17.11.2014 Aufrufe

November 2014

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Natalie Péclard und Bruno Bissegger verlassen den Märtplatz<br />

… und blicken zurück<br />

Foto: Fotowerkstatt<br />

26<br />

Ladies first:<br />

Vor 18 Jahren, am 1. September, stand ich mit dem kleinen Tim auf dem Arm auf dem grossen Parkplatz<br />

vor der Spinnerei Blumer und war ziemlich ratlos. Glücklicherweise kam Jürg Jegge daher spaziert – ein<br />

bekanntes Gesicht! – und fragte mich, was ich denn hier suche. Ich antwortete ihm, dass ich meine Lehrlinge<br />

suche. Lachend meinte er, das sei doch besser als umgekehrt: «Das chunnt scho guät!» Während all<br />

den Jahren habe ich sie gefunden, meine Lehrlinge: Gaby, Petra, Cesare, Evita, Jeannine1, Tiff, Iris, Nadia,<br />

Martina, David, Tanja, Jeannine2, Dominik, Christina, Kathi, Malina, Sam und Ruben. Die nächste Überraschung<br />

war das Nähatelier. An der Irchelstrasse 1 in Teufen, inmitten von Äckern und Wäldern, erwarteten<br />

mich vier helle, grosse Räume. Wo aber war die Schneiderei? Auf einem grossen Zuschneidetisch standen<br />

eine kleine Haushaltnähmaschine und eine Bananenschachtel mit spärlichen Nähutensilien, bewacht von<br />

einer unförmigen Schneiderbüste auf einem wackeligen Fuss. Zusammen mit meinen Lehrlingen richteten<br />

wir die Märtplatzschneiderei ein, und mein Atelier zuhause wanderte Stück für Stück an die Irchelstrasse 1.<br />

Der Märtplatz wurde mein Leben. In diesem Haus am Berg befanden sich auch die Küche und die Stube.<br />

Pünktlich um 12.30 Uhr versammelte sich dort der ganze Märtplatz zum gemeinsamen Mittagessen. Unsere<br />

ersten Nähprojekte waren für die hauseigenen Theaterproduktionen und das Vaudeville Theater. Das Anprobezimmer<br />

diente auch als Märtplatz-Gästezimmer. Immer wieder übernachteten Künstler und Kursleiter<br />

in der Schneiderei. Daraus ergaben sich viele interessante und lustige Begegnungen. Wenn eine/r meiner<br />

Lehrlinge die Abschlussprüfung bestanden hatte und es ans Märtplatz-Verlassen ging, konnten wir uns dies<br />

im Team zunächst gar nicht richtig vorstellen. Und doch, auch mit den neuen Lehrlingen bildete sich immer<br />

wieder eine Familie, die sich gemeinsam durchs Leben nähte.<br />

Die vielen Zirkuskostüme und die damit verbundenen kurzen Nächte vor der Premiere werden wir nie vergessen.<br />

Mit der Eröffnung des «Platzda», unserem kleinen Aktionsraum mitten im Dorf, hatten wir auf einmal ein<br />

Ladenlokal. Der Märtplatz öffnete sich damit nach aussen und suchte so den Kontakt zu den Menschen in<br />

den umliegenden Dörfern. Sofort gingen Brige und ich tatkräftig und voller Ideen ans Werk. Wir organisierten<br />

Workshops und Kurse und beim «Synchronschaufensterdekorieren» wurden wir richtig gute Freundinnen.<br />

Zusammen animierten wir die Lehrlinge, im Platzda zu filzen, stricken, zeichnen und basteln. Wir stopften<br />

das Januarloch, bügelten die Hemden von ganz Rorbas und Freienstein und verkauften dort Gemüse der<br />

einheimischen Bauernbetriebe. Laurent kochte Moules, und wir tranken viel Pastis dazu. Brige betrieb das<br />

beliebte Ceramiccafe. Und nicht zuletzt dank unserem jährlichen Entenrennen, wurde der Märtplatz immer<br />

mehr zu einem bunten Fleck im Dorf.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!