05.11.2012 Aufrufe

nur - Norbert Nelte

nur - Norbert Nelte

nur - Norbert Nelte

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

11<br />

Arbeiterräte statt<br />

Keynes<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong><br />

Artikel in der linken Zeitung


Sir John Maynard Keynes<br />

Wird der linke Keynesianismus mit einem nachfrageorientierten<br />

Konjunkturprogramm uns retten können?<br />

von <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong><br />

Wie die WASG die Wirtschaft wieder ankurbeln will<br />

„Die Wirtschaft hat der Versorgung des Menschen zu dienen. Die Unterwerfung des Menschen<br />

unter die Interessen der Wirtschaft lehnen wir ab.“ heißt es im Gründungsprogramm der WASG. Dieser<br />

Satz hält die Anhänger der Marktwirtschaft als auch die der Basisplanwirtschaft gleichermaßen<br />

zusammen. Wenn dieses Ziel mit der Marktwirtschaft nicht mehr zu erreichen ist, würden sich auch fasst<br />

alle reformistischen WASGler für einen solidarischen Basisplan früher oder später entscheiden. Wir sind<br />

überzeugt davon, dass der überwiegende Teil den Lohnkürzungen nicht solange zusehen werden, bis<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 2


diese chinesisches Niveau von 70 Cent erreicht haben – jedenfalls werden sie so den obigen zentralen<br />

Satz des Gründungsprogramms nicht verstehen.<br />

Damit wir auch nicht dann auf den St. Nimmerleinstag warten müssen, sollten wir uns heute<br />

schon Gedanken machen, wie sicher das Argument unserer Partei ist, das Ziel der Unterordnung der<br />

Wirtschaft unter die Bedürfnisse des Menschen einzuschätzen ist.<br />

Die Wahlalternative steht bei ihren Vorschlägen zur Lösung der wirtschaftlichen Verwerfungen in<br />

der Tradition des linken Keynesianismus mit ihren Hauptvertretern Starcheys und Joan Robinsons.<br />

Entsprechend schlägt sie in ihrem Gründungsprogramm vor;<br />

„Werden Sozialleistungen und Löhne erhöht, wachsen Nachfrage, Absatz, Produktion und<br />

Beschäftigung. .. Ohne vermehrte öffentliche Investitionen und eine Stärkung der Massenkaufkraft kann<br />

aktive Arbeitsmarktpolitik auch in Zukunft <strong>nur</strong> das Elend der Massenarbeitslosigkeit verwalten.“<br />

Klar bringt das Gründungsprogramm der geschäftsführende Vorstand Thomas Händel in der<br />

Homepage auf den Punkt:<br />

„Deshalb braucht es zu einer wirklich anderen (Wirtschafts-)Politik eben drei ganz wesentliche Faktoren:<br />

Die Stärkung der Masseneinkommen, einer produktivitätsorientierten Lohnpolitik und einer offensiven<br />

öffentlichen Investitionspolitik - dann klappts auch mit dem Wachstum. In Zeiten wirtschaftlicher Krise<br />

kommt dem staatlichen Handeln große Bedeutung als Impulsgeber für die Wirtschaft zu. Um die<br />

Konjunktur anzuschieben bräuchte es Mehrausgaben - auch über Schulden finanzierte. Sie ziehen<br />

weitere Investitionen u.a. aus der Privatwirtschaft nach sich. In Zeiten der Hochkonjunktur können dann<br />

gemachte Schulden wieder abgetragen werden.<br />

Als Beispiel für große Länder werden oft Großbritannien oder die USA angeführt. Nur, im<br />

„Vereinigten Königreich“ liegen die Löhne immer noch 20% unter den deutschen Durchschnittslöhnen und<br />

die „Vereinigten Staaten“ können über ihre Verhältnisse leben, weil sie jeden Tag 2 Milliarden vom<br />

Ausland geliehen bekommen. Es haben sich schon 8,2 Billionen Dollar Auslandsschulden dort<br />

angesammelt. Der Dollar wird noch vom Ausland als Stützungswährung für ihr eigenes Geld genommen<br />

bzw. die US-Aktien oder Staatsanleihen als Anlagekapital. Noch. Die Inflationsrate beträgt bereits 4,7%.<br />

Die Lohnsteigerungen sind in Amerika seit 1970 immer wieder von der Inflation aufgefressen worden.<br />

Gerade dieses Land kann uns nicht als Vorbild dienen.<br />

Die traurige Realität<br />

Sonst kennt man bei den großen Ländern <strong>nur</strong> negative Beispiele. Bei den deutschen<br />

Beispielen unter Wirtschafsminister Schiller 1966 und Bundeskanzler Helmut Schmidt 1974 gab es<br />

sowohl eine Nachfrage- als auch mit Hilfe des DGB’s eine lohndrückende Angebotspolitik. Beide Male<br />

konnte man nicht von einer reinen keynesianischen Politik sprechen, sondern jedes Mal war auch eine<br />

Prise Angebotsorientierte Politik von Milton Friedman mit dabei. Ob Keynes oder Friedman, der 2.<br />

Versuch endete 1976 wegen des Anfangs der langen Talfahrt bei 1,5 Millionen Arbeitslosen, 1971<br />

gab es <strong>nur</strong> 26.000<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 3


In Großbritannien endete Anfang der 70er Jahre eine nachfrageorientierte<br />

Verschuldungspolitik mit Abermilliarden Sozialkürzungen und einer Arbeitslosigkeit von 6,1% in 1977. Das<br />

Ergebnis war dann Maggie Thatcher, die schon Mitte der 80er Jahre mit ihrer weiteren Lohndrückerei<br />

schon damals Millionen von Briten in die Arbeitsemigration trieb und eine südkoreanische Autofabrik ins<br />

Land locken konnte, da die britischen Lohnkosten bereits unter den koreanischen lagen. Droht das<br />

Gleiche uns jetzt mit China?<br />

Am tragischsten aber endete der „keynesianische“ Konjunkturbelebungsversuch von Francois<br />

Mitterand 1981 mit einem beispiellosen Reformprogramm, das 95 Maßnahmen umfasste. Die Rente gab<br />

es schon ab 60 und wurde um 20% erhöht, der Mindestlohn wurde erhöht, 5 Wochen Urlaub, 35 Stunden-<br />

Woche, Kindergeld +25%, Arbeitslosengeld +10% und und und, alle wichtigen Arbeitnehmerrechte, die<br />

wir auch von der WASG kennen. Aber die zusätzliche Kaufkraft wurde leider zum Erwerb deutscher<br />

Waren genutzt. Das führte zwar in Frankreich zu weniger Arbeitslosen, dort aber zu keinem<br />

Wirtschaftswachstum und leider auch zu einer negativen Handelsbilanz.<br />

Premierminister Mauroy drängte Mitterand, wieder zurückzurudern Aber der wollte erst auf<br />

dem G7-Treffen am 4. Juni 1982 in Versailles alle großen der Welt dazu aufrufen, gemeinsam die<br />

Weltwirtschaft wieder anzukurbeln. Mauroy erzählte süffisant dem Fernsehreporter seinen kläglichen<br />

Versuch: „Der amerikanische Präsident Reagan studierte seinen Spickzettel, der kanadische<br />

Premierminister Trudeau spielte mit seiner Knopflochnelke, der japanische Suzuki schien zu schlafen, die<br />

britische Premierministerin Thatcher schaute verlegen auf ihre Schuhe und der deutsche Bundeskanzler<br />

Schmidt zuckte nicht einmal mit der Wimper“. Das war das Ende des Keynesianismus und es folgte eine<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 4


harte Sparpolitik.<br />

Die theoretische Erklärung, warum der Keynesianismus versagen muss<br />

Das Ungleichgewicht in der Weltwirtschaft und die galoppierende Globalisierung führen dazu,<br />

dass <strong>nur</strong> das Länd mit den niedrigsten Lohnstückkosten von der konsumsteigenden Konjunkturbelebung<br />

profitiert, und das ist China. Der Walmart kauft schon mehr im Reich des Drachens ein als gesamt<br />

Deutschland. Und beim ALDI sieht es auch nicht mehr viel anders aus. Es wird oft <strong>nur</strong> noch hier verpackt<br />

und das Etikett „Made in Germany“ aufgeklebt.<br />

Die Konzerne verlagern übrigens ihre Produktion nicht <strong>nur</strong> deshalb nach China, weil sie hier<br />

keine Käufer mehr finden, sondern in der Hauptsache deshalb, weil die Rendite (Gewinn/Investitionen)<br />

hier zu mager ist. Hier arbeiten schon mehr die Kollegin NC-Maschine oder Kollege Computer, aber da<br />

die menschliche Arbeit die einzigste Quelle des Mehrwertes ist, sind auch die Renditen oder relativen<br />

Gewinne im Keller. Autos kaufen eben keine Autos, stellte schon Ford fest.<br />

1850 lag die Durchschnittsprofitrate (annähernd wie die Rendite) bei 50%. Bis zu den 30ern<br />

fiel sie auf 18% um bis 1982 in Deutschland auf 5% zu fallen. Kohl brachte sie dann durch einen harten<br />

Lohn- und Sozialraub wieder auf 12%. Inzwischen ist sie im verarbeitenden Gewerbe wieder bis 1998 auf<br />

3,5% gefallen. Marx nannte das den „tendenziellen Fall der Profitrate“. Heute können die Konzerne <strong>nur</strong><br />

noch profitable Renditen machen mit Aktien- und Hedgefondshandel (Deshalb spricht man in<br />

Insiderkreisen über Mercedes auch von einer Bank mit angeschlossener Autowerkstatt) sowie natürlich<br />

mit den sich überschlagenden Lohnkürzungen und Entlassungen.<br />

Durchschnittliche geglättete Profitrate in Deutschland<br />

Siemens zum Beispiel erwirtschaftete bei der Handyproduktion in Kamp-Linifort <strong>nur</strong> noch 1%<br />

Gewinn, obwohl sie am 1.7.04 den Kollegen den Lohn um 26% mit 2-jähriger „Beschäftigungsgarantie“<br />

kürzten. Und wenn die Arbeiter ohne Lohn gearbeitet hätten, wäre <strong>nur</strong> 4% erwirtschaftet worden. Also<br />

vertickerten sie das Werk an einen taiwanesischen Konzern. Dem ging es <strong>nur</strong> um die Markenrechte für<br />

Europa und er wird sich 2006 zurückziehen. Der Gesamtbetriebsrat von Siemens rechnet übrigens noch<br />

mit weiteren 70.000 Entlassungen. Bei ihrem Monopily-Spiel sind doch den Vorständen die tausende<br />

Existenzen sch<strong>nur</strong>zegal. In China hat Siemens schon 56 Betriebe und da laufen dank<br />

Gewerkschaftsverbot Handys, ICC, Transrapid und Generatoren wie geschmiert, <strong>nur</strong> mit der Bedingung,<br />

in China zu produzieren und Know-how und die Pläne mitzubringen. Da locken profitable Renditen von<br />

25%. Statt einer Verpackungsmaschine verpacken dort 10 Kulis für ein Bett und eine Mahlzeit, dann<br />

können die Herren sich noch genug abzweigen. Gerade legt mir Holger das Wirtschaftswoche-China-<br />

Sonderheft auf den Schreibtisch: „Partner oder Rivale?“ Halb in chinesisch geschrieben, damit man die<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 5


neue Herrschaftssprache schon mal üben kann. Dann heißt es nicht mehr McDonalds, sondern McMiau.<br />

Amerika betrachtet China schon mehr als Rivale, formuliert seine neue aggressive Atombombenpolitik<br />

und in Paris tobt die Intifada.<br />

Trotz höherer Unterstützung der Nachfrageseite wird es in Europa bei den mageren 5 oder<br />

auch 10% Renditen zu immer mehr Massenarbeitslosigkeit kommen. Den Qualitätsrückstand wird China<br />

wie Japan in den 70ern in 2-3 Jahren eingeholt haben. Der Chef von Haier hat 50 seiner<br />

Waschmaschinen in den Hof stellen lassen, ließ seine Ingenieure und Facharbeiter antanzen, drückte<br />

ihnen einen Vorschlaghammer in die Hand und sie mussten den ganzen Schrott zusammen trümmern.<br />

Das ist chinesische Qualitätskontrolle, obwohl schon jede 3. Waschmaschine in den USA aus dem Reich<br />

der Mitte kommt. In kürzester Zeit werden sie europäischen Standard erreicht haben. Dann werden die<br />

Marken Lenovo, Schanghai Automotive oder Haier sich durchsetzen und die Meldungen über<br />

Betriebsschließungen gehören hier zum morgendlichen Ritual wie die Wettermeldungen. Eine negative<br />

Handelsbilanz hat Deutschland bereits und mit China im besonderen auch.<br />

Bliebe der Vorschlag der Wirtschaftsankurbelung durch öffentliche Investitionen (40 Mrd. im<br />

Eckprogramm), also einer antizyklischen Wirtschaftspolitik. Wenn der Staat aber verschuldet ist, dann<br />

hatte auch Keynes vor weiteren Verschuldungen gewarnt. Er empfahl <strong>nur</strong> dann eine antizyklische<br />

Wirtschaftspolitik, wenn der Staat dieses Geld auch angespart hätte. So führt das <strong>nur</strong> zur Anheizung der<br />

Inflation, einem Verdrängungseffekt durch die dann höheren Zinsen sowie der Benachteiligung der nicht<br />

geförderten Betriebe. Das Ergebnis wäre <strong>nur</strong> eine Erhöhung der Gefahr einer Stagflation.<br />

Wir müssen aber all diese Forderungen durchsetzen, weil sonst von der Würde der<br />

Kolleginnen und Kollegen und ihrem Geld bald nicht mehr viel übrig bleiben wird. Aber das<br />

Wirtschaftswachstum bleibt leider in China. Paris mit seiner „Intifada“ ist nicht weit von Frankfurt oder<br />

Köln. 50% Arbeitslose gibt es in den Vorstädten von Paris unter den Emigrantenjugendlichen. Sie haben<br />

keine Vergangenheit und werden nie eine Zukunft haben. „Wir werden <strong>nur</strong> wie Dreck behandelt und<br />

werden nie eine Familie gründen können. Da machen wir es genau so wie im Gazahstreifen“, erklärt ein<br />

verzweifelter Jugendlicher in die Kamera. Und wer kann ihm das verdenken? Kann man da von dem Bub<br />

noch geduldiges gewerkschaftliches Handeln erwarten?<br />

Das müssen wir Erfahrenen schon vorangehen Es wird endlich Zeit, dass DGB-Sommer und<br />

ähnliche Dauerschläfer aus ihrem Tiefschlaf aufwachen, oder wollen sie noch weiter schlafen, bis die<br />

Familienväter, um ihre Kinder satt zu kriegen, vandalierend und plündernd durch die Städte ziehen?<br />

Brrrrrrrrh. Aufstehen. 5 vor 12. Die Parole heißt: Schule ohne Diskriminisierung, Ausbildungsplätze für<br />

alle, qualifizierte Arbeitsplätze für alle, Stoppt Rassismus bei der Polizei und überall, der Jugend eine<br />

Zukunft. Pisa hat doch gezeigt, dass Paris nicht mehr weit weg ist.<br />

Die demokratische Alternative<br />

Bevor wir uns der Alternative zuwenden, wollen wir noch einmal kurz die Ursachen für die<br />

Arbeitslosigkeit und die Lohnkürzungen aufzeigen. Der Einzelkapitalist steht in Konkurrenz zu den<br />

anderen Kapitalisten. Die wollen ein Stück von seinem Absatzmarkt. Also kauft er sich eine Maschine, um<br />

zu rationalisieren und die anderen zu unterbieten und Teile ihrer und auch neue Absatzmärkte zu erobern,<br />

um die Maschine zahlen zu können. Dafür muss er natürlich auch Leute entlassen und seine Gewinne<br />

steigen absolut und relativ.<br />

Aber, ach du Schreck, im nächsten Jahr haben sich alle Konkurrenten auch sogar eine noch<br />

schnellere Maschine gekauft und erobern sich mit weiteren Preissenkungen ihre alten Märkte zurück, und<br />

auch neue. Also müssen die Löhne gesenkt werden und alles beginnt von Neuem. Der Preis fällt erst, der<br />

Warenwert fällt, die Profitrate fällt (Die relativen Gewinne), die Arbeitsplätze fallen, der Lohn fällt, alles<br />

fällt, <strong>nur</strong> die absoluten Gewinne nicht und das Auto unseres Privatkapitalisten oder Aktienhalters und<br />

Couponschneiders wird immer größer.<br />

In Deutschland wird jedes Jahr im Durchschnitt um 3% rationalisiert. Um 1% fällt die<br />

durchschnittliche Profitrate und man erwartet eine Expansion um 2%. Für jedes Prozent, das man<br />

weniger expandiert, rechnet man mit 300.000 weiteren Arbeitslosen. Momentan haben wir ein Plus des<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 6


BSP von 0,7%, das wären 300.000 mal 1,3 = 400.000 weitere Arbeitslose = ca. 5.000.000. Das schätzt<br />

auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) der Arbeitgeber bis Ende 2005. Aber wenn der<br />

Ölpreis so weiter steigt, kommt da bis April für die Preissteigerung (momentan bei 2,5%) noch ein Batzen<br />

dazu.<br />

Das Credo der Marktwirtschaft heißt heute:<br />

Rationalisieren, Entlassen, Löhne senken, Expandieren.<br />

Und das ganze wieder von vorne.<br />

Die Vorschläge für einen „Dritten Weg“ zwischen Kapitalismus und einer Kommandowirtschaft<br />

(bzw. Sozialismus, wie die „Dritte Weg“-Theoretiker die Ein-Parteiendiktatur der DDR irrigerweise nennen)<br />

helfen uns da auch nicht wirklich weiter, denn dann hätten wir die Nachteile des Kapitalismus, die<br />

Arbeitslosigkeit, und die der Kommandowirtschaft, die Billigstlöhne. Wir bekommen ja diesen Weg gerade<br />

mit China vorgeführt, Millionenheere zerlumpter Arbeitsloser auf dem Lande und die feinen Herrschaften<br />

von Partei und Kapital leben in Saus und Braus – nein danke<br />

Die alternative Produktionsweise drängt sich bei den voranschreitenden Lohnkürzungen und<br />

Entlassungen fasst von selber auf, ob man das will oder nicht. Es ist die nach den objektiven Interessen<br />

der Arbeiter ausgerichtete, dem Internationalismus. Was hat der Kollege von Siemens davon, wenn sein<br />

