Mega-Code-Training - Notarzt-dortmund
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<strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong>-<strong>Training</strong><br />
nach den<br />
ERC-Leitlinien 2005<br />
im Rettungsdienst der Stadt<br />
D O R T M U N D<br />
Taktik für den Einsatz<br />
„R e a n i m a t i o n bei Erwachsenen“<br />
Version 3.0 – 09/2006
Inhaltsverzeichnis<br />
Vorwort 2<br />
Grundlegendes zum <strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong> 3<br />
Dortmunder Reanimationsstandard 4<br />
Was ist neu - 2005 5<br />
Kennzeichen des <strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong>s 7<br />
Frühdefibrillation 8<br />
<strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong>-Algorithmus 9<br />
Medizinische Grundlagen 13<br />
Rechtliche Grundlagen 16<br />
Literatur 19<br />
Vorwort<br />
Fortwährende Veränderungen in der Medizin und das Bestreben, sein eigenes Handeln nicht empirisch,<br />
sondern wissenschaftlich belegt durchzuführen („Evidence based medicine“ ) haben im November 2005<br />
erneut dazu geführt, dass überarbeitete Reanimationsleitlinien von den Fachgesellschaften<br />
herausgegeben wurden.<br />
Dieses Skript stellt die wesentlichen Inhalte der Leitlinien zusammen, erhebt aber nicht den Anspruch auf<br />
absolute Vollständigkeit. Maßstab sind die Leitlinien des Europäischen Wiederbelebungsbeirates (ERC)<br />
im Konsens zum Deutschen Beirat für Erste Hilfe und Wiederbelebung bei der Bundesärztekammer, der<br />
am 31. Mai 2006 in Berlin die Gültigkeit für Deutschland festgestellt hat.<br />
Anwendungen und Dosierungen der hier angegebenen Medikamente und Medizingeräte sind als<br />
Empfehlung anzusehen. Die Autoren haben mit Sorgfalt die Angaben von Therapierichtlinien,<br />
Medikamentenanwendungen und Dosierungen zusammengestellt.<br />
Da gesetzliche Bestimmungen und wissenschaftliche Empfehlungen einer ständigen Veränderung<br />
unterliegen, ist jeder Einzelne aufgefordert, die aktuell gültigen Leitlinien anhand der Literatur und<br />
der Beipackzettel zu überprüfen und sich entsprechend zu verhalten. Die Autoren übernehmen<br />
verständlicherweise keine Gewähr oder Haftung in diesem Zusammenhang. Die Angaben von<br />
Handelsnamen, Warenbezeichnungen und dergleichen ohne besondere Kennzeichnung (©) bedeuten<br />
keinesfalls, dass diese im Sinne des Urheberrechts als frei anzusehen wären und entsprechend genutzt<br />
werden könnten.<br />
Der Arbeitskreis „<strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong> Dortmund“<br />
Leiter: Ärztl. Leiter RD Dr. med. Hans Lemke<br />
Stellvertreter<br />
Dr. med. Udo Schniedermeier<br />
Mitglieder: Arbeiter-Samariter-Bund Manfred Tietz<br />
Berufsfeuerwehr<br />
Ingo Emmerling, Jörg Piepenbrink<br />
Deutsches Rotes Kreuz Oliver Assheuer, Jörn Nickoleit<br />
Johanniter-Unfall-Hilfe Dr. rer. nat. Jörg Schmidt<br />
Malteser Hilfsdienst Matthias Krause, Tobias Weber<br />
Dortmunder Notärzte Dr. med. Sabine Rebhuhn, Stefanie Brozio<br />
© Texte: Jörn Nickoleit, Dr. Jörg Schmidt, Dr. Udo Schniedermeier<br />
Seite 2 von 20 Version 3.0 (09/2006) <strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong> Standard Dortmund
Grundlegendes zum <strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong><br />
<strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong> wurde in den USA entwickelt: Paramedics sollten feste Regeln (im Amerikanischen<br />
„protocolls“) für effiziente und standardisierte Patientenversorgungen erhalten. Diese<br />
Standards wurden von der American Heart Association (AHA) praxisnah und auf der Basis von<br />
Studien weiterentwickelt. Sie haben sich seit einigen Jahren nun auch als Ausbildungsform im<br />
europäischen Rettungsdienst etabliert und bewährt.<br />
<strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong> ist somit ein taktisches Einsatzschema für die Reanimation, in dem sowohl die<br />
Basismaßnahmen der CPR (BLS = Basic life support), aber auch die erweiterten Maßnahmen<br />
(ACLS = Advanced cardiac life support ) zeitnah und strukturiert durchgeführt werden.<br />
Hiervon profitieren sowohl der Patient als auch alle Mitarbeiter des Teams im Rettungsdienst:<br />
Notärzte, Rettungsassistenten und Rettungssanitäter.<br />
Der Forderung nach Qualitätsverbesserung und Sicherung wird durch standardisierte Abläufe<br />
im Hinblick auf Strukturen und Prozessen ebenfalls Rechnung getragen. Nur so kann die<br />
Ergebnisqualität gesteigert werden.<br />
Nutzen für den<br />
Patienten<br />
hohe Effizienz<br />
universelle Einsetzbarkeit<br />
Nutzen für den<br />
Rettungsdienst<br />
• Anwendung neuester medizinischer und<br />
wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse<br />
