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Gefahren und Risiken bei der<br />

Anwendung mechanischer Fixierungen<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

• Das BfArM<br />

Dr. Ilka Behmann<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel und<br />

Medizinprodukte (BfArM)<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

22. Oktober 2009<br />

Übersicht<br />

• Mechanische Fixierung<br />

• Vorkommnisse in Zusammenhang mit<br />

mechanischer Fixierung<br />

• Exkurs Bauchgurte<br />

• Überlegungen zur Prävention<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

1


BfArM<br />

(Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte)<br />

Bundsoberbehörde im Geschäftsbereich des BMG<br />

• Zulassung und Überwachung im Arzneimittelbereich<br />

• Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs<br />

• Risikoüberwachung von Medizinprodukten<br />

– Risikobewertung von Vorkommnissen und<br />

Rückrufen:<br />

Weist das Medizinprodukt ein unvertretbares Risiko auf?<br />

Welche korrektiven Maßnahmen sind geboten?<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Meldung von Vorkommnissen<br />

und Rückrufen (Abschnitt 2 MPSV)<br />

• „Vorkommnis“<br />

Produktfehler oder Defekt des<br />

Medizinproduktes, mit dem<br />

eine Personengefährdung<br />

verbunden ist<br />

– Meldung durch Hersteller<br />

– Anwender/Betreiber<br />

– Ausgabestelle (z. B. Apotheke)<br />

• „Rückruf“<br />

Maßnahme für bereits<br />

ausgelieferte Produkte<br />

– Meldung durch Hersteller<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

§ 2 MPSV Begriffsbestimmungen<br />

Im Sinne dieser Verordnung ist<br />

1. "Vorkommnis" eine Funktionsstörung,<br />

ein Ausfall oder eine Änderung der<br />

Merkmale oder der Leistung oder eine<br />

Unsachgemäßheit der Kennzeichnung<br />

oder der Gebrauchsanweisung eines<br />

Medizinprodukts, die unmittelbar oder<br />

mittelbar zum Tod oder zu einer<br />

schwerwiegenden Verschlechterung<br />

des Gesundheitszustands eines<br />

Patienten, eines Anwenders oder<br />

einer anderen Person geführt hat,<br />

geführt haben könnte oder führen<br />

könnte,<br />

…<br />

3. „Rückruf“ eine korrektive Maßnahme,<br />

mit der die Rücksendung, der<br />

Austausch, die Um- oder<br />

Nachrüstung, die Aussonderung oder<br />

Vernichtung eines Medizinproduktes<br />

veranlasst wird<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

2


Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Vorgehensweise<br />

Angaben zum Melder<br />

(Kontaktdaten)<br />

Angaben zum<br />

Hersteller/Produkt<br />

Angaben zum<br />

Hergang<br />

Diskussion mit dem Hersteller des betroffenen Produktes<br />

und ggf. mit weiteren Experten:<br />

• Ursache des Vorfalls in Zusammenhang mit einem Produktmangel?<br />

• Vertretbarkeit des Risikos?<br />

• Notwendigkeit von korrektiven Maßnahmen?<br />

� Ggf. Maßnahmenempfehlung an die zuständige<br />

Aufsichtsbehörde.<br />

Fokus auf technisch-konstruktive Aspekte der Produkte,<br />

nicht auf Klärung der Angemessenheit des Produkteinsatzes.<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

3


• Das BfArM<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Übersicht<br />

• Mechanische Fixierung<br />

• Vorkommnisse in Zusammenhang mit<br />

mechanischer Fixierung<br />

• Exkurs Bauchgurte<br />

• Überlegungen zur Prävention<br />

Was ist mechanische Fixierung?<br />

• Mechanische Bewegungseinschränkung des<br />

Patienten<br />

(F. Henke, Fixierungen in der Pflege, 2006).<br />

• …mechanisches Hilfsmittel, das vom<br />

Patienten nicht leicht zu entfernen ist und<br />

die Bewegungsfreiheit einschränkt<br />

(frei übersetzt nach J.A. Brown und E. A. Capezuti, The legal<br />

and medical aspects of physical restraints…, 2000).<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

