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Großschadenslage (GSL) und die Praxis der Triage - Zollernalb ...

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Großschadenslage (<strong>GSL</strong>) <strong>und</strong><br />

<strong>die</strong> <strong>Praxis</strong> <strong>der</strong> <strong>Triage</strong><br />

Dr. A. Wehrle<br />

Zentralanästhesie <strong>Zollernalb</strong><br />

Klinikum gGmbH


Nikolai Iwanowitsch Pirogow<br />

(1810-1881)<br />

• „Durch eine gute Organisation werden<br />

mehr Leben gerettet als mit dem<br />

Skalpell“.<br />

© 2006 2


Notfallrettung<br />

• Organisierte Hilfe, <strong>die</strong> in ärztlicher Verantwortlichkeit<br />

erfolgt <strong>und</strong> <strong>die</strong> Aufgabe hat, bei Notfallpatienten am<br />

Notfallort lebensrettende Maßnahmen o<strong>der</strong><br />

Maßnahmen zur Verhin<strong>der</strong>ung schwerer<br />

ges<strong>und</strong>heitlicher Schäden durchzuführen, ggf. ihre<br />

Transportfähigkeit herzustellen <strong>und</strong> <strong>die</strong>se Personen<br />

unter Aufrechterhaltung <strong>der</strong> Transportfähigkeit <strong>und</strong><br />

Vermeidung weiterer Schäden in eine weiterführende<br />

medizinische Versorgungseinrichtung zu beför<strong>der</strong>n.<br />

• Individuelle, den Erfor<strong>der</strong>nissen angepasste<br />

Maximalversorgung.<br />

© 2006 3


Massenanfall von Verletzten<br />

(MANV) <strong>und</strong> Katastrophe<br />

• Gemeinsames Kennzeichen <strong>der</strong> Katastrophensituation<br />

<strong>und</strong> des Massenanfalls Verletzter <strong>und</strong> Erkrankter ist<br />

<strong>die</strong> Tatsache, dass in unterschiedlicher Ausprägung<br />

eine große Anzahl Verletzter o<strong>der</strong> Erkrankter durch<br />

eine ungenügende Anzahl qualifizierter Helfer mit<br />

unzureichen<strong>der</strong> Ausrüstung versorgt werden muss.<br />

• In <strong>die</strong>ser Situation übersteigt das<br />

Patientenaufkommen in <strong>der</strong> Regel temporär klar <strong>die</strong><br />

Behandlungskapazitäten, sodass noch keine<br />

individualmedizinische Patientenversorgung möglich<br />

ist.<br />

© 2006 4


MANV<br />

© 2006 5


MANV-Stufen <strong>und</strong> Katastrophe<br />

• MANV 1: 3-10 Verletzte<br />

• MANV 2: 11-20 Verletzte<br />

• MANV 3: 21-50 Verletzte<br />

• MANV 4: 51-100 Verletzte<br />

• Katastrophe: Mindestens 100 Verletzte<br />

<strong>und</strong> 10 Tote<br />

© 2006 6


Katastrophen<br />

• Das Ziel <strong>der</strong> medizinischen Versorgung ist nicht, eine optimale<br />

notfallmedizinische Versorgung einzelner Patienten zu<br />

gewährleisten, son<strong>der</strong>n einer möglichst großen Anzahl von<br />

Personen das Überleben zu sichern <strong>und</strong> möglichst günstige<br />

Wie<strong>der</strong>herstellungschancen zu wahren.<br />

• In einer Katastrophensituation besteht <strong>die</strong> ärztliche Aufgabe<br />

einzig darin, das Bestmögliche für <strong>die</strong> größte Zahl zur rechten<br />

Zeit am richtigen Ort zu bewirken.<br />

• Bei Katastrophen handelt es sich glücklicherweise um<br />

verhältnismäßig seltene Ereignisse.<br />

• In den letzten 25 Jahren sind hierzulande etwa 750 Menschen<br />

an den Folgen einer Katastrophe gestorben.<br />

© 2006 7


Eschede 1998<br />

• Von 209 beteiligten Personen nur 5 unverletzt.<br />

• 108 Personen wurden verletzt, davon 70 schwer, 96<br />

Personen verstarben am Unfallort, weitere 5<br />

verstarben in den Kliniken.<br />

• 1889 Einsatzkräfte, davon ca. 80 Ärzte <strong>und</strong> 423<br />

Rettungs<strong>die</strong>nst- bzw. Sanitäts<strong>die</strong>nst-Mitarbeiter.<br />

