BGH, Urt. v. 10.9.2009 – Xa ZR 130/07, GRUR 2010, 123
BGH, Urt. v. 10.9.2009 – Xa ZR 130/07, GRUR 2010, 123
BGH, Urt. v. 10.9.2009 – Xa ZR 130/07, GRUR 2010, 123
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Aktuelle Rechtsprechung<br />
des Bundesgerichtshofs<br />
zum Patentrecht<br />
Dr. Peter Meier-Beck<br />
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof<br />
Honorarprofessor an der Universität Düsseldorf<br />
<strong>GRUR</strong> Bayern München<br />
4. November <strong>2010</strong>
� Patentfähigkeit<br />
� Ausführbarkeit<br />
� Auslegung des Patents<br />
� Wirkung des Patents<br />
� Recht auf das Patent<br />
� Prozessuale Fragen<br />
Themen<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 2
I. Patentfähigkeit<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 3
Erfindung<br />
� Für die Technizität einer erfindungsgemäßen Lehre genügt<br />
<strong>–</strong> auch bei einem Verfahrensanspruch - ihre Einbettung in<br />
eine technische Vorrichtung (<strong>BGH</strong>, Beschl. v. 20.1.2009<br />
<strong>–</strong> X ZB 22/<strong>07</strong>, <strong>GRUR</strong> 2009, 479 = BlPMZ 2009, 183 <strong>–</strong><br />
Steuerungseinrichtung für Untersuchungsmodalitäten; <strong>Urt</strong><br />
v. 4.2.<strong>2010</strong> <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 4/<strong>07</strong>, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 660 = BlPMZ <strong>2010</strong>,<br />
265 <strong>–</strong> Glasflaschenanalysesystem).<br />
� Ein computerimplementiertes Verfahren kann <strong>–</strong> anders<br />
als eine Vorrichtung (<strong>BGH</strong>Z 144, 282 <strong>–</strong> Sprachanalyseeinrichtung)<br />
<strong>–</strong> dennoch als Programm für Datenverarbeitungsanlagen<br />
vom Patentschutz ausgeschlossen sein.<br />
� Dies ist nicht der Fall, wenn ein konkretes technisches<br />
Problem mit technischen Mitteln gelöst wird.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 4<br />
4
Erfindung<br />
<strong>BGH</strong>, Beschl. v. 22.4.<strong>2010</strong> <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> ZB 20/08, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 613 =<br />
BlPMZ <strong>2010</strong>, 326 <strong>–</strong> Dynamische Dokumentengenerierung<br />
� Ein Verfahren, das das unmittelbare Zusammenwirken der<br />
Elemente eines Datenverarbeitungssystems … betrifft, ist<br />
stets technischer Natur, ohne dass es darauf ankäme, ob<br />
es in der Ausgestaltung, in der es zum Patent angemeldet<br />
wird, durch technische Anweisungen geprägt ist.<br />
� …<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 5<br />
5
Erfindung<br />
<strong>BGH</strong>, Beschl. v. 22.4.<strong>2010</strong> <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> ZB 20/08, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 613 =<br />
BlPMZ <strong>2010</strong>, 326 <strong>–</strong> Dynamische Dokumentengenerierung<br />
� …<br />
� Ein solches Verfahren ist nicht als Programm für Datenverarbeitungsanlagen<br />
vom Patentschutz ausgeschlossen,<br />
wenn es ein konkretes technisches Problem mit technischen<br />
Mitteln löst. Eine Lösung mit technischen Mitteln liegt nicht<br />
nur dann vor, wenn Systemkomponenten modifiziert<br />
oder in neuartiger Weise adressiert werden. …<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 6<br />
6
Erfindung<br />
<strong>BGH</strong>, Beschl. v. 22.4.<strong>2010</strong> <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> ZB 20/08, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 613 =<br />
BlPMZ <strong>2010</strong>, 326 <strong>–</strong> Dynamische Dokumentengenerierung<br />
� …<br />
� ... Es reicht vielmehr aus, wenn<br />
� der Ablauf eines Datenverarbeitungsprogramms, das<br />
zur Lösung des Problems eingesetzt wird, durch<br />
technische Gegebenheiten außerhalb der<br />
Datenverarbeitungsanlage bestimmt wird oder<br />
� die Lösung gerade darin besteht, ein Programm so<br />
auszugestalten, dass es auf die technischen<br />
Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht<br />
nimmt.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 7<br />
7
� Zur Offenbarung eines Merkmals als zur Erfindung<br />
gehörend kann die Darstellung in einer Zeichnung<br />
genügen, auf die sich die Beschreibung oder die<br />
Patentansprüche der Anmeldeunterlagen beziehen.<br />
Offenbarung<br />
� Maßgeblich ist, ob die merkmalsgemäße Ausgestaltung<br />
nach der Gesamtoffenbarung aus fachmännischer Sicht als<br />
mögliche Ausführungsform der zum Patent<br />
angemeldeten Erfindung erscheint (<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v.<br />
18.2.<strong>2010</strong> - <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 52/08, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 599 = BlPMZ <strong>2010</strong>,<br />
269 - Formteil).<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 8<br />
8
Offenbarung<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 14.5.2009 <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 148/05, <strong>GRUR</strong> 2009, 936 <strong>–</strong><br />
Heizer<br />
Das Streitpatent kann im Patentnichtigkeitsverfahren nicht in<br />
der Weise verteidigt werden, dass in einen übergeordneten<br />
Patentanspruch Merkmale aus nachgeordneten Patentansprüchen<br />
des erteilten Patents aufgenommen werden, die in<br />
ihrer Kombination eine Ausführungsform definieren, die in den<br />
Anmeldeunterlagen nicht als mögliche Ausgestaltung der<br />
Erfindung offenbart ist.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 9<br />
9
Offenbarung<br />
� Bei der Erfassung der technischen Information ist nicht am<br />
Wortlaut zu haften.<br />
� Andere Begriffe bedeuten nicht notwendig einen anderen<br />
Offenbarungsgehalt.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 10<br />
10
Offenbarung<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 21.4.2009 <strong>–</strong> X <strong>ZR</strong> 153/04, <strong>GRUR</strong> 2009, 933 <strong>–</strong><br />
Druckmaschinen-Temperierungssystem II<br />
