Bürgerentscheid entzweit SPD und Grüne - Süddeutsche Zeitung
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UHREN SCHMUCK JUWELEN<br />
Kommentar<br />
Doppelbödige<br />
Strategie<br />
Von Frank Müller<br />
Was ist schlimmer als ein Großprojekt<br />
ohne Mitsprache der Bürger?<br />
Eines mit schlecht gemachter Beteiligung<br />
der Bevölkerung. Was sich nun<br />
beim geplanten <strong>Bürgerentscheid</strong> zur dritten<br />
Startbahn andeutet, wird keinesfalls<br />
befriedende Wirkung haben, sondern die<br />
Zerrissenheit der Region eher noch vorantreiben.<br />
Dazu trägt eine mittlerweile<br />
kaum noch durchschaubare Mischung<br />
aus Interessen <strong>und</strong> Winkelzügen bei.<br />
Es fängt schon damit an, dass nur die<br />
Münchner über ein Projekt entscheiden<br />
sollen, das sie zumindest direkt viel weniger<br />
stark betrifft als die Menschen im<br />
Raum Freising <strong>und</strong> Erding. Für die Anlieger<br />
ist das blanker Hohn. Es dürfen also<br />
neben Politikern auch Normalbürger mit<br />
entscheiden, lautet die Botschaft dieses<br />
Verfahrens. Nur leider nicht die, denen<br />
die Flugzeuge in 50 Metern Höhe über<br />
die Häuser brummen.<br />
Das könnte den Großprojekt-Frust,<br />
der sich doch eigentlich durch verbesserte<br />
Bürgerbeteiligung auflösen sollte,<br />
eher noch befördern. Zwar müssen sich<br />
die <strong>Grüne</strong>n diesen Punkt nicht vorhalten<br />
lassen, weil sie für die zersplitterten Formen<br />
der Bürgerbeteiligung im Freistaat<br />
auch nichts können. Daran, dass der<br />
Volksentscheid auf Landesebene im Gegensatz<br />
zu kommunalen <strong>Bürgerentscheid</strong>en<br />
nicht auf konkrete Projekte angewandt<br />
werden kann, lässt sich eben auf<br />
die Schnelle nichts ändern.<br />
Somit wird der Münchner <strong>Bürgerentscheid</strong><br />
notgedrungen ein Stellvertreter-<br />
Votum für ganz Bayern werden. Daraus<br />
allerdings müssen die <strong>Grüne</strong>n Konsequenzen<br />
ziehen. Bisher erzählen sie treuherzig,<br />
ein Nein der Münchner werde das<br />
Projekt stoppen, bei einem Ja dagegen<br />
werde man den Protest auf anderen Ebenen<br />
fortführen. Ausgerechnet die <strong>Grüne</strong>n<br />
verfallen auf doppelbödige Tricksereien<br />
– das geht so nicht: Bei der Abstimmung<br />
muss gelten: Ein Nein ist ein Nein.<br />
Und ein Ja ist ein Ja.<br />
Zwei Drogentote<br />
in derselben Pension<br />
München – An zwei Tagen hintereinander<br />
sind in einer Pension in der Schwanthalerstraße<br />
in demselben Zimmer Drogentote<br />
gef<strong>und</strong>en worden. Am Montag<br />
um 13 Uhr entdeckte das Personal der<br />
Pension einen 19-jährigen Münchner,<br />
der reglos in seinem Bett lag. Die Mitarbeiter<br />
verständigten die Polizei, die den<br />
Fall aufnahm <strong>und</strong> die Leiche abtransportieren<br />
ließ. Die Obduktion ergab, dass<br />
sich der Mann Heroin gespritzt hatte.<br />
Nur einen Tag später machte ein Mitarbeiter<br />
der Pension im selben Raum erneut<br />
einen Toten: diesmal ein 31-jähriger<br />
Münchner, auch er starb an einer Überdosis.<br />
Nach Angaben der Polizei kannten<br />
sich die Rauschgiftopfer <strong>und</strong> hatten sich<br />
das Zimmer seit längerem geteilt. Beide<br />
waren den Behörden als drogenabhängig<br />
bekannt. ffu<br />
Das lokale Wetter<br />
-3º | 8º<br />
Frühnebel hält sich zäh, erst am Nachmittag<br />
Auflockerung. Frischer Wind aus Ost.<br />
Stadt <strong>und</strong> Landkreis . . . . . . . Seiten 9 – 12<br />
Kultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seiten 14, 15<br />
Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 19<br />
Service . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 16<br />
Kino, Theater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 6<br />
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Neueste Nachrichten aus der Stadt, dem Landkreis <strong>und</strong> Bayern<br />
Volles Risiko: Reiner Klein lebt vom<br />
Aktienhandel – er kauft <strong>und</strong> verkauft 14<br />
St<strong>und</strong>en am Tag auf eigene Rechnung.<br />
Wirtschaft, Seite 19 Bayern, Seite 17<br />
Voller Leidenschaft: Erst Ludwig,<br />
dann Bruni – 39 Jahre lang haben die<br />
Mayers als Landräte das Rottal regiert.<br />
Herrje, der Herbst! Der Wind bläst eisig durch die Straßen, in denen man gerade<br />
noch mit Flipflops unterwegs war, der Regen prasselt auf den Schirm, <strong>und</strong><br />
nicht wenige Zeitgenossen jammern über die immer kürzer werdenden Tage.<br />
Von Frank Müller<br />
München – Der von den <strong>Grüne</strong>n geplante<br />
<strong>Bürgerentscheid</strong> zum Flughafen belastet<br />
zunehmend das Verhältnis zur <strong>SPD</strong> <strong>und</strong><br />
gefährdet damit eine mögliche Dreierkoalition<br />
aus <strong>SPD</strong>, <strong>Grüne</strong>n <strong>und</strong> Freien Wählern<br />
nach der Landtagswahl 2013. Bei einer<br />
von der FDP beantragten Aktuellen<br />
St<strong>und</strong>e im Landtag hielten mehrere <strong>SPD</strong>-<br />
Redner den <strong>Grüne</strong>n vor, sie müssten sich<br />
nun entscheiden, ob sie das Votum der<br />
Bürger als verbindlich betrachten oder<br />
nicht. Der Münchner <strong>SPD</strong>-Abgeordnete<br />
Hans-Ulrich Pfaffmann sagte, eine Entscheidung<br />
der Bürger habe „eine bindende<br />
Wirkung nicht nur dann, wenn es einem<br />
in den Kram passt“.<br />
Pfaffmann, zugleich Münchner <strong>SPD</strong>-<br />
Chef, spielte damit auf Äußerungen der<br />
bayerischen <strong>Grüne</strong>n-Chefs Dieter Janecek<br />
<strong>und</strong> Theresa Schopper an. Diese hatten,<br />
wie berichtet, deutlich gemacht,<br />
dass sie bei einem Nein der Münchner<br />
zur Startbahn das Projekt als erledigt be-<br />
München – Rathauschef Christian Ude ernannte<br />
ihn zu seinem Wunsch-Nachfolger,<br />
<strong>und</strong> auch in den 44 Ortsvereinen der<br />
Münchner <strong>SPD</strong> zeichnet sich immer deutlicher<br />
eine Mehrheit für Dieter Reiter als<br />
künftigen Kandidaten für das Oberbürgermeisteramt<br />
ab. Dennoch rumort es in<br />
den Reihen der Sozialdemokraten. Der<br />
Sendlinger Ortsverein kritisierte nun das<br />
Verfahren zur Bewerber-Aufstellung. Es<br />
sei intransparent <strong>und</strong> uneinheitlich. Die<br />
Genossen aus dem sechsten Stadtbezirk<br />
fordern, dass alle Parteimitglieder zu der<br />
Personalie befragt werden. Münchens<br />
<strong>SPD</strong>-Chef Hans-Ulrich Pfaffmann will<br />
hingegen an seiner Strategie festhalten:<br />
„Ich finde es merkwürdig, dass jetzt eine<br />
Verfahrensdiskussion eröffnet wird.“<br />
Am kommenden Montag sollen die<br />
Ortsvereine bei einem Treffen hinter verschlossenen<br />
Türen ihren Favoriten nennen:<br />
Wirtschaftsreferent Reiter, Sozialreferentin<br />
Brigitte Meier oder Stadtrats-<br />
Freitag, 21. Oktober 2011<br />
trachten. Bei einem Ja-Votum der<br />
Münchner werde der Widerstand aber<br />
trotzdem weitergehen. In der Landtagsdebatte<br />
hielten <strong>SPD</strong>, aber auch CSU <strong>und</strong><br />
FDP das für eine fragwürdige Doppelstrategie.<br />
Wenn die Bürger für die Startbahn<br />
stimmten, so Pfaffmann, „dann<br />
muss man sich an dieses Votum halten“.<br />
Für die <strong>SPD</strong> sicherte Pfaffmann das in<br />
beiden Fällen zu. Die <strong>SPD</strong> nahm auch einen<br />
Antrag aufs Korn, den die <strong>Grüne</strong>n<br />
auf ihrem Landesparteitag am Wochenende<br />
beschließen wollen. Darin schließen<br />
sie es aus, sich an einer Regierungskoalition<br />
zu beteiligen, die den Startbahnbau<br />
beschließt. Das sei „natürlich das Ende<br />
der Politikfähigkeit der <strong>Grüne</strong>n“, warnte<br />
der <strong>SPD</strong>-Abgeordnete Thomas Beyer.<br />
Die Münchner <strong>Grüne</strong>n wollten das<br />
Bürgerbegehren auf einer Stadtversammlung<br />
am Donnerstagabend beschließen.<br />
Mit dem Bürgerbegehren soll erreicht<br />
werden, dass OB Christian Ude als Vertreter<br />
der Stadt in der Flughafengesellschaft<br />
(FMG) gegen eine dritte Startbahn<br />
Fraktionschef Alexander Reissl. Die Bewerber<br />
selbst nehmen an der Konferenz<br />
mit den Ortsvereinen nicht teil, sie sind<br />
erst am späten Abend eingeladen, wenn<br />
nur noch der Vorstand berät. „Wenn das<br />
Meinungsbild eindeutig ist, könnten wir<br />
auch schon einen Vorschlag haben“, sagte<br />
Pfaffmann.<br />
Bei der Versammlung der Sendlinger<br />
<strong>SPD</strong> am Mittwoch stieß dieser Ablauf<br />
auf Kritik. Der Ortsvereinsvorsitzende<br />
Markus Lutz sieht das Treffen eher als Informationsabend<br />
<strong>und</strong> will dort einen Mitgliederentscheid<br />
auf München-Ebene fordern<br />
statt eines Vorstandsvotums. Pfaffmann<br />
widerspricht: „Wir haben doch<br />
Herrlicher Herbst<br />
Volle Bahnen: Seit 150 Jahren gibt es<br />
den Nahverkehr in München – heute<br />
reichen Bahnen <strong>und</strong> Busse kaum aus.<br />
Thema des Tages, Seite 2<br />
Als Kind dagegen schert einen weder das schlechte Wetter noch das fehlende<br />
Tageslicht. Bei den „Isarkindln“ in der Auenstraße jedenfalls herrscht auch in<br />
der Pfütze nur die allerbeste Stimmung. cwa/Foto: Stephan Rumpf<br />
<strong>Bürgerentscheid</strong> <strong>entzweit</strong> <strong>SPD</strong> <strong>und</strong> <strong>Grüne</strong><br />
