der Apotheke (in<br />

der Regel durch pharmazeutisch-kaufmännischeAssistentinnen<br />

– PKA) durchgeführt.<br />

Die durchschnittliche Apotheke<br />

führte dabei pro Jahr ca. 120<br />

Gespräche.<br />

Die grundsätzlichen Verhandlungen<br />

mit den Herstellern (B) –<br />

dann oft nach Anmeldung in der<br />

Apotheke – fi nden mit einer<br />

Häufi gkeit von durchschnittlich<br />

23 Gesprächen im Jahr weitaus<br />

seltener statt. Diese Verhandlungen<br />

haben meist den Charak-<br />

Jg., 1989, S 214-219. ><br />

56 | 4596 | DEUTSCHE APOTHEKER ZEITUNG | 147. JAHRGANG<br />

11.10.2007 | Nr. 41


Management<br />

Tab. 2: Analysierte Teilprozesse und deren Relevanz in den drei Einkaufsarten<br />

Teilprozesse <strong>Direkteinkauf</strong><br />

ter eines Jahresgesprächs, so<br />

dass sie ganz überwiegend auch<br />

von den Apothekern (Inhabern)<br />

durchgeführt werden. Die Charakterisierung<br />

als Jahresgespräch<br />

wird auch bestätigt durch<br />

die durchschnittliche Zahl der<br />

Direktlieferanten in den Apotheken,<br />

die bei ca. 20 Arzneimittelherstellern<br />

lag. Im Rahmen des<br />

<strong>Großhandel</strong>s<strong>geschäft</strong>s (C) fi nden<br />

hingegen keine laufenden Vertreterkontakte<br />

statt. Die Preis-<br />

und Bezugsverhandlungen mit<br />

dem <strong>Großhandel</strong> werden maximal<br />

einmal im Quartal durch die<br />

Apotheker durchgeführt, wobei<br />

sie dann sämtliche bezogene<br />

Arzneimittel betreffen.<br />

Nicht wenige Apotheken koordinieren<br />

ihr Direkt- und <strong>Überweiser</strong><strong>geschäft</strong><br />

aufgrund der von<br />

den Herstellern geforderten<br />

Mindestabnahmemengen bzw.<br />

geleisteten mengenabhängigen<br />

Rabatte mit anderen Apotheken.<br />

In diesem Fall ist es notwendig,<br />

die Bestellmengen zwischen den<br />

beteiligten Apotheken abzustimmen<br />

(D). In den beobachteten<br />

Apotheken wurde diese Abstimmung<br />

durchschnittlich jeweils<br />

50-mal pro Jahr für das Direkt-<br />

und <strong>Überweiser</strong><strong>geschäft</strong> durch<br />

die Apotheker durchgeführt.<br />

Sowohl im Direkt- und Über-<br />

<strong>Überweiser</strong>einkauf <br />

<strong>Großhandel</strong>seinkauf<br />

A. Laufende Gespräche mit Herstellern/<br />

Vertretern<br />

√ √<br />

B. Verhandlungen mit Herstellern √ √<br />

C. Verhandlungen mit <strong>Großhandel</strong> √<br />

D. Interne Abstimmung Bestellungen mit<br />

anderen Apotheken<br />

√ √ √<br />

E. Angebotssuche √ √ √<br />

F. Ermittlung Bestellbedarf √ √ √<br />

G. Auslösen Bestellungen √ √ √<br />

H. Empfang/Einlagerung Lieferungen √ √ √<br />

I. Interne Lieferungen zwischen Apotheken √ √<br />

J. Prüfen Rechnungen √ √ √<br />

K. Internes Umräumen/Suchen von Waren √ √<br />

L. Bearbeitung Retouren √ √ √<br />

M. Fracht-/Belieferungskosten √ √ √<br />

N. Kosten Kapitalbindung √ √ √<br />

O. Kosten Warenverfall √ √ √<br />

58 | 4598 | DEUTSCHE APOTHEKER ZEITUNG | 147. JAHRGANG<br />

weiser- als auch im <strong>Großhandel</strong>s<strong>geschäft</strong><br />

ist es möglich, temporär<br />

offerierte Angebote im<br />

Einkauf zu nutzen. Die in der<br />

Apotheke in der Regel durch die<br />

PKA durchgeführte Angebotssuche<br />

(E) fi ndet im Direkt- und<br />

<strong>Überweiser</strong><strong>geschäft</strong> in Summe<br />

50-mal pro Jahr statt, im <strong>Großhandel</strong>s<strong>geschäft</strong><br />