• Der Großteil <strong>der</strong> regional o<strong>der</strong> auch überregional<br />

alarmierten Gruppierungen rückte de facto jedoch<br />

erst ein bis zwei St<strong>und</strong>en nach dem Unfallgeschehen<br />

an. In <strong>die</strong>sem Zeitraum war den Berichten zufolge<br />

real allerdings nur noch eine einzelne Person am<br />

Unfallort zu versorgen.<br />

© 2006 8


<strong>Triage</strong> (Sichtung)<br />

• Die <strong>Triage</strong> (französisch vom Verb "trier" =<br />

sortieren, deutsch auch Sichtung, Einteilung)<br />

ist ein aus <strong>der</strong> Militärmedizin herrühren<strong>der</strong><br />

Begriff für <strong>die</strong> – ethisch schwierige –<br />

Aufgabe, bei einem Massenanfall von<br />

Verletzten/Kranken darüber zu entscheiden,<br />

wie <strong>die</strong> knappen Mittel (personelle <strong>und</strong><br />

materielle Ressourcen) auf sie aufzuteilen<br />

seien.<br />

© 2006 9


Herkömmliches Brauchtum<br />

• „Frauen <strong>und</strong> Kin<strong>der</strong> zuerst!“<br />

• „Der Kapitän geht immer als letzter von<br />

Bord!“<br />

• „Unsere Soldaten vor den Zivilisten,<br />

<strong>die</strong>se vor feindlichen Soldaten!“<br />

• „Wir versorgen sie in <strong>der</strong> Reihenfolge,<br />

in <strong>der</strong> wir sie bemerken“ o<strong>der</strong> „Wir<br />

retten, wen wir kennen.“<br />

© 2006 10


Geschichte <strong>der</strong> Sichtung<br />

• Zu Anfang des 16. Jahrh<strong>und</strong>erts führte Kaiser<br />

Maximilian I. (1459-1519) seine Heeres-<br />

Sanitäts-Verfassung ein, in <strong>der</strong> erstmals<br />

geordnete Sanitätseinheiten dokumentiert<br />

wurden, <strong>der</strong>en Aufgabe unter an<strong>der</strong>em darin<br />

bestand, dass <strong>die</strong> überlebensfähigen<br />

Verletzten gerettet <strong>und</strong> versorgt wurden.<br />

• Im Königlich-Preußischen Feld-Lazarett-<br />

Reglement von 1787 werden bereits<br />

detaillierte Angaben zur Einstufung <strong>der</strong><br />

verschiedenen Schweregrade gemacht.<br />

© 2006 11


Geschichte <strong>der</strong> Sichtung<br />

• Gegen Ende des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts bedingten<br />

<strong>die</strong> raumgreifenden Feldzüge <strong>der</strong> französischen<br />

Revolutionsarmeen ein weiteres Umdenken im<br />

militärischen Sanitätswesen. Resultat waren<br />

neue Ansätze <strong>der</strong> medizinischen Versorgung<br />

vor Ort <strong>und</strong> des Transports in weiter entfernt<br />

liegende Behandlungseinrichtungen. Der<br />

französische Arzt Dominique Jean Larrey<br />

(1766-1842) erzielte mit seinen schnellen<br />

Klassifikationsmethoden für Amputationen<br />

Erfolge (75-80% <strong>der</strong> von ihm Operierten<br />

überlebte, eine wesentlich höhere Rate als <strong>die</strong><br />

an<strong>der</strong>er Ärzte), konnte <strong>die</strong>se jedoch noch nicht<br />

in ein förmliches, auch für an<strong>der</strong>e Ärzte<br />

geltendes Verfahren umsetzen.<br />

© 2006 12


Geschichte <strong>der</strong> Sichtung<br />

• Der russische Chirurg Nikolai Iwanowitsch Pirogow<br />

(1810-1881) entwickelte aus seinen Erfahrungen im<br />

Kaukasischen Krieg <strong>und</strong> im Krimkrieg abgestufte<br />

chirurgische Behandlungsverfahren <strong>und</strong> das Prinzip<br />

<strong>der</strong> "Krankenzerstreuung" (verteilte Behandlung von<br />

Verletzten/Erkrankten) zur Ordnung auf den<br />

überfüllten Verbandplätzen mit Einteilungen <strong>der</strong><br />

Verw<strong>und</strong>eten in fünf Stufen.<br />

• Die preußische Armee übernahm 1866 das russische<br />

Prinzip, später fand es sich auch bei den an<strong>der</strong>en<br />

Sanitäts<strong>die</strong>nsten verbündeter Armeen Europas.<br />

• das Pirogow'sche Prinzip <strong>der</strong> "Krankenzerstreuung"<br />

blieb auch noch im ersten Weltkrieg erhalten.<br />

© 2006 13


Geschichte <strong>der</strong> Sichtung<br />

• Der französische Sanitäts<strong>die</strong>nst führte das Prinzip<br />

"<strong>Triage</strong> - Transport - Traitement" (<strong>Triage</strong> - Transport<br />

