Budapester Zeitung
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Bud apester <strong>Zeitung</strong><br />
13. Jahrgang / Nr. 37 Budapest, 13. - 19. September 2013 www.bzt.hu 750 Forint – D: 5,70 Euro<br />
Rückfall:<br />
Neueste Erhebungen ergeben ein wenig<br />
zuversichtliches Bild. Der Optimismus der<br />
Nullerjahre, der Ungarn begleitete, scheint<br />
dahin. Zurück bleibt Resignation. 05<br />
Rückblick:<br />
Die diesjährige Freiluft-Plakatausstellung<br />
ARC zeigt sich noch<br />
kritischer als in den vergangenen<br />
Jahren und schockt aufs Neue.<br />
10<br />
Rückzug:<br />
Das Problem des Öffentlichen<br />
Nahverkehrs im <strong>Budapester</strong><br />
Umland scheint endlich<br />
gelöst.<br />
12<br />
„Wir sind nicht mehr vom<br />
Geld anderer abhängig!”<br />
Widersprüchliche<br />
Ergebnisse<br />
Das Bild, dass die geladenen Referenten<br />
– der ehemalige MNB-Präsident<br />
und heutige Aufsichtsratsvorsitzende<br />
der Intesa Sanpaolo-Gruppe,<br />
György Surányi, der stellvertretende<br />
OPT-Generaldirektor László Wolf und<br />
der Vorstandsvorsitzende der Magyar<br />
Telekom NyRt., Christopher Mattheisen,<br />
bei der ersten Veranstaltung des Joint<br />
Venture Verbandes nach der Sommerpause<br />
von der ungarischen Wirtschaft<br />
und ihren Aussichten zeichneten, war<br />
alles andere als positiv: eine fast schon<br />
chronisch stagnierende Wirtschaft, eine<br />
Verschlechterung der relativen Wettbewerbsfähigkeit,<br />
ein bei Licht betrachtet<br />
gewachsener Schuldenberg des Staates<br />
und eine Arbeitslosenrate, die nur durch<br />
öffentliche Beschäftigungs-Programme<br />
im Zaum gehalten wird.<br />
Nach der langen Sommerpause hat das Parlament am Montag dieser<br />
Woche seinen Betrieb wieder aufgenommen. Ministerpräsident<br />
Viktor Orbán nutzte die erste Parlamentssitzung, um eine positive<br />
Bilanz der vergangenen Monate zu entwerfen. Die Opposition<br />
zeichnete in ihren Wortmeldungen ein entgegengesetztes Bild.<br />
Fortsetzung auf Seite 2<br />
MTI / Attila Kovács<br />
Schulderberg<br />
wächst weiter<br />
Dass in Zeiten wie diesen, zu unkonventionellen<br />
– Surányi mag das Wort<br />
“unorthodox” nicht – Mitteln gegriffen<br />
wird, ist für den ehemaligen Notenbankpräsidenten<br />
an sich nichts Verwerfliches.<br />
In erster Linie komme es auf<br />
die Ergebnisse an, insbesondere, ob die<br />
ergriffenen Maßnahmen zu mehr Wirtschaftswachstum<br />
geführt haben oder<br />
nicht. Und hier kann Surányi, der auch<br />
mit der Wirtschaftspolitik der sozialistischen<br />
Vorgängerregierungen hart ins<br />
Gericht ging, der gegenwärtigen Wirtschaftspolitik<br />
nicht viel Positives abgewinnen.<br />
Sie habe zu keinem spürbaren<br />
Wirtschaftswachstum geführt und weder<br />
den Binnenkonsum noch die Investitionen<br />
angekurbelt. Die Verschuldung<br />
des Staates gemessen an der Wirtschaftsleistung<br />
habe sich in den letzten<br />
drei Jahren nicht nur nicht verändert,<br />
sondern bei genauerem Hinsehen eher<br />
noch verschlechtert, schließlich habe<br />
sich der Staat durch die Verstaatlichung<br />
der Privatrentenkassen zukünftige Zahlungsverpflichtungen<br />
in Höhe von rund<br />
3.000 Milliarden Forint aufgeladen.<br />
Fortsetzung auf Seite 5<br />
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Tip of the Week Tip der Woche – Egon Schiele Finissage<br />
Die Egon Schiele Ausstellung im Museum der Schönen Künste neigt sich dem Ende. Zum<br />
Abschluss am 28. September erwartet eine einzigartige Tanzproduktion die Besucher.<br />
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2 P o l i t i k<br />
<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
13. – 19. September 2013<br />
Kompakt<br />
Links- und Sozialbewegungen:<br />
Großveranstaltung im Stadtwald<br />
Am Samstag hielten unter dem Motto „Es<br />
reicht!“ („Elég volt!“) verschiedene linke und soziale<br />
Bewegung eine Großveranstaltung im Stadtwald<br />
ab. Mit dabei waren die MSZP, „Die Stadt gehört<br />
allen!“ (A Város Mindenkié)-Bewegung, 4K!<br />
(Negyedik Köztársaság („Für eine 4. Republik!“),<br />
die kürzlich der Europäischen Linkspartei beitrat,<br />
MEBAL (Magyar Egyesült Baloldal, Ungarische<br />
Vereinigte Linke ), feministische Organisationen<br />
sowie Initiativen zum bedingungslosen Grundeinkommen<br />
und zur Entschuldung. Es gab verschiedene<br />
Vorträge und Diskussionen zu Themen<br />
wie Verelendung und Faschismus in Ungarn.<br />
Rede von Viktor Orbán im Parlament<br />
„Wir sind nicht mehr vom<br />
Geld anderer abhängig!”<br />
auch ein Symbol dafür, dass<br />
Ungarn imstande sei, eine<br />
selbständige und unabhängige<br />
Wirtschaftspolitik zu verfolgen,<br />
welche die Interessen<br />
der ungarischen Menschen<br />
im Auge habe.<br />
Bajnai: „Wohnnebenkosten-Lüge<br />
setzt sich fort“<br />
Der Vorsitzende der Partei „Gemeinsam-Dialog<br />
für Ungarn“, Ex-Premier Gordon Bajnai (2009-<br />
2010), warf auf einer Pressekonferenz am vorvergangenen<br />
Freitag der Regierung Orbán<br />
Täuschung vor: Die Wohnnebenkosten hätten sich<br />
in den vergangenen 3 Jahren unter der Orbán-<br />
Regierung um 17% erhöht, die Senkung um 10%<br />
sei durch die Belastungen des „Varga-Pakets“<br />
verpufft. Statt der ungerechten Energiekosten-<br />
Senkung bevorzugt seine Partei energetische<br />
Modernisierungs pro gramme, um die Heizkosten<br />
um bis zu 30% zu senken, so Bajnai.<br />
Dialog für Ungarn:<br />
Fraktionsstatus per VfG<br />
Die 8 „Dialog für Ungarn“-Abgeordneten wenden<br />
sich an das Verfassungsgericht, weil ihnen<br />
Parlamentspräsident László Kövér den Status als<br />
Fraktion nicht anerkennen will. Mit diesem sind<br />
sowohl parlamentarische Rechte als auch materielle<br />
Zuwendungen verbunden. Kövér bezieht sich<br />
auf die im Juli geänderten Hausregeln, wonach 3<br />
Abgeordnete (vorher mind. 12) eine Fraktion gründen<br />
können, wenn sie auf derselben Parteiliste<br />
gewählt worden sind - „Dialog“ konnte jedoch noch<br />
nicht gewählt werden. Das Urteil wird für Anfang<br />
Oktober erwartet.<br />
Parlamentsbeschluss: Kostenlose<br />
„soziale“ Beerdigung<br />
Das Parlament beschloss am Montag eine<br />
Gesetzesänderung, laut der es kostenlose<br />
Beerdigungen ab Januar 2014 in Ungarn geben<br />
wird. Jeder Bürger kann unabhängig vom Ein kommen<br />
die „soziale Bestattung“ eines Verstorbenen<br />
beantragen. Der Staat stellt Grabstätte sowie Sarg<br />
oder Urne kostenlos zur Verfügung - das Grab<br />
ausheben, die sterblichen Überreste für die<br />
Beerdigung vorbereiten und die Grabstätte wieder<br />
schließen bzw. dafür sorgen, dass dies erledigt<br />
wird, muss man allerdings selbst. Bestattungsunternehmer<br />
protestierten, da sie Einbußen befürchten.<br />
<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
ISSN 1419-8770<br />
Verlag: BZT Media Kft.<br />
1073 Budapest, Erzsébet krt. 43.<br />
Chefredakteur & Herausgeber: Jan Mainka<br />
Tel: 453-0752, 453-0753 Fax: 240-7583<br />
E-Mail: verlag@bzt.hu – redaktion@bzt.hu<br />
Internet: www.bzt.hu<br />
Stellv. Chefredakteurin: Elisabeth Katalin Grabow<br />
Politik: Peter Bognar<br />
Wirtschaft: Daniel Hirsch<br />
Layout: Zsuzsa Urbán<br />
Marketing & Sales: Jan Mainka<br />
Abo & Distribution: Ildikó Varga<br />
Kioskvertrieb: Hungaropress Kft.<br />
Im Auftrag der MAGPRINT KFT. gedruckt von:<br />
Magyar Közlöny Lap- és könyvkiadó Kft., Lajosmizse<br />
Verantwortlicher Leiter /Druck/:<br />
Majláth Zsolt, Generaldirektor<br />
Preis In Forint In Euro<br />
6 Monate 16.000 120<br />
1 Jahr 30.000 210<br />
Pdf-Abo /1 Jahr/ 12.000 50<br />
<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong> ist Partner der:<br />
The Budapest Times<br />
MSZP-Chef Mesterházy fühlte sich durch Orbáns Rede an kommunistische Zeiten erinnert.<br />
Fortsetzung von Seite 1<br />
Wie Orbán vor den Abgeordneten des<br />
Parlaments sagte, hat Ungarn einen<br />
„starken Sommer” hinter sich. Einerseits<br />
habe die EU das – seit 2004 laufende<br />
– Defizitverfahren gegen Ungarn<br />
eingestellt, andererseits habe das Land<br />
den – 2008 aufgenommenen – IWF-Kredit<br />
vorzeitig tilgen können. „Seit wir<br />
Mitglied der EU sind, hat das Land noch<br />
nie auf so stabilen Beinen gestanden wie<br />
jetzt”, sagte Orbán. Er betonte, dass nur<br />
wenige Länder imstande gewesen seien,<br />
ihre IWF-Kredite vorzeitig zurückzuzahlen.<br />
Dasselbe Kunststück wie Ungarn<br />
sei nur Island und Lettland gelungen. In<br />
Hinblick auf die Tilgung des IWF-Kredits<br />
wies der Premier darauf hin, dass seine<br />
Regierung dem permanenten Spardruck<br />
der internationalen Finanzorganisationen<br />
endlich ein Ende gesetzt habe. „Wir<br />
haben uns dem Druck nicht gebeugt, wir<br />
haben nicht nur das Niveau der Renten<br />
und die Steuerbegünstigungen für die<br />
Familien verteidigt, sondern wir haben<br />
auch die Sondersteuern für die Banken<br />
und jene Multis aufrechterhalten, die<br />
eine Monopolstellung haben.”. Der Regierungschef<br />
ging auch darauf ein, dass<br />
die Arbeitslosigkeit gesunken sei und<br />
die Zahl der Beschäftigten zugenommen<br />
habe. Indem seine Regierung die Inflation<br />
nach unten gedrückt habe, seien überdies<br />
die Reallöhne gestiegen, sagte er.<br />
Was die Löhne angeht, verwies er auch<br />
darauf, dass sowohl die Gehälter der Angestellten<br />
im Gesundheitswesen als auch<br />
der Pädagogen erhöht worden seien.<br />
Die Ungarn befinden sich<br />
heute auf der Siegerstraße<br />
Laut Orbán werden diese Lohnerhöhungen<br />
im staatlichen Sektor nicht<br />
durch Kredite finanziert wie seinerzeit<br />
unter den linksliberalen Regierungen,<br />
sondern durch das Wirtschaftswachstum.<br />
Diesbezüglich sagte er, dass eine<br />
„Wachstumswende” eingesetzt habe und<br />
ein nachhaltiges Wachstum zu erwarten<br />
sei. Im kommenden Jahr, so Orbán, rechne<br />
die Regierung mit einem Wirtschaftswachstum<br />
in Höhe von zwei Prozent des<br />
Bruttoinlandproduktes (BIP). „Wir sind<br />
heute nicht mehr vom Geld anderer abhängig,<br />
sondern stehen auf eigenen Beinen”,<br />
betonte er. Dies sei nicht zuletzt<br />
den „ungarischen Menschen” zu verdanken,<br />
die sich über die Fehler der Vergangenheit<br />
hinweggesetzt hätten und nun<br />
auf der Siegerstraße seien. Ungarn steht<br />
heute besser da als viele andere Länder<br />
Europas, so Orbán. Er machte darauf<br />
aufmerksam, dass in den meisten europäischen<br />
Staaten die Staatsverschuldung<br />
unaufhaltsam wachse, darüber hinaus<br />
seien in vielen Ländern auch das<br />
Haushaltsdefizit und die Arbeitslosigkeit<br />
hoch. Und als ob das nicht genug wäre,<br />
sänken vielerorts auch die Reallöhne und<br />
Renten, während die Wohnnebenkosten<br />
stiegen.<br />
Ungarn war früher den<br />
gierigen Multis ausgeliefert<br />
Wie der Premier erklärte, ist es das<br />
Ziel der Regierung, die Unabhängigkeit<br />
des Landes und die Sicherheit der Familien<br />
weiter zu erhöhen. Laut Orbán<br />
werden die ungarischen Familien erst<br />
dann in Sicherheit sein, wenn ihnen<br />
die internationalen Unternehmen kein<br />
Geld mehr aus der Tasche ziehen können<br />
und sie von den Banken nicht mehr<br />
mit Kreditverträgen über den Tisch gezogen<br />
werden, bei denen sie als Kunden<br />
alleine das Risiko tragen. Mit Blick auf<br />
die zum 1. November erfolgende weitere<br />
Senkung der Wohnnebenkosten (nach<br />
der 10-prozentigen Senkung von Gas,<br />
Strom und Fernwärme Anfang des Jahres<br />
wird es nun eine Reduktion in Höhe<br />
von 11,1 Prozent geben) sagte Orbán,<br />
dass diese im Zeichen der weiteren Unabhängigkeit<br />
des Landes stehe. Er erinnerte<br />
daran, dass Ungarn früher der<br />
Finanzwelt, den EU-Bürokraten und<br />
den gierigen multinationalen Unternehmen<br />
ausgeliefert gewesen sei. Diese<br />
Abhängigkeit hätte die Preise dermaßen<br />
hochgeschraubt, dass die ungarischen<br />
Familien für Gas und Strom europaweit<br />
das meiste hätten zahlen müssen. Diesem<br />
Zustand des Ausgeliefertseins setze<br />
seine Regierung nun aber ein Ende. Die<br />
Senkung der Wohnnebenkosten sei denn<br />
MTI / Attila Kovács<br />
Gutgläubigkeit der<br />
Menschen ausgenutzt<br />
In diesem Zusammenhang<br />
sprach Orbán auch von den<br />
Banken, denen seine Regierung<br />
bis zum 1. November<br />
dieses Jahres ein Ultimatum<br />
gestellt hatte, die in Probleme<br />
geratenen Devisenkreditnehmer<br />
aus der existenzbedrohenden<br />
Notlage zu helfen. Wie<br />
er betonte, haben die Banken<br />
die Gutgläubigkeit und Naivität<br />
der Menschen missbraucht,<br />
als die Fremdwährungskredite<br />
abgeschlossen<br />
wurden. „Ich bin der Meinung,<br />
dass es die moralische Pflicht<br />
der Banken ist, die Kreditverträge<br />
zugunsten der Kunden<br />
zu revidieren. Deshalb rufen<br />
wir die Banken dazu auf, ihre<br />
eigenen Fehler zu beheben<br />
und die Kreditverträge so zu<br />
ändern, dass die Verluste infolge des<br />
Währungswechsels Großteils von ihnen<br />
selbst getragen werden”, sagte er. Seine<br />
Regierung werde es nicht zulassen, dass<br />
die ungarischen Menschen von Fremden<br />
ausgenutzt werden, betonte der Premier.<br />
Es mag manchen überraschen, so<br />
Orbán, doch sei Ungarn ein „unabhängiger,<br />
souveräner Staat”, der das Joch der<br />
„Kolonisierung” abgeschüttelt habe. Zum<br />
Abschluss seiner Rede rief der Ministerpräsident<br />
die Fraktionen der Opposition<br />
dazu auf, die Regierung bei der Senkung<br />
der Wohnnebenkosten und der Beseitigung<br />
des Systems der Devisenkredite zu<br />
unterstützen.<br />
Opposition: Premier Orbán<br />
spricht an der Realität vorbei<br />
Hilfe dürfte die Regierung aus den<br />
Reihen der Opposition aber wohl nicht<br />
bekommen. Während sich der Vorsitzende<br />
der Sozialisten (MSZP) bei der<br />
Orbán-Rede an die kommunistischen<br />
Parteikongresse der 1950er und 1960er<br />
Jahre zurückerinnert fühlte, sprach der<br />
Chef der Ökopartei LMP, András Schiffer,<br />
von einem „absurden Schauspiel”,<br />
das der Ministerpräsident dargeboten<br />
hätte. Jobbik-Vorsitzender Gábor Vona<br />
sah in der Rede Orbáns eine Situationsbeschreibung,<br />
die völlig an der Realität<br />
vorbeigehe. In seiner Replik klagte Orbán<br />
über die Destruktivität der Sozialisten,<br />
die eine Politik „wider die Heimat”<br />
verfolgten. Außerdem richtete er an alle<br />
Oppositionsparteien den Appell, mit dem<br />
Wahlkampf noch zu warten (die Parlamentswahl<br />
findet im Frühjahr 2014<br />
statt), sei doch zuvor noch viel Arbeit<br />
im Interesse des Landes zu erledigen.<br />
Ex-Ministerpräsident Gordon Bajnai<br />
(2009-2010) reagierte in einer Presseerklärung<br />
auf die Parlamentsrede Orbáns<br />
wie folgt: Der Regierungschef habe nicht<br />
nur den Krieg gegen die Staatsverschuldung<br />
verloren, sondern auch jenen zugunsten<br />
des Wachstums sowie der Arbeitsplätze.<br />
Orbán hat an allen Fronten<br />
verloren, Erfolge kann er einzig und allein<br />
im Propagandakrieg vorweisen, so<br />
Bajnai.<br />
▶▶Peter Bognar
13. – 19. September 2013<br />
<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
P o l i t i k<br />
3<br />
Kein Wahlbündnis<br />
Soz ialisten und DK gehen getrennte Wege<br />
Ex-Premier Ferenc Gyurcsány (2004-2009) und die Sozialisten<br />
(MSZP) können offenbar nicht miteinander. Am vergangenen<br />
Dienstag scheiterte eine weitere Verhandlungsrunde zwischen der<br />
von Gyurcsány geführten Demokratischen Koalition (DK) und der<br />
MSZP unter Attila Mesterházy hinsichtlich einer Wahlallianz. Der<br />
stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Sozialisten, József Tóbiás,<br />
erklärte am Dienstag gegenüber der Presse, dass die MSZP<br />
weder mit Gyurcsánys DK noch mit den Liberalen unter Gábor Fodor<br />
in Sachen Wahlbündnis zu einer Einigung gekommen sei. Im<br />
Frühjahr 2014 finden in Ungarn Parlamentswahlen statt.<br />
Als Grund für das Scheitern<br />
der Verhandlungen mit der<br />
DK und den Liberalen nannte<br />
Tóbiás „unerfüllbare Forderungen”<br />
von Seiten der zwei kleinen<br />
Parteien. Gegenüber der staatlichen<br />
Nachrichtenagentur MTI<br />
sagte Tóbiás außerdem, dass es<br />
für die Sozialisten wahlpolitisch<br />
abträglich sei, wenn Gyurcsány<br />
auf einer MSZP-Wahlliste stünde.<br />
Auf kommunaler oder regionaler<br />
Ebene seien die Sozialisten aber<br />
durchaus bereit, mit der DK oder<br />
den Liberalen zu kooperieren. Tóbiás<br />
sagte auch, dass die MSZP<br />
keinerlei Problem darin sehe, dass<br />
die genannten zwei Kleinparteien<br />
auf eigene Faust in die Wahlen<br />
gingen, sei doch das „wichtigste<br />
Abkommen” bereits geschlossen<br />
werden: In den 106 Wahlkreisen<br />
werden die Sozialisten und die<br />
von Ex-Regierungschef Gordon<br />
Bajnai (2009-2010) geführte Partei<br />
„Gemeinsam-Dialog für Ungarn”<br />
gemeinsame Kandidaten<br />
aufstellen.<br />
Ferenc Gyurcsány seinerseits<br />
harkte auf die MSZP ein. Er erklärte<br />
nach den gescheiterten<br />
Verhandlungen am Dienstag, dass<br />
die Sozialisten der DK lediglich<br />
vier Einzelwahlkreise angeboten<br />
hätten, um eigene Kandidaten<br />
aufzustellen. Obendrein solche,<br />
wo es praktisch keine Aussichten<br />
auf einen Sieg gebe. Gyurcsány<br />
wies darauf hin, dass die DK demgegenüber<br />
neun Wahlbezirke zur<br />
Aufstellung eigener Kandidaten<br />
gefordert hätte. Außerdem hätte<br />
die MSZP der DK nur jeden 25.<br />
Listenplatz auf einer gemeinsamen<br />
Wahlliste angeboten.<br />
Der ehemalige Ministerpräsident<br />
sprach auch davon, dass die<br />
Sozialisten neben seiner eigenen<br />
Person auch Vorbehalte gegenüber<br />
den DK-Politikern Csaba<br />
Molnár, Ágnes Vadai und László<br />
Varju formuliert hätten. Alle<br />
drei gelten als Spitzenpolitiker<br />
der Gyurcsány-Partei, Molnár<br />
etwa ist stellvertretender Vorsitzender<br />
der DK. Laut Gyurcsány<br />
hat sich die MSZP sogar ein<br />
einseitiges Vetorecht gegenüber<br />
den DK-Kandidaten ausbedungen.<br />
Und zu allem Überdruss, so<br />
Gyurcsány, hätte die Demokratische<br />
Koalition im Wahlkampf<br />
nicht einmal jene politischen Inhalte<br />
vertreten dürfen, die von<br />
Ex-Premier Gyurcsány hat keine Angst vor einem Wahlgang allein.<br />
der MSZP-Linie abweichen. Eine<br />
„solch demütigendes und erniedrigendes”<br />
Abkommen sei für die<br />
DK schlechthin inakzeptabel, sagte<br />
Gyurcsány.<br />
Der Ex-Premier machte zum<br />
ersten Mal deutlich, dass seine<br />
Partei im nächsten Jahr allein in<br />
die Wahl gehen werde. Er zeigte<br />
sich überzeugt davon, dass die<br />
DK die Fünfprozenthürde ins<br />
Parlament werde überspringen<br />
und sechs bis acht Abgeordnetensitze<br />
werde erlangen können.<br />
Mit Blick auf die 106 Einzelwahlkreise<br />
konnte die Demokratische<br />
Koalition bereits 80 Kandidaten<br />
aufstellen, so Gyurcsány. Seine<br />
Partei gehe aber davon aus, in<br />
allen Wahlbezirken Kandidaten<br />
ins Rennen schicken zu können.<br />
Er wisse, dass ein alleiniges Antreten<br />
der DK bei den Wahlen die<br />
Aussichten der linken Opposition<br />
auf einen Wahlsieg mindere.<br />
Doch letztlich hätten er und seine<br />
Partei keine andere Wahl gehabt,<br />
sagte Gyurcsány. Die DK sei auf<br />
jeden Fall bestrebt gewesen, eine<br />
Einigung mit den Sozialisten<br />
zu erzielen. Gleichwohl schloss<br />
der ehemalige Regierungschef<br />
nicht aus, dass die DK in einzelnen<br />
Wahlkreisen ihre Kandidaten<br />
zugunsten der gemeinsamen<br />
Kandidaten von MSZP und der<br />
MTI / János Marjai<br />
Bajnai-Partei zurückziehen werde,<br />
sollten diese Siegeschancen<br />
haben.<br />
In einer Presseerklärung machte<br />
die MSZP ihrerseits deutlich,<br />
dass sie der Gyurcsány-Partei<br />
die Wahlbezirke Mohács, Marcali,<br />
Keszthely und den XII. Bezirk<br />
von Budapest angeboten habe,<br />
darüber hinaus einen Listenplatz<br />
zwischen 1-10 und einen zwischen<br />
11-30. In der Erklärung heißt es<br />
auch, dass die Sozialisten Verhandlungen<br />
über die DK-Kandidaten<br />
– sowohl in den Einzelwahlkreisen<br />
als auch auf einer<br />
gemeinsamen Wahlliste – für<br />
notwendig erachtet hätten. Als<br />
Begründung wird genannt, dass<br />
die DK-Politiker nach ihrem Austritt<br />
aus der Sozialistischen Partei<br />
in mehreren kommunalen und<br />
regionalen MSZP-Organisationen<br />
Konflikte verursacht hätten, die<br />
heute immer noch schwelten. Im<br />
Oktober 2011 trat Gyurcsány mit<br />
einigen anderen Politikern aus<br />
der MSZP aus und gründete die<br />
Demokratische Koalition.<br />
Laut Experten wird es die<br />
Gyurcsány-Partei denkbar schwer<br />
haben, auf eigene Faust ins Parlament<br />
zu gelangen. Einerseits<br />
gelte der Ex-Premier als einer der<br />
unpopulärsten Politiker des Landes,<br />
andererseits werde die MSZP<br />
alles versuchen, um die 100.000<br />
bis 200.000 DK-Wähler für sich zu<br />
gewinnen, voraussichtlich nach<br />
dem Motto „Jede Stimme für die<br />
DK ist eine verlorene Stimme für<br />
die Linke”.<br />
▶▶PB
4<br />
M e i n u n g<br />
Zitate<br />
„Das Parlament müsste<br />
der Regierung mehr<br />
Bewegungsfreiheit gewähren,<br />
damit diese unmittelbarer per<br />
Beschluss regieren kann. (...)<br />
Das jetzige, an Gesetze gebundene<br />
Regieren ist nicht mehr<br />
nötig, dieses System hatte man<br />
nach der Wende aus Angst<br />
vor Diktaturen geschaffen,<br />
bis 1998 war das auch vielleicht<br />
berechtigt.“<br />
Parlamentspräsident László Kövér<br />
am Montag im InfoRádió.<br />
„Ich sehe, dass ein Teil der<br />
ungarischen Bevölkerung in<br />
einem nationalen Wahn denkt,<br />
während ein anderer Teil ein<br />
ganz normales europäisches<br />
Land haben möchte. Ich habe<br />
noch nicht aufgegeben zu<br />
glauben, dass diese zweite<br />
Gruppe langsam die<br />
Oberhand gewinnt.“<br />
Iván Fischer, Dirigent des <strong>Budapester</strong><br />
Festival Orchesters vorvergangenen<br />
Freitag im Neue Zürcher <strong>Zeitung</strong>-<br />
Interview auf die Frage nach<br />
den aktuellen antisemitischen<br />
Strömungen in Ungarn.<br />
„Ich bin hier und kämpfe.“<br />
Ebenda, sich von seinem emigrierten<br />
Kollegen András Schiff abgrenzend.<br />
„Die Ära der Kolonisierung<br />
ist vorbei.“<br />
Premier Viktor Orbán am<br />
vergangenen Montag im Parlament.<br />
„Nur weil Sie attraktiv sind,<br />
heißt das noch lange nicht,<br />
dass Sie auch intelligent sind.“<br />
Der Staatsekretär im Entwicklungsministerium,<br />
Zoltán Illés am Dienstag<br />
im Parlament, auf eine kritische<br />
Anfrage der oppositionellen<br />
LMP-Abgeordneten<br />
Bernadett Szél antwortend.<br />
„Wahrlich beschweren sich<br />
viele, andere erfreuen sich an<br />
ihrer Chance. (...) Ich meine<br />
der Wettbewerb hat über<br />
Erfolg oder Enttäuschung<br />
entschieden.“<br />
Premier Viktor Orbán am Dienstag<br />
bei Blikk.hu auf eine per Live-Chat<br />
geäußerte Frage hinsichtlich der<br />
Ungereimtheiten bezüglich<br />
der Vergabe der Tabakhandelskonzessionen.<br />
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<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
Bei anderen gelesen<br />
Auf Orbáns Spuren<br />
• Von Csaba Gaál<br />
Viktor Orbán ist mit seiner unorthodoxen Wirtschaftspolitik nicht<br />
mehr allein: Die Aushöhlung der Marktwirtschaft breitet sich in ganz<br />
Mitteleuropa aus.<br />
Jemand, den es aus dem westlichen Teil Europas hierher verschlagen<br />
würde, würde mit Sicherheit überrascht darüber sein, mit welchen<br />
Problemen sich die ungarischen Politiker herumschlagen. Bei einer in<br />
der vergangenen Woche in Visegrád abgehaltenen Fraktionssitzung zerbrachen<br />
sich die Abgeordneten der Regierungspartei Fidesz den Kopf<br />
darüber, ab wann die neuerliche Senkung der Wohnnebenkosten in<br />
Kraft treten soll. Es wurde in Visegrád also nicht darüber diskutiert, wie<br />
die Investitionsbereitschaft ausländischer Unternehmen endlich stimuliert,<br />
das Wirtschaftswachstum konsolidiert und die Staatsverschuldung<br />
nachhaltig gesenkt werden könnte, sondern darüber, ob die Preise für<br />
Gas, Strom und Fernwärme Mitte Oktober oder erst im Januar gesenkt<br />
werden sollen. Fürwahr eine schwierige und knifflige Frage. Es gelang<br />
denn auch nicht, den Zeitpunkt zu bestimmen, lediglich der Umfang<br />
wurde festgelegt.<br />
„Glückliches Land!”, riefe nun ein westlicher Bürger aus, den es hierher<br />
verschlagen hat. Selbstverständlich würde ihn aber bald ein Verdacht<br />
beschleichen, wurde er doch so erzogen, dass es nichts umsonst<br />
gibt. Und tatsächlich: Diese Art der Verteilung von Wahlgeschenken ist<br />
insofern subtiler als die frühere Prasserei der Sozialisten, als sie nicht<br />
unmittelbar das Budget belastet. (…) Doch wird es auch so Konsequenzen<br />
geben, ebenso wie die neuerliche Drohung der Regierung in Richtung<br />
Banken, die Fehler der Devisenkredite schleunigst zu beheben.<br />
Die Bevölkerung schert sich natürlich kaum darum, dass die Investitionen<br />
im Energiesektor im zweiten Quartal dieses Jahres um ein Viertel<br />
gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres zurückfielen. Es wird<br />
auch niemanden beunruhigen (ganz im Gegenteil), dass der Bankensektor<br />
im zweiten Quartal 2013 Verluste in Höhe von rund 50 Milliarden<br />
Forint verzeichnete. Sie haben sich ohnehin schon eine goldene Nase mit<br />
uns verdient, jetzt können sie das Weite suchen, lautet eine der Volksweisheiten,<br />
die von Seiten der Regierung obendrein noch bestärkt wird.<br />
Wen interessiert es heute, dass es dereinst einmal Stromausfälle geben<br />
wird und der Staat dazu verdammt sein wird, die Verluste des verstaatlichten<br />
Energiesektors zu finanzieren? (...) Und wen juckt es, dass die<br />
Kreditvergabe im Sinken begriffen ist? Heute ist heute, und was morgen<br />
kommt, braucht uns noch nicht zu interessieren.<br />
Der Fidesz gibt häufig damit an, dass seine unorthodoxe Politik bereits<br />
von anderen kopiert werde. Lange Zeit war dies Teil der Propaganda der<br />
Regierungspartei, nun aber scheint die Politik der Regierung tatsächlich<br />
Nachahmer gefunden zu haben. Polen beispielsweise hat in der Vorwoche<br />
angekündigt, das System der Privatrentenkassen in ähnlicher Form<br />
zu zerschlagen, wie das in Ungarn geschehen ist. Der polnische Premier<br />
Donald Tusk verfolgt damit dasselbe Ziel wie seinerzeit Orbán: Er will<br />
die Staatsverschuldung seines Landes – aus kurzsichtigen Motiven heraus<br />
– massiv abbauen (um satte acht Prozentpunkte). (…)<br />
Ein kurzsichtiges Kalkül verrät auch die jüngste Ankündigung der<br />
slowakischen Regierung: Ähnlich wie Budapest kauft auch Bratislava<br />
den slowakischen Gasversorger – vom tschechischen Minderheiteneigentümer<br />
– zurück, um im Januar 2014 den Gaspreis zu senken. Der<br />
slowakische Premier Robert Fico geht davon aus, bei Gazprom einen<br />
niedrigeren Importpreis herauspressen zu können. Bis dahin will er aus<br />
dem Verkauf der Erdgasreserven die Verluste finanzieren. Sollten die<br />
Verhandlungen in Russland (Gazprom; Anm.) im Sand verlaufen, wird es<br />
halt eine andere Lösung für das Problem geben. Orbán findet im slowakischen<br />
Regierungschef übrigens nicht zum ersten Mal einen Nachahmer<br />
in Sachen Wirtschaftspolitik: Die slowakische Regierung hat nicht nur<br />
eine Bankensteuer erhoben, sondern auch die Energie-, Transport- und<br />
Telekommunikationsunternehmen mit Sondersteuern zur Kasse gebeten<br />
– wenngleich das Maß dieser Steuern niedriger ist als in Ungarn.<br />
In Tschechien sind unorthodoxe wirtschaftspolitische Schritte, wie wir<br />
sie in Ungarn kennen, noch nicht zu beobachten. Ganz im Gegenteil: Die<br />
seit 2010 regierende Mitterechtskoalition von Petr Necas hat jene zweite<br />
Säule im Rentensystem eingeführt, die Orbán und jetzt auch Polens<br />
Premier Tusk praktisch zerschlagen haben. Dies könnte sich allerdings<br />
bald ändern, wird es doch angesichts der Korruptionsskandale und dem<br />
damit einhergehenden Scheitern der Regierung Necas im Oktober vorgezogene<br />
Wahlen in Tschechien geben, bei denen die Sozialdemokraten<br />
(CSSD) gute Aussichten haben, ans Ruder zu gelangen. Die CSSD hat<br />
nicht nur versprochen, die Rentenreform rückgängig zu machen, sondern<br />
auch die Gas-, Strom- und Fernwärmeversorger zu besteuern.<br />
Daraus wird ersichtlich, dass die Wirtschaftspolitik des lange Zeit als<br />
enfant terrible betrachteten Viktor Orbán keineswegs mehr als Sonderweg<br />
gilt, wie das noch vor wenigen Jahren der Fall war. Wenn auch die anderen<br />
Visegrád-Staaten gemäßigter und weniger konfrontativ (sprich weniger<br />
EU-feindlich) auftreten, als wir es hierzulande gewohnt sind, so ist doch<br />
zu sehen, dass das ungarische Modell etliche Nachahmer gefunden hat.(…)<br />
Es ist offenbar einfacher und populärer, Sündenböcke zu suchen und<br />
die Marktakteure willkürlich zu schröpfen, als wettbewerbsstimulierende,<br />
stabile Rahmenbedingungen zu schaffen, wo keine Extraprofite<br />
möglich sind, wo aber die innovativen, effizienter und billiger produzierenden<br />
Unternehmen auf ihre Kosten kommen. Es scheint, dass nach<br />
Ungarn nun auch andere Länder einen Weg beschreiten, der sich schon<br />
einmal als falsch erwiesen hat.<br />
Der Autor ist Wirtschaftspublizist. Der hier in Auszügen abgedruckte<br />
Text erschien am 6. September 2013 auf dem Meinungsportal Komment.<br />
Aus dem Ungarischen<br />
von Peter Bognar<br />
Bei anderen gelesen<br />
„Für die Misere der Devisenkreditnehmer<br />
ist auch der<br />
Staat mitverantwortlich“<br />
Ultimatum für Ungarns<br />
Banken ist ungerecht<br />
Die Regierung von Viktor Orbán hat den Banken in Ungarn<br />
bis zum 1. November ein Ultimatum gestellt, Bürgern<br />
zu helfen, die bei der Tilgung ihrer Fremdwährungskredite<br />
Probleme haben. Die Zahl der Devisenkreditnehmer wird<br />
auf mehr als 500.000 geschätzt. Nach Meinung der linksliberalen<br />
Tageszeitung Népszabadság ist das Ultimatum niederträchtig:<br />
„Die Regierung, die eigentlich schon zugegeben<br />
hat, dass für die Misere der Devisenkreditnehmer auch der<br />
Staat mitverantwortlich ist, wälzt das Problem nun ausschließlich<br />
auf die Banken ab. Ihre Begründung: Das Produkt<br />
[der Devisenkredit] ist schlecht. Im Grunde hat sie<br />
ja Recht: Es hätte nicht sein dürfen. Es war seinerzeit ein<br />
Fehler, ein Klima zu schaffen, das die Verschuldung in Devisen<br />
förderte. Es war aber auch ein Fehler des Staates, die<br />
Kreditnehmer über die Risiken der Fremdwährungskredite<br />
nicht gewarnt zu haben. Gerade deshalb ist es niederträchtig,<br />
jetzt ausschließlich die Banken in die Pflicht zu nehmen.“<br />
Ungarns neue Stadien<br />
fördern die Körperkultur<br />
Die Regierung von Viktor Orbán hat Ende August angekündigt,<br />
auch in der westungarischen Stadt Szombathely<br />
aus öffentlichen Geldern (9,6 Milliarden Forint bzw. rund<br />
30 Millionen Euro) eine moderne Fußballarena bauen zu<br />
lassen. In Budapest, im ostungarischen Debrecen und in<br />