Der Gegenstand des Patents geht nicht schon dadurch über den<br />
Inhalt der Anmeldung hinaus, dass er mit Begriffen<br />
gekennzeichnet ist, die in den Anmeldungsunterlagen als solche<br />
nicht verwendet worden sind, insbesondere, wenn damit<br />
längere Umschreibungen in den ursprünglich eingereichten<br />
Unterlagen zusammenfassend oder schlagwortartig<br />
umschrieben werden.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 11
Offenbarung<br />
� Anders liegt es, wenn der Gegenstand des Patents sich für<br />
den Fachmann, der die ursprünglichen Unterlagen zur<br />
Kenntnis nimmt, erst aufgrund eigener, von seinem<br />
Fachwissen getragener Überlegungen ergibt (<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>.<br />
v. 22.12.2009 - X <strong>ZR</strong> 27/06, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 509 = BlPMZ<br />
<strong>2010</strong>, 262 <strong>–</strong> Hubgliedertor I).<br />
� Maßgeblich ist der für den jeweiligen Fachmann<br />
"unmittelbar und eindeutig" erkennbare technische<br />
Sinngehalt.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 12<br />
12
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 8.7.<strong>2010</strong> <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 124/<strong>07</strong>,<br />
<strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 910 <strong>–</strong> Fälschungssicheres Dokument<br />
Offenbarung<br />
Zum Offenbarungsgehalt einer Patentanmeldung gehört im<br />
Zusammenhang mit der Frage, ob eine unzulässige<br />
Erweiterung vorliegt, nur das, was den ursprünglich<br />
eingereichten Unterlagen "unmittelbar und eindeutig" zu<br />
entnehmen ist, nicht hingegen eine weitergehende<br />
Erkenntnis, zu der der Fachmann aufgrund seines allgemeinen<br />
Fachwissens oder durch Abwandlung der offenbarten Lehre<br />
gelangen kann (vgl. <strong>BGH</strong>Z 179, 168 Rn. 25 - Olanzapin<br />
m.w.N.).<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 13
Neuheit<br />
� Konsequenz des Offenbarungsbegriffs: Was einer<br />
Entgegenhaltung nicht "unmittelbar und eindeutig" zu<br />
entnehmen ist, ist auch nicht neuheitsschädlich<br />
vorweggenommen.<br />
� Aber: Der Fachmann "liest" mit seinem Fachwissen und<br />
insofern Selbstverständliches "mit".<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 14<br />
14
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 16.12.2008 <strong>–</strong> X <strong>ZR</strong> 89/<strong>07</strong>, <strong>BGH</strong>Z 179, 168 =<br />
<strong>GRUR</strong> 2009, 382 <strong>–</strong> Olanzapin<br />
� Die Beurteilung, ob der Gegenstand eines Patents durch eine<br />
Vorveröffentlichung neuheitsschädlich getroffen ist, erfordert<br />
die Ermittlung des Gesamtinhalts der Vorveröffentlichung.<br />
Maßgeblich ist, welche technische<br />
Information dem Fachmann offenbart wird. Der<br />
Offenbarungsbegriff ist dabei kein anderer, als er auch sonst<br />
im Patentrecht zugrunde gelegt wird (Fortführung des<br />
Sen.<strong>Urt</strong>. v. 16.12.2003 - X <strong>ZR</strong> 206/98, <strong>GRUR</strong> 2004, 4<strong>07</strong> -<br />
Fahrzeugleitsystem).<br />
� …<br />
Neuheit<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 15
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 16.12.2008 <strong>–</strong> X <strong>ZR</strong> 89/<strong>07</strong>, <strong>BGH</strong>Z 179, 168 =<br />
<strong>GRUR</strong> 2009, 382 <strong>–</strong> Olanzapin<br />
� …<br />
� Offenbart kann auch dasjenige sein, was im Patentanspruch<br />
und in der Beschreibung nicht ausdrücklich erwähnt ist, aus<br />
der Sicht des Fachmanns jedoch für die Ausführung der unter<br />
Schutz gestellten Lehre selbstverständlich ist und deshalb<br />
keiner besonderen Offenbarung bedarf, sondern<br />
"mitgelesen" wird.<br />
� …<br />
Neuheit<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 16
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 16.12.2008 <strong>–</strong> X <strong>ZR</strong> 89/<strong>07</strong>, <strong>BGH</strong>Z 179, 168 =<br />
<strong>GRUR</strong> 2009, 382 <strong>–</strong> Olanzapin<br />
� …<br />
� Die Einbeziehung von Selbstverständlichem erlaubt jedoch<br />
keine Ergänzung der Offenbarung durch das Fachwissen,<br />
sondern dient, nicht anders als die Ermittlung des Wortsinns<br />
eines Patentanspruchs, lediglich der vollständigen Ermittlung<br />
des Sinngehalts, d.h. derjenigen technischen Information,<br />
die der fachkundige Leser der Quelle vor dem Hintergrund<br />
seines Fachwissens entnimmt (Fortführung von <strong>BGH</strong>Z 128,<br />
270 - Elektrische Steckverbindung).<br />
� …<br />
Neuheit<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 17
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 16.12.2008 <strong>–</strong> X <strong>ZR</strong> 89/<strong>07</strong>, <strong>BGH</strong>Z 179, 168 =<br />
<strong>GRUR</strong> 2009, 382 <strong>–</strong> Olanzapin<br />
� …<br />
Neuheit<br />
� Mit der Offenbarung einer chemischen Strukturformel sind<br />
die unter diese Formel fallenden Einzelverbindungen<br />
grundsätzlich noch nicht offenbart (Fortführung von <strong>BGH</strong>Z<br />
103, 150 - Fluoran).<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 18
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. <strong>10.9.2009</strong> <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> <strong>130</strong>/<strong>07</strong>, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, <strong>123</strong> <strong>–</strong><br />
Escitalopram (Lundbeck)<br />
� …<br />
Neuheit<br />
� Einer Veröffentlichung, aus der sich ergibt, dass es von einer<br />
chemischen Verbindung Enantiomere geben muss, sind in<br />
der Regel die Enantiomere selbst nicht unmittelbar und<br />
eindeutig zu entnehmen, sofern die Veröffentlichung es dem<br />
Fachmann nicht ohne Weiteres ermöglicht, die<br />
Enantiomere in die Hand zu bekommen.<br />
� …<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 19<br />
19
Erfinderische Tätigkeit<br />
� Patentfähigkeit setzt erfinderische Tätigkeit voraus. Aber:<br />
