86. § 11 VOB/A - Ausführungsfristen - Oeffentliche Auftraege
86. § 11 VOB/A - Ausführungsfristen - Oeffentliche Auftraege
86. § 11 VOB/A - Ausführungsfristen - Oeffentliche Auftraege
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Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Änderung: 08.03.2010<br />
<strong>86.</strong> <strong>§</strong> <strong>11</strong> <strong>VOB</strong>/A - <strong>Ausführungsfristen</strong><br />
<strong>Ausführungsfristen</strong><br />
1. (1) Die <strong>Ausführungsfristen</strong> sind ausreichend zu bemessen; Jahreszeit, Arbeitsbedingungen<br />
und etwaige besondere Schwierigkeiten sind zu berücksichtigen. Für die Bauvorbereitung<br />
ist dem Auftragnehmer genügend Zeit zu gewähren.<br />
(2) Außergewöhnlich kurze Fristen sind nur bei besonderer Dringlichkeit vorzusehen.<br />
(3) Soll vereinbart werden, dass mit der Ausführung erst nach Aufforderung zu beginnen<br />
ist (<strong>§</strong> 5 Nr. 2 <strong>VOB</strong>/B), so muss die Frist, innerhalb derer die Aufforderung ausgesprochen<br />
werden kann, unter billiger Berücksichtigung der für die Ausführung maßgebenden<br />
Verhältnisse zumutbar sein; sie ist in den Verdingungsunterlagen festzulegen.<br />
2. (1) Wenn es ein erhebliches Interesse des Auftraggebers erfordert, sind Einzelfristen für in<br />
sich abgeschlossene Teile der Leistung zu bestimmen.<br />
(2) Wird ein Bauzeitenplan aufgestellt, damit die Leistungen aller Unternehmer sicher<br />
ineinander greifen, so sollen nur die für den Fortgang der Gesamtarbeit besonders<br />
wichtigen Einzelfristen als vertraglich verbindliche Fristen (Vertragsfristen) bezeichnet<br />
werden.<br />
3. Ist für die Einhaltung von <strong>Ausführungsfristen</strong> die Übergabe von Zeichnungen oder<br />
anderen Unterlagen wichtig, so soll hierfür ebenfalls eine Frist festgelegt werden.<br />
4. Der Auftraggeber darf in den Verdingungsunterlagen eine Pauschalierung des<br />
Verzugsschadens (<strong>§</strong> 5 Nr. 4 <strong>VOB</strong>/B) vorsehen; sie soll 5 v. H. der Auftragssumme nicht<br />
überschreiten. Der Nachweis eines geringeren Schadens ist zuzulassen.<br />
<strong>86.</strong>1 Vergleichbare Regelungen<br />
4463<br />
Der Vorschrift des <strong>§</strong> <strong>11</strong> <strong>VOB</strong>/A vergleichbar ist im Bereich der VOL <strong>§</strong> <strong>11</strong> VOL/A. Die<br />
Kommentierung zu dieser Vorschrift kann daher ergänzend zu der Kommentierung des <strong>§</strong> <strong>11</strong><br />
herangezogen werden.<br />
<strong>86.</strong>2 Änderungen in der <strong>VOB</strong>/A 2006<br />
4464<br />
In der <strong>VOB</strong>/A 2006 erfolgten keine Änderungen.<br />
<strong>86.</strong>3 Bieterschützende Vorschrift<br />
<strong>86.</strong>3.1 <strong>§</strong> <strong>11</strong> Nr. 1<br />
4465<br />
Der Bieter hat Anspruch darauf, dass die <strong>Ausführungsfristen</strong> ausreichend zu bemessen<br />
sind (OLG Düsseldorf, B. v. 28.2.2002 - Az.: Verg 37/01, B. v. 28.2.2002 - Az.: Verg 40/01;
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KG Berlin, B. v. 5.1.2000 - Az.: Kart Verg <strong>11</strong>/99; 1. VK Bund, B. v. 15.9.1999 - Az.: VK 1 -<br />
19/99).<br />
4465/1<br />
<strong>§</strong> <strong>11</strong> Nr. 1 Abs. 3 <strong>VOB</strong>/A entfaltet daher bieterschützende Wirkung (VK Brandenburg, B.<br />