- Behandlung) ein <strong>und</strong> prägte damit den Begriff<br />

<strong>Triage</strong>. Die französischen Ärzte Spire <strong>und</strong> Lombardy<br />

definierten <strong>Triage</strong> 1934 als<br />

1. <strong>die</strong> Diagnose <strong>der</strong> vorliegenden Verletzung<br />

2. <strong>die</strong> Beurteilung <strong>der</strong> Dringlichkeit des Eingriffs<br />

("Categorisation")<br />

3. <strong>die</strong> Beurteilung des Grades <strong>der</strong> Transportfähigkeit<br />

4. <strong>die</strong> Angabe des Bestimmungsortes des Verw<strong>und</strong>eten<br />

© 2006 14


Geschichte <strong>der</strong> Sichtung<br />

• Mit <strong>der</strong> Aufstellung <strong>der</strong> NATO wurde eine einheitliche Systematik<br />

geschaffen, <strong>die</strong> sich in den Mitgliedsstaaten <strong>und</strong> darüber hinaus<br />

durchsetzte.<br />

• Erst nach <strong>und</strong> nach wurden <strong>die</strong>se Verfahrensgr<strong>und</strong>sätze auch<br />

zur Hilfeleistung bei zivilen Katastrophen eingesetzt, beginnend<br />

mit <strong>der</strong> Planung zur Bewältigung von Strahlenschäden, <strong>die</strong> bei<br />

<strong>der</strong> friedlichen Nutzung <strong>der</strong> Kernenergie eintreten könnten.<br />

• Für den mo<strong>der</strong>nen Rettungs<strong>die</strong>nst wegweisend wurden vom<br />

Hoag Hospital (USA) <strong>und</strong> dem Newport Beach Fire Department<br />

(Newport Beach, Kalifornien/USA) in den frühen 1980er Jahren<br />

das Schema STaRT (Simple <strong>Triage</strong> and Rapid Treatment =<br />

Einfache <strong>Triage</strong> <strong>und</strong> schnelle Versorgung) geschaffen.<br />

© 2006 15


STaRT-Schema: Simple <strong>Triage</strong><br />

and Rapid Treatment<br />

ja<br />

Gehfähig?<br />

nein<br />

nein<br />

Spontanatmung?<br />

Überwachung<br />

Atemwege freimachen!<br />

ja<br />

nein<br />

Spontanatmung?<br />

ja<br />

Unter 30/min<br />

Über 30/min<br />

Nicht zu retten<br />

Dringliche Sofortmaßnahme<br />

Dringliche Sofortmaßnahme<br />

Kürzer als 2 sec.<br />

Nageldruckprobe<br />

Folgt nicht einfachen<br />

For<strong>der</strong>ungen<br />

Bewusstseinslage?<br />

Folgt einfachen For<strong>der</strong>ungen<br />

Länger als 2 sec.<br />

Dringliche Sofortmaßnahme<br />

Zunächst überwachen<br />

Dringliche Sofortmaßnahme<br />

© 2006 16


JumpSTaRT: für Kin<strong>der</strong><br />

• Kin<strong>der</strong> werden erst als verstorben klassifiziert, wenn sie we<strong>der</strong> atmen<br />

noch einen Puls haben.<br />

• Bei Kin<strong>der</strong>n mit Atemstillstand, aber einem tastbaren Puls, wird für 15<br />

Sek<strong>und</strong>en beatmet (ca. 5 Beatmungen). Erst wenn dann <strong>der</strong><br />