� Nicht die erfinderische Tätigkeit, sondern das Naheliegen<br />
des Erfindungsgegenstands ist zu prüfen:<br />
Ergeben sich hierfür keine Anhaltspunkte, gilt die Erfindung<br />
als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend.<br />
� Die Fähigkeit des Fachmanns zur erfindungsgemäßen<br />
Lösung ist zwar notwendige, aber nicht hinreichende<br />
Bedingung des Naheliegens:<br />
Entscheidend ist die Anregung oder Veranlassung zu<br />
einer solchen Lösung.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 20<br />
20
Erfinderische Tätigkeit<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. <strong>10.9.2009</strong> <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> <strong>130</strong>/<strong>07</strong>, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, <strong>123</strong> <strong>–</strong><br />
Escitalopram (Lundbeck)<br />
� …<br />
� Die Bereitstellung eines einzelnen Enantiomers einer bislang<br />
nur als Gemisch von Enantiomeren (Razemat) vorliegenden<br />
Verbindung kann auch dann auf erfinderischer Tätigkeit<br />
beruhen, wenn sich das Vorhandensein der Enantiomere in<br />
naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt.<br />
Entscheidend ist, ob es am Prioritätstag einen für den<br />
Fachmann naheliegenden Weg gab, das Enantiomer in die<br />
Hand zu bekommen.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 21<br />
21
Erfinderische Tätigkeit<br />
� Bei der Prüfung des Naheliegens des Gegenstands der<br />
Erfindung bedarf schon die Wahl des Ausgangspunkts<br />
der Begründung <strong>–</strong> aus Ex-ante-Sicht!<br />
� Was der nächstliegende Stand der Technik ist, weiß, wer<br />
die Erfindung kennt:<br />
Ein aus dem nächstliegenden Stand der Technik<br />
abgeleitetes Problem muss sich aus fachmännischer Sicht<br />
am Prioritätstag tatsächlich gestellt haben.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 22<br />
22
Erfinderische Tätigkeit<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 18.6.2009 <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 138/05, <strong>GRUR</strong> 2009, 1039 <strong>–</strong><br />
Fischbissanzeiger<br />
Bei der Beurteilung des Naheliegens eines patentgeschützten<br />
Gegenstands kann nicht stets der "nächstkommende" Stand<br />
der Technik als alleiniger Ausgangspunkt zugrunde gelegt<br />
werden. Die Wahl eines Ausgangspunkts (oder auch mehrerer<br />
Ausgangspunkte) bedarf vielmehr einer besonderen<br />
Rechtfertigung, die in der Regel aus dem Bemühen des<br />
Fachmanns abzuleiten ist, für einen bestimmten Zweck eine<br />
bessere <strong>–</strong> oder auch nur eine andere <strong>–</strong> Lösung zu finden, als<br />
sie der Stand der Technik zur Verfügung stellt (vgl. <strong>BGH</strong>Z 179,<br />
168 Rn. 51 <strong>–</strong> Olanzapin).<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 23<br />
23
Erfinderische Tätigkeit<br />
� Die Anregung oder Veranlassung zu der<br />
(erfindungsgemäßen) Lösung eines Problems muss sich<br />
nicht explizit aus einer Druckschrift ergeben.<br />
� Vorsicht ist jedoch bei dem ausschließlichen Rückgriff auf<br />
"das stetige Streben des Fachmanns nach<br />
Verbesserungen" geboten.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 24<br />
24
Erfinderische Tätigkeit<br />
� Das Fehlen von Hindernissen ersetzt nicht die Anregung<br />
(<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 8.12.2009 <strong>–</strong> X <strong>ZR</strong> 65/05, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 4<strong>07</strong> <strong>–</strong><br />
einteilige Öse; anders für Wahl des Materials und<br />
Herstellungsverfahrens <strong>Urt</strong>. v. 15.9.2009 <strong>–</strong> X <strong>ZR</strong> 115/05,<br />
<strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 322 <strong>–</strong> Sektionaltor, und <strong>Urt</strong>. v. 27.4.<strong>2010</strong> - X<br />
<strong>ZR</strong> 79/09, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 814 - Fugenglätter).<br />
� Begründungsbedürftig ist auch die Hinzuziehung an sich<br />
nicht "zuständiger" anderer Fachleute (<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v.<br />
29.9.2009 <strong>–</strong> X <strong>ZR</strong> 169/<strong>07</strong>, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 41 <strong>–</strong><br />
Diodenbeleuchtung).<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 25<br />
25
Erfinderische Tätigkeit<br />
� Selbst der Rückgriff auf Kenntnisse, die zum allgemeinen<br />
Fachwissen gehören, kann begründungsbedürftig sein<br />
(<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 30.4.2009 <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 56/05, <strong>GRUR</strong> 2009, 743 =<br />
BlPMZ 2009, 432 <strong>–</strong> Airbag-Auslösesteuerung; <strong>Urt</strong>. v.<br />
18.2.<strong>2010</strong> <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 52/08, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 599 = BlPMZ <strong>2010</strong>,<br />
269 <strong>–</strong> Formteil).<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 26<br />
26
Erfinderische Tätigkeit<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 30.4.2009 <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 92/05, <strong>BGH</strong>Z 182, 1 = <strong>GRUR</strong><br />
2009, 746 <strong>–</strong> Betrieb einer Sicherheitseinrichtung<br />
Um das Begehen eines von den bisher beschrittenen Wegen<br />
abweichenden Lösungswegs nicht nur als möglich, sondern<br />
dem Fachmann nahegelegt anzusehen, bedarf es <strong>–</strong><br />
abgesehen von den Fällen, in denen für den Fachmann auf der<br />
Hand liegt, was zu tun ist <strong>–</strong> in der Regel zusätzlicher, über die<br />
Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender<br />
Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger<br />
Anlässe dafür, die Lösung des technischen Problems auf dem<br />
Weg der Erfindung zu suchen.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 27<br />
27
Erfinderische Tätigkeit<br />