• Größere Erfolgschance bei Kammerflimmern,<br />
Kammerflattern/PVT<br />
• Schnelle, routinierte, hochqualifizierte<br />
Behandlung<br />
• Besseres neurologisches Outcome<br />
• Optimale Organisation des Arbeitsplatzes<br />
• Optimale Organisation von Arbeitsabläufen<br />
• Einheitlichkeit im Rettungsdienst Dortmund:<br />
Zusammenarbeit ohne Einspielung möglich<br />
• Sicherheit durch feste, bekannte Aufgaben und<br />
<strong>Training</strong> - Schnelligkeit durch Routine<br />
• Sicherheit durch wissenschaftlich belegte<br />
Erkenntnisse<br />
• hohe Rechtssicherheit<br />
Voraussetzung<br />
• (Grund-) Ausbildung notwendig<br />
• Mindest-Platzbedarf notwendig<br />
Der folgende Algorithmus ist für eine Reanimation von Patienten mit einem Körpergewicht von<br />
mindestens 35 kg gedacht!<br />
<strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong> Standard Dortmund Version 3.0 (07/2006) Seite 3 von 20
Dortmunder Reanimationsstandard<br />
Die allgemeinen Leitlinien müssen an die spezifischen Gegebenheiten der jeweiligen<br />
Rettungsdienste angepasst werden. Dazu wurde in Dortmund 2002 der Arbeitskreis „<strong>Mega</strong>-<br />
<strong>Code</strong> Dortmund“ eingerichtet. Er hat sich 2006 wieder zur Aufgabe gemacht, die Leitlinien für<br />
Dortmund so umzusetzen, dass die kleinste taktische Einheit (RTW-Besatzung oder NEF) die<br />
Algorithmen abarbeiten kann.<br />
Die Erfahrungen der letzten drei Jahre mit der Umsetzung der Leitlinien 2000 sowie die<br />
Auswertungen und Ergebnisse des „Dortmunder Reanimationsregisters“ sind in die Umsetzung<br />
der neuen Algorithmen mit eingeflossen.<br />
Der in diesem Skript vorgestellte Dortmunder Reanimationsstandard soll helfen, die Qualität<br />
der Versorgung von Notfallpatienten durch einheitliches Vorgehen zu steigern. Er gilt als<br />
verbindliche Vorgaben für nichtärztliches Personal bei der Durchführung der erweiterten<br />
Maßnahmen im Rahmen der Reanimation.<br />
Den beteiligten Notärzten bietet das gemeinsame Ablaufschema eine Erleichterung im<br />
Einsatz durch die klaren Rollen- und Aufgabenverteilungen innerhalb des Teams.<br />
Bei Durchführung invasiver Maßnahmen durch nicht-ärztliches Rettungsdienstpersonal, wie die<br />
Defibrillation, Intubation, Venen-Punktion oder Applikation von ausgewählten Medikamenten,<br />
gilt nach wie vor aktuelles Recht (Stichwort: Notkompetenz); die Einhaltung des Dortmunder<br />
Reanimationsstandards schafft jedoch einen Rahmen der Rechtssicherheit, da die hier<br />
genannten Vorgaben auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren und zitierfähig sind.<br />
Grundsätzlich gilt: Die Entscheidung zur Durchführung spezifischer ärztlicher Maßnahmen im<br />
Rahmen der Notkompetenz trifft der Rettungsassistent für jeden Einzelfall eigenverantwortlich.<br />
Bedingungen<br />
• Der <strong>Notarzt</strong> ist mindestens zeitgleich alarmiert oder wird nachalarmiert.<br />
• Die Vorgaben zur Dokumentation werden eingehalten.<br />
• Der dokumentierte Einsatz mit Maßnahmen im Rahmen der Notkompetenz wird im<br />
Nachgang dem ärztlichen Leiter des <strong>Notarzt</strong>standorts zur Prüfung vorgelegt (Verfahren<br />
siehe unten).<br />
• Die Durchführungsverantwortung bleibt beim durchführenden Rettungsassistenten.<br />
Der regelmäßige Besuch von jährlichen Auffrischungskursen ist obligat, nur so kann<br />
gewährleistet werden, dass alle Mitarbeiter des Dortmunder Rettungsdienstes auf dem gleichen<br />
Stand der aktuellen Erkenntnisse sind und dadurch eine optimale Patientenversorgung<br />
sicherstellen.<br />
Seite 4 von 20 Version 3.0 (09/2006) <strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong> Standard Dortmund
Was ist neu – Leitlinien 2005<br />
Auf den Punkt gebracht:<br />
1. Vorrang hat die durchgehende Herzdruckmassage<br />
(Vermeide den Stillstand des Blutflusses!)<br />
2. einfachere Erlernbarkeit und Merkbarkeit in der Lehre<br />
Basis-CPR<br />
• Kein umständliches Aufsuchen des Druckpunktes, Kompression in der Mitte des Brustkorbs<br />
(etwa Übergang unteres zu mittlerem Drittel des Brustbeins)<br />
• Beginn der Reanimation mit 30 Herzdruckmassagen (HDM)<br />
• Erst danach zwei Beatmungen mit 400 – 600 ml Atemzugvolumen (AZV), Beatmungsdauer<br />
etwa eine Sekunde<br />
• Bei unbeobachtetem Kreislaufstillstand zunächst 2 Minuten BLS<br />
Zugänge<br />
• Die i.v.-Medikamentengabe hat den höchsten Stellenwert, die endobronchiale Gabe rückt<br />
bei unsicherer Resorbtion in den Hintergrund und kommt nur als alternativer Zugangsweg in<br />
Frage. Das Legen des i.v.- Zugangs ist deshalb im Algorithmus nach vorne gerückt.<br />
• Durch den Rettungsassistenten sollen maximal 2 Punktionsversuche durchgeführt werden.<br />
