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THEMENWELT KINDERÄRZTE<br />
VORSORGEUNTERSUCHUNGEN<br />
VORSORGE VON ANFANG AN<br />
Es ist 14,5 x 21 cm groß und gelb – das „Untersuchungsheft für<br />
Kinder“. Dies bekommen alle Eltern nach der Geburt ihres<br />
Kindes überreicht, entweder in der Klinik oder von der Heb -<br />
amme. Es wird vom Gemeinsamen Bundesausschuss in<br />
Siegburg herausgegeben, der auch die Richtlinien über den<br />
Um<strong>f<strong>an</strong>g</strong> der Früherkennungsmaßnahmen festlegt. Im gelben<br />
Vorsorgeheft hält der Kinderarzt einige der Untersuchungs -<br />
ergebnisse fest, wie Gewicht, Größe und Kopfum<strong>f<strong>an</strong>g</strong>.<br />
Zudem ist hier zu jeder der „Us“ auch ein Katalog mit Störungen<br />
aufgelistet, die der Kinderarzt <strong>an</strong>kreuzen k<strong>an</strong>n.<br />
Es gibt elf Vorsorgeuntersuchungen, die bis zum 18. Lebensjahr<br />
des Kindes kostenlose Leistungen der gesetzlichen Kr<strong>an</strong>ken -<br />
kassen sind. Dazu zählen die Untersuchungen aus dem gelben<br />
Vorsorgeheft, also die U1 bis U9 und auf einem gesonderten<br />
Dokumentationsbogen die J1, im Alter von 12–14 Jahren. Der<br />
Berufsverb<strong>an</strong>d der Kinder- und Jugendärzte empfiehlt zusätzlich<br />
die U10, U11 und J2, um einen umfassenden Gesundheitscheck<br />
bei Kindern zu gewährleisten. Noch nicht alle Kr<strong>an</strong>kenkassen<br />
erstatten diese drei Untersuchungen.<br />
Viele Bundesländer haben für die Vorsorgeuntersuchungen eine<br />
Meldepflicht eingeführt. In Hamburg läuft seit Oktober 2010 ein<br />
zweijähriges Modellprojekt im Rahmen des von der Bürgerschaft<br />
beschlossenen Programms „Hamburg schützt seine Kinder“, mit<br />
dem der Kinderschutz in Hamburg verbessert werden soll. Es<br />
wird ermittelt, ob mit dem Erinnerungs- und Meldewesen für die<br />
18 HOSENMATZ 04/2011<br />
U6 und U7 die Teilnahme <strong>an</strong> diesen Vorsorgeuntersuchungen<br />
erhöht werden k<strong>an</strong>n, da die Eltern mit zunehmendem Alter der<br />
Kinder nachlässiger mit dem Kinderarztbesuch werden.<br />
Die ersten sechs Vorsorgeuntersuchungen sind alle im ersten<br />
Lebensjahr <strong>an</strong>gesiedelt, weil sich das Baby sehr schnell entwickelt<br />
und viele <strong>an</strong>geborene oder erworbene Schäden frühzeitig<br />
vom Kinderarzt erk<strong>an</strong>nt werden können, wenn er das Kind<br />
häufig sieht. Die weiteren Untersuchungen folgen d<strong>an</strong>n im jährlichen<br />
Abst<strong>an</strong>d.<br />
DIE ELTERN HELFEN DEN KLEINEN INS LEBEN<br />
UND DER KINDERARZT IST DER<br />
MEDIZINISCHE BEGLEITER<br />
Die U1 ist die erste Untersuchung gleich nach der Geburt. Noch<br />
im Kreißsaal horchen die Ärzte Herz und Lunge des Säuglings<br />
ab, Reflexe und Muskelsp<strong>an</strong>nung werden getestet und die<br />
Durchblutung untersucht. Auch die U2 findet häufig noch in der<br />
Klinik statt, da sie zwischen dem 3. und 10. Lebenstag <strong>an</strong>gesiedelt<br />
ist. Diese Untersuchung ist sehr umfassend. Der Kinderarzt<br />
kontrolliert Haut, Reflexe, Geschlechtsorg<strong>an</strong>e, Knochen,<br />