wird in den<br />

Apotheken in der Regel mehr<br />

als einmal am Werktag (ca. 300mal<br />

im Jahr) nach Angeboten<br />

recherchiert.<br />

Basis jeder Direkt-, <strong>Überweiser</strong>-<br />

<strong>oder</strong> <strong>Großhandel</strong>sbestellung ist<br />

das Feststellen des Bestellbedarfs<br />

(F). Dieser Teilprozess fi ndet<br />

je nach Einkaufsart in der<br />

durchschnittlichen Apotheke unterschiedlich<br />

häufi g statt: Im Direkt<strong>geschäft</strong><br />

wird ca. 75-mal im<br />

Jahr der Bestellbedarf geprüft,<br />

im <strong>Überweiser</strong><strong>geschäft</strong> sind es<br />

aufgrund des deutlich geringeren<br />

Volumens ca. 30 Prüfungen.<br />

Im <strong>Großhandel</strong>s<strong>geschäft</strong> ist es in<br />

Offi zinapotheken in aller Regel<br />

üblich, mehr als einmal pro<br />

Werktag den Bestellbedarf zu<br />

prüfen. Dieser durch im Warenwirtschaftssystem<br />

vordefi nierte<br />

Dispositionsmengen unterstützte,<br />

dennoch aber auch manuelle<br />

Tätigkeiten beinhaltende Teilprozess<br />

fi ndet in den analysier-<br />

ten Apotheken durchschnittlich<br />

440-mal im Jahr statt. Allerdings<br />

ist nicht für jede <strong>Großhandel</strong>sbestellung<br />

eine manuelle Tätigkeit<br />

des Apothekenpersonals<br />

notwendig. Einige der <strong>Großhandel</strong>sbestellungen<br />

erfolgen ausschließlich<br />

aufgrund der Nachfrage<br />

eines Kunden nach einem<br />

speziellen, nicht vorrätigen Arzneimittel.<br />

Diesen Bestellungen<br />

geht keine Analyse des Bestellbedarfs<br />

voraus.<br />

Teilprozess G betrifft das Auslösen<br />

der Bestellungen. In aller<br />

Regel fi ndet dies im <strong>Großhandel</strong><strong>geschäft</strong><br />

auf elektronischem<br />

Weg statt, indem der Großhändler<br />

die aus dem Warenwirtschaftssystem<br />

der Apotheken<br />

generierten Bestellungen zu vordefi<br />

nierten Zeitpunkten per Datenfernübertragung<br />

abruft. Allerdings<br />

ist es in nicht wenigen<br />

Apotheken üblich, ein- <strong>oder</strong><br />

mehrmals täglich zusätzlich den<br />

telefonischen Kontakt mit dem<br />

Großhändler aufzunehmen, um<br />

Kleinstmengen nachzubestellen<br />

<strong>oder</strong> aber offene Fragen zu klären.<br />

Im <strong>Überweiser</strong>- und Direkt<strong>geschäft</strong><br />

wird in der Regel auf<br />

klassische Bestellsysteme (insbesondere<br />

Telefon und Fax bzw.<br />

Vor-Ort-Bestellung beim Vertreter)<br />

zurückgegriffen. Die<br />

durchschnittliche analysierte<br />

Apotheke löste pro Jahr ca. 160<br />

Direktbestellungen (davon 20 %<br />

elektronisch), ca. 100 <strong>Überweiser</strong><strong>geschäft</strong>sbestellungen<br />