Kollege bei Haier in Schaghai <strong>nur</strong> 1 €uro Lohn bekommt? Nichts, denn dann wird sein Lohn gedrückt und<br />

letztlich wird er gefeuert. Also ist sein objektives Interesse, dass alle Arbeiter in der Welt das gleiche wie<br />

er selbst verdient, nämlich 4.000 €uro im Monat. Wenn er selber entscheiden könnte, würde er den<br />

Vorschlag sofort annehmen und die Konkurrenzlogik sein lassen, und schon wäre alles gelöst. So einfach<br />

ist das.<br />

Macht mal auf der nächsten Betriebsversammlung den Vorschlag, wenn die Vorstände euch<br />

was vom Gürtel enger schnallen erzählen, weil ja die Osteuropäer oder die Asiaten so billig seien. Wir<br />

Arbeiter aber haben einen besseren Vorschlag: Nicht, dass wir so wenig verdienen wie die Asiaten,<br />

sondern umgekehrt, die Asiaten und die ganze Wellt sollen so viel verdienen wie wir. Ihr werdet sehen,<br />

dass alle selbstbewussten Kolleginnen und Kollegen begeistert sein werden. Ich selber habe diesen<br />

Vorschlag als Vertrauensmann bei einem Autozulieferer (Ate-Scheibenbremsen) 1974 vor mehreren<br />

tausend Kollegen gemacht, als ein Vorstand uns was von den billigren Japanern verklickern wollte. Da<br />

war ein riesen Hallo, besonders natürlich bei den ausländischen Kollegen, und der Vorstand getraute sich<br />

nicht, mich wegen einer politischen Stellungnahme abzumahnen, später darf er das nicht mehr, außerdem<br />

hat er ja selber mit den politischen Stellungnahmen angefangen, die Kollegen hätten ihn gevierteilt. Na ja,<br />

70er Jahre, da war das noch einfacher. Danach sprach mich ein Kollege an: „Kollege“ sagte er, „du bist<br />

ein guter Philosoph, aber du wirst es nie schaffen, alle Kollegen unter einen Hut zu bringen“.<br />

Und genau das ist das Problem. Schlaues Gerede das, aber wie sollen wir dann dahin<br />

kommen? Und genau diese Frage werden sich jetzt alle Leser dieser Zeilen stellen.<br />

Genossen, die sich in der Arbeitergeschichte auskennen, wissen, dass sich in allen<br />

revolutionären Zeiten demokratische Arbeiterräte spontan von selber entstanden sind, zum Schluss in<br />

Portugal 1974. Am Anfang entwickeln sich spontan an der Basis „wilde“ Streiks (nicht offizielle, nicht<br />

angemeldete, ohne Bahnsteigkarte) und bilden Streikkomitees. Dieser erste automatische Schritt ist<br />

bereits in den Anfängen erfolgt, z. B in London bei 35.000 Postarbeitern (Die gaben sogar eine Zeitung<br />

raus) und bei den Feuerwehrleuten oder in Rom bei den Busfahrern. Die Opel-Kollegen hatten schon<br />

daran gedacht, aber dann wurde der Streik mit der suggestiven Frage „Wollt ihr weiterstreiken oder<br />

verhandeln leider abgebrochen. Diese Bewegung wird sich mit den weiteren Lohnkürzungen und<br />

Entlassungen immer weiter entwickeln, früher oder später auch in Deutschland, ob man das will oder<br />

nicht. Die Streikrätte werden nach 3 Prinzipien gewählt. 1. Jederzeitige Abwählbarkeit, 2. Sie unterliegen<br />

den Beschlüssen der regelmäßig tagenden Basis und sind ihnen rechenschaftspflichtig. 3. Sie erhalten<br />

kein Extralohn.<br />

Mit der Zeit werden die Streikräte auch andere Aufgaben übernehmen wie Preis- oder<br />

Mietkontrolle, soziale oder administrative Aufgaben und am Ende werden die Streikräte sich national<br />

vernetzen und in demokratische Arbeiterräte umbenennen mit den oberen 3 Prinzipien, der 3. Punkt heißt<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 7


dann: Facharbeiterlohn. Soweit wird die Entwicklung nicht von unserem Willen abhängen, das wird<br />

kommen wie das Amen in der Kirche.Da sind wir uns auch sicher, dass die WASG in den höchst<br />

demokratischen Arbeiterräten, so sie kommen, mitarbeiten werden würden. Sonst hätte sie ja bei den<br />

Arbeitermassen nichts mehr zu melden.<br />

Die Entwicklung mit dem Sozialklau wird in der Konkurrenzwirtschaft natürlich weiter gehen<br />

wie bisher. Seit 1971 leben wir in einem großen Abschwung mit kleinen Aufschwüngen zwischendurch.<br />

Die Marktwirtschaft hat die großen Abschwünge bisher <strong>nur</strong> mit Weltkriegen beenden können. Heute aber<br />

würde ein Weltkrieg ein Atomkrieg bedeuten und das hieße Untergang der Menschheit. Nein nein, soweit<br />

wird es nicht kommen, noch nicht mal dazu, dass die Pariser Intifada auf die Arbeiterbewegung übergreift.<br />

Schon lange vorher wird der Ruf nach einer solidarischen demokratischen Planwirtschaft immer lauter.<br />

Leider bringt es keinen Sinn, dass die Kapitalisten eine Planwirtschaft durchführen, denn da<br />

bliebe kein Gewinn übrig oder sie gewönnen die Kollegen für eine kapitalistische<br />

Sklavenhaltegesellschaft, wo die über 30jährigen zu Büchsenfleisch verarbeitet werden, weil, die wären<br />

dann für die Wirtschaft echt überflüssig und die totalen Parasiten<br />

Also werden die Kolleginnen und Kollegen die Sache selber in die Hand nehmen müssen, und<br />

eine solidarische Welt bauen, in der nach den Bedürfnissen der Basis produziert wird und nicht mehr für<br />

einen unbekannten Markt. Ab hier greift der bewusste Wille ein. 1917 gab es zwar spontan Arbeiter- und<br />

Soldatenräte, die aber dann ihre Macht dem bürgerlichen Parlament überließen. Die KPD um Rosa<br />

Luxemburg waren erst 3.000 Genossen. Niemand hatte aber Erfahrung mit dem Kapitalismus, man stand<br />

noch am Anfang. Heute stehen wir an seinem Ende und vor seiner langsamen Auflösung. Alle Staaten<br />

sind pleite wie 1989 die DDR und haben heute schon nichts mehr anzubieten außer Arbeitslosigkeit und<br />

Lohnkürzungen, nichts mehr. Und es wird nie mehr besser, <strong>nur</strong> noch schlimmer. Ende – Aus – Vorbei.<br />

Da langt in ganz Deutschland der Vorschlag von ein paar hundert überzeugten Anhänger der<br />

solidarischen Planwirtschaft, die von den demokratisch gewählten Arbeiterräten durchgeführt werden<br />

sollte, und die Millionenmassen der Arbeiterinnen und Arbeiter werden gemeinsam durch Deutschlands<br />

Straßen spazieren Die Pariser Intifada ist <strong>nur</strong> ein Vorbote davon. Wie in Leipzig 1989 wird kein Schuss<br />

fallen, wofür auch, Soldaten und Polizisten werden auch mitflanieren, und die Konkurrenzlogik, die so tief<br />

in unsere Hirne traumatisierend eingebrannt wurde, wird an einem Tag verflogen sein<br />

Alle Fenster werden geöffnet und die Betriebe werden in eine Agora verwandelt, auf der alle<br />

Menschen nach schöpferischer Arbeit gemeinsam über den Sinn der nächsten Maschine in der Galvanik,<br />

über den Bau eines Museums im Städtchen nachdenken oder die Dialektik bei den alten Griechen<br />

beleuchten. Das hat doch was, oder?<br />

Du denkst, dass dann ein finsterer Bürokrat kommt, der nicht mitflaniert ist und deshalb nicht<br />

durchgelüftet wurde, und die harmonische Welt zerstören wird. Dabei muss man wissen, dass es 1917 in<br />

Russland <strong>nur</strong> 4% Arbeiterklasse gegeben hat und Stalin deshalb leicht mit seinen Schlägertruppen und<br />

Hinrichtungen seine Konterrevolution durchführen konnte.<br />

Heute sind wir aber in Europa 85% Arbeiterklasse, da wird ein Möchtegern-Stalin ganz schnell<br />

wieder abgewählt. Wir können es uns auch leisten, die kleinen Ladenbesitzer und alle Kleinbürger im<br />

Arbeiterrat mitentscheiden zu lassen und wenn Herr Pierer ganz brav die Debitoren bucht, dann darf er<br />

auch mitwählen.<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 8


Das ist doch ein viel demokratischeres System als die bürgerliche Demokratie, wo du <strong>nur</strong> alle<br />

4 Jahre wählen darfst und dann für den Rest über dich entschieden wird. Hier werden regelmäßig<br />

Abteilungs-, Werks-, Stadtversammlungen usw., Räte und Delegierte gewählt, Beschlüsse gefällt und<br />

unsere Häuptlinge sind noch daran gebunden und machen das Ganze <strong>nur</strong> für den Spaß. Mit der Zeit kann<br />

niemand mehr wie die frühen Germanen zwischen Arbeit und Hobby unterscheiden. Also, du hast nicht<br />

<strong>nur</strong> die höchste Demokratie, sondern auch die Befreiung von der ermüdenden Lohnarbeit.<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 9


Und wie funktioniert eine solidarischer Basisplan? Da brauchst Du noch nicht mal Volkswirtschaft<br />

studieren. Du gibst einfach im Internet ein, was du die nächste Zeit alles brauchst und die Summe wird<br />

dann weltweit entsprechend der Arbeitsplätze auf alle Werke umgelegt. Und wenn ein Werk eine<br />

Supermaschine hat, dann kriegen die anderen die auch, lizenzfrei, und alles freuet sich, weil man jetzt<br />

wieder mehr Zeit gewonnen hat, eine Friedenswasserpfeife zusammen zu rauchen und über die<br />

Anwendung der Relativitätstheorie in ihren Werken für Autorooter zu diskutieren oder den Einfluss von<br />

Picasso auf die surrealistische Malerei.<br />

Wer jetzt immer noch meint, dass der Mensch für so was einfaches viel zu egoistisch sei und er<br />

wolle lieber die Marktwirtschaft zurück, dem möchte ich empfehlen, an den nächsten zehn Generalstreiks<br />

in Paris mit zu demonstrieren, dann können wir weiterreden.<br />

Noch aber ist es so, dass hier alle Menschen zu bedrückt und niedergeschlagen sind. Noch hält<br />

man eine so schönen Traum für ein Märchen aus 1001er Nacht. Also begeben wir uns dahin, wo sie<br />

auch am nahesten am Arbeiter stehen. Und das ist die WASG. Mit dem linken Keynesianismus werden<br />

die Kollegen im 1. Schritt wenigstens nicht geschröpft. Und oft, nicht immer, macht die Arbeit hier auch<br />

Spaß. Es wird eine gerechte Politik versucht. Sollte in einem großen Land trotz Lohnerhöhung und<br />

antizyklischer Investitionspolitik auf Schuldenbasis doch kein Wirtschaftsaufschwung zustande kommen<br />

oder aus den Streiks würde immer lauter der Ruf nach demokratischen Arbeiterräten ertönen, werden wir<br />

die obigen Vorschläge, wie die Wirtschaft zum Wohle der Menschen wieder in Gang kommt, dann<br />

diskutieren.<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 10


Wie wir ein Unternehmen selbst übernehmen<br />

und führen können.<br />

Brief an einen ausgetretenen Genossen<br />

von <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong><br />

Jürgen stellte sich vor seinem Austritt die wichtigste Frage von<br />

heute, die sich auch tausende anderer Kollegen bei der<br />

derzeitigen, alles übersteigendem Kapitalflucht fragen müssen.<br />

(Wegen der LPDS-freundlichen Haltung des Bundesvorstandes trat<br />

er aus. Leider konnte natürlich die derzeitige Führung seine Frage<br />

auch nicht beantworten.)<br />

„Wie sieht es denn mit den realen Möglichkeiten aus?<br />

Bevor der Konzern, der erst Anfang des Jahres das<br />

Tochterunternehmen, bei dem ich arbeite, an einen<br />

amerikanischen Investor verscherbelt hat, haben sich einige von<br />

uns im Unternehmen NATÜRLICH Gedanken gemacht, welche<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 11


Möglichkeiten es gäbe, das Unternehmen selbst zu übernehmen,<br />

aber wovon? Von den fetten Aktiengewinnen der New Economy?<br />

Von den sinkenden Reallöhnen?<br />

Die Investorengruppen haben die Taschen prallvoll.<br />

Es muss in der Tat andere Weichenstellungen geben?<br />

Jürgen Soppa<br />

Mülheim“<br />

Hallo Jürgen,<br />

deine Fragestellung ist in diesen Tagen die spannendste und<br />

wichtigste. Der Tag der Marktwirtschaft neigt sich seinem Ende zu<br />

und es leuchtet kein Licht, dass uns den Weg zeigt. Die<br />

durchschnittliche Profitrate (Rendite) aus produktivem Gewerbe,<br />

die das Kapital belebt hatte, ist gegen Null gefallen und die<br />

Grenzen des Marktes sind mit China erreicht*. Dort ist die<br />

Nachfrage nach Autos um 80% im letzten Monat gefallen und die<br />

tausende Wolkenkratzer finden keine Mieter mehr. Ende – Aus –<br />

Vorbei.<br />

(* Vgl. <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Rosa Luxemburg, die Grenzen des Marktes und die Todeszuckungen des<br />

Kapitalismus!, Köln)<br />

Auch Sir Keynes wird uns da nicht mehr weiter helfen können*.<br />

Manche denken auch, dass der Kapitalist <strong>nur</strong> aus bösartiger<br />

Profitsucht uns in den Niedergang reißen würde. Dann kommen<br />

aber die Sozialdemokraten mit ihrer Heuschreckendebatte und sie<br />

bräuchten alle <strong>nur</strong> in Gutmenschen verwandeln, und dann würde<br />

alles wieder heile.<br />

(*<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Wird der linke Keynesianismus mit einem nachfrageorientierten Konjunkturprogramm uns<br />

retten können? In www.LinkeZritung.de)<br />

Nein. Jeder, auch wir selber, unterliegen dem globalisierten Markt.<br />

Schon 1998 ist die durchschnittliche Profitrate nach Robert<br />

Brenner im produzierenden Gewerbe in Deutschland unter den<br />

Finanzmarktzinssatz auf 3,5% gefallen. Und auch die konnten <strong>nur</strong><br />

erreicht werden durch Aktien-Spekulationen der Konzerne, also<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 12


<strong>nur</strong> durch außerordentliche Gewinne.<br />

Die technische Zusammensetzung des Kapitals ist schon derart<br />

hoch, dass die Arbeit, die einzigste Quelle des Mehrwerts, <strong>nur</strong><br />

noch 20% und weniger des Warenwertes ausmacht. Die<br />

Durchschnittsprofitrate könnte man <strong>nur</strong> dadurch wieder steigern,<br />

indem man alle Welt zwingt, die NC-Maschinen auf den Schrott zu<br />

werfen und wieder zu Hammer und Amboss zurückzukehren.<br />

Aber:<br />

„Es besteht ein Muß für die Kapitalisten, zu rationalisieren.<br />

Gleichzeitig ist es für das Kapital unabwendbar, dass die<br />

Profitrate sinkt. Der tendenzielle Fall der Profitrate ist keine<br />

Böswilligkeit von irgendwelchen unbekannten Mächten, sondern<br />

er liegt in der Logik der Sache des Konkurrenzkampfes zwischen<br />

verschieden chaotisch handelnden Anbietern und uneinheitlich<br />

handelnden Nachfragern auf dem offenen "freien" Markt.“<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: „Marxistische Wirtschaftstheorie, leicht gemacht.“, Köln<br />

Die Einzelkapitalisten rationalisieren und werfen Leute raus in<br />

dem blinden Glauben, damit die eigene Profitrate zu steigern.<br />

Aber weil alle Konkurrenten das auch machen, entledigen sie sich<br />

damit auch ihrer Quelle des Mehrwerts. 1997 ging Mit der<br />

Beschäftigung fällt also auch die Duchschnittsprofitrate. Nachdem<br />

man bei den Aktien-Spekulationen niemanden mehr gewinnen<br />

konnte, den man austricksen konnte, ging man ab 2004 dazu<br />

über, massivst die Löhne zu senken, umso die Profitrate wieder<br />

hoch zu päppeln. Mit jeder Lohnkürzung trieb man aber auch den<br />

Fall der Profitrate an. Also musste Schröder am 1.1.2005 die<br />

Hedgefonds einführen - Wetten auf Aktien, auf Devisen, auf<br />

Warentermingeschäfte und auf die ganze Welt -, dass man<br />

überhaupt noch was hatte, was Profite machte. Und dieses<br />

Spielcasino, das Schneeballsystem des großen Geldes macht<br />

noch fette 40% Gewinne. Da kommen noch all die großen<br />

Gewinne her, nicht mehr aus der Produktion. Die gibt es <strong>nur</strong> noch<br />

in China. Die Profitproduktion in der Produktion wurde 1998<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 13


abgelöst vom Shareholder-Kapitalismus. Der heute<br />

vorherrschende Kapitalflucht- und der Hedgefondskapitalismus<br />

kann <strong>nur</strong> noch abgelöst werden von der Barbarei – oder von den<br />

Arbeitern selber. Wer da vom Kapital nicht als Hyäne auftritt, wird<br />

einfach ausgelutscht und vom Markt gefegt. Wir Arbeiter sind in<br />

Europa schon 85% der Bevölkerung, da kriegen wir doch so<br />

etwas einfaches, wie eine Waschmaschine zu bauen, die sich<br />

eine alleinerziehende Mutter sich zu Weihnachten wünscht, doch<br />

hin, oder?<br />

Ja, aber warum fordert dann die Deutsche Bank sogar 25% Profit<br />

ein, was sie in China erreichen können? Das ist ja noch höher, als<br />

die Durchschnittsprofirate vor dem 2. Weltkrieg von 18%.<br />

Natürlich zuerst, weil <strong>nur</strong> die allergrößten bis zum Schluss<br />

überleben. Aber Größe allein ist keine Garantie mehr für die<br />

Langlebigkeit. Beispielsweise stand General Motors kurz vor der<br />

Insolvenz. Der Konzern wurde gerade mal dadurch gerettet, weil<br />

der 19.reichste Mann der USA, Eigner von 11 Milliarden, Kirk<br />

Kekorian, für 800 Millionen Dollar GM-Aktien kaufe. Aber GM<br />

produziert inzwischen weiter auf Halde.<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 14