Atemstillstand immer noch besteht, wird das Kind als verstorben<br />

klassifiziert.<br />

• Wenn <strong>die</strong> Atemfrequenz kleiner als 15/min. o<strong>der</strong> höher als 40/min. ist,<br />

dann wird das Kind in <strong>die</strong> Sichtungskategorie T1 („Sofortbehandlung")<br />

eingeordnet.<br />

• Als Richtgröße für <strong>die</strong> Durchblutung wird <strong>die</strong> Tastbarkeit eines<br />

peripheren Pulses (Handgelenk, Fuß) gewertet. Ist <strong>die</strong>ser bei<br />

bestehen<strong>der</strong> Atmung nicht tastbar, dann wird das Kind in <strong>die</strong><br />

Sichtungskategorie T1 („Sofortbehandlung") eingeordnet.<br />

• Der mentale Status wird nicht nur durch Ansprache son<strong>der</strong>n im<br />

Zweifelsfall auch durch <strong>die</strong> Reaktion auf einen Schmerzreiz überprüft.<br />

Reagiert das Kind darauf nicht angemessen, dann wird es in <strong>die</strong><br />

Sichtungskategorie T1 („Sofortbehandlung") eingeordnet.<br />

© 2006 17


Sichtungskategorien<br />

Sichtungskategorie<br />

I<br />

Beschreibung<br />

Akute, vitale Bedrohung<br />

Konsequenz<br />

Sofortbehandlung<br />

II<br />

III<br />

IV<br />

Schwerverletzt / erkrankt<br />

Leichtverletzt /<br />

erkrankt<br />

Ohne Überlebenschance<br />

Tote<br />

Aufgeschobene<br />

Behandlungsdringlichkeit<br />

Spätere (ambulante)<br />

Behandlung<br />

Betreuende (abwartende)<br />

Behandlung<br />

Kennzeichnung (<br />

Totenablage)<br />

© 2006 18


NACA-Score<br />

• Es handelt sich hier um eine Klassifizierung<br />

<strong>der</strong> Verletzungsschwere nach dem „National<br />

Advisory Committee for Aeronautics“ <strong>der</strong><br />

Vereinigten Staaten aus den sechziger<br />

Jahren. Das System wurde 1974 in<br />

abgewandelter Form <strong>und</strong> mit zahlreichen<br />

Diagnosebeispielen von Tryba et al. für den<br />

Notarzt<strong>die</strong>nst im Raum Hannover vorgestellt<br />

[Tryba, Brüggemann et al. 1980]<br />

© 2006 19


NACA-Score<br />

NACA<br />

0<br />

Bedeutung<br />

keine Verletzung / Erkrankung<br />

Verletzungsbeispiele<br />

-<br />

1<br />

geringfügige Störung<br />

Schürfw<strong>und</strong>e, Prellung<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

