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Herausforderungen an Krankenhausapotheken - IPAM Wismar

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1282<br />

12/2007 <strong>Herausforderungen</strong> <strong>an</strong> Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken<br />

Prof. Dr. Thomas Wilke/Prof. Dr. Kai Neum<strong>an</strong>n/Fr<strong>an</strong>k Bönsch<br />

<strong>Herausforderungen</strong> <strong>an</strong> Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken<br />

Schlussfolgerungen aus einer Benchmarking-Studie<br />

Voraussetzung für jede Diskussion über die künftige Org<strong>an</strong>isation<br />

der Arzneimittelversorgung im Kr<strong>an</strong>kenhaus ist eine größtmögliche<br />

Kostentr<strong>an</strong>sparenz. Um hier erste und in Deutschl<strong>an</strong>d<br />

in dieser Form bisher nicht vorliegende Einblicke zu ermöglichen,<br />

werden nachfolgend Ergebnisse eines Benchmarking-Projektes<br />

vorgestellt, das sich auf 6 Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken bezieht. Wesentliche<br />

Kosten der betrachteten Apotheken werden den wahrgenommenen<br />

Geschäftsprozessen zugeordnet. Aus den Resultaten<br />

lassen sich 2 für die künftige Positionierung von Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken<br />

zentrale Hypothesen ableiten.<br />

Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken st<strong>an</strong>den bisl<strong>an</strong>g weder im Mittelpunkt<br />

der gesundheitsökonomischen Forschung noch des<br />

praktischen Kr<strong>an</strong>kenhausm<strong>an</strong>agements. 1) In aller Regel konzentriert<br />

sich die Diskussion zu Arzneimitteln in Kr<strong>an</strong>kenhäusern<br />

auf die Reduktion der Arzneimittelkosten durch Verringerung<br />

der Arzneimittelpreise bzw. eine konsequentere<br />

Steuerung der Arzneimittelauswahl durch Hauslisten. Ansatzweise<br />

werden überdies – oft auf Fachkreise beschränkt –<br />

Themen der Arzneimittelqualität und der Compli<strong>an</strong>ce diskutiert.<br />

Parallel hierzu verändert sich der Markt für Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken<br />

und kr<strong>an</strong>kenhausversorgende Apotheken ras<strong>an</strong>t:<br />

● Nach Angaben des Bundesverb<strong>an</strong>des Deutscher Kr<strong>an</strong>kenhausapotheker<br />

(ADKA) e.V. hat sich die Zahl der in<br />

Deutschl<strong>an</strong>d tätigen Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken von 522 Apotheken<br />

Ende 2003 auf 492 Apotheken Ende 2005 reduziert.<br />

2) Die Entwicklung hält <strong>an</strong> und wird unterstützt durch<br />

die Einrichtung von Zentralapotheken und Versorgungszentren<br />

innerhalb von Kr<strong>an</strong>kenhausverbünden oder -zusammenschlüssen.<br />

● Mit der obigen Entwicklung einhergehend steigt die am<br />

ver<strong>an</strong>tworteten Arzneimittelvolumen gemessene durchschnittliche<br />

Größe von Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken und Kr<strong>an</strong>kenhäuser<br />

versorgenden Apotheken.<br />

● Aktuell treten ambul<strong>an</strong>te Kr<strong>an</strong>kenhäuser versorgende<br />

Apotheken mit durchaus wettbewerbsfähigen Angeboten<br />

am Markt auf. Der Preis für eine Kr<strong>an</strong>kenhausversorgung –<br />

ausgedrückt als prozentualer Aufschlag auf das jährliche<br />

Arzneimittelbudget zu Kr<strong>an</strong>kenhauspreisen – ist von historisch<br />

8 bis 15 Prozent auf 4 bis 8 Prozent gesunken.<br />

● Die von Kr<strong>an</strong>kenhäusern realisierbaren Einsparpotenziale<br />

durch eine effektivere Verh<strong>an</strong>dlung von Arzneimittelpreisen<br />

scheinen zunehmend <strong>an</strong> ihre Grenzen zu stoßen. Dies<br />

wird künftig in zahlreichen Häusern Überlegungen zur<br />

nachhaltigen Optimierung von arzneimittelrelev<strong>an</strong>ten Prozessen<br />

auslösen.<br />

Dass damit – auch vor dem Hintergrund allgemeiner ökonomischer<br />

Zwänge in Kr<strong>an</strong>kenhäusern – die Arzneimittel-<br />

versorgung eines Hauses zunehmend von Kr<strong>an</strong>kenhausleitungen<br />