v. 30.09.2008 - Az.: VK 30/08).<br />
<strong>86.</strong>4 Bemessung der <strong>Ausführungsfristen</strong> (<strong>§</strong> <strong>11</strong> Nr. 1)<br />
4466<br />
Die <strong>Ausführungsfristen</strong> sind ausreichend zu bemessen; Jahreszeit, Arbeitsbedingungen und<br />
etwaige besondere Schwierigkeiten sind zu berücksichtigen. Für die Bauvorbereitung ist dem<br />
Auftragnehmer genügend Zeit zu gewähren (Nr. 1 Abs. 1). Außergewöhnlich kurze Fristen<br />
sind nur bei besonderer Dringlichkeit vorzusehen (Nr. 1 Abs. 2). Soll vereinbart werden, dass<br />
mit der Ausführung erst nach Aufforderung zu beginnen ist (<strong>§</strong> 5 Nr. 2 <strong>VOB</strong>/B), so muss die<br />
Frist, innerhalb derer die Aufforderung ausgesprochen werden kann, unter billiger<br />
Berücksichtigung der für die Ausführung maßgebenden Verhältnisse zumutbar sein; sie ist in<br />
den Verdingungsunterlagen festzulegen (Nr. 1 Abs. 3).<br />
<strong>86.</strong>4.1 Allgemeines<br />
4467<br />
<strong>§</strong> <strong>11</strong> Nr. 1 Abs. 1 <strong>VOB</strong>/A sieht zwingend vor, dass die <strong>Ausführungsfristen</strong> ausreichend zu<br />
bemessen sind. Da <strong>§</strong> <strong>11</strong> Nr. 1 Abs. 1 <strong>VOB</strong>/A lediglich den allgemeinen Grundsatz für die<br />
Bemessung der <strong>Ausführungsfristen</strong> bestimmt, kommt es für die Frage, ob eine konkrete Frist<br />
ausreichend ist, auf die Umstände des jeweiligen Falles an (VK Brandenburg, B. v.<br />
30.09.2008 - Az.: VK 30/08; 1. VK Bund, B. v. 15.9.1999 - Az.: VK 1 - 19/99; 2. VK Bund,<br />
B. v. 14.09.2009 - Az.: VK 2 – 153/09).<br />
<strong>86.</strong>4.2 Indizien für eine nicht ausreichende Bemessung der<br />
<strong>Ausführungsfristen</strong><br />
4468<br />
Allein, dass nach vielen Abforderungen der Verdingungsunterlagen nur von sehr<br />
wenigen Unternehmen Angebote eingereicht werden und sich davon nur eines<br />
vorbehaltlos an die Fristenvorgabe hält, ist deutliches Indiz dafür, dass die Fristen zu<br />
kurz bemessen waren. Die kurze Bemessung der <strong>Ausführungsfristen</strong> lässt sich auch nicht<br />
damit rechtfertigen, dass sich gerade dadurch die leistungsfähigsten Anbieter<br />
herauskristallisierten. Wenn dabei solch ein dürftiges Ergebnis herauskommt, dass letztlich<br />
nur ein Unternehmen vorbehaltlos die Anforderungen erfüllt, ist der Zweck des<br />
Ausschreibungsverfahrens, ein gewisses Maß an Vergleichsmöglichkeiten als Grundlage für<br />
die Vergabeentscheidung zu schaffen, nicht mehr gewährleistet. Es spielen dann ersichtlich<br />
Zufälligkeiten eine Rolle (KG Berlin, B. v. 5.1.2000 - Az.: Kart Verg <strong>11</strong>/99).<br />
<strong>86.</strong>4.3 Änderung der Ausführungsfrist durch eine Verlängerung der<br />
Bindefrist?<br />
4469<br />
Die bloße Bitte einer Vergabestelle, einer Binde- und Zuschlagsfristverlängerung<br />
zuzustimmen, enthält auch in Fällen, in denen eine derartige Verlängerung die vorgegebene
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materielle Ausführungsfrist (<strong>§</strong><strong>§</strong> <strong>11</strong>, 17 Nr. 1 Abs. 2 Buchstabe e) <strong>VOB</strong>/A) berührt, keinerlei<br />
Erklärungen zur veränderten Ausführungszeit. Spiegelbildlich stellt dann auch das<br />
Einverständnis des Bieters mit der Bindefristverlängerung keine sein ursprüngliches Angebot<br />
