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Zur Geschichte <strong>de</strong>r Protestanten in Eschweiler<br />
Die europäische, und hier vor allem die <strong>de</strong>utsche<br />
Geschichte <strong>de</strong>s 16. und 17. Jahrhun<strong>de</strong>rts, ist in großem<br />
Maße bestimmt von <strong>de</strong>n Religionskämpfen zwischen<br />
Katholiken und Protestanten. Die so genannten<br />
„Bauernkriege“ im 16. Jahrhun<strong>de</strong>rt zum Beispiel und vor<br />
allem <strong>de</strong>r Dreißigjährige Krieg (1618-1648), <strong>de</strong>r die „<strong>de</strong>utschen<br />
Lan<strong>de</strong>“ im Vergleich zu <strong>de</strong>n europäischen<br />
Nachbarstaaten um Jahrzehnte zurückwarf, hatten ihre<br />
Ursache insbeson<strong>de</strong>re in <strong>de</strong>n religiösen Zwistigkeiten zwischen<br />
<strong>de</strong>n Konfessionen.<br />
In das Jülicher Land, zu <strong>de</strong>m damals auch <strong>de</strong>r kleine Ort<br />
Eschweiler gehörte, drangen die Gedanken <strong>de</strong>r Reformation<br />
aus zwei Richtungen. Vom Deutschen Reich aus waren es<br />
die Thesen Martin Luthers, aus <strong>de</strong>n Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong>n war es die<br />
Lehre Calvins.<br />
Auch wenn Eschweiler bis <strong>auf</strong> <strong>de</strong>n heutigen Tag stets eine<br />
Stadt mit überwiegend katholischer Bevölkerung gewesen<br />
ist, so haben die Protestanten hier doch ihre Spuren hinterlassen<br />
und prägen das Leben in <strong>de</strong>r In<strong>de</strong>stadt bis heute mit.<br />
Seit <strong>de</strong>m 16. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />
Protestanten in Eschweiler<br />
Die Geschichte <strong>de</strong>r Protestanten in Eschweiler beginnt im<br />
16. Jahrhun<strong>de</strong>rt. Man schrieb das Jahr 1570, als in<br />
Eschweiler erstmals Protestanten erwähnt wor<strong>de</strong>n.<br />
Prägend für <strong>de</strong>n Protestantismus im Eschweiler Raum wur<strong>de</strong>n<br />
die Calvinisten. Das Jülicher Land blieb überwiegend<br />
katholisch, die Lan<strong>de</strong>sherren dul<strong>de</strong>ten jedoch protestantische<br />
Gemein<strong>de</strong>n. Frei von Konflikten war das Miteinan<strong>de</strong>r<br />
von Katholiken und Protestanten <strong>de</strong>nnoch nicht. Zu Beginn<br />
<strong>de</strong>s 17. Jahrhun<strong>de</strong>rts setze im Jülicher Land eine<br />
„Gegenreformation” ein, <strong>de</strong>r Dreißigjährige Krieg verheerte<br />
auch die hiesigen Landstriche, erst <strong>de</strong>r Religionsvergleich<br />
von 1672 gewährte allen Konfessionen wie<strong>de</strong>r<br />
Religionsfreiheit.<br />
Ihren ersten eigenen Pfarrer erhielten die damals im<br />
Vergleich zur Anzahl <strong>de</strong>r Katholiken nur wenigen Eschweiler<br />
Protestanten im Jahre 1612. Zu <strong>de</strong>n Reformierten gehörten<br />
im 17. Jahrhun<strong>de</strong>rt viele namhafte Eschweiler Familien, zum<br />
Beispiel die Häuser Broich, Drimborn, Efferen, Lürken,<br />
Pattern, Pesch, Röttgen, Palant und Recklinghausen. Die<br />
protestantischen Gottesdienste wur<strong>de</strong>n im Haus eines<br />
gewissen Elias Nacken am Markt abgehalten - in unmittelbarer<br />
Nachbarschaft zur katholischen Pfarrkirche St. Peter<br />
und Paul. In Dürwiß feierten die Protestanten ihre<br />
Gottesdienste in <strong>de</strong>n Häusern von Broich und von Drimborn,<br />
in Weisweiler bei von Palant.<br />
Hans Kozlowski, <strong>de</strong>r über die Geschichte <strong>de</strong>r Protestanten<br />
in Eschweiler geforscht hat, schreibt in einem in <strong>de</strong>r<br />
„Schriftenreihe <strong>de</strong>s Eschweiler Geschichtsvereins” (Heft 7,<br />
Der mo<strong>de</strong>rne Turm <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong>nskirche. Foto: Horst Schmidt<br />
1985) erschienen Aufsatz,<br />
<strong>de</strong>r Einfluss <strong>de</strong>r Reformierten<br />