4


Produkte, die fixieren<br />

• Fixiergurte<br />

• Geschlossene Bettsysteme<br />

• Bettschürzen<br />

• Pflege- und Tagesstühle<br />

• Rollstuhl- und Therapietische<br />

• Positioniergurte bei Sitzschalen und (Roll-)Stühlen<br />

• Haltegurt /-gestelle bei Laufbändern und Stehhilfen<br />

• Bettseitengitter<br />

• Sicherungsgurt /-gitter in Transport- und Badevorrichtungen<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Zweckbestimmung<br />

(§ 3 MPG)<br />

Durch den Hersteller in den Produktunterlagen<br />

angegebener Verwendungszweck.<br />

§ 3 MPG Begriffsbestimmungen<br />

10. Zweckbestimmung ist die Verwendung, für die das<br />

Medizinprodukt in der Kennzeichnung, der<br />

Gebrauchsanweisung oder den Werbematerialien nach<br />

den Angaben des in Nummer 15 genannten<br />

Personenkreises (Amn.: des Herstellers) bestimmt ist.<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

5


Beispiele für Zweckbestimmung<br />

• Patienten am Ort halten, Fixierung<br />

• Schutz vor (Selbst-)Verletzung und Stürzen<br />

• Erinnerungshilfe gegen Aufstehen<br />

• Schutz gegen Verschmutzung und Zugriff auf Körperstellen<br />

• Rehabilitation, Mobilisation und Pflege<br />

• Aktive Teilnahme am Gemeinschaftsleben<br />

• Stützen, Positionieren, Aufrechthalten, Notstop-Auslösung<br />

• Schutz gegen Herausfallen und beim Transfer<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Einflussfaktoren auf die Anwendung<br />

• Bauart des Produktes (Konstruktion/Design)<br />

• Zweckbestimmung des Produktes<br />

• Nutzen der Anwendung � Gefahr bei Anwendung<br />

• Zustand des Produktes<br />

• Art der Anwendung<br />

• Aufsichtslage und Zeitdauer der Situation<br />

• Zustand des Patienten<br />

• Möglichkeit von Alternativen<br />

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Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

6


Mögliche Arten der Gefährdung<br />

Produktversagen:<br />

• Funktionsversagen (Fixierung öffnet oder löst sich)<br />

• Strukturversagen (Brüche und Risse des Materials)<br />

• Statische Probleme (Umkippen des Systems)<br />

Ohne (erkennbares) Produktversagen:<br />

• Mechanische Einwirkung auf den Fixierten<br />

• Nebenwirkungen durch die Anwendung<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

• Das BfArM<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Übersicht<br />

• Mechanische Fixierung<br />

• Vorkommnisse in Zusammenhang mit<br />

mechanischer Fixierung<br />

• Exkurs Bauchgurte<br />

• Überlegungen zur Prävention<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

7


• Bettseitengitter (124)<br />

• Bauchgurte zur Fixierung<br />

im Bett (43)<br />

• Sicherungsgurte und<br />

(Rück-)Haltesysteme (24)<br />

Betrachtete Produkte<br />

• Stehgeräte (6)<br />

• Transportliegen (6)<br />

• Bettschürzen (3)<br />

• Pflegestühle (2)<br />

• Hand-/Fußfixierungen (2)<br />

• Fixiervorrichtung am Bett (1)<br />

• Geschlossenes Bettsystem (1)<br />

• Rollstuhltisch (1)<br />

(213 Vorkommnisse seit 1996 ausgewertet)<br />

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Häufig betroffene Produkte<br />

Quelle: STA Osnabrück 720 Js 1700/05<br />

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Quelle: STA Braunschweig 121 Js 14887/07<br />