Der Vorbote der Depression<br />

Börse von Hongkong<br />

„Tatsache ist, dass die gesamte Weltwirtschaft seit den 70er<br />

Jahren in eine allgemeine Stagnation verfallen ist. Betrug das<br />

wirtschaftliche Wachstum der OECD-Staaten zwischen 1960<br />

und 1973 jährlich 4,9 %, so fiel es in den darauffolgenden<br />

Perioden auf 2,8 % (1973-79), 2,6 % (1979-90) und 2,4 %<br />

(1990-97). Diese Stagnationskrise der Weltwirtschaft umfasst<br />

mehr oder weniger alle großen Industriestaaten.“<br />

Volkhard Mosler: „Der Krieg gegen den Soziälstaat“, Soziologe, im WAG-Vorstand, Frankfurt, S. 10<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 15


Und jetzt kommt noch die Konkurrenz aus China dazu. Die<br />

Konzerne wissen selber, dass der ganze Laden bald<br />

zusammenbricht. Siemens schickt seine Top-Manager auf<br />

Marxismusschulungen. Ich hatte als Kosten-Controller einen<br />

Vorgesetzten im obersten Management, der hatte extra in Moskau<br />

das Kapital studiert. Das musste er mir natürlich als<br />

gewerkschaftlichem Vertrauensmann und Trotzi-Anhänger stolz<br />

erzählen. Er wusste schon in den 70ern, dass der Marktwirtschaft<br />

bald die Puste ausgehen wird. Von ihm hatte ich das auch mit den<br />

Siemens-Managern. Diese Leichenfledderer sind jetzt von<br />

Torschlusspanik gepackt. Das Big Business sackt noch vor<br />

seinem Exitus möglichst viel ein, um wie der Kaiser von China<br />

oder die Pharaonen unendliche Reichtümer wie die<br />

Tonkriegerarmee mit ins Grab nehmen zu können und sich damit<br />

das ewige Leben zu erkaufen. Also, wir alle sollen den Gürtel<br />

enger schnallen für die Tonkriegerarmee der Deutschen Bank.<br />

Aber, wie wusste es schon Bertold Brecht:<br />

„Sie haben Gesetzbücher und Verordnungen,<br />

Gefängsnisse und Festungen.<br />

Ihre Fürsorgeanstalten zählen wir nicht.<br />

Sie haben Gefängniswärter und Richter,<br />

die viel Geld bekommen und zu allem bereit sind.<br />

Ja, wozu denn?<br />

Glauben sie denn, dass sie uns damit kleinkriegen?<br />

Eh sie verschwinden,<br />

und das wird bald sein.<br />

Werden sie gemerkt haben,<br />

dass ihnen das alles nichts mehr nützt.<br />

Sie haben Zeitungen und Druckereien,<br />

um uns zu bekämpfen und mundtot zu machen.<br />

Ihre Staatsmänner zählen wir nicht.<br />

Sie haben Pfaffen und Professoren,<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 16


die viel Geld bekommen und zu allem bereit sind.<br />

Ja, wozu denn?<br />

Müssen sie denn die Wahrheit so fürchten?<br />

Eh sie verschwinden,<br />

und das wird bald sein.<br />

Werden sie gemerkt haben,<br />

dass ihnen das alles nichts mehr nützt.<br />

Sie haben Tanks und Kanonen,<br />

Polizisten und Soldaten.<br />

Ja, wozu denn?<br />

Haben sie denn so mächtige Feinde?<br />

Sie glauben,<br />

da muss doch ein Halt sein,<br />

der sie, die Stürzenden stütz.<br />

Eines Tages,<br />

und das wird bald sein,<br />

werden sie sehen,<br />

dass ihnen das alles nichts mehr nützt.<br />

Und da können sie noch so laut Halt schreien,<br />

weil sie weder Tank noch Kanonen mehr schützt<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 17


Wir Arbeiter haben ein ganz anderes Interesse als die<br />

Marktwirtschaft, die auf dem Konkurrenzprinzip aufgebaut ist.<br />

Was hat der VW-Kollege davon, wenn sein chinesischer Kollege<br />

<strong>nur</strong> 2 €uro verdient? Nichts! Denn der wird von den Konzernen<br />

<strong>nur</strong> als Dumpinglöhner gegen ihn eingesetzt. Sein Lohn wird<br />

gekürzt und das Band wird schneller gestellt. Wir haben nichts<br />

mehr zu verlieren, außer unseren Ketten. Da wird die<br />

Arbeiterklasse einen weltweiten solidarischen Plan organisieren,<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 18


und das kann <strong>nur</strong> er selber, kein Stellvertreter, wie der Bürokrat in<br />

der DDR. Aber dazu später.<br />

„Und wie funktioniert eine solidarischer Basisplan? Da<br />

brauchst Du noch nicht mal Volkswirtschaft studieren. Du gibst<br />

einfach im Internet ein, was du die nächste Zeit alles brauchst<br />

und die Summe wird dann weltweit entsprechend der<br />

Arbeitsplätze auf alle Werke umgelegt. Und wenn ein Werk eine<br />

Supermaschine hat, dann kriegen die anderen die auch,<br />

lizenzfrei, und alles freuet sich, weil man jetzt wieder mehr Zeit<br />

gewonnen hat, eine Friedenswasserpfeife zusammen zu<br />

rauchen und über die Anwendung der Relativitätstheorie in ihren<br />

Werken für Autorooter zu diskutieren oder den Einfluss von<br />

Picasso auf die surrealistische Malerei.“<br />

(<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Wird der linke Keynesianismus mit einem nachfrageorientierten Konjunkturprogramm uns<br />

retten können? In www.LinkeZritung.de)<br />

Das portugiesische Volk begrüßt die Kultur<br />

In der portugiesischen Revolution 1974 errichteten die Arbeiterräte eine Arbeiteruniversität in Lissabon,<br />

bis auch dieses Experiment mit CIA-Geldern beendet wurde.<br />

Wie kommen wir aber dahin? Wenn ihr der erste Betrieb seid, die nach<br />

einem Basisplan produzieren wollen? Man unterliegt doch auch diesem<br />

globalisiertem Wettbewerb. Besser ist es natürlich, wenn zuerst die<br />

Betriebe, bei denen Entlassungen stattfinden, eine alternative Struktur<br />

aufbauen. Den Opel-Kollegen ist das ja schon fast gelungen, bis die SPD-<br />

Gewerkschaftsführung sie mit der Frage ausgebremst hatte, „Wollt ihr<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 19


weiter streiken oder verhandeln?“ Als ob nicht beides ginge, verhandeln<br />

und weiter streiken, wie bei Mercedes und VW auch. Auf der folgenden<br />

Betriebsversammlung wurde kein Streikbefürworter zugelassen. Die<br />

Kollegen hätten einen Streikrat wählen sollen, dann hätten sie nicht so<br />

schnell ausgetrickst werden können, aber da hatte sie zu spät daran<br />

gedacht. Dann die Basiskämpfer untereinander vernetzen, also die Opel-<br />

Betriebsgruppe GOG, die Mercedes-Leute, die WASG-Betriebsgruppe bei<br />

Höchst, die Gruppe bei der Charité und und und.<br />

In Deutschland wurde die Streiktradition bei den Arbeitern von der<br />

Nazidiktatur unterbrochen. Deutschland ist außerdem eines der wenigen<br />

Länder, bei denen Streikgeld von der Gewerkschaftsführung bezahlt wird.<br />

Das kettet die Kollegen im besonderen Maße an die neoliberale<br />

Gewerkschaftsführung. Während in Europa schon 10 Generalstreiks in<br />

2005 durchgeführt wurde, kann man die großen Streiks hier noch an einer<br />

Hand abzählen. Aber, Opel hat gezeigt, dass auch diese Kette einmal<br />

zerreißen wird und wenn ein Betrieb dies erfolgreich durchführen wird, wird<br />

es kein Halten mehr geben. Trotzki sagte über die Deutschen, dass sie<br />

lange brauchen, bis sie den Klassenkampf verstehen. Aber wenn sie ihn<br />

einmal verstanden haben, dann machen sie es gleich richtig. Also, wir<br />

lassen einfach die 10 Generalstreiks aus und besetzen gleich die Betriebe.<br />

Die Vernetzung der oppositionellen Betriebgruppen haben wir heute in den<br />

Anfängen schon. Schau doch einfach unter www.Labournet.de „Initiative<br />

zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken“. (das haben übrigens die alten<br />

Opel-Leute aus den 70ern initiiert Deshalb ein englischer Name, weil schon<br />

international, selbst China ist mit dabei). Der nächste Schritt ist die<br />

gegenseitige Information. Webseiten sind das erste. In London haben die<br />

30.000 für ein ½ Jahr wild streikenden Postarbeiter eine Zeitung<br />

herausgebracht. Wild streiken heißt, zu streiken, ohne Erlaubnis der<br />

Gewerkschaftsführung. Man macht Veranstaltungsreihen bei allen sich<br />

solidarisierenden Kollegen in allen Städten und sammelt Geld für den<br />

Streikfond.<br />

Bezahlung der Streiktage und keine Entlassung der Streikführung – von<br />

niemandem - fordern. Bei Gate Gourmet am Düsseldorfer Flugplatz haben<br />

sie dem Streikbrecherbus Schmierkäse auf die Fensterscheiben<br />

geschmiert. Opel hat seinen Streik begründet als eine<br />

Dauerbetriebsversammlung. Wichtig ist, wenn man nicht mehr drumherum<br />

kommt, unbedingt für alle die gleiche absolute Abfindung zu fordern, sonst<br />

streiken <strong>nur</strong> die, die wenig Abfindung bekommen.<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 20


Wenn nun jetzt ein Betrieb ganz geschossen und alle entlassen werden<br />

sollen, kann man schon auf diesem Netzwerk aufbauen. Die Aktien<br />

brauchen wir nicht. Die Aktien dürfen sich die feinen Damen und Herren<br />

Couponschneider mit nach New York nehmen und damit ihr Clo tapezieren.<br />

Die Maschinen bleiben aber hier. Den Betrieb besetzen und aufpassen,<br />

dass keine Fertigungsmaschine und keine Computer das Werk verlässt.<br />

Eine Streikleitung wählen und am Anfang tägliche Abteilungs- und<br />

Betriebsversammlungen durchführen. Die Streikleitung unterliegt den<br />

Beschlüssen der Basis, ist ihr rechenschaftspflichtig und jederzeit<br />

abwählbar. Soweit zur Basisdemokratie für die meiste Zeit deines Tages,<br />

nicht <strong>nur</strong> für am Feierabend.<br />

Anfangs hat man noch Stress mit den Polizeikollegen, aber das geht vorbei.<br />

Die werden ja auch gekürzt und waren auch schon mit Uniform auf<br />

manchen ver.di-Demos. Ein Kollege ist beim Plakatieren von Plakaten<br />

gegen Soziaklau erwischt worden. Das kostete damals 1.000 Mark. Die<br />

Staatsdiener schauten sich das interessiert an, Internationale Sozialisten,<br />

so, so, Revoluzzer, mh, mh, gut, gut, weitermachen, da vorne findest du<br />

einen guten Patz zum kleben. In Frankfurt hat sich am 17.6.79, als 50.000<br />

gegen die Nazis antraten, eine ganze Polizeikaserne krank gemeldet. Und<br />

wenn schon einige Betriebe besetzt, werden sie bei Betriebsbesetzungen<br />

schon einen Weg finden, wie sie ihren Chef austricksen können und<br />

letztlich ihn selber rausschmeißen und einen Streikrat wählen.<br />

Aber wenn das doch so einfach, demokratisch und klar ist, warum machen<br />

die Kollegen das nicht schon längst? „Das herrschende Bewusstsein ist das<br />

Bewusstsein der Herrschenden“, sagt Marx. Jeden Tag sülzen alle Medien<br />

die Vorurteile des Kapitals in unsere Köpfe und wir singen uns dann das<br />

hohe Lied des Wettbewerbs gegenseitig vor.<br />

„Der Konkurrenzkampf führt zum Akkumulationszwang. Die Konkurrenz<br />

entscheidet über das Verhältnis von Konsum zu Investitionen. Der<br />

Leidtragende der Akkumulation ist der Arbeiter. Eine höhere Investition,<br />

noch dazu an falscher Stelle, ist <strong>nur</strong> auf Kosten seines Lohnes<br />

durchzuführen. Daher kann sein Interesse <strong>nur</strong> der Aufhebung der<br />

Konkurrenzproduktion gelten. Sein objektives Interesse liegt <strong>nur</strong> in der<br />

solidarischen, internationalen Produktionsweise, dem weltweiten Plan<br />

unter Arbeiterkontrolle. Im Kampf um seine ökonomischen Interessen<br />

macht der Arbeiter politische Erfahrung, z.B. mit dem bürgerlichen Polizei-<br />

und Justizapparat oder mit dem bürgerlichen scheindemokratischen<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 21


Parlament. Die Masse lernt also im Kampf, nicht außerhalb des Kampfes<br />

am grünen Tisch. Zur Verarbeitung und Verallgemeinerung der<br />

Erfahrungen, deren Hineinstellen in den Rahmen der gesamten<br />

Arbeiterbewegung und Umwandlung der Spontaneität in ein von den<br />

Tageskämpfen unabhängiges Bewusstsein aber ist die Partei mit einer<br />

proletarischen Theorie notwendig. Der Proletarier muss die<br />

wirtschaftstheoretischen Zusammenhänge auch verstehen können,“<br />

(<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>, „Klassenkampf“, Köln, S. 8<br />

Die ersten Betriebe, die unter demokratischer Kontrolle der Arbeiter besetzt<br />

werden, haben es in der Tat schwer, denn noch herrscht die<br />

Marktwirtschaft und die Kollegen unterliegen dann auch dem globalisierten<br />

Markt. Ihre Bereitschaft ist aber dann, vorübergehend einen kleineren<br />

Lebensstandard hinzunehmen, bis man größere Bereiche kontrolliert,<br />

weitaus höher, weil sie nun über die ganze „Backstub“ verfügen. In den<br />

70er Jahren hatten die Kollegen das öfters gemacht, das Zementwerk in<br />

Erwitte z.B. oder die Uhrenfabrik in Lip/Besancon. Die Kollegen dort hatten<br />

u.A. ihre Uhren mit das Emblem „Atomkraft – Nein Danke“ in französisch<br />

bedruckt und boten sie dann in der linken Szene an. Als Ende der 70er die<br />

Szene abflaute, mussten auch die Kollegen diese Betriebe aufgeben.<br />

Heute aber gibt es kein Zurück mehr. Wenn die AEG-Leute ihren Betrieb<br />

besetzen würden, würde das die Kollegen in den anderen Betrieben<br />

inspirieren und das würde eine große Streik- und Besetzungswelle<br />

auslösen. Sie brauchen <strong>nur</strong> „für die 35Std. Woche auf ihre<br />

Waschmaschinen aufdrucken, dann wären schon 100.000 Käufer<br />

garantiert.<br />

„Diese Bewegung wird sich mit den weiteren Lohnkürzungen und<br />

Entlassungen immer weiter entwickeln, früher oder später auch in<br />

Deutschland, ob man das will oder nicht. Die Streikräte werden nach 3<br />

Prinzipien gewählt. 1. Jederzeitige Abwählbarkeit, 2. Sie unterliegen den<br />

Beschlüssen der regelmäßig tagenden Basis und sind ihnen<br />

rechenschaftspflichtig. 3. Sie erhalten kein Extralohn.<br />

Mit der Zeit werden die Streikräte auch andere Aufgaben übernehmen wie<br />

Preis- oder Mietkontrolle, soziale oder administrative Aufgaben und am<br />

Ende werden die Streikräte sich national vernetzen und in demokratische<br />

Arbeiterräte umbenennen mit den oberen 3 Prinzipien, der 3. Punkt heißt<br />

dann: Facharbeiterlohn. Soweit wird die Entwicklung nicht von unserem<br />

Willen abhängen, das wird kommen wie das Amen in der Kirche“.<br />

(<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Wird der linke Keynesianismus mit einem nachfrageorientierten Konjunkturprogramm uns<br />

retten können? In www.LinkeZeitung.de)<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 22


Arbeiterratsitzung in Russland 1917<br />

(Die Arbeiterklasse betrug aber <strong>nur</strong> 4% (85% waren Bauern), und ohne Arbeiter konnte sich Stalin mit<br />

seinen Schlägertrupps und Hinrichtungen leicht durchsetzen. Heute sind wir Arbeiter aber 85% der<br />

Bevölkerung)<br />

Wenn nun die bürgerliche Politik nicht mehr weiterkommt mit ihren<br />

Alternativen, da ja im Grunde genommen das Kapital mit seinen<br />

menschenverachtenden Gesetzen herrscht, werden die Arbeiter<br />

sich bald fragen, warum sie das nicht selber machen, wenn die da<br />

oben <strong>nur</strong> noch Pfuschwerk fabrizieren? Jetzt werden aber ganz<br />

groß die vereinigte SPD und die PDS mit unseren Spezialisten auf<br />

trumpfen, sie würden das Kind schon schaukeln, und der ganze<br />

neoliberale Spuk begänne wieder von Neuen.<br />

Die PDS kommt natürlich auf die Idee, zu verstaatlichen. Die<br />

verstaatlichten Betriebe unterliegen natürlich genau so dem<br />

wildgewordenen Weltmarkt, wie die Einzelbetriebe. Solange der<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 23


Staat aber unter Kontrolle des Staates oder stellvertretender<br />

Bürokraten steht und nicht unter der der Arbeiterbasis, wird er mit<br />

der Ausweitung der kapitalunabhängigen Betriebe über die<br />

nationalen Grenzen hinaus die Marktgesetze nicht<br />

zurückdrängen. Weder Kapital noch Stellvertreter leiden direkt<br />

darunter und ihre kümmerliche „Alternative“ heißt deshalb <strong>nur</strong><br />

„Stärkung des Standortes Deutschland“. Die Kollegen müssen<br />

aber direkt darunter leiden, wenn die Schichtzeiten ausgeweitet,<br />

die Urlaubsgelder gestrichen oder die Taktzahlen erhöht werden.<br />

Deshalb werden <strong>nur</strong> die Arbeiter an der Basis, und <strong>nur</strong> sie, die<br />