Orbáns Heimatgemeinde Felcsút sind bereits drei Stadien<br />
in Bau. Der Sportökonom Ferenc Dénes begrüßt die Errichtung<br />
neuer Stadien in der U-Bahn-<strong>Zeitung</strong> Metropol, ist<br />
doch die Körperkultur wichtig für eine Gesellschaft: „Viele<br />
sehen, weil es praktisch unübersehbar ist, dass die jetzige<br />
Regierung über 100 Milliarden Forint [330 Millionen Euro]<br />
in die Entwicklung des Fußballsports investiert. Wenige<br />
wollen indes wahrhaben, dass diese Ausgaben der Entwicklung<br />
der ungarischen Kultur dienen. Ja, der Kultur. (...)<br />
Bei uns wird Kultur nur mit geistiger Kultur gleichgesetzt:<br />
Musiker, Maler, Balletttänzer, Bildhauer. Körperkultur<br />
hat da wenig Platz. ... Während früher viel Geld in die geistige<br />
Kultur geflossen ist, will die Regierung nun die Körperkultur<br />
befördern.“<br />
Hochzeit offenbart<br />
feudale Zustände in Ungarn<br />
13. – 19. September 2013<br />
NÉPSZABADSÁG<br />
Seit Wochen bestimmt die Hochzeit von Ráhel Orbán,<br />
Tochter des ungarischen Premiers, vom vergangenen<br />
Samstag die Schlagzeilen im Land. Straßenarbeiten an den<br />
Örtlichkeiten des Fests und die Geschäftsbeziehungen des<br />
Schwiegersohns sorgten im Vorfeld allerdings für Unmut.<br />
Die Heirat wirft ein Schlaglicht auf die Vetternwirtschaft<br />
in Ungarn, meint die linksliberale österreichische Tageszeitung<br />
Der Standard: „Das Ganze wäre eine Privatangelegenheit<br />
gewesen, hätte der Regierungschef nicht selbst die<br />
Hochzeit seiner Tochter als Glamour-Ereignis ersten Ranges<br />
inszenieren lassen. Die eigene offizielle Facebook-Seite<br />
sowie eine mit Infos und Interviews angefütterte Boulevardpresse<br />
sollten dem lieben Volk – sieben bis acht Monate<br />
vor den nächsten Wahlen – das Bild einer ‘Traumhochzeit’<br />
im Hause des Landesvaters vermitteln. Doch die<br />
Begleitumstände versetzten dieser Illusion arge Dellen und<br />
verwiesen vielmehr auf die feudalen Zustände unter der<br />
Orbán-Herrschaft.“
13. – 19. September 2013<br />
<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
W i r t s c h a f t<br />
5<br />
Konjunkturpolitik: Finanz- und Wirtschaftsexperten sehen die Lage wenig optimistisch<br />
Widersprüchliche Ergebnisse<br />
Fortsetzung von Seite 1<br />
Die bisherigen Versuche, das Wirtschaftswachstum<br />
anzukurbeln, halte er für wenig zielführend.<br />
So sei seiner Meinung nach absehbar<br />
gewesen, dass die Einführung der Einheitssteuer<br />
(Flat Tax) und von Steuervergünstigungen<br />
für Familien zu keiner Belebung der Binnennachfrage<br />
und daher auch zu keiner Belebung<br />
der Wirtschaft geführt habe, da von diesen Maßnahmen<br />
in erster Linie die Besserverdienenden<br />
profitiert hätten, bei denen sich Einkommenszuwächse<br />
weniger stark in einer erhöhten Nachfrage<br />
nach Konsumgütern niederschlagen als bei<br />
Geringverdienern. Statt der von der Regierung<br />
erhofften Ankurbelung der Binnennachfrage<br />
führte die Einführung der Einheitssteuer zu einem<br />
Einnahmeausfall für den Fiskus in Höhe<br />
von jährlich etwa 800-900 Milliarden Forint.<br />
Dieses zu Beginn der laufenden Legislaturperiode<br />
gerissene Loch sei bis heute spürbar, eine<br />
stete Folge von immer neuen Sondersteuern und<br />
die Erhöhung von anderen Steuern und Abgaben<br />
sei die Konsequenz. Auch der Senkung der Körperschaftssteuer<br />
bescheinigte er keinen durchschlagenden<br />
Erfolg. Hinsichtlich der niedrigen<br />
Inflationsrate des Landes stellte er fest, dass der<br />
Inflationsrückgang infolge der staatlich verfügten<br />
Senkung der Wohnnebenkosten erfolgt und<br />
nicht das Ergebnis einer organischen Entwicklung<br />
sei, daher sei diese Inflationsrate langfristig<br />
nicht haltbar.<br />
Nach den Informationen von László Wolf fehlen<br />
der ungarischen Wirtschaft Investitionen<br />
in Höhe von jährlich 3,5-4 Milliarden Euro. Die<br />
Banken seien immer weniger in der Lage, hier<br />
helfend einzuspringen. Nicht zuletzt wegen eines<br />
ständig wachsenden Bestandes an faulen Krediten,<br />
einer hohen Unsicherheit hinsichtlich des<br />
Ausgangs der Devisenkreditnehmer-Rettungspolitik<br />
der Regierung<br />
und der starken Unterkapitalisierung<br />
einiger<br />
Geldinstitute. Dabei<br />
hätten die ausländischen<br />
Eigentümer<br />
ungarischer Banken<br />
in den vergangenen<br />
zwei Jahren rund drei<br />
Milliarden Euro an<br />
frischem Kapital nach<br />
Ungarn gepumpt. Das<br />
Kredit-Wachstumsprogramm<br />
der Ungarischen<br />
Nationalbank<br />
sei nach den Worten<br />
von Wolf eine gute Initiative,<br />
lediglich das<br />
Timing und die Zeitspanne<br />
seien bei der<br />
ersten Tranche etwas<br />
zu knapp bemessen gewesen.<br />
So konnte man<br />
die Kunden erst im<br />
Juni endgültig über das Programm informieren,<br />
während die fertigen Kreditverträge bereits bis<br />
Ende August unter Dach und Fach sein mussten.<br />
Seinen Informationen zufolge wurde der<br />
überwiegende Teil der kostengünstigen Kredite<br />
bisher nicht zur Finanzierung neuer Investitionen,<br />
sondern zur Tilgung früherer, teurerer Kredit<br />
verwendet.<br />
Für Chris Mattheisen, der zugleich Präsident<br />
des Joint Venture Verbandes ist, ist die hohe,<br />
über 80-prozentige Staatsverschuldung nicht<br />
das größte Problem des Landes, sondern vor allem,<br />
dass es so gut wie kein Wirtschaftswachstum<br />
mehr gebe. Ein nachhaltiges Wachstum<br />
könne es seiner Meinung nach nur aber dann geben,<br />
wenn es sowohl im In- als auch im Ausland<br />
Wettbewerbsfähigkeit: Ungarn fällt weiter zurück<br />
Industrie oder Innovationen?<br />
Ungarn fällt beim aktuellen internationalen Vergleich der Wettbewerbsfähigkeit,<br />
den das Weltwirtschaftsforum (WEF) alljährlich<br />
anstellt, weitgehend durch. Es reichte nur noch für den 63. unter<br />
148 Rängen, die schwächste Platzierung des Landes seit Ausbruch<br />
der großen Krise. Trösten könnte einzig die Tatsache, dass sich die<br />
Region Osteuropa beinahe geschlossen auf Talfahrt befindet, und<br />
dass sich gegenüber dem Vorjahr eigentlich nur ein Faktor wirklich<br />
verschlechtert hat: das makroökonomische Umfeld. Dies aber gewaltig.<br />
Surányi: Versuche, die Wirtschaft zu beleben, bisher erfolglos.<br />
Weltrangliste der Wettbewerbsfähigkeit<br />
2013/14<br />
1. Schweiz 5,67<br />
2. Singapur 5,61<br />
3. Finnland 5,54<br />
4.<br />
…<br />
Deutschland 5,51<br />
16. Österreich 5,15<br />
32. Estland 4,65<br />
42. Polen 4,46<br />
46. Tschechien 4,43<br />
63. Ungarn 4,25<br />
Quelle: WEF Davos<br />
(Erhebung für Ungarn: Kopint-Tárki)<br />
wieder stärkere Wachstumsimpulse gebe und<br />
auch die Investitionen wieder anspringen würden.<br />
Nachdrücklich wies Mattheisen, der sein<br />
Referat in einem beachtlich gutem Ungarisch<br />
vortrug, darauf hin, dass er, wenn er Investitionen<br />
sage, nicht nur an ausländische Investitionen<br />
in Ungarn denke, sondern auch an solche,<br />
die von ungarischen Firmen vor Ort vorgenommen<br />
würden. Damit es in Ungarn aber wieder<br />
ein investitionsfreundlicheres Klima gebe,<br />
müsse an erster Stelle die Berechenbarkeit der<br />
Wirtschaftspolitik verbessert werden. In diesem<br />
Zusammenhang schlug der Telekom-Manager<br />
einen verbesserten Dialog zwischen Staats- und<br />
Wirtschaftsakteuren vor.<br />
▶▶Jan Mainka<br />
Vom Weltwirtschaftsforum (WEF)<br />
in Davos wird die Wettbewerbsfähigkeit<br />
als Gesamtheit der<br />
Institutionen, politischen Maßnahmen<br />
und Faktoren, die das Produktivitätsniveau<br />
eines Landes<br />
bestimmen, definiert. Diese aus<br />
insgesamt zwölf Faktoren zusammengesetzten<br />
Schlüsselkomponenten<br />
werden dabei in Vietnam, Indien<br />
oder Nigeria anders gewichtet<br />
als in der Schweiz oder den USA.<br />
Ungarn befindet sich nach dem<br />
Entwicklungsstand – gemeinsam<br />
mit Polen, der Slowakei, Kroatien<br />
und den baltischen Staaten – auf<br />
halbem Wege zur Innovationsgesellschaft,<br />
in der aus der Region<br />
laut WEF-Klassifizierung allein<br />
Tschechien und Slowenien angekommen<br />
sind, wohingegen Bulgarien,<br />
Rumänien und Serbien<br />
davon nur träumen können. Der<br />
Unterschied zwischen Rumänien<br />
und Tschechien an beiden Enden<br />
dieser objektiven Skala schlägt<br />
sich in 20 Prozentpunkten divergierender<br />
Wichtung nieder: Bei<br />
den weitaus ärmeren Rumänen<br />
fließen ein funktionierender Staat<br />
und ein gut ausgebautes Straßennetz,<br />
Gesundheits- und Bildungswesen<br />
zu 40 Prozent in den Index<br />
der Wettbewerbsfähigkeit ein; die<br />
reicheren Tschechen bekommen<br />
dafür maximal 20 Prozent, wohingegen<br />
ihr Innovationsumfeld mit<br />
30 Prozent gewichtet wird, welches<br />
auf dem Balkan gerade mal 10 Prozent<br />
wiegt.<br />
Und schon ist es auch vorbei mit<br />
der Objektivität, denn die Bewertung<br />
der einzelnen Faktoren beruht<br />
auf dem Urteil befragter Manager<br />
in den einzelnen Ländern,<br />
die beispielsweise hierzulande den<br />
Marktforschern des Instituts Kopint-Tárki<br />
ihre natürlich subjektiven<br />
Eindrücke zu Protokoll gaben.<br />
Die Einschätzung der Führungskräfte<br />
hatte Ungarn seit dem Ausbruch<br />
der Krise stetig im Aufwind<br />
gesehen: Vom 62. Platz in 2008<br />
rückte das Land bis 2011 auf den<br />
48. Rang vor. Demnach wussten<br />
die Befragten das Krisenmanagement<br />
der Übergangs-Regierung<br />
unter Gordon Bajnai zu schätzen<br />
und zeigten sich anschließend auch<br />
für die Reformpolitik der zweiten<br />
Orbán-Regierung offen.<br />
Bis die große Ernüchterung eintrat:<br />
Im Vorjahr stürzte Ungarn<br />
dramatisch ab, dieses Jahr verlor<br />
das Land weitere zwei Plätze<br />
(Tschechien und die Slowakei fielen<br />
jetzt um jeweils sieben Plätze<br />
zurück). In den zwölf Kategorien<br />
war die ungarische „Selbsteinschätzung“<br />
für die Plätze 44 bis<br />
96 gut: Relativ am besten schnitt<br />
das Land hinsichtlich Hochschulbildung,<br />
Technologieniveau und<br />
Innovationen ab (in diesen Kategorien<br />
legen Finnland, Schweden<br />
und wieder Finnland die Messlatte<br />
hoch), besonders schlecht steht es<br />
hingegen um die Flexibilität des<br />
Arbeitsmarktes (da gelten Singapur<br />
und die Schweiz als Vorreiter)<br />
bzw. um den Entwicklungsgrad<br />
der Unternehmen, bezüglich dessen<br />
sich Ungarn ein Beispiel an<br />
Japan nehmen sollten. Im globalen<br />
Vergleich hätte Ungarn seine vorjährige<br />
Position jedoch im Großen<br />
und Ganzen behauptet, wäre da<br />
nicht eine markant schlechtere Bewertung<br />
des makroökonomischen<br />
Umfelds eingetreten, die das Land<br />
drückte, während die Kategorien<br />
staatliche Institutionen, Finanzmarkt<br />
und Innovationskraft wie<br />
gewohnt keine positiven Impulse<br />
geben konnten.<br />
Der Bericht untermauert die<br />
Theorie von einem Europa der<br />
zwei Geschwindigkeiten, denn<br />
Skandinavien sowie Mitteleuropa<br />
um die Schweiz und Deutschland<br />
zuzüglich Großbritanniens<br />
trennen mitunter Welten von der<br />
Wettbewerbsfähigkeit im Süden<br />
und insbesondere Osten des alten<br />
Kontinents. Kaum trösten dürfte<br />
es Ungarn, dass innerhalb Osteuropas<br />
entgegen früheren Behauptungen<br />
nicht unbedingt die Profiteure<br />
der Weltwirtschaftskrise zu<br />
entdecken sind. Einzig Bulgarien,<br />
Makedonien und Kroatien verbesserten<br />
sich um etliche Plätze, von<br />
denen aber nur die Kroaten in der<br />
gleichen Liga wie die Ungarn spielen.<br />
Weil die Bulgaren nicht mit<br />
dieser Elle gemessen, ihre Zahlen<br />
ergo anders gewichtet werden,<br />
gelten sie für das WEF nunmehr<br />
als wettbewerbsfähiger als Slowenien,<br />
Ungarn oder Russland.<br />
Die Rolle einer verlängerten<br />
Werkbank der Westeuropäer will<br />
Budapest aber bekanntlich nicht<br />
mehr spielen, selbst wenn unter<br />
Ministerpräsident Viktor Orbán<br />
eine Renaissance der Industrie<br />
angestrebt wird. Vielleicht sollten<br />
ihm gelegentlich die mahnenden<br />
Worte von WEF-Gründer Klaus<br />
Schwab ins Ohr dringen, wonach<br />
nicht länger Industriestaaten das<br />
Maß aller Dinge sein dürften, sondern<br />
eher innovationsreiche von<br />
innovationsarmen Ländern zu unterscheiden<br />
seien. Hier aber hat<br />
Ungarn immensen Aufholbedarf.<br />
Doch während die neue Nummer<br />
4 der Weltrangliste, Deutschland,<br />
13 Milliarden Euro innerhalb einer<br />
Legislaturperiode zusätzlich<br />
für Forschung und Entwicklung<br />
zur Verfügung stellte, um die Innovationskraft<br />
zu steigern, fallen<br />
hierzulande Milliardenbeträge für<br />
die Stadien ins Auge.<br />
▶▶RA<br />
Kompakt<br />
Inflation: Neues Rekordtief<br />
Die Inflationsrate ist im August<br />
auf 1,3% gesunken, teilte das<br />
Zent ralamt für Statistik (KSH) mit.<br />
In jedem zweiten Monat dieses<br />
Jahres fielen die Verbrau cherpreise<br />
absolut. Erwartungsgemäß<br />
sorgte die zweite Runde der amtlich<br />
verordneten sinkenden Wohnne<br />
benkosten (für Müllabfuhr,<br />
Was ser und Ab was ser) für die<br />
dramatische Preis bremse, die<br />
Experten zufolge bereits die Steuereinnahmen<br />
des Fiskus gefährde.<br />
Kommission:<br />
Korrektur unumgänglich<br />
EU-Kommissar Johannes Hahn<br />
verständigte sich in Brüssel mit<br />
Staatssekretär János Lázár auf<br />
eine „Korrektur“ von 5% der laufenden<br />
Regionalhilfe. Die Kommission<br />
hatte sich wegen des früheren<br />
Sys tems bei Ausschreibungen<br />
in Un garn „besorgt“ gezeigt. Hahn<br />
betonte, es sei niemandem daran<br />
gelegen, Ungarn diese Gelder<br />
wegzunehmen. Bis Jahresende<br />
bleibe Zeit, um die betroffenen<br />
knapp 250 Mio. Euro in neuen,<br />
korrekt ausgeschriebenen Projekten<br />
zu vergeben.<br />
Ultimatum: Banken sollen<br />
Problem beseitigen<br />
Die Regierung hat die Banken<br />
ultimativ aufgefordert, ihre Verträge<br />
über Fremdwährungs kredite<br />
bis zum 1. November zum Vorteil<br />
der Kredit nehmer zu überarbeiten.<br />
Ziel sei die Umwandlung der<br />
Kredite auf Devi senbasis in Fo rintdarlehen.<br />
Der Bankenverband reagierte<br />
genervt, ohne standardisierte<br />
Vorgaben des Gesetzgebers<br />
nicht handeln zu können, da jeder<br />
Vertrag individuell abgeschlossen<br />
wurde. Man unterstütze das Anliegen<br />
der Regierung, erwarte jedoch<br />
eine Beteiligung aller involvierten<br />
Parteien an der Lösung.<br />
Arbeitsbeschaffung: 200.000<br />
Erwerbslose im Wintereinsatz<br />
November werden 200.000<br />
ABM-Kräfte beschäftigt, gab der<br />
Staatssekretär für Beschäftigungspolitik,<br />
Sándor Czomba, bekannt.<br />
Die eine Hälfte der Arbeitskräfte<br />
solle 6 Stunden am Tag beschäftigt<br />
werden, die andere Hälfte<br />
vierstündige Weiterbildungen erhalten,<br />
um Basiskompetenzen zu<br />
entwickeln. Kritiker der schlecht<br />
bezahlten ABM-Maßnahmen sehen<br />
darin eine Kosmetik der<br />
Arbeitsmarkt statistik im Vorfeld<br />
der Wahlen.<br />
EU-Fördermittel: Mehr<br />
Effizienz erwünscht<br />
Tibor Csongor Pecze soll als<br />
neuer Leiter des Planungsamtes<br />
beim Volkswirtschaftsministerium<br />
im kommenden EU-Haushaltszyklus<br />
für eine effizientere ungarische<br />
Entwicklungspolitik sorgen.<br />
Wegen der zuletzt gehäuften<br />
Miss erfolge bei öffentlichen<br />
Vergaben sollen künftig 60% der<br />
Fördermittel aus der Gemeinschaft<br />
direkt in die Wirtschaftssphäre<br />
und dabei in erster Linie an heimische<br />
Klein- und mittelständische<br />
Unternehmen fließen.