• Ist der i.v.-Zugang nicht möglich, soll die endobronchiale oder intraossäre<br />
Medikamentengabe gewählt werden. Aus Praktikabilitätsgründen wird im Rettungsdienst<br />
Dortmund als alternativer Zugangsweg die endobronchiale Gabe über den Tubus gesehen.<br />
Für die intraossäre Injektion kommen für Erwachsene geeigneten Nadeln in Frage (z. B.<br />
Bone–Injektion–Gun ®, Jamshidi-Nadeln®, Intraossärnadel Cook®). Keinesfalls dürfen<br />
Venenkanülen o.ä. genutzt werden.<br />
Defibrillation<br />
• Nur wenn der Kollaps vom Rettungsteam beobachtet wird, erfolgt die Defibrillation sobald<br />
wie möglich.<br />
• Beim nicht beobachteten Kollaps erst 2 Minuten CPR, dann Defibrillation.<br />
• Nur noch eine Defibrillation sofort mit 360 Joule (bei monophasischen Geräten).<br />
• KEINE Erfolgskontrolle direkt nach der Defibrillation, sondern 2 Minuten CPR, dann erst die<br />
„Analyse“ der vorangegangenen Defibrillation.<br />
Medikation<br />
• Adrenalin ist weiterhin das Medikament der Wahl unter Reanimationsbedingungen.<br />
• Die Applikation erfolgt i.v.: 1 mg Suprarenin ® + 9 ml NaCl 0,9 %.<br />
• Repetitionsgaben sind alle 3 – 5 Minuten erforderlich.<br />
• Wird Adrenalin endobronchial verabreicht, werden 3 mg Suprarenin + 7 ml NaCl 0,9 %<br />
eingesetzt.<br />
• Amiodaron (Cordarex ® ) wird mit 300 mg nach der dritten frustranen Defibrillation<br />
eingesetzt. Repetition mit 150 mg. Antiarrhythmika gehören nicht zur Notkompetenz.<br />
• Atropin kommt bei der Asystolie/PEA mit einer Dosis bis zu 3 mg zum Einsatz. Atropin<br />
gehört nicht zur Notkompetenz.<br />
<strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong> Standard Dortmund Version 3.0 (07/2006) Seite 5 von 20
Intubation<br />
• Die Intubation gehört in die Hand des Ausgebildeten und hierin Geübten. Die Unterbrechung<br />
der Herzdruckmassage soll so kurz wie möglich sein.<br />
• Nach der Intubation wird mit einer durchgängigen HDM von 100/min und einer<br />
Beatmungsfrequenz von 10/min weitergearbeitet. Damit wird der Forderung nach einer<br />
geringen Kreislaufstillstandszeit am besten Rechnung getragen.<br />
• Von einer Gerätebeatmung ist unter laufender HDM Abstand zu nehmen (Abfall des AMV<br />
unter der HDM). In der Postreanimationsphase ist gegen eine automatisierte Beatmung<br />
nichts einzuwenden.<br />
Seite 6 von 20 Version 3.0 (09/2006) <strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong> Standard Dortmund
Kennzeichen des <strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong>s<br />
Der <strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong>-Standard Dortmund basiert auf den Empfehlungen der ERC-Guidelines 2005.<br />
(ERC = European Resuscitation Council = Europäischer Wiederbelebungsrat).<br />
Grober Ablauf<br />
• Optimale Organisation des Arbeitsplatzes „Einsatzstelle“<br />
• Basis CPR<br />
• Erweiterte Maßnahmen:<br />
1. EKG-Beurteilung<br />
2. Defibrillation<br />
3. Venenpunktion<br />
4. Intubation<br />
5. Medikamentengabe (am besten i.v.)<br />
• Fortführung in 2-Minuten-Zyklen<br />
Innerhalb dieses Ablaufs werden mehrere Ziele umgesetzt:<br />
Allgemeine Einsatztaktik<br />
• bestmögliche Geräteverfügbarkeit<br />
• bestmögliche Arbeitsplatzorganisation<br />
• Team-orientiertes Arbeiten<br />
• Spezialisierung im Team (Teamleiter und Teamhelfer)<br />
• Ereignisabhängige Handlungsabläufe (Algorithmen)<br />
Medizinische Taktik<br />
• möglichst durchgehender Blutfluss durch Herzdruckmassage<br />
• Frühe Defibrillation bei Kammerflattern/-flimmern<br />
• „Behandle den Patienten, nicht das EKG!“<br />
• Medikamentengabe am besten i.v., frühes Legen des i.v.-Zugangs<br />
Notwendige Techniken<br />
• Herz-Lungen-Wiederbelebung (Über-Kopf-Methode)<br />
• Defibrillation (mit Halbautomaten)<br />
• periphere Venenpunktion<br />
• Intubation (ohne Relaxantien)<br />
• Reanimations-Medikamente (O 2 , Adrenalin)<br />
<strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong> Standard Dortmund Version 3.0 (07/2006) Seite 7 von 20
Defibrillation<br />
Mehr als 60 % aller Kreislaufstillstände basieren auf Arrhythmien der Herzkammern, also<br />
Kammernflimmern und pulsloser ventrikulärer Tachykardie (PVT, früher Kammerflattern). Nach<br />
heutigem Wissenstand ist die elektrische Defibrillation die einzige „kausale“ Therapie bei diesen<br />
hochfrequenten auswurfarmen Herzaktionen. Kausal meint, dass die Ursache – hier die<br />
elektrische Störung – direkt bekämpft wird und nicht irgendein Symptom.<br />
Wird nicht defibrilliert, so sinkt die Überlebensrate linear um 8 – 10 % pro Minute. Bei einer<br />
Stillstandszeit von mehr als 5 Minuten ist die Chance einer erfolgreichen Defibrillation durch die<br />
Hypoxie und Dilatation der Herzkammern schlechter. Eine vorgeschaltete Herzdruckmassage<br />