Marktgesetze zurückdrängen und statt dessen nach einem<br />

internationalen solidarischen Plan produzieren, der nach ihren<br />

Bedürfnissen und nach der Vernunft aufgestellt wird. Das aber<br />

kann <strong>nur</strong> funktionieren, wenn der Staat basisdemokratisch nach<br />

den internationalen Arbeiterinteressen von unten nach oben<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 24


aufgebaut ist und wie nach den Regeln der heute schon, sehr<br />

vereinzelt existierenden Streikräte, funktioniert – demokratische<br />

Arbeiterräte.<br />

Die Lösung für die wirtschaftliche Agonie ist heute schon<br />

angelegt. Wir haben die Zukunft praktisch schon vor unseren<br />

Augen.<br />

Aber was macht die WASG bei dem Ganzen? Wenn die SPD und<br />

die PDS die Kolleginnen und Kollegen wieder was vorgaukeln<br />

wollen, dann treten die an der Seite der Kollegen stehenden<br />

linken WASGler auf oder wie sie dann heißen mögen und<br />

erinnern an Berlin und Mecklenburg-Vorpommern: „Kollegen, ihr<br />

dürft euch <strong>nur</strong> auf euch selber verlassen, den Ausweg aus der<br />

wirtschaftlichen Agonie findet ihr mit euren Arbeiterräten <strong>nur</strong><br />

selber viel besser, als alle Professoren zusammen“<br />

Nun spazieren wir gemeinsam durch alle Städte wie 1989 durch<br />

Leipzig. Die Bundesrepublik ist heute genau so blank und ratlos<br />

wie damals die DDR und sie wird genau so schnell wie die<br />

Diktatur das Feld für die viel demokratischeren Arbeiterräte<br />

räumen.<br />

Die Wirtschaftsmisere findet in der ganzen Welt statt und daher<br />

werden weltweit in kurzen Abständen überall Arbeiterräte<br />

entstehen und sich durchsetzen. Natürlich werden da auch die<br />

Bauern, kleine Ladenbesitzer und alle Kleinbürger, Studenten,<br />

Hausfrauen, Rentner und Arbeitslose ihre Delegierte sitzen<br />

haben. Wichtig ist <strong>nur</strong> dabei, dass immer das objektive<br />

Arbeiterinteresse sich durchsetzen kann.<br />

Und weil du schon mal bei deiner Betriebsbesetzung mit der<br />

Selbstorganisation mit der Selbstorganisation Erfahrungen<br />

gesammelt hast, wählen die Kollegen dich zum<br />

Wirtschafsbeauftragten.<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 25


Nun haben wir neben der funktionierenden solidarischen<br />

Wirtschaft auch die Basisdemokratie am Morgen, am Mittag und<br />

am Abend. Und am Ende schaffen wir alle zusammen das Geld<br />

ab und es herrscht <strong>nur</strong> noch ein Gesetz; „Jedem nach seinen<br />

Bedürfnissen, jedem nach seinen Fähigkeiten.“ Aber das ist schon<br />

die nächste Geschichte.<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong><br />

nc-nelteno@netcologne.de<br />

PS: Komm wieder zurück, Jürgen, wir brauchen dich. Wir werden<br />

es schaffen. Wenn nicht dieses mal, dann das nächste mal, denn<br />

<strong>nur</strong> uns Arbeitern gehört die Zukunft.<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 26


Volksaktien<br />

Aktienpakete statt<br />

Lohnerhöhung -<br />

eine bösartige<br />

Falle.<br />

Von <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong><br />

Der Vorschlag von<br />

Bundespräsident Horst<br />

Köhler - Aktienpakete<br />

statt Lohnerhöhung - ist<br />

eine bösartige Falle.<br />

2,7% beträgt die<br />

Durchschnittsrendite <strong>nur</strong><br />

noch in der<br />

Metallbranche, 1998 schon lag die Profitrate im gesamten verarbeitenden Gewerbe bei <strong>nur</strong> 3,5%.<br />

Die Ausschüttung liegt in der Regel nach Abzug der Kapitalerweiterungsrücklagen, etc. ein<br />

Drittel noch unter der Rendite nach Steuer und diese beträgt im Verhältnis zum Tageskurs <strong>nur</strong><br />

noch einen verschwindenden Teil, so, dass im ersten Fall <strong>nur</strong> 1,8% Ausschüttung und weniger<br />

übrig bliebe. Besonders in der traditionellen Produktionsmittelindustrie werden kaum noch<br />

profitable Gewinne gemacht. Ganze Stahlwerke werden nach China verlegt und die Eisenbahn-,<br />

Flugzeug- und Schiffbauindustrieanteile wandern gleich hinterher.<br />

Wer aber bringt für 1,8% sein Geld zur Bank? Damit kann man ja noch nicht einmal die<br />

Inflationsrate von 2,0% in Deutschland oder gar der 4,9% in den USA mit kompensieren..<br />

So werden die Aktien, die unter dem Durchschnitt liegen, <strong>nur</strong> noch bei steigenden Kursen wegen<br />

des dann höheren Wiederverkaufswertes nachgefragt – dem Shareholder-Value, andernfalls <strong>nur</strong><br />

noch kurz vor der Gewinnausschüttung wegen des Mitnahmeeffektes. Bei einer derart niedrigen<br />

Gewinnausschüttung werden die Aktienkurse aber kaum mehr steigen.<br />

Steigende Aktienkurse sind aber unbedingt notwendig für das Großkapital. Ihre Investitionen in<br />

dem verarbeiten Produktionsmittelgewerbe machen sie in den Industriestaaten einerseits mittels<br />

des menschenverachtenden Lohnraubs profitabel. Dieses hält aber nicht lange vor, da mit der<br />

Globalisierung auch ein Wettlauf um den Dumpinglohn losgetreten wurde.<br />

Andererseits erzielen sie ihre profitablen Renditen mit der Spekulation an der Börse. Hier wären<br />

noch fette Gewinne zu erwarten. Schon 1994 stellte sich dieses Ungleichgewicht ein: „Siemens<br />

kassierte aus diesen Finanzanlagen z.B. im Geschäftsjahr 93/94 Zinseinnahmen von 3Milliarden<br />

Mark - weit mehr, als der Gewinn aus dem angestammten Geschäft einbrachte“. (ISW-Report<br />

Nr. 26, S. 6) Aber die Privaten Haushalte hielten 1995 <strong>nur</strong> 14,6% der Aktien in Deutschland.<br />

Damit aber die Kurse noch mehr in die Höhe gehen und die Konzerne noch fetter an dem<br />

Shareholder-Value verdienen konnten, mussten noch weitere Arbeiter zur für sie ruinösen<br />

Spekulation mit der Aktie überredet werden.<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 27


Das deutsche Kapital wünschte sich amerikanische Verhältnisse, wo viele Arbeiter ihre Rente mit<br />

Aktien ansparten. Oft schon verlor dort mancher somit sein Angespartes und landete im Alter<br />

beim Wellfare-Amt, jetzt besonders wieder nach dem Crash 2002. Das Großkapital strich mittels<br />

ihrer Insiderinfos die Gewinne ein. Die Schreibrlinge der Konzerne erfanden mal wieder die<br />

Volksaktie: »Schon mehren sich Stimmen, die im Volkskapitalismus das Modell der Zukunft<br />

sehen - und die einzige Chance, in Zeiten der Globalisierung drohende Verteilungskonfilkte zu<br />

entschärfen. Die neue Parole heißt: Aktien für alle, statt Wohlstand für wenige.« 'Der Spiegel',<br />

Nr. 27/30.6.97, S. 76)<br />

Die Volksaktie ist also keine Erfindung von Köhler. Viel trickreicher drängte uns Schröder 2002<br />

mit der „Riester-Rente“ den Schwindel auf, indem er uns die Arbeitgeberrentenbeiträge um 2%<br />

kürzte und 4%ige eigene Ansparungen u.a. in Aktienfonds steuerlich unterstützte.<br />

Glücklicherweise ließen sich <strong>nur</strong> weniger als 20% der Arbeitnehmer auf diesen Betrug ein,<br />

natürlich weil die meisten gar nicht mehr sparen können und hoffentlich bald in einem stabilen<br />

Wirtschaftssystem dann ihr Altersruhegeld beziehen werden. Aber die wenigen 20% verloren bei<br />

dem Crash 2002 ihre Einlagen und die Banken strichen das ein.<br />

Wenn die Beschäftigten nun aber selber auch Kleinaktionäre sind, dann können sie von den<br />

Vorständen noch dazu leicht erpresst werden, Lohnkürzungen hinzunehmen, da andernfalls ihre<br />

eigenen Aktien fallen würden. Auch und gerade deshalb hatte der Unternehmerverband sofort<br />

Köhlers Vorschlag begrüßt,<br />

Nein, sollte euer Betriebsrat oder die Gewerkschaftsführung solche dämlichen Verträge<br />

abgeschlossen haben, dann tauscht die Aktien so schnell wie möglich in festverzinsliche Anlagen<br />

um. Auch wenn die Aktien noch relativ hoch im Kurs stehen, umtauschen, denn du hast nicht die<br />

Insiderinformationen, wann die Börsenkurse wieder in den Keller fallen. Dein Bankenberater<br />

betrügt dich wie Hilmar Kopper oder ist selber von dem tiefen Irrglauben in ein ewiges<br />

Börsenhoch geleitet:<br />

Aktie unser,<br />

Die du bist an der höchsten der Börsen, der Wall Street,<br />

Geheiligt werde dein Name.<br />

Dein Reich komme,<br />

Dein Wille geschehe,<br />

Wie an der Wall Street<br />

So auch an der schnöden Frankfurter Börse.<br />

Unsere tägliche Dividende gib uns heute.<br />

Und vergib uns unsere Hedgefondskreditschulden,<br />

Wie auch wir<br />

Vergeben unser’n Spekulationsschuldnern.(nachdem sie alles beglichen haben).<br />

Und führe uns nicht in Streikversuchung<br />

Sondern erlöse uns von den Bösen Tarifforderungen,<br />

Denn Dein ist das Reich<br />

Und die Kraft und die Herrlichkeit<br />

In Ewigkeit.<br />

Amen.<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 28


„Die da oben“ wollen uns in ihre verrückte Welt der Aktien, Renditen, Expansion,<br />

Rationalisierungen, Marktanpassungen und Freisetzungen locken. Folgt ihrem Sirenengesang<br />

auf keinen Fall. Denn ihre Welt ist eine völlig andere Welt als unsere Welt „da unten“, eine ins<br />

Gegenteil verkehrte Welt zu der an den Bedürfnissen des Menschen ausgerichteten. Sie verknotet<br />

unsere Hirne und verschachtelt die Synapsen in eine nicht entwirrbare Reihenfolge, bevor sie die<br />

Gedärme von innen nach außen stülpt und die Gliedmaßen an unlogischen Punkten platziert, so<br />

dass das verwirrte traumatisierte Menschengeschöpf sich <strong>nur</strong> noch wie sein eigener Alptraum und<br />

wie sein Roboter sich fortbewegen und denken kann.<br />

Wir wollen diesen Widerspruch am Beispiel einer Grillparty deutlich machen, weil jeder wie du<br />

und ich, schon einmal eine organisiert hat und diese Organisierung jedem geläufig ist.<br />

Zuerst fragen die Initiatoren danach, wer alles teilnehmen will und wie viele Würstchen, Steaks,<br />

Bier, Wasser usw. verzehrt werden. Eine Gruppe kauft das alles ein und einer kassiert dann von<br />

jedem die Gesamtausgaben durch Teilnehmerzahl oder auf welche Abrechnungsart man sich<br />

immer geeinigt hatte. Eie Gruppe kümmert sich um den Grill und andere um die Musik, alle<br />

bereden alles gemeinsam, jeder fasst mit an – und schon wird das Fass hereingerollt. Um einen<br />

Vergleich zur Wirtschaft zu bekommen, bekommt jeder noch 10 €uro pro Stunde für seine Mühe<br />

und wenn einer einen Turbogrill entwickelt, gibt’s für jeden ein Tänzchen mehr.<br />

Unter kapitalistischer Regie ist das viel komplizierter. Da treten mehrere Kapitalisten auf dem<br />

Grillpartymarkt in Konkurrenz zueinander und alle stellen, sagen wir einmal, eine Handvoll<br />

Lohnsklaven für 4 €uro ein, die restlichen 6 €uro, so sagen sie, bräuchten sie für die Grills, für<br />

die Gewinne und für ihr Risiko. Von den 12 Leuten passt einer auf die anderen auf, dass sie auch<br />

schön arbeiten, einer passt auf den Grill auf, einer hat die anderen Kapitalisten im Visier, einer<br />

sitzt im Parlament und einer denkt darüber nach, wie das alles funktioniert und weil der Rest jetzt<br />

so down ist, weil er für die alle mitarbeiten muss, spricht einer noch das Wort zum Sonntag<br />

Nun, wenn einer einen Turbo-Grill entwickelt, wird er einen entlassen, damit der Kapitalist den<br />

Grill auch bezahlen kann. Da er aber jetzt die Wurst billiger verkauft, verlieren die anderen<br />

Marktanteile und entlassen auch Leute. Schon wird weniger Wurst verkauft und es entsteht ein<br />

heißer Kampf um die Marktanteile. Kapitalist 4 schickt seine Männer los, um Kapitalist 2 die<br />

Grillkohle zu klauen, und 3 lässt von 1 den Turbogrill klauen. Aber weil dort eine Gulaschkanone<br />

mit eingebaut war, verliert 3 seine Leute und wieder wird weniger Wurst gekauft. 4 wirft<br />

letztendlich eine Megaatombombe auf 1, um überhaupt noch was verkaufen zu können und das<br />

Fest ist aus. Die Ratten bemächtigen sich der Wurstberge und das Tonband spielt im Hintergrund<br />

noch einen fidelen Walzer, <strong>nur</strong> ist niemand mehr da, der tanzen kann.<br />

Nur die Finger weg von der Welt der Aktien, Renditen, Expansion, Rationalisierungen,<br />

Marktanpassungen und Freisetzungen, nachher kürzt du noch selber deinen Lohn und setzt dich<br />

auf die Straße. Dass Präsident Horst Köhler mit seinem altväterlichen Blick von der Abzocke der<br />

Rentensparer wusste, liegt doch auf der Hand. Er war immerhin Weltbankpräsident. Dass diese<br />

krummen Dinger der Insiderinfos in diesen feinen Kreisen täglich laufen, wurde doch kürzlich<br />

wieder offen diskutiert, als der Fall des Exchefs der Deutschen Bank Hilmar Kopper berichtet<br />

wurde.<br />

Nach der offiziellen Ankündigung Schrempps Ende Juli 2005, seinen Posten bei DaimlerChysler<br />

zum Januar 2006 räumen zu wollen, verkaufte die Deutsche Bank noch am gleichen Tag rund 35<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 29


Millionen DaimlerChrysler-Aktien für insgesamt 1,4 Milliarden €uro. Damit erzielte die<br />

Deutsche Bank einen Vorsteuergewinn von 300 Millionen €uro. Für so einen Deal braucht man<br />

normal einen längeren Vorlauf. Aber zufällig saß ja der Exchef der Deutschen Bank Hilmar<br />

Kopper im Aufsichtsrat von DaimlerChysler.<br />

Es wird endlich Zeit, dass diese feine Gesellschaft endlich von der Bildfläche verschwindet.<br />

Aufsichtsrat von DaimlerChysler Hilmar Kopper und Deutschen Bank-Chef Joseph Ackermann.<br />

Bald lachen wir Arbeiter, meine Herren<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 30


Wirtschaftsankurbelung<br />

durch Lohnverzicht?<br />

Von <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong><br />

Das Kapital will uns glauben machen, dass es nach<br />

einem Verzicht der Lohnabhängigen mit der Wirtschaft<br />

und den Arbeitsplätzen wieder aufwärts ginge. Seine<br />

Handlanger in Politik und den Medien stoßen ins gleiche<br />

Horn, wie 1988 Erich Honecker, bevor sein mächtiger<br />

Patei- und Militärapparat weggepustet wurde. Damals<br />

haben unsere feinen Herrschaften sich über Erich lustig<br />

gemacht. Warum aber sollten wir, die nichts außer unserer<br />

Arbeitskraft haben, jetzt diesen Schwachsinn glauben, <strong>nur</strong><br />

weil so ein Hirnriss jetzt von den Couponschneidern und<br />

ihren Lakaien geblubbert wird?<br />

Und die reformistische oberste Gewerkschaftsführung<br />

hat nichts eiligeres zu tun, als den Kollegen mit ihren<br />

Vertragsabschlüssen glauben zu machen, dass dieses<br />

Pferdeäppeltheorem* schon stimmen würde und jagt damit<br />

die Kollegen von einer Niederlage in die nächste. Damit<br />

geben sie sowohl der Basis als auch der mittleren und<br />

unteren Gewerkschaftsführung für den Klassenkampf<br />

wohlwissend <strong>nur</strong> stumpfe, völlig unbrauchbare Waffen in<br />

die Hand.<br />

(* Eifrig die grossen Pferde füttern, dann fallen auch<br />

leckere Pferdäppel für die kleinen Spatzen ab.)<br />

Auf einer Opel-Solidaritätsveranstaltung in Köln sprach<br />

neben dem kämpferischen Vertrauensmann von Opel<br />

Bochum auch der etwas hilflos wirkende<br />

Betriebsratsvorsitzende der Kaufhof AG in Düsseldorf und<br />

WASG-Mitglied, Helmuth Born.<br />

Nach der Veranstaltung meinte er in einem<br />

Privatgespräch, dass man ja gegen die Erpressungen der<br />

Vorstände gar nicht viel machen könnte. Der Opel-Kollege<br />

dagegen beschäftigte sich in seinem Referat mit den Gedanken des Kapitals keine Nanosekunde. Es hat nicht mehr<br />

viel gefehlt, dann hätte er die ganze Backstub’ genommen.<br />

Schauen wir uns also die letzten Absichlüsse der Konzerne mit der Gewerkschaftsführung genauer an, um zu<br />

sehen, ob sie halten, was sie versprechen.<br />

HBB - Leverkusen<br />

Die HBB ist eine Tochtergesellschaft der "Kraftverkehr Wupper-Sieg AG", die <strong>nur</strong> für die städtischen<br />

Busfahrerinnen und Busfahrer gegründet wurde, damit sie nicht nach dem Tarif des öffentlichen Dienstes entlohnt<br />

werden brauchen. Die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hatte mit dem städtischen Verkehrsunternehmen<br />

HBB einen 15% niedrigeren Lohn als den BAT ausgehandelt. Das aber hat der CDU geführten Stadt nicht gereicht.<br />

Wie eine maffiöse Vereinigung ließ sie eine Scheingewerkschaft gründen, die niemand kennt und in der niemand<br />

Mitglied ist und schlossen mit dieser einen Tarifvertrag mit noch einmal 15% weniger, also 30% unter dem bisherigen<br />