thematisiert wird, ist offensichtlich. Voraussetzung<br />

für etwaige Optimierungsmaßnahmen ist jedoch eine detaillierte<br />

Analyse des Status quo. Diesen für Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken<br />

zu erheben war das Ziel einer Benchmarking-<br />

Studie des Instituts für Pharmakoökonomie und Arzneimittellogistik<br />

(<strong>IPAM</strong>) <strong>an</strong> der Hochschule <strong>Wismar</strong>, deren Ergebnisse<br />

und erste Schlussfolgerungen nachfolgend vorgestellt<br />

werden. Dabei beschränkt sich die Studie auf Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken;<br />

ambul<strong>an</strong>te Kr<strong>an</strong>kenhäuser versorgende<br />

Apotheken wurden nicht in die Betrachtung miteinbezogen.<br />

Datenbasis<br />

Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken nehmen in deutschen Akutkr<strong>an</strong>kenhäusern<br />

unterschiedliche pharmazeutische und ökonomische<br />

Funktionen wahr. Zu den wichtigsten Aufgaben einer<br />

Kr<strong>an</strong>kenhausapotheke („Geschäftsprozesse“) gehören<br />

folgende Tätigkeiten:<br />

● Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung<br />

eines Hauses gemäß § 26 Apothekenbetriebsordnung<br />

(ApoBetrO) und § 14 des Gesetzes über das<br />

Apothekenwesen (ApoG) inklusive Wahrnehmung der durch<br />

das Gesetz vorgeschriebenen Kontrollfunktion in der Apotheke<br />

und auf Stationen;<br />

● Mitwirkung in der Arzneimittelkommission;<br />

● Arzneimitteleinkauf und -lagerung;<br />

● Arzneimittelherstellung und -zubereitung;<br />

● pharmazeutische Beratung der Stationen und des Kr<strong>an</strong>kenhauses;<br />

● Belieferung der Stationen mit Arzneimitteln.<br />

Eines der wesentlichen Ziele der <strong>IPAM</strong>-Benchmarking-Studie<br />

war es, die Kostenintensität dieser Geschäftsprozesse<br />

zu ermitteln. Hierzu wurden insgesamt 28 Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken<br />

mit der Bitte <strong>an</strong>geschrieben, einen st<strong>an</strong>dardisierten<br />

Fragebogen auszufüllen. 3) Insgesamt 6 Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken<br />

haben <strong>an</strong> der Studie mit Informationen teilgenommen,<br />

die als hinreichend valide für die Studienzwecke<br />

bezeichnet werden können. Tabelle 1 beschreibt die<br />

wesentlichen Charakteristika dieser Apotheken, wobei sich<br />

sämtliche Angaben auf das Jahr 2005 beziehen.<br />

Vor der Darstellung der Benchmarking-Ergebnisse aus diesen<br />

Apotheken sei vorab auf einige Unsicherheiten bei der<br />

Interpretation der vorliegenden Daten hingewiesen:<br />

● Die Zahl der teilnehmenden Apotheken (20 Prozent Teilnahmequote)<br />

ist vor dem Hintergrund der hohen politischen<br />

und wirtschaftlichen Sensibilität der abgefragten Daten als<br />

zufrieden stellend zu bezeichnen. Sie ist im statistischen<br />

Sinne jedoch nicht repräsentativ.