ändernde Erklärung zur Ausführungsfrist dar. Maßgeblich für die Zuschlagserteilung ist<br />
und bleibt das Ursprungsangebot des Bieters mit den dort aufgeführten, freilich zeitlich<br />
überholten <strong>Ausführungsfristen</strong>. Binde- und Zuschlagsfristverlängerungen, die sich noch im<br />
Zuge der Ausschreibung selbst, etwa im Rahmen der Angebotswertung, als notwendig<br />
erweisen, sind in ihren Auswirkungen auf die <strong>Ausführungsfristen</strong> nicht anders zu beurteilen<br />
als solche, sich erst aufgrund eines eingeleiteten Nachprüfungsverfahrens ergeben. Denn für<br />
den betroffenen Bieter macht es keinen Unterschied, ob die zeitliche Verzögerung durch den<br />
Entscheidungsprozeß des Auftraggebers oder durch das Verhalten von Mitbietern ausgelöst<br />
ist. Im einen wie im anderen Fall liegt im Verhältnis zum potenziellen Auftragnehmer die<br />
Verzögerung im Risikobereich des Auftraggebers (BayObLG, B. v. 15.7.2002 - Az.: Verg<br />
15/02).<br />
<strong>86.</strong>4.4 Folge einer Verlängerung der Bindefrist für die<br />
Ausführungszeit<br />
4470<br />
4471<br />
4472<br />
Die Rechtsprechung hierzu ist nicht völlig einheitlich.<br />
Das Thüringer OLG vertritt für den Fall, dass es wegen eines Nachprüfungsantrags einer<br />
anderen Bietergemeinschaft zu einer nicht von den Beteiligten zu vertretenden Verzögerung<br />
der Zuschlagserteilung kommt, die Ansicht, dass - nach einer Auslegung der entsprechenden<br />
Willenserklärungen - der durch die Verzögerung bewirkte zeitliche Aufschub der<br />
Arbeitsausführung den dem Angebot zugrunde liegenden <strong>Ausführungsfristen</strong> im Sinne<br />
einer Komplettverschiebung hinzuzurechnen ist und auf den offerierten Preis grundsätzlich<br />
keinen Einfluss hat. Die Wirksamkeit von Schuldverhältnissen hängt nämlich von einer<br />
vertraglichen Bestimmung der Leistungszeit nicht ab. Fehlt sie, gilt grundsätzlich <strong>§</strong> 271 BGB,<br />
der auch bei Werkverträgen einschlägig ist. Auch im Bauvertragsrecht ist eine Vereinbarung<br />
der Leistungszeit entbehrlich und durchaus Raum für eine nachträgliche, dem eigentlichen<br />
Vertragsschluss nachfolgende Festlegung der <strong>Ausführungsfristen</strong>. Finden die<br />
Vertragsparteien insoweit keine Übereinstimmung, wird lückenfüllend auf die Bestimmungen<br />
der <strong>VOB</strong>/B (<strong>§</strong> 5 Nr. 2, <strong>§</strong> 16), deren Anwendbarkeit hier vereinbart ist, zurückzugreifen sein.<br />
Entsprechendes ergibt sich aus der Kooperationsverpflichtung der Vertragsparteien eines<br />
<strong>VOB</strong>/B-Vertrages (Thüringer OLG, B. v. 28.6.2000 - Az.: 6 Verg 2/00).<br />
Nach Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts hingegen beinhaltet ein solches<br />
Verständnis eine Angebotsmodifizierung nicht unerheblichen Umfangs, die sich<br />
typischerweise auf die Disposition der Betriebsmittel und auf die kalkulierten Preise auswirkt.<br />
Dem Auftragnehmer wird zugemutet, einseitig und unter Ausblendung der übrigen<br />
Konkurrenten ein besonderes Risiko zu übernehmen. Inhalt seiner Angebotskalkulation ist<br />
nämlich auch der in der Ausschreibung vorgegebene günstige oder ungünstige Zeitraum der<br />
Bauausführung. Bei einem nachträglich verschobenen Zeitrahmen führt ein preislich<br />