Sozialdemokraten dringen darauf, dass auch ein Ja der Münchner zum Flughafenausbau für alle Seiten verbindlich sein muss<br />
stimmt. Der Freisinger <strong>Grüne</strong>n-Abgeordnete<br />
Christian Magerl rechtfertigte das<br />
Vorgehen. „Wir werden uns mit allen demokratischen<br />
Mitteln gegen diese Planung<br />
zur Wehr setzen, das ist unser gutes<br />
Recht“, sagte Magerl. Sollte das Votum<br />
der Münchner auf ein Nein zur Startbahn<br />
hinauslaufen, wäre das Projekt<br />
<strong>SPD</strong>, CSU <strong>und</strong> FDP<br />
halten den <strong>Grüne</strong>n eine<br />
Doppelstrategie vor.<br />
auch nach Auffassung des Freistaats erledigt.<br />
Weil es in der Gesellschaft einstimmig<br />
beschlossen werden müsste, könnte<br />
der Freistaat trotz seiner Mehrheit in der<br />
FMG die Stadt nicht überstimmen.<br />
Zu rot-grünem Knatsch führte auch<br />
Magerls Formulierung, die Startbahnplanung<br />
sei „menschenverachtend“. Pfaffmann<br />
meinte, „ich wäre hier vorsichtig<br />
mit so großen Worten“. Schließlich könn-<br />
Die Basis murrt<br />
schon alle Mitglieder befragt.“ Die Kandidaten<br />
seien in den Ortsvereinen gewesen<br />
<strong>und</strong> hätten sich vorgestellt. Danach<br />
sei doch dort auch diskutiert worden. „Eine<br />
Kür im Hinterzimmer geht nicht“, sagte<br />
hingegen Florian von Brunn, Landtags-<br />
Stimmkreisvorsitzender im Münchner<br />
Süden. Keinesfalls könne in der Ortskonferenz<br />
eine Entscheidung über einen Kandidaten<br />
gefällt werden.<br />
Andere <strong>SPD</strong>-Gruppierungen w<strong>und</strong>ern<br />
sich ebenfalls über das Treffen. Für Grunhilde<br />
Peter aus dem Freimanner Ortsverein<br />
wäre es die „schlechteste aller Lösungen“,<br />
wenn der Vorstand dort ohne Basis<br />
entscheiden würde. „Ungewöhnlich ist<br />
das schon, auch wenn es wohl ein Stimmungsbild<br />
ergeben wird“, sagte Julia<br />
Schönfeld-Knor, Chefin der Moosacher<br />
Genossen. Ein Kandidat könne nur auf einem<br />
Parteitag gekürt werden. Der wird<br />
laut Pfaffmann spätestens zu Beginn des<br />
neuen Jahres stattfinden. Aber es gibt<br />
ten die auf die <strong>Grüne</strong>n selbst zurückfallen,<br />
wenn sie im Stadtrat ein eventuelles<br />
positives Votum der Münchner zu dem<br />
Projekt mittragen müssten.<br />
Aus Sicht der Regierungskoalition im<br />
Landtag präsentieren sich <strong>SPD</strong>, <strong>Grüne</strong><br />
<strong>und</strong> die ebenfalls gegen die Startbahn<br />
auftretenden Freien Wähler als „regierungsunfähig“,<br />
wie der CSU-Abgeordnete<br />
Erwin Huber sagte. Wie im Fall des<br />
Stuttgarter Hauptbahnhofs seien <strong>SPD</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Grüne</strong> völlig zerstritten <strong>und</strong> müssten<br />
deswegen die Bürger zu Hilfe rufen. Auf<br />
die entscheidenden Infrastrukturprojekte<br />
wie dritte Startbahn <strong>und</strong> zweite<br />
Stammstrecke gebe es von den drei Partnern<br />
„mindestens fünf verschiedene Antworten“,<br />
spottete Huber.<br />
Unterdessen kündigte der Münchner<br />
Kardinal Reinhard Marx an, für die<br />
Startbahn werde kein kirchlicher Gr<strong>und</strong><br />
verkauft. „Dafür werde ich keine Genehmigung<br />
erteilen“, sagte Marx bei der<br />
Herbstversammlung der Freisinger Bischofskonferenz.<br />
Wirtschaftsreferent Reiter liegt im <strong>SPD</strong>-Rennen um die Ude-Nachfolge vorne – doch an der Kandidatenkür gibt es Kritik<br />
„Ein Kandidat kann<br />
nur auf einem Parteitag<br />
gewählt werden.“<br />
auch andere Stimmen. „Ich hätte nichts<br />
dagegen, wenn schon ein Kandidat herauskommt“,<br />
sagt Petra Piloty, Chefin des<br />
Ortsvereins Alte Heide. Ihre Gruppierung<br />
habe sich beim jüngsten Treffen einstimmig<br />
für Reiter ausgesprochen.<br />
Die Sendlinger <strong>SPD</strong> votierte auch für<br />
Reiter. In diesem Ortsverband hatte es eine<br />
Mitgliederbefragung gegeben. Von<br />
den gut 200 Genossen beteiligten sich 37.<br />
Auf Reiter entfielen 23, auf Meier acht<br />
<strong>und</strong> auf Reissl sechs Stimmen. Parteichef<br />
Pfaffmann war von dem Vorgehen nicht<br />
begeistert: „Die Mitgliederbefragung in<br />
einem Ortsverein weckt den Eindruck,<br />
sie sei repräsentativ – das ist sie aber<br />
nicht.“ Im Moosacher Ortsverein, dem<br />
Reissl angehört, entschied der Vorstand<br />
hingegen alleine, <strong>und</strong> sprach sich für<br />
Reissl aus. „Auf dieser unterschiedlichen<br />
Basis weiß doch am Montag niemand, ob<br />
das Stimmungsbild repräsentativ ist“,<br />
sagte von Brunn. Melanie Staudinger<br />
München – Die bevorzugten Orte für ihre<br />
Beutezüge waren die Villen in Bogenhausen,<br />
Grünwald <strong>und</strong> Pullach. Das bevorzugte<br />
Diebesgut waren Schmuck <strong>und</strong><br />
Bargeld – <strong>und</strong> davon stahlen sie reichlich.<br />
Die Münchner Polizei hat drei Mitglieder<br />
einer italienischen Einbrecherbande<br />
festgenommen, der insgesamt in<br />
ganz Süddeutschland 50 Einbrüche mit<br />
einem Gesamtschaden von 4,9 Millionen<br />
Euro zugerechnet werden.<br />
Im Oktober 2010 begannen die Ermittler<br />
erstmals, sich mit der Bande zu beschäftigten.<br />
Nach immer ähnlichem Muster<br />
stiegen die Diebe über die Terrassentüren<br />
auf der von der Straße nicht einsehbaren<br />
Hausseite in die Villen in reichen<br />
Wohngegenden ein <strong>und</strong> nahmen mit, was<br />
wertvoll war. Oft kamen sie mit schwerem<br />
Werkzeug <strong>und</strong> knackten auch Tresore,<br />
manchmal nahmen sie die Safes mit.<br />
Meistens hatten sie reichlich Zeit <strong>und</strong> Ruhe,<br />
die Häuser gründlich auszuräumen:<br />
Wie die Polizei herausgef<strong>und</strong>en hat,<br />
k<strong>und</strong>schafteten die Einbrecher ihre Opfer<br />
zuvor ausgiebig aus. Gingen die Villenbesitzer<br />
dann abends aus dem Haus,<br />
wurden sie von einem Teil der Bande beschattet,<br />
während der andere Teil in die<br />
Häuser einstieg.<br />
Nach Erkenntnissen der Ermittler waren<br />
die Einbrecher während ihrer Beutezüge<br />
in Wohnwagen unterwegs, zwischen<br />
ihren Einbrüchen zogen sie sich immer<br />
wieder nach Italien zurück. Die Mitglieder<br />
der Bande sind miteinander verwandt,<br />
die Familie stammt aus der Gegend<br />
von Florenz. Der Anführer der<br />
Gruppe ist 48 Jahre alt, seine beiden Helfer<br />
sind 21 <strong>und</strong> 27.<br />
Wie die Polizei erst jetzt mitteilte, hatten<br />
Ermittler die Diebe Anfang April in<br />
Stuttgart ausfindig gemacht, wo sie gerade<br />
dabei waren, neue Objekte auszuspionieren.<br />
Als die Polizisten zugriffen, nahmen<br />
sie fünf Tatverdächtige fest, zwei<br />
mussten sie jedoch wieder laufen lassen.<br />
In den Fahrzeugen der Bande fanden die<br />
Beamten Aufbruchswerkzeug <strong>und</strong> Diebesgut.<br />
Die Beschuldigten sitzen momentan<br />
in Untersuchungshaft, die Staatsanwaltschaft<br />
bereitet die Anklage vor. ffu<br />
München – In Kleinhadern <strong>und</strong> in Unterschleißheim<br />
sind zwei Senioren Opfer<br />
von Raubüberfällen geworden. Wie die<br />
Polizei am Donnerstag mitteilte, war ein<br />
70-jähriger Rentner bereits Montagnacht<br />
um 23.55 Uhr von drei Jugendlichen<br />
überfallen worden, als er vor seiner<br />
Haustüre in der Elisabethstraße eine Zigarette<br />
rauchte. Die Täter fixierten ihn<br />
am Boden <strong>und</strong> klauten ihm eine geringe<br />
Menge Bargeld. Trotz einer Knieprothese<br />
versetzte er einem der Jugendlichen<br />
mit seinem Bein einen solchen Schlag gegen<br />
den Kopf, dass die Gruppe floh. Bei<br />
dem Überfall an der Guardinistraße in<br />
Kleinhadern am Mittwoch um 19.45 Uhr<br />
rissen zwei Täter einer 79-jährigen Rentnerin<br />
zwei Taschen vom Arm <strong>und</strong> flohen<br />
mit ihrer Beute. Die Polizei bittet um Hinweise.<br />
ffu<br />
Singhammer will<br />
EU nicht gehorchen<br />
München – Der CSU-B<strong>und</strong>estagsabgeordnete<br />
Johannes Singhammer ruft zum<br />
Ungehorsam gegenüber Brüssel auf –<br />
falls die EU den Verkauf der landeseigenen<br />
GBW-Wohnungen an einen öffentlichen<br />
Eigentümer verbieten sollte. Wie berichtet,<br />
fordert Brüssel vom Freistaat<br />
den Verkauf des Unternehmens mit seinen<br />
34 000 Wohnungen, davon gut<br />
10 000 im Großraum München. Falls<br />
Brüssel einen Verkauf auf dem freien<br />
Markt ohne soziale Abfederung verlange,<br />
solle sich die bayerische Staatsregierung<br />
lieber von der EU verklagen lassen,<br />
als dies hinzunehmen, sagt Singhammer.<br />
Die GBW-Bestände müssten in der öffentlichen<br />
Hand bleiben, fordert der<br />
Münchner Abgeordnete in einem Brief<br />
an den Chef der EU-Kommission, José<br />
Manuel Barroso. (Seite 5) beka<br />
Fotos: Seyboldt, MVG<br />
PMW<br />
Polizei schnappt<br />
Einbrecherbande<br />
Verdächtige sollen in Villenvierteln<br />
4,9 Millionen Euro erbeutet haben<br />
70-Jähriger schlägt<br />
Räuber in die Flucht
Seite R 2 / <strong>Süddeutsche</strong> <strong>Zeitung</strong> Nr. 243 Freitag, 21. Oktober 2011<br />
THEMA DES TAGES<br />
Wohin geht die Reise? Besucher erk<strong>und</strong>en im Dezember 2010 den neuen U-Bahnhof in Moosach. Derzeit wird an keiner neuen Linie gebaut. Foto: Rumpf<br />
Von Marco Völklein<br />
Ganz vorne wird der Wagen<br />
aus dem Jahr 1891 fahren,<br />
zwei Pferde werden<br />
ihn ziehen. Ihm folgen<br />