Tabelle 1: Charakteristika der Benchmarking-Apotheken<br />

● Die Apotheken wurden gebeten, die Personalintensität<br />

verschiedener Geschäftsprozesse eigenständig abzuschätzen.<br />

Damit sind die dargestellten Ergebnisse abhängig<br />

von den Angaben aus den Apotheken. Eine Vor-Ort-Prozessbeobachtung<br />

in den Apotheken ist nicht erfolgt.<br />

● Um die Vergleichbarkeit der Daten aus den Apotheken<br />

zu gewährleisten, wurde bei der Definition der Prozesse,<br />

deren Personalkostenintensität abzuschätzen war, auf spezifische<br />

Detailprozesse verzichtet. Unterschieden wurden in<br />

sämtlichen Apotheken 8 zentrale Geschäftsprozesse. Eine<br />

m<strong>an</strong>gelhafte Zuordnung der Apothekenkapazitäten zu den<br />

Prozessen bei Ausfüllen der Fragebögen k<strong>an</strong>n dennoch<br />

nicht gänzlich ausgeschlossen werden.<br />

● Beim Kosten-Benchmarking wurde lediglich auf Arznei-<br />

mittel- und Personalkosten abgestellt,<br />

da diese in Apotheken den weitaus<br />

größten Teil der <strong>an</strong>fallenden Kosten darstellen.<br />

Spezifische Prozesse in Apotheken<br />

können jedoch durch technische<br />

Einrichtungen und Hilfsmittel (Software,<br />

Unit Dose-Automaten etc.) unterstützt<br />

werden bzw. teilweise oder gänzlich bereits<br />

im Status quo <strong>an</strong> Externe ausgelagert<br />

worden sein. Derartige Systeme<br />

und Entscheidungen führen zw<strong>an</strong>gsläufig<br />

zur Substitution von Personaldurch<br />

Sachkosten. Auf die Erhebung<br />

von Sachkosten wurde im Rahmen<br />

dieser Studie jedoch verzichtet, da die<br />

qualitativen Angaben aus den 6 Apotheken<br />

nicht den Schluss zuließen,<br />

dass wesentliche Funktionen in den<br />

Apotheken durch Externe bzw. durch<br />

technische Geräte ausgeführt werden.<br />

Eine Ausnahme stellt Apotheke 5 dar,<br />

die eine Unit Dose-Versorgung mit einem<br />

entsprechenden Automaten durchführt.<br />

● Die <strong>an</strong>twortenden Apotheken gehören<br />

Akutkr<strong>an</strong>kenhäusern <strong>an</strong>, die eine unterschiedliche<br />

Größe und Spezialisierung<br />

aufweisen. Damit ist nicht in jedem<br />

Fall die Vergleichbarkeit der Arzneimittelprozesse<br />

und der im Folgenden darzustellenden<br />

Benchmarking-Daten gegeben.<br />

<strong>Herausforderungen</strong> <strong>an</strong> Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken 12/2007<br />

Apotheke Versorgte Case-Mix-Index Arzneimittelverbrauch Spezifika Vollzeitkräfte in<br />

Betten 2005 2005 zu KH-Preisen der KH-Apotheke<br />

1 2.224 1,084 16.500.000 € Keine 31,5<br />

2 640 0,950 8.200.000 € Keine 11,6<br />

3 522 1,060 2.200.000 € Keine 10,3<br />

4 2.700 1,030 13.600.000 € Keine 17,2<br />

5 1.000 Keine Angabe 3.800.000 € Unit Dose- 7,0<br />

Versorgung<br />

6 2.253 1,134 16.400.000 € Keine 48,4<br />

Ergebnisse<br />

Tabelle 2 zeigt die ersten Benchmarking-<br />

Ergebnisse bezüglich des Arzneimittelverbrauchs<br />

und der Arzneimittelbestände<br />

in den <strong>an</strong> der Studie teilnehmenden<br />

Apotheken. Um Unterschiede in der beh<strong>an</strong>delten<br />

Fallschwere zwischen den<br />

Häusern in die Betrachtung eingehen zu<br />

lassen, wird in Tabelle 2 auch der um<br />

den Case-Mix-Index bereinigte Arzneimittelverbrauch<br />

(auf CMI = 1 berechnet)<br />

ausgewiesen. Die Ergebnisse zeigen<br />

zum einen im Vergleich zum deutschl<strong>an</strong>dweiten<br />

Arzneimittelverbrauch pro<br />

Akutbett in Höhe von 6 215 € 4) eine gute Plausibilität der<br />

Angaben, zum <strong>an</strong>deren jedoch teils deutliche Unterschiede<br />

in den Arzneimittelkosten der Häuser. Es ist davon auszugehen,<br />

dass diese Unterschiede zum Teil durch die Spezialisierung<br />

der belieferten Kliniken auf spezifische Fachgebiete<br />

erklärt werden können. Andererseits ist ebenso plausibel,<br />

dass die Differenzen teilweise auf die unterschiedliche<br />

Fähigkeit der Apotheken, Arzneimittelkosten effizient<br />

zu steuern, zurückgehen. Tabelle 2 zeigt auch, dass die in<br />

den Apotheken vorgehaltenen Arzneimittelbestände deutlich<br />

vonein<strong>an</strong>der abweichen. Laut § 30 ApoBetrO sind<br />

Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken <strong>an</strong>gehalten, den Verbrauch der<br />

