Transforming Cities
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Sie den Klang?<br />
„Wie wollen wir in der Stadt leben?“<br />
- Die Frage nach dem guten<br />
Leben ist in allen Veranstaltungen<br />
mitgeschwungen und wurde im<br />
gemeinsamen Erleben und in der<br />
Kommunikation an diesem speziellen<br />
Ort fokussiert – nicht über<br />
trockene Theorien. Mitten im Winter<br />
transformierte daher als Auftakt der<br />
tschechische Medienkünstler Jakub<br />
Nepras das türkisfarbig gekachelte<br />
MaximiliansForum in eine urbane<br />
Landschaft, in der er nahezu apokalyptische<br />
Bilder des großstädtischen<br />
Lebens mit Situationen archaischer<br />
Naturräume vermengte. Die einzelnen<br />
Teile der Installation konnten als<br />
Metaorganismen gelesen werden,<br />
die den heutigen Lebensentwürfen<br />
und den fundamentalen Wandlungen<br />
in Kommunikation, Technologie<br />
und Gesellschaft beeindruckende<br />
neue Formen verleihen.<br />
„Wider die Verherrlichung der Arbeit“<br />
war der Titel eines Musikprojekts<br />
von SALEWSKI am 1. Mai, dem<br />
Tag der Arbeit. Der Musikschaffende<br />
setzte sich hier einem existentiellen<br />
Experiment aus: Ununterbrochen<br />
zwölf Stunden lang Musik machen,<br />
alle zwei Stunden kommt ein Musikerkollege<br />
dazu. Ist 'Musik machen'<br />
Arbeit? Was sind denn eigentlich die<br />
gängigen Vorstellungen und Definitionen<br />
von Arbeit?<br />
Foto: Yves Krier<br />
Kein Leben und keine Arbeit ohne<br />
Essen. Die „Pasta Sauna“ der niederländischen<br />
'Eating-Designerin'<br />
Marije Vogelzang provozierte die<br />
Frage nach der richtigen Ernährungsweise<br />
und bot während aller<br />
Veranstaltungen im Mai Pasta<br />
für die Besucher an. Immigration<br />
und Esskultur prägen das Erleben<br />
der Städte nachhaltiger als neue<br />
Gebäude. Der jüdisch-tunesische<br />
Künstler und Essensexperte Rafram<br />
Chaddad erzählte eine Geschichte<br />
über die Herkunft und Tradition vom<br />
Essen im südlichen Mittelmeerraum<br />
und lud die Gäste zur „Pkeila“ ein.<br />
Unser Essen ist wesentlicher Teil<br />
kultureller Traditionen. Aber was<br />
wir jeweils essen und trinken in<br />
unserer Wohlstandsgesellschaft ist<br />
ebenso dem Zeitgeist und diversen<br />
Modeerscheinungen unterworfen.<br />
Wodurch wird aber ein Drink oder<br />
auch eine Geste oder eine Location<br />
'cool'? Diesen Fragen widmete sich<br />
eine interdisziplinäre künstlerische<br />
Feldforschung der Klasse Res<br />
Ingold und inszenierte dazu einen<br />
Abend mit Performances, Essen<br />
und Drinks. Zahllose Vietnam-<br />
Lokale und Döner-Buden vermitteln<br />
schon oberflächlich betrachtet einen<br />
Eindruck von den Veränderungen<br />
der Esskultur im Alltag der Städte<br />
Fotos: Alescha Birkenholz<br />
und zeigen, wie sehr sich die Gesellschaft<br />
im globalen Wandel befindet.<br />
„Food for Thought“ brachte eine<br />
Expertenrunde an den Tisch und<br />
setzte sich mit den Einflüssen des<br />
Internets auf unsere Formen der<br />
Nahrungsaufnahme auseinander,<br />
erläuterte, wie einem im Restaurant<br />
die Entscheidung für die Mahlzeit<br />
abgenommen wird und wie die<br />
Esskultur als Medium für politischen<br />
Aktivismus fungiert.<br />
Damit wären wir wieder beim 'Underground'.<br />
Carl Oesterhelt, der in<br />
seinen Kompositionen häufig an die<br />
Tradition der Musik und Texte der<br />
1920er Jahre anknüpft, um musikalisch<br />
das revolutionäre Potential<br />
der Musik zu evozieren, stimmte im<br />
MaximiliansForum mit einer Neukomposition<br />
„Das Lied der Täuschungen“<br />
an. Auch Anna McCarthy<br />
wendet einerseits den Blick zu<br />
vergangenen Protestbewegungen<br />
– ebenfalls nicht um sie zu verklären,<br />
sondern um deren Romantizismen<br />
zu entlarven und einen neuen<br />
Zugang und andere Formen des<br />
künstlerischen Protests zuzulassen.<br />
Frech und augenzwinkernd stellte<br />
sie erneut die Frage „How to Start a<br />
Revolution?“ in den Raum, diesmal<br />
im MaximiliansForum in Form eines<br />
opulenten Musicals.<br />
Im Sommer wurde das MaximiliansForum<br />
zu einem modellhaften<br />
Forum für innovative Lebens- und<br />
Arbeitsmodelle und Begegnungen<br />
nicht nur zwischen den Kreativen,<br />
sondern auch zwischen verschiedensten<br />
Menschen und Szenen der<br />
Stadt. Es wurde zu einem experimentellen<br />
Musikproduktionsort<br />
für ein großes Netzwerk Münchner<br />
Musikschaffender und Medienkünstler.<br />
Über einen Monat lang wurde<br />
im Untergrund nahezu durchgängig<br />
gearbeitet.<br />
Dass Protest das einzige Mittel ist,<br />
um in totalitären Staaten und den<br />
Krisengebieten der Welt auf unwürdige<br />
Zustände und Verletzungen des<br />
Rechts auf freie Meinungsäußerung<br />
Ausdruck zu verleihen, evozierte die<br />
Installation, welche die Münchner<br />
Künstlerin Monika Huber dem MaximiliansForum<br />
einschrieb. Leitmotiv<br />
und Ausgangspunkt ihrer Arbeit<br />
sind medial verbreitete Bilder aus<br />
den Protesten rund um den Taksim-<br />
Platz.<br />
Gänzlich verändert wurde das MaximiliansForum<br />
schließlich als Popup-Shop,<br />
in dem innerhalb eines<br />
Panoramas Labels aus München,<br />
Wien, Berlin, Kopenhagen, Budapest,<br />
Hongkong und Madrid Mode<br />
präsentierten und die Besucher zu<br />
Akteuren einer temporären Bühne<br />
machten und die Funktionen des<br />
öffentlichen und privaten Raumes<br />
ins Spiel brachten.<br />
Zum Abschluss der Reihe „<strong>Transforming</strong><br />
<strong>Cities</strong>“ transformierte die<br />
koreanische Künstlerin Jeongmoon<br />
Choi das MaximiliansForum selbst<br />
mit einer interaktiven Rauminstallation.<br />
Die Besucher konnten innerhalb<br />
einer aus tausenden Schnüren<br />
entwickelten minimalistischen<br />
Rauminstallation unzählige Möglichkeiten<br />
neuer Raumdefinitionen<br />
erfahren. Die gewohnte Realität<br />
löste sich buchstäblich auf und<br />
brachte innerhalb des bestehenden<br />
Raumkontinuums neue Dimensionen<br />
zum Vorschein.<br />
The end is the beginning.<br />
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