� Das technische Problem ist objektiv zu ermitteln.<br />
� Zur Ermittlung des technischen Problems muss die in der<br />
Patentschrift angegebene "Aufgabe" häufig von<br />
Lösungselementen befreit werden.<br />
� Nicht-technische Vorgaben können das technische<br />
Problem beeinflussen.<br />
� Von besonderer Bedeutung ist die genaue<br />
Problemermittlung bei computerimplementierten Verfahren.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 28<br />
28
Erfinderische Tätigkeit<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 4.2.<strong>2010</strong> <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 36/08, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 602 <strong>–</strong><br />
Gelenkanordnung<br />
� Die Ermittlung des einem Patent zugrunde liegenden<br />
technischen Problems ist Teil der Auslegung des<br />
Patentanspruchs. Das technische Problem ist aus dem zu<br />
entwickeln, was die Erfindung tatsächlich leistet.<br />
� In der Beschreibung des Patents enthaltene Angaben zur<br />
"Aufgabe" der Erfindung können einen Hinweis auf das<br />
richtige Verständnis des Patentanspruchs enthalten. Auch für<br />
solche Angaben gilt jedoch - wie für den gesamten übrigen<br />
Inhalt der Patentschrift - der Vorrang des Patentanspruchs.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 29<br />
29
Erfinderische Tätigkeit<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. <strong>10.9.2009</strong> <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> <strong>130</strong>/<strong>07</strong>, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, <strong>123</strong> <strong>–</strong><br />
Escitalopram (Lundbeck)<br />
� Steht der Fachmann vor dem Problem, einen Stoff<br />
bereitzustellen, der als Arzneimittel für bestimmte<br />
Anwendungsgebiete in Betracht kommt und im Vergleich zu<br />
auf diesem Gebiet bekannten Arzneimitteln eine Alternative<br />
darstellt, und kommen hierfür mehrere Stoffe oder<br />
Stoffgruppen in Betracht, ist die Entscheidung zugunsten<br />
eines bestimmten Stoffs bereits ein Teil der Lösung.<br />
� …<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 30<br />
30
Erfinderische Tätigkeit<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 30.7.2009 <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 22/06, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 44 =<br />
BlPMZ <strong>2010</strong>, 187 <strong>–</strong> Dreinahtschlauchfolienbeutel<br />
� Bei der Bestimmung des technischen Problems (der<br />
"Aufgabe") der Erfindung sind Vorgaben, die der Fachmann<br />
von seinen Auftraggebern erhält, mit einzubeziehen, sie sind<br />
nicht der Problemlösung, sondern dem Problem selbst<br />
zuzurechnen (Fortführung von <strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 22.5.1990 <strong>–</strong> X<br />
<strong>ZR</strong> 124/88, <strong>GRUR</strong> 1991, 811, 813 f. <strong>–</strong> Falzmaschine).<br />
� …<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 31<br />
31
Erfinderische Tätigkeit<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 30.7.2009 <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 22/06, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 44 =<br />
BlPMZ <strong>2010</strong>, 187 <strong>–</strong> Dreinahtschlauchfolienbeutel<br />
� …<br />
� Hilfskriterien (früher: "Beweisanzeichen") können lediglich<br />
im Einzelfall Anlass geben, bekannte Lösungen besonders<br />
kritisch darauf zu überprüfen, ob sie vor dem Hintergrund<br />
des allgemeinen Fachwissens hinreichende Anhaltspunkte für<br />
ein Naheliegen der Erfindung bieten und nicht erst aus Expost-Sicht<br />
eine zur Erfindung führende Anregung zu<br />
enthalten scheinen.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 32<br />
32
II. Ausführbarkeit<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 33
Ausführbarkeit<br />
� Auch die Anforderungen an die Ausführbarkeit orientieren<br />
sich an den Kenntnissen und Fähigkeiten des einschlägigen<br />
Fachmanns.<br />
� Die Offenbarung eines gangbaren Wegs zur Realisierung<br />
der Erfindung genügt.<br />
� Dies gilt auch bei einer Beschränkung des Patentanspruchs<br />
(<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 12.3.2009 <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 158/04, <strong>GRUR</strong><br />
2009, 835 = BlPMZ 2009, 423 <strong>–</strong> Crimpwerkzeug II).<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 34<br />
34
Ausführbarkeit<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 13.7.<strong>2010</strong> <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 126/<strong>07</strong>, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 916 <strong>–</strong><br />
Klammernahtgerät<br />
Eine Erfindung ist ausführbar offenbart, wenn die in der<br />
Patentanmeldung enthaltenen Angaben dem fachmännischen<br />
Leser so viel an technischer Information vermitteln, dass<br />
er mit seinem Fachwissen und seinem Fachkönnen in der Lage<br />
ist, die Erfindung erfolgreich auszuführen. Es ist nicht<br />
erforderlich, dass mindestens eine praktisch brauchbare<br />
Ausführungsform als solche unmittelbar und eindeutig<br />
offenbart ist.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 35
Ausführbarkeit<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 12.3.2009 <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 158/04, <strong>GRUR</strong> 2009, 835 =<br />
BlPMZ 2009, 423 <strong>–</strong> Crimpwerkzeug II<br />
Dass nur eine bestimmte Ausführungsform einer<br />
Vorrichtung ausführbar offenbart ist, besagt noch nichts<br />
darüber, ob ein beschränkter Patentanspruch, der nicht auf<br />
eine solche Ausführungsform begrenzt ist, über den Inhalt der<br />
Ursprungsoffenbarung hinausgeht (Fortführung von <strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>.<br />
v. 16.10.20<strong>07</strong> <strong>–</strong> X <strong>ZR</strong> 226/02, <strong>GRUR</strong> 2008, 60 <strong>–</strong> Sammelhefter<br />
II).<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 36
Ausführbarkeit<br />