Vertrag. Der Kotau von ver.di war umsonst. Die Kollegen mussten über ein halbes Jahr für ihre Rechte streiken und<br />

inzwischen wurde ver.di Leverkusen pleite.<br />

Ein Busfahrer von der Streikwache erzählt: Er hat eine arbeitslose Frau und zwei Kinder. Mit dem neuen<br />

Tarifvertrag kommt er auf 1.100 €uro und muss dafür 200 Stunden im Monat arbeiten. Dann lebt er auch mit<br />

Kindergeld unter dem Sozialhilfesatz und muss ergänzende Sozialhilfefe erhalten. Ihm steht zwar noch ein<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 31


Mehrbedarf von 50% seines Regelsatzes wegen Erwerbstätigkeit zu, das bringt seine Familie auch nicht wesentlich<br />

über die Armutsgrenze. Und davon soll er noch 4% Rente bezahlen, 2% Selbstbeteiligung bei der Medizin,<br />

Zahnersatzversicherung für die ganze Familie, Krankengeldversicherung, vielleicht auch noch für den Kindergarten<br />

höhere Gebühren, usw.<br />

Die SPD stellt jetzt die Mehrheit in Leverkusen. Aber auch sie führt keine Verhandlungen mit ver.di durch. Sie<br />

sagt, liebe Busfahrer, euer Streik war umsonst, der Stadtsäckel ist leider leer.<br />

Siemens Handy-Werk<br />

Hier hat die IGM im Juli 2004 für Siemens NRW ein Vertrag unterzeichnet mit einer „Verlängerung der<br />

Arbeitszeit auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich! Streichung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu Gunsten einer<br />

"erfolgsabhängigen Jahreszahlung". Umstellung des Entgeldsystems mit weiteren Lohnkürzungen bis zu 10 %.<br />

Unterm Strich summiert sich das bei einem monatlichen Bruttolohn von 2500 € auf einen Lohnverzicht im Jahr von<br />

7800 €” (Vertrauenskörper bei dem Siemens-Werk Risse+Wilke in Iserlohn-Letmathe), das bedeutet eine 26%ige<br />

Kürzung.<br />

Dafür haben die Arbeiter eine Beschäftigungsgarantie für 2 Jahre bekommen. Bis dahin wird Siemens das Werk<br />

für die 15 Millionen Handys, die jetzt noch in Bocholt und Kamp-Lintfort produziert werden in Debrecen in Ungarn<br />

fertig gebaut haben. Siemens erpresste die Kollegen damit, dass sie die Maschinen ab l.7. dorthin verlagern wollten.<br />

Nichts wird den Kollegen dann die Beschäftigungsgarantie mehr nutzen.<br />

IGM-NRW-Bezirksleiter Gasse bejubelte noch seinen kampflosen Verrat: "Die getroffene Rahmenvereinbarung ist<br />

ein großer Erfolg der Beschäftigten, der zeigt, dass es Alternativen gibt zum phantasielosen Stellenabbau und zur<br />

Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland". Was soll aber Siemens anderes mit dem Handy-Werk in Debrecen<br />

machen, als dorthin die Arbeitsplätze zu verlagern?<br />

Mit diesem Vertrag wird kein Arbeitsplatz gesichert. Siemens kann durch die Verlängerung der Arbeitszeit jetzt<br />

schon 500 der 4.000 Arbeitsplätze abbauen. Das ist sehr leicht für Siemens, weil in Bocholt und Kamp-Lintfort etwa<br />

700 Kollegen mit Zeitverträgen arbeiten. Sie sind völlig rechtlos, weil sie nicht betriebsbedingt gekündigt werden<br />

müssen. Siemens braucht <strong>nur</strong> ihre Verträge auslaufen lassen. „Für uns sind das auch Kollegen, die entlassen werden.<br />

In keiner Erklärung seitens der IG Metall werden sie erwähnt. Das ist empörend.” solidarisierte sich der<br />

Vertrauenskörper bei Risse+Wilke in seiner Protesterklärung mit den Zeitarbeitern.<br />

Die Belegschaft zeigte Kampfbereitschaft nicht zuletzt, als am 18. Jun löi 04 über 25.000 Siemens-Beschäftigten<br />

an mehr als 100 Standorten protestierten. Und dennoch haben die Bürokraten eine Niederlageerklärung<br />

unterschrieben, obwohl doch die Kollegen kämpfen wollten.<br />

Der Dank der Bosse an die regierungstreuen Bürokraten kam prompt. In zwei Tagen hatten daraufhin schon 100<br />

Betriebe die gleichen Ziele geäußert haben, darunter MAN, Deutsche Bahn, Thomas Cook ... (Will die Bundesbahn<br />

uns auch mit Ungarn erpressen?)<br />

Schließlich wurde die Handy-Produktion an einen taiwanesischen Konzern verkauft, der natürlich nicht hier<br />

produzieren. Er hat noch die 2jährige Beschäftigungsgarantie übernommen und dann ist Schicht, dann im Sommer<br />

06 wird die Reihe der Arbeitslosen und prekäre Billigjobbe wohl um 4.000 größer werden.<br />

Hier lagen auch neben dem Desaster der Weltwirtschaft auch bewusst herbeigeführte betriebliche Fehler. Weil die<br />

Kollegen hier so viel, von 35Std.-Woche bis Pausenzeiten, erkämpft haben, muss der Vorstand schon recht früh<br />

geplant haben, hier nicht mehr zu investieren, den Handy-Produktion pleite gehen zu lassen um sie dann ins Ausland<br />

zu verlagen. Während Nokia noch eine Rendite von 16% erwirtschaftet, erreichte Siemens <strong>nur</strong> eine von einem<br />

Prozent. Auch, wenn die Arbeiter umsonst arbeiten würden, es käme <strong>nur</strong> eine Rendite von 4% heraus. Egal, ob das<br />

Dilemma selbgemacht oder vom Weltmarkt kommt, wir Arbeiter dürfen uns nicht wie der SPD-Beriebsrat die<br />

Gedanken des Kapitals machen und gegen jede Kürzung kämpfen. Sollen sie halt das Geld von den jahrzehnztelang<br />

mit dem Schweiß der Kollegen erwirtschafeten nehmen. Sie haben doch immer uns erzählt, dass sie die Gewinne für<br />

das Risiko, dass sie tragen müssten. Jetzt ist das Risiko da, und sie wollen sich in die Büsche schlagen. Aber da<br />

werden die Kollegen ihnen schon zeigen, wo es lang geht.<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 32


Mercedes<br />

Der Vorstand wollte, auch<br />

angeregt von dem Siemens-<br />

Abschluss, 500 Millionen von den<br />

Kollegen. Am 10.07.04 legten<br />

20.000 Kollegen bei<br />

DaimlerChrysler die Arbeit nieder<br />

und am Samstag verweigerten<br />

12.000 Kollegen die Überstunden -<br />

1.000 Autos wurden nicht gebaut.<br />

Trotz der Kampfbereitschaft auch<br />

hier unterzeichnete die IGM einen<br />

Unterwerfungsvertrag, der zwar<br />

eine längere<br />

“Beschäftigungssicherung” bis 2012<br />

umfasst, die aber schon im 2.<br />

Absatz wieder aufgehoben wird.<br />

Der Mercedes-Vorstand hatte<br />

seine Kürzungen den Arbeitern<br />

schmackhaft machen wollen, indem<br />

er seine eigenen Gehälter auch<br />

kürzen würde. Nachdem er sein<br />

Vorstandseinkommen ein halbes Jahr vorher um 130% erhöhten, kürzten er es um 10%. Mit der Erhöhung ihrer<br />

Vorstandseinkommen um 120% glauben die Herren Vorstände, die Streichung der 2,6%igen Lohnerhöhung für<br />

2006, der Streichung von Schichtarbeitszuschlägen und weitere Kürzungen moralisch begründen zu können. Die<br />

Logik der Bosse, amerikanische Gehälter und chinesische Löhne, auf den Punkt gebracht.<br />

Betriebsvereinbarung für alle DaimlerChrysler-Werke vom Juli 2005:<br />

“(1) Bis 31.12.2011 verzichtet die Unternehmensleitung auf betriebsbedingte Beendigungskündigungen für alle<br />

Beschäftigten, die zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Vereinbarung in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis<br />

stehen. Betriebsbedingte Änderungskündigungen sind hiervon nicht erfasst. Dabei wird vorausgesetzt, dass bei<br />

Personalüberhängen die für den jeweiligen Standort erforderlichen Maßnahmen zu einem sozialverträglichen<br />

Personalabbau vereinbart werden.<br />

(2) Das Unternehmen erstellt unter Berücksichtigung der Markt- und Wettbewerbsbedingungen eine operative<br />

Planung bis 2011, die standortspezifisch eine ausgeglichene Personalsituation vorsieht und Personalüberhänge<br />

mit geeigneten Maßnahmen ausgleicht. Für den Fall, dass sich die Produktionsprogramme bzw. die der<br />

Unternehmens- oder Werksstrategie zugrunde gelegten Eingangsdaten der periodisch-strategischen Planung in<br />

den wesentlichen Grundannahmen so verändern, dass daraus Personalüberhänge entstehen, bekräftigt die<br />

Unternehmensleitung ihre Absicht, diese mit sozialverträglichen Maßnahmen abzubauen. Ist dies nicht mehr<br />

möglich, werden Unternehmensleitung und Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich versuchen, um der<br />

veränderten Situation ausreichend Rechnung zu tragen und betriebsbedingte Beendigungskündigungen zu<br />

vermeiden.”<br />

Wie man erwarten konnte kamen die esten Stellenstreichungspläne bereits 2005 mit 10.500 und 2006 nochmal<br />

6.000 dazu. Noch Fragen? Waum hat die IGM nicht den Warnstreik 2004 dazu genutzt, um gegen diese Pläne<br />

vorzugehen. Statt dessen unterschrieben sie den Kapitulationsvertag und wundern sich immer, dass die Kollegen<br />

scheinbar nicht zu mobilisieren seien.<br />

Karstadt/Quelle<br />

Hier meldete der Vorstand 760 Millionen €uro an, die er von den Verkäuferinnen und Buchhaltern haben wollte.<br />

Hier gab es keinen Streik. Warum auch, dachten die Kollegen, die Gewerkschaftsführung fällt uns sowieso wieder in<br />

den Rücken.<br />

Die Vereinbarung zwischen ver.di und dem Vorstand sah im Einzelnen folgende Eckpunkte vor: Betriebsbedingte<br />

Kündigungen sollen nach Zusage des Managements vermieden werden. Der Abbau der 5500 Stellen soll auf dem<br />

Weg der Fluktuation erreicht werden. Die Zahl der Verkäufer soll eher noch erhöht werden. Für viele, allerdings<br />

nicht für alle der 77 zur Disposition stehenden kleineren Warenhäuser (Von 181 gesamt), sei zudem eine<br />

Standortsicherung erreicht worden, sagte ver.di-Verhandlungsführerin Franziska Wiethold. 3 Jahre lang sollen<br />

Tariferhöhungen nicht ausgezahlt, sondern gestundet werden. Eine mögliche Nachzahlung soll an eine eventuelle<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 33


Dividende der KarstadtQuelle AG gekoppelt werden. Dieser Punkt war für die Arbeitnehmerseite nach Wietholds<br />

Worten „die bitterste Pille”.<br />

Wenn man den Vertrag liest, dann fragt man sich, wo der Punkt, bei dem der Konzern der Belegschaft<br />

entgegengekommen ist. Es wurde eben gar kein Warnstreik organisiert. Die rechten Gewerkschaftsführer schieben<br />

immer die scheinbare Furcht der Basis vor. Es handelt sich aber nicht um Angst bei der Basis, sondern um die<br />

berechtigte Skepsis, dass die Gewerkschaftsführung der Basis letztlich immer wieder in den Rücken fällt. Wenn<br />

betriebliche kämpferische Gewerkschaftsführer wie bei Opel-Bochum rufen, dann kommen die Kollegen<br />

entschlossen zur Streikfront. Sie haben immer ihre historische Mission erfüllt.<br />

Die Tinte unter dem KarstadtQuelle-Vertrag war noch nicht trocken, da meldete der Vorstand schon neue<br />

Forderungen an. Auch hier hat auch wie bei HBB-Leverkusen oder Opel-Rüsselsheim ein Nachgeben der<br />

Gewerkschaftsfunktionäre nichts eingebracht.<br />

Opel<br />

Schon am Jahresanfang gab es eine Vereinbarung mit Opel-<br />

Rüsselsheim über die 30-Std.-Woche ohne Lohnausgleich. Das<br />

bedeutet eine 15%ige Kürzung des Lohnes. Schon ein halbes Jahr<br />

später stellte General Motors 4.000 Arbeitsplätze zur Disposition.<br />

Obwohl das schon innerhalb von einem Jahr der zweite Angriff<br />

war und obwohl 100.000 Kollegen in ganz Europa ihre<br />

Kampfbereitschaft demonstrierten, hatte die IGM-<br />

Verhandlungsleitung nichts besseres zu tun gehabt, als mit den<br />

Vorständen im Hinterzimmer zu verschwinden.<br />

Ganz anders in Bochum. Hier standen auch 4.000 Arbeitsplätze<br />

zur Disposition. Aber hier hat die 1972 gegründete GOG-Liste 2<br />

von erfahrenen kämpferischen Betriebsräten, Vertrauensleuten und<br />

aktiven Gewerkschaftern von Anfang an einen Streik aller<br />

Kolleginnen und Kollegen organisiert.<br />

Solidaritsadressen aus aller Welt drückten aus, dass die<br />

Opelaner allen wieder Mut machen gegen die massiven Angriffe<br />

des internationalen Kapitals. Es schlägt derart um sich, als ob es<br />

damit seinen Untergang entgehen könnte. Aber nun hatte der<br />

mächtige General Motors Konzern in Bochum in ein Wespennest<br />

gegriffen.<br />

Aber noch hilft sein sozialdemokratischer Helfershelfer. Nach<br />

dem Europa-Aktionstag fragte der SPD-Betriebsrat die<br />

Belegschaft: »Soll der Betriebsrat die Verhandlungen mit der<br />

Geschäftsleitung weiterführen und die Arbeit wieder<br />

aufgenommen werden?« Kritiker der Arbeitsaufnahme kamen auf der einberufenen Betriebsversammlung nicht zu<br />

Wort Trotz der trickreichen Verknüpfung, stimmten immerhin noch 1.757 von 6.404 für einen Weiterstreik. Aber<br />

die SPD’ler haben sich wieder durchgetrickst. Sie strebten bei den ab Montag beginnenden Verhandlungen mit dem<br />

Vorstand eine Einigung wie bei KarstadtQuelle an. Ein Streikrat hätte das verhindern können. Aber dieses ist den<br />

Kollegen erst eingefallen, als es schon zu spät war.<br />

Dann wissen wir ja, was auf uns zukommt. Jedenfalls wird es bedeutend schwieriger werden, bei einem faulen<br />

Kompromiss die Kollegen wieder zu einem Streik zu bewegen. Letztlich wurde in Bochum die halbe Belegschaft mit<br />

einer mageren Abfindung in ein Beschäftigungsgesellschaft für ein Jahr geschickt und danach warten dann 1 €uro-<br />

Jobs auf sie. Die meisten bereuen es heute schon, dass sie auf diesen faulen Trick reingefallen sind. Aber ihre noch<br />

beschäftigten Kollegen werden sich 2007 daran erinnern, sollte General Motors dann pleite gehen, was allgemein<br />

erwartet wird und der Konzern dann zerschlagen wird.<br />

VW<br />

Die Vorstände werden in Anbetracht des Zurückweichens der Gewerkschaftsführung immer frecher. VW forderte<br />

2004 gar 2 Milliarden €uro von der Belegschaft. Auch die VW-Werker liessen sich nicht lumpen und zeigten sich<br />

mutig im Warrnstreik. Dennoch wurden sie auch hier von der IGM-Verhandlungsführung wieder hinters Licht<br />

geführt. Es wurde eine Nullrunde für 28 Monate vereinbart. Das sind zwar <strong>nur</strong> 1 Milliarde, aber die 2te wird sich<br />

VW auch noch über weitere Freisetzungen noch holen. Die Arbeiterschaft bekam dafür wieder <strong>nur</strong> wie bei Mercedes<br />

eine Arbeitsplatzgarantie bis 2011, die aber <strong>nur</strong> bei unveränderter Marktlage gilt, und das war kaum zu erwarten. Im<br />

September 2005 schon müssen die frischausgelernten Gesellen der nächsten 2 Jahre im Tochterbilliglohnbetrieb<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 34


Auto 5000 GmbH für 20% weniger Lohn arbeiten. Somit konnte VW bei seinem Geländewagen 850 €uro einsparen.<br />

IGM-Vize Huber gab diesen Betrug noch als Sieg aus. Er sah scheinbar die chinesischen Billiglöhne und erinnerte<br />

sich an die alte Weisheit: „Vom Osten lernen, heißt siegen lernen“.<br />

Aber das bedeutet keineswegs das Ende des Lohnraubs, jetzt geht es erst richtig los. Die Autoindustrie und der<br />

ADAC rechnen damit, dass China in 2-3 Jahren die Industrieländer in der Qualität bei den KFZ eingeholt haben<br />

wird. Dann, so VW-Vorstandschef Pischetsrieder, werden sie mit ihrem 5.000 €-Auto uns so ein Dampf machen,<br />

dass wir unseren VW vergessen können. Deshalb führt er jetzt schon mal in weiser Voraussicht die 40Std.-Woche<br />

ohne Lohnausgleich ein und kündigt trotz Beschäftigungsgarantie weitere „Sanierungen“ an, „die alle bisherigen<br />

Ausmaße weit übertreffen.“. Es gibt <strong>nur</strong> noch wenige VW-Kollegen, die sich mit ihrem Betrieb identifizierten. Aber<br />

dafür hat ja das Ex-Vorstandsmitglied Peter Hartz sich die 1 €uro-Jobber ausgedacht, damit die zu erwartenden<br />

Streikabsichten der VW-Kollegen mit billigen Streikbrechern zunichte gemacht werden können. Ob diese Rechnung<br />

noch lange aufgehen wird?<br />

Wohin treibt die kappitalistische Weltwirtschaft?<br />

Alle hier dargestellten Fälle haben schon bewiesen, dass die Vorstände vereint mit den obersten<br />

Gewerkschaftsbonzen nach der ersten Kürzung den Kollegen zwar glauben machen, dass nun ihre Arbeitsplätze<br />

gesichert seien, aber danach mit dem Arbeitsplatzabbau munter weiter gemacht wird. Bei den niedrigen<br />