ambulante Abklärung<br />

stationäre Abklärung<br />

akute Lebensgefahr nicht auszuschließen<br />

akute Lebensgefahr<br />

Reanimation<br />

Tod<br />

periphere geschlossene Fraktur<br />

stammnahe geschlossene Fraktur, SHT 1°<br />

offene Fraktur, SHT 2°<br />

Beckenfraktur, großflächige Verbrennungen<br />

Polytrauma<br />

-<br />

© 2006 20


NACA-Schweregrade<br />

Stufen nach<br />

NACA Score<br />

Definition<br />

Verletzungsbeispiele<br />

Erkrankungsbeispiele<br />

Schweregrad 1<br />

Verletzungen <strong>und</strong><br />

Erkrankungen geringfügiger<br />

Art, <strong>die</strong> keiner akuten<br />

ärztlichen Therapie<br />

bedürfen<br />

Prellung, Schürfung, Stauchung,<br />

Verbrennung bis 10%,<br />

Schädelprellung, Distorsion von<br />

Finger <strong>und</strong> Zehen<br />

Orthostase, flüchtige Hypotonie<br />

Schweregrad 2<br />

Verletzungen <strong>und</strong><br />

Erkrankungen, <strong>die</strong> zwar<br />

einer weiteren Abklärung<br />

bzw. Therapie bedürfen,<br />

aber in <strong>der</strong> Regel keines<br />

stationären<br />

Krankenhausaufenthaltes<br />

Größere Schürfungen <strong>und</strong><br />

Kontusionen, Verbrennungen bis<br />

20 %, Nasenbein-, Zehen- o<strong>der</strong><br />

Fingerfraktur, Zahnabbruch,<br />

einfache Rippenfraktur<br />

Tetanie, komplikationsloser<br />

Asthmaanfall, Koliken ohne<br />

Komplikationen<br />

© 2006 21


NACA-Schweregrade<br />

Schweregrad 3<br />

Verletzungen <strong>und</strong><br />

Erkrankungen, <strong>die</strong> in <strong>der</strong><br />

Regel einer stationären<br />

Abklärung bzw. Therapie<br />

bedürfen, bei denen jedoch<br />

akut keine Vitalgefährdung<br />

zu erwarten ist<br />

SHT 1°, Schädelfraktur<br />

geschlossen, penetrierende<br />

Augenverletzung, offene<br />

W<strong>und</strong>en mit Nerven- o<strong>der</strong><br />

Gefäßverletzung, Verbrennungen<br />

bis 30%<br />

Akute Psychosen, supraventrikuläre<br />

paroxysmale<br />

Rhythmusstörungen, einfacher<br />

cerebraler Anfall, Koliken <strong>und</strong><br />

Fieber<br />

Schweregrad 4<br />

Verletzungen <strong>und</strong><br />

Erkrankungen ohne akute<br />

Lebensgefahr, <strong>die</strong> aber eine<br />

kurzfristige Entwicklung<br />

einer Vitalgefährdung nicht<br />

ausschließen<br />

Offene Schädelfraktur, SHT 2°,<br />

Thoraxverletzung mit Hämo-<br />

/Pneumothorax einseitig,<br />

Lungenkontusion,<br />

Rippenserienfraktur, Myokardkontusion,<br />

stumpfes<br />

Bauchtrauma, einfache<br />

geschlossene Femurfraktur,<br />

Schockindex 1,0–1,5<br />

Verdacht auf Herzinfarkt,<br />

Rhythmusstörungen mit Puls<br />

180, apoplektischer<br />

Insult ohne Hirndruckzeichen,<br />

Alkohol-Delir, Intoxikation mit<br />

Bewusstlosigkeit, periphere<br />

Embolie, akutes<br />

Vorhofflimmern, Verdacht auf<br />

Extrauteringravidität,<br />

Insektenstich im Rachenbereich<br />

© 2006 22


NACA-Schweregrade<br />

Schweregrad 5<br />

Schweregrad 6<br />

Erkrankungen <strong>und</strong> Verletzungen<br />

mit akuter<br />

Vitalgefährdung, <strong>die</strong> ohne<br />

baldige Therapie<br />

wahrscheinlich letal enden,<br />

Transport in<br />

Reanimationsbereitschaft<br />

Erkrankungen <strong>und</strong> Verletzungen,<br />

wo nach<br />

Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong><br />

Vitalfunktionen o<strong>der</strong><br />

erfolgreicher Reanimation<br />

<strong>die</strong> Patienten im<br />

Krankenhaus eingeliefert<br />

werden<br />

Verdacht auf Halswirbelfraktur<br />

mit neurologischen Symtomen,<br />

stumpfes Bauchtrauma,<br />

Rippenserienfrakturen mit<br />

Atembehin<strong>der</strong>ung, offene<br />

Thoraxverletzung, Verbrennung<br />

über 30 %, multiple Frakturen<br />

<strong>der</strong> großen Röhrenknochen bzw.<br />

eventuelle einfache<br />

Femurfraktur,<br />

Extremitätenamputation,<br />

Aortenruptur, offene Bekkenfrakturen,<br />

Myokardruptur,<br />

Schockindex >1,5<br />

Thoraxverletzungen mit<br />

Ateminsuffizienz, Aortenruptur<br />

mit Thoraxeröffnung,<br />

Luftwegseinengung, <strong>die</strong><br />

Intubation o<strong>der</strong> Tracheotomie<br />

erfor<strong>der</strong>t<br />

Akute Gastrointestinalblutung,<br />

Infarkt mit Rhythmusstörungen,<br />

Status epilepticus, apoplektischer<br />

Insult, Rhythmusstörungen<br />

mit Puls 200,akute<br />

Stoffwechselentgleisung mit<br />

Koma, Atemwegsfremdkörper,<br />

akute Ateminsuffizienz,<br />

schwerer Asthmaanfall,<br />

Eklampsie, Elektrounfall mit<br />

Herzrhythmusstörungen,<br />

akutes Lungenödem,<br />

anaphylaktischer o<strong>der</strong><br />

kardiogener Schock<br />

Komplette Atemwegsverlegung,<br />

Herzstillstand,<br />

Kammerflimmern, Lähmungen<br />

des Atemzentrums<br />

© 2006 23


Transportpriorität<br />

• In Kombination mit <strong>der</strong> Farbco<strong>die</strong>rung lässt sich <strong>die</strong><br />