� Es kann jedoch nicht mehr beansprucht werden als<br />
dasjenige, was aus fachmännischer Sicht als die<br />
allgemeinste Form derjenigen technischen Lehre<br />
erscheint, durch die das der Erfindung zugrunde liegende<br />
technische Problem tatsächlich gelöst wird.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 37<br />
37
Ausführbarkeit<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 25.2.<strong>2010</strong> <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 100/05, <strong>BGH</strong>Z 184, 300 =<br />
<strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 414 <strong>–</strong> Thermoplastische Zusammensetzung<br />
� Eine ausführbare Offenbarung der Erfindung kann zu<br />
verneinen sein, wenn der geschützte Gegenstand im<br />
Patentanspruch durch offene Bereichsangaben für<br />
physikalische Eigenschaften über die dem Fachmann in der<br />
Gesamtheit der Unterlagen an die Hand gegebene Lösung<br />
hinaus so weit verallgemeinert wird, dass der Patentschutz<br />
über den Beitrag der Erfindung zum Stand der Technik<br />
hinausgeht.<br />
� …<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 38<br />
38
Ausführbarkeit<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 25.2.<strong>2010</strong> <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 100/05, <strong>BGH</strong>Z 184, 300 =<br />
<strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 414 <strong>–</strong> Thermoplastische Zusammensetzung<br />
� …<br />
� Ist ein Verfahren offenbart, durch das ein Stoff oder ein<br />
sonstiges Erzeugnis erhalten werden kann, deren<br />
physikalische Eigenschaften in den offenen Bereich fallen,<br />
kann das ausführbar offenbarte erfindungsgemäße<br />
Erzeugnis dadurch charakterisiert werden, dass es durch<br />
das angegebene Verfahren erhältlich ist.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 39<br />
39
III. Auslegung des Patents<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 40
Auslegung des Patentanspruchs<br />
� Auslegung ist eine verfahrensunabhängige richterliche<br />
Aufgabe.<br />
� Die Patentverletzungsklage darf nicht mit der Begründung<br />
abgewiesen werden, Angaben des Patentanspruchs seien<br />
unklar und ihr Sinngehalt sei unaufklärbar (<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v.<br />
31.3.2009 <strong>–</strong> X <strong>ZR</strong> 95/05, <strong>BGH</strong>Z 180, 215 = <strong>GRUR</strong> 2009,<br />
653 <strong>–</strong> Straßenbaumaschine).<br />
� Die Auslegungsarbeit ist im Verletzungsprozess ebenso wie<br />
im Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren zu leisten und<br />
führt (idealerweise) zu übereinstimmenden Ergebnissen.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 41<br />
41
Auslegung des Patentanspruchs<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 28.5.2009 <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 140/05, <strong>GRUR</strong> 2009, 837 <strong>–</strong><br />
Bauschalungsstütze<br />
Zweckangaben in einem Sachanspruch haben im<br />
Nichtigkeitsverfahren keine andere Bedeutung als im<br />
Verletzungsprozess. Sie haben regelmäßig die Aufgabe, den<br />
durch das Patent geschützten Gegenstand dahin zu definieren,<br />
dass er nicht nur die im Patentanspruch genannten räumlichkörperlichen<br />
Merkmale erfüllen, sondern auch so ausgebildet<br />
sein muss, dass er für den im Patentanspruch angegebenen<br />
Zweck verwendbar ist.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 42<br />
42
Auslegung des Patentanspruchs<br />
� Für die Auslegung ist stets die Verfahrenssprache<br />
maßgeblich.<br />
� Dies gilt auch dann, wenn der Patentanspruch in deutscher<br />
Sprachfassung beschränkt worden ist.<br />
� Zweckmäßigerweise erfolgt auch eine beschränkte<br />
Verteidigung in der Verfahrenssprache.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 43<br />
43
Auslegung des Patentanspruchs<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 6.5.<strong>2010</strong> <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 78/08, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 904 <strong>–</strong><br />
Maschinensatz<br />
Der Umstand, dass ein europäisches Patent, bei dem Deutsch<br />
nicht die Verfahrenssprache ist, in einem Nichtigkeitsverfahren<br />
durch eine in deutscher Sprache gehaltene Fassung der<br />
Patentansprüche beschränkt verteidigt wird, ändert nichts<br />
daran, dass zur Auslegung der Patentansprüche der übrige<br />
Inhalt der Patentschrift in der maßgeblichen Verfahrenssprache<br />
heranzuziehen ist.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 44<br />
44
IV. Wirkung des Patents<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 45
Fehlerhafte Übersetzung des europäischen Patents<br />
� Hat der Patentinhaber fristgerecht eine Übersetzung des <strong>–</strong><br />
nicht in deutscher Sprache veröffentlichten <strong>–</strong> europäischen<br />
Patents eingereicht, findet Art. II § 3 Abs. 2 IntPatÜG keine<br />
Anwendung und bleibt es auch dann beim Eintritt der<br />
gesetzlichen Wirkungen des Patents für die Bundesrepublik<br />
Deutschland, wenn die Übersetzung Auslassungen<br />
aufweist.<br />
� Solche Auslassungen sind grundsätzlich als Fehler der<br />
Übersetzung anzusehen, deren Rechtsfolgen sich nach Art.<br />
II § 3 Abs. 4 und 5 IntPatÜG bestimmen (<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v.<br />
18.3.<strong>2010</strong> <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 74/09, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 708 <strong>–</strong> Nabenschaltung<br />
II).<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 46<br />
Meier-Beck/Kühnen, Rechtsprechungsreport <strong>2010</strong> 46
Vorbenutzungsrecht<br />
� Die Entstehung eines Vorbenutzungsrechts setzt (redlich<br />
erlangten) Erfindungsbesitz voraus.<br />
� Trotz Erfindungsbesitz kann jedoch ein Vorbenutzungsrecht<br />
durch das Rechtsverhältnis zwischen Erfinder und<br />
Erfindungsbesitzer ausgeschlossen sein.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 47<br />