(davon<br />

20 % elektronisch) sowie ca.<br />

1750 <strong>Großhandel</strong>sbestellungen<br />

(davon 50 % elektronisch) aus.<br />

Eine elektronische Bestellung,<br />

der eine telefonische Nachbestellung<br />

wenige Minuten später<br />

folgt, bündelt der <strong>Großhandel</strong> zu<br />

einer Lieferung.<br />

Einen sehr personalintensiven<br />

Teilprozess stellt in jeder Apotheke<br />

der Empfang und die Einlagerung<br />

der Lieferungen (H)<br />

dar. Er schließt die Erstprüfung<br />

der Lieferungen, das Buchen des<br />

Wareneingangs (in der Regel<br />

mit einem Scannersystem) sowie<br />

das Wegräumen der Ware und<br />

deren Einlagerung in die Apothekenlager<br />

ein. In der Durchschnittsapotheke<br />

werden pro<br />

Jahr ca. 160 Direktlieferungen<br />

und ca. 100 <strong>Überweiser</strong>lieferungen<br />

empfangen und bearbeitet.<br />

Im <strong>Großhandel</strong>s<strong>geschäft</strong> ><br />

11.10.2007 | Nr. 41


Management<br />

sind dies je nach Apotheke zwischen<br />

drei und acht <strong>Großhandel</strong>slieferungen<br />

pro Tag. Dies<br />

entspricht in der Durchschnittsapotheke<br />

ca. 47.100 gelieferten<br />

Zeilen bzw. Positionen pro Jahr.<br />

Bestellen Apotheken im Direkt-<br />

und <strong>Überweiser</strong><strong>geschäft</strong> als Einkaufsverbund,<br />

