Mein Luther - Martin-Luther-Kirche
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THEMA<br />
lichen und weltlichen Vereinen, Verbänden<br />
und Innungen Fahnen schwenkend an der<br />
„Mutterkirche“, der Magdalenenkriche in<br />
der Bergstraße (Karl-Marx-Straße) zu einem<br />
langen Festzug formiert. Mit Musik und Gesang<br />
ziehen sie festlich durch die mit Fahnen<br />
und Girlanden geschmückten Berliner Straße<br />
(Sonnenallee) und Fuldastraße zur neuen<br />
<strong>Kirche</strong>, die um 10 Uhr geöffnet und mit ihren<br />
1054 Sitzplätzen zuerst von der Gemeinde<br />
betreten und in Besitz genommen wird.<br />
Dann, anders ist die penibel ausgearbeitete<br />
Festordnung nicht zu verstehen, wird die<br />
<strong>Kirche</strong>ntür von außen wieder verschlossen.<br />
Ab 10:30 Uhr werden in einem Festzelt vor<br />
der <strong>Kirche</strong>ntür von dem Gemeindekirchenrat<br />
die geladenen Honoratioren in Empfang<br />
genommen. Nachdem dann auch noch Prinz<br />
August Wilhelm von drei Ehrenjungfrauen,<br />
den Töchtern von Pfarrer Voigt und Pfarrer<br />
Buhrow beziehungsweise deren Frauen mit<br />
Blumensträußen begrüßt ist, überreicht<br />
Architekt Fritz Gottlob den <strong>Kirche</strong>nschlüssel<br />
an Generalsuperintendent D. Faber, der ihn<br />
seinerseits weiterreicht an den Ersten Pfarrer<br />
Voigt, der seinerseits nun die <strong>Kirche</strong>ntür aufschließt<br />
und öffnet. Unter lauten Hurrarufen<br />
werden die Ehrengäste, allen voran natürlich<br />
der Prinz von den Gemeinderäten zu<br />
ihren Plätzen geleitet. Nun endlich kann der<br />
Kirchweihgottesdienst, der nicht länger als<br />
eine Stunde dauern darf, beginnen. „Wenn<br />
gleich das Meer wütete und wallete und von<br />
seinem Ungestüm die Berge einfielen, dennoch<br />
soll die Stadt Gottes (!)<br />
fein lustig bleiben mit ihren<br />
Brünnlein, da die heiligen<br />
Wohnungen des Höchsten<br />
sind“.<br />
Dieses Wort aus dem Psalm<br />
46 stand wie ein Motto über<br />
dem ganzen Gottesdienst<br />
und war die Grundlage der<br />
ersten Predigt, die in der neuen <strong>Kirche</strong> gehalten<br />
wurde. Was für ein schönes Wort damals<br />
– und was für ein schönes Bild heute.<br />
Nach dem Gottesdienst, unter dem Glockengeläut<br />
und dem an diesem Tage, so Pfarrer<br />
Thom 50 Jahre später, „ aus dankbarem<br />
Herzen und besonderer Inbrunst“ gesungenen<br />
Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“<br />
verlässt die Festgemeinde die neue <strong>Kirche</strong>,<br />
die einen, um am Abend desselben Tages<br />
noch einmal zu einem <strong>Kirche</strong>nchorkonzert<br />
zurückzukommen, die anderen zu einem<br />
Festmahl im „Deutschen Wirtshaus“, bei<br />
dem die Vertreter „geistlicher und weltlicher<br />
Behörden“ der Festgemeinde ihre Segenswünsche<br />
übermitteln.<br />
Ich habe die Informationen über die Einweihung<br />
der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Kirche</strong> aus Festschriften<br />
und Gemeindezeitungen, in denen<br />
Pfarrer Fischer, Pfarrer Thom, Pfarrer Conzetti<br />
und Pfarrerin Rücker von 1919 bis 1984<br />
über die Geschichte der Gemeinde geschrieben<br />
haben. Ihnen Dank und Anerkennung.<br />
Dr. Dieter Spanknebel<br />
Prinz und Prinzessin August Wilhelm von Preußen<br />
Wie kam die <strong>Kirche</strong> zu ihrem Namen?<br />
Am Donnerstag, dem 2. Juli 1908 wurde im Rahmen der<br />
festlichen Grundsteinlegung der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Kirche</strong> eine<br />
Stiftungsurkunde verlesen, in einer kupfernern Kapsel verlötet<br />
und in den Grundstein eingemauert.<br />
Darin hieß es: „Mit lautem Jubel und Dank treten wir, die<br />
Glieder der evangelischen <strong>Kirche</strong>ngemeinde Deutsch-Rixdorf,<br />
umgeben von hohen Vertretern kirchlicher, staatlicher und<br />
kommunaler Behörden sowie von einer Anzahl von Freunden<br />
des Reiches Gottes am heutigen Tage hin vor das Angesicht<br />
unserem himmlischen Vaters. … Als treue Nachkommen,<br />
welche das hohe Erbe der Väter, die reichen Schätze der<br />
Reformation allezeit bewahrt wissen wollen, haben wir unter<br />
Zustimmung der hohen kirchlichen Behörden dem neuen<br />
Gotteshause den gewichtigen Namen „<strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Kirche</strong>“<br />
bestimmt“.<br />
Die Kapsel mit der Stitungsurkunde ist jedoch nicht mehr<br />
an ihrem angestammten Platz. Pfarrer Thom erinnert sich<br />
im „Gruß der <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<strong>Kirche</strong>ngemeinde“, Monatsblatt<br />
April 1958:<br />
„Als ich 1946 aus der Gefangenschaft heimkehrte und in der<br />
Ruine unserer <strong>Kirche</strong> stand, sah ich, wie im Altarraum in der<br />
Nähe des Taufsteins die Fliesen aufgerissen und ein Loch<br />
gegraben worden war. Entweder hatten die Russen oder unsere<br />
eigenen Leute die kupferne Kapsel aus dem Grundstein<br />
herausgebrochen, entwendet und zu Geld gemacht.<br />
Dr. Dieter Spanknebel<br />
4 Gemeindezeitung Oktober|November 2009