Durchschnittsrenditen in der Produktion im verarbeitenden Gewerbe glauben die Konzernbosse, um international<br />

konkurrenzfähig zu bleiben, bliebe ihnen nichts anderes übrig, als weiter zu kürzen. Ihre Aktionäre würden natürlich<br />

ansonsten einfach ihre Papiere verkaufen und gegen chinesische Papiere kaufen, bei denen noch fette Sonderprofite<br />

winken.<br />

In allen Industrieländern wird mit der Geschwindigkeit wie in Deutschland gekürzt. Da würde ein durch Verzicht<br />

erkaufter Sondervorteil für den Standort Deutschland sowieso wieder zunichte gemacht werden. Die Grenze für die<br />

Konzerne werden die ungarischen oder chinesischen Löhne bilden. Wir aber fordern, dass die Konzerne die Löhne<br />

von ihren Riesengewinnen aus ihren Finanzgeschäften oder eben der vergangenen Jahrzehnte bezahlen sollen.<br />

Die vereinte Propaganda von Kapital, Staat und Medien will uns weismachen, dass es nach eurem Verzicht (Sie<br />

sagen „wir müssen verzichten”) wieder aufwärts ginge. Das ist eine Lüge. Wenn ihr das glaubt, lähmt euch das im<br />

Kampf. Für die Arbeiter ging es schon ab 1988 <strong>nur</strong> noch abwärts (nach Bundesministerium für Arbeit und Soziales,<br />

Tabelle 1.15, Nettorealverdienste) und bei dieser Weltwirtschaftslage jetzt erst recht. (1)<br />

Man darf nicht glauben, dass die Wirtschaft länger wieder aufwärts ginge, dass Arbeitsplätze erneut damit<br />

geschaffen werden könnten. Schauen wir uns <strong>nur</strong> die Tabelle 1.1 auf der gleichen Seite des Herrn Bundesminister<br />

Müntefering an.<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 35


Das sind die Veränderungen des realen Bruttosozialproduktes. Wohlgemerkt, diese Kurve des Niedergangs habe<br />

nicht ich mir einfallen lassen, sondern die hat der Herr Bundesminister zu verantworten und die düsteren<br />

Trendkurven zeichnete das Orakel von Excel bei Microsoft. Ich bin unschuldig, sollte jetzt jemand einen Schreck<br />

bekommen haben. Wir Linken sind nicht immer schuld an der Verbreitung ungeheurer Nachrichten des<br />

Kapitalismus. Manchmal erledigen die auch selber diese Aufgabe.<br />

In Deutschland wird jährlich um 3% rationalisiert. Um die Arbeitsplätze <strong>nur</strong> zu halten, müsste die deutsche<br />

Wirtschaft jährlich um mehr als zwei Prozent wachsen. Aber der weitere kümmerliche Verlauf des Durchschnitts<br />

wird sich irgendwo zwischen der linearen und der logarithmischen Trendkurve zwischen +1 und -1% ereignen, eher<br />

in Richtung -1%, da nun der von mehreren angekündigte Ölkrieg gegen Teheran dazwischen kommen wird. Die<br />

Propaganda dafür hat schon die heiße Phase erreicht. Egal wie man dazu steht, ob man es richtig findet, dass die<br />

aufmüpfigen Moslems mal einen Denkzettel bekommen oder ob man analysiert hat, dass es dem amerikanischen<br />

Kapital <strong>nur</strong> um die Weltherrschaft und das dafür benötigte Öl für den Kampf gegen das aufstrebende China geht<br />

(Weil es 2015 die USA mit dem Sozialprodukt überrunden wird), wird diese 3. Öl-Schlacht der Weltwirtschaft einen<br />

gehörigen Dämpfer verschaffen. (2)<br />

Die BSP wird ganz schnell wie nach der Afghanistan- und der Irak-Schlacht, als jeweils der Winterschlussverkauf<br />

um 20% einbrach, unter den Nullmeridian fallen und dann eine Kurve, ähnlich wie die Profitrate, „wie ein<br />

Ertrinkender“ beschreiben, “der mit letzter Mühe es immer weniger an die Wasseroberfläche schafft, bis er für<br />

immer unter der Wasseroberfläche verschwindet.“. 2<br />

Und sollte die Bombe noch wie von mehreren angekündigt, gar eine Atombombe sein, wird die Wirtschaft<br />

mitsamt der Geburten- und der Arbeitslosenrate wohl noch schneller in den Keller gehen.<br />

Natürlich bleibt einem noch eine dritte Möglichkeit. Man könnte, trotz Kriegsankündigung durch Bush, Rumsfield,<br />

Cheney, Fischer, Chirac, Blair und vielen mehr, dieses <strong>nur</strong> wegen der angeblichen iranischen Atombombe für eine<br />

Drohung halten (Obwohl selbst die US-Geheimdienste bestätigen, dass „Iran weder Atomwaffen noch Material<br />

dafür hat“ (3) und hoffen, dass der Mensch doch vernünftig geworden ist, und statt dessen völkerverständige<br />

Fußballspiele macht und die wird die Wirtschaft brummen lassen. Weil trotz Afghanistan- und Irankrieg die<br />

Kriegshetzer außer den Insidern niemand ernst nimmt, haben wir trotz der vielen Kriegsandrohungen ein prima<br />

positives Geschäftsklimaindex.<br />

Das wird aber nichts nutzen. Denn dann machen die Chinesen einem einen Strich durch die Rechnung. Einmal<br />

werden sie in ca. 2 Jahren mit ihrem Billigwagen VW verdrängen Autos werden dort heute schon auf Halde und man<br />

rechnet im nächsten Jahr schon mit mehrfachen Überkapazitäten. Also wird China entsprechend aggressiv hier<br />

auftreten, desgleichen mit Waschmaschinen, Kameras, Computern, Fahrrädern usw. Die BRD hat schon mal bei<br />

Textilien und jetzt Schuhen Zollschranken hochgezogen. China bedankt sich artig bei Siemens, dass sie die Pläne für<br />

den Metrorapid mitgebracht haben und baut ihn schon selber. Nach der Schuhgrenzziehung bestellte es am nächsten<br />

Tag die schon unterschriebene Trasse über 200 km wieder ab, Mit den Airbusflugzeugen wird wohl das gleiche<br />

passieren.<br />

Das Bruttosozialprodukt wird dort wie in allen Industrieländern den gleichen Verlauf nehmen, wie am deutschen<br />

Beispiel beschrieben wurde, nach jeweils 10 Jahren wird die Wachstumsrate halbiert, hier vielleicht erst nach 15<br />

Jahren, weil der Markt hier recht groß ist. Und was kommt nach China im Kapitalismus? Nur noch Handelskriege,<br />

Arbeitslosigkeit, Depression, Hunger und Raketen. Die Betriebsräte von Siemens sehen in ihrem Positionspapier<br />

vom April 2004 insgesamt 74.000 Arbeitsplätze <strong>nur</strong> allein dort bedroht. (4) Es ist nicht mehr zum Spaßen. Mit dem<br />

Erreichen der Grenzen des Weltmarktes mit China erreichte auch die Durchschnittsprofitrate einen Wert unter dem<br />

Kapitalmarktzinnssatz. Nicht zufällig sind auch wiederholt die die Kulturen aufeinanderhetzenden Ölkriege<br />

ausgebrochen. Wenn China im Jahr 2015 die USA mit dem Bruttosozialprodukt einholen wird, ist letztlich die<br />

Vorherrschaft der Vereinigten Staaten damit bedroht.<br />

So zieht auch der linke britische Labour Ex-Umweltminister, und damit in geistiger Verwandtschaft zur WASG<br />

stehend, und Insider (da er Mitwisser der Pläne Tony Blairs, der BP und von Shell werden musste) Michael Meacher,<br />

der im Juni 2003 seinen Posten deshalb verlor, den gleichen Schluss, dass<br />

»...der ’globale Krieg gegen den Terrorismus’ alle Kennzeichen eines politischen Mythos hat, der propagiert wird,<br />

um den Weg für ganz andere Pläne frei zu machen - das amerikanische Ziel der Weltherrschaft, gestützt auf die<br />

gewaltsame Kontrolle über die Ölreserven, die nötig sind, um das ganze Projekt in Gang zu halten..« (5)<br />

Schon 1926 beschreibt ein aufmerksamer Analyst seine Beobachtungen:<br />

»An Öl, das für Kriegswesen und Industrie von ausschlaggebender Bedeutung ist, erzeugen sie 2/3 der<br />

Weltproduktion, im Jahre 1923 - sogar 72%! Es ist wahr, sie beklagen sich darüber, daß ihre Ölquellen zu<br />

versiegen drohen. Ich muß gestehen, daß ich in den ersten Jahren nach dem Kriege der Meinung war, daß diese<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 36


Klagen <strong>nur</strong> den Zweck hätten, bevorstehende Attentate auf fremde Ölquellen in moralischeres Licht zu setzen.<br />

Doch die Geologen bestätigen tatsächlich, daß das amerikanische Öl bei gleichbleibendem Verbrauch <strong>nur</strong> 25-4O<br />

Jahre reichen wird. Aber in 25 bis 40 Jahren wird Amerika mit seiner Industrie und seiner Flotte zehnmal die<br />

Möglichkeit haben, anderen Leuten die Ölquellen fortzunehmen. Wir haben also keinerlei Veranlassung, uns<br />

darüber den Kopf zu zerbrechen.« (6)<br />

Wer ihn kennt, hat diesen genialen Kapitalismuskritiker gleich erkannt. Es war unser weitsichtiger Meister Leo<br />

Trotzki. In 5 Jahren sind die Ölquellen der USA versiegt und inzwischen kontrolliert US-Amerika <strong>nur</strong> noch etwa ein<br />

Drittel aller Ölquellen, die noch dazu fast alle bereits ihr Produktionsmaximum überschritten haben (Sonst Russland,<br />

OPEC, China, Venezuela usw.). Noch 2001 wurde das Barrel (Fass) Öl für <strong>nur</strong> 10 Dollar gehandelt. Nach dem<br />

Afghanistan-m, aber noch vor dem Irak- Krieg kletterte der Ölpreis dann auf 24 Dollar, um heute nach dem Irak-<br />

Krieg bei 60 zu schweben. Bei 70-80 Dollar kommen die ersten Fahrverbote und ab 100 Dollar kommt die<br />

Weltwirtschaft ins Stottern Wo landen wir nach der Iran-Schlächterei. Schlaue Banker und sonstige Insiderhändler<br />

haben an der Warenterminbörse in Chicago schon mal auf steigende Preise gewettet. Die verzweifelten Schreie der<br />

Kinder, Mütter und Väter in Teheran erlöschen im Blutrinnsal oder sie versaften im Atomblitz, während in Chicago<br />

die Kriegsgewinnler sich schulterklopfend ein Ast ablachen. Das ist Kapitalismus pur. That,s business.<br />

Gleichzeitig häufen sich weltweit weitere unvorstellbare Schulden<br />

an. Die USA liegen bereits mit 37 Billionen Dollar<br />

(37.000.000.000.000), davon alleine Washington 8,2 Billionen - und<br />

einem vier mal schnelleren Wachstum als das BRP an der Spitze.<br />

In China wachsen die Schulden immerhin doppelt so schnell. In<br />

Japan betragen sie das 1,8fache des Staatsetats. Dagegen ist<br />

Deutschland mit seinen 1,3 Billionen €uro und dem 0,65fachen des<br />

Etats noch ein Waisenknabe. Die USA müssen sich jeden Tag 2<br />

Milliarden Dollar vom Ausland leihen, sonst platzt die Dollar-<br />

Blase. Und dieses Geld kommt hauptsächlich aus Japan und China,<br />

weil die wiederum abhängig sind von dem einzigen Motor in der<br />

kapitalistischen Welt Amerika. Der ganze Kapitalismus funktioniert<br />

<strong>nur</strong> noch wie ein Schneeballsystem. Wenn er an einer Stelle<br />

aufbricht, wird er wie ein Kartenhaus zusammenkrachen. Nach<br />

nicht mehr allzu viel Ölschlachten werden die Überschuldungen in<br />

einem Staat nach dem anderen in eine Hyperinflation übergehen.<br />

Heute schon schwankt die Inflation in den USA zwischen 4 und 6<br />

Prozent, als ob sie Schwung zu höheren Sphären nehmen wollte.<br />

Nach der ungenügenden Profitrate, den Ölkriegen und<br />

Ölpreissteigerungen, den Überschuldungen und der Inflation, den<br />

unablässigen Werksschließungen, dem Lohn- und Sozialraub und<br />

den entsprechend immer schärfer werdenden Klassenkämpfen wird<br />

es zu den endgültigen Grenzen des Marktes und dem finalen Kampf<br />

um die Weltherrschaft gar nicht mehr kommen. Die Arbeitermassen und ihre Organisationen werden dem ganzen<br />

Spuk und den aufkommenden Plünderungen mit dem drohenden Vandalismus ein rechtzeitiges Ende setzen.<br />

Diesen Zusammenbruchstheorie des Kapitalismus an seinem Ende entwickelte die ebenfalls weitblickende Rosa<br />

Luxemburg bereits 1913, vor knapp 100 Jahren. In dem nach dem "Kapital" wichtigsten ökonomischen Buch des<br />

Marxismus, "Die Akkumulation des Kapitals" entwickelte sie ihre Theorie, so, als ob sie bei den Werksschließungen,<br />

Ölkriegen, Überschuldungen und Volkshetze gegen die Moslems dabei gewesen wäre:<br />

»Je gewalttätiger das Kapital vermittelst des Militarismus draußen in der Welt wie bei sich daheim mit der<br />

Existenz nichtkapitalistischer Schichten aufräumt und die Existenzbedingungen aller arbeitenden Schichten<br />

herabdrückt, um so mehr verwandelt sich die Tagesgeschichte der Kapitalakkumulation auf der Weltbühne in eine<br />

fortlaufende Kette politischer und sozialer Katastrophen und Konvulsionen, die zusammen mit den periodischen<br />

wirtschaftlichen Katastrophen in Gestalt der Krisen die Fortsetzung der Akkumulation zur Unmöglichkeit, die<br />

Rebellion der internationalen Arbeiterklasse gegen die Kapitalsherrschaft zur Notwendigkeit machen werden,<br />

selbst ehe sie noch ökonomisch auf ihre natürliche selbstgeschaffene Schranke gestoßen ist.« (7)<br />

Ihr Biograph Paul Fröhlich zitierte sie mit einem öfters in ihren Referaten geäußerten Satz, der diese Feststellung<br />

kurz und bündig zusammenfasst;<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 37


»Der Kapitalismus müsse in Todeszuckungen geraten, längst bevor die ihm immanente Tendenz auf Erweiterung<br />

des Marktes auf die objektive Schranke gestoßen sei«. (8)<br />

Der Kapitalismus wird an sich selbst zu Grunde gehen. Ob Vandalismus oder demokratisch solidarische<br />

Arbeiterräteplanwirtschaft, dem authentischen marxistischen Sozialismus, wird von den Arbeitern und ihren Parteien<br />

selber abhängen. So ist Rosas Wort von „Sozialismus oder Barbarei“ zu verstehen.<br />

Die Werksschließungen, Ölkriege, kletternden Ölreise, Überschuldungen und Volksverhetzung gegen die Moslems<br />

und der langsam in die Gänge kommende Klassenkampf sind nicht mehr und nicht weniger als die ersten<br />

Todeszuckungen des Kapitalismus. So sieht unsere düstere Zukunft in der Marktwirtschaft aus. (9). Der Deutschen<br />

Bank wollen wir den guten Rat geben, schon mal anzufangen, ihre Tonkriegerarmee zu backen, sonst wird die zu<br />

mickrig. Auch, wenn man diese Analyse mit allen Konsequenzen noch nicht teilt, so sprechen doch die <strong>nur</strong> bisher<br />

gesetzten Fakten schon dafür, dass die Weltlage sehr ernst ist. Es ist heute sträflich, eine Politik zu betreiben, die<br />

keine Kürzungen verspricht, und dann in der Regierung munter drauf löst kürzt und dabei noch von einem kleineren<br />

Übel schwafelt. Wir müssen der arbeitenden Bevölkerung endlich reinen Wein einschenken und ihnen die Wahrheit<br />

über die seit 30 Jahren ständig stetig steigende Massenarbeitslosigkeit sagen. Angesichts dieser ernsthaften Weltlage<br />

können wir uns keine Spielchen mehr um die Macht erlauben. Einerseits zu den Sozialkürzern hintricksen und<br />

andererseits was vom Sozialismus erzählen. Und während Klaus Ernt unsere schwererarbeiteten Grundsätze der<br />

WASG mit der Bindung an die neoliberale PDS für einen Judaslohn selbstherrlich verkauft hat, sagt er noch<br />

kaltlächelnd in die Kamera: „Der Arbeiter hat nichts zu verlieren, außer seine Ketten“. Für solche Heucheleien sind<br />

wir nicht angetreten. Und was genau so schlimm ist, dass nichts dafür unternommen wird, um die kämpfenden<br />

Arbeiter gegen die Tricks der SPD-Gewerkschaftsführung zu bewaffnen und die Aktiven zu vernetzen. Statt dessen<br />

die kämpferischen Opel-Kollegen rausgemobbt, <strong>nur</strong> um den Trickser-Betriebsrat als Spitzenkandidat zu gewinnen.<br />

Es wird Zeit, dass wir uns einen neuen Bundesvorstand wählen, der mit den Grundsätzen der WASG arbeitet und die<br />

Realitäten der katastrophalen Weltwirtschaft realisiert.<br />

Die Kollegen in den Betrieben haben dies instinktiv im Gespür, weil ihr Lohn und Arbeitsplatz unter<br />

Dauerbeschuss steht. Faule Kompromisse wird ihnen nicht helfen Das haben die Bochumer genau richtig gesehen..<br />

Wenn jetzt viertausend entlassen werden, wird der Vorstand mit dem Rest leichtes Spiel haben. Deshalb hatten die<br />

Kollegen gesagt: "Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren!". Der Streik ist die einzige<br />

Möglichkeit der Kollegen gewesen, doch noch etwas für sich raus zu holen, zumindest konnten sie aufrecht untergehen<br />

und sind somit mit ihren Erfahrungen für den nächsten Kampf besser gewappnet.<br />

Von den sozialdemokratischen Gewerkschaftsfunktionären ist außer Tricksereien nichts mehr zu erwarten. Warum<br />

soll ich dem Verein beitreten, der <strong>nur</strong> Lohnkürzungen aushandelt, fragt sich der Jungarbeiter. De momentanen<br />

