Privatisierung der Verwaltungsvollstreckung - kassenverwalter.de
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<strong>Privatisierung</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Verwaltungsvollstreckung</strong><br />
Grenzen und Möglichkeiten<br />
Fachverband <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommunal<strong>kassenverwalter</strong> e. V.<br />
Bun<strong>de</strong>sarbeitstagung 2005<br />
02.06.2005, Kassel<br />
Referentin: Rechtsanwältin Bettina Ruhland<br />
avocado rechtsanwälte<br />
Spichernstr. 75-77<br />
50672 Köln<br />
Tel 02 21/39 07- 161<br />
Fax 02 21/39071-149<br />
E-Mail koeln@avocado-law.com<br />
www.avocado-law.com<br />
1
I. Vollstreckung von Geldfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />
For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsebene<br />
ör Geldfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />
(z. B. Steuern, Gebühren,<br />
Beiträge)<br />
Vollstreckungsebene<br />
pr Geldfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />
(regelmäßig bei ör Einrichtung in<br />
Privatrechtsform)<br />
<strong>Verwaltungsvollstreckung</strong><br />
Privileg <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbsttitulierung<br />
z. B. §§ 1 I, 2, 29 I, III Saarl VwVG<br />
§§ 1, 4, 19 RhPf VwVG<br />
Beitreiben von Geldfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen =<br />
auf kommunaler Ebene: Aufgabe <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
„Kassen“<br />
Grundsatz <strong><strong>de</strong>r</strong> Eigenvollstreckung<br />
grds. . ZPO-Vollstreckung<br />
Ausn.: Son<strong><strong>de</strong>r</strong>vollstreckung<br />
z. B. §§ 1 II Nr. 1, 74 Saarl VwVG i. V. m. VO<br />
§ 71 RhPf VwVG i. V. m. VO<br />
Kommunen können best. pr Geldfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />
selbst vollstrecken<br />
2
II. <strong>Privatisierung</strong>soptionen<br />
Organisationsprivatisierung<br />
Funktionale<br />
<strong>Privatisierung</strong><br />
Aufgabenprivatisierung<br />
Han<strong>de</strong>ln durch<br />
privatrechtsförmige<br />
zurechenbare<br />
Gesellschaft:<br />
Eigengesellschaft<br />
Gemischtwirtschaftliches<br />
Unternehmen<br />
Beleihung:<br />
Ör Han<strong>de</strong>ln<br />
durch einen<br />
echten<br />
Privaten als<br />
Teil <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Staatsverwaltung<br />
Verwaltungshelfer<br />
(echter Privater)<br />
nimmt vorbereiten<strong>de</strong><br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> durchführen<strong>de</strong><br />
Beiträge wahr<br />
immer funktional auf<br />
eine Staatsaufgabe<br />
gerichtet<br />
Vollständige<br />
Aufgabenübertragung<br />
auf<br />
Privaten, d.h. echte<br />
private<br />
Aufgabenerfüllung<br />
(Staat hat sich<br />
komplett aus <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Aufgabe<br />
zurückgezogen)<br />
3
III. <strong>Privatisierung</strong>smöglichkeiten<br />
glichkeiten<br />
1. Aufgabenprivatisierung (-) > unvertretbare Staatsaufgabe<br />
2. Mögliche Formen<br />
Organisations-<br />
privatisierung<br />
(z. B. kommunale Vollstreckungs-<br />
GmbH)<br />
Eigenständige jur.<br />
Person d. Privatrechts<br />
Beleihung<br />
Eigenständige Person<br />
verselbst. Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> Staatsverwaltung<br />
Funktionale <strong>Privatisierung</strong><br />
Privater han<strong>de</strong>lt pr für<br />
Gemein<strong>de</strong><br />
Abtretung <strong><strong>de</strong>r</strong> For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich (auf<br />
For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsebene)<br />
Zuweisung <strong><strong>de</strong>r</strong> For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung per<br />