versorgten Häuser von 14 Tagen im Lager bereitzuhalten.<br />

Dies entspräche in einer theoretischen Betrachtung ca. 4<br />

Prozent des jährlichen Arzneimittelverbrauchs. Tabelle 2<br />

Tabelle 2: Benchmarking Arzneimittelverbräuche und -bestände (2005)<br />

Apotheke Jährlicher AM-Verbrauch Bereinigter AM-Verbrauch Arzneimittelbest<strong>an</strong>d in<br />

pro versorgtem Bett in € pro versorgtem Bett in € der KH-Apotheke in % des<br />

(CMI=1) jährlichen AM-Verbrauchs<br />

1 7.419 6.844 7,27 %<br />

2 12.813 13.487 7,32 %<br />

3 4.215 3.976 14,55 %<br />

4 5.037 4.890 6,62 %<br />

5 3.800 Keine Angabe 7,23 %<br />

6 7.279 6.419 11,30 %<br />

Durchschnitt<br />

(arithmetisches Mittel)<br />

6.761 9,21 %<br />

Tabelle 3: Personalstruktur der Benchmarking-Apotheken (Anteil <strong>an</strong> gesamter VZK)<br />

Apotheke Anteil Anteil Pharmazie- Summe: Anteil Anteil Anteil<br />

Apotheker ingenieure/PTA Anteil PKA sonstige Ungelernte<br />

pharmazeu- Mitarbeiter<br />

tisches mit<br />

Personal Ausbildung<br />

1 23,8 % 23,8 % 47,6 % 24,8 % 0,0 % 27,6 %<br />

2 24,4 % 34,6 % 59,0 % 32,4 % 0,0 % 8,6 %<br />

3 19,3 % 14,5 % 33,8 % 31,4 % 19,3 % 15,5 %<br />

4 23,4 % 36,4 % 59,8 % 28,6 % 11,6 % 0,0 %<br />

5 28,6 % 28,5 % 57,1 % 14,3 % 14,3 % 14,3 %<br />

6<br />

Durchschnitt<br />

23,8 % 25,0 % 48,8 % 16,1 % 28,9 % 6,2 %<br />

(arithmetisches<br />

Mittel)<br />

23,9 % 27,1 % 51,0 % 24,6 % 12,4 % 12,0 %<br />

VZK: Vollzeitkapazität<br />

1283


1284<br />

12/2007 <strong>Herausforderungen</strong> <strong>an</strong> Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken<br />

Abbildung 1: Personalkostenintensität der Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken<br />

zeigt, dass einige Apotheken mit einem Best<strong>an</strong>d von bis zu<br />

14,5 Prozent des jährlichen Arzneimittelverbrauchs weit<br />

über die gesetzlichen Mindestbestände hinausgehen und<br />

damit in nicht unerheblichem Ausmaß auch Kapitalbindungskosten<br />

verursachen sowie das Risiko des Warenverlustes<br />

und Warenverfalls erhöhen.<br />

Tabelle 3 zeigt die Personalstruktur in den <strong>an</strong>alysierten<br />

Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken. Es wird deutlich, dass der Anteil<br />

des in den Apotheken beschäftigten pharmazeutischen<br />

Personals zwischen knapp 34 Prozent bis knapp 60 Prozent<br />

schw<strong>an</strong>kt. Bei einer vermuteten Gleichwertigkeit der<br />

durch die Apotheken wahrgenommenen Funktionen ist dieses<br />

Resultat durchaus überraschend. Ökonomisch stellt<br />

sich die Frage, welche Personalkosten mit der Personalstruktur<br />

verbunden sind. Um diese approximativ abzuleiten,<br />

wurden die von den Apotheken übermittelten prozessspezifischen<br />

Kapazitäten (getrennt nach Apothekern,<br />

Pharmazie-Ingenieuren und pharmazeutisch-kaufmännische<br />

Assistentinnen – PKA - sowie sonstigem Personal) mit<br />

st<strong>an</strong>dardisierten Personalkostensätzen bewertet. 5) Das Er-<br />

