Kirche aM Ort - Augustinerkirche
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Gott zeigt sich i n vielen Bildern<br />
Der emeritierte Wiener Weihbischof Helmut<br />
Krätzl setzt sich in seinem neuesten Buch<br />
„und suchen dein Angesicht“ mit den<br />
Gottesbildern auseinander, von denen<br />
uns die Bibel erzählt, die uns die <strong>Kirche</strong><br />
vermittelt hat und mit jenen, die unser<br />
Leben prägten.<br />
Kann man sich und soll man sich überhaupt<br />
ein Bild von Gott machen? Ein solches<br />
Gottesbild kann ja nur nach menschlichen<br />
Maßstäben entstehen und daher ein sehr<br />
persönliches sein.<br />
Weihbischof DDr. Helmut Krätzl: Es gibt<br />
so viele Gottesbilder, wie es Menschen<br />
gibt, da sich jeder ein Bild nach seinen<br />
Vorstellungen macht. Dieses Bild kann<br />
nur sehr begrenzt sein, da Gott nach<br />
menschlichen Begriffen nicht<br />
fassbar ist. Die Beziehung<br />
je des Menschen zu Gott<br />
hängt natürlich von der<br />
persönlichen Einstellung<br />
oder dem vermittelten<br />
Gottesbild ab. Die Bibel<br />
erzählt von einer Fülle<br />
von Gottes bildern, die die<br />
Beziehung des Men schen<br />
zu Gott be stimmt ha ben.<br />
Diese Bilder wurden oder<br />
werden auch noch<br />
nicht richtig inter<br />
pretiert, weil<br />
die Bibel nicht<br />
richtig ge lesen<br />
wird.<br />
Die Inter pretation<br />
des bib <br />
lischen Got tesbildes<br />
geschieht meist durch die <strong>Kirche</strong>,<br />
und von dieser wurde doch sehr oft nur der<br />
strafende Gott verkündet.<br />
WB Krätzl: Sicherlich wird das Gottesbild des<br />
Menschen wesentlich durch die kirchliche<br />
Verkündigung geprägt. Das Bild von Gott<br />
wurde sehr oft instrumentalisiert, auch in<br />
der Erziehung als Angst machend eingesetzt.<br />
Sehr viele Menschen sind daher mit einem<br />
verzerrten Gottesbild aufgewachsen.<br />
Im Vordergrund standen viel zu sehr<br />
die verstörenden Gottesbilder, die von<br />
historischen Ereignissen geprägt sind und in<br />
einer sehr bildhaften Sprache vom Eingreifen<br />
Gottes und seiner Macht erzählen sollen.<br />
Über die berührenden Gottesbilder wurde<br />
dagegen wenig gesprochen. In meinem<br />
Buch gehe ich aber auch auf jene<br />
Bibeltexte ein, wo von einem<br />
zärtlichen Gott gesprochen<br />
wird. Noch weit vor jeder<br />
feministischen Theo logie<br />
wird Gott hier wie eine<br />
Mutter geschildert. Da<br />
gibt es wunderbare Bilder,<br />
die davon erzählen, dass<br />
Gott verliebt ist in den<br />
Men schen.<br />
Durch die neuen Er kennt nis se<br />
im Be reich der Nat urwissenschaft<br />
hat sich auch unser<br />
Weltbild verändert.<br />
Wir haben<br />
heute vielfach<br />
einen neuen,<br />
einen anderen<br />
Zu gang zur<br />
Schöpfung.<br />
Än dert sich<br />
nicht dadurch auch das Bild vom allmächtigen<br />
Gott?<br />
WB Krätzl: Es ist wichtig, dass jede<br />
Wissenschaft bei ihrem Metier bleibt. Die<br />
Naturwissenschaft soll keine theologischen<br />
Aussagen machen und die Theologie keine<br />
naturwissenschaftlichen Darlegungen<br />
versuchen. Wenn gesagt wird, mit dem<br />
Urknall sei die ganze Entstehung der Welt<br />
erklärt, dann stellt sich für mich die Frage:<br />
Was war vor dem Urknall? Ein Vakuum - wird<br />
neuerdings behauptet. - Und woher kommt<br />
das? Es fällt schwer, zu glauben, dass sich<br />
daraus mit derartiger Planmäßigkeit und<br />
innerer Gesetzmäßigkeit das Universum<br />
entwickelt hat. Wie der Anfang gekommen<br />
ist, kann niemand sagen. Dies Gott zu<br />
benennen, dazu zwinge ich niemanden -<br />
aber wenn ich dies tue, dann soll man mir<br />
nicht vorwerfen, ich liege damit falsch. Gott<br />
hat die Schöpfung in Freiheit gesetzt. Sie<br />
entwickelt sich immer weiter, und der Mensch<br />
ist aufgerufen, an dieser Weiterentwicklung<br />
der Schöpfung mitzuarbeiten.<br />
Heute gibt es wieder<br />
Tendenzen, Ka tas <br />
trophen oder Unglücksfälle,<br />
die aus<br />
Unvermögen des<br />
Menschen oder infolge<br />
Raubbaus an<br />
der Natur eintreten,<br />
als Strafe Gottes<br />
darzustellen. Will<br />
man die Menschen<br />
wieder durch Angst<br />
auf den Weg zu<br />
Gott führen?<br />
WB Krätzl: Es gibt leider solche Aussagen.<br />
Man beruft sich darauf, dass nach dem<br />
Zweiten Va ti kanum nur mehr vom „ach<br />
so lieben Gott“ gesprochen wurde. Dem<br />
Menschen wäre dadurch die Verantwortung<br />
für sein Tun abhandengekommen. Gott<br />
sei so gütig und gnädig, dass wir alles<br />
machen können, und er schaue bei allem<br />
zu. Außerdem werde über Sünde und über<br />
die Hölle auch nicht mehr geredet. Es ist<br />
aber ein Unsinn, zu glauben, wer vor Gott<br />
Angst hat, der schreckt vor dem Bösen<br />
zurück. Ganz sicher ist der liebende Gott<br />
kein beliebiger Gott, sondern ein Gott,<br />
der für mich das Beste will. Ein Mensch<br />
ändert sich meist nur aus Liebe zu einem<br />
anderen. das ist auch in der Beziehung<br />
zwischen Menschen so. Liebe weckt Kräfte<br />
zur Veränderung. Durch Angstmachen<br />
kann man dies kaum erreichen. Wer die<br />
Allmacht Gottes verspürt, wird sich seiner<br />
Sünde bewusst. nicht aus Angst, sondern<br />
angesichts der Heiligkeit Gottes.<br />
Welches ist für Sie das schönste Gottesbild?<br />
WB Krätzl: Es heißt: Du sollst dir<br />
kein Bild von Gott machen, denn<br />
das einzige Bild von Gott ist der<br />
Mensch - als Abbild Gottes.<br />
Das Interview führte<br />
Ingeborg Schödl<br />
Aus: „miteinander - Welt und<br />
geistliche Berufung“ 12/2010<br />
Helmut Krätzl, …und suchen dein<br />
Angesicht. Gottesbilder - <strong>Kirche</strong>nbilder,<br />
192 Seiten, EUR 23,50 - erhältlich bei<br />
HERDER - Zach-Buch GmbH, 1010 Wien,<br />
Wollzeile 33, www.herder.at<br />
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