versetzt das Herz in einen defibrillierbaren Zustand. Deshalb ist bei einem unbeobachteten<br />
Kreislaufstillstand vor der ersten Defibrillation eine zweiminütige Basisreanimation<br />
durchzuführen. Also verfolgt der <strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong>-Standard Dortmund zwei Ziele:<br />
1. bestmögliche Blutversorgung von Herz und Gehirn durch Herzdruckmassage<br />
2. frühzeitige Defibrillation durch das ersteintreffende Rettungsmittel<br />
Um eine fehlerfreie EKG-Diagnostik sicherzustellen, sollen bei Abwesenheit eines Arztes nur<br />
halbautomatische Defibrillatoren zum Einsatz kommen.<br />
Die ärztliche Therapiefreiheit wird nicht berührt.<br />
Seite 8 von 20 Version 3.0 (09/2006) <strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong> Standard Dortmund
<strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong>-Algorithmus<br />
Reanimationsabläufe<br />
für Rettungsdienstpersonal<br />
Tätigkeiten an der Kopfseite...<br />
...an der Körperseite<br />
Basischeck<br />
• Bewusstseinskontrolle<br />
Basischeck<br />
• Atemkontrolle<br />
• Bewusstseinskontrolle<br />
• Pulskontrolle<br />
• Atemkontrolle<br />
• Pulskontrolle<br />
CPR - Überkopfmethode<br />
CPR - Überkopfmethode<br />
30 : 2<br />
über zwei 30 Minuten : 2<br />
über zwei Minuten<br />
Vitalfunktionskontrolle<br />
Basis – HLW<br />
2 min<br />
Defi anschließen<br />
Analyse <br />
Aufbau des Equipments<br />
• Koffer Aufbau • EKGdes Equipments<br />
• Beatmung • Koffer • EKG • Absaugung<br />
• Beatmung • Absaugung<br />
Vorbereiten/Anlegen/Anreichen<br />
• Guedeltubus Vorbereiten/Anlegen/Anreichen<br />
• Ambu-Beutel<br />
• O• Guedeltubus Ambu-Beutel<br />
2<br />
+ Reservoir • PEEP<br />
• anlegen • O 2<br />
+ Reservoir Stauband• PEEP<br />
• anlegen Stauband<br />
EKG vorber eiten<br />
• EKG starten EKG und vorber Defi eiten - Pads<br />
anlegen • EKG starten und Defi - Pads<br />
anlegen<br />
ggf. <strong>Notarzt</strong> nachfordern<br />
ggf. <strong>Notarzt</strong> nachfordern<br />
VT / VF<br />
Asys tol ie / EMD<br />
Defibrillation<br />
1 x 360 Joule<br />
Nach Defibrillation<br />
sofortige Nach Defibrillation<br />
Fortführung CPR!<br />
KEINE sofortige Puls- Fortführung oder CPR!<br />
Monitorkontrolle<br />
KEINE Puls- oder<br />
Monitorkontrolle<br />
2 min CPR<br />
bis Helferwechsel<br />
Sicherung der Atemwege<br />
Sicherung Idealerweise der durch Atemwege<br />
Idealerweise Intubation durch<br />
(durch qualifiziertes<br />
Intubation<br />
(durch Personal) qualifiziertes<br />
Personal)<br />
alle 2 Minuten<br />
Helferwechsel,<br />
wä hrend der<br />
Analyse<br />
• Wenn Schock empfohlen<br />
Adrenalin-Applikation<br />
während der Ladephase,<br />
sonst alle 4 min<br />
• Amiodaron 300mg nach der<br />
dritten frustranen<br />
Defibrillation<br />
Nach jeder Frühdefibrillation ohne<br />
NA: Nach Kontaktaufnahme jeder Frühdefibrillation mit demohne<br />
Ärztlichen NA: Kontaktaufnahme Standortleiter des mit dem NEF<br />
Ärztlichen Standortleiter des NEF<br />
Guidelines 2005<br />
2 min CPR<br />
bis Helferwechsel<br />
Vorbereiten und ggf. Anlage<br />
• venöser Vorbereiten Zugang und ggf. Anlage<br />
• kristalloide • venöser Zugang Infusion<br />
• Adrenalin • kristalloide 1 mg Infusion (1 : 9)<br />
• Adrenalin 1 mg (1 : 9)<br />
Vorbereitung der Intubation<br />
Vorbereitung der Intubation<br />
Adrenalin<br />
1mg Adrenalin (1 : 9) i.v.<br />
1mg (1 : 9) i.v.<br />
Nach jeder Frühdefibrillation Speicherkarte zur Auswertung weiterleiten und Kontaktaufnahme<br />
mit dem Ärztlichen Leiter <strong>Notarzt</strong>standort des NEFs!<br />
Nach jeder Reanimation bitte das Dortmunder Protokoll zur Reanimationsdatenerfassung<br />
ausfüllen!<br />
<strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong> Standard Dortmund Version 3.0 (07/2006) Seite 9 von 20
<strong>Training</strong>skonzept<br />
Wir trainieren <strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong> mit zwei Personen (Teamleiter und Teamhelfer), da hier die<br />
Aufgabenverteilung am strengsten geregelt und die zeitliche Abhängigkeit voneinander am<br />
größten ist. Trainierte Retter können später leicht hinzustoßen und das Grundteam durch<br />
Aufgabenübernahme entlasten. Bei ausreichender Helferzahl ist die Zweihelferreanimation als<br />
optimale Möglichkeit anzustreben!<br />
Algorithmus (Asystolie, VF, PVT)<br />
Der folgende Algorithmus ist für eine Reanimation von Patienten mit einem Körpergewicht von<br />
mindestens 35 kg gedacht!<br />
Nach Eintreffen des Zweier-Teams und der<br />
Verdachtsdiagnose „Leblose Person“ auf Sicht wird die<br />
Notfallausstattung wie in der Abbildung aufgebaut, ggf.<br />
der Patient dazu auch verlagert. Auf diese Weise sind<br />