unverändertes Angebot zu einem Nachlass, ohne dass alle Bieter Gelegenheit hatten, ihre<br />
Angebote anzupassen. Zudem wird dem Bieter ohne genaues Wissen um die neue<br />
Leistungszeit und ohne Möglichkeit, darauf Einfluss zu nehmen, zugemutet, der Änderung<br />
seines Angebots unter Beibehaltung des ursprünglichen Preises zuzustimmen. Im Falle des<br />
Zuschlags werden also die alten, inzwischen überholten <strong>Ausführungsfristen</strong>, Vertragsinhalt<br />
(BayObLG, B. v. 15.7.2002 - Az.: Verg 15/02).
Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Änderung: 08.03.2010<br />
4473<br />
Der in Aussicht genommene <strong>VOB</strong>-Vertrag bietet auch ein im allgemeinen geeignetes und<br />
ausreichendes Regelwerk, um die tatsächlichen und wirtschaftlichen Folgen für das<br />
Angebot, die mit der Änderung der <strong>Ausführungsfristen</strong> verbunden sind, wettbewerbsneutral<br />
auszugleichen. So lässt sich die Anpassung der Leistungszeit über <strong>§</strong> 6 Nr. 2 und Nr. 4, <strong>§</strong> 5<br />
<strong>VOB</strong>/B regeln. Die Vergütung kann auf der Grundlage der ursprünglichen Preisermittlung<br />
angepasst werden (<strong>§</strong> 2 Nr. 5 <strong>VOB</strong>/B). Dazu bieten die Angaben zur Preisermittlung (EFB-<br />
Preis 1) sowie die Aufgliederung wichtiger Einheitspreise (EFB-Preis 2), die im Angebot<br />
enthalten sind, eine wichtige Hilfe. Die Grundlage der Ausschreibung wird bei diesem<br />
Vorgehen nicht berührt (BayObLG, B. v. 15.7.2002 - Az.: Verg 15/02; VK Baden-<br />
Württemberg, B. v. 18.10.2002 - Az.: 1 VK 53/02).<br />
<strong>86.</strong>4.5 Möglichkeit der Nachverhandlung über <strong>Ausführungsfristen</strong>?<br />
4474<br />
Zweck der nach <strong>§</strong> 24 Nr. 1 Abs. 1 <strong>VOB</strong>/A zulässigen Bietergespräche ist die<br />
Unterrichtung des Auftraggebers u. a. über die vom jeweiligen Bieter geplante Art der<br />
Durchführung der Baumaßnahmen, z. B. die Aufklärung der vom jeweiligen Bieter<br />
beabsichtigten <strong>Ausführungsfristen</strong>. Die Aufklärung hat demgemäß passiv zu erfolgen, d. h.<br />
ohne dass der Auftraggeber dem Bieter neue, von den Verdingungsunterlagen<br />
abweichende Vorgaben (hier: Verkürzung von Einzelfristen) macht und deren<br />
"Bestätigung" abfragt (OLG Naumburg, B. v. 29.4.2003 - Az.: 1 U <strong>11</strong>9/02).<br />
<strong>86.</strong>4.6 Richtlinie des VHB 2008<br />
4475<br />
4476<br />
4477<br />
4478<br />
<strong>Ausführungsfristen</strong> können durch Angabe eines Anfangs- bzw. Endzeitpunktes (Datum) oder<br />
nach Zeiteinheiten (Werktage, Wochen) bemessen werden. Werktage sind alle Tage außer<br />
Sonn- und Feiertage.<br />
Die Fristbestimmung durch Datumsangabe soll nur dann gewählt werden, wenn der<br />
Auftraggeber den Beginn der Ausführung verbindlich festlegen kann und ein bestimmter<br />
Endtermin eingehalten werden muss. Auch bei Fristbestimmung nach Zeiteinheiten ist der<br />
Beginn der Ausführung möglichst genau zu benennen.<br />
leer<br />
Bei Bemessung der <strong>Ausführungsfristen</strong> ist zu berücksichtigen,<br />
• zeitliche Abhängigkeiten von vorausgehenden und nachfolgenden Leistungen,<br />
• Zeitpunkt der Verfügbarkeit von Ausführungsunterlagen<br />
• Anzahl arbeitsfreier Tage (Samstage, Sonn- und Feiertage),<br />
• wahrscheinliche Ausfalltage durch Witterungseinflüsse<br />