ist nach der Anlieferung<br />

der Waren auch der<br />

Transport in die beteiligten Apotheken<br />

zu organisieren. Dieser<br />

Teilprozess (I), der ausschließlich<br />

im Direkt- und <strong>Überweiser</strong><strong>geschäft</strong><br />

vonstatten geht, fi ndet<br />

in der Durchschnittsapotheke ca.<br />

70-mal im Jahr statt.<br />

Unabhängig davon wie die Waren<br />

bestellt und angeliefert werden,<br />

ist es notwendig, die von<br />

den Lieferanten gestellten Rechnungen<br />

zu prüfen (J). <strong>Großhandel</strong>srechnungen<br />

werden in der<br />

Regel als zweiwöchige bzw.<br />

monatliche Sammelrechnungen<br />

Abb. 1: Übersicht erhobene Daten und Datenerhebungsmethodik<br />

Relevante Prozessschritte/<br />

prozess relevante Kosten<br />

Analysierte Daten/Informationen Datenerhebungsmethoden<br />

Häufigkeit<br />

Teilprozess<br />

Dauer pro<br />

Teilprozess<br />

Verantwortlichkeit<br />

Befragung Systemdaten Beobachtung<br />

A: Laufende Gespräche<br />

mit Herstellern<br />

√ √ √ √ √<br />

B/C: Verhandlungen mit<br />

Herstellern/<strong>Großhandel</strong><br />

√ √ √ √<br />

D: Interne Abstimmung mit anderen<br />

Apotheken<br />

√ √ √ √<br />

E: Suche nach Angeboten √ √ √ √ √<br />

F: Ermittlung des Bestellbedarfs<br />

√ √ √ √ √ √<br />

G: Auslösen Bestellungen √ √ √ √ √<br />

H: Empfang/Einlagerung<br />

Lieferungen<br />

√ √ √ √<br />

I: Interne Lieferungen<br />

zwischen Apotheken<br />

√ √ √ √<br />

J: Rechnungsprüfung/<br />

Rechnungsbegleichung<br />

√ √ √ √ √ √<br />

K: Internes Umräumen<br />

von Waren<br />

√ √ √ √ √<br />

L: Retouren/Reklamationen √ √ √ √ √<br />

M: Fracht-/Belieferungskosten<br />

√<br />

N: Kosten Kapitalbindung √<br />

O: Kosten Warenverfall Analyse von zusätzlichen<br />

√ √<br />

Einkaufsvolumen in Einkaufsarten/Lagerbestände<br />

Kostenkategorien<br />

und Prozesstreibern<br />

√<br />

Personalkostensätze<br />

Mitarbeitergruppen<br />

√<br />

Quelle: Institut für Pharmakoökonomie und Arzneimittellogistik.<br />

60 | 4600 | DEUTSCHE APOTHEKER ZEITUNG | 147. JAHRGANG<br />

gestellt, währenddessen im Direkt<strong>geschäft</strong><br />

jede Lieferung separat<br />

durch den Hersteller in<br />

Rechnung gestellt wird. Fakturiert<br />

der <strong>Großhandel</strong> auch die<br />

<strong>Überweiser</strong>einkäufe, werden<br />

diese separat auf den regulären<br />

<strong>Großhandel</strong>srechnungen ausgewiesen.<br />

<strong>Überweiser</strong>- und noch stärker<br />

Direktlieferungen der Hersteller<br />

unterliegen einer Mindestmengenlogik:<br />

Hersteller bieten attraktive<br />

Rabatte nur bei Bestellung<br />

von größeren Mengen <strong>oder</strong><br />

aber im Rahmen von Aktionen<br />

(„Winterbevorratung“). Nicht<br />

unbedeutend ist in diesem Kontext,<br />

dass insbesondere im nichtverschreibungspfl<br />

ichtigen OTC-<br />

Bereich auch das Erzeugen<br />

eines „Lagerdrucks“ von Seiten<br />

der pharmazeutischen Hersteller<br />

nach wie vor als Instrument zur<br />

Verkaufsförderung gesehen<br />

wird. Die „regulären“ Lagerkapazitäten<br />

(Apothekenschränke)<br />

reichen für Direkt- und <strong>Überweiser</strong>lieferungen<br />

häufi g nicht,<br />

zusätzlich müssen weitere Lagerräume<br />

bereitgestellt werden.<br />

Dies führt zu einem nochmaligen<br />

internen Umlagern der<br />

Waren (K), sobald reguläre Lagerplätze<br />

über eine hinreichende<br />

Kapazität verfügen. Die betrachtete<br />

Durchschnittsapotheke vollzog<br />

diesen Prozess ca. 220-mal<br />

im Jahr, also praktisch einmal je<br />

Werktag.<br />

Im Apothekenbereich gelten in<br />

aller Regel in allen drei analysierten<br />

Geschäftsarten großzügige<br />

Retourenregelungen. Retourenprozesse<br />

(L) sind allerdings in<br />

aller Regel arbeitsaufwendig und<br />

bedürfen – zumindest soweit das<br />

Direkt<strong>geschäft</strong> betroffen ist –<br />

nicht selten auch der Abstimmung<br />

mit dem Hersteller. ><br />

11.10.2007 | Nr. 41


Management<br />

Abb. 2 Ergebnisse der Prozesskostenanalyse für den <strong>Direkteinkauf</strong><br />

Die durchschnittliche Apotheke<br />

beschäftigt sich ca. 60-mal im<br />

Jahr mit Retouren im Rahmen<br />

des Direkt<strong>geschäft</strong>s, im <strong>Großhandel</strong>s<strong>geschäft</strong><br />