Notfallkoffer und EKG für beide, Sauerstoff und<br />
Absaugung für den Teamleiter zugänglich.<br />
Der Teamleiter führt den Basischeck mit Atem- und Pulskontrolle durch und gibt die<br />
Rückmeldungen:<br />
„Bewusstlos , Keine Atmung“<br />
„Kein Puls“<br />
Der Teamhelfer öffnet den Koffer, übergibt entsprechend den Meldungen Guedeltubus,<br />
Beatmungsbeutel mit Maske, Reservoir und PEEP-Ventil (5 mbar) und schließt Sauerstoff an<br />
den Beutel an. Er kontrolliert die Position der Geräte und stellt die Absaugbereitschaft her.<br />
Der Teamleiter beginnt vom Kopf aus mit der Reanimation im Rhythmus:<br />
30 Herzdruckmassagen zu 2 Beatmungen<br />
.<br />
Seite 10 von 20 Version 3.0 (09/2006) <strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong> Standard Dortmund
Währenddessen schaltet der Teamhelfer den EKG-Defibrillator<br />
ein, schließt ihn an und gibt die Meldung „Defi fertig“.<br />
Spätestens nach Anlage des EKG-Defibrillators hat der<br />
Teamhelfer einen <strong>Notarzt</strong> nachzufordern. Anschließend erfolgt<br />
die Anlage des venösen Staubandes! Bei beobachtetem<br />
Stillstand erfolgt die Analyse und ggf. Defibrillation, sobald<br />
möglich. Bei unbeobachtetem Kollaps werden vor der<br />
möglichen Analyse erst zwei Minuten BLS (5 Zyklen)<br />
durchgeführt.<br />
In der Analysezeit tauschen Teamleiter und Teamhelfer ihre Positionen. Bei Indikation zur<br />
Defibrillation wird der Patient nach Anschalten des Schreibers einmal mit 360 J defibrilliert und<br />
sofort durch den Teamhelfer weitere 2 min über Kopf reanimiert.<br />
Die Erfolgskontrolle (Analyse) erfolgt erst nach den zwei Minuten BLS, weil auch nach<br />
erfolgreicher Defibrillation zunächst keine ausreichende Auswurfleistung (trotz Aktionen<br />
im EKG) zu erwarten ist.<br />
Während der 2-min-Reanimation durch den Teamhelfer ist es die Aufgabe des Teamleiters den<br />
i.v.-Zugang weiter vorzubereiten und zu legen (Handrücken / Unterarm). Dafür hat er zwei<br />
Versuche. Eine geringe Verlängerung des BLS-Blocks kann dabei hingenommen werden. Nach<br />
2 min Reanimation wird das EKG beurteilt bzw. mit dem Halbautomaten analysiert.<br />
Währenddessen tauschen Teamleiter und Teamhelfer wieder ihre Positionen. Bei Indikation zur<br />
Defibrillation wird der Patient nach Anschalten des Schreibers einmal mit 360 J defibrilliert.<br />
Während der folgenden zwei Minuten BLS kann der Teamhelfer die Intubation vorbereiten und<br />
der qualifizierte Teamleiter (mindestens Rettungsassistent) einen Intubationsversuch<br />
durchführen. 30 sec sollten dabei nicht überschritten werden. Der Teamhelfer assistiert und<br />
führt nach Anweisung durch den Teamleiter eine Herzdruckmassage von der Seite durch. Der<br />
Teamleiter sichert und überprüft die korrekte Lage des Endotrachealtubus. Bei Erfolglosigkeit<br />
wird abgebrochen und mindestens 1 Minute mit Beatmung und HDM reanimiert. Nicht<br />
geschultes Personal wird weiter über die Maske beatmen.<br />
Nach insgesamt zwei Minuten Herzdruckmassage wird das EKG beurteilt bzw. mit dem<br />
Halbautomaten analysiert. Währenddessen tauschen Teamleiter und Teamhelfer wieder ihre<br />
Positionen. Bei Schockfreigabe erfolgt die Injektion von 1 mg Suprarenin über den liegenden<br />
i.v.-Zugang während der Ladephase des Defibrillators. Anschließend wird der Patient nach<br />
Anschalten des Schreibers einmal mit 360 J defibrilliert und jetzt durch den Teamhelfer über<br />
Kopf weitere zwei Minuten reanimiert.<br />
Falls noch nicht erfolgt kann in den folgenden zwei Minuten die Intubation, wie oben<br />
beschrieben durchgeführt werden.<br />
Bei fortbestehendem Kammerflimmern erfolgt nach Entscheidung des <strong>Notarzt</strong>es die Injektion<br />
von 300 mg Amiodaron.<br />
Bei primärer Asystolie / PEA (keine Schockfreigabe bei der ersten Analyse) können die<br />
weiteren Analysen auch anhand des Monitor-Bildes erfolgen. Die erste Suprarenin-Injektion<br />
erfolgt, sobald ein i.v.-Zugang liegt und dann wiederholt jede zweite Analyse (alle 3 – 5<br />
Minuten). Atropin kann nach Entscheidung des <strong>Notarzt</strong>es einmalig in einer Dosis von 3 mg i.v.<br />
gegeben werden.<br />
Bei erfolgreicher CPR bei präklinischem Kammerflimmern soll für 12 - 24 Stunden auf 32 –<br />
34 °C klinisch gekühlt werden.<br />
<strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong> Standard Dortmund Version 3.0 (07/2006) Seite 11 von 20
Eine Dokumentation der bis hier durchgeführten Maßnahmen ist zwingend notwendig. Für die<br />
Dokumentation muss der Alarmschreiber des EKG-Gerätes eingeschaltet werden, jedoch ist<br />
der alleinige Mitschnitt des EKG keine ausreichende Dokumentation! Zusätzlich sind ein<br />
