28.12.2014 Aufrufe

Erfahrungsbericht WS 12 / 13 - Erasmus

Erfahrungsbericht WS 12 / 13 - Erasmus

Erfahrungsbericht WS 12 / 13 - Erasmus

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Aufenthalt an der Alma Mater Università Bologna<br />

–<br />

Politische Wissenschaft: Wintersemester 20<strong>12</strong>/20<strong>13</strong><br />

Im Voraus von diesem <strong>Erfahrungsbericht</strong> meines <strong>Erasmus</strong>-Semesters an der Universität<br />

Bologna möchte ich mich herzlich dafür bedanken, dass ich die Möglichkeit hatte im Rahmen<br />

von <strong>Erasmus</strong> fünf Monate in Italien zu studieren. Ich habe mich dort persönlich weiter<br />

entwickeln dürfen, habe viel gelernt und durfte eine mir bis dahin eher unbekannte Sprache<br />

und Kultur näher kennenlernen. Ein Auslandssemester, so unterschiedlich es bei jedem auch<br />

verlaufen mag, kann ich deswegen von ganzem Herzen empfehlen.<br />

Erfahrungen an der Gastuniversität:<br />

Das Klischee von Italien trifft auch auf Bologna zu. Es ist chaotisch. Obwohl ich mir hab sagen<br />

lassen, dass Bologna noch relativ organisiert ist, kann es doch zu diversen Schwierigkeiten<br />

bezüglich der Lehrveranstaltungen/ Betreuung etc. kommen. Ich kann hier nur raten, sich<br />

alles sehr gut durchzulesen und wenn möglich sich bei den neuen Kommilitonen bzw. bei<br />

den Italienern sehr gut über Kurse und Dozenten und die gängigen Prozedere zu<br />

informieren. Ein kleines Beispiel aus meinem Uni-Leben: Mein zuständiger Ansprechpartner<br />

für mein Learning Agreement war im Institut zwei Mal namentlich vertreten. Das heißt, es<br />

gab zwei Personen mit demselben Namen, allerdings in unterschiedlichen Räumlichkeiten<br />

(das war mir vorher nicht bekannt). Nachdem ich dann drei Wochen hinter einander<br />

niemanden in den Sprechstunden trotz voriger Email-Absprache angefunden habe, hat mein<br />

Betreuer mich wissen lassen in welchem Büro er sitzt und dass es zwei Professoren mit<br />

demselben Namen gibt. So etwas ist vermeidbar und ärgerlich, wenn man Fristen einhalten<br />

will, deswegen rate ich euch, euch genau zu informieren und lieber ein paar Fragen zu viel<br />

als zu wenig zu stellen.<br />

In Bologna werden viele interessante Kurse angeboten. Hier kann ich nur empfehlen auch<br />

auf die „Master“ Kurse zurückzugreifen (Magistrale). Obwohl der Bachelor aus Bologna<br />

kommt, ist das dortige Unisystem noch anders und in den ersten vier Jahren werden oftmals<br />

sehr rudimentäre Grundlagen vermittelt. Die Magistrale Kurse hingegen weisen eine hohe<br />

thematische Variation auf, werden von tollen Dozenten gehalten und sind sehr interessant.<br />

In Bologna gibt es spezielle Themengebiete, denen besondere Beachtung geschenkt werden<br />

sollte. So zum Beispiel die Gender Studies. Wer sich hierfür interessiert, ist in Bologna an der<br />

richtigen Adresse.<br />

Auch bei den Lehrveranstaltungen sollte genau in Erfahrung gebracht werden, in welcher<br />

Form Leistungsnachweise gebracht werden sollen. Die italienischen Prüfungen sind sehr<br />

gewöhnungsbedürftig. Bei mündlichen Prüfungen (Achtung: sehr oft sind Prüfungen


mündlich, nicht schriftlich): Man sitzt mit dem ganzen Kurs in einem Raum und wird vom<br />

Dozenten der Reihe nach aufgerufen und muss dann vor dem ganzen Kurs vorne am „Pult“<br />

die Fragen beantworten. Manchmal ist es so, dass alle zuhören können, manchmal ist es so,<br />

dass alle ungehemmt reden und der Lärmpegel dementsprechend eher nicht<br />

konzentrationsförderlich ist. Es kann sein, dass fünfzig Leute das Examen machen und man<br />

dann von neun Uhr morgens bis sechs Uhr abends im Klausurraum sitzt und nicht raus kann,<br />

weil man aufgerufen werden könnte. Die Reihenfolge wird nämlich nach der<br />

Anmeldungsreihenfolge für die Klausur bestimmt, nicht von A-Z o.ä. Das mit dem Nicht-<br />

Rausgehen auch unbedingt ernst nehmen, eine Freundin von mir ist durchgefallen, weil sie<br />

nicht anwesend war als sie aufgerufen wurde. Es gibt jedoch dann meistens mehrere<br />

Nachprüfungsmöglichkeiten. Das italienische Klausuren-System ist also gänzlich anders als<br />

das unsere, man gewöhnt sich jedoch schnell daran.<br />

Bei dem Verfassen von Hausarbeiten (meistens nur 10 Seiten) wird im Anschluss eine<br />

mündliche Klausur zur Hausarbeit gestellt. Falls das Italienisch noch nicht so gut sein sollte,<br />

kann man die Hausarbeiten oftmals auch auf Englisch und ggf. auch auf Französisch<br />

verfassen. Es wird dann jedoch wahrscheinlich auf Italienisch geprüft. Die Klausuren sind auf<br />