sei zu Beginn <strong>de</strong>s 17. Jahr -<br />
hun<strong>de</strong>rts so groß gewesen,<br />
„dass die Durchführung <strong>de</strong>r<br />
Gottesdienste im Rathaus<br />
von Eschweiler erwogen<br />
wur<strong>de</strong>”. In <strong>de</strong>n Jahren <strong>de</strong>s<br />
Dreißigjährigen Krieges<br />
waren die Protestanten in <strong>de</strong>r<br />
In<strong>de</strong>stadt Repressalien ausgesetzt.<br />
Nach<strong>de</strong>m fast ganz<br />
Eschweiler am 4. Oktober<br />
1678 von französischen<br />
Truppen geplün<strong>de</strong>rt und eingeäschert<br />
wor<strong>de</strong>n war,<br />
wur<strong>de</strong> am Markt ein<br />
Predigerhaus neu errichtet,<br />
das fortan für die protestantischen<br />
Gottesdienste genutzt<br />
wur<strong>de</strong>. Es dauerte noch ein<br />
ganzes Jahrhun<strong>de</strong>rt, bis<br />
schließlich am 1. Mai 1788<br />
an <strong>de</strong>r Wollenweberstraße<br />
die erste protestantische<br />
Kirche in Eschweiler gebaut<br />
wur<strong>de</strong>.<br />
Eschweiler<br />
Geschichte<br />
Dreieinigkeitskirche<br />
und Frie<strong>de</strong>nskirche<br />
Die Dreieinigkeitskirche an <strong>de</strong>r Moltkestraße. Rechts daneben das Gemein <strong>de</strong> zen -<br />
trum „Martin-Luther-Haus“. Foto: Horst Schmidt<br />
Während <strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>r Protestanten an<br />
<strong>de</strong>r Bevölkerung <strong>de</strong>r In<strong>de</strong>stadt im 18.<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rt noch rund fünf Prozent<br />
betrug, stieg er seit <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s 19.<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rts, also einhergehend mit <strong>de</strong>m<br />
Aufstieg Eschweilers zur Industriestadt,<br />
welches <strong>de</strong>n Zuzug protestantischer<br />
Arbeitskräfte (insbeson<strong>de</strong>re für <strong>de</strong>n<br />
Bergbau und die Eisen verarbeiten<strong>de</strong><br />
Industrie) zur Folge hatte, <strong>auf</strong> zeitweise<br />
über zehn Prozent an. 1872 lebten bereits<br />
über 800 Pro tes tanten in Eschweiler. Die<br />
kleine Kirche an <strong>de</strong>r Wollen weber straße<br />
bot nicht mehr genügend Platz für<br />
Gottesdienste. Da eine Erweiterung <strong>de</strong>s<br />
protestantischen Gotteshauses nicht möglich<br />
war, wur<strong>de</strong> ein Kirchenneubau an<br />
an<strong>de</strong>rer Stelle beschlossen.<br />
Ein entsprechen<strong>de</strong>s Grundstück erwarb<br />
die Gemein<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Eschweiler<br />
„Neustadt“, also im innenstädtischen<br />
Gebiet südlich <strong>de</strong>r In<strong>de</strong>. Und zwar an <strong>de</strong>r<br />
Moltkestraße (Ecke zur heutigen Martin-<br />
Luther-Straße), nicht weit entfernt von <strong>de</strong>r<br />
(1938 zerstörten) Synagoge <strong>de</strong>r kleinen<br />
jüdischen Ge mein <strong>de</strong> Eschweilers. Als<br />
erstes wur<strong>de</strong> 1876 das für die damalige<br />
Zeit sehr repräsentative Pfarrhaus gebaut.<br />
Nach etlichen Spen<strong>de</strong>n und vielen<br />
Sammlungen konnte dann 1890 <strong>de</strong>r<br />
Grundstein für <strong>de</strong>n Neubau gelegt wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Einweihung <strong>de</strong>s neuen evangelischen<br />
Gotteshauses war am 4. Februar 1892.<br />
Die Kirche hatte ein Geläut von drei<br />
Glocken, die im Ersten Weltkrieg eingeschmolzen wur<strong>de</strong>n.<br />
1925 und 1927 wur<strong>de</strong> ein neues Geläut von vier Glocken<br />
angefertigt. Drei dieser neuen Glocken wur<strong>de</strong>n im Zweiten<br />
Weltkrieg beschlagnahmt und abtransportiert. Sie wur<strong>de</strong>n<br />
jedoch glücklicherweise nicht eingeschmolzen und konnten<br />
nach 1945 wie<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Kirche angebracht wer<strong>de</strong>n.<br />