6 W i r t s c h a f t<br />
<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
13. – 19. September 2013<br />
Kompakt<br />
Krisensondersteuer: Keine<br />
Diskriminierung im Handel<br />
Die ungarische Sondersteuer für<br />
Handelsunternehmen war nicht ungerecht,<br />
heißt es in einem Gutachten<br />
des Europäischen Gerichtshofes.<br />
Die Spar-Tochtergesellschaft Hervis<br />
hatte gegen die Steuer geklagt, die<br />
nach ihrer Darstellung ausländische<br />
Unternehmen diskriminierte. Hervis<br />
musste wegen der Krisen son dersteuer<br />
jährlich rund 25 Mio. Euro<br />
zusätzlich an den ungarischen Fiskus<br />
zahlen.<br />
Triumph: Verzicht auf<br />
ungarische Leiharbeit<br />
Rund 270 Arbeitsplätze der<br />
Textilwerke Kőszeg im Komitat<br />
Győr-Moson-Sopron gehen verloren,<br />
nachdem der einzige Partner<br />
Triumph seit dem Sommer keine<br />
weiteren Aufträge an den ungarischen<br />
Subunternehmer vergibt. Seit<br />
drei Jahrzehnten galt die Kőszegi<br />
Ruhaipari Zrt. als Exklusivpartner<br />
des deutschen Wäscheherstellers.<br />
Gerade erst im Frühjahr hatte<br />
Triumph zwei Werke in Österreich<br />
wegen der sinkenden Nachfrage geschlossen.<br />
Steuerbetrug:<br />
Wettbewerbsfähig dank<br />
unlauterer Methoden<br />
Ein ganzes Imperium aus<br />
Reinigungs- und Sicherheitsfirmen<br />
hat das Finanzamt NAV in einer<br />
Kommandoaktion zerschlagen. Zwei<br />
Dutzend Steuerbetrüger wurden in<br />
Eger und Umgebung inhaftiert, immense<br />
Mengen an Bargeld, Waffen<br />
und 80 Autos beschlagnahmt. Die<br />
Betrüger hatten von vornherein keine<br />
Steuern gezahlt, die ins Blickfeld<br />
des Finanzamtes gelangenden<br />
Firmen aber umgehend an fiktive<br />
Ausländer verkauft bzw. liquidiert.<br />
Gleichzeitig wurde ein Netz von<br />
Firmen mit legalen Tätigkeiten ausgebaut,<br />
deren ca. 10.000 (!) Mitarbeiter<br />
ohne ihr Wissen um die<br />
Sozialabgaben geprellt wurden.<br />
GE Hungary: Deutscher<br />
als Vorstandschef<br />
Der Deutsche Jörg Bauer wurde<br />
zum Vorstandsvorsitzenden von<br />
General Electric in Ungarn berufen.<br />
Die ungarische Regierung schloss<br />
mit GE Hungary noch Ende 2012<br />
eine strategische Vereinbarung. Der<br />
US-Konzern unterhält hierzulande<br />
zwölf Betriebsstätten, drei Zentren<br />
für Forschung und Entwicklung sowie<br />
drei regionale Servicezentren.<br />
Bei GE stehen 12.500 Ungarn in<br />
Lohn und Brot.<br />
Kellerei Ikon:<br />
Noch mehr Qualitätsweine<br />
Ikon in Balatonlelle wurde zur<br />
„Kellerei des Jahres“ gekürt. Der<br />
Haupteigentümer und Winzer des<br />
Jahres 2008, János Konyári, sagte<br />
der Balaton-<strong>Zeitung</strong>, man wolle die<br />
Produktion mittelfristig um 100.000<br />
auf 450.000 Flaschen Qualitätswein<br />
steigern. Skandinavien, Polen<br />
und Nord amerika sind wichtige<br />
Absatz märkte für den größten<br />
Betrieb im Weinbaugebiet Südlicher<br />
Platten see.<br />
ZF Lenksysteme Hungária Kft.: Grundsteinlegung für neues Werk in Maklár<br />
ZF-Lenksysteme wächst weiter<br />
Die ungarische Tochter der ZF Lenksysteme<br />
Kft. feierte erst im Juli ihr zehntes Jubiläum,<br />
nun gibt es für den Getriebehersteller bereits<br />
den nächsten Grund zur Freude: Vorvergangenen<br />
Freitag kam es zur feierlichen Grundsteinlegung<br />
des neuen Werks im nordungarischen<br />
Maklár. Neben dem Hauptsitz in<br />
Eger, dessen Werkshalle erst im Mai für vier<br />
Milliarden Forint erweitert wurde, wird dies<br />
bereits der zweite Standort der ZF Lenksysteme<br />
Hungária Kft.<br />
Wie die <strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong> schon im Juni<br />
berichtete, liefen nach der Subventionszusage<br />
im Rahmen des „Neuen Széchenyi-Plans“<br />
seitens der ungarischen Regierung die Vorbereitungen<br />
der ZF Hungária im Sommer bereits<br />
auf Hochtouren. Der offizielle Baubeginn war<br />
laut einer Mitteilung des Unternehmens von<br />
vergangener Woche schließlich der 23. August.<br />
Die Errichtung des Fundaments und des Rohbaus<br />
kommen planmäßig voran, bis Jahresende<br />
Bis zum Jahresende soll hier bereits der Rohbau stehen.<br />
soll in Maklár eine knapp 23.000 qm große Halle<br />
stehen, im Frühling 2014 sollen bereits die ersten<br />
Maschinen und Fertigungslinien installiert<br />
Juli gegenüber Eger TV, Ende 2015 rechne man<br />
erreicht haben, so das Unternehmen noch im<br />
werden. Die Investitionskosten von über 20 Millionen<br />
Euro werden hauptsächlich von der deut-<br />
die Zahl der Zulieferer von aktuell 200 steigern.<br />
mit 800 Beschäftigten. Zudem wolle man auch<br />
schen Muttergesellschaft getragen, aber auch die<br />
ungarische Tochter wird sich daran beteiligen.<br />
Wichtig für die Region,<br />
Vor Beginn der eigentlichen Bauarbeiten<br />
aber auch den Konzern<br />
mussten jedoch zunächst andere Aufgaben erledigt<br />
werden: So galt es, auf der fast 180.000<br />
qm großen, ehemaligen Rapsanbaufläche die<br />
nötigen Erdarbeiten zu erledigen, den Ackerboden<br />
zu entfernen und das Gelände zu planieren.<br />
Mit dem Nationalmuseum war vorab vertraglich<br />
vereinbart worden, dass Archäologen den<br />
Standort analysieren und die Ergebnisse ihrer<br />
Untersuchungen in einer Studie zusammenfassen.<br />
So wollte das Unternehmen sicher stellen,<br />
dass die zukünftige Werte schaffende Investition<br />
die historischen sowie die umweltbedingten<br />
Werte beibehält und respektiert.<br />
Beständiges Wachstum<br />
und wichtiger Auftrag<br />
ZF Lenksysteme Hungária sei in den vergangenen<br />
zehn Jahren beständig gewachsen,<br />
heißt es in der Unternehmensmitteilung. So<br />
sind etwa aus den anfangs 35 aktuell bereits<br />
über 600 Mitarbeiter geworden, um den Anforderungen<br />
des Marktes gerecht zu werden und<br />
stetig wachsende Auftragseingänge erfüllen zu<br />
können. 2013 erhielt innerhalb der ZF-Gruppe<br />
die ungarische Tochter die Möglichkeit zur<br />
Produktion und zur Montage des EPSapa, eines<br />
für Fahrzeuge der höheren Kategorie vorgesehenen,<br />
elektronischen Lenkgetriebes. Da es am<br />
Stammsitz in Eger keine Möglichkeit mehr für<br />
die dafür nötige Kapazitätserweiterung gab,<br />
musste ein neuer Standort gefunden werden.<br />
Für das gerade einmal zehn Kilometer entfernte<br />
Maklár sprachen schließlich sowohl die Nähe<br />
zum Stammsitz und zur Autobahn M3 als auch<br />
dessen gute Infrastruktur.<br />
Die neue Investition setzt die Wachstumspläne<br />
der ZF Lenksysteme Hungária in mehreren<br />
Stufen um: Der Übergabe im kommenden Jahr<br />
könnte – je nach Marktlage und Bedarf – eine<br />
zusätzliche Erweiterung um 7.000 qm folgen.<br />
Ihr Ziel ist es, dem sich abzeichnenden Kundenbedarf<br />
an EPSapa-Lenksystemen nachzukommen,<br />
gleichzeitig bedeutet sie eine strategisch<br />
wichtige Annäherung an europäische Kunden,<br />
die ein Produktionswerk in Ungarn besitzen<br />
(aktuell sollen es etwa einhundert sein). In Maklár<br />
sollen laut Unternehmensplänen künftig<br />
eine Millionen Lenksysteme jährlich hergestellt<br />
werden. Im Einklang mit der Erweiterung der<br />
Produktionskapazität wird auch eine marktgerechte<br />
Erweiterung der Arbeitskräfte-Kapazität<br />
umgesetzt: Bis Jahresende möchte man 700<br />
Wie das Unternehmen mitteilte,<br />
wurde vor zwei<br />
Wochen in Antalya die Fraser<br />
Residence Budapest als Ungarns<br />
führendes Apartmenthaus für<br />
seine Qualität auf Gold-Standard-Niveau<br />
für kurze und mittellange<br />
Aufenthalte mit dem<br />
World Travel Award 2013 ausgezeichnet.<br />
Dieser ist der größte<br />
und prestigeträchtigste Preis der<br />
Reisebranche, der aufgrund der<br />
Stimmen von Reise- und Tourismusexperten<br />
weltweit seit 1993<br />
vergeben wird. Daher wird er oft<br />
auch als der „Oscar“ der Reiseindustrie<br />
bezeichnet. Auf dem Galaevent<br />
zum zwanzigjährigen Jubiläum<br />
des Preises wurden in der<br />
türkischen Hauptstadt in sämtlichen<br />
Bereichen der Reise- und<br />
Tourismusindustrie die Exzellentesten<br />
ausgezeichnet.<br />
So erhielt das Haus in Budapest<br />
sowohl das „Certificate of Excellence<br />
2013“ (bereits zum zweiten<br />
Mal in Folge), als auch den „Travellers’<br />
Choice Award 2013“ des<br />
internationalen Bewertungsportals<br />
Trip Advisor. Branchenprofis<br />
(Entscheider, Käufer, Reiseorganisatoren<br />
und Reiseagenturen), aber<br />
auch Privatpersonen waren von<br />
dessen Suiten sowie Service überzeugt<br />
und haben für das Apartmenthaus<br />
in der ungarischen<br />
Hauptstadt gestimmt.<br />
Apartments auf Niveau<br />
von 4-Sterne-Hotels<br />
„Die ZF Lenksysteme Hungária Kft. hat sich<br />
zu einem der stärksten Unternehmen der Region<br />
entwickelt“, sagte Maklárs Bürgermeister<br />
László Havasi vorvergangenen Freitag gegenüber<br />
dem Wochenmagazin hvg, „die Investition<br />
zeugt vom Vertrauen gegenüber Ungarn.“ Man<br />
wolle Maklár in erster Linie für Industrieunternehmen<br />
attraktiv machen, so Havasi, was auch<br />
für die Entwicklung der Region und damit für<br />
die Schaffung neuer Arbeitsplätze wichtig sei.<br />
Die ZF Lenksysteme Kft., ein Gemeinschaftsunternehmen<br />
der Robert Bosch GmbH und<br />
der ZF Friedrichshafen AG, ist Spezialist und<br />
Technologieführer für Lenkungstechnik mit<br />
rund 12.700 Mitarbeitern in acht Ländern. Der<br />
Konzern erwirtschaftete im vergangenen Jahr<br />
mit rund vier Milliarden Euro seinen bisher<br />
höchsten Umsatz. Die ungarische Tochter stellt<br />
elektrische Servolenkungen her und bedient vor<br />
allem den europäischen Automarkt, 2012 hatte<br />
sie einen Umsatz von 207 Millionen Euro.<br />
▶▶Daniel Hirsch<br />
Fraser Residence Budapest: Mit dem „Oscar 2013“ der Reisebranche ausgezeichnet<br />
„Unser Engagement wurde anerkannt“<br />
Alain Goetschel, GM Fraser Residence Budapest, bei der Übergabe.<br />
2011 hat die internationale Apartment-Kette Fraser Residence mit<br />
Hauptsitz in Singapur ihre ungarische Filiale in Budapest nahe dem<br />
Corvin-Plaza eröffnet. Seitdem sammelt diese eine Auszeichnung<br />
nach der anderen ein – unter anderem den aktuellen „Oscar“ der<br />
Reisebranche, den World Travel Award 2013.<br />
„Wir freuen uns sehr, diese Anerkennung<br />
von den World Travel<br />
Awards zu erhalten”, sagte Alain<br />
Goetschel, General Manager von<br />
Fraser Residence Budapest, „Servicequalität<br />
auf Goldstandard-Niveau<br />
zu liefern ist synonym mit<br />
der Marke „Fraser” und wohnt<br />
in allem inne, das wir tun. Diese<br />
Auszeichnung zu erhalten, ist der<br />
Beweis, dass unser Engagement<br />
bei denen Anerkennung findet, die<br />
uns am besten kennen.”<br />
Die Zimmer von Fraser-Apartments<br />
in Budapest bieten alle<br />
Annehmlichkeiten eines 4-Sterne-Hotels:<br />
Klimatisiert, schallisoliert<br />
und mit kostenlosem W-LAN<br />
ausgestattet, laden sie sowohl auf<br />
geschäftlichen wie privaten Reisen<br />
zum kurzen oder längeren Verbleib<br />
ein. Zur modernen und komfortablen<br />
Einrichtung gehören neben einer<br />
gut ausgerüsteten Küche auch<br />
ein Flachbildfernseher, eine Laptop-Safe<br />
Box und ein DVD-Player,<br />
bei einigen Apartments sogar ein<br />
eigener Balkon oder eine Terrasse.<br />
Ein Nonstop-Service ist ebenso bei<br />
jeder Suite inklusive.<br />
Zum Portfolio der in Singapur<br />
sitzenden, über 10,3 Milliarden<br />
Dollar schweren Muttergesellschaft<br />
Frasers Hospitality Pte Ltd.<br />
gehören aktuell 83 Liegenschaften<br />
mit mehr als 14.000 Apartments<br />
in 45 wichtigen Gateway-Städten<br />
weltweit.<br />
▶▶FRB
13. – 19. September 2013<br />
<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
W i r t s c h a f t<br />
7<br />
Touristische Sommersaison: Bewertung von Wirtschaftsministerium und Tourismusbehörde<br />
„Bestes Jahr aller Zeiten“<br />
Der Tourismus gehört traditionell zu den wichtigeren Zweigen<br />
der ungarischen Volkswirtschaft. Ungeachtet des negativen Ungarn-Bildes<br />
in westlichen Medien bescheinigten das Volkswirtschaftsministerium<br />
und Ungarische Tourismusbehörde eine hervorragende<br />
Sommersaison 2013. Ein Grund für den steigenden<br />
Inlandstourismus etwa sei ein von der Regierung selbst eingeführtes<br />
Instrument: Die SZÉP-Karte.<br />
ch habe leichtes Spiel, denn<br />
„Ies gibt viele gute Nachrichten“,<br />
eröffnete die für Tourismus<br />
verantwortliche stellvertretende<br />
Staatssekretärin Viktória Horváth<br />
die Pressekonferenz am vergangenen<br />
Montag, „unsere Branche<br />
ist im Aufwind, wir haben<br />
viele Gäste im ganzen Land, in<br />
Budapest wie am Balaton.“ Zwar<br />
liegen bisher nur die Statistiken<br />
bis Juli vor, doch auch anhand<br />
dieser ließe sich ablesen, dass die<br />
ungarische Tourismusbranche<br />
das vermutlich beste Jahr ihrer<br />
Geschichte erlebte. Mithilfe einer<br />
Präsentation versuchte Horváth,<br />
dies mit Zahlen zu bekräftigen: So<br />
sollen in den ersten sieben Monaten<br />
dieses Jahres 4,85 Millionen<br />
Touristen (davon 2,4 Millionen<br />
ausländische, 2,45 Millionen inländische)<br />
Ungarn besucht haben,<br />
was einem Zuwachs von 6<br />
Prozent im Vergleich zum selben<br />
Vorjahreszeitraum entspricht.<br />
Die Zahl an Gästeübernachtungen<br />
stieg um 5,3 Prozent auf 12,49<br />
Millionen, Gastwirte verzeichneten<br />
Einnahmen in Höhe von 91<br />
Milliarden Forint (+ 9,9 Prozent).<br />
Zu den Ergebnissen der Széchenyi<br />
Pihenő-Karte, kurz: SZÉP-<br />
Karte (eine im Sommer 2011 eingeführte<br />
Lohnnebenleistung, die<br />
von Arbeitgebern mit „Guthaben“<br />
beladen wird und die heimische<br />
Tourismus-Branche unterstützen<br />
soll; Anm.) sagte die stellvertretende<br />
Staatssekretärin: „Die<br />
SZÉP-Karte hat alle Hoffnungen<br />
und Erwartungen erfüllt. Anhand<br />
der Wirtschaftsdaten sehen wir,<br />
dass sie für einen starken Anstieg<br />
des Inlandstourismus verantwortlich<br />
ist.“ So werde die Karte<br />
an mittlerweile über 46.500<br />
Stellen landesweit als Zahlungsmittel<br />
akzeptiert, es gebe über<br />
866.000 Karteninhaber, die über<br />
49,3 Milliarden Forint Guthaben<br />
geladen und davon bereits 48,5<br />
Milliarden Forint ausgegeben<br />
hätten. „Allein zwischen Juli und<br />
August nutzten 544.000 Menschen<br />
ihre SZÉP-Karte“, so Horváth,<br />
„in der ersten Jahreshälfte<br />
machten SZÉP-Kartenzahlungen<br />
22 Prozent aller Einnahmen<br />
aus Gästeübernachtungen aus.“<br />
Signifikant sind die Unterschiede<br />
zwischen (Haupt-)Stadt und<br />
Land: 83 Prozent der Karten-Annahmestellen<br />
sind in der ländlichen<br />
Region, nur 17 Prozent in<br />
Budapest; auf der anderen Seite<br />
stammen 62 Prozent der touristischen<br />
Einnahmen auf dem Land<br />
von inländischen Gästen, in Budapest<br />
nur 8 Prozent. „Die Karte<br />
ist eines der wichtigsten wirtschaftsfördernden<br />
Instrumente<br />
Das neue A3 Cabrio<br />
kommt aus Győr<br />
Thomas Faustmann (Foto, links), Vorsitzender der Geschäftsführung der<br />
Audi Hungaria und Gerd Walker (r.), Geschäftsführer Automobilproduktion<br />
der Audi Hungaria, präsentierten am Dienstag auf der IAA in Frankfurt<br />
das neue Audi A3 Cabriolet. Dieses ist nach der A3 Limousine bereits das zweite<br />
Modell, das komplett in Győr gefertigt wird. Bisher wurde es im Verbund<br />
mit dem Werk Ingolstadt produziert, seit Mai ist nur noch das ungarische<br />
Werk mit der Herstellung von jährlich 125.000 Fahrzeugen (knapp doppelt so<br />
viele wie bisher) beauftragt.<br />
Zufrieden: Viktória Horváth und Gergely Horváth.<br />