Meier-Beck/Kühnen, Rechtsprechungsreport <strong>2010</strong> 47
Vorbenutzungsrecht<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. <strong>10.9.2009</strong> <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 18/08, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 49 <strong>–</strong><br />
Füllstoff<br />
� Ein vom Insolvenzschuldner erlangtes Vorbenutzungsrecht<br />
gehört zur Insolvenzmasse und darf deshalb vom<br />
Insolvenzverwalter ausgeübt werden, solange dieser den<br />
Betrieb des Insolvenzschuldners weiterführt.<br />
� Ein Vorbenutzungsrecht gemäß § 12 PatG ist in aller Regel<br />
ausgeschlossen, wenn der Benutzer und der Erfinder in<br />
vertraglicher Beziehung stehen und der Erfindungsbesitz<br />
im Zusammenhang mit der Erfüllung dieses Vertrags erlangt<br />
wurde.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 48<br />
48
� Passivlegitimiert ist der "Verletzer".<br />
"Verletzer": Störer v. Täter<br />
� Verletzer kann auch sein, wer den Verletzungstatbestand<br />
nicht in eigener Person verwirklicht, sondern die<br />
Verwirklichung durch einen Dritten ermöglicht oder<br />
fördert.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 49<br />
Meier-Beck/Kühnen, Rechtsprechungsreport <strong>2010</strong> 49
"Verletzer": Störer v. Täter<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 17.9.2009 <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 2/08, <strong>BGH</strong>Z 182, 245 = <strong>GRUR</strong><br />
2009, 1142 <strong>–</strong> MP3-Player-Import<br />
� Schuldner des Unterlassungs- und des Vernichtungsanspruchs<br />
ist nicht nur, wer in eigener Person einen der<br />
Benutzungstatbestände des § 9 PatG verwirklicht oder<br />
vorsätzlich die Verwirklichung des Benutzungstatbestands<br />
durch einen Dritten ermöglicht oder fördert. Verletzer und<br />
damit Schuldner ist vielmehr auch, wer die Verwirklichung<br />
des Benutzungstatbestands durch den Dritten<br />
ermöglicht oder fördert, obwohl er sich mit zumutbarem<br />
Aufwand die Kenntnis verschaffen kann, dass die von ihm<br />
unterstützte Handlung das absolute Recht des Patentinhabers<br />
verletzt.<br />
� …<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 50<br />
50
"Verletzer": Störer v. Täter<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 17.9.2009 <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 2/08, <strong>BGH</strong>Z 182, 245 = <strong>GRUR</strong><br />
2009, 1142 <strong>–</strong> MP3-Player-Import<br />
� …<br />
� Den Spediteur trifft keine generelle Prüfungspflicht im<br />
Hinblick auf Schutzrechtsverletzungen durch die<br />
transportierte Ware (Bestätigung von <strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 15.1.1957<br />
<strong>–</strong> I <strong>ZR</strong> 56/55, <strong>GRUR</strong> 1957, 352, 354 <strong>–</strong> Taeschner/Pertussin<br />
II).<br />
� Eine Pflicht zur Einholung von Erkundigungen und<br />
gegebenenfalls zur eigenen Prüfung der Ware kann jedoch<br />
für den Spediteur entstehen, wenn ihm konkrete<br />
Anhaltspunkte für eine Schutzrechtsverletzung vorliegen.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 51<br />
51
V. Recht auf das Patent<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 52
Recht auf das Patent<br />
� Das Recht auf das Patent ist von der Schutzfähigkeit der<br />
angemeldeten technischen Lehre nicht abhängig.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 53<br />
53
Recht auf das Patent<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 18.5.<strong>2010</strong> <strong>–</strong> X <strong>ZR</strong> 79/<strong>07</strong>, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 817 <strong>–</strong><br />
Steuervorrichtung<br />
� Dem Erfinder einer Lehre zum technischen Handeln, die zum<br />
Patent angemeldet oder für die ein Patent erteilt worden ist,<br />
erwächst mit deren Verlautbarung, die unter Wahrung einer<br />
die Öffentlichkeit hiervon ausschließenden Vertraulichkeit<br />
erfolgt ist, ein Recht an der Erfindung unabhängig<br />
davon, ob die Lehre schutzfähig ist.<br />
� ...<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 54<br />
54
Recht auf das Patent<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 18.5.<strong>2010</strong> <strong>–</strong> X <strong>ZR</strong> 79/<strong>07</strong>, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 817 <strong>–</strong><br />
Steuervorrichtung<br />
� …<br />
� Der Anmelder oder Inhaber des Patents, der nicht Erfinder<br />
oder dessen Rechtsnachfolger ist, schuldet dem Erfinder<br />
nach Bereicherungsrecht Herausgabe dessen, was er<br />
durch Benutzungshandlungen erlangt hat, die er im Rahmen<br />
einer durch das Wissen um die Erfindung, durch deren<br />
Anmeldung oder durch die Patenterteilung vermittelten<br />
Vorzugsstellung vorgenommen hat.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 55<br />
55
Recht auf das Patent<br />
� Auch bei teilbarer Patentanmeldung kann ein Anspruch<br />
auf Einräumung einer Mitberechtigung in Betracht<br />
kommen.<br />
� Eine Mitberechtigung ist nur an einer bestimmten<br />
Patentanmeldung als Ganzer möglich.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 56<br />
56
Recht auf das Patent<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 12.3.2009 <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 86/06, <strong>GRUR</strong> 2009, 657 <strong>–</strong><br />
Blendschutzbehang<br />
� Geht die Anmeldung einer Erfindung zum Patent teilweise auf<br />
den Beitrag eines anderen als des Anmelders zurück, kann<br />
ein Anspruch auf Einräumung einer Mit-berechtigung<br />
auch dann in Betracht kommen, wenn die Anmeldung<br />
teilbar ist (Abgrenzung zu <strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 6.3.1979 - X <strong>ZR</strong><br />
60/77, <strong>GRUR</strong> 1979, 692 - Spinnturbine I).<br />
� Eine Mitberechtigung kann nur an einer Patentanmeldung<br />
als Ganzer, nicht an Teilen der Anmeldung wie einzelnen<br />
Patentansprüchen eingeräumt werden.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 57<br />