Seitengitter und Bauchgurte<br />

sowie sonstige Sicherungsgurte.<br />

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und Medizinprodukte<br />

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und Medizinprodukte<br />

8


Inhalt der Vorkommnismeldungen<br />

• Einklemmungen (71)<br />

• Rutschen/Hängen (53)<br />

• Loslösungen (45)<br />

• Bauteilbrüche/-risse (18)<br />

• Verletzungen (7)<br />

• Berichte über Mängel (4)<br />

• Funktionsstörungen (5)<br />

• Stürze (5)<br />

• Aspiration (1)<br />

• Offener Brand (1)<br />

• Umkippen (1)<br />

• Deformierung (1)<br />

• Hautverbrennung (1)<br />

Fälle mit direkt erkennbarem Produktversagen (70) in der Minderzahl.<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Beispiele für Erstmeldungen<br />

• Einklemmung<br />

„…meldete […], dass Patient bewegungslos mit Kopf durch<br />

Seitengitter-Holm und Liegefläche im Bett lag.“<br />

• Rutschen<br />

„Patientin im Bauchgurt hängend (linke Bettseite zwischen<br />

den Gittern) tot aufgefunden.“<br />

• Loslösung<br />

„Hüftgurte […] sind dünner als normal und schließen daher<br />

möglicherweise nicht korrekt in der Schnalle.“<br />

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und Medizinprodukte<br />

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und Medizinprodukte<br />

9


• Tod (94)<br />

• Keine Folgen (40)<br />

• Gering (33)<br />

• Schwerwiegend (27)<br />

• Folgen unbekannt (19)<br />

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Folgen der Unfälle<br />

Riskante Unfallsituationen<br />

Einklemmungen in starren<br />

Vorrichtungen und<br />

Rutschen/Hängen in flexiblen<br />

(Gurt-)Systemen.<br />

(Rekonstruktionen)<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Quelle: Prof. Dr. Berzlanovich<br />

Institut für Rechtsmedizin<br />

der Universität München<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

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und Medizinprodukte<br />

10


Betroffener Personenkreis<br />

• Patient (209)<br />

Bei konkret eingetretenen Vorfällen sowie<br />

als primär gefährdete Person bei Meldungen über<br />

potentielle Unfallereignisse.<br />

• Anwender (4)<br />

Riskant ist das teilweise Befreien aus dem Produkt<br />

mit anschließendem Verfangen in hilfloser Lage.<br />

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Einflussfaktoren auf die Anwendung<br />

• Bauart des Produktes („Konstruktion“)<br />

• Zweckbestimmung des Produktes<br />

• Nutzen � Gefahr bei der Anwendung<br />

• Zustand des Produktes<br />

• Art der Anwendung<br />

• Aufsichtslage und Dauer der Situation<br />

• Zustand des Patienten<br />

• Möglichkeit von Alternativen<br />

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FAKTOREN<br />

INNERHALB<br />

DES<br />

PRODUKTES<br />

↕<br />

FAKTOREN<br />

AUßERHALB<br />

DES<br />

PRODUKTES<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

11


Festgestellte Ursache<br />

• Konstruktiver Produktmangel (86)<br />

• Patientenbedingte Faktoren (45)<br />

• Fehlerhafte Anwendung (23)<br />

• Produktionsfehler (18)<br />

• Ursache unbekannt (14)<br />

• Äußerer Einfluss (14)<br />

• Mangelhafte Wartung (9)<br />

• Einsatzbedingungen (1)<br />

• Fehlerhafte Produktkombination (1)<br />

• Produktalter/Verschleiß (1)<br />

• Einzelfehler am Produkt (1)<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

Ursachen innerhalb des Produktes und äußere Faktoren halten sich in etwa die Waage.<br />