Streiks werden so ausgehen wie seit 1983, der Nettolohn wird unter der Preissteigerungsrate liegen, der Streik wird<br />

<strong>nur</strong> für die Mitgliedergewinnung geführt. Deshalb aber erst recht hinein in die Gewerkschaften damit endlich mal<br />

eine kämpferische Führung gewählt wird. Gerade jetzt, wo das Selbstbewusstsein vieler Kollegen bald<br />

Riesensprünge machen wird. Die Wahlalternative muss parallel zur Partei auch eine organisierte<br />

Gewerkschaftsopposition aufbauen, will sie nicht auf halbem Wege stecken bleiben. Wenn die WASG und ihre<br />

Führung mit den kämpferischen Kollegen von Charité, Opel Bochum, Gate Gourmet, AEG etc., eine Einheit bildet,<br />

braucht es niemanden mehr um die Zukunft bange sein. Aber im Kapitalismus müssen wir noch durch eine grässliche<br />

Wüste durch, bevor wir fruchtbares Land erreichen.<br />

1 http://www.bmas.bund.de/BMAS/Navigation/root,did=98354.html<br />

2 Vgl. <strong>Nelte</strong>, Simon, Schmitz, Keuer und Byrne: „Kein Krieg für Öl“., Köln, 2001, als pdf. beim Autor<br />

3 http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,398791,00.html<br />

4 http://www.tecchannel.de/news/themen/business/417844/.<br />

5 ‘Guardian’ nach http://www.wsws.org/de/2003/sep2003/meac-s13.shtml<br />

6 Leo Trotzki: "Europa und Amerika" von 1926 in "Wohin treibt England", Berlin, 1972, S. 37<br />

http://www.marxists.org/deutsch/archiv/trotzki/1926/euramer/index.htm zum downloaden<br />

Kapitel VIII. U.S.A. und England<br />

7 Rosa Luxemburg: „Die Akkumulation des Kapitals”, S. 410<br />

http://www.mlwerke.de/lu/lu05/lu05_005.htm zum downloaden<br />

32. Kapitel, Der Militarismus auf dem Gebiet der Kapitalakkumulation<br />

8 Paul Frölich; "Rosa Luxemburg, Gedanke und Tat", Frankfurt 1967, S. 198<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 38


9 Vgl. <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: „ Rosa Luxemburg, die Todszuckungen des Kapitalismus und die Grenzen des Marktes“, Köln,<br />

2003, als pdf. beim Autor<br />

PS: Ich mute hier dem Leser ganz schön harten Tobak zu. Aber ich selber bin manchmal erschrocken – obwohl ich<br />

mich seit dem Kosovo-Krieg 1998 mit dem Thema beschäftige – wie schnell doch manche Einschätzungen sich in<br />

der Realität umsetzten, wie z.B der Anstieg mit dem Ölpreis oder dem steigenden Außenhandelsdefizit der USA.<br />

nc-nelteno@netcologne.de als pdf gratis beim Autor<br />

<strong>Nelte</strong>, Simon, Schmitz, Keuer und Byrne: „Kein Krieg für Öl“, <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: „ Rosa Luxemburg, die Todszuckungen des Kapitalismus und die<br />

Grenzen des Marktes“, „Marxistische Wirtschaftstheorie - leicht gemacht“, „Markt oder Plan?“, „Klassenkampf“, „Partei und Klasse“, Asyl - Die<br />

Arbeiterklasse - Die Kunst der Oktoberrevolution - Die Novemberrevolution - Einheitsfont-Volksfront - Generalstreik 1948 - Imperialismus -<br />

Klima - Krieg - Marxisten - Materialismus - Nigeria-Öl – Gesammelte ökonomische Texte - Portugal 1974 - Reformistische oder revolutionäre<br />

Partei - Religion - Staatskapitalismus - Verbrechen und Kapitalismus, Gemeinsame Texte: Atommacht Deutschland, Stoppt die Nazis, Marx'<br />

historischer Materialismus<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 39


Die unsichtbare globale<br />

Faust lädt zum 3. Akt.<br />

von <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong><br />

Alle machen es sich in ihren Sesseln bequem. Es rascheln noch die Süßigkeiten-Papiere. Man wagt noch<br />

schnell einen Blick in die Programm-Ankündigung, bevor der Saal sich zum großen Feuerwerk verdunkelt:<br />

„Damit der Globalismus funktioniert, darf Amerika sich nicht scheuen, als die allmächtige<br />

Supermacht aufzutreten, die es ist. Die unsichtbare Hand des Marktes wird nie ohne eine<br />

unsichtbare Faust funktionieren. McDonald kann nicht ohne den F-15-Konstrukteur McDonell<br />

Douglas florieren. Und die unsichtbare Faust, die dafür sorgt, dass die Welt für Silicon Valley<br />

Technologien sicher ist, heißt Heer, Luftwaffe, Marine und Marineinfanterie der USA “<br />

(Thomas Friedmann, Berater der US-Außenministerin Madeleine Albright, am 28.3.99)<br />

Der ersten beiden Akte über Afghanistan und Irak waren zwar recht herbe und hatten einigen zehntausend<br />

Müttern, Vätern und Kindern das Leben oder die Beine gekostet, aber das ist ertragbar, da kommt ein Pflaster<br />

drauf. Diesmal wird es nicht so herbe heißt es, und in der Tat, es tritt auch erst ein freundlicher Herr auf. Das ist<br />

der Schauspieler El-Baradei, der die Rolle der Diplomatie übernommen hat und er führt mit dem Bösewicht<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 40


Friedensverhandlungen durch. Aber Friedensverhandlungen duch die UNO waren meistens auch der Vorlauf<br />

zu einem Krieg.<br />

Immer tanzt dabei der Lügenbold um das Publikum und streut wie in den ersten beiden Akten schaurige<br />

Greuelmärchen über die Bösewichter unter das staunende Volk. Ahmadinedschad werden ständig<br />

Aussagen untergeschoben, die er gar nicht gesagt hat.<br />

http://www.arbeiterfotografie.com/galerie/kein-krieg/hintergrund/iran-0008.shtml<br />

Na ja, denkt man, aber die Turbanträgerschaft hat doch sicher eine Abreibung verdient? Aber<br />

auch hier muss man erfahren, dass, wie die finsteren Taliban und Saddam Hussein, auch der Clan der<br />

bösen Muftis von den Gutmenschen selber auf der Konferenz von Guadeloupe an die Macht<br />

gehoben wurden, aus Furcht vor den in der Revolution 1979 entstehenden superbösen<br />

basisdemokratischen Arbeiterräten (Schoras).* Demokratie? Das können die Moslems doch gar<br />

nicht, flüstert der Lügenbold. Falsch.<br />

Bevor man die Welt überhaupt nicht mehr versteht, geht es raus in die frische Luft der Realität.<br />

Im Iran gab es schon im Jahr 1906 die erste Nationalversammlung, da standen hier noch alle vor<br />

dem Kaiser stramm.<br />

„Die Medschlis, trat 1906 zusammen. Sie schuf die traditionelle Landzuteilung ab, führte ein<br />

modernes Steuersystem ein und nahm den Landherren und dem Klerus ihre<br />

Regierungsfunktionen ab. Das Herz der neuen zentralen Macht wurde die Schahmonarchie.“<br />

A. Kasravi, "Tarikhe Mashroteh Iran" (Die Geschichte der iranischen Verfassung) (in persisch,<br />

Teheran 1975).<br />

Von den 800 Millionen englischen Pfund Gewinnen der Anglo-Persian Oil Company von 1909 –<br />

51 blieben aber <strong>nur</strong> 105 im Iran und am wenigsten bei den Ölarbeitern. Ab 1921 erstickte dann<br />

Reza Schahs als Vasall des britischen Imperialismus, systematisch und mit äußerster Brutalität<br />

jede gewerkschaftliche Abwehr. 1951 verstaatlichte Dr. Mohammed Mossadegh, Führer der<br />

Nationale Front, die Ölindustrie.<br />

1953 wurde er aber „durch einen vom amerikanischen CIA mit Hilfe des britischen Geheimdienstes inszenierten<br />

Putsch gestürzt. Die Ölgesellschaften hatten wieder freien Zugang zu den iranischen Vorräten, diesmal allerdings<br />

war das britische Monopol gebrochen. Nun schloß ein internationales Ölkonsortium ein neues Abkommen mit dem<br />

wieder eingesetzten Schah: Der Anteil des iranischen Staates an den Öleinkünften stieg jetzt von 16 auf 50<br />

Prozent; von dem Rest gingen 20 Prozent an US-Gesellschaften, 20 Prozent an die British Petroleum und die<br />

restlichen 10 Prozent an mehrere kleinere Gesellschaften.<br />

Unter Hinzuziehung von amerikanischen Beratern und beträchtlicher US-Hilfe wurde zwischen 1953 und 1963<br />

eine neue Militärdiktatur unter dem Schah aufgebaut. Die Armee schwoll von 120.000 auf über 200.000 Mann an,<br />

und das Militärbudget stieg von $ 80 Millionen im Jahre 1953 auf fast $ 183 Millionen zehn Jahre später.<br />

Nur ein geringer Teil des immens angewachsenen Reichtums des Regimes kam dem Volk<br />

zugute.“<br />

(Maryam Poya: Iran 1979, Frühjahr 1987, S. 4, Köln 1995)<br />

Aber heute werden wir von Ahmadinedschads Atombombenplänen und den Terroristen bedroht.<br />

Wieder falsch. Erstens wird der Iran lt. CIA die Atombombe noch gar nicht in den nächsten<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 41


Jahren bauen können, wogegen Israel illegal 400 Atombomben hat. Zweitens gibt es ein<br />

Gegenterror <strong>nur</strong> dort, wo die USA Terror macht, und auch das sind oft Doppelagenten des CIA:<br />

So zieht auch der linke britische Labour Ex-Umweltminister, und damit in geistiger<br />

Verwandtschaft zur WASG stehend, und Insider (da er Mitwisser der Pläne Tony Blairs, der BP<br />

und von Shell werden musste) Michael Meacher, der im Juni 2003 seinen Posten deshalb verlor,<br />

den gleichen Schluss, dass<br />

»...der ’globale Krieg gegen den Terrorismus’ alle Kennzeichen eines politischen Mythos hat,<br />

der propagiert wird, um den Weg für ganz andere Pläne frei zu machen - das amerikanische<br />

Ziel der Weltherrschaft, gestützt auf die gewaltsame Kontrolle über die Ölreserven, die nötig<br />

sind, um das ganze Projekt in Gang zu halten..«<br />

‘Guardian’ nach http://www.wsws.org/de/2003/sep2003/meac-s13.shtml<br />

Das Fass Brent-Nordeee-Öl ist schon mal in Erwartung auf den Krieg auf $ 70 gestiegen. Der Iran will jetzt seinen<br />

Ölhandel auf €uro-Basis umstellen, was auch Saddam Hussein plante. Das macht den Krieg für alle Staaten so<br />

dringend.<br />

Die USA sind der einzige Wirtschaftsmotor in der Welt, China hat noch keinen selbsttragenden und Europa schon<br />

lange nicht mehr. Weil die Staaten aber zur Verhinderung von Unruhen über ihre Verhältnisse leben müssen, müssen<br />

sie sich jeden Tag für ihre Steuergeschenke 2 Milliarden Dollar vom Weltmarkt leihen. Ein großer Teil kommt von<br />

Japan und China, die damit ihre eigene Währung abstützen.<br />

Ein großer Teil kommt aber auch vom Rohstoffmarkt, das meiste vom Öl. Wenn nun auf Dollar-Basis gehandelt<br />

wird, muss der kaufende Staat sich zuerst Dollar leihen, bevor er handeln kann. Und damit stützt er auch den Dollar<br />

und auch den Kapitalismus mit seinem Oben (Die im Lichte) und Unten (Die siehst Du nicht).<br />

Die USA verfügen <strong>nur</strong> noch über 1/3 der Weltölreserven. Da haben sie bei dem zu erwartenden Crash China gegen<br />

USA keine Chance und Irak hat daran nicht viel geändert. Also ist der nächste Schritt Iran.<br />

Wenn jetzt die Muftis das ausgewogene, bewährte Modell des Kapitalismus gefährden wollen, so sind sich alle fünf<br />

Atommächte plus Germany (rechts und „links“ einig, muss es halt eine Abreibung geben. So einfach ist das. Alle<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 42


haben sich auf ein Ultimatum bis 28. April geeinigt und Frau Rice bringt sich schon mal in Stellung und wettert was<br />

von Militärschlägen.<br />

Wie soll das gehen, Iran hat immerhin 1 Millionen Soldaten und eine weitaus größere Luftwaffe als der Irak Da<br />

können die USA mit ihren 300.000 verfügbaren GI’s nicht mithalten. Aber die „Washington Post“ (lt. FR, KSA und<br />

ZDF-heute) kennt auch schon die lösende Planung: taktische Atomwaffen auf die Flugplätze. Aber das sei <strong>nur</strong> eine<br />

allgemeine Planung, soll man sogleich wieder beruhigt werden, nichts aktuelles.<br />

Dann bliebe <strong>nur</strong> die spannende Frage, wie wollen die USA ihren jährlichen Leistungsbilanzdefizit von 600<br />

Milliarden Dollar abbauen? Auch wenn es ihnen gelänge, alle iranischen Ölquellen sich einzuverleiben, brächte das<br />

<strong>nur</strong> 40 Milliarden Ölgewinne, das langt gerade mal für 20 Tage. Da wird man wohl Venezuela und den kasachischen<br />

Ölfelder auch noch einen Besuch abstatten müssen.<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 43


Während Farzahneh und ihre Zöglinge in den Gassen von Persepolis verdampfen, <strong>nur</strong> noch ihre<br />

Schatten auf dem Straßenpflaster auszumachen sind (Von ihrem Armreif hat sich ein kleiner Rest<br />

mit dem Asphalt vereinigt) läuft hier alles seinen geregelten Gang: der Stadtrat lässt die Häuser<br />

räumen, die Damen führen ihre Handtäschchen zum Kirchgang aus, die Poitiker integrieren - <strong>nur</strong><br />

de aufrechten WASG’ler legen letzte Hand an ihr Protestplakat, das sie noch in der<br />

Schreckensnacht auf die Domplatte tragen wollen.<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 44


nc-nelteno@netcologne.de<br />

Das Buch von Maryam Poya: „Iran 1979“ über die Linke, die Schoras und die Konterrevolution<br />

kann man als pdf gratis hier gratis anfordern.<br />

www.marktende.de<br />

*Die sogenannten „Revolutionären Linken“ waren nicht so sehr die Gefahr für den<br />

Imperialismus, weil sie oft selber 79 im Iran als Stalinisten <strong>nur</strong> die eine Diktatur durch die andere<br />

ersetzen wollten und das Potenzial, das mit den basisdemokratischen Arbeiterräten heranwuchs,<br />

überhaupt nicht wahrgenommen hatten. Sie hatten nicht verstanden, wie Trotzki in „Ergebnisse<br />

und Perspektiven“ und der „Permamenten Revolution“ oder Lenin in seinen „April-Thesen“ es<br />

ausdrücken, dass mit den basisdemokratischen Arbeiterräten die zukünftige Regierung<br />

heranwuchs. Manche linken Iraner kennen leider die Schoras bis heute noch nicht. Heute<br />

kritsisieren die meisten iranischenn Linken selber ihre alten Fehler.<br />

Alle Bücher hier: http://www.marxists.org/deutsch/archiv/index.htm<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 45


Basisdemokratie<br />

Von <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong><br />

Das alle anti-neoliberale Flügel in der WASG verbindende Wort wird schon von vielen von uns benutzt. Es<br />

heißt Basisdemokratie. Es scheint jetzt nach der Niederlage der Anti-neoliberalen etwas unpassend, über<br />

dieses Wort zu reflektieren. Es bleibt aber von grundsätzlicher Bedeutung und die Klärung dieser Frage<br />

wird früher oder später wieder auftauchen. Dazu am Ende dieser Analyse einige Frage- oder<br />

Feststellungen.<br />

Von den Nichtmarxisten gibt es eine ganze Web-Seite mit dem Namen: www.basis-demokratie.de oder<br />

Eckhardt Hildebrandt hat mit dem WASG Kreisverband Oldenburg ein basisdemokratisches Modell auf<br />

Verbandsbasis ausgearbeitet.<br />

http://www.berlin-unzensiert.de/start/include.php?path=content/articles.php&contentid=1751<br />

Auch die Marxisten benutzen es oft, z.B. Edith Bartelmus-Scholich als Trotzkistin propagiert: ' Für eine<br />

basisdemokratische neue Linkspartei - lasst uns mit der Basisdemokratie beginnen - auf diesem<br />

Parteitag!'. (Netzwerk) Wie wir sehen ist dies das Schlüsselwort. Die Erklärung bei Wikipedia lautet:<br />

„Die Basisdemokratie ist die älteste Form der Demokratie. Sie kommt ohne Repräsentanten aus. Das<br />

bedeutet, alle relevanten Entscheidungen werden von den Betroffenen selbst abgestimmt. Die<br />

Basisdemokratie eignet sich sowohl für triviale Probleme, die ohne Fachwissen einfach zu entscheiden<br />

sind, als auch für Fragen, die erheblichen Einfluss auf das Leben der Mehrheit haben, wie die Struktur<br />

des Gesundheitswesens, Kriegseinsätze, neue Verfassungen, Eigentumsfragen, Löhne,<br />

Arbeitszeitregelungen, Streikentscheidungen, Grundrechte und Menschenrechte.“<br />

Das war die Erklärung der Basisdemokratie bei den Naturstämmen, wobei diese manchmal in Notzeiten<br />

untereinander im Krieg standen. Dieser wurde aber vom ganzen Stamm beschlossen und bildete daher<br />

eine Ausnahme. Seit den Anfängen der reinen Herrschaftsgesellschaften vor knapp 3.000 Jahren in<br />

Mesopotamien und Griechenland aber war der Krieg ein regelmäßiger Begleiter des Menschen, und da<br />

gab es keine Basisdemokratie mehr.<br />

„Von 650 vor Christus [Seit den Anfängen der reinen Klassengesellschaften] bis heute zählten die<br />

Historiker 1656 Versuche, durch Wettrüsten den Frieden zu bewahren. Dies führte 1640 mal zum Krieg.<br />