auf dem Land“, folgerte Horváth.<br />
(Dass sich einige Bürger schlichtweg<br />
keinen Urlaub im Ausland<br />
mehr leisten können und deshalb<br />
aufs ungarische Land, unter Umständen<br />
nur zu Verwandten fahren,<br />
wurde nicht erwähnt.) Die<br />
Sommersaison sei laut Horváth<br />
zwar zu Ende, doch mit Beginn<br />
der Herbstsaison hoffe man, den<br />
positiven Trend aufrecht erhalten<br />
zu können.<br />
„Wachstum kommt auch<br />
bei Unternehmen an“<br />
Gergely Horváth, stellvertretender<br />
Vorstand der Ungarischen<br />
Tourismusbehörde sagte: „Bereits<br />
2011 waren wir wieder auf Vorkrisen-Niveau,<br />
doch wir brauchten<br />
noch zwei weitere gute Jahre,<br />
damit auch die touristischen Unternehmen<br />
selbst das Wachstum<br />
bemerken. Obwohl die Messlatte<br />
BZT / Daniel Hirsch<br />
somit bereits 2011 hoch lag, ist es<br />
dem Gastgewerbe Ungarns wieder<br />
gelungen, Rekordergebnisse<br />
zu erzielen.“ Die Behörde habe<br />
dabei mit diversen Promotionsaktionen<br />
mitgewirkt, so habe man<br />
etwa mit den arabischen Ländern,<br />
Südamerika, Indien und<br />
Südostasien neue Märkte angesprochen,<br />
aber auch das Potenzial<br />
der bisherigen „Gastländer“<br />
ausgeschöpft: In Nordungarn sei<br />
die Zahl an Übernachtungen polnischer<br />
Touristen um 42, slowakischer<br />
um 30 und rumänischer<br />
gar um 50 Prozent gestiegen.<br />
Bedeutend sei der Zuwachs an<br />
Übernachtungen russischer Gäste<br />
in der nördlichen Region der<br />
Ungarischen Tiefebene (+ 35 Prozent)<br />
und in der südlichen Region<br />
Transdanubiens (+ 44 Prozent),<br />
man rechne mit noch mehr Touristen<br />
aus Russland, so Horváth.<br />
„Wir haben für 144 Studienreisen<br />
unter dem Slogan „Hungary<br />
– more than expected“ 557 ausländische<br />
Journalisten sowie 710<br />
Tourismus- und Reiseexperten<br />
ins Land geholt, um ihnen die<br />
Verhältnisse vor Ort zu zeigen“,<br />
fuhr er fort. Schwerpunkte waren<br />
dieses Jahr die ungarische Gastronomie<br />
sowie Ungarn als Filmindustrie-Standort.<br />
Am Welttag<br />
des Tourismus am 27. September<br />
werde man weitere Programme<br />
und Schwerpunkte vorstellen, signalisierte<br />
Horváth, laut dem der<br />
Tourismus zwischen 2020-25 zum<br />
weltwichtigsten Wirtschaftszweig<br />
aufsteigen werde.<br />
Problem<br />
mit jüngeren Deutschen<br />
Auf Nachfrage eines Journalisten<br />
erklärte der Manager, dass<br />
bei österreichischen Touristen ein<br />
leichter Rückgang zu sehen sei,<br />
bei Besuchern aus Deutschland<br />
verzeichnete man 2012 nach zehn<br />
Jahren Rückgang ein Plus von<br />
6 Prozent – auf das nun wieder<br />
ein leichter Rückgang gefolgt sei.<br />
„Wir haben ein Problem, die jüngere<br />
deutsche Generation anzusprechen“,<br />
erklärte Horváth auf<br />
Nachfrage der <strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong>,<br />
„die älteren Spa-Besucher<br />
sterben aus, die jüngeren nehmen<br />
nur Budapest als Party-Stadt<br />
wahr.“ Daher arbeite man an speziellen<br />
Strategien, deutsche Touristen<br />
auch aufs ungarische Land<br />
oder wieder zurück an den Balaton<br />
zu holen.<br />
▶▶Daniel Hirsch<br />
Suzuki SX4 geht in<br />
Esztergom in Serie<br />
M inisterpräsident<br />
Viktor<br />
Orbán fuhr am<br />
Freitag in Esztergom<br />
gemeinsam<br />
mit Osamu Suzuki,<br />
Vorstandsvorsitzender<br />
des<br />
Suzuki-Konzerns,<br />
das neue Modell<br />
SX4 S-CROSS vom<br />
Band. Der neue<br />
SX4 ist ein kompakter<br />
Sport- und<br />
Freizeitwagen für<br />
die Stadt mit vielen<br />
Neuentwicklungen.<br />
Im ersten<br />
Jahr sollen 100.000 Stück produziert werden<br />
und über Europa hinaus unter anderem<br />
auch in Asien, im Nahen Osten und in<br />
Latein-Amerika erhältlich sein.<br />
MTI / László Beliczay<br />
Der Deutsche Wirtschaftsclub Budapest freut sich,<br />
Sie als Gäste bei den nächsten Veranstaltungen<br />
begrüßen zu können:<br />
19.09.2013 Vortrag von HR-Minister Zoltán Balog<br />
(Hotel Marriott, 18 Uhr)<br />
12.10.2013 Oktoberfest<br />
Mit freundlicher Unterstützung von:<br />
Weitere Informationen und Anmeldung unter:<br />
Deutscher Wirtschaftsclub Budapest e.V.<br />
H-1051 Budapest, Erzsébet tér 7-8. Tel.: (00 36 1) 312-1123 FAX: (00 36 1) 312-1126<br />
E-Mail: mail@dwc.hu www.dwc.hu<br />
Bankverbindung: CIB Hungária Bank Rt. - Kto.Nr.: 10700024-04066301-51100005
8 W i r t s c h a f t<br />
<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
13. – 19. September 2013<br />
Chaos zum Start des neuen Schuljahres<br />
Keine Bücher, keine Räume<br />
Rózsa Hoffmann, Staatssekretärin<br />
für Bildungspolitik bis<br />
zur Mittelstufe, nannte die<br />
Zentralisierung der Schulen<br />
einst „glatt gelaufen“ (zökkenőmentes).<br />
Seitdem ist dies<br />
ebenso zu einem geflügelten<br />
Wort geworden wie „unorthodox“,<br />
doch aller Zynismus<br />
täuscht nicht über die Tatsache<br />
hinweg, dass der Schulstart<br />
in diesem Jahr über die<br />
Maßen chaotisch ist und die<br />
Lehrer nun endgültig überlastet<br />
sind.<br />
Da sind beispielsweise die<br />
neuen Unterrichtszeiten.<br />
Zwar wurde noch im vergangenen<br />
Jahr die Schulpflicht auf<br />
15 Jahre herabgesenkt, aber die<br />
Schüler haben dort nun bis zum<br />
Nachmittag um 16 Uhr zu bleiben<br />
(eine Befreiung davon gibt es<br />
nur per schriftlichem Ansuchen<br />
durch die Eltern). Der Gedanke<br />
der Ganztagsbetreuung wird immer<br />
wieder heiß diskutiert und<br />
insbesondere von Berufstätigen<br />
und Alleinerziehenden begrüßt.<br />
Doch die Umsetzung ist – wie so<br />
oft – mangelhaft.<br />
„Die Schwachen<br />
fallen raus“<br />
Alltag an ungarischen Schulen: Warten auf freie Räume und die neuen Lehrbücher.<br />
Doch zurück zum Anfang.<br />
Schon die Eröffnung des Schuljahres<br />
begann mit einem Skandal.<br />
Lajos Kósa, der Bürgermeister<br />
der ostungarischen Stadt<br />
Debrecen, und enger Vertrauter<br />
von Premier Viktor Orbán,<br />
sprach bei einer Rede ungewohnt<br />
offen. Die linksliberale Tageszeitung<br />
Népszabadság veröffentlichte<br />
Kósas Rede mit teils mehr<br />
als fragwürdigen Aussagen: „Im<br />
TÁG (Árpád Tóth Gymnasium<br />
in Debrecen – Anm.) ist es schon<br />
seit zwei Jahren nicht mehr üblich,<br />
mir zu widersprechen. (...)<br />
Was ab jetzt in der Bildungspolitik<br />
gesagt wird, ist in Wahrheit<br />
ein Befehl“. Kósa kam aber auch<br />
auf die Pädagogen und ihre Lehrmethoden<br />
zu sprechen. So fliege<br />
jeder aus dem System, der die<br />
Vorgaben nicht gut erfülle. Überdies<br />
sagte er, dass die Kinder nur<br />
dann gut lernten, wenn man sie<br />
schlage. Seine 17-minütige Rede<br />
hielt der Bürgermeister völlig<br />
frei. Ob das allerdings als Rechtfertigung<br />
für diese Äußerungen<br />
reicht, ist fraglich.<br />
Überlastete Lehrer<br />
und Schüler<br />
Auch wenn die Bildungspolitik<br />
momentan Stringenz vermissen<br />
lässt, gemein ist ihr in allen<br />
Bereichen das Chaos. So wurden<br />
beispielsweise die Arbeitsstunden<br />
von Lehrern von bisher 26<br />
auf 32 Stunden erhöht. Denn Vater<br />
Staat ist um die Freizeit der<br />
Kleinsten besorgt und verordnete<br />
deshalb täglich Schule bis<br />
zum Nachmittag. Dabei sollen<br />
den Kindern neben Sportmöglichkeiten<br />
auch Förderklassen<br />
angeboten werden. Zusätzlich<br />
zu der nunmehr obligatorischen<br />
Turnstunde pro Tag. Was in der<br />
Theorie noch nach reizvollen<br />
Angeboten klingt, schildert die<br />
Mutter einer Drittklässlerin<br />
aus dem III. Bezirk wie folgt:<br />
„Selbst die Erstklässler haben<br />
jeden Tag bis zu sechs Stunden<br />
Unterricht. Da die Anzahl<br />
der Sportstunden drastisch erhöht<br />
wurde, haben die Kinder<br />
nur etwa ein oder zwei Mal pro<br />
Woche die Möglichkeit, in der<br />
Turnhalle zu sein. An den anderen<br />
Tagen müssen der Hof,<br />
der Flur oder Mehrzweckräume<br />
zur körperlichen Ertüchtigung<br />
genutzt werden.“ Doch das Ausmaß<br />
der Kopflosigkeit ist noch<br />
viel größer: Die Förderklassen<br />
werden mangels Räumlichkeiten<br />
teils auf dem Schulflur abgehalten,<br />
die Lehrer hetzen<br />
mit den Kindern von Stunde zu<br />
Stunde. Eine Lehrerin, die seit<br />
mehr als 20 Jahren mit Leib und<br />
Seele unterrichtet, stellte zu Beginn<br />
des Schuljahres resigniert<br />
fest: „Nach mehr als zwei Jahrzehnten<br />
ist der Punkt erreicht,<br />
an dem mir mein Beruf keinen<br />
Spaß mehr macht. Und das<br />
Philipp Faßbender<br />
Schlimmste an all dem ist: Die<br />
Kinder stehen an letzter Stelle.“<br />
Bücher<br />
erst im Oktober<br />
Denn neben dem Mehr an neuen<br />
Stunden haben die Lehrer<br />
mit einer weiteren Widrigkeit zu<br />
kämpfen: Vielfach sind Schulbücher<br />
nicht geliefert worden – die<br />
wohlgemerkt bereits im März<br />
bestellt und Ende August hätten<br />
ausgegeben werden sollen. Eine<br />
Mutter berichtet: „Innerhalb der<br />
Klasse variiert das sehr stark.<br />
Einigen Kindern fehlen nur ein<br />
oder zwei Bücher, anderen ganze<br />
sieben von zwölf.“ Die Lehrer<br />
müssen bis zum Eintreffen<br />
der Bücher das Lehrmaterial<br />
kopieren – aus welchem Geld<br />
dies letztlich finanziert wird, ist<br />
noch nicht klar.<br />
Dabei sind es die Schulbücher,<br />
die in diesem Jahr für Aufregung<br />
sorgen. Insbesondere das Lehrbuch<br />
für den Ethikunterricht in<br />
der ersten und fünften Klasse<br />
stößt dabei auf heftige Kritik.<br />
So empfiehlt das Lehrbuch der<br />
fünften Klasse den Dokumentarfilm<br />
„Der stumme Schrei“ – ein<br />
abtreibungskritisches Werk des<br />
Pro-Life Regisseurs Jack Duane<br />
Dabner. In dem knapp halbstündigen<br />
Film wird eine Abtreibung<br />
mittels Ultraschallaufnahmen<br />
gezeigt. Die Aufnahmen sind<br />
für Erwachsene verstörend, für<br />
13-jährige Teenager hingegen<br />
völlig ungeeignet. Dabei, so hieß<br />
es bei der Einführung des gänzlich<br />
neuen Fachs, sollte damit<br />
Kindern eine Alternative zum<br />
christlichen Religionsunterricht<br />
geboten werden. Ob dies wirklich<br />
umgesetzt wurde, darf bezweifelt<br />
werden. Viele Kritiker<br />
sind sich indes einig: Die Bildungspolitik<br />
der Regierung verdient<br />
ein „mangelhaft“.<br />
▶▶Elisabeth Katalin Grabow<br />
Die Tochter des Premierministers hat geheiratet<br />
Auf frisch gepflasterten Straßen zum Glück<br />
Ungarn hat zwar keinen König, aber<br />
ein wenig royales Flair kam am Wochenende<br />
doch auf, als die älteste<br />
Tochter von Premierminister Viktor<br />
Orbán, Ráhel, heiratete. Es soll hier<br />
nicht um die Hochzeit gehen und natürlich<br />
noch weniger um das junge<br />
Paar selbst, aber auf einige Seltsamkeiten<br />
soll doch aufmerksam gemacht<br />
werden.<br />
Da wäre die offensichtlichste Besonderheit<br />
der Hochzeit: Die Trauung<br />
wurde von einem offiziellen Fotografen<br />
der staatlichen Nachrichtenagentur MTI<br />
begleitet. Es darf wohl als relativ einzigartig<br />
bezeichnet werden, dass ein Angestellter<br />
der staatlichen Medien einen so<br />
privaten Moment wie eine Hochzeit ablichtet.<br />
Doch die Bilder waren und sind<br />
auf der Homepage der Nachrichtenagentur<br />
abrufbar.<br />
Kommunen halten<br />
um weitere Töchter an<br />
Doch auch an anderer Stelle vermischte<br />
sich Privates – ob gewollt oder nicht<br />
sei dahingestellt – mit Offiziellem. Denn<br />
nur wenige Tage vor dem „sozialen Großereignis“,<br />
wie es Premier Orbán selbst<br />
nannte, begannen Reparaturarbeiten<br />
auf eben jener Strecke, auf der die Gästeschar<br />
zur Feierlichkeit gelangten. Wie<br />
die linksliberale Wochenzeitung hvg in<br />
ihrer Onlineausgabe berichtete, waren<br />
in der Woche vor der Hochzeit die Zufahrtsstraßen<br />
zum Veranstaltungsort<br />
ausgebessert worden. Hvg zitiert dabei<br />
Anwohner, die berichten, dass eben diese<br />
Straßenabschnitte seit Jahrzehnten<br />
nicht repariert worden seien. Doch nicht<br />
nur die Straßen hin zum östlich von Budapest<br />
gelegenen Tükröspuszta wurden<br />
spontan in Schuss gebracht. Auch die Gegend<br />
rund um den Ort der Hochzeit, die<br />
Ferenc Kirche am Margit körút, wurde<br />
vor der Trauung einer Verjüngungskur<br />
unterzogen. Im Park um die Kirche herum<br />
wurde noch am Donnerstag und Freitag<br />
vor der Trauung Beton aufgebrochen<br />
und Laub geharkt. Wie das Nachrichtenportal<br />
index.hu berichtete, haben mehrere<br />
Arbeiter auf Nachfrage bestätigt, dass<br />
diese Arbeiten wegen der Hochzeit nötig<br />
waren. Fraglich ist bislang nur die Finanzierung<br />
der spontanen Bauarbeiten,<br />
aber was sind schon ein paar Millionen<br />
Forint im Vergleich zu einer echten “königlichen”<br />
Hochzeit.<br />
Natürlich ließen die Witze im Web<br />
nicht lange auf sich warten. Nachdem<br />
Premier Viktor Orbán mit seiner Frau Anikó Lévai bei der Trauung ihrer Ältesten.<br />
die Straßenreparaturarbeiten bekannt<br />
wurden, wurde den chronisch klammen<br />
Kommunen vorgeschlagen, einfach um<br />
weitere Kinder des Regierungschefs anzuhalten.<br />
▶▶EKG<br />
MTI / Barna Burger
10 F e u i l l e t o n<br />
Plakatausstellung ARC<br />
Kunst<br />
mit Haken<br />
A wie aggressiv, B wie Betrüger, F wie feindlich,<br />
K wie korrupt, L wie Loser, N wie Nazi,<br />
P wie Pessimist, R wie radikal, Z wie Zigeuner.<br />
Gewohnt kritisch präsentiert sich die<br />
diesjährige ARC Ausstellung noch bis zum<br />
22. September auf dem Ötvenhatosok<br />
tere. Mit seinem etwas anderen Alphabet<br />
schaffte es das Werk von Teodóra Frenyó<br />
mit dem Titel „Schlechte Erziehung“ auf<br />
den ersten Platz der Jury-Abstimmung.<br />
Doch viele Kritiker fragen sich: Ist die Kunst<br />
zu einseitig?<br />
<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
13. – 19. September 2013<br />
Auf einer flaschengrünen Schultafel<br />
reihen sich die fein säuberlich mit<br />
weißer Kreide geschriebenen Buchstaben<br />
und die zu ihnen assoziierten Worte<br />
auf wie brav gescheitelte Schulknaben. Doch<br />
dieses Alphabet hat einen sichtbaren Haken,<br />
einen unmissverständlichen, unübersehbaren:<br />
Es lehrt negative Referenzen und verstörende<br />
Konnotationen, mit voller Absicht. Das<br />
erstplatzierte Gewinnerwerk der Ausschreibung<br />
zur heuer 13. ARC Ausstellung hält mit<br />
seiner Nachricht nicht hinterm Berg: Was ist<br />
mit uns geschehen, dass wir die Welt mit solchen<br />
Assoziationen abstempeln,<br />
dass uns dieses Pseudo-Alphabet<br />
genügt, um allem und<br />
jedem einen Namen zu geben. „Ich thematisiere<br />
damit auch unsere schlechte Kommunikationskultur.<br />
Ich finde, wir müssen<br />
uns selbst von A bis Z überdenken“, sagt die<br />
Künstlerin Teodóra Frenyó, und gibt damit<br />
teilweise Antwort auf die Ausgangsfrage<br />
und das Thema der ARC-Ausschreibung: „Mi<br />
történt velünk?“, was ist mit uns passiert?<br />
„Querschnitt<br />
der öffentlichen Meinung“<br />
Die Frage, mit der sich die ARC-Ausstellung<br />
2013 beschäftigt, stammt aus einem<br />
Artikel von Elemér Hankiss, der im März dieses<br />
Jahres in der linksliberalen ungarischen<br />
Tageszeitung Népszabadság erschienen ist.<br />
Der Artikel stellt die Behauptung auf, Ungarns<br />
Aufschwung sei 2002 zu einem jähen<br />
Ende gekommen und kreist um die Frage,<br />
wie dies passieren konnte und wie sich<br />
ARC Ausstellung<br />
„Mi törtent velünk?“<br />
(Was ist mit uns passiert?)<br />
Noch bis zum 22. September auf dem<br />
Ötven hatosok tere, wenige Meter<br />