Transportpriorität ableiten<br />

T<br />

T<br />

Transport mit Priorität<br />

Transportfreigabe,<br />

aber mit niedriger<br />

Priorität<br />

Patient trotz notärztlicher<br />

Behandlung nach wie vor in<br />

Sichtungskategorie I<br />

Patient originär bzw. nach<br />

notärztlicher Behandlung in<br />

Sichtungskategorie II<br />

• Steht auch in <strong>der</strong> "gelben Phase" in absehbarer Zeit nicht<br />

genügend Transportkapazität zur Verfügung, muss eine<br />

weitere Abstufung vorgenommen werden<br />

TA<br />

TB<br />

Transport mit hoher Dringlichkeit<br />

Transport mit niedriger Dringlichkeit<br />

© 2006 24


Sichtungskategorie IV = I?<br />

• Zu Verunsicherung <strong>und</strong> erheblichen Diskussionen führte <strong>die</strong><br />

Aussage <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft <strong>der</strong> Notärzte<br />

Deutschlands (BAND), dass <strong>die</strong> noch Lebenden <strong>der</strong><br />

Sichtungsgruppe IV (abwartende Behandlung) <strong>der</strong> Gruppe I<br />

(Sofortbehandlung) zuzuschlagen seien. Begründet wurde <strong>die</strong>s<br />

mit den rettungs<strong>die</strong>nstlichen Ressourcen in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik,<br />

<strong>die</strong> ausreichten, jeden Verletzten individualmedizinisch zu<br />

behandeln.<br />

• Auch in Eschede hat es etwa 45 Minuten gebraucht, bis eine<br />

individualmedizinische Versorgung sichergestellt werden konnte.<br />

Und genau für <strong>die</strong>se Phase braucht man eine Strategie, um<br />

nicht Fehlentscheidungen zum Nachteil <strong>der</strong> meisten Verletzten<br />

zu treffen.<br />

© 2006 25


<strong>Triage</strong>zeit<br />

• Ausgehend von<br />

den Daten <strong>der</strong><br />

OTES `98 ist<br />

von einer<br />

Sichtungszeit<br />

von r<strong>und</strong> einer<br />

St<strong>und</strong>e bei 30<br />

Verletzten<br />

auszugehen!<br />

Quelle: Oktoberfest-<strong>Triage</strong>-Evaluationsstu<strong>die</strong> 1998, Dissertation LMU München, U. F. Lang 2002<br />

© 2006 26


OTES `98<br />

• Nach den gewählten Analysekriterien lag bei<br />

mindestens 21% (n=12) <strong>der</strong> 58 in <strong>die</strong><br />

Sichtungskategorie I eingestuften Patienten keine<br />

Behandlungspriorität vor. Ebenso konnte bei 36%<br />

(n=20) <strong>der</strong> 56 <strong>der</strong> Kategorie II zugeordneten<br />

Patienten keine Transportpriorität nachgewiesen<br />

werden. "Übertriagierte Patienten"<br />

• Eine nach den gewählten Analysekriterien zu<br />

harmlose Einschätzung des Krankheitsbildes lag in<br />

mindestens 0,7% (n=13) <strong>der</strong> 1.862 in <strong>die</strong><br />

Sichtungskategorie III eingestuften Patienten vor.<br />

"Untertriagierte Patienten"<br />

© 2006 27


Ablaufplan<br />

Registrierung<br />

Sichtung / <strong>Triage</strong><br />

Kategorie I<br />

vital Bedroht<br />

Kategorie II<br />

schwer verletzt<br />

Kategorie III<br />

leicht verletzt<br />

Ausgang<br />

Registrierung<br />

RTW-/KTW<br />

Halteplatz<br />

Schadensgebiet<br />

Patientenablage<br />

RM-Bereitstellungsraum<br />

Transport<br />

Kategorie IV<br />

Abw.Beh. / Tote<br />

© 2006 28


Einsatzentscheidungen<br />

• Anordnung zur Errichtung einer<br />

(weiteren) Patientenablage?<br />

• Registrierung!<br />

• Sichtung !<br />

• Lebensrettende Sofortmaßnahmen!<br />

• Schnellstmöglicher Transport?<br />

• Entscheidung: Behandlungsplatz?<br />

© 2006 29


Leiten<strong>der</strong> Notarzt<br />

LNA<br />

• Beurteilung <strong>der</strong> Schaden <strong>und</strong> Gefahrenlage<br />

