November 2014

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Ein Lehrling muss für die Lehrabschlussprüfung in Österreich saubere Porträts mit guter Belichtung und Komposition machen, mit der Sinar-Fachkamera umgehen können und den Schulstoff beherrschen. In der Schweiz sind es Sachaufnahmen im Kleinformat mit der Digitalkamera, eine Portraitserie zu einem bestimmten Thema und einem bestimmten Zweck, etwa für ein CD-Cover. Es müssen verschiedene Hintergründe, Posen und Lichter gesetzt werden. Ein wichtiger Teil der Prüfung ist die Fotoreportage. Man muss vorgängig ein Konzept schreiben und einreichen. Die Reportage soll zu einem bestimmten Thema an einem bestimmten Ort stattfinden. Bei beiden Abschlüssen gilt es, eine Bildbearbeitungs-/Retuschieraufgabe zu lösen. In Österreich fällt die Reportage weg, dafür gehören der Umgang mit der Fachkamera und die Arbeit im Labor dazu. Geprüft werden auch eine Portraitserie sowie Fachaufnahmen. In der Schweiz wird das theoretische Wissen umfassender geprüft. Es gibt langwierige Prüfungen in den verschiedenen Fächern. In Österreich reichen einige Stunden, und es werden relativ wenige Fragen gestellt. Die Experten wollen vor allem sehen, dass die Lehrlinge während ihrer Ausbildung etwas gelernt haben. 24 Bei der Bildbearbeitung geht es einerseits um die Optimierung der Fotos am Bildschirm, was früher im Labor gemacht wurde, andrerseits um standardisierte Workflows im Photoshop. Entscheidend ist schlussendlich das Foto, das aus dem Drucker kommt. Dann müssen alte Bilder retuschiert und möglicherweise die Originalfarben eines Gegenstandes auf dem Foto verändert werden. Für Layouts müssen Texte eingefügt und positioniert werden. Bei der ersten von zwei Sachaufnahmen muss ein Gegenstand haargenau so positioniert werden, wie es die vorgegebene Skizze vorschreibt. «Bei der zweiten Aufgabe soll ein Text und ein Logo ins Bild eingefügt und vielleicht ein Racletteöfeli stimmungsvoll inszeniert werden», schmunzelt Simone Glauser. «Es geht darum, richtig einzuteilen, damit jedes Ding für sich genug Platz hat. Man muss bei der Arbeit vorausdenken können.» Den Wert eines Bildes zu beurteilen, ist heutzutage nicht mehr so einfach. Es gibt unterschiedliche Moden und Trends. Es gibt eine Tendenz zur übermässigen Schärfung von Fotos – jede Falte im Gesicht soll ihre eigene Geschichte erzählen. Es gibt sehr viel mehr Möglichkeiten als früher. Dabei besteht die Gefahr, ein Bild übermässig zu bearbeiten. «Viele Leute wollen auf einem Foto besser aussehen als in Wirklichkeit», stellt Heidi Arens fest. Es herrscht allgemein die Vorstellung und auch die Erwartung, dass heute quasi alles machbar ist. Aber kaum jemand realisiert, dass damit ein übertrieben hoher Aufwand verbunden ist. Die Lehrlinge sollen lernen, bevor sie auf den Auslöser drücken, genau zu überprüfen, ob alles so sauber wie möglich vorbereitet ist. «Das kommt meistens besser heraus, als danach stundenlang mit dem Photoshop zu basteln», ist Heidi Arens überzeugt. «Man sieht heute vielen Bildern an, dass zu viel an ihnen herumgeschraubt wurde.» Andrea Casalini
Fotocollage: Heidi Arens 25
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