werden ca. 170<br />

Retouren pro Jahr bearbeitet.<br />

Um die mit den beschriebenen<br />

Teilprozessen verbundenen Prozesskosten<br />

in den beteiligten<br />

Apotheken zuverlässig zu ermitteln,<br />

wurde eine umfangreiche<br />

Vor-Ort-Erhebung in<br />

sämtlichen beteiligten Apotheken<br />

durchgeführt. Dabei wurden<br />

Methoden der Befragung,<br />

der Erhebung von Daten aus<br />

den Apothekensystemen und –<br />

wo immer möglich – auch der<br />

Vor-Ort-Beobachtung von Prozessen<br />

eingesetzt. Dabei ist offensichtlich,<br />

dass die Befragung<br />

die methodisch schwächste<br />

Form der Datenerhebung darstellt.<br />

Insofern wurde sie lediglich<br />

bei Teilprozessen eingesetzt,<br />

die in einem sehr unregelmäßigen<br />

Rhythmus stattfi nden<br />

und zudem nur unter Inkaufnahme<br />

sehr langer und praktisch<br />

kaum realisierbarer<br />

Zeiträume vor Ort zu beobachten<br />

wären. Abbildung 1 gibt<br />

eine Übersicht zur Methodik<br />

der Datenerhebung und der Relevanz<br />

der eingesetzten Datenerhebungstechniken<br />

in den<br />

Apotheken.<br />

Die mit den dargestellten Methoden<br />

ermittelten Informationen<br />

zu Prozesshäufi gkeiten, Prozessdauern<br />

und assoziierten Personal-<br />

und sonstigen Kosten<br />

wurden zu Teilprozesskosten<br />

verdichtet. Schließlich wurden<br />

die ermittelten Kosten mit den<br />

62 | 4602 | DEUTSCHE APOTHEKER ZEITUNG | 147. JAHRGANG<br />

Arzneimitteleinkäufen in den<br />

Apotheken im Jahr 2005 (standardisiert<br />

zu AEP) in Beziehung<br />

gesetzt, um die Prozesskosten<br />

als anteiligen Betrag pro 1 Euro<br />

Einkaufsvolumen ableiten zu<br />

können.<br />

Ergebnisse der Prozesskostenanalyse<br />

Abbildung 2 zeigt die Ergebnisse<br />

der Prozesskostenanalyse<br />

für das Direkt<strong>geschäft</strong>: Der<br />

durchschnittlichen Offi zinapotheke<br />

entstehen Prozesskosten<br />

zur Abwicklung des Direkt<strong>geschäft</strong>s<br />

in Höhe von 0,072 Euro<br />

pro 1 Euro Einkaufsvolumen,<br />

entsprechend 7,2%. Abbildung 2<br />

zeigt, welche Teilprozesse zu<br />

diesen Gesamtkosten beitragen.<br />

Dominierend sind hierbei die<br />

Entgegennahme und Einlagerung<br />

der Lieferungen (Prozess<br />

H), die aufgrund von Übervorräten<br />

notwendige Umlagerung von<br />

Arzneimitteln (Prozess K) sowie<br />

die aufgrund der hohen Lagermengen<br />

nicht unbedeutende Kapitalbindung<br />

(N) 6 . In Abbildung<br />

2 sind neben den Prozesskosten<br />

pro 1 Euro Einkauf auch die jeweiligen<br />

Häufi gkeiten der Prozessschritte<br />

sowie die ermittelte<br />

Dauer pro Prozessschritt dargestellt.<br />

Multipliziert man diese<br />

beiden Positionen mit den Personalkostensätzen<br />

der Prozessverantwortlichen<br />

und teilt diese<br />

dann durch das Gesamtdirekteinkaufsvolumen,<br />

ergeben<br />

sich die in der Abbildung dargestellten<br />

Prozesskosten 7 .<br />

Abbildung 3 zeigt die Ergeb-<br />

nisse der Prozesskostenanalyse<br />

für das <strong>Überweiser</strong><strong>geschäft</strong>.<br />

Dieses verursacht aufgrund<br />

deutlich stärker standardisierter<br />

Prozesse lediglich 0,044 Euro<br />

Prozesskosten pro 1 Euro Einkaufsvolumen.<br />

Auch hier dominieren<br />

– auf niedrigerem Niveau<br />

– die Prozesse H (Empfang und<br />

Einlagerung der Lieferungen), K<br />

(Umlagerung von Arzneimitteln)<br />

sowie die Kapitalbindung (N).<br />

Abbildung 4 stellt schließlich<br />

die erhobenen Prozesskosten für<br />

den <strong>Großhandel</strong>seinkauf dar.<br />

Dieser ist aus Prozesskostensicht<br />

die effi ziente Form des<br />

Einkaufs in den analysierten<br />

Apotheken, da er lediglich 0,02<br />

Euro Prozesskosten pro 1 Euro<br />

Einkaufsvolumen verursacht.<br />

Wiederum dominieren auch hier<br />

der Empfang und die Einlagerung<br />

der Lieferungen (H). Allerdings<br />

sind sämtliche sonstige<br />

Teilprozesse stark standardisiert<br />

(Sammelrechnungen, 4 Ge- ><br />

6 Es wird davon ausgegangen, dass ca.<br />

30 % des Warenbestandes im Direkt<strong>geschäft</strong><br />

zum Zeitpunkt der Rechnungsbegleichung<br />

bereits veräußert wurden.<br />

Für die verbleibenden 70 % des durchschnittlichen<br />

Warenbestandes von ca.<br />

16.000 € wurde die Kapitalbindung mit<br />

einem Zinssatz von 8 % errechnet.<br />

7 Beispiel: Verhandlungen mit Herstellern<br />

(B) fi nden im Durchschnitt an 16<br />

Terminen statt. Die Gesprächsdauer beträgt<br />

dabei 28 Minuten. Multipliziert<br />

mit dem Personalkostensatz für den<br />

prozessbeteiligten Apotheker von 0,63<br />

€/Minute resultieren hieraus Prozesskosten<br />

von 282 €. Teilt man diese durch<br />

das Einkaufsvolumen im <strong>Direkteinkauf</strong><br />

in Höhe von 81.833 €, ergeben sich die<br />

dargestellten Prozesskosten in Höhe<br />

von 0,003 € pro 1 € Einkaufsvolumen.<br />

11.10.2007 | Nr. 41


Management<br />

Abb. 3 Ergebnisse der Prozesskostenanalyse für den <strong>Überweiser</strong>einkauf<br />