gebnis zur Personalkostenintensität<br />

der Apothekenprozesse<br />

insgesamt zeigt Abbildung<br />

1.<br />

Wiederum zeigen die Ergebnisse<br />

deutliche Unterschiede<br />

zwischen den betrachteten<br />

Apotheken. So weisen die Personalkosten<br />

der Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken<br />

eine Höhe von<br />

5 bis 15 Prozent des jährlichen<br />

Arzneimittelverbrauchs auf.<br />

Würde m<strong>an</strong> zusätzlich die in<br />

den Apotheken <strong>an</strong>fallenden<br />

Sachkosten berücksichtigen,<br />

ergäben sich zumindest für<br />

die Apotheken 1, 2, 4 und 5<br />

Gesamtkostensätze, die den<br />

bereits erwähnten aktuellen<br />

Preisen für eine Kr<strong>an</strong>kenhausversorgung<br />

durch eine ambul<strong>an</strong>te<br />

Apotheke entsprechen<br />

würden. Die Apotheken 3 und<br />

6 wären bei einem hypothetischen<br />

Vergleich mit einem externen<br />

Anbieter <strong>an</strong>gesichts ihrer<br />

aktuellen Kostenstruktur<br />

nicht wettbewerbsfähig.<br />

Ebenso deutliche Unterschiede<br />

zeigen sich bei den Personalkosten<br />

pro gelieferter Stationszeile<br />

und pro beliefertem<br />

Bett. Hier zeichnet sich auch<br />

Apotheke 2 durch hohe Kosten<br />

aus. Offensichtlich liefert<br />

diese Apotheke zu einem großen<br />

Teil überdurchschnittlich<br />

teure Arzneimittel auf die Stationen.<br />

Dies zeigt auch der<br />

weit überdurchschnittliche<br />

Arzneimittelverbrauch pro Bett (Tabelle 1).<br />

Abbildung 2 detailliert die bisherigen Ergebnisse durch Darstellung<br />

der prozessspezifischen Kosten. Es wird deutlich,<br />

dass die Kostenintensität der Geschäftsprozesse zwischen<br />

den Apotheken stark schw<strong>an</strong>kt. Die Prozesse mit der<br />

höchsten Kostenintensität sind dabei die Arzneimittelproduktion<br />

und -zubereitung sowie die Stationsbelieferung.<br />

Apotheken, die in diesen Kategorien hohe Kosten pro Bett<br />

aufweisen, weisen in aller Regel auch insgesamt hohe Personalkosten<br />

pro beliefertem Bett auf. Als Ursache für die<br />

Unterschiede zwischen Apotheken kommen unterschiedliche<br />

Versorgungsmodelle und Aufgabenfelder der Apotheken,<br />

aber auch die unterschiedliche Effizienz der Apotheken<br />

in Frage. So zeigt sich beispielsweise bei Apotheke 2,<br />

dass tatsächlich die hohen Kosten der Arzneimittelproduktion<br />

g<strong>an</strong>z wesentlich die überdurchschnittlich hohen gesamten<br />

Personalkosten der Apotheke erklären. Im Kontext<br />

der bisherigen Argumentation zu dieser Apotheke ist zu vermuten,<br />

dass Zytostatika eine g<strong>an</strong>z wesentliche Rolle für die<br />

Versorgung durch diese Apotheke spielen. Apotheke 6 hin-<br />

Abbildung 2: Personalkostenintensität wesentlicher Funktionen in den Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken (Personalkosten<br />

in € pro Bett)


Abbildung 3: Durchschnittlicher Anteil zentraler Geschäftsprozesse<br />

<strong>an</strong> Personalkapazitäten einer Kr<strong>an</strong>kenhausapotheke<br />

gegen weist überdurchschnittliche Produktions- und Stationsbelieferungskosten<br />

auf, ohne dass die Arzneimittelkosten<br />

insgesamt überdurchschnittlich ausfallen. Insbesondere<br />

mit Blick auf die Stationslogistik wäre in diesem<br />

Fall eine detaillierte Analyse zu empfehlen. Gleiches gilt für<br />

Kr<strong>an</strong>kenhausapotheke 3.<br />

Eine Analyse der Ergebnisse für sämtliche 6 beteiligte Apotheken<br />

zeigt zudem 2 überraschende Ergebnisse:<br />

● In der durchschnittlichen betrachteten Kr<strong>an</strong>kenhausapotheke<br />

dominieren – gemessen <strong>an</strong> den gebundenen Personalkapazitäten<br />