weitere Tramwaggons, etwa<br />
einer vom Typ J, „Heidelberger“<br />
genannt, Baujahr 1944. Mit viel Trara<br />
feiert München am Samstag die Geschichte<br />
des Nahverkehrs – es ist der<br />
Blick zurück in eine bewegte Zeit.<br />
Spannend ist aber auch ein Blick in<br />
die Zukunft: Wie wird sich das Netz aus<br />
S- <strong>und</strong> U-Bahnen, aus Tram <strong>und</strong> Bussen<br />
weiterentwickeln? Was ist konkret an<br />
neuen Linien, Strecken <strong>und</strong> Fahrzeugen<br />
geplant? Und was ist außerdem nötig?<br />
Denn eines ist klar: Der Bedarf wächst.<br />
Weil immer mehr Menschen in den Großraum<br />
München ziehen, rechnet S-Bahn-<br />
Chef Bernhard Weisser mit einem Fünftel<br />
mehr Fahrgäste bis zum Jahr 2022.<br />
Neue Fahrzeuge<br />
Beim Korso dabei ist eine Tram der<br />
Baureihe P von 1967. Die MVG hat davon<br />
noch drei im Einsatz. Doch das<br />
wird sich ändern: Bis Mitte 2012 will<br />
die MVG auch diese letzten drei außer<br />
Dienst stellen <strong>und</strong> sie durch neue, moderne<br />
Waggons ersetzen. Zudem schafft<br />
MVG-Chef Herbert König 21 neue<br />
U-Bahnen vom Typ „C2“ an, dazu kommen<br />
neue Busse sowie 14 Trams vom Typ<br />
„Variobahn“. Wobei die Regierung von<br />
Oberbayern den neuen Trams nach wie<br />
vor die Zulassung verweigert, da zusätzliche<br />
Sicherheitsnachweise fehlen. Bis Mitte<br />
Dezember soll das Problem gelöst sein.<br />
Andernfalls müssten die alten P-Wagen<br />
noch etwas länger ihren Dienst tun.<br />
Probleme hat auch S-Bahn-Chef Weisser<br />
mit seinem Fuhrpark. 438 Waggons<br />
vom Typ ET 423 stehen ihm zur Verfügung;<br />
auf einigen Strecken (etwa auf der<br />
S 4 im Münchner Westen) würde der Freistaat<br />
gerne zur Hauptverkehrszeit Langzüge<br />
(mit drei Wagenteilen) fahren lassen.<br />
Zudem muss Weisser den erwarteten<br />
Fahrgastzuwachs meistern. Er benötigt<br />
also dringend zusätzliche Züge. Das Problem<br />
ist aber: Die Baureihe ET 423 wird<br />
nicht mehr gebaut, andere Baureihen<br />
sind nur schwer kompatibel. Daher lässt<br />
Weisser derzeit prüfen, ob man 423er etwa<br />
aus Nordrhein-Westfalen nach München<br />
holen kann <strong>und</strong> die Bahn dort neue<br />
Waggons anschafft. Vor 2013/14 wird es<br />
dafür noch keine Lösung geben.<br />
Neue Linien<br />
Ähnlich wie bei der S-Bahn rechnen<br />
U-Bahn, Tram <strong>und</strong> Bus mit steigenden<br />
Fahrgastzahlen. Um diese zu bewältigen,<br />
sind neue Linien notwendig. So startet<br />
die MVG von Dezember an eine neue Verstärkerlinie:<br />
Die U 7 wird im Berufsverkehr<br />
morgens zwischen Westfriedhof <strong>und</strong><br />
Neuperlach-Zentrum pendeln <strong>und</strong> dadurch<br />
Abschnitte von U 1/2 sowie U 5 entlasten.<br />
Zudem müssen sich Tramfahrgäs-<br />
An diesem Wochenende gibt es Anlass, gleich drei Jubiläen<br />
zu feiern: Vor 150 Jahren zogen Pferde die ersten<br />
Omnibusse durch München – der öffentliche Nahverkehr<br />
war geboren. 15 Jahre später beförderte die erste<br />
Pferdetrambahn immerhin schon mehr als 5000 Passa-<br />
Der Nahverkehr weitet sich<br />
Immer mehr Menschen ziehen in den Großraum, deshalb müssen die Verkehrsbetriebe investieren – <strong>und</strong> ihr Netz ausdehnen<br />
Donau-Ries<br />
Kaufbeuren<br />
Augsburg<br />
Landkreis<br />
Augsburg<br />
Ostallgäu<br />
Aichach-<br />
Friedberg<br />
Landsberg<br />
am Lech<br />
Eichstätt<br />
Ingolstadt<br />
Neuburg-<br />
Schrobenhausen<br />
Fürstenfeldbruck<br />
Weilheim-Schongau<br />
Dachau<br />
Garmisch-<br />
Partenkirchen<br />
Starnberg<br />
Pfaffenhofen<br />
an an der Ilm<br />
Bad Tölz-<br />
Wolfratshausen<br />
An der Organisation des Münchner Nahverkehrs<br />
sind viele Unternehmen <strong>und</strong> auch<br />
zahlreiche politische Ebenen beteiligt. So<br />
organisiert die Münchner Verkehrsgesellschaft<br />
(MVG) im Auftrag der Stadt<br />
den Betrieb von U-Bahn, Tram <strong>und</strong> Bus innerhalb<br />
der Stadtgrenzen. Für den Unterhalt<br />
der U-Bahnhöfe <strong>und</strong> Schienen sind die<br />
Stadtwerke, die Mutter der MVG, zuständig.<br />
Der Münchner Verkehrs- <strong>und</strong> Tarifverb<strong>und</strong><br />
(MVV) wiederum legt unter anderem<br />
die Fahrpreise fest, bestimmt die Tarifzonen<br />
<strong>und</strong> organisiert im Auftrag der Landkreise<br />
den Busverkehr im Umland.<br />
te darauf einstellen, dass von Dezember<br />
an die Linie 16 vom Romanplatz über<br />
Sendlinger Tor <strong>und</strong> Effnerplatz nach<br />
St. Emmeram fährt – die MVG stellt ihr<br />
Tramnetz um. Fahrgastverbände haben<br />
allerdings schon kritisiert, dass die 27er<br />
dann von Schwabing kommend nur noch<br />
bis Sendlinger Tor fährt. „Eine Verbesserung<br />
sieht anders aus“, schimpft die Aktion<br />
Münchner Fahrgäste. Die MVG ver-<br />
München<br />
Freising<br />
Landkreis<br />
München<br />
Münchner Nahverkehr<br />
Miesbach<br />
europ. Metropolregion München<br />
S-Bahn<br />
Regionalverkehr<br />
Ebersberg<br />
Erding<br />
Landshut<br />
Landkreis<br />
Landshut<br />
Landkreis<br />
Rosenheim<br />
Rosenheim<br />
Mühldorf<br />
am Inn<br />
SZ-Graphik; Quelle: MVV, Europäische Metropolregion München e.V.<br />
Für den Betrieb der S-Bahn ist die Deutsche<br />
Bahn zuständig, genauer: deren Tochterfirma<br />
DB Regio Bayern. Bei ihr bestellt<br />
<strong>und</strong> bezahlt der Freistaat Bayern die<br />
S-Bahn-Leistungen. Das heißt: Der Freistaat<br />
bestimmt, wie viele S-Bahn-Züge<br />
auf welchen Strecken wie oft fahren <strong>und</strong> an<br />
welchen Stationen sie halten. Für den Unterhalt<br />
der S-Bahn-Gleise <strong>und</strong> -Stationen<br />
wiederum sind weitere Tochterfirmen der<br />
Deutschen Bahn zuständig: Schienen,<br />
Stellwerke, Bahnübergänge <strong>und</strong> Signalanlagen<br />
unterstehen der DB Netz, die Haltepunkte<br />
der DB Station & Service. mvö<br />
Traunstein<br />
Die Metropolregion München umfasst weitere Städte – etwa Ingolstadt <strong>und</strong> Rosenheim.<br />
Das MVV-Netz mit der S-Bahn ist indes auf einen engen Kern begrenzt.<br />
Was macht die MVG, was der MVV?<br />
Die Zukunft von Bus <strong>und</strong> Bahn<br />
giere pro Tag. Den größten Entwicklungssprung machte<br />
der Nahverkehr mit der U-Bahn, die vor 40 Jahren ihren<br />
Betrieb aufnahm. Mehr als eine Million Menschen nut-<br />
weist allerdings darauf, dass der Takt auf<br />
der Linie verdichtet werden soll. Von<br />
2014 an will die MVG zudem auf einem Innenstadtabschnitt<br />
von U 1/2 oder U 3/6<br />
die Bahnen zur Hauptverkehrszeit im Abstand<br />
von zwei Minuten fahren lassen. Bislang<br />
sind sie im 2,5-Minuten-Takt unterwegs.<br />
Vor allem dafür benötigt König die<br />
neuen C2-Züge. Zusätzliches Personal<br />
soll für eine rasche Abfertigung sorgen.<br />
Neue Strecken<br />
Dass die MVG neue Linien plant, die<br />
S-Bahn aber keine einzige, hängt mit einer<br />
Frage zusammen: Kommt die zweite<br />
S-Bahn-Stammstrecke? Denn nur<br />
dann, so sehen es die Planer von Bahn<br />
<strong>und</strong> Freistaat vor, kann das Netz ausgedehnt<br />
werden. Dann könnten zum Beispiel<br />
Regionalzüge von Augsburg kommend<br />
durch den Tunnel zum Flughafen<br />
fahren oder Express-S-Bahnen aus<br />
dem Umland in die City. Bislang stockt<br />
die Finanzierung; bis Jahresende soll<br />
klar sein, ob der zweite Tunnel gebaut<br />
werden kann.<br />
Auch bei der U-Bahn wird<br />
derzeit nichts gebaut – erstmals<br />
seit 40 Jahren. Ge-<br />
Altötting plant wird allerdings: König<br />
wirbt nach wie vor für<br />
eine U 9, die von der Implerstraße<br />
über Hauptbahnhof<br />
<strong>und</strong> Pinakothekenviertel<br />
zur Münchner Freiheit führen<br />
<strong>und</strong> die U 3/6 entlasten<br />
könnte. Die CSU fordert vehement<br />
die Verlängerung<br />
der U 5 nach Pasing. Bei all<br />
diesen Projekten stellt sich<br />
aber stets die Frage: Wie lassen<br />
sie sich finanzieren?<br />
Zumal in München eine weitere Besonderheit<br />
besteht: Die Stadt gilt mit ihren<br />
vielen U-, S- <strong>und</strong> Trambahnlinien<br />
mittlerweile als weitgehend erschlossen.<br />
Wenn die Planer nun eine neue Linie<br />
prüfen, stellen sie oft fest: Das Fahrgastpotential<br />
ist nicht so groß, dass sich<br />
eine neue U-Bahn rechnen würde. Ohne<br />
diesen Nachweis aber fließt kein Fördergeld<br />
vom B<strong>und</strong>. Daher setzen die städtischen<br />
Planer immer öfter auf den (günstigeren)<br />
Bau von Tramstrecken – etwa<br />
in Freiham, durch die Fürstenrieder<br />
Straße oder im Münchner Norden.<br />
Neue Gebiete<br />
Wer morgens am Hauptbahnhof die<br />
Pendlermassen sieht, merkt rasch: Der<br />
Einzugsbereich Münchens ist viel größer<br />
als das MVV-Gebiet. Daher müsste<br />
der MVV-Raum eigentlich erweitert<br />
werden, etwa auf die „Europäische Metropolregion<br />
München“ (EMM), die<br />
auch Ingolstadt, Rosenheim <strong>und</strong> Augsburg<br />
umfasst. Überlegungen dazu gibt<br />
es – Voraussetzung dafür, so sagen die<br />
Planer, ist aber die zweite Stammstrecke,<br />
denn die ermöglicht ja dann die Erschließung<br />
der EMM-Region mit Express-Zügen.<br />
Ein erster Schritt wurde<br />
immerhin gemacht: Mit der „AboPlus-<br />
Card“ des MVV erhalten Pendler aus<br />
dem weiteren Umland seit kurzem ein<br />