Häufigste Ursache waren Konstruktionsfehler.<br />

In 59 Fällen sind korrektive Maßnahmen verzeichnet.<br />

Konstruktionsfehler<br />

• Sicherheit des Produktes muss in erster Linie durch<br />

Design gewährleistet werden und den<br />

vorgesehenen Anwendungssituationen<br />

entsprechen.<br />

• Begrenzte Leistungsfähigkeit der Fixierung mit<br />

teilweisem Befreien/mechanischem Verfangen des<br />

Patienten kann Konstruktionsfehler sein.<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

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12


Mögliche Arten der Gefährdung<br />

Produktversagen:<br />

• Funktionsversagen (Fixierung öffnet oder löst sich)<br />

• Strukturversagen (Brüche und Risse)<br />

• Statische Probleme (Umkippen des Systems)<br />

Ohne (erkennbares) Produktversagen:<br />

• Mechanische Einwirkung auf den Fixierten<br />

• Nebenwirkungen durch die Anwendung<br />

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Fallbeispiel<br />

Einklemmung im Seitengitter (1/2)<br />

• Herbst 2002, Meldung durch Hersteller:<br />

Einklemmung mit dem Kopf zwischen Liegefläche und Holm.<br />

Todesfolge für den Patienten.<br />

• Patient unruhig, stark verwirrt, schmächtig und extrem agil.<br />

Bereits im Vorfeld mehrmals am Bett verklemmt.<br />

• Zusätzliche Sicherung seitens des Anwenders mit<br />

Seitengitterbezug und Kissen.<br />

Letzte Kontrolle etwa 20 Minuten vor Auffinden.<br />

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und Medizinprodukte<br />

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und Medizinprodukte<br />

13


Fallbeispiel<br />

Einklemmung im Seitengitter (2/2)<br />

• Seitengitter als Schutz gegen Herausfallen konzipiert, nicht<br />

gegen aktives Verlassen des Bettes.<br />

=> Mindestanforderungen für akzeptables Sicherheits<br />

- niveau der Konstruktion<br />

• Bemaßung der Einklemmstelle deutlich innerhalb der nach<br />

Norm zulässigen Werte (105 < 120 mm).<br />

• Kein Produktmangel festzustellen. Typischer<br />

„Risikopatient“ (Vorgeschichte, Körperbau, mentaler<br />

Zustand).<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Fallbeispiel Rutschen in Bettschürze<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

(1/3)<br />

• Anfang 2002, Meldung durch Betreiber:<br />

Bewohnerin tot vor dem Bett sitzend aufgefunden mit<br />

Bettschürze um den Hals.<br />

• Gründe für Fixierung: Nächtliche Unruhe. Im Vorfeld Stürze<br />

mit Verletzung.<br />

• Letzte Kontrolle 110 Minuten vor Auffinden.<br />

• Hersteller argumentiert: Produkt wurde entgegen der<br />

Zweckbestimmung zur Fixierung eingesetzt.<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

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und Medizinprodukte<br />

14


Fallbeispiel Rutschen in Bettschürze<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

(2/3)<br />

Produkt:<br />

Hals des Patienten befindet<br />

sich in dem Ausschnitt.<br />

Die zwei kopfseitigen Enden<br />

der Decke werden über<br />

den Rücken des Patienten<br />

gekreuzt und mit Schnüren<br />

am Bett verknotet.<br />

Weitere Schnüre befestigen<br />

die Decke an zusätzlichen<br />

Punkten am Bett. Quelle: STA Göttingen 44 Js 2987/02<br />

Was ist mechanische Fixierung?<br />

• Mechanische Bewegungseinschränkung des<br />

Patienten<br />

(F. Henke, Fixierungen in der Pflege, 2006).<br />

• …mechanisches Hilfsmittel, das vom<br />

Patienten nicht leicht zu entfernen ist und<br />

die Bewegungsfreiheit einschränkt<br />

(frei übersetzt nach J.A. Brown und E. A. Capezuti, The legal<br />

and medical aspects of physical restraints…, 2000).<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