Gelenke, besonders die Hüftgelenke und die inneren Org<strong>an</strong>e<br />
sowie die Verdauung. Auch das sogen<strong>an</strong>nte Neugeborenen -<br />
screening ist nun <strong>an</strong> der Reihe. Dem Kind wird Blut abgenommen,<br />
meist ein Tropfen aus der Ferse, um Hormonstörungen und<br />
verschiedene Stoffwechselstörungen zu erkennen.<br />
Ab der U3 untersucht eine Kinderärztin oder ein Kinderarzt das<br />
Kind. Fragen Sie am besten in Ihrem Freundes- und<br />
Bek<strong>an</strong>ntenkreis, welcher Kinderarzt empfehlenswert ist. Die<br />
Entscheidung bleibt natürlich immer subjektiv, da es wie bei<br />
allen Menschen Sympathie und Antipathie gibt. Ein g<strong>an</strong>z wichtiges<br />
Kriterium ist aber die Nähe der Kinderarztpraxis. Im<br />
Notfall und mit einem Kind, das 40 Grad Fieber hat, wollen Sie<br />
sicher nicht durch die halbe Stadt fahren. Der Kinderarzt sollte<br />
das Kind und nicht die Eltern in den Mittelpunkt stellen und ausreichend<br />
Zeit haben, so dass m<strong>an</strong> auch mit Problemen und<br />
U Name W<strong>an</strong>n Bis spätestens<br />
U1 Neugeborenen-Erstuntersuchung nach d. Geburt<br />
U2 Erste kinderärztliche Untersuchung 3. Lebenstag 10. Lebenstag<br />
U3 Dritte Früherkennungsuntersuchung 4. Lebenswoche 6. Lebenswoche<br />
U4 Erster Impftermin 3. Lebensmonat 4. Lebensmonat<br />
U5 Mobilitäts-Check 6. Lebensmonat 7. Lebensmonat<br />
U6 Start ins Kleinkindalter 10. Lebensmonat 12. Lebensmonat<br />
U7 Vom Baby zum Kleinkind gereift 21. Lebensmonat 24. Lebensmonat<br />
U8 Auf dem Weg zum Vorschulkind 43. Lebensmonat 48. Lebensmonat<br />
U9 Bald geht’s in die Schule 60. Lebensmonat 64. Lebensmonat<br />
J1 Gesundheitscheck im Jugendalter 12. Lebensjahr 14. Lebensjahr<br />
kritischen Fragen Gehör findet. Der Kinderarzt schaut sich bei<br />
jeder Vorsorgeuntersuchung den allgemeinen Zust<strong>an</strong>d des<br />
Kindes <strong>an</strong> und überprüft Gewicht und Körperlänge. Er horcht<br />
das Kind ab, guckt den Genitalbereich <strong>an</strong> und schaut in Ohren<br />
und Mund, um den allgemeinen körperlichen Zust<strong>an</strong>d zu überprüfen.<br />
Auch der Impfstatus wird geklärt. Bei jeder der<br />
Untersuchungen gibt es aber auch einen Fokus auf bestimmte<br />
Entwicklungsschritte. Mal ist es die Sehfähigkeit, d<strong>an</strong>n das<br />
Hörvermögen und natürlich auch die soziale und geistige<br />
Entwicklung.<br />
Durch die Vorsorgeuntersuchungen können Kinderärzte frühzeitig<br />
körperliche oder geistige Verzögerungen in der Entwicklung<br />
des Kindes erkennen und dementsprechend Beh<strong>an</strong>dlungen<br />
<strong>an</strong>regen, wie beispielsweise Ergotherapie, Physiotherapie und<br />
Sprachtherapie. Diese Unter suchungen können aber auch dazu<br />
dienen, rechtzeitig zu sehen, ob Kinder missh<strong>an</strong>delt oder vernachlässigt<br />
werden.<br />
Bei der U3, die in der vierten bis fünften Lebenswoche erfolgt,<br />
schaut der Kinderarzt nach der altersgerechten Entwicklung des<br />
Kindes. Der Fokus liegt hier auf den Hüften, die durch einen<br />
Ultraschall genauer untersucht werden. Die U4 (3. bis 4.<br />
Lebensmonat) und die U5 (6. bis 7. Lebensmonat) sind dem<br />