Ticket aus einer Hand. Damit kann<br />
dann beispielsweise ein Arbeitnehmer<br />
aus Augsburg in seiner Heimatstadt mit<br />
Bus oder Tram zum Hauptbahnhof gelangen,<br />
anschließend mit einem Regionalzug<br />
weiterfahren nach München <strong>und</strong><br />
dort S- <strong>und</strong> U-Bahnen, Trams sowie<br />
Busse nutzen.<br />
zen täglich den MVV, <strong>und</strong> der Bedarf an Zügen wird<br />
wachsen. Denn sowohl die S-Bahn als auch U-Bahn,<br />
Tram <strong>und</strong> Bus rechnen mit steigenden Fahrgastzahlen.<br />
Eigentlich müsste das MVV-Gebiet ausgedehnt werden<br />
– bis nach Augsburg, Ingolstadt <strong>und</strong> Landshut.<br />
Tramwaschgang<br />
Blick in die Betriebshöfe – das Programm zum Jubiläum<br />
München – Mit einem Trambahnkorso<br />
<strong>und</strong> einem Tag der offenen Tür in<br />
den Betriebshöfen für Tram <strong>und</strong><br />
U-Bahn feiert die Münchner Verkehrsgesellschaft<br />
(MVG) am Samstag<br />
ihre Jubiläen. Der Korso der historischen<br />
Trams startet um 9.45 Uhr an<br />
der Haltestelle Theatinerstraße in der<br />
Innenstadt <strong>und</strong> fährt weiter über Perusastraße,<br />
Maximilianstraße, vorbei<br />
am Maximilianeum bis zum Max-Weber-Platz.<br />
Bei schönem Wetter werden<br />
vermutlich Tausende Besucher<br />
<strong>und</strong> Fotografen die Strecke säumen.<br />
Wer selbst mal mit einer historischen<br />
Tram fahren möchte, dem bietet<br />
sich von 11 bis 17 Uhr die Gelegenheit:<br />
Sie pendeln zwischen dem Tram-<br />
München – Günther Starabin ist Trambahnfahrer<br />
mit Leib <strong>und</strong> Seele. Gut, hin<br />
<strong>und</strong> wieder steuert er auch einen Bus für<br />
die Münchner Verkehrsgesellschaft<br />
(MVG) durch die Straßen – die Berechtigung<br />
hat er für beides. Am liebsten aber<br />
sitzt er im Führerstand eines alten P-Wagens,<br />
das sind diese dickbauchigen Waggons<br />
aus den 1960er Jahren, von denen<br />
die MVG noch drei im Einsatz hat <strong>und</strong><br />
die oft als Party- oder Ausflugstram über<br />
die Gleise zuckeln. „Da ist man als Fahrer<br />
noch richtig gefordert, bis man so ein<br />
50-Tonnen-Fahrzeug zum Stehen<br />
bringt“, erzählt der Trambahnfahrer.<br />
Ganz ähnlich muss es den ersten Tramfahrern<br />
gegangen sein, als sie die ersten<br />
Züge durchs Münchner Netz steuerten.<br />
Wobei: Ein Netz gab es damals noch<br />
nicht. Als am 21. Oktober 1876 morgens<br />
um 10 Uhr die Pferdetrambahn auf der<br />
Strecke vom Promenadeplatz über Stachus,<br />
Bayerstraße, Dachauer Straße <strong>und</strong><br />
Stiglmaierplatz zur damaligen Haltestelle<br />
Nymphenburger Straße/Burgfrieden<br />
(auf Höhe der Maillinger Straße) ihren<br />
Betrieb aufnahm, ahnte niemand, dass<br />
sich 135 Jahre später an jedem Tag mehr<br />
als eine Million Fahrgäste mit U-Bahn,<br />
Tram <strong>und</strong> Bus durch die Stadt befördern<br />
lassen – noch nicht einmal der belgische<br />
Ingenieur Edouard Otlet, der das Verkehrsmittel<br />
nach München gebracht hatte.<br />
Am ersten Tag beförderte die Pferdetram<br />
5092 Fahrgäste. Ein großer Erfolg.<br />
Und der setzte sich rasch fort: Bereits<br />
ein knappes Jahr später eröffnete eine Linie<br />
vom Sendlinger Tor zum Hauptbahnhof,<br />
der damals noch „Centralbahnhof“<br />
genannt wurde, sowie eine von Schwabing<br />
zum Promenadeplatz. 1882 wurde<br />
der Ostbahnhof mit dem Max-Joseph-<br />
Platz verb<strong>und</strong>en, außerdem fanden der<br />
Viktualienmarkt, Giesing, die Au <strong>und</strong><br />
Sendling Anschluss ans Netz.<br />
Vorläufer der Pferdetrambahn waren<br />
Pferdeomnibuslinien, die von 1861 an<br />
der Kutschenunternehmer Michael Zechmeister<br />
eröffnet hatte. „Doch boten die<br />
schweren Wagen mit ihren großen, eisen-<br />
betriebshof (Einsteinstraße) <strong>und</strong> Max-<br />
Weber-Platz <strong>und</strong> fahren dabei einen<br />
Bogen über Wörthstraße <strong>und</strong> Ostbahnhof.<br />
Ebenfalls am Trambetriebshof<br />
starten historische Omnibusse zu<br />
einer Tour zum MVG-Museum in der<br />
Ständlerstraße.<br />
An diesen beiden Standorten sowie<br />
in der Technischen Basis der<br />
U-Bahn in Fröttmaning laden die Mitarbeiter<br />
der MVG außerdem zu einem<br />
Tag der offenen Tür ein: Dort können<br />
die Besucher einen Blick in die Werkstätten<br />
werfen, in Fröttmaning den<br />
U-Bahn-Simulator benutzen oder in<br />
der Einsteinstraße die Tramwaschanlage<br />
in Aktion erleben. Infos gibt<br />
es unter www.mvg-mobil.de. mvö<br />
Ein Pferd – 40 Fahrgäste<br />
Vor 150 Jahren begann der öffentliche Nahverkehr in München<br />
Der Fahrkomfort in den<br />
eisenbereiften Omnibussen<br />
ließ zu wünschen übrig.<br />
bereiften Rädern keinen befriedigenden<br />
Fahrkomfort“, schreibt Martin Pabst in<br />
seinem Buch „Die Münchner Tram“ (Geramond-Verlag).<br />
Pferdetrams waren fortschrittlicher:<br />
Auf den Schienen war der<br />
Rollwiderstand geringer als auf den gepflasterten<br />
Straßen; ein Pferd schaffte so<br />
locker einen Waggon mit 40 Fahrgästen.<br />
Als noch wirtschaftlicher als die Pferdetram<br />
stellte sich wenige Jahre später<br />
die elektrische Tram heraus. Sukzessive<br />
baute die Münchner Trambahn AG, die<br />
das Geschäft von Otlet übernommen hat-<br />
Heute gibt es 95 Kilometer<br />
U-Bahnstrecken, die S-Bahn<br />
nutzen täglich 800 000 Leute.<br />
te, das Streckennetz aus. Am 14. August<br />
1900 fuhr der letzte Pferdewagen. Das<br />
Münchner E-Tramnetz wuchs indes weiter:<br />
Im Jahr 1964 hatte es mit 135 Kilometern<br />
seine größte Ausdehnung.<br />
Auch die Stadt wuchs <strong>und</strong> wuchs. Mitte<br />
der sechziger Jahre war klar: Alleine<br />
per Tram lässt sich der Verkehr nicht<br />
mehr bewältigen. Mit der Aussicht auf<br />
Olympia wurde der Bau von U- <strong>und</strong><br />
S-Bahn forciert, die Idee einer „Unterpflasterstraßenbahn“<br />
begraben, also die<br />
Idee, die Tram unter die Erde zu verlegen.<br />
Am 19. Oktober 1971 nahm die<br />
U-Bahn zwischen Kieferngarten <strong>und</strong> Goetheplatz<br />
den Betrieb auf, ein halbes<br />
Jahr später fuhr die S-Bahn durch den<br />
Stammstreckentunnel. Heute umfasst<br />
das U-Bahn-Netz 95 Kilometer, die<br />
S-Bahn nutzen täglich 800 000 Leute.<br />
Und auch die Straßenbahn erlebte eine<br />
Renaissance, nachdem die Verkehrsbetriebe<br />
von 1967 an die vermeintlich nicht<br />
mehr zeitgemäße Tram aufgeben wollten.<br />
Doch die Münchner forderten den Erhalt<br />
der Tram: Seit den Neunzigern fährt<br />
die Linie 17 (<strong>und</strong> zur Verstärkung mittlerweile<br />
auch die Linie 16) wieder durch die<br />
Arnulfstraße. Seit 2009 bedient die Linie<br />
23 die Parkstadt Schwabing. Und<br />
Mitte Dezember nimmt die MVG die<br />
neue Strecke vom Effnerplatz nach<br />
St. Emmeram in Betrieb. Auf der wird<br />
auch Günther Starabin fahren. Vermutlich<br />
aber nicht in den alten P-Wagen. Die<br />
sollen, wenn alles klappt, Mitte 2012 ausgemustert<br />
werden. Marco Völklein<br />
München vor der Jahrh<strong>und</strong>ertwende: Durch das Karlstor am Stachus fahren Pferdetrambahnen.<br />
Foto: Knorr + Hirth/SZ-Photo
MÜNCHEN<br />
Freitag, 21. Oktober 2011 – <strong>Süddeutsche</strong> <strong>Zeitung</strong> Nr. 243 / Seite R 3<br />
3<br />
Szene München<br />
Gemeiner<br />
Donnerstag<br />
Jeder Tag der Woche hat eine Bestimmung:<br />
Dienstag ist Kinotag, Sonntag ist<br />
Pärchentag, Freitag ist Ausgehtag, <strong>und</strong><br />
Samstag kommt das Sams, zumindest<br />
zu Menschen, die jünger als sieben sind<br />
<strong>und</strong> so einen Quatsch noch glauben,<br />
oder zu denen, die am Ausgehtag vorher<br />
psychedelische Drogen konsumiert haben.<br />
Der perfideste Wochentag aber ist<br />
der Donnerstag, denn das ist der Tag des<br />
gemeinen Donnerstagsabsturzes. Und<br />
gemein meint in diesem Fall nicht gewöhnlich,<br />
sondern h<strong>und</strong>sgemein.<br />
Das Fiese am Donnerstagsabsturz ist,<br />
dass man nie weiß, wann er kommt, weil<br />
es in seinem Wesen liegt, dass er einen<br />
auch nach noch so viel Erfahrung mit<br />
ihm nicht klüger werden lässt. Da denkt<br />
man noch am späten Donnerstagnachmittag:<br />
Ach, gehe ich nach der Arbeit<br />
doch noch kurz auf ein Feierabendbier<br />
mit zwei lieben Kollegen. Dann denkt<br />
man sehr lange nichts mehr, weil sich<br />
das gedächtnisverschlingende schwarze<br />
Donnerstagsloch auftut <strong>und</strong> man sich<br />
plötzlich – weiß der Donnerstagsteufel,<br />
wie man dort gelandet ist – an Orten<br />
wiederfindet, an denen man niemals an<br />
einem Werktag landen sollte: unter einem<br />
Tisch in der Schwabinger 7 zum<br />
Beispiel, wo einem Kerzenwachs auf<br />
den Kopf tropft, oder im Pimpernel, wo<br />
einem andere Menschen beim Rausgehen<br />
auf die Hand treten.<br />
Doch das ist noch nicht das Schlimmste<br />
am Donnerstagsabsturz, viel schlimmer<br />
ist, dass am nächsten Tag der Freitag<br />
kommt, der verlogenste aller Wochentage.<br />
Denn immer muss man am<br />
Freitag arbeiten, auch wenn der Donnerstagsteufel<br />
einem am Abend vorher<br />
eingeflüstert hat, dass man den Freitag<br />
in dieser Woche sicher mal beim Wort<br />
nehmen könnte. Aber nie ist dem so,<br />
<strong>und</strong> so sitzt man dann blass im Büro,<br />
mit Mineralwasser <strong>und</strong> Breze – wegen<br />