spräche pro Jahr), damit haben<br />

die mit ihnen verbundenen Prozesskosten<br />

nur eine geringe<br />

quantitative Bedeutung. Auch<br />

die Kapitalbindung ist wegen<br />

der mehrmaligen Tageslieferungen<br />

des <strong>Großhandel</strong>s von untergeordneter<br />

Bedeutung.<br />

Aus Prozesskostensicht ist der<br />

<strong>Großhandel</strong>seinkauf, gefolgt<br />

vom <strong>Überweiser</strong>einkauf, die kostenminimale<br />

Organisationsform<br />

des Arzneimitteleinkaufs in Apotheken.<br />

Um dieses Resultat auf<br />

seine Validität und Stabilität zu<br />

prüfen, wurde eine Szenarioanalyse<br />

in zwei unterschiedlichen<br />

Formen durchgeführt:<br />

. Apotheken-Szenarien: Geprüft<br />

wurde, inwieweit die Resultate<br />

nicht nur für die Durchschnittsapotheke,<br />

sondern auch für jede<br />

einzelne Apotheke gelten.<br />

. Kostentreiber-Szenarien: Geprüft<br />

wurde, inwieweit die Resultate<br />

Bestand haben, wenn<br />

zentrale Kostentreiber variiert<br />

werden.<br />

Tabelle 3 zeigt die Ergebnisse<br />

der Apotheken-Szenarien. Die<br />

Prozesskosten des <strong>Direkteinkauf</strong>s<br />

schwanken zwischen<br />

0,041 Euro und 0,104 Euro pro<br />

1 Euro Einkaufsvolumen. Ursache<br />

hierfür sind unterschiedliche<br />

Personalkosten in den<br />

Apotheken, unterschiedliche Organisationsformen<br />

des <strong>Direkteinkauf</strong>s<br />

und nicht zuletzt<br />

unterschiedlich effi zient organisierte<br />

Abläufe. Der <strong>Überweiser</strong>einkauf<br />

mit seinen weitgehend<br />

standardisierten Prozessen kann<br />

in einer apothekenintern gut organisierten<br />

Form mit Prozesskosten<br />

von 0,024 Euro nahezu<br />

die Effi zienz des Groshandelseinkaufs<br />

erreichen. Allerdings<br />

bleibt der <strong>Großhandel</strong>seinkauf –<br />

mit einer im Apothekenvergleich<br />

sehr hoch einzuschätzenden Stabilität<br />

der ermittelten Prozess-<br />

Abb. 4 Ergebnisse der Prozesskostenanalyse für den <strong>Großhandel</strong>seinkauf<br />

64 | 4604 | DEUTSCHE APOTHEKER ZEITUNG | 147. JAHRGANG<br />

kosten – die effi zienteste Form<br />

des Arzneimitteleinkaufs. In jeder<br />

der analysierten Apotheken<br />

lagen die Prozesskosten des<br />

<strong>Großhandel</strong>seinkaufs unter denen<br />

des <strong>Überweiser</strong>einkaufs; der<br />

<strong>Direkteinkauf</strong> verursachte stets<br />

die höchsten Prozesskosten.<br />

Abbildung 5 zeigt die zweite<br />

Form der Szenarioanalyse (Kostentreiber-Szenarien):<br />

In einer<br />

vorgenommenen Variation der<br />

Personalkosten und der zwei<br />

weiteren wichtigsten Kostentreiber<br />

(Häufi gkeit Lieferungen sowie<br />

Zeitbedarf Empfang/Einlagerung<br />

der Lieferungen) wurde<br />

ermittelt, inwiefern diese Variationen<br />

das Gesamtergebnis – die<br />

Prozesskosten der Einkaufsarten<br />

– beeinfl ussen. Die Personalkosten<br />

der pharmazeutisch-kaufmännischen<br />

Angestellten (PKA)<br />

stellen den wichtigsten Faktor<br />

dar: Sinken die Personalkosten<br />

einer PKA um 10 %, fallen ><br />

11.10.2007 | Nr. 41


Management<br />

Tab. 3: Szenarioanalyse – Prozesskostenunterschiede in untersuchten Apotheken<br />