Als amerikanische Truppen Eschweiler im Herbst 1944 von<br />
<strong>de</strong>r Nazi-Diktatur befreiten, wur<strong>de</strong> die evangelische Kirche<br />
durch Artillerietreffer schwer beschädigt. Den Mitglie<strong>de</strong>rn<br />
<strong>de</strong>r evangelischen Gemein<strong>de</strong> – und natürlich allen übrigen<br />
Eschweilern auch - bot sich ein trostloses Bild. Hans Koz -<br />
lowski schreibt dazu: „Nach einem Gutachten aus <strong>de</strong>n<br />
ersten Nachkriegsjahren war die Kirche zu 70 Prozent, das<br />
Pfarrhaus zu 55 Prozent, <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>saal zu 22 Prozent<br />
und das Gemein<strong>de</strong>büro zu 25 Prozent beschädigt.” Erst<br />
1951 war die evangelische Dreieinigkeitskirche wie<strong>de</strong>r so<br />
weit wie<strong>de</strong>rhergestellt, dass sie mit einem Festgottesdienst<br />
wie<strong>de</strong>r in Gebrauch genommen wer<strong>de</strong>n konnte. Und erst<br />
am 1. April 1957 erhielt sie durch einen Beschluss <strong>de</strong>s Pres -<br />
byteriums <strong>de</strong>n Namen, <strong>de</strong>n sie bis heute trägt: Dreiei nig -<br />
keitskirche. An die einstige Nachbarschaft <strong>de</strong>r Dreieinig -<br />
keits kirche zur Synagoge erinnert übrigens ein am 9.<br />
November 1988 aus Anlass <strong>de</strong>s 50. Jahrestages <strong>de</strong>r<br />
Pogrom nacht von 1938 <strong>auf</strong> <strong>de</strong>m Vorplatz <strong>de</strong>r Dreieinig -<br />
keitskirche eingeweihter Ge<strong>de</strong>nkstein.<br />
Die große Zahl von Flüchtlingen aus <strong>de</strong>r DDR und <strong>de</strong>n ehemaligen<br />
Ostgebieten <strong>de</strong>s Deutschen Reiches führte in <strong>de</strong>n<br />
Fünfziger Jahren zu einem starken Anwachsen <strong>de</strong>r protes -<br />
tantischen Bevölkerung von Eschweiler. Mitte <strong>de</strong>r Fünf zi ger<br />
waren über 8.500 Eschweiler protestantischen Glau bens.<br />
Ein einziges evangelisches Gotteshaus reichte nicht mehr<br />
aus. 1963 wur<strong>de</strong> als weitere evangelische Kirche in<br />
Eschweiler die in unmittelbarer Nähe zum Stadtwald und zur<br />
Donnerberg-Kaserne gelegenen Frie<strong>de</strong>nskirche eingeweiht.<br />
Der Friedhof <strong>de</strong>r evangelischen Kirchengemein<strong>de</strong> Esch -<br />
weiler befin<strong>de</strong>t sich an <strong>de</strong>r Jülicher Straße.<br />
Mehrere protestantische Gemein<strong>de</strong>n<br />
Weisweiler wur<strong>de</strong> mit Dürwiß und einigen kleineren Orten<br />
bereits 1961 eine selbstständige evangelische Kirchenge -<br />
mein<strong>de</strong>. Auf <strong>de</strong>m Gelän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r ehemaligen Weisweiler Burg<br />
wur<strong>de</strong> ein mo<strong>de</strong>rnes Gemein<strong>de</strong>zentrum errichtet, auch die<br />
kleine Kirche <strong>de</strong>r evangelischen Gemein<strong>de</strong> Weisweiler<br />
befin<strong>de</strong>t sich <strong>auf</strong> diesem Gelän<strong>de</strong>. Bis 1961 hatten die erst<br />
1972 im Zuge <strong>de</strong>r kommunalen Neuglie<strong>de</strong>rung nach Esch -<br />
weiler eingemein<strong>de</strong>ten Orte Dürwiß und Weisweiler zur<br />
evangelischen Kirchengemein<strong>de</strong> Eschweiler gehört.<br />
Neben <strong>de</strong>n evangelischen Kirchengemein<strong>de</strong>n Eschweiler<br />
und Weisweiler, die voneinan<strong>de</strong>r organisatorisch unabhängig<br />
sind, gibt es noch weitere kleinere protestantische<br />
Gemein<strong>de</strong>n in Eschweiler, zum Beispiel die „Freie Evan -<br />
gelische Gemein<strong>de</strong>“ und die „Neuapostolische Kirche“. Im<br />
Jahre 2008 waren laut Statistischem Jahresbericht <strong>de</strong>r Stadt<br />
Eschweiler im Stadtgebiet 13,4 Prozent <strong>de</strong>r Bevölkerung<br />
(das entspricht 7.580 Menschen) evangelischer Religions -<br />
zugehörigkeit.<br />
Horst Schmidt