vom Hősök tere<br />
Eintritt frei<br />
www.arcmagazin.hu/arclap/<br />
„Der Kuss“ von Tamás Schild zeigt als eines von vielen Plakaten die (subjektive) ungarische Wirklichkeit.<br />
das Land und seine Gesellschaft aus dieser<br />
dringlichen Lage befreien könnte. Hankiss‘<br />
skeptisch-pessimistischem Blick folgend<br />
forschte auch die ARC-Ausstellung nach den<br />
Hintergründen der „aktuellen ungarischen<br />
Stimmung“ und zeigt mit den Werken „einen<br />
Querschnitt durch die öffentliche Meinung“,<br />
wie es im Infomaterial zur Ausstellung heißt.<br />
Aus mehr als 1.400 eingereichten Werken<br />
wurden 125 von der ARC-Jury ausgewählt,<br />
um auf dem Ötvenhatosok tere, vor der Eisenbürste,<br />
dem 1956-er Denkmal, auf riesigen<br />
Plakaten ausgestellt zu werden.<br />
Eines davon ist „Gipsey“ von Attila<br />
Glázer. Der bunte<br />
Schriftzug<br />
auf weißem<br />
Hintergrund<br />
grüßt den<br />
Betrachter<br />
bereits vom<br />
Rande des<br />
Stadtwäldchens<br />
kommend.<br />
Die<br />
Typographie<br />
lässt<br />
sich eindeutig<br />
zuordnen:<br />
Es<br />
ist die märchenhafte<br />
Schrift der<br />
Walt Disney<br />
Company. In der Hauptrolle diesmal:<br />
„Gipsey“ – Zigeuner. „Viele wissen noch immer<br />
nicht, dass Walt Disney Frauen, Juden<br />
und Schwarze als zweitklassig betrachtete“,<br />
erklärt Glázer den Zusammenhang zwischen<br />
Schrift und Inhalt. „Disney war Mitglied einer<br />
exklusivistischen Gruppierung. Deshalb<br />
hat es mir auch besonders<br />
gefallen, dass die bunten<br />
Farben von Disney an die<br />
Regenbogenfahne der Homosexuellen<br />
erinnern. Die<br />
Verknüpfung soll jedoch jeder<br />
so in seinem Kopf herstellen,<br />
wie er will; ganz<br />
frei. Das Werk ist nur ein<br />
Nasenstüber, mit einem<br />
kleinen Schreibfehler.“<br />
Vorurteile<br />
und Etiketten<br />
Für sein zweites Kunstwerk,<br />
das es ebenfalls<br />
in die Auswahl der Jury<br />
schaffte, erhielt Attila Glázer<br />
den Preis der ethischen<br />
Bank MagNet als Werk<br />
mit der stärksten gesellschaftlichen<br />
Botschaft.<br />
„Jew, Gay, Nazi“ (Jude,<br />
Schwuler, Nazi) heißt das<br />
Selbstporträt, das die drei<br />
Titulierungen als Gemeinplätze<br />
karikiert, indem<br />
es ihnen Gesichter gibt:<br />
In einem T-Shirt mit der Aufschrift „Jew”<br />
erscheint uns ein bärtiger Mann mit wild<br />
wachsendem, mittellangen Haar. Als „Gay”<br />
gibt sich der selbe Mann mit Dreitagebart<br />
und modisch hochgegelter Frisur. Der „Nazi”<br />
hingegen zeigt sich haarlos, mit Glatze. Eine<br />
gelungene, wenn auch triviale, Allegorie auf<br />
die zwar menschliche, aber von Vorurteilen<br />
zersetzte Sicht aufeinander. Glázer dazu: „In<br />
Ungarn beginnst du im Grunde ein Gespräch,<br />
indem du erst mal deine Etiketten raus holst.<br />
Den du als Jude titulierst, in dessen Sätze<br />
willst du solche Dinge hinein fantasieren, die<br />
du bereits im Vorhinein von ihm erwartest.”<br />
Ausstellung über<br />
den Trafik-Skandal?<br />
In vielen Werken der 13. ARC-Ausstellung<br />
klingt – wie bereits in den vergangenen Jahren<br />
– laute Gesellschaftskritik an (die <strong>Budapester</strong><br />
<strong>Zeitung</strong> berichtete 2012). Doch neben<br />
den Themen der Intoleranz, Inhumanität<br />
und allgemeinen Unzufriedenheit sind es<br />
insbesondere die politisch aufgeladenen Werke,<br />
die auch in diesem Jahr wieder die Aufmerksamkeit<br />
der Medien auf sich zogen. Wo<br />
es in den vergangenen Jahren insbesondere<br />
rechtsextreme Medien wie das Online-Blatt<br />
kuruc.info waren, die sich über die politischen<br />
Aussagen der ARC-Kunst empörten,<br />
finden in diesem Jahr auch viele liberaler<br />
ausgerichtete Medien, dass die Ausstellung<br />
sich zu einseitig gibt – mindestens in Bezug<br />
auf die Topoi. Ein großer Teil der Kunstwerke<br />
stellt aktuelle Themen der ungarischen<br />
Politik wie den Trafik-Skandal oder die Pseudo-Volksbefragungen<br />
(„nemzeti konzultáció”)<br />
der Regierung unter Premier Viktor Orbán<br />
in den Vordergrund. Das linksliberale Online-Magazin<br />
index.hu spottet gar in einem<br />
Insbesondere das Plakat Glázers (r.) setzt sich kritisch mit Vorurteilen auseinander.<br />
Artikel vom 6. September: „Am Felvonulási<br />
tér (frühere Bezeichnung des Ötvenhatosok<br />
tere, Anm.) hat eine Ausstellung gegen den<br />
Trafik-Skandal eröffnet”. Tatsächlich greifen<br />
gleich mehrere Werke das unliebsame Thema<br />
der diesjährigen Konzessionsvergabe für<br />
Tabakwarengeschäfte auf, wie beispielsweise<br />
Dávid Gáls „Nemzeti egyetértés” (nationales<br />
Einverständnis). Design und Typologie<br />
der einheitlichen nationalen Trafikgeschäfte<br />
(„nemzeti dohánybolt”) imitierend, heißt es<br />
auf dem Plakat, „Itt hamarosan bicska nyílik”<br />
(in etwa: hier öffnet bald ein Klappmesser),<br />
eine Anspielung auf die ankündigenden Aushängeschilder<br />
der Geschäfte.<br />
Ja, die ARC-Ausstellung ist politisch,<br />
sie setzt einen Fokus, sie ist gesellschaftskritisch.<br />
Doch vor allen Dingen ist sie fast<br />
schmerzhaft ehrlich – und das macht sie mutig,<br />
insbesondere in Zeiten, in denen kulturell<br />
wichtige Akteure wie der ehemalige Direktor<br />
des Nationaltheaters Róbert Alföldi oder der<br />
Radiosender Rádió Café still und undemokratisch<br />
abgesetzt werden. ARC regt zum Dialog<br />
in verschiedenen Richtungen an, es ist der<br />
Geist der Ausstellung. Gábor Bakor, einer der<br />
ARC-Gründer, formuliert dies in einem Interview<br />
mit dem liberalen Wochenmagazin hvg<br />
folgendermaßen: „Um uns herum geschehen<br />
nur allzu eindeutige Dinge, neben denen man<br />
einfach nicht ohne Wort und Bild vorbeigehen<br />
kann.”<br />
Und da zu Ehrlichkeit auch Selbstironie gehört,<br />
steht auf einem der besten Plakate der<br />
ARC-Ausstellung Schwarz auf Weiß Folgendes:<br />
„Ich weiß echt nicht, womit du gerechnet<br />
hast. Auf ein blödes Thema kann man nur ein<br />
blödes Plakat einsenden. Achja, und deine<br />
Kuh soll verrecken. Auch. – Ein ungarischer<br />
Bewerber”<br />
▶▶Lisa Weil
13. – 19. September 2013<br />
<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
F e u i l l e t o n<br />
11<br />
Fotoreporter auf Ármin Vámbérys Spuren<br />
Im Osten viel Neues<br />
Acht Monate, 28.000 Kilometer, 2.500 davon per Rad. Das sind die groben<br />
Parameter der Vámbéry-Tour, deren Bildmaterial Tamás Páczai in der<br />
kommenden Woche vorstellt. Der junge Fotoreporter wandelte auf<br />
den Spuren des berühmten Asien-Forschers ganz bis nach Zentralasien.<br />
Tamás Párczai (2013), Ankara, Türkei.<br />
„Im Herbst vergangenen<br />
Jahres sah ich einen<br />
Fernsehbericht darüber,<br />
dass Staatspräsident Áder im<br />
Rahmen einer Zentralasien-Reise<br />
eine Gedenktafel zu Ehren Ármin<br />
Vámbérys enthüllte“, erinnert sich<br />
Tamás. Schon seit seinen Kindertagen<br />
wollte Tamás nach Asien reisen,<br />
war doch eines seiner Lieblingsbücher<br />
Vámbérys Werk „Reisen<br />
in Zentral-Asien“. Der Entschluss,<br />
auf den Spuren des Autors über die<br />
Türkei, den Iran, Turkmenistan bis<br />
nach Usbekistan zu touren, war<br />
schnell gefasst.<br />
Tamás Páczai (2)<br />
„Wir bauen dir ein Rad,<br />
Herr Vámbéry“<br />
Dass solch eine Tour einiges an<br />
Planung und Unterstützung im Vorfeld<br />
bedarf, ist gewiss. Tamás hatte<br />
zum Glück viele Helfer um sich. So<br />
sei beispielsweise József Pálinkás,<br />
Präsident der Ungarischen Akademie<br />
der Wissenschaften (MTA), eine<br />
große moralische Stütze gewe sen.<br />
Die Tageszeitung Magyar Nemzet<br />
und das Familienblatt Képmás boten<br />
an, seine Tour als Kommunikationspartner<br />
zu begleiten. Noch während<br />
der Planung wurde Tamás allerdings<br />
bewusst, dass seine Geldmittel wohl<br />
kaum ausreichen würden, „also kam<br />
mir die Idee, einen Teil der Tour mit<br />
dem Rad zu bestreiten.“ Nach mehreren<br />
erfolglosen Versuchen, fragte<br />
Tamás bei den Betreibern des Recikli<br />
Fahrradgeschäfts an. Er legte sein<br />
Anliegen und seine Idee dar, worauf<br />
die Fahrradmechaniker prompt antworteten:<br />
„Na dann bauen wir dir<br />
ein Rad, Herr Vámbéry.“ Tamás ist<br />
noch heute dankbar dafür, denn „im<br />
Verlauf der Planung gab mir das immer<br />
wieder Antrieb. Schließlich war<br />
das wichtigste Objekt meiner Expedition<br />
schon da.“<br />
Keine Erfüllungstour,<br />
aber eine Erfüllung<br />
Tamás betont immer wieder, dass<br />
sein Rad eine unglaubliche Hilfe,<br />
aber die Reise keine sogenannte Erfüllungstour<br />
war: „Es ging mir nicht<br />
darum, möglichst viele Kilometer<br />
Tamás Párczai (2013), Usbekistan, Samarqand.<br />
auf dem Rad zu fahren, aber ohne<br />
das Fahrrad wäre es schwer gewesen,<br />
die Tour zu erfüllen.“ Allein<br />
seine Fotoausrüstung wog mehr als<br />
15 Kilo, das Reisegepäck insgesamt<br />
50 Kilogramm, da kam der Lastenesel<br />
aus dem Recikli sehr gelegen.<br />
„Das wäre einfach zu viel, um es auf<br />
dem Rücken zu schleppen. Außerhalb<br />
der Städte war ich immer mit<br />
dem Rad unterwegs und konnte so<br />
viel mehr Orte erreichen, an denen<br />
Vámbéry auch war.“<br />
Was Tamás aber wohl am meisten<br />
beeindruckt hat, war die Gastfreundschaft<br />
der Iraner: „In den drei<br />
Monaten dort habe ich das Gefühl<br />
gehabt, ich war noch nie in einem<br />
Land, das so sicher ist. Die Menschen<br />
sind unglaublich freundlich, auch die<br />
Polizisten waren unglaublich hilfsbereit.<br />
Einmal habe ich mich furchtbar<br />
verirrt und sie haben mich mit „Geleitschutz“<br />
zu meiner Unterkunft begleitet.<br />
Viele Iraner, besonders junge<br />
Menschen, sprechen Englisch.“ Die<br />
xxx<br />
fotografischen Eindrücke seiner Reise<br />
sind ab dem 18. September für Besucher<br />
ausgestellt.<br />
▶▶EKG<br />
Das Jahr 2013 steht ganz im Zeichen<br />
des berühmten Forschers Ármin<br />
Vámbéry, der auch die Grundlage<br />
zum weltbekannten Bestseller<br />
Dracula lieferte. Am heutigen Freitag<br />
findet außerdem eine Konferenz<br />
zu seinem Gedenken statt, die von<br />
der Ungarischen Akademie der Wissenschaften<br />
organisiert wird.<br />
Auf Vámbérys Wegen<br />
Ein Fotografietagebuch<br />
von Tamás Páczai<br />
Eröffnung: 18. September um 17 Uhr<br />
Magyar Kereskedelmi<br />
és Vendéglátóipari Múzeum<br />
III. Korona tér 1<br />
Die Ausstellung ist noch<br />
bis zum 27.Oktober geöffnet.<br />
Szépvölgyi Teniszcentrum<br />
Ob’s regnet oder die Sonne scheint – bei uns können Sie das ganze Jahr über im Trockenen spielen.<br />
Hochwertige Sandplätze in wunderschöner Umgebung.<br />
(An Regentagen steht Ihnen unsere Halle mit<br />
Kunstbelagpltätzen zur Verfügung.) Ausgebildete<br />
Trainer für Kinder- und Erwachsenenunterricht.<br />
1033 Budapest, Virág Benedek u. 39-41, Telefon: 388-1591 www.szepvolgyi.hu tenisz@szepvolgyi.hu
12 H a u p t s t a d t<br />
<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
13. – 19. September 2013<br />
Kompakt<br />
Innenstadtverkehr:<br />
Halteverbote am Wochenende<br />
Die Polizei wies am Mittwoch auf der Webseite<br />
www.police.hu darauf hin, dass zwischen<br />
dem 12. und 15. September im I., II., V., VI., IX.<br />
und XIV. Bezirk mit Verkehrsein schrän kungen<br />
und Halteverboten zu rechnen sei. So darf etwa<br />
in dem gesamten Zeitraum zwischen Hilton<br />
Hotel und Mátyás-Kirche, am 13. und 14. in<br />
weiten Teilen am Stadtwald, am 14. zwischen<br />
József Nádor-Platz und Vörösmarty tér sowie<br />
am 15. auf bestimmten Abschnitten der Ufer straßen<br />
zu beiden Donauseiten nicht gehalten werden.<br />
Volánbusz-Verkehr im Speckgürtel: Entwicklungsministerium und Stadt einigen sich<br />
„Mi nisterium hat sich ordentlich blamiert“<br />
Neue Taxiverordnung:<br />
Erste gemeinsame Kontrollen<br />
Wie das Büro des Oberbürgermeisters am<br />
Dienstag mitteilte, hat das Ordnungsamt mit<br />
der Verkehrszentrale und der Verbrau cherschutzzentrale<br />
Kontrollen gestartet, ob die<br />
neue Taxiverordnung, speziell die einheitlichen<br />
Tarife eingehalten werden. Man unternahm<br />
70 Testfahrten, in 3 Fällen gab es zu<br />
wenig Rückgeld, sechsmal keine Quittung,<br />
zwei Fahrer kalkulierten mit falschen Tarifen,<br />
und einige Male war die Tariftabelle nicht sichtbar<br />
im Auto angebracht.<br />
EURO 2020: Ungarn nominiert<br />
Budapest als Spielort<br />
Neben Deutschland, England und der<br />
Schweiz hat nun auch Ungarn Interesse an<br />
der Austragung von Fußball-Europameisterschafts<br />
spielen bekundet. Das gab Verbandspräsident<br />
Sándor Csányi am Dienstag bekannt.<br />
Ungarn wird sich mit Budapest als<br />
Spiel ort bewerben, die Spiele sollen im bis<br />
dahin erneuerten Puskás-Ferenc-Stadion<br />
statt finden. Zum 60-jährigen Jubiläum der EM<br />
sollen 2020 die Spiele in 13 Städten und 13<br />
Ländern ausgetragen werden.<br />
Weiterhin werden die gelben Volán-Busse im <strong>Budapester</strong> Umland verkehren, bald jedoch teilweise mit neueren Fahrzeugen.<br />
Nach langem Hin und Her beim Verkehr im Umland der Hauptstadt – Volánbusz<br />
oder BKV als Betreiber (die <strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong> berichtete im April) – verkündeten<br />
vorvergangenen Donnerstag das zuständige Nationale Entwicklungsministerium<br />
(NFM) und die <strong>Budapester</strong> Stadtführung den angeblichen Durchbruch,<br />
der in Wahrheit eine Niederlage des Ministeriums bedeutet: Die Kontrolle über<br />
ihre Verkehrsbetriebe behält weiterhin die Hauptstadt, jedoch in enger Zusammenarbeit<br />
mit Ministerium und Volánbusz.<br />
Schon im April standen die Zeichen<br />
schlecht, damals hatte Volánbusz<br />
nicht genügend Kapazitäten, um den<br />
Verkehrsbetrieb in den betroffenen<br />
neun Städten in der Umgebung von<br />
Budapest (Budakeszi, Budaörs, Diósd,<br />
Gyál, Nagykovácsi, Pécel, Solymár, Szigetszentmiklós,<br />
Törökbálint) aufrecht<br />
zu erhalten. Es gab Probleme bei der<br />
Finanzierung von neuen Buszukäufen<br />
und -anmietungen, die <strong>Budapester</strong> Verkehrsbetriebe<br />
(BKV) wollten auf den genannten<br />
Strecken nicht einspringen, auf<br />
denen sie als Subunternehmer (der sie<br />
auch zuvor gewesen war) tätig war, um<br />
sich nicht selbst in eine nachteilige Position<br />
zu bringen.<br />
der <strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong> bei der Stadtführung<br />
um eindeutige Klärung dieser<br />
Sache blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet).<br />
Zwei Neuerungen wurden<br />
jedoch bereits verkündet: Die erste ist,<br />
dass auch auf den Agglomerationsfahrten<br />
das neue Fahrgast-Informationssystem<br />
„Futár“ verfügbar sein wird, das ab<br />
Herbst in den Testbetrieb geht. Bei dem<br />
6,7 Milliarden Forint teuren Projekt handelt<br />
es sich um ein Satellitengestütztes<br />
Informationssystem, das, die verbesserte<br />
Kommunikation zwischen Fahrern und<br />
Zentrale nutzend, zu einem flüssigeren<br />
Verkehr beziehungsweise zu einem<br />
schnelleren Informationsfluss bei eventuellen<br />
Zwischenfällen beitragen soll.<br />
Dazu gehören die etwa aus Deutschland<br />
bereits bekannten elektronischen Anzeigetafeln<br />
an den Haltestellen, die in Echtzeit<br />
Informationen über Abfahrtszeiten,<br />
Verspätungen oder Zwischenfälle geben.<br />
Klamme Haushaltslage<br />
zwang zu Kooperation<br />
Nun bleibt also quasi alles beim Alten<br />
– besser gesagt: der übereifrige Versuch<br />
des Ministeriums, die hauptstädtische<br />
Agglomeration komplett an Volánbusz<br />