Prozesskosten in € pro<br />

1 € Einkaufsvolumen<br />

die Prozesskosten des <strong>Direkteinkauf</strong>s<br />

auf 0,066 Euro und somit<br />

auf 91,6 % des ursprünglichen<br />

Niveaus. Einen geringeren, dennoch<br />

aber relevanten Effekt<br />

üben die Variation der Prozessdauer<br />

für Teilprozess H (Empfang<br />

/ Einlagerung Lieferungen)<br />

sowie die Häufi gkeit der Liefe-<br />

rungen aus, während die kalkulatorischen<br />

Personalkosten der<br />

Apothekerinnen und Apotheker<br />

keinen entscheidenden Einfl uss<br />

haben; deren Involvierung in die<br />

Prozessabläufe ist für einen bedeutenden<br />

Einfl uss zu gering.<br />

Implikationen und<br />

Handlungsempfehlungen<br />

Mit den Ergebnissen der Analyse<br />

ist es Apotheken unmittelbar<br />

Apotheke mit<br />

Prozesskostenminimum<br />

möglich, eine kaufmännisch<br />

sinnvolle Entscheidung zu ihrem<br />

Einkaufsverhalten zu treffen:<br />

Entsprechen die Prozesse denen<br />

der in dieser Analyse ermittelten<br />

„Durchschnittsapotheke“, ist ein<br />

<strong>Direkteinkauf</strong> von Arzneimitteln<br />

nur sinnvoll, wenn dieser einen<br />

Rabattvorteil von fünf Prozent-<br />

punkten gegenüber dem <strong>Großhandel</strong>seinkauf<br />

generiert (Abbildung<br />

6). Der Mindestrabattvorteil<br />

des <strong>Überweiser</strong>einkaufs<br />

gegenüber dem <strong>Großhandel</strong>seinkauf<br />

beträgt zwei Prozentpunkte.<br />

Eine Umstellung der apothekenindividuellenEinkaufsstrategie<br />

vom Direkt- und<br />

<strong>Überweiser</strong>einkauf hin zum<br />

<strong>Großhandel</strong>seinkauf führt allerdings<br />

nicht automatisch zu<br />

Durchschnittsapotheke Apotheke mit<br />

Prozesskostenmaximum<br />

<strong>Direkteinkauf</strong> 0,041 0,072 0,104<br />

<strong>Überweiser</strong>einkauf 0,024 0,044 0,063<br />

<strong>Großhandel</strong>seinkauf 0,018 0,020 0,022<br />

Quelle: Analysierte Apotheken; Institut für Pharmakoökonomie und Arzneimittellogistik.<br />

Abb. 5 Szenarioanalyse – Einfl uss wesentlicher Prozesstreiber auf die Prozesskosten<br />

Abb. 6 Mindestrabattunterschiede bei alternativen Einkaufsstrategien<br />

66 | 4606 | DEUTSCHE APOTHEKER ZEITUNG | 147. JAHRGANG<br />

Kosteneinsparungen, da es sich<br />

bei den relevanten Prozesskosten<br />

im wesentlichen um Fixkosten<br />

(mit Ausnahme der<br />

Kosten der Kapitalbindung)<br />

handelt. Jede Prozessoptimierung<br />

generiert – zumindest soweit<br />

Personal betroffen ist –<br />

Kostensenkungspotenziale, die<br />

aber durch Managemententscheidungen<br />

des Unternehmers<br />

realisiert werden müssen. Alternativ<br />

können aber auch frei<br />

werdende Personalkapazitäten<br />

für wertschöpfende Prozesse<br />

eingesetzt werden, diese sind<br />

in der Offi zinapotheke besonders<br />

im Handverkauf und der<br />

kompetenten Beratung der<br />

Kunden über die angebotenen<br />

Arzneimittel und Nicht-Arzneimittel<br />

zu fi nden. <<br />

Die Autoren danken der gesine.net.ag<br />

und der Gehe Pharma Handel GmbH für<br />

die geleistete Unterstützung.<br />

Kontakt zu den Autoren:<br />

Prof. Dr. Thomas Wilke, Prof. Dr. Kai<br />

Neumann, beide Hochschule <strong>Wismar</strong>,<br />

University of Technology, Business and<br />

Design, Institut für Pharmakoökonomie<br />

und Arzneimittellogistik<br />

PF 1210, 23952 <strong>Wismar</strong>, E-Mail: t.wilke<br />

@wi.hs-wismar.de, kai.neumann@<br />

wi.hs-wismar.de, www.ipam-wismar.de<br />

11.10.2007 | Nr. 41

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