der Elektrolyte –, schreibt wirre Kolumnen<br />
<strong>und</strong> wartet darauf, dass endlich das<br />
Sams kommt <strong>und</strong> alles wieder gut<br />
macht. Judith Liere<br />
Rinecker-Klinik:<br />
Von Christian Rost<br />
Bedröppelt sitzt Autohändler Helmut<br />
M. im Zeugenstuhl. Am Landgericht<br />
München I will man von ihm wissen, wie<br />
ihn eine Betrügerbande nach Art der sogenannten<br />
Nigeria-Connection ausgenommen<br />
hat. „Dumm <strong>und</strong> naiv“ sei er gewesen,<br />
sagt der 63-Jährige, <strong>und</strong> Gier<br />
spielte wohl auch eine Rolle, als er den<br />
Gaunern sein Geld buchstäblich hinterher<br />
trug. Zwei Bandenmitglieder müssen<br />
sich seit Donnerstag vor der 12. Strafkammer<br />
wegen gewerbsmäßigen Betrugs<br />
verantworten.<br />
Die in den achtziger Jahren zunächst<br />
in Nigeria aufgekommene Betrugsmasche<br />
funktioniert trotz vielfältiger War-<br />
„Normaler OP-Betrieb“ nungen (siehe Kasten) auch heute noch, Die Masche der Nigeria-Connection<br />
Die Rinecker-Klinik wehrt sich gegen<br />
Behauptungen im Zusammenhang mit<br />
Auflagen des städtischen Ges<strong>und</strong>heitsamts<br />
<strong>und</strong> stellt klar, dass keine Schließungen<br />
der OP-Säle in der Klinik angeordnet<br />
wurden. Ihr sei lediglich auferlegt<br />
worden, Herzoperationen <strong>und</strong> bestimmte<br />
Gelenkoperationen, sogenannte elektive<br />
Endoprothesen-Operationen, nur in einem<br />
bestimmten OP-Saal durchzuführen.<br />
Ein Klinik-Sprecher betonte, dass<br />
sich dadurch für die Herzoperationen keinerlei<br />
Einschränkungen ergeben, da diese<br />
ohnehin seit jeher in diesem speziell<br />
ausgestatteten, unbeanstandeten OP-<br />
Saal ausgeführt wurden. Da derzeit im<br />
Schichtbetrieb gearbeitet werde, kommt<br />
es laut Rinecker-Klinik insgesamt zu keiner<br />
Einschränkung von OP-Kapazität<br />
<strong>und</strong> Behandlungsspektrum. lod<br />
Aussteller 2011<br />
Feuer <strong>und</strong> Flamme: Am Totensonntag sollte die Band Rammstein um Sänger Till Lindemann in der ausverkauften<br />
Olympiahalle spielen. Die Stadt hat das Konzert wegen des Tanzverbots untersagt. Foto: Stephan Rumpf<br />
wie das Beispiel des leichtgläubigen Autohändlers<br />
<strong>und</strong> sieben weiterer Geschädigter<br />
aus dem B<strong>und</strong>esgebiet zeigt. Sie alle<br />
boten im Internetportal „mobile.de“<br />
Autos zum Kauf an <strong>und</strong> bekamen dann<br />
von angeblichen Interessenten selbst ein<br />
unglaubliches Angebot unterbreitet. Per<br />
E-Mail meldete sich ein Captain Jim<br />
Ovia aus dem Irak <strong>und</strong> gab vor, r<strong>und</strong> 16<br />
Millionen US-Dollar von Bagdad nach<br />
Deutschland transferieren zu wollen.<br />
Für die Hilfe beim Geldtransfer sollte es<br />
eine Provision von 30 bis 40 Prozent geben.<br />
Die acht Geschädigten überließen<br />
der Bande daraufhin insgesamt die stattliche<br />
Summe von 615 000 Euro.<br />
Auch Helmut M. hatte das große Geld<br />
gewittert. Er schrieb zurück an Captain<br />
Jim, <strong>und</strong> bald darauf meldete sich ein angeblicher<br />
Diplomat namens Eric Wilson<br />
bei ihm, um die Details des Geschäfts zu<br />
besprechen. Mr. Wilson, so wurde rasch<br />
klar, brauchte vor allem selber Geld –<br />
was ihm der Autohändler auch bereitwillig<br />
gab. Eineinhalb Jahre schossen er <strong>und</strong><br />
auch einige seiner damaligen Bekannten<br />
aus Hohenbrunn, die ebenfalls elektrisiert<br />
waren von der Aussicht auf eine Millionen-Provision,<br />
nach <strong>und</strong> nach 465 000<br />
Seit Anfang dieses Jahres registriert die<br />
Münchner Polizei wieder vermehrt falsche<br />
Erbschafts-Mitteilungen. In den Schreiben<br />
von – meist nicht existenten – spanischen<br />
<strong>und</strong> englischen Anwaltskanzleien werden<br />
die Empfänger über den Tod eines möglichen<br />
entfernten Verwandten informiert. Um<br />
Erbschaftsansprüche zu klären, müsse<br />
man sich melden. Wer dies tut, wird bald<br />
aufgefordert, einen Vorschuss zu bezahlen<br />
für anfallende Gebühren. Und wer einmal<br />
ein paar h<strong>und</strong>ert Euro überweist, ist schnell<br />
sein gesamtes Vermögen los. Denn die versprochene<br />
Erbschaft gibt es nicht. Dies ist<br />
nur ein Trick der Banden, die nach Art der<br />
sogenannten Nigeria-Connection arbeiten.<br />
Die Betrugsmasche verbreitete sich in den<br />
80er Jahren mit dem verstärkten Faxaufkommen<br />
von Nigeria aus. Im Zeitalter des<br />
Euro in das betrügerische Unternehmen.<br />
Gut 100 000 Euro stammten von Helmut<br />
M. Immer wieder kam die Bande mit neuen<br />
Geldwünschen auf ihn zu, weil der<br />
Zoll bestochen werden musste oder eine<br />
Unbedenklichkeitsbescheinigung für<br />
den Devisentransfer zu bezahlen war –<br />
angeblich. Die überwiesenen Euros der<br />
Hohenbrunner versickerten dann auf<br />
Konten in Südafrika oder London.<br />
Mehrfach lieferte M. Geldkuverts persönlich<br />
bei den Betrügern ab. Bei zwei<br />
Treffen in München im August 2009 händigte<br />
er der 55-jährigen Regine M. r<strong>und</strong><br />
100 000 Euro aus. Die Berliner Pädago-<br />
Internets versuchen Banden mit Massen-E-<br />
Mails aus allen möglichen Ländern, ihre Opfer<br />
zu ködern. Pro Woche werden weltweit<br />
30 000 Mitteilungen versandt, schätzt die<br />
Polizei, r<strong>und</strong> ein Prozent der Adressaten<br />
beißen an. Die angeblichen Gelder, die<br />
nach Deutschland fließen sollen, stammen<br />
aus unterschlagenem Firmenvermögen,<br />
Lotterien, aus unverhofft aufgetauchter<br />
Kriegsbeute, aus Diktatoren-Nachlässen<br />
oder aus dem Erbe eines unbekannten Verwandten.<br />
In München wurden von 2008 bis<br />
2010 r<strong>und</strong> 100 Fälle des versuchten Vorschussbetrugs<br />
bei der Polizei angezeigt.<br />
Im Internet existiert längst eine eigene Seite<br />
zu dem Thema. Auf www.nigeria-connection.de<br />
sind als warnende Beispiele etliche<br />
Betrügerbriefe aufgeführt, auf die man tunlichst<br />
nie antworten sollte. chro<br />
Von Karoline Meta Beisel<br />
„Suche gut gebauten Achtzehn- bis<br />
Dreißigjährigen zum Schlachten“ – in<br />
„Mein Teil“ singt die deutsche Band<br />
Rammstein über den Fall des Kannibalen<br />
von Rothenburg. Das Video zu dem<br />
Lied darf vor 22 Uhr nicht gespielt werden,<br />
das jüngste Album „Liebe ist für alle<br />
da“ wurde gleich ganz auf den Index<br />
gesetzt. Trotzdem: Eines der Musikvideos<br />
zu dem Album erhielt 2011 einen<br />
„Echo“. Genial oder ekelhaft: An Rammstein<br />
scheiden sich die Geister.<br />
Das Münchener Kreisverwaltungsreferat<br />
(KVR) untersagte ihr ausverkauftes<br />
Konzert in der Olympiahalle am 20. November,<br />
das Verwaltungsgericht München<br />
hat die Entscheidung am Donnerstag<br />
vorläufig bestätigt. Die Begründung:<br />
Am 20. November ist Totensonntag. Vielerorts<br />
werden dann die Namen der im<br />
vergangenen Jahr Verstorbenen im Gottesdienst<br />
verlesen, Angehörige besuchen<br />
die Gräber auf den Friedhöfen. Nach<br />
dem bayerischen Feiertagsgesetz ist Totensonntag<br />
ein „Stiller Tag“: Öffentliche<br />
Unterhaltungsveranstaltungen sind an<br />
solchen Tagen nur dann erlaubt, wenn<br />
„der diesen Tagen entsprechende ernste<br />
Charakter“ gewahrt ist. „Tanzverbot“<br />
sagt der Volksm<strong>und</strong> zu dieser Regelung.<br />
„Wenn eine Gruppe an diesem Tag<br />
nicht sonderlich gut passt, dann ist es<br />
Rammstein“, sagt Wilfried Blume-Beyerle,<br />
der Chef des KVR. Das würde klar,<br />
wenn man sich die Bühnenauftritte der<br />
Der Preis der Gier<br />
Betrüger geben sich als US-Soldaten aus, die Millionen aus dem Irak schleusen wollen – <strong>und</strong> nehmen dann ihre Opfer aus<br />
Autohändler Helmut M. gab<br />
dem angeblichen Diplomaten<br />
gut 100 000 Euro.<br />
Uhrenausstellung<br />
A. Lange & Söhne, Aerowatch, Alexander Shorokhoff, Alpina, Antoine Martin, Armin Strom,<br />
Arnold & Son, Askania, Audemars Piguet, B. Junge & Söhne, Baume & Mercier, Bedat & Co., Bell & Ross,<br />
Borgward, Bulgari, Carl F. Bucherer, Cartier, Chopard, Chronoswiss, Corum, Cuervo y Sobrinos,<br />
Damasko, Ebel, Eberhard & Co., Erhard Junghans, Erwin Sattler, Eterna, Fortis, Frédérique Constant,<br />
Genesis, Germano & Walter, Girard-Perregaux, Graham, Greiner, H. Moser & Cie., Habring², Hanhart,<br />
Harry Winston, Hautlence, HD3, Helveco, Hermès, Hirsch, Hublot, Ingersoll, IWC, Jaeger-LeCoultre,<br />
Jaermann & Stübi, Junghans, Junkers, Kieninger, Leinfelder, Marcello C, Marvin, Matthias Naeschke,<br />
Maurice Lacroix, Max Bill, MeisterSinger, Michel Herbelin, Montblanc, Movado, Mühle Glashütte,<br />
Neuhaus, Nienaber Bünde, Nomos Glashütte, Oris, Panerai, Parmigiani, Paul Picot, Porsche Design,<br />
Raymond Weil, RHL, Richard Mille, Roger Dubuis, TAG Heuer, Thomas Ninchritz, Tutima Glashütte,<br />
Ulysse Nardin, Vacheron Constantin, Vulcain, Wempe, Zenith.<br />
Sonderpräsentation<br />
Montblanc Sonderausstellung „190 Jahre Chronograph“<br />
Haupt-Medienpartner:<br />
Die Welt<br />
der feinen Uhren<br />
im Hotel<br />
Eintritt frei!<br />
4. bis 6. November 2011<br />
Hotel Bayerischer Hof, München<br />
www.munichtime.de Eintritt frei!<br />
gin hatte sich für 1500 Euro als Kurierin<br />
von der Nigeria-Connection einspannen<br />
lassen, weshalb sie nun wegen Beihilfe<br />