Italienisch gestellt, manchmal dürfen die Fragen jedoch auf Englisch beantwortet werden.<br />

Hierfür gibt es keine Regel, das wird individuell mit den Dozenten abgesprochen. Das<br />

Semester endet übrigens meistens Ende Dezember, danach sind nur noch Klausuren und<br />

keine Vorlesungen bzw. Seminare mehr.<br />

Zu den Studienleistungen: Die Notenspanne geht von 0-30 Punkten, Achtung: mit 18<br />

Punkten ist die Klausur/ Hausarbeit erst bestanden und wird meist in eine 4,0 umgerechnet.<br />

26 Punkte sind meist eine 2,0. Meine Klausuren waren sehr anspruchsvoll und ohne eine<br />

ausgiebige Vorbereitung wäre ein Bestehen nicht möglich gewesen. Einen Sonderstatus, weil<br />

man <strong>Erasmus</strong>-Student ist, gibt es meistens nicht. Dafür wird man genauso ernst genommen,<br />

wie die italienischen Studenten, was mir persönlich gut gefallen hat.<br />

Erfahrungen außerhalb des Studiums:<br />

Im September bin ich nach Bologna geflogen um eine Wohnung zu finden. Das war definitiv<br />

zu spät. Wer eine günstige, schöne Wohnung sucht, sollte Ende Juli, spätestens Anfang<br />

August hin fahren und sich etwas Passendes suchen. Bologna wird zu Semesterzeiten von<br />

Studenten überschwemmt. Das trägt zum schönen Flair der Stadt maßgeblich bei, führt aber<br />

auch zu einer chronischen Wohnungsnot. In Italien sind Doppias und sogar Triplas sehr<br />

verbreitet. Im September sind dann nur noch die sehr teuren Einzelwohnungen bzw. die<br />

Doppias/ Triplas, wo ein Zimmer zu zweit oder zu Dritt geteilt wird, zu finden. Wer den Stress<br />

der Wohnungssuche auf letzte Minute also vermeiden will und vielleicht mit Italienern<br />

zusammen wohnen möchte, sollte schon früher dorthin fahren. Ich persönlich habe in einer<br />

Doppia gewohnt und mir hat es sehr gut gefallen, obwohl ich dem zuerst auch skeptisch<br />

gegenüber stand. Im Endeffekt war es das Beste an meinem Auslandsaufenthalt, weil<br />

dadurch eine sehr enge Freundschaft entstanden ist.


Bei der Wohnungssuche sollte auch unbedingt aufgepasst werden, dass niemand versucht zu<br />

betrügen. Ich habe von vielen ausländischen Studenten gehört, die ohne Vertrag eingezogen<br />

sind und wo es nachher Ärger gab, weil der Vermieter nichts davon wusste, weil die WG sich<br />

damit einen Zuverdienst beschaffen wollte.<br />

Zu den Finanzen: Italien ist teuer!!! Und Auslandsaufenthalte sind sehr teuer! Lebenskosten<br />

in Italien und auch die Lebensweise sind sehr teuer. Dadurch, dass viel unternommen<br />

werden möchte und Lebensmittel sowie Nebenkosten!!! sehr teuer sind, sollte man das<br />

unbedingt einplanen. Im Winter ist in den meisten Wohnungen mit sehr hohen Nebenkosten<br />

zu rechnen, da das Gas sehr teuer ist. Lebensmittel und vor allem Kosmetika sind viel teurer<br />

als in Deutschland.<br />

Wirklich toll ist der Aperitivo als kulturelles Highlight in Bologna und insgesamt das Essen. Es<br />

gibt unglaublich viele Bars, Cafés und Restaurants. Und vor allem gibt es auch eine lebendige<br />

alternative Szene mit vielen Konzerten, Veranstaltungen, Lesungen, Ausstellungen und<br />

ähnlichem. Wer Zeit findet, sollte das unbedingt wahrnehmen. Im Sommer sitzen die<br />

Studenten meist draußen auf den Piazzas/ Plätzen und beginnen dort ihren Abend mit einem<br />

Glas Wein. Die meisten Clubs sind außerhalb von Bologna, und nur schwierig mit<br />

öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. In der Innenstadt ist eher in Bars etwas los. Das<br />

Nachtleben beginnt generell viel später als bei uns. Interessierte an Kunstgeschichte<br />

kommen in Bologna und Umgebung voll auf ihre Kosten.<br />

Zusätzliche Empfehlungen:<br />

Ich bin in das <strong>Erasmus</strong> Semester in Italien gestartet ohne wirklich Italienisch zu können. Die<br />

Sprache in fünf Monaten zu erlernen, jedenfalls für die Umgangssprache, ist schaffbar.<br />

Allerdings empfehle ich mit mehr Kenntnissen dorthin zu fahren, da dies die Situation dann<br />

doch sehr erleichtert und vor allem den Unialltag bzw. Klausuren einfacher macht. Ein<br />

Sprachkurs vorher (z.B. in einer anderen Stadt) kann sinnvoll und ein schöner Einstieg in das<br />

Auslandssemester sein.<br />

Die Umgebung von Bologna ist wunderschön und auch die umliegenden kleineren<br />

Ortschaften, sind neben größeren Zielen wie Florenz und Mailand, eine Reise wert.<br />

Letztendlich ist ein Auslandsaufenthalt immer auch mit Problemen verbunden, komplett<br />

glatt läuft es meistens nicht. Aber schwierige Zeiten sind meist die schönsten Zeiten und<br />

prägen und stärken die Persönlichkeit.<br />

Falls ihr Fragen habt, könnt ihr gerne meine Email-Adresse erfragen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!