In den anderen Fällen zum wirtschaftlichen Ruin der Beteiligten. “ (SIPRI)<br />

Heute aber produzieren wir weltweit Überfluss, er wird <strong>nur</strong> ungerecht verteilt. Also, Kriege brauchen wir<br />

nicht mehr. Deshalb kann die Basisdemokratie heute <strong>nur</strong> internationalistisch durchgeführt werden. Wenn<br />

wir den ganzen Herrschaftsmüll nicht mehr wollen, dann können wir ja basisdemokratisch darüber<br />

entscheiden, wobei wir schon bei den unterschiedlichen Ansätzen der Basisdemokratie-Vertreter wären.<br />

Die unterschiedlichen Ansätze entwickeln sich unter den heutigen ökonomischen Bedingungen fasst<br />

zwangsläufig aufeinander zu, bzw. haben sich bei der Diskussion bereits schon mehr oder weniger<br />

angenähert.<br />

Die Nichtmarxisten wollen diesen Begriff erst <strong>nur</strong> auf die Partei, Vereine und Verbände angewendet<br />

wissen. Aber verschiedentlich werden auch schon die Grenzen dieses Konstruktes gesehen und Schritte<br />

darüber hinaus angedacht. Die Grenzen in denen eine Basis sich bewegt, müssten frei sein, damit diese<br />

sich auch wirklich frei entscheiden kann.<br />

Auch wenn alle Berliner sich basisdemokratisch „frei“ entscheiden könnten, könnten sie <strong>nur</strong> die Armut<br />

verteilen. Sie könnten nicht darüber entscheiden, z.B. den Spitzensteuersatz wieder anzuheben, da steht<br />

der Bundestag und das Bundesverfassungsgericht davor.<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 46


Und wenn die Basis auch im Bundestag entscheiden könnte und den Spitzensteuersatz wieder auf 56%<br />

anhöbe, dann zieht das Kapital in die Slowakei oder nach China ab. Und wenn die Basis dem Kapital das<br />

verbietet, dann könnte sie keine Waren mehr verkaufen, weil in China die Arbeiter gezwungen werden, für<br />

50 Cent zu arbeiten und damit deren Waren billiger verkauft werden können, ergo müssten wir auch für<br />

50 Cent arbeiten.<br />

Also die Basis könnte sich nicht wirklich frei entscheiden können, solange es nicht antikapitalistisch,<br />

international ist, die Löhne nicht gemeinsam von der gesamten Weltbevölkerung festgelegt werden und<br />

die Produktion nicht solidarisch auf alle Betriebe der Welt verteilt wird. Nur so kann die Weltwertschöpfung<br />

auch gerecht verteilt werden .und <strong>nur</strong> so ist die Weltbasis auch gleichberechtigt, um über den Anteil des<br />

Konsums und den der Rücklagen frei entscheiden zu können. Dank Internet und seinem Entwickler CIA<br />

können wir das jetzt auch. Sonst waren der CIA und seine Auftraggeber überflüssig.<br />

Die Überlegung sollte leicht einleuchten, dass eine Gesellschaft nicht wirklich basisdemokratisch<br />

organisiert ist, solange etwas Drittes wie das Akkumulationsgesetz des Kapitals einem Grenzen setzt,<br />

noch dazu sehr knappe. Die weitergehende Erklärung bei Wikipedia, insbesondere, dass die Schweiz<br />

basisdemokratisch mit Volksabstimmung organisiert sei, ist voll daneben. Hier entscheidet die Regierung,<br />

stellvertretend, wann wir abstimmen dürfen, eine Art Mitbestimmung bei der Clopapierqualität.<br />

Die Schweizer entschieden sich „basisdemokratisch“ in einer Volksabstimmung für höhere Grenzen für<br />

Ausländer. Nachdem also die Begüterten – 25% der Bevölkerung wählen dort die Regierung – die<br />

wenigen Krümel fürs einfache Volk festgelegt haben, kann <strong>nur</strong> unter denen „basisdemokratisch“ ein harter<br />

Verteilungskampf entbrennen. Das kann <strong>nur</strong> die Basis übereinander herfallen. Das ist ganz nach dem<br />

Geschmack der Herrschenden, denn sie möchten uns Lohnabhängige spalten und damit schwächen, in<br />

Frau und Mann, Jung und alt, In- und Ausländer, Verheiratete und Ledige, Beschäftigte und Arbeitslose<br />

usw., und damit sind wir vereinzelt viel schwächer.<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 47


Untersuchungen in den USA in den Gebieten, wo die Schwarzen wenig verdienten, haben ergeben, dass<br />

auch die Weißen dort unterdurchschnittlich verdienten, da der Lohn der Schwarzen den der Weißen<br />

drückt. Also mit einem „Alle gegen Alle“ schadet man sich <strong>nur</strong> selber. Die Volksabstimmung in der<br />

Schweiz wäre <strong>nur</strong> wirklich frei gewesen, wenn auch alle über die gesamte Wertschöpfung entscheiden.<br />

Wenn ich jetzt das basisdemokratische Modell der Marxisten beschreibe, dann nicht aus dem<br />

Interesse, dass wir heute uns für dieses entscheiden. Nein, wir müssen diese Diskussion mit den<br />

Wählern diskutieren, sonst wären wir ganz schnell eine 0,1%-Partei. Aber das kann sich in der<br />

Geschichte, gerade der heutigen mit dem desaströsen Weltmarkt, schlagartig ändern und wir<br />

hätten dann <strong>nur</strong> damit eine Chance.<br />

Edith hat in ihrem Artikel „Noch nicht angekommen oder schon das Ziel verfehlt? – Die neue<br />

Linke nach dem „Superwahltag“ 26. März 06“ in der Praxis mit diesem Satz Brücken für diese<br />

Diskussion aufgezeigt. „Die neue Linke kann die sozialen Bewegungen ermutigen auf allen<br />

Ebenen Ratschläge zu veranstalten und Räte zu bilden, die Fragen und Forderungen an sie<br />

formulieren und die Aktivitäten der Partei und der Parlamentsfraktionen kritisch begleiten. In<br />

der Praxis kann dies so aussehen, dass Ratschlägen und Räten der sozialen Bewegungen Rechte<br />

eingeräumt werden, wie z.B. das Antragsrecht gegenüber Partei und Fraktionen.“<br />

Die marxistischen Basisdemokraten, in der Regel Trotzkisten und einige Rätekommunisten und<br />

Anarchisten in der WASG, wollen diese Form konsequent überall und international, auf der Arbeit, im<br />

Wohnhaus, im Gericht, bei der Polizei und beim Militär, so lange es dies noch geben muss, in der Umwelt,<br />

in den Medien und, und, und.<br />

Manche haben immer erzählt bekommen, dass wir Marxisten für die Diktatur seien. Aber, ein für alle mal,<br />

das stimmt nicht, das ist eine Fehlinformation, die einmal daraus resultiert, dass Stalin nach Lenin Tod<br />

und seiner blutigen Konterrevolution zwar das genaue Gegenteil vom Marxismus machte, aber sich<br />

weiterhin Marxist nannte, genauso, wie seine Nachfolger, <strong>nur</strong> um die kleinen Leute für sich gewinnen und<br />

leichter ausfleddern zu können. Nur Trotzki verblieb auf den Pfaden des authentischen Marxismus.<br />

Andererseits nahm die bürgerlichen Marxhasser diesen Etikettenschindel liebend gerne auf, um so die<br />

Marxisten leicht diffamieren zu können.<br />

Wenn man aber weiß, dass Trotzki der gewählte Sprecher des basisdemokratischen Arbeiterrates in<br />

Russland 1905 und dann wieder in der Revolution 1917 war, sieht man das Vertrauen, welches die<br />

einfachen Leute in ihn setzten und kann daran messen, dass auch wir Trotzkisten nichts anderes wollen,<br />

als eine Basisdemokratie, <strong>nur</strong> überall, auch in den Betrieben.<br />

Die basisdemokratischen Arbeiterräte werden Nachfolger sein der jetzt schon in Europa zaghaft<br />

entstehenden Streikräte. Sie werden genau wie diese nach 3 Prinzipien arbeiten:<br />

1. Jederzeitige Abwählbarkeit<br />

2. Sie sind an die Beschlüsse der Basis gebunden<br />

3. Sie erhalten nicht mehr als ein Facharbeiterlohn<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 48


Germanische Ratsversammlung - Marc-Aurel-Säule in Rom<br />

Die Ähnlichkeit der Prinzipien mit denen des Thing der Germanen, der Stammesversammlung der<br />

Irokesen oder aller Naturvölker, finden wir überall in der Geschichte der Arbeiterbewegung wieder.<br />

Die Idee der Arbeiterräte stammt von den Arbeitern selber. Sie müssen immer zwangsweise wegen des<br />

Widerspruchs zwischen Kapital und Arbeit diese Idee entwickeln. Höhere Rendite für das Kapital heißt<br />

Kürzung der Löhne bzw. weniger Arbeitsplätze oder umgekehrt. In der auf Konkurrenz aufgebauten<br />

Marktwirtschaft wird für mehr Rendite <strong>nur</strong> sein Lohn gekürzt und die Arbeitshetze steigt. Oder umgekehrt,<br />

wenn sie solidarisch streiken.<br />

Erst wählen die Arbeiter in einem „wilden“ Streik spontan Streikräte (So geschehen schon in London -<br />

Post und Feuerwehr, Belfast – Postler, und Rom - Busfahrer), die sie später, wieder spontan, in<br />

Arbeiterräte umbenennen. So geschehen 1905 und 1917 in Russland, 1918 in Deutschland, 1921 in<br />

Italien und Ungarn, 1936 in Spanien, 1956 in Ungarn, 1974 in Portugal und 1979 im Iran (Schoras). Diese<br />

Idee der basisdemokratischen Arbeiterräte ist nichts anderes als der authentische Sozialismus, wie er von<br />

Marx, Engels, Lenin, Trotzki und Luxemburg entwickelt wurde.<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 49


2. Kongress des Nationalen Arbeiterrates CRTSM in Portugal 1975<br />

Was hat der VW-Kollege davon, wenn sein südafrikanischer Kollege <strong>nur</strong> die Hälfte verdient? Nichts, <strong>nur</strong><br />

einen Dumpinglohn und damit <strong>nur</strong> einen Lohndruck. Deshalb ist sein objektives Interesse<br />

internationalistisch. Nur ein weltweiter solidarischer Basisplan nach den Bedürfnissen aller kann in dieser<br />

globalisierten Weltwirtschaft einen menschenwürdigen Lohn bereitstellen, nicht mehr die auf Konkurrenz<br />

aufgebaute Marktwirtschaft.<br />

Deshalb kann <strong>nur</strong> die Arbeiterklasse, und kein stellvertretender Bürokrat eine Wirtschaft für die Zukunft<br />

aufbauen. Daher der Satz von Marx: dass »die Befreiung der Arbeiterklasse <strong>nur</strong> das Werk der<br />

Arbeiterklasse selbst sein kann.«. Auch, weil <strong>nur</strong> in einem emanzipierten Kampf die Arbeiter ihr objektives<br />

Interesse entdecken können.. Sie sind immerhin 85-90% in Europa. Natürlich haben in den Arbeiterräten<br />

auch die Rentner, die Bauern und alle Kleinbürger ihre Vertreter dort sitzen. Wichtig ist, dass <strong>nur</strong> das<br />

objektive Interesse der Arbeiter in der Wirtschaftspolitik durchgesetzt wird, aber das wird es auch bei 85%<br />

und dann mehr.<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 50


Die Räte sind auch ein viel besseres Instrument für die Basisdemokratie als das bürgerliche Parlament. In<br />

den Betrieben kann die Basis sich in regelmäßigen Abteilungs- und Betriebsversammlungen, in<br />

Stadtteilplenen und Bauernversammlungen usw. ihre Beschlüsse fassen und ihre Delegierten wählen, die<br />

an die Beschlüsse gebunden sind. In das bürgerliche Parlament kann man <strong>nur</strong> alle vier Jahre wählen und<br />

die machen dann, was sie wollen.<br />

Schon früh hatte Trotzki die Notwendigkeit der demokratischen Selbstorganisation der Arbeiterklasse<br />

aufgezeigt (in "Mein Leben"), weshalb er 1905 als Vorsitzender des Arbeiterrates gewählt wurde. Nach<br />

der Zerschlagung durch den Zarismus hat er dann seine Erfahrungen in "Ergebnisse und Perspektiven."<br />

http://www.marxists.org/deutsch/archiv/trotzki/1906/erg-pers/index.htm niedergelegt. 1917 ist er wieder als<br />

1. Sprecher gewählt worden und Lenin hatte sich dann 1917 mit den "Aprilthesen" Trotzki angeschlossen.<br />

Aber da die Arbeiterklasse bei dem Tode Lenis <strong>nur</strong> 3% berug, hatte Stalin leichtes Spiel mit ihr mit seinen<br />

Schlägerbanden, Arbeitslägern und Hinrichtungen. Er behielt trotz blutiger Diktatur unseren Namen und<br />

Bücher bei und fälschte alles ins Gegenteil. Die Zeit war noch nicht reif. Das Kapital übernahm liebend<br />

gerne diese Fälschungen, weil es ein Horror hat vor wirklicher Demokratie und Selbstbestimmung.<br />

1921 scheiternden die Räte, weil die noch nicht stalinisierte Luxemburgische KPD <strong>nur</strong> 3.000 Mitglieder<br />

hatte und somit die SPD leicht die Arbeiterräte zutexten konnte, die Macht der Arbeiter- und Sodatenräte<br />

an das bürgerliche Parlament abzugeben. Man hatte noch keine Erfahrung mit dem Kapitalismus und der<br />

hatte außerdem noch Entwicklungsmöglichkeiten. Jetzt aber gibt es <strong>nur</strong> eine Richtung: Noch mehr<br />

Arbeitlose, noch mehr Stunden für weniger Geld, noch mehr Kriege und noch mehr Folter.<br />

1936 erledigten dann in Spanien die Stalinisten das Geschäft der Zerschlagung der Selbstorganisation<br />

und Franco konnte dann leicht durchmarschieren. Ebenso in Ungarn schlugen de Stalinisten die<br />

Arbeiterräte zusammen. 1974 in Portugal erledigte das unser Willy zusammen mit dem CIA und seinem<br />

Geld. 1979 im Iran dann wurde Khomeini von der "Weltgemeinschaft" in Guadeloupe gegen die<br />

Arbeiterräte (Schoras) http://iran-now.de/content/view/3646/26/ dann an die Macht gehoben.<br />

Heute aber sind wir Arbeiter aber ca. 85-90% der Bevölkerung in Europa, da haben die<br />

Konterrevolutionäre keine Chance mehr. Ihre letzte Großtat wird die Zerschlagung der WASG-Linken sein<br />

(jetzt leider Gegenwartsform) und in den USA werden sie noch einige Kinder zum im Blut baden schicken.<br />

Sie haben doch nichts nichts mehr anzubieten - Null. Ihre Zeit wird so enden wie in Leipzig, als 100.000<br />

Kollegen sich zum gemeinsamen Spaziergang verabredeten, da waren auch die Kassen leer. Schaut die<br />

4.000.000 auf Frankreichs Straßen, da ist die Macht von Renault & Elf zu Ende. Und aus Turin und Rom<br />

reisten die Studenten mit Bussen an. Unser Widerstand läuft doch schon europaweit, weltweit - als die<br />

Opelaner streikten, bekamen sie Solidaritäts-emails aus aller Welt und die Porsche-Kollegen sind mit dem<br />

Bus durch die Nacht gereist, um die Opelaner bei ihrem Kampf zu unterstützen. Das ist Basisdemokratie<br />

mit den Füßen. Basisdemokratie kann auch Spaß machen.<br />

Wir Marxisten haben kein anderes Interesse als alle Arbeiter, wir sind <strong>nur</strong> zufällig früher in der<br />

Arbeiterbewegung gewesen und beteiligen uns als das Gedächtnis der Bewegung. Sonst gibt es bei uns<br />

alle Schwächen wie bei den Nichtmarxisten auch. Bei uns gibt es auch Populismus, wie wir dies bei<br />

Linksruck beobachten können. Sie betätigen sich an der Zerstörung der WASG in dem tiefen Glauben, in<br />

der PDS könnte man noch etwas verändern, aber solche Tricks wie unsere Spezies kennen die dank der<br />

Stasi-Erfahrungen schon lange. Ramelow und Konsorten werden ihre Basis mit den im Ausland<br />

deponierten Geldern, über die <strong>nur</strong> die SED-Kader die Verfügungsgewalt haben, vortrefflich erpressen<br />

können. Nur Karriere kann man bei uns authentischen Marxisten noch nicht machen können.<br />

Das wichtigste für die WASG-Opposition ist jetzt, dass wir als<br />

WASG-Opposition zusammenbleiben, da bleibt das Richtige oder<br />

Falsche eines Schrittes zweitrangig. Der individuelle Austritt einer<br />

Minderheit wird nicht glücklich enden. Sie haben sich schon in<br />

mehrere Gruppen gespalten: Die Alternative, die Föderalisten, die Demokraten und die WASD. Diese<br />

Gruppen besitzen nicht einen politischen und theoretisch besonders erfahrenen Kern, was schnell zu<br />

Spaltungen, Hilflosigkeit und Rückzug ins Private dort führen wird.<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 51


Andererseits ist noch ein gemeinsames Handeln der WASG-Opposition machbar, wie es die Ankettaktion<br />

der Berliner vor dem Abschiebeknast oder die Kasseler Konferenz am 20,5. zeigen. Spätestens aber bei<br />

dem Zwangszusammenschluss wird mit der Oppositionsarbeit Schluss sein, entweder hat ein Teil von uns<br />

kein Interesse mehr an einer orwellschen Machtpartei – der „große Bruder lässt grüßen -, oder die PDS-<br />

Chefs werden sich keine neue Laus in den Pelz setzen, die Wagenknecht langt ihnen.<br />

Aber wer weiß, bi dahin wird sich vielleicht schon eine neue Alternative aus den Betriebskämpfen<br />

ergeben. Es gibt in Deutschland kaum mehr noch was an das große Kapital zu verteilen, einfach, weil das<br />

schon alles hat.<br />

Der Bundeskassenwart Steinbrück hat deshalb schon mal das Ende des Sozialstaates angekündigt.<br />

http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,414714,00.html<br />

Die Unternehmerverbände dürfen sich freuen, bald wird ihre Lohndrückerarmee unendlich lang. Der<br />

Herbst wird wahrscheinlich heißer werden als der Sommer. Eines aber ist ganz gewiss. Die WASG wird<br />

mitsamt seinen Spezies im Schwarzen Loch verschwinden.<br />

Der konsequenten, internationalen Basisdemokratie in den Betrieben und überall wird die Zukunft<br />

gehören.<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>: Arbeiterräte statt Keynes - 52

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!