<strong>Notarzt</strong>-/Rettungsdienstprotokoll zu führen und der Vordruck „Dortmunder Protokoll zur<br />
Reanimationsdatenerfassung“ auszufüllen.<br />
Anordnung der Personen und der Geräte beim MEGA-CODE<br />
Kopf-<br />
Position<br />
Seiten-<br />
Position<br />
Eine Spiegelung des Aufbaus ist möglich. Ein dritter Helfer übernimmt die Herzdruckmassage,<br />
ein vierter assistiert oder protokolliert.<br />
Seite 12 von 20 Version 3.0 (09/2006) <strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong> Standard Dortmund
Medizinische Grundlagen<br />
Atemwegsmanagement<br />
• BLS (Basic Life Support)<br />
Inspektion des Mund-Rachen-Raums, evtl. Freiräumen/Absaugen, leichte Reklination;<br />
Atmungsprüfung mit Ohr, Wange, Augen und Händen; Guedeleinlage, Beatmung mit 400 –<br />
600 ml (sichtbare Thoraxbewegungen) möglichst 100 % Sauerstoff (Flow 15 l/min, O 2 -<br />
Reservoir!)<br />
• ACLS (Advanced Cardiac Life Support)<br />
Orotracheale Intubation unter Sicht ohne Relaxantien, auskultatorische Kontrolle, Tubus-<br />
Fixation (Mullbinden-Doppelschlinge, Pflaster, o.ä.), Peep 5 mbar (Cave: hoher PEEP = Gefahr<br />
der Kreislaufdepression)<br />
Die Intubation gilt als Gold-Standard der Atemwegssicherung. Sie wird im Rahmen des <strong>Mega</strong>-<br />
<strong>Code</strong>s ohne Relaxantien durchgeführt.<br />
Herz-Druck-Massage (HDM)<br />
Studien haben gezeigt, dass erst nach der 3. bis 4. Kompression ein adäquater Notkreislauf<br />
aufgebaut wird. Grundsätzlich wird daher der 30:2-Rhythmus (HDM zu Beatmung) beim nichtintubierten<br />
Patienten angewendet (BLS). Beim intubierten Patienten wird die<br />
Herzdruckmassage nicht mehr unterbrochen (ACLS).<br />
Die Druckfrequenz beim Erwachsenen beträgt 100 HDM/min, so dass pro Minute durch die<br />
Atempausen 2 - 3 Beatmungs-HDM-Zyklen ausführbar sind (effektive Frequenz 80 - 90/min).<br />
Die Drucktiefe liegt bei 4 – 5 cm, Kompression und Dekompression sollen gleichlang dauern –<br />
dabei bleiben die Hände in Kontakt mit dem Thorax des Patienten. Auf eine vollständige<br />
Entlastung ist zu achten.<br />
<strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong> Standard Dortmund Version 3.0 (07/2006) Seite 13 von 20
EKG-Bilder<br />
N i c h t d e f i b r i l l a t i o n s w ü r d i g :<br />
(HDM, Adrenalin und Ursachenforschung)<br />
Asystolie<br />
•Keine messbare elektrische Aktivität<br />
•Kein Puls, kein Auswurf<br />
•Hypodynamer Kreislaufstillstand<br />
PEA (Pulslose elektrische Aktivität)<br />
• Regelmäßige, elektrische Aktivität im<br />
EKG.<br />
• Kein Puls, kein Auswurf.<br />
D e f i b r i l l a t i o n s w ü r d i g :<br />
PVT (Pulslose ventrikuläre Tachykardie)<br />
früher: Kammerflattern<br />
•Schnelle, geordnete Myokardaktionen<br />
(200-300/min),<br />
•fehlende Zeit zur Füllung und<br />
Entleerung der Ventrikel<br />
•Kein Puls, kein Auswurf.<br />
KF (Kammerflimmern)<br />
• Schnelle, unkoordinierte Erregung<br />
des Myokards (300-600/min ).<br />
• Kein Puls, kein Auswurf.<br />
Seite 14 von 20 Version 3.0 (09/2006) <strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong> Standard Dortmund
• Wirkungsweise: „R e s e t des Herzens“<br />
Gleichzeitige Depolarisation aller (unkoordiniert arbeitenden) Herzmuskelzellen, um nach<br />
folgender Repolarisation (elektrische Stille) dem Sinusknoten einen neuen Rhythmusstart zu<br />
ermöglichen<br />
• alleinige Indikationen im <strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong>:<br />
a) Kammerflimmern<br />
b) pulslose Kammertachykardien<br />
• Anwendung / Energie:<br />
a) sofort bei Feststellen der Indikation, bei unbeobachtetem Kreislaufstillstand erst zwei<br />
Minuten BLS<br />
b) Nur eine Defibrillation mit 360 J (monophasische Geräte)<br />
Medikamente<br />
• Sauerstoff<br />
Sauerstoff ist das wichtigste Medikament der Reanimation. Es dient der Gewebeversorgung.<br />
Die Beatmung erfolgt mit 100 % O 2 unter Verwendung von Sauerstoffreservoir und 15 l O 2 -<br />
Flow. Um hohe Beatmungsdrücke und die daraus resultierende Gefahr des Barotraumas zu<br />
vermeiden, sollte innerhalb der Reanimation mit HDM möglichst auf maschinelle Beatmung<br />
verzichtet werden.<br />
• Adrenalin (z. B. Suprarenin ®)<br />
Adrenalin (Epinephrin) ist ein natürliches Katecholamin und Sympatomimetikum. Im Rahmen<br />
der Reanimation soll es durch Gefäßengstellung den mittleren arteriellen Druck erhöhen und<br />
die Durchblutung des Herzgewebes verbessern. Adrenalin ist nach derzeitigem Wissenstand<br />
das Standard-Medikament der Reanimation. Bei endobronchialer Gabe ist die Resorption<br />
unsicher und die Wirkung schlecht steuerbar.<br />
Aktuell gilt:<br />
Erwachsenen-Dosis: intravenös 1 mg, endobronchial 3 mg (jeweils verdünnt auf 10 ml mit NaCl<br />