Gesetz<br />
Abtretung <strong><strong>de</strong>r</strong> For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung (auf<br />
For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsebene)<br />
(prominentestes Bsp.: Abschleppunternehmer,<br />
wenn zugleich<br />
Kostenfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung abgetreten)<br />
4
IV. Beleihung<br />
1. Einfachgesetzlich<br />
Gesetzliche Zuweisung <strong><strong>de</strong>r</strong> For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
Art und Umfang <strong><strong>de</strong>r</strong> Befugnisse durch Gesetz (sog. Institutioneller Gesetzesvorbehalt)<br />
<br />
Gesetz bislang nicht ergangen<br />
2. Verfassungsrechtlich<br />
<br />
Gewaltmonopol (Art. 20 III, Art. 28 I GG > Rechtsstaatsprinzip)<br />
> ausn.: Zulassung privater Gewalt durch „Gewaltgestattung“<br />
> Beliehene: profitiert von“Gewaltübertragung“<br />
(als Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> Staatsorganisation im Rahmen gesetzl. Regelung)<br />
<br />
Wirtschaftschaftlichkeitsprinzip (Art. 114 II 1 GG):<br />
<strong>Privatisierung</strong>sgrenze?<br />
> Einsatz finanzieller Mittel zu öffentlichen Zwecken:<br />
Kosten-/Nutzen-Vergleich<br />
> beim Beliehenen wohl in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel nicht ungünstiger<br />
(gleichermaßen effizient/schnell, d. h. keine Zeitverzögerung, keine Zeitverzögerung, keine<br />
Zusatzkosten; zugleich effektive Strukturen, mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ne Ausstattung)<br />
5
Funktionsvorbehalt (Art. 33 IV GG)<br />
<br />
<br />
Beamtenvorrang bei Ausübung „hoheitlicher Befugnisse“<br />
(Sicherung Neutralität, Zuverlässigkeit, effektive Kontrollierbarkeit, wesensmäßige<br />
Gemeinwohlorientiertheit)<br />
Anwendungsbereich str.: zumin<strong>de</strong>st Erfüllung von Staatsaufgaben<br />
Beleihung: Modalität in personeller Hinsicht<br />
nur ausnahmsweise statthaft!<br />
Sachlicher Grund<br />
Bedürfnis nach rationeller/<br />
kostengünstiger Leistungserbringung <br />
Staatsentlastung, zugleich: effektive<br />
Struktur, keine haushaltspersonalrechtlichen<br />
Bindungen, mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ne<br />
Ausstattung (Sachbezug)<br />
Rechtfertigungsprüfung<br />
fung<br />
(nicht rein quantitativ)<br />
Schwergewicht: Beamte müssen Aufgabe<br />
weiter prägen (Kriterien: Wichtigkeit<br />
VwV nicht ausreichend)<br />
Bezugsrahmen: Aufgabenfeld (komm.<br />
For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsmanagement)<br />
gesamte Vollstreckung (-), sachbezogenkonkrete<br />
Vollstreckung (+)<br />
6
V. Organisationsprivatisierung / Funktionale <strong>Privatisierung</strong><br />
1. Einfachgesetzlich<br />
(keine gesetzliche Ermächtigung erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich, Vorbehalt <strong>de</strong>s Gesetzes (-), durch Abtretung<br />
allein Gläubigerwechsel)<br />
Möglichkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Abtretung?<br />
2. Verfassungsrechtlich<br />
<br />
Gewaltmonopol: (-)<br />
kein Gewaltmitteleinsatz durch private Unternehmen/Verwaltungshelfer<br />
ZPO-Vollstreckung<br />
<br />
Wirtschaftlichkeitsprinzip: greift auch hier (Zurechnung zum Staat)<br />
<strong>Privatisierung</strong>sgrenze?<br />
hier problematisch!<br />
kein Einsatz ör Befugnisse, d.h. ZPO-Vollstreckung Zeitverzögerung und<br />
Gesamtkosten höher<br />
zu<strong>de</strong>m: wenn schon Eigenvollstreckung ggü. ZPO-Vollstreckung günstiger, dann erst<br />
Recht ggü. Einsatz Privater (Gewinnerzielung?)<br />
7
Funktionsvorbehalt (Art.33 IV GG)<br />
Funktionaler <strong>Privatisierung</strong><br />
(-), kein Erfüllen einer Staatsaufgabe<br />
Tätigkeit bezieht sich allein funktional<br />