zum Betrug angeklagt ist. Helmut M. reiste<br />
sogar nach Brüssel, um Kontaktleute<br />
zu treffen. Ein Bekannter M.s, der der Sache<br />
misstraute, fuhr einmal mit. In Brüssel<br />
wurde den beiden Bayern ein riesiger,<br />
aufgeklappter Koffer gezeigt, in dem<br />
sich – zumindest obenauf – Dollarnoten<br />
befanden. M.s Begleiter war schließlich<br />
überzeugt – er investierte sogleich 90 000<br />
Euro in die Operation Irak-Dollar.<br />
Die Geldwünsche der Bande erreichen<br />
Helmut M. heute noch, wie er dem Gericht<br />
beschrieb. Erst vor acht Wochen habe<br />
sich wieder Captain Jim gemeldet. Er<br />
habe angeboten, ihm sein Geld zurückzugeben,<br />
so M., allerdings wollte Jim zunächst<br />
einen Vorschuss. Der Autohändler,<br />
der inzwischen weit weg von seinen<br />
früheren Bekannten lebt, die er für das<br />
Dollar-Geschäft begeistert hatte, ist inzwischen<br />
kuriert. Er leitete Jims Anfrage<br />
gleich an die Polizei weiter.<br />
Den Angeklagten Jeffrey A. hatten Polizisten<br />
im Herbst 2010 bei einer fingierten<br />
Geldübergabe festgenommen. Der<br />
31-jährige sitzt neben Regine M. im Saal<br />
des Landgerichts. A. soll der Diplomat<br />
Wilson in dem üblen Spiel gewesen sein.<br />
Falls er das einräume, so stellte ihm die<br />
Richterin Rosi Datzmann in Aussicht,<br />
werde er nicht mehr als vier Jahre in Haft<br />
müssen. A. kann sich das Angebot noch<br />
bis Freitag überlegen. Regine M. gestand<br />
sofort – wofür sie eine Bewährungsstrafe<br />
von nicht mehr als 15 Monaten erhält.<br />
Von den anderen Bandenmitgliedern<br />
fehlt jede Spur.<br />
Stille Nacht<br />
Die Stadt verbietet das Rammstein-Konzert am Totensonntag<br />
Die feinsten<br />
Uhren der Welt<br />
it‘s munichtime!<br />
Band anschaut: „Eine spektakuläre, laute<br />
Gesamtinszenierung mit brennenden<br />
Menschen <strong>und</strong> wilden Texten.“ In den<br />
Liedtexten von Rammstein geht es häufig<br />
um tabuisierte Themen, wie sexuellen<br />
Missbrauch, Kannibalismus oder Sadomasochismus.<br />
Das Lied „Heirate Mich“<br />
von Rammsteins erstem Album „Herzeleid“<br />
aus dem Jahr 1995 handelt von einem<br />
Mann, der nachts die Leiche seiner<br />
Frau ausgräbt, um mit ihr Sex zu haben.<br />
„Warum kommen die auf die Idee, gerade<br />
an dem Tag ein Konzert zu geben?“,<br />
fragt sich Blume-Beyerle.<br />
Franz Erlmeier, der Rechtsanwalt des<br />
Konzertveranstalters, klagte im vorläufigen<br />
Verfahren gegen das Verbot, wahrscheinlich<br />
will er jetzt beim Verwaltungsgerichtshof<br />
in die zweite Instanz gehen.<br />
Er findet die Entscheidung willkürlich:<br />
„In den vergangenen Jahren haben über<br />
h<strong>und</strong>ert Konzerte an solchen Stillen Tagen<br />
stattgef<strong>und</strong>en, auch Rock- <strong>und</strong> Popkonzerte:<br />
Warum soll gerade Rammstein<br />
nicht gehen?“ Die Band sei künstlerisch<br />
arriviert <strong>und</strong> weltbekannt, ihre Show<br />
von einer modernen Operninszenierung<br />
gar nicht so weit weg. Selbst die Bayreuther<br />
Festivalchefin Katharina Wagner bekenne<br />
sich als Rammstein-Fan.<br />
Dass das KVR, das bei jeder Veranstaltung<br />
klären muss, ob sie den „ernsten<br />
Charakter“ des Tages wahrt, dadurch<br />
die Rolle eines Zensors bekommt, findet<br />
auch Blume-Beyerle problematisch:<br />
„Wenn das ein höheres Gericht mal entscheidet,<br />
hab’ ich da nichts dagegen.“<br />
S-Bahn will<br />
Alkohol verbieten<br />
Unternehmen sperrt sich nicht mehr<br />
gegen Forderungen der Politiker<br />
Auch in den S-Bahnen im Großraum<br />
München soll künftig ein Alkoholverbot<br />
gelten. Nach Angaben des Fürstenfeldbrucker<br />
Landrats Thomas Karmasins,<br />
der als Sprecher der Landkreise im Verb<strong>und</strong>ausschuss<br />
des MVV sitzt, hat die<br />
Bahn AG ihren Widerstand gegen eine<br />
solche Regelung aufgegeben, die in<br />
U-Bahnen <strong>und</strong> Bussen bereits gilt. Das<br />
berichtete der CSU-Politiker am Donnerstag<br />
in einer Jugendhilfeausschuss-<br />
Sitzung des Landkreises Fürstenfeldbruck.<br />
Wie Karmasin der <strong>Süddeutsche</strong>n<br />
<strong>Zeitung</strong> erläuterte, hatte die Bahn bisher<br />
argumentiert, dass sie in Fernzügen ihre<br />
K<strong>und</strong>en verköstige <strong>und</strong> deshalb auch in<br />
der S-Bahn nichts dagegen habe, wenn<br />
sich jemand ein Bier aufmacht. Von dieser<br />
Haltung sei die Bahn nach seinem<br />
Kenntnisstand bereits vor einigen Wochen<br />
abgerückt. Allerdings habe sie das<br />
Alkoholverbot nicht zur Wiesn verkünden<br />
wollen, sondern erst danach. Bei der<br />
Bahn war am Donnerstagabend niemand<br />
für eine Stellungnahme zu erreichen.<br />
Auch in anderen deutschen Großstädten<br />
ist in den vergangenen Monaten über<br />
ein Alkoholverbot im gesamten Nahverkehr<br />
diskutiert worden. In Hamburg wurde<br />
es vor drei Wochen eingeführt, nachdem<br />
sich zuvor in einer Umfrage 86 Prozent<br />
der befragten Bürger dafür ausgesprochen<br />
hatten. Auch in Berlin wird seit<br />
Jahren über ein Alkoholverbot in Bussen<br />
<strong>und</strong> Bahnen debattiert. Zuletzt hatte<br />
sich der CDU-Spitzenkandidat für das<br />
Amt des Regierenden Bürgermeisters,<br />
Frank Henkel, dafür stark gemacht. wkr
Seite R 4 / <strong>Süddeutsche</strong> <strong>Zeitung</strong> Nr. 243 – Freitag, 21. Oktober 2011<br />
33<br />
Eine schwierige Immobilie<br />
Schon 1997 hat es einen Ideenwettbewerb für die Nutzung des Geländes der ehemaligen McGraw-Kaserne gegeben – doch passiert ist bisher nichts<br />
Von Elisa Holz<br />
Innerhalb des Münchner Stadtgebiets<br />
gibt es nur noch wenige Flächen, die sich<br />
für Wohnungsbau eignen. Eine davon<br />
liegt im östlichen Teil der ehemaligen<br />
McGraw-Kaserne in Obergiesing. Schon<br />
seit fast zwanzig Jahren will der Freistaat<br />
zusammen mit der Stadt dieses Gebiet<br />
entwickeln. Doch außer einem Ideenwettbewerb<br />
1997 ist bislang nichts passiert.<br />
Einen neuen Anlauf des Freistaats<br />
bringt nun das Landesamt für Denkmalpflege<br />
ins Stocken, das jüngst die ehemalige<br />
Wagenhalle des NSDAP-Hilfszuges<br />
Bayern auf dem Gelände unter Denkmalschutz<br />
gestellt hat.<br />
Das geschichtsträchtige Kasernengelände<br />
im Südosten der Stadt ist eine Hinterlassenschaft<br />
der NS-Zeit. Die Nazis<br />
hatten hier ihre Reichzeugmeisterei, den<br />
Reichsautozug <strong>und</strong> eben jenen NSDAP-<br />
Die Denkmalschützer<br />
nahmen das gesamte<br />
Areal unter die Lupe.<br />
Hilfszug untergebracht. Nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg nahm die US-Armee das<br />
Kasernengelände in Beschlag. Als die<br />
Amerikaner 1992 abzogen, fiel das insgesamt<br />
1,2 Quadratkilometer große Areal<br />
an den Freistaat Bayern. Der begann den<br />
Bestand zügig für eigene Zwecke zu nutzen.<br />
In die Häuserblocks entlang der Peter-Auzinger-Straße<br />
zog das Staatliche<br />
Bauamt ein. Die großen Verwaltungsgebäude<br />
im Westen des Areals – darunter<br />
auch die ebenfalls bald unter Denkmalschutz<br />
stehende ehemalige Reichzeugmeisterei<br />
– wurden für r<strong>und</strong> 450 Millionen<br />
Euro saniert, um dort die Münchner<br />
Polizeidirektion unterzubringen. Zudem<br />
durfte die Polizei bislang auch die große<br />
Wagenhalle im Osten als Garage nutzen<br />
– zumindest bis der Plan für eine zivile<br />
Nutzung des Gebietes gediehen sei, wie<br />
es hieß.<br />
Doch dieser Plan hat noch immer keine<br />
konkrete Form angenommen. Dabei<br />
hatte sich alles vielversprechend angelassen:<br />
Schon 1997 riefen Freistaat <strong>und</strong><br />
Stadt einen „Ideenwettbewerb“ aus, den<br />
damals ein Salzburger Architekturbüro<br />
mit einem Entwurf für ein Wohngebiet<br />
mit Gewerbeflächen in den Randbereichen<br />
gewann. Doch die Idee wanderte di-<br />
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Geschichtsträchtiges Gelände: 1992 fiel das insgesamt 1,2 Quadratkilometer große Areal an den Freistaat Bayern. Foto: Google Earth<br />
rekt in die Schublade. Fragt man Dieter<br />
Knauer von der zuständigen „Immobilien<br />
Freistaat Bayern“, warum in den vergangenen<br />
15 Jahren nichts unternommen<br />
worden ist, um die damalige Idee in die<br />
Tat umzusetzen, weiß er keine Antwort.<br />
„Das war vor meiner Zeit“, sagt Knauer,<br />
ein Geschäftsführer des Staatsbetriebes,<br />
der erst seit 2006 existiert.<br />
Vor über einem Jahr hatte Knauer einen<br />
Realisierungswettbewerb für das Gebiet<br />
angekündigt. Die Wettbewerbsunterlagen<br />
seien fast fertig gewesen, sagt er.<br />
Doch dann hat Landesamt für Denkmalpflege<br />
die Pläne durch die Ausweisung<br />
der Wagenhalle als Denkmal die Pläne<br />
weitgehend durchkreuzt. „Das alte Konzept“,<br />
so Knauer, „ist damit obsolet“.<br />
Nun gelte es zu klären, unter welchen Bedingungen<br />
der alte Industriebau trotz<br />
Denkmalschutz abgebrochen werden<br />
könnte. Denn die Integration einer 8000<br />
Quadratmeter großen Halle in ein Neu-<br />
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Chiemgaustraße<br />
Chiemgaustraße<br />
Tegernseer Landstraße<br />
baugebiet dürfte sich schwierig gestalten.<br />
Zwar liefen momentan schon Abstimmungen<br />
innerhalb der Stadtverwaltung,<br />
„aber uns wirft das zeitlich zurück“,<br />
bekennt Knauer.<br />