4479<br />
Ist im Einzelfall eine bestimmte Frist für den Beginn der Ausführung nicht von vornherein<br />
festlegbar, ist zu vereinbaren, dass mit der Ausführung innerhalb von 12 Werktagen nach<br />
Zugang der Aufforderung durch den Auftraggeber zu beginnen sit (<strong>§</strong> 5 Nr. 2 Satz 2 <strong>VOB</strong>/B).<br />
Dabei ist vom Auftraggeber eine zumutbare Frist (<strong>§</strong> <strong>11</strong> Nr. 1 Abs. 3 <strong>VOB</strong>/A), innerhalb derer<br />
diese Aufforderung an den Auftragnehmer geht, mit anzugeben (Richtlinien zu 214 –<br />
Besondere Vertragsbedingungen – Ziffer 1.2).
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<strong>86.</strong>4.7 Ausführung erst nach Aufforderung durch den Auftraggeber<br />
<strong>86.</strong>4.7.1 Grundsatz<br />
4480<br />
4480/1<br />
Soll vereinbart werden, dass mit der Ausführung erst nach Aufforderung zu beginnen ist (<strong>§</strong> 5<br />
Nr. 2 <strong>VOB</strong>/B), so muss die Frist, innerhalb derer die Aufforderung ausgesprochen werden<br />
kann, unter billiger Berücksichtigung der für die Ausführung maßgebenden Verhältnisse<br />
zumutbar sein; sie ist in den Verdingungsunterlagen festzulegen.<br />
<strong>§</strong> <strong>11</strong> Nr. 1 Abs. 3 <strong>VOB</strong>/A kann entnommen werden, dass der unverzügliche Beginn der<br />
Arbeiten nach Erteilung des Zuschlages ohne besondere Aufforderung durch den<br />
Auftraggeber der Regelfall ist. Daher muss für einen von diesem Regelfall abweichenden<br />
Ausnahmefall bereits die Notwendigkeit einer Fristsetzung, innerhalb der der Auftraggeber<br />
zum Arbeitsbeginn auffordert, je nach Lage des Einzelfalles beurteilt werden. Im<br />
Vergabevermerk hat der Auftraggeber diese Notwendigkeit unter Berücksichtigung der<br />
Gründe des Einzelfalles zu dokumentieren. Auch die Frage der Zumutbarkeit der gesetzten<br />
Frist beurteilt sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles. Welche Frist noch als<br />
zumutbar angesehen werden kann, wird dabei unterschiedlich beurteilt. Die Spanne<br />
reicht von einigen Wochen oder höchstens wenigen Monaten über zwei Monate nach<br />
Erteilung des Zuschlages bis zu in der Regel wenigen Wochen und ausnahmsweise bis zu vier<br />
Monaten, soweit die Gründe für diese als ungewöhnlich lang anzusehende Aufforderungsfrist<br />
im Vergabevermerk nachvollziehbar dargelegt sind (VK Brandenburg, B. v. 30.09.2008 - Az.:<br />
VK 30/08).<br />
<strong>86.</strong>4.7.2 Folge einer unzumutbaren Frist<br />
4481<br />
Ist in den Vergabeunterlagen zu einer Bauausschreibung keine Ausführungsfrist genannt, hat<br />
sich der Ausschreibende vielmehr im Leistungsverzeichnis vorbehalten, die Ausführungsfrist<br />
beim Zuschlag zu bestimmen, kommt allein dadurch, dass der Ausschreibende bei<br />
Zuschlag an den Mindestbieter eine Ausführungsfrist bestimmt, noch kein Bauvertrag<br />
zustande. Der Ausschreibende gibt mit dem Zuschlag unter Bestimmung der<br />
Ausführungsfrist vielmehr ein neues Angebot ab. Der Bieter darf die Fristbestimmung nicht<br />
als Angebot auf Ergänzung eines unabhängig davon durch Annahme seines Angebots<br />
zustande gekommenen Bauvertrages werten. Lehnt der Mindestbieter die Bauausführung<br />
innerhalb der bei Zuschlag bestimmten Fertigstellungsfrist ab, weil diese so unangemessen<br />