57
VI. Prozessuales<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 58<br />
58
Darlegung und Beweisführung<br />
� Die für die Auslegung des Patentanspruchs maßgeblichen<br />
tatsächlichen Umstände stehen zur Darlegungs- und<br />
Beweislast der begünstigten Partei.<br />
� Das Gericht muss auf vollständige Erklärungen der<br />
Parteien hinwirken.<br />
� Gegebenenfalls kann unabhängig von Behauptungen der<br />
Parteien die Einholung eines Sachverständigengutachtens<br />
von Amts wegen geboten sein.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 59<br />
59
Darlegung und Beweisführung<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 22.12.2009 <strong>–</strong> X <strong>ZR</strong> 56/08, <strong>BGH</strong>Z 184, 49 = <strong>GRUR</strong><br />
<strong>2010</strong>, 314 <strong>–</strong> Kettenradanordnung II<br />
� Fehlt im Verletzungsprozess Parteivortrag zu unmittelbaren<br />
Tatumständen, die Anhaltspunkte beispielsweise dafür zu<br />
geben vermögen, welche technischen Zusammenhänge für<br />
das Verständnis der unter Schutz gestellten Lehre<br />
bedeutsam sein könnten, wer als Durchschnittsfachmann in<br />
Betracht zu ziehen sein und welche Ausbildung seine Sicht<br />
bestimmen könnte (…), hat das Gericht darauf<br />
hinzuwirken, dass die Parteien sich dazu vollständig<br />
erklären.<br />
� …<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 60<br />
60
Darlegung und Beweisführung<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 22.12.2009 <strong>–</strong> X <strong>ZR</strong> 56/08, <strong>BGH</strong>Z 184, 49 = <strong>GRUR</strong><br />
<strong>2010</strong>, 314 <strong>–</strong> Kettenradanordnung II<br />
…<br />
� Selbst wenn solche dem unmittelbaren Beweis zugängliche<br />
Tatsachen zwischen den Parteien unstreitig sind, kann die<br />
Einholung eines Sachverständigengutachtens geboten sein,<br />
wenn die Kenntnis dieser Tatsachen allein je nach Fall nicht<br />
ausreicht, um auf die ihrerseits dem unmittelbaren Beweise<br />
nicht zugängliche Sicht des Fachmanns zu schließen oder<br />
die technischen Zusammenhänge zuverlässig zu bewerten.<br />
Das Verletzungsgericht prüft in jedem Einzelfall<br />
eigenverantwortlich, ob es aus diesem Grund einen<br />
Sachverständigen hinzuzieht.<br />
� …<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 61<br />
61
Darlegung und Beweisführung<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 22.12.2009 <strong>–</strong> X <strong>ZR</strong> 56/08, <strong>BGH</strong>Z 184, 49 = <strong>GRUR</strong><br />
<strong>2010</strong>, 314 <strong>–</strong> Kettenradanordnung II<br />
� …<br />
� Der Entschluss des Verletzungsgerichts, die Patentansprüche<br />
auszulegen, ohne im Hinblick auf für die Auslegung<br />
maßgebliche, dem unmittelbaren Beweis nicht zugängliche<br />
Gesichtspunkte einen Sachverständigen hinzuziehen,<br />
unterliegt der uneingeschränkten Rechtmäßigkeitskontrolle<br />
durch das Revisionsgericht.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 62<br />
62
Zulassung der Revision<br />
� Divergierende Auslegungen des Patentanspruchs im<br />
Patentnichtigkeits- und im -verletzungsverfahren können die<br />
die Zulassung der Revision zur Sicherung einer<br />
einheitlichen Rechtsprechung gebieten.<br />
� Im Revisionsverfahren kann das Patent nur auf der<br />
Grundlage derjenigen Tatsachen ausgelegt werden, die<br />
entweder vom Berufungsgericht festgestellt sind oder die<br />
eine Partei als behauptet und verfahrensfehlerhaft nicht<br />
festgestellt rügen kann.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 63
Zulassung der Revision<br />
<strong>BGH</strong>, Beschl. v. 29.6.<strong>2010</strong> <strong>–</strong> X <strong>ZR</strong> 193/03, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 858 <strong>–</strong><br />
Crimpwerkzeug III<br />
� Die bloße Darlegung, die vom Berufungsgericht im Patentverletzungsprozess<br />
vorgenommene Auslegung des Patents<br />
sei rechtsfehlerhaft, füllt einen Revisionszulassungsgrund<br />
nicht aus.<br />
� Ein Revisionszulassungsgrund ist jedoch gegeben, sobald der<br />
Bundesgerichtshof seiner Entscheidung im Nichtigkeitsberufungsverfahren<br />
eine Auslegung des Patents zugrunde<br />
gelegt hat, die in einem für den Patentverletzungsprozess<br />
entscheidungserheblichen Punkt von derjenigen abweicht,<br />
die das Verletzungsgericht seinem mit der Nichtzulassungsbeschwerde<br />
angefochtenen <strong>Urt</strong>eil zugrunde gelegt hat.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 64<br />
64
Zulassung der Revision<br />
<strong>BGH</strong>, Beschl. v. 29.6.<strong>2010</strong> <strong>–</strong> X <strong>ZR</strong> 193/03, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 858 <strong>–</strong><br />
Crimpwerkzeug III<br />
� …<br />
� Ergibt sich dieser Zulassungsgrund erst nach Ablauf der<br />
Frist zur Begründung der eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde,<br />
muss er mittels eines Gesuchs auf Wiedereinsetzung<br />
in den vorigen Stand geltend gemacht werden.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 65<br />
65
Wegfall des Schutzrechts<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 29.7.<strong>2010</strong> <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 118/09, WRP <strong>2010</strong>, 1265 <strong>–</strong><br />
Bordako<br />
� Solange ein zeitlich begrenztes Schutzrecht besteht, ist eine<br />
unbefristete Verurteilung, die immanent auf den Zeitraum<br />
der höchstmöglichen Schutzdauer beschränkt ist, zulässig.<br />
� Die Restitutionsklage kann bei Klagen aus gewerblichen<br />
Schutzrechten, an deren Bestand das Verletzungsgericht<br />
gebunden ist, in entsprechender Anwendung des § 580 Nr. 6<br />
ZPO darauf gestützt werden, dass der Bestand des<br />
Schutzrechts vorzeitig - vor Ablauf der regulären Laufzeit<br />
und vor dem für die Beurteilung im Ausgangsverfahren<br />
maßgeblichen Zeitpunkt - in Wegfall gekommen ist.<br />
� …<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 66<br />
