Koks-Bäcker - RAG Deutsche Steinkohle
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VORSTELLEN � KOKEREI<br />
Nicht nur eine Männerwelt<br />
> herausgeholt sind, bleibt das gereinigte Gas<br />
selbst als letztes Nebenprodukt übrig. 45 Prozent<br />
davon werden zu den <strong>Koks</strong>öfen zurückgeleitet<br />
– als Heizgas. Die übrigen 55 Prozent<br />
werden auf sechs bis neun Bar verdichtet –<br />
und noch einmal feingereinigt, bis sie Stadtgas-Qualität<br />
haben. Städte allerdings gehören<br />
nicht mehr zu den Kunden; sie haben nach<br />
und nach das als „Leuchtgas“ weit verbreitete<br />
Kokereigas durch Erdgas ersetzt. Zuletzt stell-<br />
Der Bergbau ist traditionell eine männliche<br />
Welt, und auch die Koker sind weit gehend<br />
unter sich. Das lag unter anderem an den<br />
Arbeitsschutzgesetzen. Nach und nach<br />
ändert sich das: Birgit Lohkamp, 24-jährige<br />
Diplomingenieurin, ist Trainee auf der<br />
Kokerei Prosper. Nach einer Exkursion zur<br />
Bottroper Kokerei bewarb sie sich für die<br />
Trainee-Stelle. Ein halbes Jahr lang lernt sie<br />
die „schwarze Seite“ der Kokerei gründlich<br />
kennen, ein halbes Jahr lang die „weiße<br />
Seite“. Weiß ist auch der Stoff, mit dem sie<br />
sich über ihre ganze Trainee-Zeit im Rahmen<br />
eines Projekts befasst: Ammonium sulfat.<br />
Bislang wird der Dünger als staubiges Pulver<br />
verkauft. Nun plant Birgit Lohkamp eine<br />
Kompaktierungsanlage, in der das Salz<br />
gepresst und dann zu einem Granulat verarbeitet<br />
wird, das leichter zu handhaben und<br />
daher besser zu vermarkten sein wird.<br />
Wenn es nach der Ingenieurin geht, ist ihre<br />
Trainee zeit keine Episode: Sie kann sich<br />
eine Zukunft als Kokerin gut vorstellen. Ihre<br />
Koker-Kollegen, sagt sie, seien jedenfalls<br />
alle fair, freundlich und hilfsbereit.<br />
Mit dem Gas heizt die Industrie<br />
Silbern muss er<br />
sein und klingen wie<br />
ein Glöckchen –<br />
so wünschen sich die<br />
Koker ihren <strong>Koks</strong><br />
32 <strong>RAG</strong>-Magazin 1⁄2006<br />
ten vor knapp 20 Jahren Gelsenkirchen und<br />
Gladbeck ihre Netze um. Heute übernimmt<br />
die Firma E. ON Ruhrgas das Produkt gleich an<br />
der Kokerei und verschickt es in ihrem Netz<br />
an Industriekunden, die mit dem Gas ihre<br />
Anlagen befeuern.<br />
Vor ein paar Jahren sah es noch so aus, als<br />
werde auch die Kokerei Prosper bald der Vergangenheit<br />
angehören. Dann folgten Stahlboom<br />
und <strong>Koks</strong>knappheit; die Industrie roll-<br />
te Kokereichef Strunk rote Teppiche aus und<br />
bettelte um mehr <strong>Koks</strong>. In Bottrop holten die<br />
Koker aus der Anlage heraus, was nur eben<br />
herauszuholen war: gut 2,1 Millionen Tonnen<br />
im Jahr. Eine Erweiterung der Kokerei war so<br />
gut wie beschlossen. Inzwischen, sagt Joachim<br />
Strunk, sei der Boom abgeflaut und der<br />
<strong>Koks</strong>markt bei sinkenden Preisen deutlich<br />
entspannt. Der Ausbau in Bottrop ist zurückgestellt;<br />
die Stahlindustrie möchte zuerst die<br />
Kokerei der Hüttenwerke Krupp-Mannesmann<br />
in Duisburg-Huckingen vergrößern.<br />
Danach, meint Struck, werde man weitersehen.<br />
Er ist zuversichtlich: In Deutschland,<br />
dem weltgrößten <strong>Koks</strong>-Importeur, fehlten<br />
nach wie vor 3,5 bis 4 Millionen Tonnen<br />
im Jahr. „Selbst wenn beide, Huckingen und<br />
Prosper, ausgebaut würden, wären das erst<br />
2,4 Millionen Tonnen – also noch längst keine<br />
Überversorgung.“ Die Frage sei immer:<br />
Was macht China? Was passiert, wenn die ihre<br />
Exporte wieder reduzieren? Mit Genugtuung<br />
zitiert Joachim Strunk eine neue Studie des<br />
Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts. Sie<br />
fordert von Politikern, dem Niedergang der<br />
Kokereien in Deutschland Einhalt zu gebieten<br />
und den Trend umzukehren.<br />
WASSERSTOFF<br />
FÜR DIE ZUKUNFT<br />
Neue heimische Kokereikapazitäten, so die<br />
Studie, erhöhten die Versorgungssicherheit<br />
der Unternehmen und verhinderten die<br />
Abwanderung hochspezialisierten Knowhows.<br />
„Na bitte“, kann man auf dem Gesicht<br />
des Kokereichefs lesen. Als Argument für seine<br />
Zuversicht dient ihm nicht nur der <strong>Koks</strong>-,<br />
sondern auch der Ölpreis. Angesichts des teuren<br />
Öls würden die Nebenprodukte der Kokerei<br />
preislich immer interessanter. Man müsse<br />
sogar, sagt Strunk, wieder über Kohleverflüssigung<br />
nachdenken. Die gab es schon mal in<br />
Bottrop: eine Anlage gleich neben der Kokerei,<br />
nach der Ölkrise. Doch während ein Wiederaufleben<br />
dieser Technologie Zukunftsmusik<br />
und Kohleverflüssigung auch nur eine<br />
verwandte Art der Kohleveredelung ist, hat<br />
Prosper eine Anlage zur Wasserstoffgewinnung<br />
aus Kokereigas fix und fertig da stehen<br />
– angesichts der intensiven Forschungen<br />
zum Wasserstoffantrieb sieht Strunk auch<br />
für dieses Nebenprodukt eine große Zukunft.<br />
Schließlich experimentiert die Autoindustrie<br />
seit der Ölpreisexplosion verstärkt mit Wasserstoffantrieben.<br />
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32_RagMagazin_0106 32 21.02.2006 10:05:42 Uhr