zu übertragen fiel aufgrund von Finanzierungsproblemen<br />
flach. Das Fachportal<br />
omnibusz.blog.hu nannte es einen<br />
„aufgrund von undurchdachten ungarischen<br />
Verordnungen erzwungenen Betreiberwechsel“,<br />
mit dem das Ministerium<br />
sich „ordentlich blamiert hat“. In<br />
einer gemeinsamen Mitteilung von Stadt<br />
und NFM vom vorvergangenen Donnerstag<br />
heißt es, dass die Zusammenarbeit<br />
von BKV, NFM und Volánbusz<br />
zu einer „deutlichen Verbesserung der<br />
Wettbewerbsfähigkeit des öffentlichen<br />
Verkehrs“ nicht nur für die <strong>Budapester</strong>,<br />
sondern auch die Bewohner des Speckgürtels<br />
führe. Nicht erwähnt wurde,<br />
dass aufgrund der angespannten Haushaltslage<br />
der Verkehrsunternehmen ihnen<br />
auch keine andere Wahl bleibe, als<br />
zu kooperieren.<br />
Zwei Neuerungen<br />
bei Agglomerationsfahrten<br />
Die Fahrten im Speckgürtel Budapests<br />
gehören also weiterhin zum Tarifgebiet<br />
der <strong>Budapester</strong> Verkehrszentrale, die<br />
auch weiterhin die Fahrpläne verantwortet.<br />
Laut einem hvg-Bericht vom vorvergangenen<br />
Donnerstag werden dort aber<br />
Volán-Busse verkehren (eine Anfrage<br />
MAN wird 106<br />
neue Busse liefern<br />
Die zweite Neuerung ist, dass auf den<br />
besagten Strecken ab der ersten Jahreshälfte<br />
2014 neue Busse eingesetzt werden.<br />
In einer weiteren NFM-Mitteilung vom<br />
vorvergangenen Donnerstag wurde auch<br />
verkündet, wer die chaotisch verlaufene<br />
Volánbusz-Ausschreibung, auf die sich<br />
noch im April niemand beworben hatte,<br />
für sich entschieden hat: Der Münchner<br />
Fahrzeug- und Maschinenbaukonzern<br />
MAN wird 106, das ungarisch-schwedische<br />
Unternehmen Rába-Volvo 61 Fahrzeuge<br />
im Wert von insgesamt über zehn<br />
Mrd. Forint liefern. Neben dem abgeschlossenen<br />
Tender sei bereits der nächste<br />
am Laufen, heißt es, weitere 49 neue<br />
Autobusse sollen folgen. Die eigentlich<br />
schon viel früher geplante Flottenerneuerung<br />
der Volán-Gesellschaften wurde<br />
2010 abgebrochen, da keine Einigung<br />
in Sachen Stückzahl und Fahrzeugtyp<br />
erzielt werden konnte. Mit der Zusammenlegung<br />
der insgesamt 24 staatlichen<br />
Volán-Gesellschaften in sieben regionale<br />
im Herbst 2012 konnte durch eine straffere,<br />
zentralere Organisation laut NFM in<br />
der zweiten Hälfte 2013 endlich mit dem<br />
Fahrzeugaustausch begonnen werden.<br />
Die Deckung der Kaufverträge übernehme<br />
die Ungarische Entwicklungsbank,<br />
die Rückzahlung der Kredite erfolge über<br />
die Einnahmen der Gesellschaften, also<br />
Ticketverkäufe und nicht näher benannten<br />
staatlichen Quellen.<br />
▶▶Daniel Hirsch
13. – 19. September 2013<br />
<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
B u d a p e s t<br />
13<br />
Die Welt im Einweckglas<br />
Kompót<br />
Bisztró<br />
Kompót, compote, Kompott, compota –<br />
die Bedeutung des Wortes variiert je nach<br />
Land und Sprache, bezieht sich aber immer<br />
auf gedämpftes, eingemachtes Obst<br />
beziehungsweise dessen Saft. Aber wie<br />
man es auch deutet, es bleibt ein Wort,<br />
das viel herumgekommen und leicht<br />
identifizierbar ist: Es weckt nostalgische<br />
Erinnerungen an Omas Nachtisch und an<br />
mit Birnen und Kirschen gefüllte Gläser<br />
auf Küchenregalen und in Vorratskammern.<br />
Im Kompót Bisztró finden sich ebenfalls<br />
auf Regalen aneinandergereihte Einmachgläser,<br />
doch ist es ein völlig anderes<br />
Ambiente, das den Restaurantgast hier<br />
begrüßt: Es wirkt modern und geschäftig,<br />
im Hintergrund läuft unaufdringlich beschwingte<br />
Musik.<br />
Viel lässt sich dabei zurückführen auf seine<br />
Lage im 8. Bezirk nahe der Metro-Station<br />
des Corvin-negyed, der einstmals zu den<br />
eher heruntergekommenen Gegenden der<br />
Innenstadt gehörte und nun einen großen,<br />
sich stets ausweitenden urbanen Komplex<br />
von Geschäften, Büros und Apartments beherbergt.<br />
Am Rand dieses Häuserviertels<br />
mit Blick auf die verwilderte Optik der Bar<br />
A liegt das Kompót mit seiner hellen Innenausstattung<br />
aus einfachen Holztischen,<br />
Bistrostühlen und dunklen Sofas.Fabrikbeleuchtung<br />
und blanke Backsteinwände sorgen<br />
derweil für interessante Kontraste.<br />
Die Speisekarte reflektiert hier die weltweite<br />
Geläufigkeit des Kompotts und versucht,<br />
sowohl Einheimische<br />
als auch<br />
Touristen und Expats<br />
anzusprechen.<br />
So gibt es neben<br />
Salaten mit internationalem<br />
Charakter<br />
(Nizza, Thai, Griechisch)<br />
auch traditionelle<br />
ungarische<br />
Suppen – von der<br />
kalten Obstsuppe<br />
bis hin zum Gulasch.<br />
Ungarisch zwar,<br />
dabei aber feiner<br />
aufgestellt, zeigt<br />
sich das Trio von<br />
der Gänseleber. Zunächst<br />
gilt es, sich<br />
durch Crème Brûlée<br />
hindurchzuarbeiten:<br />
Eine perfekt ausbalancierte<br />
Kombination<br />
aus cremiger<br />
Leber und dünnem, knusprig-karamellisiertem<br />
Topping,<br />
das sowohl durch den<br />
richtigen Mix aus Süß und<br />
Sauer besticht, als auch<br />
den Moment und die Konsistenz<br />
eines traditionellen<br />
Crème Brûlées imitiert.<br />
Anschließend wartet ein<br />
Arrangement aus gekochten,<br />
beinahe knusprigen<br />
Zwiebeln, geschichtet auf<br />
Tomaten und Leber (erneut<br />
clever durchdacht in Bezug<br />
auf Beschaffenheit und<br />
Geschmack), begleitet von<br />
einem eher traditionellen<br />
Brioche mit Leberfüllung.<br />
Es mag vielleicht zunächst<br />
nicht ganz einleuchten, wie der Löffel Apfelkompott<br />
in dieses Programm passt, doch<br />
die vollfruchtige Portion des Obstmuses ergänzt<br />
die Lebergerichte überraschend gut.<br />
Auch wenn Speisen wie das Spinat-Gnocchi<br />
mit Tomatensoße und Lachs oder die<br />
Senf-Steak-Streifen mit Paprika und Pappardelle<br />
eher einen neutralen Kurs fahren,<br />
gelingt den Hauptspeisen des Kompót<br />
auch die Balance zwischen ungarischen<br />
und internationalen Geschmäckern insgesamt<br />
souverän. Während die Auswahl im<br />
Stil der Gerichte eindrucksvoll variiert, ist<br />
sie gleichzeitig begrenzt genug, um sicherzustellen,<br />
dass das, was serviert wird, im<br />
Voraus ausreichend Aufmerksamkeit in der<br />
Küche erhält.<br />
Der Rindereintopf, der eigentlich aus<br />
aufgeschnittenen Rinderbäckchen besteht,<br />
ist genau richtig: Zart, gut zubereitet, entsprechend<br />
gewürzt und mit einer kräftigen,<br />
aber keineswegs zu schweren Rotweinsoße<br />
versehen. Das Gerstenrisotto als Beilage<br />
könnte ohne Weiteres trocken und langweilig<br />
ausfallen – das ist hier aber definitiv<br />
nicht der Fall, was sicherlich auch an den<br />
kleinen Würfeln von roter Zwiebel und Gewürzgurke<br />
liegt, die das Gericht farblich wie<br />
geschmacklich aufpeppen.<br />
Als Alternative werden in der Pasta-Sektion<br />
Reisnudeln mit riesigen gegrillten Pilzstücken,<br />
Tomaten, Paprika, Zucchini, Sellerie<br />
und Aubergine serviert – eine Mischung,<br />
die dem immergleich gegrillten Gemüse<br />
anderer Restaurants leider etwas zu nahe<br />
kommt, um dem Gast zwischen den eigenen<br />
vier Backsteinwänden das Gefühl von etwas<br />
kulinarisch Einzigartigem zu geben.<br />
Frischer Ingwer und Sojasoße setzen das<br />
asiatische Motiv fort, könnten jedoch auch<br />
ruhig energischer über die Gerichte gerieben<br />
und gegossen werden, ohne gleich empfindliche<br />
Gaumen zu verärgern.<br />
Das Süße kommt zum Schluss<br />
Die Auswahl von Quark-Käse-Mousse im<br />
Teigkorb an frischen Früchten, Parfait vom<br />
Tokaji aszú und Biskuitkuchen nach Somlóer<br />
Art (ein köstlich geschichtetes Wirrwarr<br />
aus nussigem Biskuit, Schokoladensoße<br />
und cremiger Vanillesoße) kommt hier<br />
viel inspirierter daher als die herkömmlichen<br />
Somlóer Nockerln. Ergänzt mit dem<br />
„After Eight“-Schokoladen-Soufflé (die „After<br />
Eight“-Komponente taucht hier in Form<br />
einer leichten Minzcreme auf) offeriert die<br />
Dessertkarte souverän angerichtete und<br />
gleichermaßen filigrane Süßspeisen.<br />
Die Auswahl an Weinen ist zwar limitiert,<br />
was aber durch zuvorkommenden Service,<br />
angenehmes Ambiente und gutes Essen bei<br />
angemessenen Preisen in der belebten aber<br />
autofreien Lage mehr als wiedergutgemacht<br />
wird.<br />
▶▶Benedicte Williams<br />
Kompót Bisztró<br />
Öffnungszeiten:<br />
Montag bis Freitag 11 bis 22 Uhr<br />
Samstag 17 bis 22 Uhr<br />
Sonntags geschlossen.<br />
Tel.: +36 1 / 797-0797<br />
Budapest VIII, Nagy Templom utca 17<br />
Corvin sétány 1/B<br />
www.kompotbisztro.hu<br />
Preise:<br />
Suppen und Vorpeisen: .............................860-2.250 Forint<br />
Hauptspisen und Pasta: .........................1.290-4.190 Forint<br />
Dessert:...............................................................990 Forint<br />
Zweigängiges Mittagsmenü: ...............................990 Forint<br />
V. Zoltán u. 16<br />
(am Szabadság tér)<br />
Reservierung:<br />
+36 1 331 4352<br />
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Mittags traditionales Russisches Bistro:<br />
5.900 Ft (20 EUR) – 3-Gänge-Menü mit<br />
1 Glas (1dl) Wein, Mineralwasser und Kaffee!<br />
Jeden Tag von 12 bis 15 Uhr!<br />
1015 Budapest, Ostrom u. 19<br />
Jeden Tag geöffnet: 12-15 Uhr, 18-24 Uhr<br />
Tel.: (+36 1) 201 6737<br />
reservation@aranykaviar.hu<br />
...then call Rob on 06-30-552-0840<br />
or visit www.primecuts.hu<br />
www.aranykaviar.hu
14 B u d a p e s t<br />
<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
13. – 19. September 2013<br />
Kultur &<br />
Bildung<br />
Mein Budapest: Elisabeth Katalin Grabow<br />
Mit dem Rad durch die Stadt<br />
Goethe-Institut<br />
IX. Ráday utca 58<br />
Tel.: +36 1 374 4070, Leiterin: Jutta Gehrig<br />
E-Mail: info@budapest.goethe.org<br />
www.goethe.de/budapest<br />
Noch bis 30. September: Das Goethe Institut präsentiert die<br />
Ausstellung „Mein Grimm-Märchen“ zum landesweiten Illustrationswettbewerb<br />
für Kinder zwischen 6 und 12 Jahren.<br />
Österreichisches Kulturforum<br />
VI. Ben czúr utca 16,<br />
Tel.: +36 1 413 3590,<br />
E-Mail: budapest-kf@bmeia.gv.at,<br />
www.okfbudapest.hu,<br />
Leiterin: BACHFISCHER, Susanne Mag.Dr.iur<br />
18. September, 15 Uhr: Start der gemeinsamen Vortragsserie<br />
mit dem Budapest Holocaust Institut. Historiker<br />
Gergely Bodők spricht über den „Roten und weißen Terror in<br />
Ungarn“. Anmeldung unter holokausztintezet@gmail.com.<br />
Noch bis 25. September: Ausstellung „MOST – Der Moment<br />
der Wandlung“: Werke junger österreichischer und<br />
ungarischer Künstler und Kunststudenten zum Thema<br />
Wandel und Veränderung anlässlich des Kafka-Jahres<br />
Andrássy Universität<br />
VIII. Pollack Mihály tér 3<br />
Tel: +36 1 266 3101, -4408, +36 30 525 50 43<br />
Fax: +36 1 266 3099<br />
www.andrassyuni.hu<br />
Rektor: Prof. Dr. András Masát<br />
Konrad-Adenauer-Stiftung<br />
I. Batt hyány utca 49<br />
Tel: +36 1 487 5010<br />
E-Mail: info.budapest@kas.de,<br />
www.kas.de/ungarn<br />
Leiter: Frank Spengler<br />
19. September, 9:30 Uhr, Schloss Gödöllő: Roundtable<br />
zum Thema Nachhaltigkeit auf Kommunalebene am Beispiel<br />
der Landeshauptstadt Stuttgart in Kooperation mit dem<br />
Verband der Ungarischen Selbstverwaltungen<br />
2. Oktober, 14 Uhr, Ungarische Akademie der Wissenschaften<br />
MTA, Burgviertel (Országház utca 28):<br />
Symposium mit dem Ungarischen Rat für Nachhaltigkeit<br />
NFFT zum Thema Zukunft nachhaltig gestalten: Strategien<br />
und Erfahrungen aus Deutschland und Ungarn<br />
Haus der Ungarndeutschen<br />
VI. Lendvay u. 22<br />
www.hdu.hu<br />
International Womens’ Club<br />
www.iwcbudapest.hu<br />
Dieser Blick ist den beschwerlichen Marsch den Gellért Berg hinauf alle mal wert.<br />
Budapest ist immer ein Erlebnis – egal, ob<br />
man nur für ein Wochenende in der Stadt<br />
an der Donau ist oder man hier seinen Sommerurlaub<br />
verbringt. Doch wie steht es um<br />
Ausländer, die hier leben? Wie erleben sie<br />
die Stadt, und was ist das, was Budapest<br />
so lebenswert macht? Lesen Sie in diesem<br />
Teil die Empfehlungen und Tipps unserer<br />
Redakteurin.<br />
Egal, ob zu Fuß oder mit dem Rad, Budapest<br />
erkundet man am besten auf<br />
eigene Faust. Egal,<br />
ob mit einem Fahrrad aus<br />
einem der unzähligen Verleihstellen<br />
oder mit einem<br />
Stadtplan bewaffnet zu<br />
Fuß. Denn so hat man die<br />
Möglichkeit, diese wundervolle<br />
Stadt mit ihrem ganz<br />
eigenen Charme kennenzulernen.<br />
Am besten fährt<br />
es sich über die Szabadság<br />
híd und die Margit híd. Auf<br />
welcher Seite man die Tour beginnen will, ist<br />
dabei fast egal, zu sehen gibt es überall eine<br />
Menge entlang des Donauufers.<br />
Einfach mal entspannen<br />
Wem das Radeln nicht zusagt, oder wer<br />
einfach nur Pech mit dem Wetter hat, sollte<br />
nicht verzagen. Denn auch bei Regen ist Budapest<br />
ein Erlebnis. Da ist beispielsweise die<br />
Kunsthalle (Műcsarnok) auf dem Heldenplatz<br />
(Hősök tere). Die wechselnden Ausstellungen<br />
sind immer einen Besuch wert, wobei insbesondere<br />
die Mélycsarnok im Keller immer<br />
wieder mit echten Highlights aufwartet. Wer<br />
es etwas leichter mag, dem sei das Tranzit Art<br />
Café empfohlen. Im ehemaligen<br />
Busbahnhof im<br />
XI. Bezirk gibt es neben<br />
stets neuen Künstlern den<br />
ganzen Tag eine Vielzahl<br />
an Leckereien und eine<br />
heimelige Atmosphäre.<br />
Von dort ist es nur ein<br />
Katzensprung zum Kulturschiff<br />
A38. Konzerte,<br />
hochkarätige DJs und<br />
eine gute Küche sind die<br />
Zutaten für einen gelungenen Abend.<br />
Hat man doch Glück mit dem Wetter lohnt<br />
sich ein Ausflug auf die Margaretheninsel (Margit<br />
sziget). Bei gutem<br />
Wetter gibt es einfach keinen<br />
besseren Platz zum<br />
Entspannen. Die zahlreichen<br />
Getränkebuden und<br />
mobilen Brezelverkäufer<br />
sorgen dafür, dass auch<br />
im Freien niemand hungrig<br />
bleiben muss. Zwischen<br />
den verschiedensten<br />
Sportarten (Frisbee,<br />
Slackline, Capoeira, usw.)<br />
weiß man oft nicht, wo<br />
man zuerst hinsehen soll.<br />
Nach Einbruch der Dämmerung<br />
lohnt es sich, den<br />
Weg zum Ausgang der<br />
Insel zu suchen, denn der<br />
Eine Reise innerhalb Budapests.<br />
erst vor kurzem eingeweihte Musikbrunnen<br />
erstrahlt in allen Farben des Regenbogens. Einmal<br />
unterwegs geht es in Richtung Gellért Berg.<br />
Wer den beschwerlichen Weg aufwärts auf sich<br />
nimmt, wird auf dem Gipfel entlohnt: Wie ein<br />
Schmuckkästchen mit abertausend Diamanten<br />
blitzt und blinkt die Stadt im Dunkeln.<br />
Schlemmen nach Herzenslust<br />
Obwohl die verschiedenen Markthallen<br />
ebenfalls eine Sehenswürdigkeit an sich sind,<br />
lohnt es sich in Budapest, außer Haus zu essen.<br />
Rund um den Rákóczy tér gibt es eine<br />
Vielzahl an Pubs und Restaurants, die es zu<br />
probieren lohnt. In direkter Nachbarschaft<br />
sind das Suszterinas und das Csigakávézó.<br />
Während das Suszterinas mit Hausmannskost<br />
und acht Sorten gezapftem Bier lockt, ist<br />
das Csigakávézó eher etwas für ein Mittagessen<br />
mit Freunden. Das wechselnde Wochenmenü<br />
ist preiswert und lecker. Eine wahre Instanz<br />
ist die El Rapido Bar. Oben gibt es frisch<br />
zubereitete mexikanische Spezialitäten, im<br />
Keller eine urige Kneipe. Das Besondere am<br />
Keller ist: Fast alle Einrichtungsgegenstände<br />
werden zum Verkauf angeboten. Wer also<br />