Die Stadt, die zwar nicht Eigentümer<br />
des Areals ist, aber zumindest für das<br />
Bauleitplanverfahren verantwortlich<br />
zeichnet, gibt sich wortkarg. Natürlich<br />
habe man Interesse an einer sinnvollen<br />
Nutzung des Geländes <strong>und</strong> arbeite in der<br />
Sache auch eng mit dem Freistaat zusammen.<br />
Es gebe jedoch noch offene Fragen<br />
<strong>und</strong> kein definitives Ergebnis, sagt Marc<br />
Binder, der Sprecher des Planungsreferats.<br />
Die Frage, warum seit dem Ideenwettbewerb<br />
nichts vorangegangen ist,<br />
kann auch er nicht beantworten. „Es ist<br />
nicht ungewöhnlich, dass die Entwicklung<br />
solcher Flächen lange dauert“, sagt<br />
er. Die zwei neuen Denkmäler auf dem<br />
Gelände mochte das Planungsreferat<br />
auch nicht weiter kommentieren. „Das<br />
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Landesamt arbeiten autark“, erklärt Binder,<br />
zu dessen Referat auch die Untere<br />
Denkmalschutzbehörde gehört.<br />
Dass die alten Gebäude den Denkmalschützern<br />
erst jetzt ins Auge gefallen<br />
sind, ist indes kein Zufall. Das Staatliche<br />
Bauamt hatte im Frühjahr dieses Jahres<br />
angefragt, ob das weithin sichtbare <strong>und</strong><br />
zusehends verfallende Gebäude der University<br />
of Maryland am Mangfallplatz bereits<br />
ein eingetragenes Denkmal sei. Obwohl<br />
dies nicht der Fall war, nahmen die<br />
Denkmalschützer die Anfrage zum Anlass,<br />
das gesamte Areal unter die Lupe zu<br />
nehmen <strong>und</strong> stellten fest, dass sowohl<br />
der Erhalt der Wagenhalle mit seiner freitragenden<br />
Stahlkonstruktion als auch<br />
der mit Tuffstein verkleidete Stahlskelettbau<br />
der ehemaligen Reichszeugmeisterei<br />
„im Interesse der Allgemeinheit“<br />
ist. Laut Generalkonservator Egon Johannes<br />
Greipl haben beide Gebäude eine<br />
„geschichtliche, architektonisch-künstle-<br />
Von Silke Lode<br />
Kein Blick fällt nach unten, als Thomas<br />
Rink mit seiner Gruppe in die schmale<br />
Viscardigasse hinter der Feldherrnhalle<br />
einbiegt. Die Bronzepunkte zwischen<br />
dem Kopfsteinplaster bemerken die meisten<br />
erst, als Rink sie darauf hinweist.<br />
Jetzt erinnert sich eine junge Frau: „Das<br />
ist die Drückebergergasse!“ Tatsächlich<br />
soll die Bronzespur an eine alltägliche<br />
Form des Widerstands während der Herrschaft<br />
der Nationalsozialisten erinnern:<br />
Vor der Feldherrnhalle mussten Passanten<br />
SS-Männern den Hitlergruß zeigen,<br />
die dort zur Erinnerung an den gescheiterten<br />
Nazi-Putsch im Jahr 1923 postiert<br />
waren. Wer nicht grüßen wollte, wählte<br />
den Umweg über die Viscardigasse<br />
Thomas Rink ist wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter beim NS-Dokumentationszentrum,<br />
<strong>und</strong> seine Stadtführung hat einen<br />
ganz besonderen Fokus: Sie führt zu<br />
Orten, an denen an die NS-Herrschaft<br />
<strong>und</strong> ihre Verbrechen erinnert wird. Die<br />
Studenten, die mit Rink unterwegs sind,<br />
gehören zum neuen Public-Management-<br />
Studiengang, den die FH Erding in Kooperation<br />
mit der Stadt München anbietet.<br />
Wenn sie ihren Bachelor geschafft haben,<br />
sollen sie in der Verwaltung oder<br />
den kommunalen Eigenbetrieben unter-<br />
kommen. Auch für die Studenten ist deshalb<br />
eine Seminarreihe ebenso wie für<br />
die städtischen Azubis Pflicht, mit der<br />
Toleranz <strong>und</strong> Interkulturelles Verständnis<br />
gefördert werden sollen.<br />
Das Angebot des NS-Dokuzentrums<br />
ist neu, die Studenten sind die ersten, die<br />
bei dem Pilotprojekt mitmachen. „Verwaltung<br />
<strong>und</strong> Verantwortung“ heißt das<br />
Seminar, in dem sich die künftigen Stadtmitarbeiter<br />
mit der Münchner Verwaltung<br />
während der NS-Zeit beschäftigen.<br />
Sie lesen in der Biographie von Karl Fiehler,<br />
einem frühen Weggefährten Hitlers,<br />
der zwischen 1933 <strong>und</strong> 1945 Oberbürgermeister<br />
Münchens war. Sie werten die<br />
Geschäftsverteilungspläne unterschiedlicher<br />
Jahrgänge aus <strong>und</strong> analysieren, wie<br />
sich die Aufgaben von Stadtrat, Referaten<br />
<strong>und</strong> dem Oberbürgermeister verändert<br />
haben. Und die Studenten verfolgen<br />
am Beispiel der Firma Siegm<strong>und</strong> Feuchtwangers<br />
nach, wie die Verwaltung jüdi-<br />
rische, städtebauliche <strong>und</strong> wissenschaftliche<br />
Bedeutung“, wie sie das Denkmalschutzgesetz<br />
vorschreibt.<br />
Eine solche Bedeutung will man der<br />
ehemaligen University of Maryland, einem<br />
vormaligen Schulgebäude der SS<br />
am Mangfallplatz nicht zubilligen. Doch<br />
auch ohne Denkmalschutz wird sich an<br />
dem schlechten Zustand dieses Gebäudes<br />
<strong>und</strong> seiner Verwendung als Lagerstätte<br />
so schnell nichts ändern – auch wenn<br />
die Klagen in Giesing <strong>und</strong> Harlaching<br />
über diesen „Schandfleck“ immer lauter<br />
werden. Denn dem Freistaat fehlt sowohl<br />
für eine Sanierung als auch einen<br />
Abriss das nötige Geld. „Das ist eine sehr<br />
schwierige Immobilie“, gibt Knauer zu,<br />
der das Gebäude mit Polizei <strong>und</strong> Bauamt<br />
im Rücken am liebsten für staatliche<br />
Zwecke nutzen würde. Die Privatisierung<br />
des maroden Schulgebäudes in bester<br />
Lage sei hingegen nur die Ultima Ratio.<br />
Die dunkle Seite der Stadt<br />
sche Betriebe Schritt für Schritt liquidiert<br />
hat. Alles ist sauber dokumentiert,<br />
<strong>und</strong> die Akten erwecken den Anschein,<br />
als sei die antisemitisch motivierte Enteignung<br />
nichts anderes als ein normaler<br />
Verwaltungsakt.<br />
Ohne Rinks Zutun entwickelt sich dabei<br />
eine Debatte unter den Studenten,<br />
die plötzlich über ihre eigene Rolle nachdenken.<br />
Im praktischen Teil ihrer Ausbildung<br />
arbeiten sie bereits in der Stadtverwaltung,<br />
<strong>und</strong> viele von ihnen kennen Situationen,<br />
in denen sie Aufträge umsetzen<br />
mussten, die sie zumindest hinterfragt<br />
haben. „Auch als kleiner Angestellter<br />
muss man Verantwortung übernehmen,<br />
man kann doch nicht alles auf die<br />
Führungskräfte abschieben“, meint einer.<br />
„Aber ich muss doch Gesetze umsetzen,<br />
wie sie geschrieben sind“, wendet eine<br />
andere Teilnehmerin ein. „Einen gewissen<br />
Handlungsspielraum hat man<br />
aber immer“, wirft eine Dritte ein.<br />
Wartungshalle<br />
evakuiert<br />
Ein falscher Alarm führt zu<br />
Engpässen bei der S-Bahn<br />
So mancher S-Bahn-Fahrgast w<strong>und</strong>erte<br />
sich am Donnerstagmorgen darüber,<br />
dass er sich besonders eng an die anderen<br />
Passagiere quetschen musste. Schuld daran<br />
war die Tatsache, dass die Bahn die Linien<br />
S 1, S 2, S 3, S 4 <strong>und</strong> S 6 größtenteils<br />
nur mit zweiteiligen Vollzügen statt<br />
dreiteiligen Langzügen befuhr. Auf der<br />
S 2 fielen zudem zwei Verstärkerzüge<br />
komplett aus. Auch am Donnerstagnachmittag<br />
ging es auf einigen Linien recht<br />
eng zu, weil erneut nur Voll- statt Langzüge<br />
im Einsatz waren.<br />
Gr<strong>und</strong> dafür war ein Gepäckstück,<br />
das Bahn-Mitarbeiter um kurz nach Mitternacht<br />
in einer zur Wartung abgestellten<br />
Regionalbahn in der Werkstatt in<br />
Steinhausen gef<strong>und</strong>en hatten. Dieses<br />
war nach Angaben der Bahn mit einem<br />
Das Gepäckstück mit dem<br />
Gefahrgut-Aufkleber<br />
erwies sich als harmlos.<br />
Gefahrgut-Aufkleber gekennzeichnet.<br />
Polizei <strong>und</strong> Feuerwehr rückten an <strong>und</strong><br />
untersuchten das Gepäckstück, das sich<br />
letztlich als harmlos herausstellte. Während<br />
der Untersuchung ordnete die Polizei<br />
an, die Werkstatt zu evakuieren. Deshalb<br />
konnten die Bahn-Mitarbeiter in<br />
der Nacht nicht alle geplanten Wartungsarbeiten<br />
vornehmen – am nächsten Morgen<br />
standen nicht genügend Bahnen zur<br />
Verfügung. Vom heutigen Freitag an seien<br />
aber wieder genügend Züge vorhanden,<br />
erklärte ein Sprecher der Bahn.<br />
Bereits Ende September hatte ein ähnlicher<br />
Vorfall dazu geführt, dass die<br />
S-Bahn nicht genügend Waggons hatte –<br />
<strong>und</strong> deshalb einen Nachmittag lang die<br />
Verstärkerzüge in der Hauptverkehrszeit<br />
ausfallen ließ. Damals mussten aufgr<strong>und</strong><br />
eines Gefahrgutalarms in Berg am<br />
Laim Strecken gesperrt werden – dadurch<br />
gerieten die Umläufe durcheinander,<br />
am Abend standen nicht genügend<br />
Züge zur Wartung in der Werkstatt. Zudem<br />
fehlten Reservefahrzeuge, weil Züge<br />
zu Wartungsarbeiten in Werkstätten in<br />
Leipzig <strong>und</strong> Aachen waren. Der Fahrgastverband<br />
Pro Bahn kritisiert, die<br />
Bahn greife „oft viel zu schnell zu dem<br />
Mittel, kurzerhand die Verstärkerzüge<br />
zu streichen“. mvö<br />
Azubis lernen in einem Seminar des Dokuzentrums Münchens Rolle in der NS-Zeit kennen<br />
„Einen gewissen<br />
Handlungsspielraum<br />
hat man immer.“<br />
Stadelheimer Stadelheimer Straße Straße<br />
Peter-Auzinger-Straße<br />
Peter-Auzinger-Straße<br />
Rink erzählt den Studenten, dass er<br />
bei seiner Suche nach Archivmaterial<br />
kein einziges Beispiel für Widerstand in<br />
der Verwaltung gegen die neuen Gesetze<br />
<strong>und</strong> Anordnungen der NS-Zeit gef<strong>und</strong>en<br />
