fiktiveAbrechnung_unterWiederbeschaff.pdf
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Urteil des OLG Düsseldorf zur fiktiven Abrechnung auf Reparaturkostenbasis, wenn<br />
die geschätzten Reparaturkosten einschl. Wertminderung nur knapp unter dem<br />
Wiederbeschaffungswert liegen<br />
Mit einer nunmehr erst veröffentlichten Entscheidung hat das OLG Düsseldorf mit Urteil vom<br />
27.11. 2000 (Az.: 1 U 2/00) zur fiktiven Abrechnung auf Reparaturkostenbasis Stellung<br />
genommen, bei der die geschätzten Reparaturkosten einschl. der Wertminderung knapp unter<br />
dem Wiederbeschaffungswert des verunfallten Fahrzeugs liegen.<br />
Nach dieser Entscheidung kann der Geschädigte auch dann auf Basis der fiktiven<br />
Reparaturkosten abrechnen, wenn er das Unfallfahrzeug nur verkehrstauglich repariert. Dem<br />
steht nicht entgegen, dass der Schädiger durch die Vornahme einer Ersatzbeschaffung unter<br />
Verwertung des verunfallten Fahrzeugs weniger belastet würde. Voraussetzung ist allerdings,<br />
dass der Geschädigte sein Fahrzeug behält und weiterbenutzt.<br />
Im Rahmen eines anderen Verfahrens hat der BGH die Zulässigkeit dieser Abrechnungsart in der<br />
jüngsten noch nicht veröffentlichten Entscheidung bestätigt (siehe G-Rundschreiben Nr. G03-126<br />
vom 02.05.03).<br />
1. Sachverhalt<br />
Gegenstand des Streites war allein die Frage, ob der Fahrzeugschaden anhand der gutachterlich<br />
geschätzten Reparaturkosten oder auf der Grundlage der Ersatzbeschaffungskosten unter<br />
Berücksichtigung des Restwertes zu bemessen ist. Nach dem Unfall vom 17.02.1999 schaltete<br />
der Kläger ein Sachverständigenbüro ein. Aus dem Gutachten ergaben sich folgende<br />
Schätzwerte:<br />
Reparaturkosten einschl. MwSt<br />
Wertminderung<br />
Wiederbeschaffungswert einschl.<br />
MwSt. und Nebenkostenpauschale<br />
Restwert<br />
25.522,66 DM<br />
1.500,-- DM<br />
27.950,-- DM<br />
11.300,-- DM<br />
Der Anwalt des Klägers verlangte als Schadensersatz zunächst die Differenz zwischen dem<br />
Wiederbeschaffungswert von 27.800,-- DM (ohne Nebenkosten in Höhe von 150,-- DM) und dem<br />
Restwert von 11.300,-- DM. Die zweitbeklagte Haftpflichtversicherung stimmte dieser<br />
Abrechnung zu und überwies an den Kläger auf Grundlage der Abrechnung eines<br />
wirtschaftlichen Totalschadens 16.650,-- DM (27.950,-- DM abzüglich 11.300,-- DM).<br />
Dieses Abrechnungsschreiben der Versicherung kreuzte sich jedoch mit einem weiteren<br />
Anwaltsschreiben des Klägers. Nach zwischenzeitlicher Eigenreparatur und Vorlage einer<br />
Reparaturbescheinigung des Sachverständigenbüros berechnete der Geschädigte den<br />
Fahrzeugschaden nunmehr auf Basis der geschätzten Reparaturkosten. Die geschätzte<br />
Wertminderung von 1.500,-- DM wurde dabei ebenfalls in Ansatz gebracht.<br />
Die Zweitbeklagte lehnte ohne konkreten Nachweis einer Reparatur nach Maßgabe des<br />
Schadensgutachtens eine Abrechnung „im Rahmen der 130 %-Regelung“ ab.<br />
-2-
2. Begründung des Gerichts<br />
Die Berufung des Klägers vor dem OLG Düsseldorf hatte Erfolg. Das Gericht folgte der<br />
Berechnungsweise des Klägers und bestimmte, dass der Schaden nach den<br />
Instandsetzungskosten zuzüglich der Wertminderung zu bestimmen ist.<br />
a) Zum einen wies das Gericht im Rahmen der zeitlichen Abrechnung des Unfallschadens darauf<br />
hin, dass die Berechnungsweise nach einer zunächst erfolgten Abrechnung unter Vorbehalt<br />