allgemeinen Status gewidmet und beinhalten die Untersuchung<br />
der Motorik, der Sinnesorg<strong>an</strong>e, des Nervensystems und der<br />
Haut. Auch Reflexe werden getestet, und der Arzt erkundigt sich<br />
nach dem Trinkverhalten des Babys. Ab der U6 im 10. bis 12.<br />
Lebensmonat spielt verstärkt auch die geistige Entwicklung eine<br />
Rolle. Mit der U7, also mit fast zwei Jahren, ist die sprachliche<br />
Entwicklung eine Hauptuntersuchung. Dazu kommen Fein -<br />
motorik und die Beweglichkeit sowie die Körperbe herrschung<br />
des Kindes. Seit Mitte 2008 schließt eine Untersuchung die<br />
große Lücke zwischen dem zweiten und vierten Lebensjahr: Bei<br />
der U7a ist das Kind drei. Hier sind besonders die Augen ein<br />
Thema. Bei Verdacht auf eine Sehstörung überweist der<br />
Kinderarzt zum Facharzt für Augenheilkunde. Mit der U8 und<br />
U9 mit etwa vier und fünf Jahren können vor Schuleintritt<br />
sprachliche Defizite und motorische Fehlent wick lungen erk<strong>an</strong>nt<br />
und behoben werden. Auch das soziale Verhalten des Kindes<br />
k<strong>an</strong>n der Kinderarzt hier einschätzen und den Eltern Tipps<br />
geben.<br />
Eltern sollten die Vorsorgeuntersuchungen immer als Ch<strong>an</strong>ce<br />
sehen, den Kinderarzt alles fragen zu können, was ihnen <strong>an</strong><br />
ihrem Kind aufgefallen ist und einer Klärung bedarf. Wer gut<br />
vorbereitet ist und sich Fragen notiert, ist im Beh<strong>an</strong>dlungs -<br />
zimmer nicht unsicher oder fühlt sich überrumpelt.<br />
Die Eltern helfen den Kleinen ins Leben, und der Kinderarzt ist<br />
der medizinische Begleiter.<br />
NEHMEN SIE IHREM KIND DIE ANGST VOR DEM ARZT:<br />
1. WICHTIG IST EIN EINFÜHLSAMER ARZT<br />
2. ÜBERTRAGEN SIE IHRE UNSICHERHEIT NICHT AUF IHR KIND<br />
3. BEHANDELN SIE DEN BESUCH BEIM ARZT WIE EINEN ALLTÄGLICHEN EINKAUF<br />
4. MANCHMAL HILFT ES, EINEN TEDDYBÄREN TESTWEISE ZU VERARZTEN<br />
ENTWICKLUNGSSTUFEN<br />
DES ERSTEN LEBENSJAHRES<br />
1. SOZIALE UND SPRACHLICHE ENTWICKLUNG<br />
4–6 Wochen Fixieren mit den Augen<br />
2 Monate Intensiver Blickkontakt<br />
4 Monate Beginn der Fremdelphase<br />
5 Monate Vokalisationsdifferenzierung<br />
7 Monate Plaudern und flüstern<br />
9–10 Monate Silbenverdopplung<br />
12 Monate Erste Worte<br />
2. SPONTANMOTORIK<br />
bis z. 6. Woche Holokinetische Phase<br />
ab 8. Woche H<strong>an</strong>d-H<strong>an</strong>d-Koordination<br />
ab 12. Woche Auge-H<strong>an</strong>d-Mund-Koordination<br />
ab 5. Monat Greifen über die Mittellinie in Rückenlage<br />
ab 6. Monat Drehen Bauch-Rücken und umgekehrt<br />
ab 7. Monat H<strong>an</strong>d-Fuß-Mund-Koordination, robben<br />
ab 8. Monat Vierfüßerst<strong>an</strong>d, krabbeln und selbstständiges<br />
Hinsetzen<br />
10.–12. Monat Volle Vertikalisierungsphase,<br />
selbstständiges Aufstellen,<br />
An den Möbeln entl<strong>an</strong>g laufen<br />
3. VERTIKALISIERUNG – AUFRICHTUNG<br />
8–12 Wochen Symmetrisches Abstützen auf den<br />
Ellenbogen<br />
4–5 Monate Stütz auf einen Ellenbogen<br />
6 Monate Stütz auf die H<strong>an</strong>dflächen<br />
THEMENWELT KINDERÄRZTE<br />
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