kurz ist, dass sie von ihm nicht eingehalten werden kann, kann er von dem Ausschreibenden<br />
Schadenersatz aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei den<br />
Vertragsverhandlungen verlangen. Der Ausschreibende hat mit dem Zuschlag einen<br />
Vertragstatbestand für das Zustandekommen des Vertrages geschaffen, aufgrund dessen der<br />
Bewerber nicht mit einer außergewöhnlich kurzen Ausführungsfrist zu rechnen braucht. Die<br />
Enttäuschung dieser Erwartung begründet einen Anspruch des Mindestbieters auf Ersatz<br />
des negativen Interesses (z. B. der Angebotskosten). Entgangenen Gewinn kann er nicht<br />
verlangen (OLG München, Urteil vom 6.7.1993 - Az: 13 U 6930/92).
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<strong>86.</strong>4.8 Festlegung der Ausführungsfrist nach dem VHB 2008<br />
4482<br />
Die verschiedenen Möglichkeiten der Festlegung von <strong>Ausführungsfristen</strong> sind in Nr. 1 der<br />
Besonderen Vertragsbedingungen (BVB) aufgeführt.<br />
<strong>86.</strong>5 Bauzeitenplan (<strong>§</strong> <strong>11</strong> Nr. 2 Abs. 2)<br />
4483<br />
Wird ein Bauzeitenplan aufgestellt, damit die Leistungen aller Unternehmer sicher ineinander<br />
greifen, so sollen nur die für den Fortgang der Gesamtarbeit besonders wichtigen Einzelfristen<br />
als vertraglich verbindliche Fristen (Vertragsfristen) bezeichnet werden.<br />
<strong>86.</strong>5.1 Sinn und Zweck des Bauzeitenplans<br />
4484<br />
Vgl. dazu die Kommentierung zu <strong>§</strong> 9 <strong>VOB</strong>/A RZ 4235.<br />
<strong>86.</strong>5.2 Forderung nach einem Bauzeitenplan zur Angebotsabgabe<br />
4485<br />
Vgl. dazu die Kommentierung zu <strong>§</strong> 9 <strong>VOB</strong>/A RZ 4236.<br />
<strong>86.</strong>5.3 Möglichkeit des Nachreichens eines Bauzeitenplans<br />
4486<br />
Fordert der öffentliche Auftraggeber einen Bauzeitenplan zur Angebotsabgabe und legt<br />
der Bieter diesen Bauzeitenplan erst nachträglich vor, schadet dies nicht. Durch das<br />
Fehlen eines Bauzeitenplans bei der Angebotsabgabe hat ein Bieter keinen<br />
Wettbewerbsvorteil. Nach <strong>§</strong> 4 Nr. 2 <strong>VOB</strong>/B hat der Auftragnehmer die Leistung unter eigener<br />
Verantwortung auszuführen. Der Auftragnehmer disponiert in eigener Verantwortung über<br />
den notwendigen Personal- und Geräteeinsatz, damit die Leistungen innerhalb der<br />
Vertragsfristen ausgeführt werden. Die Bauabwicklung innerhalb der vorgegebenen<br />
Fertigstellungsfrist ist grundsätzlich Sache des Auftragnehmers. Eine Überprüfung, wie ein<br />
Unternehmen die Arbeiten innerhalb des vorgegebenen Zeitraumes abwickeln will, dient<br />
lediglich der Information des Auftraggebers. Bauzeitenpläne werden aufgestellt, damit<br />
Leistungen aller Unternehmer sicher ineinander greifen. Sie dienen der Kontrolle des<br />
Baufortschritts und sind im Grundsatz unverbindlich. Das Fehlen einer unverbindlichen<br />
Erklärung führt nicht dazu, dass ein Bieter deswegen ausgeschlossen werden muss (VK<br />
Nordbayern, B. v. 1.4.2003 - Az.: 320.VK-3194-08/03).<br />
<strong>86.</strong>5.4 Möglichkeit der Nachverhandlung über einen Bauzeitenplan<br />
4487<br />
Eine Nachverhandlung im Sinne von <strong>§</strong> 24 <strong>VOB</strong>/A über einen Bauzeitenplan ist nicht zulässig;<br />
vgl. die Kommentierung RZ 5232.