66
Wegfall des Schutzrechts<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 29.7.<strong>2010</strong> <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 118/09, WRP <strong>2010</strong>, 1265 <strong>–</strong><br />
Bordako<br />
� …<br />
� Ist das Schutzrecht mit Wirkung ex nunc weggefallen, so<br />
ist eine erfolgte Verurteilung auf die Restitutionsklage hin<br />
nur für den Zeitraum nach dem Erlöschen des Schutzrechts<br />
aufzuheben. Ist der Beklagte auch zur Unterlassung<br />
verurteilt worden, ist auf entsprechenden Antrag des Klägers<br />
insoweit die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache<br />
festzustellen.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 67<br />
67
Beschränkung im Verletzungsprozess<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 6.5.<strong>2010</strong> <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 78/08, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 904 <strong>–</strong><br />
Maschinensatz<br />
� Die Beschränkung eines Patents, die sich daraus ergibt,<br />
dass der Patentinhaber das Schutzrecht gegenüber einer<br />
Nichtigkeitsklage nur eingeschränkt verteidigt, ist im<br />
Verletzungsrechtsstreit schon vor dem rechtskräftigen<br />
Abschluss des Nichtigkeitsverfahrens zu berücksichtigen,<br />
wenn der Patentanspruch, auf den die Verletzungsklage<br />
gestützt wird, in einer entsprechend beschränkten Fassung<br />
geltend gemacht wird.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 68<br />
68
Zulässigkeit des Einspruchs<br />
� Ein Einspruch muss zu seiner Zulässigkeit nicht schlüssig<br />
sein.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 69
Zulässigkeit des Einspruchs<br />
<strong>BGH</strong>, Beschl. v. 30.7.2009 <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> ZB 28/08, <strong>GRUR</strong> 2009, 1098 <strong>–</strong><br />
Leistungshalbleiterbauelement<br />
Der Umstand, dass der auf den Widerrufsgrund der<br />
mangelnden Patentfähigkeit gestützte Einspruch mit einer<br />
älteren Anmeldung begründet wird, die bei der Beurteilung<br />
der erfinderischen Tätigkeit nicht zu berücksichtigen ist, steht<br />
der Zulässigkeit des Einspruchs unabhängig davon nicht<br />
entgegen, ob der Einsprechende sich auf mangelnde Neuheit<br />
oder auf fehlende erfinderische Tätigkeit beruft.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 70
Beschränkte Verteidigung<br />
� Ein europäisches Patent kann im Nichtigkeitsverfahren nicht<br />
mit Patentansprüchen verteidigt werden, die dem<br />
Erfordernis einer deutlichen (klaren) und knappen<br />
Anspruchsfassung nicht genügen (<strong>BGH</strong>, <strong>Urt</strong>. v. 18.3.<strong>2010</strong><br />
<strong>–</strong> <strong>Xa</strong> <strong>ZR</strong> 54/06, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 709 <strong>–</strong> Proxyserversystem).<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 71<br />
71
Rechtliches Gehör<br />
� Es verletzt den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn das<br />
Patentgericht die Patentfähigkeit unter Berufung auf eine<br />
Veröffentlichung verneint, die der Einsprechende nur in<br />
Zusammenhang mit einem zusätzlich geltend<br />
gemachten Widerrufsgrund erwähnt hat (<strong>BGH</strong>, Beschl.<br />
v. 8.9.2009 <strong>–</strong> X ZB 35/08, <strong>GRUR</strong> 2009, 1192 = BlPMZ <strong>2010</strong>,<br />
29 <strong>–</strong> Polyolefinfolie).<br />
� …<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 72<br />
72
� …<br />
Rechtliches Gehör<br />
� Verteidigt der Patentinhaber im Einspruchsverfahren nur<br />
einen von zwei nebengeordneten, im Wesentlichen<br />
inhaltsgleichen Patentansprüchen in einer beschränkten<br />
Fassung, verletzt es den Anspruch auf rechtliches Gehör,<br />
wenn das Patentgericht ohne weitere Anhaltspunkte<br />
annimmt, der Patentinhaber wolle den Gegenstand des<br />
beschränkten Patentanspruchs nur zusammen mit dem<br />
nicht beschränkten Patentanspruch verteidigen (<strong>BGH</strong>,<br />
Beschl. v. 22.9.2009 <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> ZB 36/08, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 87 <strong>–</strong><br />
Schwingungsdämpfer).<br />
� …<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 73<br />
73
Rechtliches Gehör<br />
<strong>BGH</strong>, Beschl. v. 15.4.<strong>2010</strong> <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> ZB 10/09, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 950 =<br />
BlPMZ <strong>2010</strong>, 324 <strong>–</strong> Walzenformgebungsmaschine<br />
� Die deutschen Gerichte haben Entscheidungen, die durch die<br />
Instanzen des EPA oder durch Gerichte anderer<br />
Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens<br />
ergangen sind und eine im Wesentlichen gleiche<br />
Fragestellung betreffen, zu beachten und sich<br />
gegebenenfalls mit den Gründen auseinanderzusetzen,<br />
die bei der vorangegangenen Entscheidung zu einem<br />
abweichenden Ergebnis geführt haben.<br />
� …<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 74<br />
74
Rechtliches Gehör<br />
<strong>BGH</strong>, Beschl. v. 15.4.<strong>2010</strong> <strong>–</strong> <strong>Xa</strong> ZB 10/09, <strong>GRUR</strong> <strong>2010</strong>, 950 =<br />
BlPMZ <strong>2010</strong>, 324 <strong>–</strong> Walzenformgebungsmaschine<br />
� …<br />
� Dies gilt auch, soweit es um Rechtsfragen geht,<br />
beispielsweise um die Frage, ob der Stand der Technik den<br />
Gegenstand eines Schutzrechts nahegelegt hat.<br />
� Nicht jede Verletzung dieser Pflicht verletzt den Anspruch der<br />
betroffenen Partei auf rechtliches Gehör.<br />
Meier-Beck: Aktuelle Rechtsprechung zum Patentrecht 75<br />
75
Aktuelle Rechtsprechung<br />
des Bundesgerichtshofs<br />
zum Patentrecht<br />
Dr. Peter Meier-Beck<br />
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof<br />
Honorarprofessor an der Universität Düsseldorf<br />
<strong>GRUR</strong> Bayern München<br />
4. November <strong>2010</strong>