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Edition Scheffel - Blickachsen

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<strong>Blickachsen</strong> 3 Ausgestellte Werke<br />

BRYAN HUNT<br />

Seit 1977 wandte sich der amerikanische Bildhauer der Erscheinung des Wasserfalles<br />

zu, dessen dramatisches Herabstürzen aus großer Fallhöhe ihn faszinierte. Der bisher von ihm favorisierten<br />

Bodenplastik setzte er damit das extreme, vertikale Element der schlanken Stele entgegen,<br />

eingedenk der visuellen Erfahrung, daß ein Wasserfall zwar „Scheitel und Sohle, aber keinen Anfang<br />

und kein Ende hat“ (B. Hunt). Darüber hinaus blieb ihm der Bezug zur menschlichen Körpergröße<br />

wichtig und die Erfahrung, daß die visuelle Aufnahme der Skulptur von der wandernden Perspektive<br />

des Auges abhängig ist. Das ständig in heftiger Bewegung befindliche Element des Wassers erfordert<br />

eine entsprechend „fließend“ gestaltete Oberflächenstruktur. Die sowohl fließende als auch<br />

dynamische Bewegung realisierte Hunt durch eine künstlerische Methode, „indem er zunächst mit<br />

seinen Fingern Strähnen durch den noch nassen Gips zieht, was sehr schnell geschehen muß und<br />

einen konzentrierten, aktiven Bewegungsablauf erfordert. Später werden scharfe, hartkantige Markierungen<br />

hinterlassen. Sind die strähnigen Bewegungslinien allenfalls mit der Form von Wassersträngen<br />

vergleichbar, entspricht den harten Markierungen keinerlei Form des Wassers. Wohl aber<br />

lösen sie im Betrachter eine physische und psychische Reaktion aus, ein Gefühl des Widerstandes,<br />

das in der Anschauung der Skulptur mit dem Erlebnis sich brechenden und aufschäumenden<br />

Wassers verschmilzt“ (R. Heidt, 1987). „Der Strom des in Bronze gegossenen Wassers erzeugt in der<br />

Imagination des Beschauers – wie vor Claude Monets Seerosenbildern – selbst ein Fließen, das mit<br />

dem inneren Strom eines Bildes korrespondiert“ (G. Boehm). Diesen psychisch aufgeladenen<br />

Sehvorgang ergänzt Hunt in seinen „Seestücken“ bzw. „Wasserfällen“ um antikisch geprägte Titel<br />

wie „Daphne“ „Karyatide“ oder „Amphora“, als wolle er auf Ovids Spuren den Wandel der Metamorphose<br />

illusionieren. Mit „Bärenlauf“ ist dagegen der mythische Ort der eigenen Herkunft<br />

(Indiana) beschworen, wo sich die Natur offenbar noch im Zustand ursprünglicher Wildheit entfalten<br />

kann.<br />

Falling Water - Bear Run II, 1977/78, Bronzeguß Ex 1/1 [301 x 42,5 x 24 cm]<br />

Leihgabe der Stiftung Wilhelm Lehmbruck Museum, Duisburg<br />

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