nachträglich umgestellt werden kann. Zudem sei dies auch möglich, wenn die<br />
Berechnungsweise vor dem Eingang des gegnerischen Versicherungsschreibens, welches<br />
diese Abrechnung bestätigt, umgestellt wird.<br />
b) Anschließend nahm das Gericht zur eigentlichen Problematik Stellung, die dann auftaucht,<br />
wenn die geschätzten Reparaturkosten unter Hinzurechnung des merkantilen Minderwerts<br />
nicht höher sind als der reine Wiederbeschaffungswert.<br />
Zunächst wurde unter Hinweis auf die BGH-Rechtsprechung festgestellt, dass bei der<br />
erforderlichen Vergleichsbetrachtung der Restwert außer Ansatz zu bleiben hat, wenn der<br />
Geschädigte sein Fahrzeug tatsächlich repariert.<br />
Nach der Auffassung des Gerichts darf ein Geschädigter die Reparaturkosten auf<br />
Gutachtenbasis abrechnen, sofern diese unter Einschluss des merkantilen Minderwertes unter<br />
dem Wiederbeschaffungswert liegen. Dabei bleibe der Restwert auf der Seite der<br />
Ersatzbeschaffung schon dann außer Betracht, wenn der Geschädigte sein Fahrzeug in<br />
verkehrssicherem Zustand weiterbenutze. Er darf es also nicht unrepariert nach einer bloßen<br />
Verkaufsreparatur veräußert haben. Zudem stellt das Gericht unter Anerkennung der 130 %-<br />
Regel fest, dass es auf die Fachgerechtigkeit einer Reparatur nur ankommt, sofern die<br />
Reparaturkosten einschl. des merkantilen Minderwertes nicht mehr als 130 % des<br />
Wiederbeschaffungswertes ausmachen. Dabei verweist das Gericht auch auf die<br />
Rechtsprechung des OLG Hamm, der die Fachgerechtigkeit der Reparatur ebenfalls nur<br />
fordert, wenn das oben beschriebene Verhältnis zwischen 100 und 130 % liegt.<br />
Weiterhin dürfe das Integritätsinteresses des Geschädigten nicht darauf verengt werden, ob er<br />
sein Fahrzeug fachgerecht repariert hat oder nicht. Denn wer - wie hier der Kläger - sein<br />
reparaturwürdiges Fahrzeug in Weiterbenutzungsabsicht technisch so wieder herrichte, dass<br />
es im Straßenverkehr sicher eingesetzt werden kann, beurkunde gleichfalls sein<br />
Integritätsinteresse.<br />
Allerdings habe sich der BGH bislang noch nicht zu der Frage geäußert, ab welcher<br />
Abrechnungsgrenze man eine Vergleichsrechnung mit dem Wiederbeschaffungswert des<br />
verunfallten Fahrzeugs anzustellen hat. Der Empfehlung des Verkehrsgerichtstages, diese<br />
Grenze bei einem Verhältnis von 70 % der Reparaturkosten zu den<br />
Wiederbeschaffungskosten anzusetzen, sei der BGH ebenfalls noch nicht gefolgt. Dies ist<br />
unserer Kenntnis nach auch noch der aktuelle Stand der Dinge.<br />
c) Als abschließendes Fazit stellt das OLG Düsseldorf fest, dass der Geschädigte durch die hier<br />
zugelassene Reparaturkostenabrechnung auch nicht ungerechtfertigt bereichert ist. Dies wäre<br />
nur der Fall, wenn der Kläger sein Fahrzeug unrepariert oder nur teilrepariert veräußert hätte.<br />
Der vom Sachverständigen geschätzte Wert des Pkws im beschädigten Zustande, ist im<br />
Vermögen des Geschädigten somit neutral geblieben. Hätte er in dieser Konstellation eine<br />
bloß fiktive Abrechnung gewählt, wäre der Restwert vom Wiederbeschaffungswert abzuziehen<br />
gewesen.<br />
Ferner sei die Fachgerechtigkeit einer Instandsetzung kein relevantes Kriterium dafür, ob der<br />
Restwert bei der Ermittlung der Wiederbeschaffungskosten zu berücksichtigen sei oder<br />
nicht. Andernfalls könne der Schädiger aus etwaigen Reparaturmängeln einen Vorteil ziehen,<br />
der ihm bei wertender Betrachtung nicht gebührt.