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und Medizinprodukte<br />

15


Fallbeispiel Rutschen in Bettschürze<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

(3/3)<br />

• Zweckbestimmung laut Produktunterlagen:<br />

• Widerspruch zwischen Zweckbestimmung und Wirkungsweise.<br />

• Konstruktionsbedingte Gefährdung (Schnüre, Halsausschnitt).<br />

=> Designfehler<br />

• Empfehlung: Einstellung der Produktion und Rückruf (2002).<br />

• Das BfArM<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Übersicht<br />

• Mechanische Fixierung<br />

• Vorkommnisse in Zusammenhang mit<br />

mechanischer Fixierung<br />

• Exkurs Bauchgurte<br />

• Überlegungen zur Prävention<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

16


Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Bauart der Produkte<br />

Bauchgurt zur Patientenfixierung im Bett:<br />

• Bettgurt (schmal)<br />

• Taillengurt (breit)<br />

• Verschlüsse<br />

Zusätzlich<br />

Quelle: STA Braunschweig 121 Js 14887/07<br />

zwei Seitenriemen<br />

rechts und links (nicht im Bild)<br />

Gemeldete Fehlerbilder<br />

• Insgesamt 43 Vorkommnisse mit Bauchgurten<br />

zur Fixierung im Bett ausgewertet.<br />

• Meist Rutschen im Gurt (34 Fälle).<br />

• Sonstige Fehlerbilder:<br />

– Lösen der Fixierung (4)<br />

– Riss der Gurte möglich (2)<br />

– offenes Feuer (1)<br />

– Bruch der Liegefläche (1)<br />

– Reibung (1)<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

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und Medizinprodukte<br />

17


Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Fallauswertung<br />

(Verfangen im Gurt)<br />

• 34 tödliche Vorkommnisse (1999 bis 2008).<br />

• 23 Patientinnen und 11 Patienten betroffen.<br />

• Jahrgang im Mittel 1918 (1902 bis 1941).<br />

• Quellen der Meldungen:<br />

– Staatsanwaltschaft/Behörde (25)<br />

– Anwender (5)<br />

– Hersteller des Gurtes (3)<br />

– Hersteller des beteiligten Bettes (1)<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Begleitumstände<br />

• 20 Vorkommnisse in Alten-/Pflegeheimen,<br />

13 Vorkommnisse in Krankenhäusern,<br />

1 Vorkommnis im Privathaushalt.<br />

• Anordnung, Genehmigung oder Einwilligung zur<br />

Fixierung lag in 22 Fällen vor.<br />

• Gründe der Fixierung: Motorische Unruhe, Sturzgefahr,<br />

Verwirrtheit, Demenz, Bettflucht.<br />

• Unbeobachtete Zeitspanne im Mittel etwa 2 ½ Stunden<br />

(zwischen 30 Minuten und 14 ½ Stunden).<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

18


Vier typische Auffindpositionen (1/2)<br />

• Halbsitzend (15/34) • Kniend (6/34)<br />

Bauchgurt im Bereich des Brustkorbs<br />

=> Blut-/Sauerstoffunterversorgung (13/21)<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Vier typische Auffindpositionen (2/2)<br />

• Frei Hängend (7/34) • Kopftieflage (5/34)<br />

Kopftieflage, Einschnürung im Bauchbereich<br />

=> Herz-Kreislaufversagen oder Aspiration (6/12)<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

19


Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Befunde<br />

• Rumpf meist teilweise oder komplett außerhalb<br />

des Bettes (eine Ausnahme).<br />

• Zwei Gefahrenpunkte des Produktes:<br />

– Seitlicher Bewegungsspielraum über Bettkante oder<br />

Gitter hinaus (lagebedingte Gefährdung)<br />

– Verrutschen des Bauchgurtes in den Thoraxbereich<br />

(Strangulationsgefahr, Kompression)<br />

Seitwärts-<br />

verlagerung<br />

über die<br />

Bettkante<br />

und<br />

Verrutschen<br />

des Gurtes<br />

in den<br />

Brustbereich.<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Rekonstruktionen<br />