ein wirklich einzigartiges Mitbringsel sucht,<br />
kann hier neben einem Getränk mit Sicherheit<br />
fündig werden.<br />
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13. – 19. September 2013<br />
<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
B u d a p e s t<br />
15<br />
Im Portrait: Tal Lev, Besitzer des Café Spinoza und des Restaurantführers Budapest Menu<br />
Wo die Liebe eben hinfällt<br />
Ganz ruhig sitzt er da mit seiner bunten Lesebrille, weißem T-shirt,<br />
Schlüsselbund an der Hose und einem Haufen vollgekritzelter Zettel<br />
mit hebräischen Buchstabensalat. Er trinkt ganz bescheiden<br />
sein Wasser und fragt ganz unbescheiden was er von seinem Leben<br />
erzählen soll „die kurze oder die lange Version? Mein Leben<br />
ist nämlich sehr interessant.“ Tal Lev ist der Besitzer des „Café Spinoza“:<br />
Einer, man kann mittlerweile sagen, <strong>Budapester</strong> Institution<br />
in der Dób utca im jüdischen Viertel. Außerdem gehört ihm noch<br />
das kubanische Restaurant „La Bodeguita del Medio“ im Fészek<br />
Művészklub und der Restaurantführer „Budapest Menu“.<br />
Als Kind zweier überlebender<br />
Juden des 2. Weltkriegs,<br />
der Vater Pole die Mutter Russin,<br />
wurde Tal Lev in Israel geboren<br />
und wuchs in seiner Heimatstadt<br />
Haifa auf. Nach dem Dienst in<br />
der Israelischen Armee zog es ihn<br />
zum Sudieren in die Hauptstadt<br />
nach Jerusalem. Als Student hätte<br />
er sich jedoch nicht bezeichnet,<br />
der Fokus lag weniger auf dem<br />
Lernen als eher im Nachtleben<br />
der pulsierenden Stadt: „Clubs,<br />
Pianobars, Tanzlokale - sie zogen<br />
mich eher an als der Hörsaal.“ Auf<br />
den ersten Kontakt mit erfolgreichen<br />
Gastronomiekonzepten folgte<br />
eine Ausbildung zum Fremdenführer.<br />
Ein begehrter Job, der in<br />
Israel streng limitiert ist, “und”,<br />
so Lev, „viel anspruchsvoller ist<br />
als hier“. Als Fremdenführer lernte<br />
er Menschen aus aller Welt kennen<br />
und folgte manchen sogar bis<br />
in ihr Heimatland. So verbrachte<br />
er einige Monate in den USA und<br />
begeisterte sich für mexikanische<br />
Küche. Beim Gründer der Restaurantkette<br />
„El Torito“ lernte er<br />
einen Monat und reiste danach<br />
durch das Land. Zurück in Jerusalem<br />
eröffnete er ein koscheres<br />
mexikanisches Restaurant – ein<br />
Bombenerfolg. Auch Ungarn lernte<br />
er als Fremdenführer kennen<br />
und kam 1989 zu einem folgenreichen<br />
ersten Besuch nach Budapest.<br />
Dort verliebte er sich in die<br />
Stadt aber vor allem in eine Frau.<br />
Sie folgte ihm nach Israel, die beiden<br />
wurden Eltern eines Sohnes<br />
und das Restaurant lief immer<br />
noch prächtig. Doch der Friede<br />
währte nicht ewig, 2001 häuften<br />
sich die Selbstmordattentate in<br />
Israel und die Touristen blieben<br />
aus – damit auch Kunden für das<br />
Restaurant. Ein Umstand gegen<br />
den man machtlos war und wie<br />
schon der Namensgeber seines<br />
Cafés, der jüdischen Schriftsteller<br />
Baruch Spinoza sagte: „Jedes<br />
Ding kann nur von einer äußeren<br />
Ursache zerstört werden.“<br />
Lächeln und Hummus<br />
für den Erfolg<br />
Mittlerweile getrennt von seiner<br />
ungarischen Freundin kehrte<br />
Tal Lev nach Budapest zurück,<br />
Das Bodeguita bringt kubanisches Flair ins jüdische Viertel.<br />
diesmal um zu bleiben.<br />
Vom Ehrgeiz getrieben<br />
erkannte er ein Problem<br />
beim Finden von<br />
guten Restaurants in<br />
der Stadt und gründete<br />
„Budapest Menu“, welches<br />
sich schnell zum<br />
beliebtesten Restaurantführer<br />
Budapests entwickelte, mittlerweile<br />
existiert auch eine Ausgabe<br />
Tal Lev verliebte sich in die Stadt und ist mittlerweile nicht mehr wegzudenken aus ihr.<br />
für Prag. Als Betreiber von „Budapest<br />
Menu“ hatte er schnell mit<br />
den besten Gastronomen der Stadt<br />
zu tun, so war es kein Zufall dass<br />
ihm als Israeli das damals schlecht<br />
laufende Spinoza angeboten wurde.<br />
Er veränderte das Konzept<br />
mit den für ihn geltenden Grundzutaten<br />
eines guten Restaurants:<br />
„im Grunde sind es Kleinigkeiten<br />
wie ein gutes Menü, die richtige<br />
Lautstärke der Musik und ein<br />
guter Service – immer mit einem<br />
Lächeln.“ Das Spinoza läuft mittlerweile<br />
richtig gut. Das liegt wohl<br />
einerseits an dem vielfältigen kulturellen<br />
Angebot wie den Klezmer<br />
Konzerten am Freitag, dem Live<br />
Das Spinoza ist ein wahres Kulturinstitut in Budapest.<br />
Piano und den Theateraufführungen,<br />
andererseits, so betont Tal<br />
Lev an dem Ideal, dass „der Gast<br />
immer mehr bekommt als er sich<br />
erwartet und wofür er bezahlt.“ Zu<br />
essen gibt es neben ungarischen<br />
Klassikern, seine mediterranen<br />
und jüdischen Lieblingsgerichte<br />
wie Hummus, gebackene Auberginen<br />
oder Antipasti.<br />
Schluss ist<br />
noch lange nicht<br />
Tal Lev selbst ist kein streng<br />
praktizierender Jude, er feiert zwar<br />
die traditionellen Feste wie aktuell<br />
den Jom Kippur, aber achtet nicht<br />
den Sabbat und lebt auch nicht<br />
koscher. Das Spinoza an sich ist<br />
zwar auch kein koscheres Restaurant<br />
aber man kann<br />
es als „koscher-style“<br />
Restaurant bezeichnen,<br />
so findet man<br />
z.B. auf der Speisekarte<br />
kein Schweinefleisch,<br />
jedoch gibt es<br />
keine Trennung von<br />
Fleisch und Milchprodukten.<br />
Sein anderes Restaurant,<br />
das „La<br />
Bodeguita del Medio“<br />
hat sich der<br />
kubanischen Küche<br />
verschrieben, mit<br />
seinem wunderschönen<br />
Gastgarten soll<br />
es dem Gast ebenfalls mehr bieten<br />
als er erwartet, auch hier gibt<br />
es jeden Abend Livemusik.<br />
Tal Lev ist aktuell wieder sehr<br />
glücklich, denn neben den gut<br />
laufenden Geschäften hat er vor<br />
einigen Tagen mit seiner neuen<br />
ungarischen Freundin Nachwuchs<br />
bekommen, es ist wieder<br />
ein Sohn. Doch zufrieden ist er<br />
trotzdem nicht: „Ich habe viel vor,<br />
es ist noch lange nicht Schluss.“<br />
So hat er sich das sehr ehrgeizige<br />
Ziel gesetzt das „La Bodeguita del<br />
Medio“ zum beliebtesten Lokal in<br />
ganz Europa zu machen und auch<br />
im Spinoza ist noch Luft nach<br />
oben: „eines Tages soll das Lokal<br />
voll sein – von 8:00 bis 24:00 Uhr.“<br />
Außerdem plant Tal Lev ein<br />
Hotel zu eröffnen „Ein kleines am<br />
besten damit ich den Kontakt mit<br />
Kunden und Personal aufrechterhalten<br />
kann.“<br />
Der Kontakt mit Gästen und<br />
Mitarbeitern ist ihm tatsächlich<br />
sehr wichtig, so ist er jeden Tag<br />
in seinen Lokalen im jüdischen<br />
Viertel unterwegs. Die Gegend<br />
gefällt ihm immer noch am besten<br />
in der Stadt. Ein Stück Geschichte<br />
und Kultur, die in den<br />
deutschen Städten leider nicht<br />
mehr zu finden ist. Er erzählt von<br />
seiner Freundin, die immer sagt:<br />
„Wir sind sehr glücklich die Juden<br />
hier zu haben, denn sie haben die<br />
Stadt mitaufgebaut.“ Ein Satz,<br />
der sicherlich auch auf Tal Lev zutrifft,<br />
auch wenn er als Jude nicht<br />
so ganz koscher ist.<br />
▶ ▶Philipp Faßbender
16 P a n o r a m a<br />
<strong>Budapester</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
13. – 19. September 2013<br />
Kompakt<br />
Betrug an Corvinus-Universität:<br />
Gekaufte Fremdsprachenexamen<br />
Die <strong>Budapester</strong> Staatsanwaltschaft<br />
leitete vergangene Woche gegen 18<br />
Mitarbeiter und Studenten der Corvinus-Universität<br />
Ermittlungen wegen<br />
des Verdachts auf Betrug, Vorteilsnahme<br />
und Bestechung bzw. Bestechlich<br />
keit ein. Mehreren Mitarbeitern des<br />
Sprachinstituts an der Lebensmittelwissen<br />
schaftlichen Fakultät wird vorgeworfen,<br />
seit 2010 Sprachzertifikate für<br />
300.000 Forint verkauft zu haben.<br />
Schulpolitik: Kardinal Erdő<br />
kritisiert Regierung<br />
Kardinal Peter Erdö hat die rechtliche<br />
Unsicherheit des Religions unterrichts<br />
an öffentlichen Schulen beklagt.<br />
Auch zum neuen Schuljahr seien weder<br />
die Bezahlung der Religionslehrer<br />
noch die Kostenübernahme für schulische<br />
Religionsbücher staatlich geregelt<br />
worden, sagte Erdö gegenüber<br />
Kathpress und der KNA am Don nerstag<br />
zum Abschluss der Herbstvollversamm<br />
lung der Bischöfe in Budapest.<br />
Fußballrandale: Ungarische<br />
„Fans“ in Bukarest<br />
Bereits vor dem WM-Qualifikationsspiel<br />
Rumänien-Ungarn randalierten<br />
ungarische „Fans“ im Zug, am Hauptbahn<br />
hof und in der Innenstadt, es kam<br />
zu Schlägereien und Sachbeschä digungen.<br />
Dabei wurden ultranationalistische<br />
Fahnen geschwenkt und entsprechende<br />
Sprechchöre angestimmt.<br />
Mehr als 100 Festnahmen, 2 verletzte<br />
Polizisten und 16 Stadionverbote waren<br />
das eine, eine 0:3-Niederlage das<br />
andere Ergebnis.<br />
Damen-Basketball: Team<br />
der Uni Györ verunglückt<br />
Der Mannschaftsbus des ungarischen<br />
Damen-Basketballteams von<br />
Uni Györ ist auf dem Weg zu einen<br />
Testspiel in Sopron verunglückt. Laut<br />
dem europäischen Verband FIBE prallte<br />
der Bus mit einem anderen Wagen<br />
zusammen. Trainer Ákos Fűzy und<br />
Manager Péter Tapodi kamen ums<br />
Leben, der Spielerin Natasa Kova cevic<br />
mussten die Beine amputiert werden.<br />
NEUES VOM<br />
Franz-Liszt-Flughafen<br />
Auszeichnung: SkyCourt erhält<br />
Ungarischen Produkt-Großpreis<br />
Vergangene Woche wurde die<br />
Stahlkonstruktion des im Terminal<br />
2 gelegenen Kon fe renz zentrums<br />
als ungarisches Erzeugnis ausgezeichnet.<br />
Das im Kecskeméter<br />
Werk des Baukonzerns KÉSZ<br />
entstandene Konstrukt sei in der<br />
mitteleuropäischen Region einzigartig,<br />
da noch bei keinem vergleichbaren<br />
Projekt zuvor von der<br />
Planung bis zum Bau ein und<br />
dasselbe Team am Werk war.<br />
Auch wurde zuvor noch kein<br />
Gebäude mit dem Ungarisches<br />
Produkt-Großpreis geehrt.<br />
Egon Schiele: Finissage mit Tanz<br />
Tan z auf dem Vulkan<br />
Gloria Benedikt und Krisztián Gergye zeigen Schiele einmal ganz anders.<br />
Doch was passiert, wenn die heutige Generation<br />
mit Egon Schieles Arbeit konfrontiert<br />
wird? Ein Versuch mit modernem<br />
Tanz.<br />
Hierfür haben sich zwei junge Künstler<br />
zusammen getan, deren Hintergründe kaum<br />
unterschiedlicher sein könnten. Die beiden<br />
begeben sich auf eine tänzerische Reise, um<br />
die Arbeiten Schieles körperlich zu erfahren<br />
und so das Denken der damaligen künstlerischen<br />
Epoche aufzunehmen: Die Gesellschaft<br />
im Angesicht der drohenden kulturellen und<br />
wirtschaftlichen Umbrüche des frühen 20.<br />
Jahrhunderts.<br />
Wirtschaftsjunioren Ungarn<br />
Sonniger Saisonauftakt<br />
So Abequem können Grillpartys beim WJU sein.<br />
uch in diesem Jahr feierten<br />
die Wirtschaftsjunioren<br />
(WJU) ein „Welcome back“ Sommerfest<br />
zusammen mit ihren Familienangehörigen<br />
und Kindern.<br />
Gefeiert wurde im Marriott Hotel<br />
Budapest, welches auf der Terrasse<br />
bei sommerlichen Temperaturen<br />
feinste Speisen und Getränke<br />
anbot. Auch an die Kinder<br />
wurde gedacht, so gab es einen<br />
Spielraum mit Kinderbetreuung.<br />
Eine besondere Überraschung<br />
Zwei Lebenswege<br />
-eine Leidenschaft<br />
war dabei der Auftritt des Zauberers<br />
Rudi, der mit seinen Tricks<br />
ungläubiges Staunen nicht nur<br />
auf die Gesichter der Kinder<br />
zauberte. Vorstandsprecher Nils<br />
Blunck begrüßte zusammen mit<br />
dem gesamten Vorstand der<br />
Wirtschaftsjunioren (Barnabás<br />
Csereklye, Paul Binder, Margit<br />
Kafka und Achim Weinstock)<br />
rund 50 Gäste.<br />
Die WJU planen für die kommenden<br />
Wochen und Monate eine<br />
Ohne Zweifel war Egon<br />
Leo Adolf Ludwig<br />
Schiele (1890 – 1918)<br />
einer der bedeutendsten<br />
österreichischen<br />
Vertreter des<br />
Expressionismus.<br />
Vielzahl von Aktivitäten,<br />
die sich nicht nur<br />
an die Mitglieder der<br />
WJU sondern auch an<br />
weitere Interessierte<br />
wenden und würden<br />
sich über zahlreichen<br />
Besuch ihrer Veranstaltungen<br />
sehr freuen.<br />
Zu den nächsten Veranstaltungen<br />
zählen unter<br />
anderem ein Besuch<br />
im VAM Design Terminal, auch<br />
warten das traditionelle Martinsgans-Essen<br />
und ein Firmenbesuch<br />
bei einem großen deutschen Unternehmen.<br />
Abschluss und einer der<br />
Höhepunkte des Jahres wird die<br />
Einer der Tänzer ist die Österreicherin Gloria<br />
Benedikt. Die Grazerin nahm schon sehr<br />
früh Tanzunterricht an der Wiener Staatsoper<br />
und an der English National Ballet School<br />
in London. Neben Auftritten in den USA,<br />
Deutschland und den Niederlanden studierte<br />
sie außerdem „Government“ an der Harvard<br />
University.<br />
Der Choreograph Thom Stuart wählte sie<br />
vergangenes Jahr aus, um in dem von der niederländischen<br />
Regierung geförderten Tanzfilm<br />
„Egon“ mitzuspielen. Das Engagement<br />
bei dem biografischen Stück um den österreichischen<br />
Künstler führte Gloria wieder ein<br />
Stück weit zurück zu ihren heimatlichen Wurzeln<br />
und weckte in ihr eine neue Passion für<br />
den Expressionisten.<br />
Einen weniger institutionalisierten Weg zum<br />
Tanz beschritt der Ungar Krisztián Gergye. Er<br />
erlernte zunächst alte indonesische Tänze in<br />
Budapest und Java. Mit einem unglaublichen<br />
Können mixt er dabei traditionelle und moderne<br />
Tanzschritte. Was dabei herauskommt ist<br />
ein ganz eigener Stil, der seine Choreographien<br />
so einzigartig macht. Seine Performances<br />
erforschen die Grenzen der unterschiedlichsten<br />
Kunstgattungen und sind gekennzeichnet<br />
durch das Zusammenspiel von Musik, Visualität<br />
und körperlicher Präsenz – und das alles<br />
ohne die Gefahr der Beliebigkeit. Dazu spielt<br />
und leitet er regelmäßig verschiedenste moderne<br />
Tanz- und Opernaufführungen, war bei<br />
fast allen etablierten ungarischen Tanzgruppen<br />
Gasttänzer und trat in den großen zeitgenössischen<br />
Theater- und Tanzstätten Ungarns<br />
auf. Auch erhielt er mehrere Preise für seine<br />
Choreographien und Performances und tourte<br />
durch europäische Metropolen von Portugal<br />
bis Polen.<br />
Momente<br />
der Klarheit<br />
Fast hundert Jahre nach der Entstehung<br />
der Werke Egon Schieles versuchen die zwei<br />
jungen Künstler nun, Schieles Kunst auf die<br />
Spur zu kommen. Den Moment spüren – den<br />
Augenblick der Menschlichkeit. Auf Momente<br />
der Perfektion folgt vollkommene Dissonanz<br />
gepaart mit ruhigen Zwischenelementen.<br />
Untermalt wird das Ganze durch die Neue<br />
Musik des Russlanddeutschen Komponisten<br />
Alfred Schnittke. Die starken Kontraste könnten<br />
durchaus als störend empfunden werden<br />
- oder einfach als das, was Egon Schiele uns<br />
durch seine Kunst vermitteln will – nämlich,<br />
dass Momente so einzigartig und sprunghaft<br />
sind, wie das Empfinden unserer Seele. Allerdings<br />
liegt auch immer die Ahnung einer nahenden<br />
Katastrophe in den Bewegungen, die<br />
auch Schiele in seinen Figuren festhielt. Und<br />
was könnte aktueller sein als das?<br />
▶▶Franziska Döring<br />
Egon Schiele Finissage mit Tanz<br />
Museum der Schönen Künste<br />
XIV. Dózsa György út 41<br />
28. September, Beginn: 18.30 Uhr<br />
Weihnachtsfeier am 14. Dezember<br />
sein, die diesmal gemeinsam mit<br />
dem Deutschen Wirtschaftsclub<br />
ausgerichtet wird. Weitere Informationen<br />
finden alle Interessierten<br />
auf der Homepage: www.wu-net.