• Beurteilung <strong>der</strong> eigenen Lage<br />

• Festlegung des Schwerpunktes <strong>und</strong> <strong>der</strong> Art<br />

des medizinischen Einsatzes<br />

• Durchführung, Koordination <strong>und</strong><br />

Dokumentation des medizinischen Einsatzes<br />

• Beratung des Gesamteinsatzleiters!<br />

© 2006 30


Technischer Leiter/OrgL<br />

TL<br />

OrgL<br />

• Festlegung des Schwerpunktes <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Art des rettungs-, sanitäts- <strong>und</strong><br />

betreuungs<strong>die</strong>nstlichen Einsatzes<br />

• Veranlasst, koordiniert <strong>und</strong> lenkt den<br />

Einsatz aller Rettungsmittel<br />

• Führt operative Einheiten<br />

• Dokumentation des Geschehens<br />

• Stellt Kommunikation sicher!<br />

© 2006 31


REMAB<br />

• Rettungs<strong>die</strong>nst-Einsatz mit Massen-<br />

Anfall von Behandlungs- <strong>und</strong><br />

Betreuungsbedürftigen<br />

© 2006 32


Die 10 Gebote des REMAB<br />

• 1. Gebot: noch nicht behandeln!<br />

• Versorgung eines Betroffenen verzögert<br />

Hilfe für alle<br />

• 2. Gebot: kurze Erstrückmeldung!<br />

• Massenanfall durch …<br />

• Ereignis (nicht) abgeschlossen,<br />

• LNA / OrgL erfor<strong>der</strong>lich,<br />

• Näheres später.<br />

© 2006 33


Die 10 Gebote des REMAB<br />

• 3. Gebot: Überblick verschaffen!<br />

• Keine Teamtrennung!<br />

• Eintreffen bekannt geben<br />

• Wie viele (schwer) Betroffene?<br />

• Gefahren am Einsatzort?<br />

• Technische Hilfe erfor<strong>der</strong>lich?<br />

© 2006 34


Die 10 Gebote des REMAB<br />

• 4. Gebot: konkrete Zweitrückmeldung!<br />

• Patientenzahl (Größenordnung):<br />

(0-3) / (4-5) / (6-10) / über 10<br />

ca. % Vitalgefährdeter<br />

• Erfor<strong>der</strong>liche NA's / RTW's / RTH's<br />

• Feuerwehr<br />

• Bedarf Klinikkapazitäten<br />

© 2006 35


Die 10 Gebote des REMAB<br />

• 5. Gebot: Initial-Leitung übernehmen!<br />

• "kommissarischer LNA / OrgL"<br />

• Ablagestelle bestimmen<br />

• Ablagestelle strukturieren:<br />

• Registrierung<br />

• Behandlungsplätze<br />

• Abtransportstelle<br />

• 6. Gebot: Spontanabtransporte vermeiden!<br />

• Transport- <strong>und</strong> Klinikkapazitäten für<br />

Schwerstbetroffene freihalten<br />

© 2006 36


Die 10 Gebote des REMAB<br />

• 7. Gebot: Versorgung nach Prioritäten<br />

(Sichtung)!<br />

• Untersuchung auf Behandlungsdringlichkeit<br />

• Behandlung nach vitaler Bedürftigkeit<br />

• Kontrolle auf Therapie-/Transportpriorität<br />

• 8. Gebot: nachrückendes RD-Personal<br />

anweisen!<br />

• Aufgabe konkret formulieren<br />

• Klaren Auftrag erteilen<br />

© 2006 37


Die 10 Gebote des REMAB<br />

• 9. Gebot: Abtransport planen!<br />

• Patient / Klinik / Transportmittel<br />

• Bei Transportpriorität Abfahrt anordnen (mit<br />

Leitstelle/RCC)<br />

• 10. Gebot: Übergabe an LNA / OrgL!<br />

• Stand organisatorischer Maßnahmen<br />

• Versorgungszustand<br />

• Bisherige Abtransporte<br />

• Neue Aufgabe geben lassen<br />

© 2006 38


Ordnung des Raumes<br />

• Patientenablagen<br />

• Behandlungsplatz<br />

• Krankenwagenhalteplatz /<br />

RTH Landeplatz<br />

• Bereitstellungsraum<br />

• Leichtverletzte<br />

© 2006 39


Improvisierte Verletztenablage<br />

• Stillung<br />

lebensbedrohlicher<br />

Blutungen<br />

• Schockbekämpfung<br />

• Erstversorgung bei<br />

Verbrennungen<br />

• Lagerung <strong>und</strong><br />

Ruhigstellung<br />

• Medikamentengabe bei<br />