– bei weitem nicht die pharmazeutischen<br />

Funktionen (Abbildung 3). Mindestens 60 Prozent der Personalkapazitäten<br />

einer Kr<strong>an</strong>kenhausapotheke sind mit logistischen<br />

Aufgaben (Betrieb/Leitung Apotheke, Einkauf/<br />

Wareneing<strong>an</strong>g/Lagerung Arzneimittel, Belieferung Stationen)<br />

beschäftigt. Eine durchschnittliche Kr<strong>an</strong>kenhausapotheke<br />

ist damit vorwiegend eine logistische Einrichtung, die<br />

vermutlich nicht mehr als ein Drittel ihrer Kapazitäten eigentlichen<br />

pharmazeutischen Aufgaben widmet.<br />

● Apotheken, die einen vergleichsweise hohen Arzneimittelverbrauch<br />

pro Bett aufweisen, zeichnen sich auch durch<br />

hohe Personalkosten in der Apotheke pro Bett aus (Abbildung<br />

4). Dies deutet bei den Apotheken mit den höheren<br />

Kosten entweder auf eine grundsätzlich hohe Komplexität<br />

der Versorgungsstruktur und -prozesse (hoher Anteil von in<br />

der Beschaffung und der Zubereitung/Bereitstellung teuren<br />

Arzneimitteln) oder aber auf hohe Effizienzreserven in der<br />

gesamten Arzneimittelversorgung hin.<br />

Abbildung 4: Personalkosten der Apotheken und Arzneimittelverbrauch<br />

pro versorgtem Bett (Euro)<br />

<strong>Herausforderungen</strong> <strong>an</strong> Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken 12/2007<br />

Schlussfolgerungen: die künftige Positionierung<br />

von Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken<br />

Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken werden im Zuge der weiter vor<strong>an</strong>schreitenden<br />

Liberalisierung des Kr<strong>an</strong>kenhausmarktes und<br />

dem damit einhergehenden steigenden ökonomischen<br />

Druck künftig wie jeder <strong>an</strong>dere Servicebereich eines Hauses<br />

auch rechtfertigen müssen, welche Erträge und Nutzen<br />

für das Kr<strong>an</strong>kenhaus den in der Apotheke genutzten Ressourcen<br />

gegenüberstehen. Die Analyse des Marktes und<br />

auch die im vorliegenden Beitrag präsentierten Vergleichsdaten<br />

zeigen, dass nicht jede Kr<strong>an</strong>kenhausapotheke bereits<br />

für diese <strong>Herausforderungen</strong> gewappnet ist. Das Benchmarking<br />

von 6 Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken hat neben gravierenden<br />

Kostenunterschieden zwischen den Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken<br />

gezeigt, dass diese für die interne „Mikro-Logistik“<br />

nach wie vor einen Großteil der Ressourcen vorhalten.<br />

Damit wird offensichtlich, dass sich zahlreiche Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken<br />

in naher Zukunft der eigenen Optimierung<br />

zu stellen haben. In diesem Papier werden in diesem Kontext<br />

2 Hypothesen zur weiteren strategischen Positionierung<br />

von Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken aufgestellt.<br />

These 1: Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken werden künftig einen<br />

besonderen Fokus auf die Optimierung der Arzneimittellogistik<br />

legen müssen. Alternative Ansätze (Automatisierung,<br />

Verbundlösungen, Outsourcing etc.) werden hier<br />

eine zentrale Rolle spielen. Dies gilt insbesondere für<br />

Apotheken mit einer kleinen und mittleren Größe.<br />

Automatisierte Lösungen in Logistik und Herstellung erfordern<br />

eine spezifische Betriebsgröße. Dies gilt auch für<br />

Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken, sodass deren durchschnittliche<br />

Betriebsgröße bei Einsatz innovativer und automatisierter<br />

Logistiklösungen steigen muss. 6) Damit wird deutlich, dass<br />

jede Kr<strong>an</strong>kenhausleitung die Positionierung der eigenen<br />

Kr<strong>an</strong>kenhausapotheke künftig weitaus bewusster und gezielter<br />

als bisher definieren sollte. So ist unter <strong>an</strong>derem das<br />

Einkaufs- und Logistikmodell zu identifizieren, das in Bezug<br />

auf die eigene Größe das optimale ist (Abbildung 5).<br />

Apotheken, die keine hinreichende Größe für automatisierte<br />

Logistiklösungen aufweisen, sollten sich mit Blick auf die<br />

eigene wettbewerbsfähige Positionierung stärker für Verbund-<br />

und Outsourcing-Lösungen entscheiden.<br />

These 2: Das Aufgabenprofil von Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken<br />

muss und wird sich verändern. Der strategisch durch eine<br />

Kr<strong>an</strong>kenhausapotheke geschaffene Wert resultiert aus<br />

der durch eine Apotheke wahrgenommenen pharmazeutischen<br />

Steuerung eines Hauses.<br />

… spezialisiert auf<br />

Entgeltabrechnungen im<br />

Öffentlichen Dienst,<br />

Gesundheitswesen etc.<br />

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1286<br />

12/2007 <strong>Herausforderungen</strong> <strong>an</strong> Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken<br />