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<strong>86.</strong>5.5 Zulässigkeit eines Nebenangebots zu einem vorgegebenen<br />
Bauzeitenplan bei mehreren Losen<br />
4488<br />
Ist Bestandteil einer Leistungsbeschreibung ein Bauzeitenplan, in dem u. a. die Arbeiten<br />
für mehrere Lose zeitlich koordiniert werden und hat die Vergabestelle die Absicht, von<br />
der in der Ausschreibung vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch zu machen, die<br />
Ausführung der Lose unterschiedliche Bieter zu vergeben, ist es unter diesen<br />
Voraussetzungen nicht zulässig, dass ein Bieter durch Änderungsvorschläge zu einem<br />
bestimmten Los in den Zeitenplan für ein anderes Los eingreift und auf diese Weise dem<br />
Auftragnehmer für das andere Los einen veränderten Zeitenplan aufzwingt. Der<br />
Bauzeitenplan bildet eine wesentliche Voraussetzung für das Angebot eines Bieters, u. a.<br />
schon für die grundlegende Frage, ob er überhaupt willens und in der Lage ist, zu den<br />
vorgegebenen Zeiten ein Angebot zu unterbreiten. Eine durch einen Mitbieter vorgeschlagene<br />
Änderung des Bauzeitenplans kann daher zu einer Wettbewerbsverzerrung führen, weil<br />
entweder Bieter ihr Angebot zurücknehmen oder modifizieren müssen, wenn ihnen die neuen<br />
Zeiten nicht passen, oder andere Interessenten, die bisher wegen der Zeitplanung auf die<br />
Abgabe eines Angebots verzichtet haben, nunmehr in der Lage wären, ein Angebot<br />
abzugeben (2. VK Bund, B. v. 19.1.2001 - Az.: VK 2 - 42/00).<br />
<strong>86.</strong>6 Pauschalierung des Verzugsschadens (<strong>§</strong> <strong>11</strong> Nr. 4)<br />
4489<br />
Der Auftraggeber darf in den Verdingungsunterlagen eine Pauschalierung des<br />
Verzugsschadens (<strong>§</strong> 5 Nr. 4 <strong>VOB</strong>/B) vorsehen; sie soll 5 v. H. der Auftragssumme nicht<br />
überschreiten. Der Nachweis eines geringeren Schadens ist zuzulassen.<br />
<strong>86.</strong>6.1 Richtlinie des VHB 2008<br />
4490<br />
Eine Pauschalierung des Verzugsschadens kann in den Fällen vereinbart werden, in denen<br />
eine Begrenzung des Verzugsschadens der Höhe nach branchenüblich ist, z. B. in der<br />
Elektrotechnischen Industrie und im Bereich des Maschinen- und Anlagenbaus<br />
(Richtlinien zu 214 – Besondere Vertragsbedingungen – Ziffer 5.5).