Teil 1: Masern Von den Morbilli, den ... - GlaxoSmithKline
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pflanzen sich eben so fort, als die Pocken. Sie haben<br />
folglich ihr eigenes Gift, welches sich nicht in der Luft<br />
aufhält, oder mit derselben herum geführt wird, sondern<br />
sich durch Sachen und Menschen verbreitet. Daher ist es<br />
eben so möglich, dieser Krankheit, als <strong>den</strong> Pocken, zu<br />
entgehen, wofern man sich nur vor der Ansteckung in<br />
Acht nimmt.<br />
In unserem Geblüte befindet sich keine <strong>Masern</strong>materie,<br />
sondern nur eine Disposition zu einem solchen Ausschlag-<br />
fieber, welches niehmals von selbst bey jemandem ent-<br />
stehet, sondern nur, wenn ihn das Gift getroffen hat.“<br />
Der Übertragungsweg des „Ansteckungsstoffes“ war damit<br />
schon vor zweihundert Jahren exakt beobachtet, unbekannt<br />
freilich blieb „seine chemisch-physische Natur“. Bis zur<br />
erstmaligen Isolierung des humanpathogenen <strong>Masern</strong>virus,<br />
eines etwa 120 - 140 Nanometer großen Erregers aus der<br />
Familie der Paramyxoviren, im Jahr 1954 sollten freilich<br />
noch eineinhalb Jahrhunderte vergehen (eine kurze<br />
Darstellung der Geschichte der Entdeckung der Viren<br />
– mit Martinus Beijerincks berühmtem contagium vivum<br />
fluidum – findet sich im <strong>Teil</strong> 3 unser 4-teiligen Serie<br />
„Vom Schrecken der Kinderkrankheiten zur modernen<br />
4fach-Impfung“).<br />
10<br />
<strong>Masern</strong><br />
<strong>Von</strong> <strong>den</strong> <strong>Morbilli</strong>, <strong>den</strong> Mortalitätsstatistiken und der Einpfropfung<br />
Entstehung und Ausbreitung der <strong>Masern</strong><br />
Zu <strong>den</strong> ungeklärten Problemen bei <strong>den</strong> <strong>Masern</strong> gehörte<br />
bis vor kurzem auch die Frage nach ihrer Entstehung und<br />
weltweiten Verbreitung. A. Cliff, P. Hagget und P. Smallman-<br />
Raynor gaben dazu erst jüngst eine überzeugende Antwort:<br />
1. Die Biologische Basis<br />
Ausgehend von der durchschnittlichen Überlebenszeit des<br />
<strong>Masern</strong>virus im menschlichen Organismus von 14 Tagen<br />
wird in städtischen Gebieten, mit rascher Virusausbreitung,<br />
ein Reservoir von ca. 40.000 Neugeborenen pro Jahr<br />
benötigt, um das Virus zu erhalten. In eher ländlich<br />
organisierten Gebieten, mit langsamerer Virusausbreitung,<br />
wird ein Mindestreservoir von 10.000 Neugeborenen kalku-<br />
liert. Für ein Persistieren des Virus ergibt sich damit eine<br />
Mindestbevölkerungsgröße von etwa 250.000 Menschen – in<br />
geographisch überschaubarer Nähe.<br />
2. Die Archäologische Basis<br />
Städtische bzw. dicht besiedelte ländliche Gebiete mit<br />
einer entsprechen<strong>den</strong> Bevölkerungszahl sind erst seit<br />
etwa 3000 vor Christus nachweisbar. In der ältesten heute<br />
bekannten Zivilisation, dem Gebiet zwischen Euphrat und<br />
Tigris, wird die Zahl der Einwohner zu dieser Zeit bereits<br />
auf rund eine halbe Million geschätzt. Anzahl und die<br />
geographische Nähe der sumerischen Städte und Dörfer<br />
deuten darauf hin, dass sie einen einzigen „disease pool“<br />
konstituiert haben. Dass die ersten halbwegs sicheren<br />
Berichte bzw. Beschreibungen über <strong>Masern</strong> – rund<br />
dreieinhalb tausend Jahre später! – ebenfalls aus dem<br />
mittleren Osten stammen (von dem jüdischen Arzt<br />
Al-Yehudi und dem persischen Arzt Rhazes), ist natürlich<br />
kein zusätzlicher Beweis der These, vielleicht aber ein<br />
weiterer kleiner Mosaikstein.<br />
3. Das Ausbreitungsmuster<br />
In jüdischen, griechischen, römischen, chinesischen,<br />
indischen und arabischen Quellen fin<strong>den</strong> sich in <strong>den</strong> fol-<br />
gen<strong>den</strong> Jahrhunderten unzählige Aussagen über zum <strong>Teil</strong><br />
katastrophale Epidemien. Die Zuschreibung zu bestimmten<br />
Erregern ist natürlich extrem schwierig. Dennoch wird<br />
z.B. vermutet, dass die vom griechischen Geschichtsschreiber<br />
Infektionsschutz aus: L. Langstein, Atlas der Hygiene, 1918 Erdkugel aus: E. Hold, Buch für Kinder, 1812