Abbildung 5: „Positionierungsmatrix“ von Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken<br />

Kr<strong>an</strong>kenhausapotheken schaffen primär durch das pharmazeutische<br />

Fachwissen ihres Personals Wert im Kr<strong>an</strong>kenhaus;<br />

genau in diesem Bereich liegt auch der Ausbildungsschwerpunkt<br />

und die Kernkompetenz des in der Apotheke<br />

beschäftigten Personals. Apotheken stehen damit vor der<br />

Herausforderung, deutlich innovativer und aktiver pharmazeutische<br />

Entscheidungen und Prozesse zu beeinflussen<br />

(„klinische Pharmazie“). 7) Dies schließt selbstverständlich<br />

die Definition von Hauslisten, aber auch das aktive Einwirken<br />

auf das Verschreibungsverhalten des ärztlichen Personals<br />

auf Patientenebene ein. Dass hier Wertschaffung durch<br />

Apotheker möglich ist, zeigen zahlreiche empirische Studien.<br />

8) In Verbindung mit der Optimierung der Arzneimittellogistik<br />

wird damit die künftige Kr<strong>an</strong>kenhausapotheke eine<br />

Institution sein, welche deutlich mehr als ein Drittel ihrer Kapazitäten<br />

pharmazeutischen Aufgaben widmet.<br />

Literatur/Anmerkungen<br />

1) Eine Analyse von Artikeln in der Zeitschrift „das Kr<strong>an</strong>kenhaus“ in den<br />

letzten 12 Monaten zeigt, dass sich lediglich 2 Beiträge mit der Arzneimittelversorgung<br />

beschäftigen. Ein wissenschaftlicher Fachbeitrag<br />

zu diesem Thema ist nicht erschienen.<br />

Kurz notiert<br />

Greifswald. Wissenschaftler der Universität Greifswald erarbeiten<br />

H<strong>an</strong>dlungsempfehlungen, mit denen Kenia das<br />

Gesundheitswesen für seine 36 Mio. Einwohner verbessern<br />

soll. Bisl<strong>an</strong>g erreiche der Staat nach eigenen Angaben nur<br />

etwa die Hälfte der Einwohner mit eigenen Gesundheitsdienstleistungen,<br />

teilte die Uni mit. Wissenschaftler vom<br />

Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Gesundheitsm<strong>an</strong>agement<br />

wollten nun eine gemeinschaftliche<br />

Erklärung zwischen Staat und Nichtregierungsorg<strong>an</strong>isationen<br />

sowie christlichen und moslemischen Einrichtungen<br />

zur Kooperation beim Aufbau des Gesundheitssystems<br />

erarbeiten.<br />

Bad Neustadt. Der Vorst<strong>an</strong>dsvorsitzende der Rhön-Klinikum<br />

AG und Vizepräsident der DKG, Wolfg<strong>an</strong>g Pföhler, hat<br />

die Umsatzprognose seines Unternehmens für 2007 in<br />

Höhe von 2 Mrd. € bekräftigt. Grundlage für seine Voraussage<br />

sind die Zahlen für die ersten 3 Quartale 2007. Für das<br />

4. Quartal wird eine weiterhin positive Entwicklung erwartet,<br />

zu der auch das Universitätsklinikum Gießen/Marburg<br />

2) Quelle: ABDA-Jahresberichte 2004/2005; 2005/2006<br />

3) Auf Anfrage k<strong>an</strong>n der Fragebogen von den Autoren zur Verfügung gestellt<br />

werden.<br />

4) Das jährliche Arzneimittelverbrauchsvolumen deutscher Akutkr<strong>an</strong>kenhäuser<br />

betrug im Jahr 2006 ca. 3,3 Mrd. € (Quelle: G. Maag, 2006,<br />

Entwicklung des Pharmamarktes im Dezember 2006, IMS-Report<br />

8. Februar 2007). Bezogen auf ca. 531 000 Akutbetten in Deutschl<strong>an</strong>d<br />

ergibt sich der obige Arzneimittelverbrauch pro Bett.<br />

5) Bruttopersonalkosten Apotheker 55 000 €, Bruttopersonalkosten<br />

Pharmazie-Ingenieure/PKA 39 000 €, Bruttopersonalkosten sonstiges<br />

Personal 28 000 €<br />

6) Als Beispiel k<strong>an</strong>n die Kr<strong>an</strong>kenhausapotheke der LBK Hamburg GmbH<br />