0,9%), wiederholte alle zwei Zyklen (alle 3 – 5 min) intravenös;<br />
Endobronchiale Gabe nur bei Unmöglichkeit des i.v. Zugangs.<br />
Adrenalin wird immer auf 10 ml verdünnt, bequem sind Stechampullen (5 ml Suprarenin in<br />
45 ml NaCl 0,9 %). Nach i.v.-Gabe sollte mit Infusionslösung nachgespült werden.<br />
<strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong> Standard Dortmund Version 3.0 (07/2006) Seite 15 von 20
Rechtliche Grundlagen<br />
ein nicht ganz einfaches Kapitel ...<br />
Dürfen Rettungsassistenten therapeutische Maßnahmen wie Defibrillation, Intubation und<br />
Medikamentengabe im Rahmen des <strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong>s auch ohne einen anwesenden Arzt<br />
durchführen, wenn zum Beispiel der RTW viel früher eintrifft Machen sie sich strafbar und/oder<br />
zivil haftbar Was heißt Notkompetenz<br />
Sie dürfen – unter bestimmten Voraussetzungen. Darin ist sich die juristische Fachwelt zur<br />
Zeit einig; allein die Begründungen sind nicht einheitlich und haben für alle Beteiligten im RD<br />
Bedeutung. Grund hierfür ist das Fehlen einer ausreichenden Anzahl von<br />
Gerichtsentscheidungen, also Urteilen; vielmehr ist man zur Zeit auf die bisher erschienenen<br />
juristischen Aufsätze angewiesen.<br />
Müssen sie – unter bestimmten Voraussetzungen Diese Frage wird am Ende des Kapitels<br />
aufgegriffen, mittlerweile tendiert die Mehrheit der juristischen Aufsätze zur Pflicht.<br />
• Auf Nummer sicher!<br />
Um „auf Nummer sicher“ zu gehen, soll hier eine sehr strenge juristische Auffassung vorgestellt<br />
werden, die sich an Ausführungen von Dr. jur. Karsten Fehn anlehnt. Sie schließt liberalere<br />
Auffassungen, wie sie zum Beispiel vom Koblenzer Staatsanwalt Ralf Tries vertreten werden,<br />
mit ein.<br />
• Notkompetenz<br />
Durch das Heilpraktiker-Gesetz (HPG) wird festgelegt, dass bestimmte Maßnahmen ausdrücklich<br />
Ärzten vorbehalten sind (sog. Arztvorbehalt). Hierzu gehört „jede berufs- oder gewerbsmäßig<br />
vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten ...“ –<br />
also Diagnose und Therapie (§ 1 Abs. 2 HPG). Der Verstoß ist mit Strafe bedroht (§ 5 Abs. 1<br />
HPG).<br />
Straffrei bleibt der Rettungsassistent/-sanitäter nach aktueller Rechtsauslegung, wenn er die<br />
Maßnahme<br />
- in ärztlicher Delegation (Anweisung) oder<br />
- in „Notkompetenz“<br />
durchführt.<br />
Die beiden Fälle sollen nun erläutert werden. Die Delegation ärztlicher Maßnahmen bei<br />
Anwesenheit eines <strong>Notarzt</strong>es ist unstrittig – kann der Arzt auch delegieren, wenn er nicht<br />
anwesend ist, und das im voraus für Maßnahmen bei einer Reanimation Nein, nach Fehns<br />
Rechtsauslegung müssen einer Delegation die Diagnose und die Therapieentscheidung durch<br />
den Arzt vorangehen und beide Vorgänge sind selbst nicht delegierbar. Also können Rettungsassistent<br />
und –sanitäter ohne Arzt an der Einsatzstelle nicht in ärztlicher Delegation arbeiten.<br />
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Muss der Patient also auf die bestmögliche Rettung warten – wie die Frühdefibrillation bei<br />
defibrillationspflichtigen Herzrhythmen -, bis ein Arzt anwesend ist, obwohl der anwesende<br />
Rettungsdienst die Maßnahme auch fachgerecht beherrscht<br />
Hier greift die Notkompetenz als Rechtsbegriff. Sie ist ein Zusammenspiel des rechtfertigenden<br />
Notstands zum Durchbrechen des Arztvorbehalts und der mutmaßlichen Einwilligung des<br />
Patienten in seine Körperverletzung durch die Behandlung.<br />
Rechtfertigung der Notkompetenz<br />
Geschütztes Rechtsgut:<br />
körperliche Unversehrtheit des<br />
Patienten<br />
Geschütztes Rechtsgut: Qualität<br />
der Gesundheitsversorgung<br />
Körperverletzung des Patienten<br />
§§ 223 ff. StGB<br />
Verstoß gegen den Arztvorbehalt<br />
des HPG<br />
Rechtfertigungsgrund:<br />
(mutmaßliche) Einwilligung des<br />
Patienten<br />
Rechtfertigungsgrund:<br />
rechtfertigender Notstand nach<br />
§ 34 StGB<br />
Die linke Spalte gilt allgemein für medizinische, insbesondere ärztliche Maßnahmen. Wann wird<br />
der Patient (mutmaßlich) in seine Behandlung einwilligen, und wann liegt ein rechtfertigender<br />
Notstand hier im medizinischen Sinne vor, auf den sich Nicht-Ärzte berufen müssen<br />
Hierfür haben die Bundesärztekammer und die Hilfsorganisationen Kriterien aufgestellt. Diese<br />
Kriterien gelten für Juristen als vorweggenommenes Sachverständigen-Gutachten und würden<br />
bei einem möglichen Rechtsstreit zur Beurteilung herangezogen werden.<br />
<strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong> Standard Dortmund Version 3.0 (07/2006) Seite 17 von 20
Voraussetzungen für Notkompetenz<br />
1. Unerreichbarkeit eines (Not-) Arztes<br />