Quelle: STA Hagen 600 Js 280/06 Quelle STA Schweinfurt 7 UJs 2861/06<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

20


Anwendung des Systems 1/2<br />

System soll laut Produktunterlagen nur mit Seitenriemen und<br />

durchgehenden Bettgittern angewendet werden.<br />

Befund:<br />

Gitter<br />

Riemen<br />

einteilig<br />

(8)<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

unterteilt<br />

(10)<br />

fehlend<br />

(13)<br />

angelegt (4) 1 2 1 0<br />

fehlend (27) 6 7 12 2<br />

o. A. (3) 1 1 0 1<br />

o. A.<br />

Anwendung des Systems (2/2)<br />

• Kombination von Seitenriemen und<br />

durchgehendem Bettgitter ist nur in einem der 34<br />

ausgewerteten Fälle belegt.<br />

• Weitere anwendungsbedingte Faktoren:<br />

– Fehlerhafte Anpassung der Gurtweite an den Körperbau<br />

der Patienten.<br />

– Falsche Befestigung des Gurtes am Bett.<br />

– Fehlende Genehmigung zur Fixierung.<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

(3)<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

21


Empfehlungen des BfArM (2003)<br />

• Gegen seitliche<br />

Verlagerung über die<br />

Bettkante hinaus<br />

• Gegen Verrutschen des<br />

Bauchgurtes<br />

• Gegen fehlerhafte<br />

Anwendung<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

� Feste Seitenriemen und<br />

Hinweise zu durch<br />

-gehenden Seitengittern<br />

� Konstruktionsänderung<br />

� Änderung der<br />

Gebrauchsanweisung<br />

und Schulung<br />

Sachstand der Umsetzung<br />

• Rückruf oder Nachrüstung von Gurten ohne<br />

Seitenriemen.<br />

• Produktunterlagen hinsichtlich Verwendung von<br />

Seitengittern, Gurtgrößen und Schulung ergänzt.<br />

• Gurt („Basisprodukt“ der Fixierung) bislang noch<br />

nicht gegen Verrutschen in den Brustbereich<br />

gesichert.<br />

=> Information der zuständigen Landesbehörden<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

22


• Das BfArM<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Übersicht<br />

• Mechanische Fixierung<br />

• Vorkommnisse in Zusammenhang mit<br />

mechanischer Fixierung<br />

• Exkurs Bauchgurte<br />

• Überlegungen zur Prävention<br />

Überlegungen zur Prävention (1/2)<br />

• Fixierung kann Nebeneffekt von Produkten<br />

anderer Zweckbestimmung sein.<br />

� Zweckbestimmung und Leistungsfähigkeit des<br />

Produktes müssen übereinstimmen.<br />

• Ursache lag häufig im Design der Produkte.<br />

� Sicherheit muss primär durch Design erreicht<br />

werden (EWG 93/42 Anhang I Punkt 2).<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

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und Medizinprodukte<br />

23


Überlegungen zur Prävention (2/2)<br />

• Unfälle auch im „intakt“ erscheinenden Produkt möglich.<br />

� Risikobewusstsein bezüglich der Anwendungssituation.<br />

• Hohe Dunkelziffer.<br />

� Konsequente Meldung von Vorkommnissen.<br />

• Wichtige Einflüsse außerhalb des Produktes:<br />

– Patientenbedingte Faktoren<br />

– Korrekte Anwendung<br />

� Einsatz der Produkte als komplexe Einzelfallentscheidung.<br />

Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit<br />

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit<br />

Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte<br />

Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3<br />

53175 Bonn<br />

www.BfArM.de<br />

medizinprodukte@bfarm.de<br />

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Bundesinstitut für Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

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und Medizinprodukte<br />

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