auf Staatsaufgabe, Verwaltungshelfer<br />
erfüllt nicht selbst eine Staatsaufgabe<br />
gesellschaftlicher Bereich<br />
Organisationsprivatisierung<br />
(str.) BVerwG: sämtliche Tätigkeiten in<br />
unmittelbarer Erfüllung eines öffentlichen<br />
Zwecks (unabhängig von Rechtsform,<br />
Gehalt + Be<strong>de</strong>utung <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufgabe<br />
entschei<strong>de</strong>nd)<br />
Sachl. Grund/Rechtfertigung<br />
schwieriger<br />
oftmals kostenintensiver/ggf. aber<br />
effektivere Aufgabenerfüllung?<br />
8
Abtretung Öffentlicher Geldfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />
(Einfachgesetzliche Grenze)<br />
Keine gesetzliche Regelung (§ 46 AO, § 53 SGB I-)<br />
§§ 398 ff. BGB analog?<br />
Herkömmliche ör Geldfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen abtretbar (H.M.)<br />
(Ausn.: For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung untrennbar mit staatl. Straf-/Gewaltmonopol verbun<strong>de</strong>n, z.B.<br />
Geldstrafen)<br />
( keine unzulässige Hoheitsrechtsübertragung)<br />
ör Abtretungsvoraussetzungen<br />
(BVerwG, NJW 1993, 1610; BFH, WM 1973, 1006; VG Ddorf, NJW 1981, 1283)<br />
„Wesen“ ör For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen muss berücksichtigt wer<strong>de</strong>n, d.h. Abtretung muss mit<br />
Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten d. Öff. Rechts vereinbar sein<br />
insbes. Verfahrens-/Zuständigkeitsordnung sowie Schutz öffentlicher/privater<br />
(Schuldner-) Interessen müssen gewahrt bleiben<br />
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2 Fallgruppen<br />
Abtretung vor Entstehung <strong><strong>de</strong>r</strong> For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung unzulässig<br />
(P) Ermessen/unbest. Rechtsbegriff<br />
Ausübung hoheitl. Befugnisse<br />
(nicht übertragbar, da sonst Bruch staatl.<br />
Zuständigkeitsordnung; vgl. BayObLG, BayVBl. 2002,<br />
502)<br />
(P) Rechtsschutz<strong>de</strong>fizit<br />
Kein angreifbarer Leistungsbescheid<br />
Kein Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spruch, AnfKl.<br />
(VGDdorf, a.a.O.: globale Vorwegabtretung<br />
unzulässig)<br />
Abtretung nach Entstehen <strong><strong>de</strong>r</strong> For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung zulässig<br />
Festsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung durch VA<br />
(vgl. BayObLG, BayVBl. 2002, 502)<br />
Rechtsschutz: Bürger darf nicht schlechter<br />
gestellt wer<strong>de</strong>n<br />
Art. 19 IV GG: nur möglich, wenn Außenwirkung<br />
ggü. <strong>de</strong>m Bürger<br />
Vorteil: For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung zweifelsfrei bestimmbar<br />
(Öffentliches Interesse: Liquiditätssteuerung/<br />
Schonung eigener Ressourcen)<br />
(Datenschutz:§ 16 BDSG schließt Abtretung<br />
nicht aus)<br />
Durchsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung:<br />
ZPO-Vollstreckung<br />
(Leistungsbescheid, aber § 727 ZPO (-); (P)<br />
Rechtsschutzbedürfnis)<br />
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Fazit<br />
Beleihung: (+), wenn sachbezogen-konkret, gesetzl. Grundlage erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich<br />
Funktionale <strong>Privatisierung</strong>/Organisationsprivatisierung:<br />
nur eingeschränkt praxistauglich<br />
• (P): Wirtschaftlichkeitsprinzip (ZPO-Vollstr.)<br />
• (P): erst nach Festsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
• (P): bei Org.Priv. : Art. 33 IV GG (schwierig!)<br />
[Abschaffung <strong>Verwaltungsvollstreckung</strong>: Frage politische Zweckmäßigkeit; zu<strong>de</strong>m:<br />
Gewaltenteilung/Art. 28 II GG/ Systematik]<br />
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