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01 | <strong>2014</strong><br />

editorial 03<br />

Wie wir werden,<br />

was wir sind<br />

Titelfoto: Wolfgang Schmidt zu unserem Gespräch mit Rober Menasse<br />

In England geboren und aufgewachsen, freute ich mich darüber, eine französische Mutter und einen<br />

chinesischen Vater zu haben – auch wenn er nicht mehr bei uns lebte. In den Ferien fuhren mein<br />

jüngerer Bruder und ich zu den Großeltern nach Paris und von dort in die Cevennen. Es waren<br />

herrliche Wochen und Monate. Und wenn ich hier oder dort gefragt wurde, wo ich denn herkomme,<br />

antwortete der kleine Knirps, der ich war, ich sei halb Franzose, halb Chinese und halb<br />

Engländer!<br />

Das Freiheitsgefühl, nicht bloß Franzose oder Chinese oder Engländer zu sein, führte wohl ein wenig<br />

zum Größenwahnsinn – zumindest wirkte das manchmal so auf Menschen, die keinen solchen<br />

Hintergrund hatten. So hielt ich mich auf alle Fälle für einen Europäer, mit etwas mehr on top.<br />

Nun lebe ich inzwischen seit über dreißig Jahren in Deutschland. Für Franzosen oder Engländer<br />

bin ich im Denken und Habitus längst Deutscher geworden. Also: noch mehr Europäer!?<br />

Ja – und nein.<br />

Als ich im Hinblick auf unser Gespräch mit dem österreichischen Schriftsteller Robert Menasse sein<br />

Buch Der europäische Landbote in die Hand nahm und las, musste ich feststellen, dass viele der Vorurteile<br />

gegenüber der Europäischen Union und deren Kommission und Beamten, die er schildert und entlarvt,<br />

genauso auch in mir leben. Das empfinde ich als äußerst peinlich. Zum Glück besitzt Robert<br />

Menasse so viel Sinn für Kunst und Humor, dass ich ihm für diese Offenbarung meiner<br />

eigenen ungeprüften Vorurteile dankbar bin. Sie zeigen mir, dass es ein noch weiterer Weg ist,<br />

das zu werden, was ich eigentlich schon bin.<br />

Liebe Leserinnen,<br />

liebe Leser,<br />

Von einigen solchen Wegen ist in dieser Ausgabe noch die Rede. Sie mögen auch Ihnen, liebe<br />

Leserinnen und Leser, Anregung, Offenbarung und – ja, auch Unterhaltung im neuen Jahr<br />

werden!<br />

Von Herzen, Ihr<br />

Jean-Claude Lin

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