klangBilder|11 Katalog
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Unterhaltungs-Elektronik Trends: Opinion 2<br />
Für bestehende und angehende Klanggenießer behalten Vinyls und CDs ihren<br />
emotionalen und unabhängig machenden Mehrwert.<br />
Wer glaubt, sich ohne Struktur über Google<br />
bilden zu können, wird wahllos auf tausenden<br />
Seiten landen und letztlich an der Überfülle<br />
von Infos scheitern. Ähnliches droht<br />
auch beim Überangebot von Musik im<br />
Internet, die nicht mehr erklärt wird. Virtuell<br />
wird alles über einen Kamm geschoren:<br />
Kunst und Schrott erscheint gleichwertig.<br />
Man lädt Häppchen herunter und erkennt<br />
keine Zusammenhänge mehr. Konzept-<br />
Alben – und das ist auch jedes klassische<br />
Konzert – werden zu Dutzenden angeboten.<br />
Was die Versionen unterscheidet, sind weniger<br />
die Interpreten als die Preise. Inter -<br />
pretations-Hilfen findet man allenfalls nach<br />
sehr langem Suchen.<br />
Die Computerei (die Windows-User wahrscheinlich<br />
tagaus-tagein durch updates<br />
mehr beschäftigt als Appler) bedeutet Be -<br />
quemlichkeit bei der Bedienung: auf eine<br />
ganze Sammlung etwa mit einem iPad<br />
zugreifen können – und das vielleicht im<br />
ganzen Haus. Anstatt auf lose herumliegenden<br />
CDs neben zerbrochenen Hüllen ist die<br />
Musik nun im schmucken NAS-Kästchen<br />
gespeichert. Allerdings braucht man für das<br />
Zuspielen großer Musiksammlungen sehr<br />
viel Zeit – das freut vor allem Kinder, die<br />
sich als Rip-Sklaven ihr Taschengeld aufbessern<br />
möchten.<br />
Etwas bleibt von all dem Fortschritt verblüffend<br />
unberührt: unsere Ohren. An<br />
ihnen führt kein Streaming und keine<br />
Cloud vorbei. Und so stehen am Ende wieder<br />
die Lautsprecher vor mir, ob klein oder<br />
groß, die die Luft im Zimmer in Schwing -<br />
ungen versetzen. Davor kommt der<br />
Verstärker, groß wie ein PC-Turm oder klein<br />
wie eine Zi garettenschachtel, edel aluminiumgebürs<br />
tet schimmernd oder mit großen<br />
Röhren auftrumpfend. Daran wird sich<br />
nichts Grundlegendes ändern, egal ob<br />
auch der Verstärker in die Boxen eingebaut<br />
ist oder nicht. Kabel zwischen Laut -<br />
sprechern und Verstärker wird es auf<br />
absehbare Zeit immer noch geben, da auch<br />
Funkkonzepte – abgesehen von technischen<br />
Problemen – eben wieder mehr<br />
Stromanschlüsse benötigen.<br />
Muss man sich jetzt womöglich genieren,<br />
wenn man noch einen CD-Player oder gar<br />
einen Multinorm-Player mit Blu-ray, SACD<br />
und allem anderen wünscht? Sicher nicht!<br />
Die SACD hält sich in der Klassik und im Jazz<br />
erstaunlich gut, und wer einmal Musik auf<br />
einer wirklich guten Surround-Anlage ge -<br />
hört hat, wird süchtig nach den zusätzlichen<br />
Rauminformationen, die weit über<br />
die stereophone Guckkastenbühne hinaus<br />
reichen. Der Sound von Vinyl kann golden<br />
und sinnlich wirken – ungeachtet der technischen<br />
Einschränkungen (Stereo, Ab -<br />
nützung, Spielzeit) ist das Repertoire gerade<br />
bei ReReleases im Rock- und Popbereich<br />
wieder im Wachsen. Der DJ-Boom hat überhaupt<br />
seine eigenen Regeln aufgestellt.<br />
Doch in der Klassik tut sich da wenig, es sei<br />
denn, Lang Lang oder Anna Netrebko landen<br />
wieder einen Hit. Ich finde heutige<br />
Inter pretationen von Mozart, Beethoven<br />
oder Barockmusik persönlich erfrischender<br />
als die noch so „superlativ“ aufgenommenen<br />
Living Stereos oder Deccas.<br />
Heutige CDs klingen, wenn sie sorgfältig aufgenommen<br />
sind, nach immerhin 30 Jahren<br />
Digitalerfahrung genauso musikalisch und<br />
mitreißend wie LPs. Natürlich nur dann,<br />
wenn auch die Wiedergabe-Geräte die nötige<br />
Qualität besitzen. Aber das war ja schon<br />
immer so: Ein besseres Gerät holt mehr<br />
Musik heraus, aus der Rille, aus der Pitspur,<br />
vom Band oder eben aus dem Datenstrom.<br />
Meine Empfehlung: Setzen Sie – gerade in<br />
Zeiten wie diesen – auf hohe Qualität für<br />
jahrelanges Vergnügen an Musik!<br />
Ludwig Flich<br />
Ludwig Flich ist klangBilder-Initiator,<br />
Musik-Präsentator und unabhängiger Klangberater.