als Zentralapotheke <strong>an</strong>geführt werden, die unter <strong>an</strong>derem 1 800 Patienten<br />

mit einem automatisierten Unit Dose-System auf Baxter-Basis<br />

versorgt (Pressemitteilungen Asklepios Kliniken vom 28. Februar<br />

2007).<br />

7) I. Krämer (2003), Die Kr<strong>an</strong>kenhausapotheke kümmert sich lückenlos<br />

um die Arzneimitteltherapie der Kr<strong>an</strong>kenhauspatienten, in: Kr<strong>an</strong>kenhauspharmazie,<br />

2003 (24), Heft 6, Seite 533<br />

8) Beispielhaft: V. v<strong>an</strong> Gunten; J.-P. Reymond; J. Beney (2007), Clinical<br />

<strong>an</strong>d economic outcomes of pharmaceutical services related to <strong>an</strong>tibiotic<br />

use: a literature review, in: Pharmacy World & Science, 29, Seite<br />

146 ff.; B. D. Fr<strong>an</strong>klin et al. (2007), Providing feedback to hospital<br />

doctors about prescribing errors: a pilot study, in: Pharmacy World &<br />

Science, 29, Seite 213 ff.<br />

Anschriften der Verfasser:<br />

Prof. Dr. Thomas Wilke,<br />

(E-Mail: t.wilke@wi.hs-wismar.de)/<br />

Prof. Dr. Kai Neum<strong>an</strong>n,<br />

(E-Mail: kai.neum<strong>an</strong>n@wi.hs-wismar.de),<br />

Hochschule <strong>Wismar</strong>,<br />

Institut für Pharmakoökonomie und Arzneimittellogistik,<br />

PF 1210, 23952 <strong>Wismar</strong>/<br />

Dipl.-Kfm. (FH) Fr<strong>an</strong>k Bönsch,<br />

(E-Mail: boensch@gesucon.com),<br />

GesuCon GmbH, Consulting im Gesundheitswesen,<br />

Philipp-Müller-Straße 14,<br />

23966 <strong>Wismar</strong>,<br />

boensch@gesucon.com ■<br />

„maßgeblich“ beiträgt, so Gerald Meder, stellvertretender<br />

Vorst<strong>an</strong>dsvorsitzender des Unternehmens. Im 3. Quartal<br />

betrug der Konzernumsatz 506 Mio. € gegenüber 490<br />

Mio. € im gleichen Vorjahrszeitraum. In den ersten 3 Quartalen<br />

2007 stieg der Umsatz um 6 Prozent auf 1,51 Mrd. €<br />

(Vorjahr 1,42 Mrd. €). Der Konzerngewinn stieg im Vergleich<br />

zum Vorjahreszeitraum von 24,5 Mio. € auf 34,3 Mio. €.<br />

Hamburg. Die Beh<strong>an</strong>dlungsergebnisse in den Hamburger<br />

Kr<strong>an</strong>kenhäusern haben sich im Jahre 2006 weiter verbessert.<br />

Dies zeigen die Zahlen der externen Qualitätssicherung. So<br />

s<strong>an</strong>k beispielsweise die Zahl der Wundinfektionen nach dem<br />

Einsetzen einer Hüftprothese von 1,2 Prozent (2005) auf<br />

0,5 Prozent (2006). Der bundesweite Wert liegt bei 0,8 Prozent<br />

(2006). Die Hamburger EQS prüft mehr Daten als bundesweit<br />

vorgeschrieben, so auch die Häufigkeit der Wundliegegeschwüre<br />

(Dekubitus): Sie s<strong>an</strong>k von 1,0 Prozent (2005) auf<br />

0,7 Prozent (2006). Rol<strong>an</strong>d Streuf, Leiter der L<strong>an</strong>desgeschäftsstelle<br />

der EQS Hamburg: „Die Kliniken dokumentieren<br />

ihre Arbeit immer exakter. Wir können also noch genauer<br />

prüfen. Umso erfreulicher ist die Tendenz zu besseren Ergebnissen,<br />

die wir bei den aktuellen Daten feststellen.“ ■

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