Reizgasintoxikation<br />

• Registrierung <strong>und</strong><br />

Dokumentation<br />

© 2006 40


Behandlungsplatz<br />

© 2006 41


Behandlungsplatz<br />

© 2006 42


Trichtermodell Zentrale<br />

Versorgung<br />

Schadensraum<br />

Sichtung, Registrierung<br />

Behandlungsraum<br />

Behandlung<br />

Wartebereich<br />

Ausgangsregistrierung<br />

Transport<br />

bis 50 Kilometer<br />

Krankenhäuser<br />

bis 200 Kilometer<br />

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Behandlungsplatz<br />

© 2006 44


Behandlungsplatz<br />

© 2006 45


Vorteile eines<br />

Behandlungsplatzes<br />

• Konzentration von Personal <strong>und</strong> Material<br />

• Zentrale Aufnahme <strong>und</strong> zentraler Abtransport<br />

• Zentrale Registrierung<br />

• Einfaches Führungsmodell, Konzentration auf<br />

einen Bereich<br />

• Optimierung <strong>der</strong> Versorgung vor Ort<br />

• Entlastung des "rückwärtigen" Raumes<br />

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Personelle Mindestausstattung<br />

Ärzte<br />

RA/RS<br />

SanHe<br />

Summe<br />

Sichtungsvorbereitung<br />

1<br />

1<br />

Sichtung<br />

1<br />

2<br />

4<br />

7<br />

Behandlungs-Priorität<br />

(T1)<br />

1<br />

2<br />

1<br />

4<br />

Schneller Abtransport<br />

(T2a)<br />

1<br />

2<br />

1<br />

4<br />

Verzögerter<br />

Abtransport (T2b)<br />

1<br />

4<br />

5<br />

Leichtverletzte (T3)<br />

4<br />

4<br />

Pflege Schwerverletzter<br />

(T4)<br />

1<br />

2<br />

4<br />

7<br />

Abtransport<br />

1<br />

1<br />

4<br />

6<br />

Leitung<br />

1<br />

4<br />

5<br />

Summe<br />

6<br />

11<br />

26<br />

43<br />

© 2006 47


Organisation Einsatzstelle<br />

© 2006 48


Raumnutzung im<br />

Bereitstellungsraum<br />

© 2006 49


Raumnutzung im<br />

Bereitstellungsraum<br />

© 2006 50


Bereitstellungsraum<br />

© 2006 51


Bereitstellungsraum<br />

© 2006 52


Übersicht ?<br />

© 2006 53


Übersicht ?<br />

© 2006 54


Übersicht ?<br />

© 2006 55


Übersicht ?<br />

© 2006 56


Übersicht ?<br />

© 2006 57


Ziel<br />

• bestmögliche Versorgung (einer Vielzahl) von<br />

Patienten bei Ungleichgewicht von<br />

Therapiemöglichkeiten gegenüber<br />

Therapienotwendigkeiten.<br />

• (Erhalt o<strong>der</strong>) frühestmögliche<br />

Wie<strong>der</strong>herstellung individualmedizinischer<br />

Versorgungsmöglichkeiten.<br />

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Fazit<br />

• Insgesamt kann eine <strong>Triage</strong> praktisch wie theoretisch eine<br />

Aufgabe zum Verzweifeln werden. Es ist eben nicht erwartbar,<br />

dass sich aus vorausgesetztermaßen katastrophalen Lagen noch<br />

tröstliche Schlüsse ziehen lassen. Schuldgefühle o<strong>der</strong> moralische<br />

Abstumpfung bei den – ja dennoch – Handelnden sind<br />

vorauszusagen. Solche Fälle werden geistlichem Trost,<br />

organisatorischem de-briefing o<strong>der</strong> - mit <strong>der</strong> weitgehend<br />

unbestimmten Diagnose des PTS (post-traumatischen Stress) -<br />

als Aufgabe <strong>der</strong> Psychotherapie aufgefasst. Die theologischen<br />

Ausbildungsgänge befassen sich mit dem Problem nicht,<br />

praktisch-theologisch wird es innerhalb <strong>der</strong> (zumal konfessionell<br />

geb<strong>und</strong>enen) Rettungsorganisationen o<strong>der</strong> bei den ad hoc<br />

herbei gerufenen Priestern/Pastoren belassen.<br />

© 2006 59

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