2. Akute, hochgradige Gefahr für Leben und Gesundheit des Patienten<br />
3. Dringende Erforderlichkeit der Maßnahme<br />
4. Anwender beherrscht die Notmaßnahme lege artis<br />
5. Ziel nicht durch weniger eingreifende Maßnahme erreichbar<br />
Zulässige Maßnahmen<br />
a) Intubation ohne Relaxantien<br />
b) Venenpunktion<br />
c) Gabe kristalloider Infusionen<br />
d) Gabe ausgewählter Medikamente<br />
e) Frühdefibrillation<br />
Zur Erläuterung:<br />
Unerreichbarkeit eines (Not-) Arztes bedeutet, dass der Arzt nicht im nächsten Moment eintrifft,<br />
heißt aber auch, dass im Falle von Notkompetenz immer ein Arzt nachgefordert werden muss!<br />
Die zulässigen Maßnahmen sind innerhalb der Reanimation erforderlich und dringend, da sie<br />
die optimale Therapie (Frühdefibrillation, Medikamente) und Atemwegssicherung (Intubation,<br />
Medikamente) nach heutigem Stand gewährleisten und weniger invasive Maßnahmen, wie zum<br />
Beispiel die Maskenbeatmung (Aspirationsgefahr), nicht zum gleichen Ziel führen (Juristisches<br />
Stichwort: Verhältnismäßigkeit der Mittel – sie ist hier gewahrt.).<br />
Die Beherrschung einer Notmaßnahme kann nur durch fortlaufende und nachweisbare Übung<br />
sowie durch ärztliche Überprüfung gewährleistet werden. Dies gilt für Rettungsassistenten/-<br />
sanitäter wie für Notärzte. Wird sie beherrscht, ist sie auch zumutbar.<br />
Defi-Halbautomaten sind heute technisch so ausgereift, dass ihr Einsatz durch<br />
Rettungsdienstler auf jeden Fall zumutbar und verhältnismäßig ist - die Analyse wird dem<br />
Anwender durch das Gerät abgenommen. Hier wäre nach Juristen-Auffassung im Moment<br />
sogar zu überprüfen, ob sich der Rettungsdienst bei Nicht-Anwendung der unterlassenen<br />
Hilfeleistung in Garantenstellung schuldig macht.<br />
Aufgrund der Garantenstellung wird von einigen Juristen die Ansicht vertreten, es gebe eine<br />
Pflicht zur optimalen Reanimationsversorgung. Wegen der aktuell herrschenden ungleichen<br />
Ausbildung im nicht-ärztlichen Rettungsdienst ist es jedoch strittig, ob Intubation und<br />
Medikamentengabe hier generell eingeschlossen werden können, denn nur die Maßnahme, die<br />
beherrscht wird, darf angewendet werden. Losgelöst von rechtlichen Betrachtungen sei an<br />
dieser Stelle auch darauf verwiesen, dass jeder im Rettungsdienst eine moralische Verpflichtung<br />
zu bestmöglicher Patienten-Versorgung und eigener Fortbildung hat.<br />
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Literatur<br />
Leitlinien zur Reanimation 2005 des European Resuscitation Council (Deutsche<br />
Übersetzung), Notfall +Rettungsmedizin 9: 4 – 170 (2006), Online publiziert 03.02.2006,<br />
Springer Medizin Verlag<br />
K. Fehn, S. Selen, Rechtshandbuch für Feuerwehr und Rettungsdienst, Stumpf-Kossendey<br />
2000<br />
B. Fertig, Strategien gegen den plötzlichen Herztod, 4. Auflage, Stumpf-Kossendey 2002<br />
Forum Rettungsdienst 1999, Referateband Bundeskongreß Rettungsdienst 1999, Stumpf-<br />
Kossendey<br />
H. G. Lasch et al., Lehrbuch der internistischen Intensivtherapie, 3. Auflage, Schattauer<br />
Verlag<br />
R. Lipp, B. Domres, Lehrbuch für präklinische Notfallmedizin, 2. Auflage, Stumpf-Kossendey<br />
2000<br />
H. R. Arntz, W. Dick, P. Diehl et al., Empfehlungen zur Einführung eines Frühdefibrillationsprogrammes<br />
für nichtärztliches Personal, Notfallmedizin 19: 229-231 (1993)<br />
B. Koch, U. Pohl-Meuthe, Frühdefibrillation durch qualifiziertes nichtärztliches Personal.<br />
Institut für Rettungsdienst des Deutschen Roten Kreuz, Verlags- und Vertriebsgesellschaft des<br />
DRK Landesverbandes Westfalen-Lippe e.V., Nottuln 1997<br />
D. Mauer, T. Schneider, P. Diehl, W. Dick, F. Brehmer, R. Juchems, D. Kettler, R.<br />
Kleine-Zander, H. Klingler, R. Rossi, H. J. Roth, J. Schüttler, D. Stratmann, U. Strohmenger, J.<br />
Zander, Early Defibrillation by Emergency Physicans or Emergency Medical Technicans –<br />
Prospective, coparative Multicenter Study. Anaesthesist 43: 36-49 (1994)<br />
M.Gruner, St.Stegherr, J.Veith, Frühdefibrillation, S+K-Verlag Edewecht (2002)<br />
American Heart Association (AHA)<br />
http://www.americanheart.org/Scientific/statements/<br />
European Resuscitation Council (ERC)<br />
http://www.erc.edu/<br />
Arbeitsgemeinschaft Notfallmedizin und Rettungswesen an der LMU München (ANR)<br />
http://www.anr.de<br />
http://www.notarzt-<strong>dortmund</strong>.de<br />
<strong>Mega</strong>-<strong>Code</strong> Standard Dortmund Version 3.0 (07/2006) Seite 19 von 20
Hier sollen die Folien zum Reanimationsablauf in den einzelnen Zyklen aus der ppt.<br />
Präsentation als Handzettelausdruck eingefügt werden.<br />
Muss noch ausgedruckt und eingefügt werden.<br />
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