hat. Zugleich erinnert er daran, dass sich<br />
heute einiges gr<strong>und</strong>legend geändert hat:<br />
Schon im Juli 1933 saßen nur noch<br />
NSDAP-Mitglieder im Stadtrat – heute<br />
sind viele verschiedene Parteien vertreten.<br />
Wer Probleme bei der Arbeit hat,<br />
kann sich heute an den Betriebsrat wenden<br />
– während der NS-Zeit war auch der<br />
gleichgeschaltet. Eine klare Lektion will<br />
er den Studenten aber nicht mit auf den<br />
Weg geben. „Für uns ist das ein Denkanstoß“,<br />
meint einer der Teilnehmer. „Man<br />
kommt über die Auseinandersetzung mit<br />
der NS-Zeit ins Grübeln: Wie hätte man<br />
selbst reagiert? Und was kann man heute<br />
tun?“ Im Alltag gehe sowas schnell unter<br />
– das Nachdenken über den eigenen<br />
Handlungsspielraum.<br />
Naziaufmarsch vor dem Haus der Kunst: Städtische Azubis sollen sich künftig<br />
auch mit der NS-Zeit in München auseinandersetzen. Foto: Scherl
Im ganzen Stadtgebiet verfügt die landeseigene GBW über Wohnungen. Foto: Catherina Hess<br />
Genossen als Großinvestoren<br />
Wogeno-Chef Peter Schmidt fordert neues Konzept für 10 000 GBW-Wohnungen<br />
Es dürfte der größte Immobiliendeal werden<br />
seit dem Verkauf der Neuen Heimat:<br />
Der Freistaat muss wohl sein Immobilien-<br />
Unternehmen GBW verkaufen, dem<br />
34 000 Wohnungen in Bayern gehören.<br />
Wer kauft sie? Was geschieht mit den Mietern?<br />
Ein Gespräch mit Peter Schmidt,<br />
Vorstand der Münchner Wohnungsgenossenschaft<br />
Wogeno, über einen kühnen<br />
Plan.<br />
10 000 Wohnungen im Großraum München.<br />
Läuft Ihnen da nicht das Wasser im<br />
M<strong>und</strong>e zusammen?<br />
Na ja, das hängt von der Politik ab <strong>und</strong><br />
den Bedingungen beim Verkauf. Leider<br />
haben wir da nicht immer gute Erfahrungen<br />
gemacht, <strong>und</strong> auch jetzt habe ich den<br />
Eindruck, dass alles hinter verschlossenen<br />
Türen verhandelt wird.<br />
Wie hätten Sie es denn gerne?<br />
Wenn die sogenannten Bestandswahrer<br />
zum Zuge kommen sollen, also Unternehmen<br />
wie die städtischen Gesellschaften,<br />
die ihre Mietwohnungen dauerhaft<br />
behalten, dann muss die Politik frühzeitig<br />
den Weg bereiten <strong>und</strong> sagen, was sie<br />
will. Gerade beim Preis.<br />
Es ist viel privates Kapital im Umlauf,<br />
das ein Zuhause sucht. Betongold ist gefragt,<br />
<strong>und</strong> der Freistaat könnte großen<br />
Reibach machen, gerade mit den Münchner<br />
GBW-Wohnungen.<br />
Der Freistaat muss einfach abwägen,<br />
was er will. Die Wohnungen zum Höchstpreis<br />
verkaufen, um seinen Finanzbedarf<br />
zu stillen? Oder will er, dass öffentliches<br />
Vermögen, was die GBW-Häuser ja sind,<br />
in der Hand der Bürger bleibt?<br />
Ein Konsortium unter städtischer Führung<br />
will als Bieter antreten.<br />
Das ist ein guter Ansatz, die städtischen<br />
Gesellschaften wie GWG oder Ge-<br />
Als die Münchner vor wenigen Monaten<br />
demonstrierten, um den Abriss der<br />
Schwabinger 7 zu verhindern, wetterte<br />
Oberbürgermeister Christian Ude:<br />
„Es geht hier nicht um das kulturelle<br />
Schwabinger Zentrum, es geht um eine<br />
Saufkneipe in einer ehemaligen<br />
Baubaracke.“ Das kam nicht gut an<br />
bei den Protestlern. Doch im Nachhinein<br />
müssen sie zugeben: Ude hat recht<br />
gehabt. Denn dass die Schwabinger 7<br />
dem Erdboden gleich gemacht wurde,<br />
ist gar nicht so schlimm. Wirt Manila<br />
hat nach dem Abriss kurzerhand seine<br />
Zweitkneipe Gummizelle, die ein paar<br />
Häuser weiter in der Feilitzschstraße<br />
steht, in Schwabinger 7 umbenannt.<br />
Und dort ist die Stimmung fast so<br />
gut wie im Original. In der alten<br />
Schwabinger 7 war es lässig, dunkel,<br />
ein wenig schmutzig <strong>und</strong> laut. Dort<br />
trafen sich diejenigen, die abstürzen<br />
wollten. Und genauso ist es auch in<br />
der neuen „Schwasi“, wie das Lokal<br />
von den Gästen genannt wird. Manila<br />
hat einfach die Gegenstände, die At-<br />
wofag wären ein sicherer Hafen. Aber<br />
ich persönlich hätte ein noch besseres Gefühl,<br />
wenn die Bürger noch direkter einbezogen<br />
würden, <strong>und</strong> das ginge nun mal<br />
am besten über Genossenschaften. Die<br />
sind seit mehr als 100 Jahren die verlässlichsten<br />
Wahrer der Mietbestände, <strong>und</strong><br />
ein paar von ihnen haben auch schon ihr<br />
Interesse angemeldet.<br />
Sie wollen mit Ihrer Genossenschaft<br />
aber nicht ernsthaft die 10 000 GBW-<br />
Wohnungen erwerben?<br />
Nein, das wäre, wie wenn die Sprotte<br />
den Wal schluckt. Wir haben gerade mal<br />
„Es wird Zeit,<br />
das noch nie Dagewesene<br />
anzupacken.“<br />
300 Wohnungen. Der GBW-Bestand ist<br />
weit jenseits unserer Möglichkeiten.<br />
Aber man könnte eine komplett neue Genossenschaft<br />
in München gründen, <strong>und</strong><br />
die könnte durchaus so einen Großbestand<br />
schultern.<br />
Wir reden von vermutlich mehr als einer<br />
Milliarde Euro für die 10 000 Wohnungen.<br />
Wenn die Politik will, könnten die<br />
Stadt München <strong>und</strong> der Freistaat Bayern<br />
Nummer sieben lebt<br />
mosphäre <strong>und</strong> die Stammgäste aus<br />
dem alten Lokal mitgenommen. Das<br />
Namensschild am Eingang wurde abmontiert<br />
<strong>und</strong> nun an der Hausnummer<br />
15 angebracht. Auch in dem Nachfolgelokal<br />
gibt es keine Fenster, gespielt<br />
wird vor allem Rock, Hard<br />
Rock. Auf den Tischen stehen weiterhin<br />
Schnapsflaschen, die als Kerzen-<br />
Alles wie immer: die neue Schwabinger<br />
7. Foto: Florian Peljak<br />
Anteile dieser Genossenschaft erwerben.<br />
Die Stadt wäre ja, wie man hört, ohnehin<br />
bereit, Geld in die Hand zu nehmen.<br />
Die Stadt als Genosse?<br />
Warum nicht! Das wäre die sicherste<br />
Geldanlage, die ich mir vorstellen kann,<br />
<strong>und</strong> die Stadt hätte ja dann auch Einfluss<br />
auf diese Genossenschaft. Zugleich<br />
ließe sich so viel privates Geld schöpfen:<br />
Die Bewohner könnten Mitglieder dieser<br />
Genossenschaft werden <strong>und</strong> diese über<br />
ihre Einlagen mitfinanzieren. Außerdem<br />
würde in so einem Unternehmen, das<br />
den Mietern gehört, bürgerschaftliches<br />
Engagement gefördert.<br />
So einen genossenschaftlichen Groß-<br />
Deal gab es noch nie in München.<br />
Es wird Zeit, das nie Dagewesene anzupacken.<br />
Wenn die Politik so was entschlossen<br />
angeht, wäre es möglich.<br />
Das ist reizvoll – aber auch realistisch?<br />
Was den Preis betrifft, haben wir<br />
nicht immer gute Erfahrungen gemacht<br />
mit der öffentlichen Hand. Als zum Beispiel<br />
die Stadt München vergangenes<br />
Jahr die letzten Gr<strong>und</strong>stücke am Ackermannbogen<br />
verkaufte, hat sie ein paar<br />
Tage vor Beginn der Ausschreibung die<br />
Preise um siebzig, achtzig Prozent erhöht.<br />
Klingt nach Gewinnmaximierung.<br />
Natürlich wird dann immer auf den<br />
Markt verwiesen. Die Wogeno wollte<br />
dort eigentlich bauen, das war der Stadt<br />
bekannt, aber dieser neue Preis hätte zu<br />
Mieten von 17 Euro kalt geführt. So einen<br />
Preis hielte ich aber für unverschämt,<br />
wir sind dann ausgestiegen.<br />
Interview: Bernd Kastner<br />
Die neue Schwabinger 7 gleicht der alten: Sie ist lässig, düster <strong>und</strong> laut<br />
Die meisten Gäste<br />
gehen erst,<br />
wenn es hell wird.<br />
MÜNCHEN<br />
Freitag, 21. Oktober 2011 – SZ Nr. 243 / Seite R 5<br />
Wogeno-Vorstand<br />
Peter Schmidt<br />
wünscht sich,<br />
dass eine neue<br />
Genossenschaft<br />
die GBW-Wohnungen<br />
kauft.<br />
halter fungieren. In die Wände sind<br />
die ersten Sprüche <strong>und</strong> Liebesschwüre<br />
bereits eingeritzt worden. Das Personal<br />
von früher nimmt Bestellungen<br />
auf, <strong>und</strong> auch die Getränkepreise sind<br />
aus der alten Schwabinger 7 mitgewandert.<br />
2,80 Euro für ein 0,5-Liter-<br />
Helles, das gibt es nicht mehr oft in<br />
München. Vor 22 Uhr verirren sich<br />
weiterhin nur wenige Gäste hierher,<br />
erst gegen Mitternacht wird es voller.<br />
Und die meisten gehen erst wieder,<br />
wenn es hell wird.<br />
Auch die Szenen <strong>und</strong> Dramen, die<br />
sich hier Abend für Abend abspielen,<br />
sind bekannt: Ein nicht mehr ganz junger<br />
Gast stellt sich zu zwei Frauen an<br />
die Theke <strong>und</strong> redet lange auf sie ein.<br />
Nach einer Weile haben die Frauen genug<br />
<strong>und</strong> gehen. Der Mann dreht sich<br />
einfach um, sieht das nächste weibliche<br />
Wesen <strong>und</strong> meint: „Und nun zu<br />
dir!“ Ein Stammgast lehnt währenddessen<br />
allein an der Wand, beobachtet<br />
das Geschehen – <strong>und</strong> wartet. Worauf?<br />
Das weiß wahrscheinlich nicht einmal<br />
er genau. Ein Pärchen unterhält sich<br />
so intensiv, dass es sich in wenigen Minuten<br />
küssen wird, wenn er ihr nicht<br />
noch gleich versehentlich das Bier<br />
über den Schoß schüttet. Die herrlichste<br />
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DIE SCHÖNE UND DAS BIEST<br />
Deutsches Theater in Fröttmaning<br />
www.deutsches-theater.de, Tel. 55 23 44 44<br />
Mo - Sa 20 Uhr, So 18 Uhr<br />
SEHNSUCHT NACH DEM HAPPY END<br />
Musical von Rainer Lewandowski<br />
mit den Songs von Peter Kraus<br />
Absenger, Gratzer, Pauli, Ludigkeit, Pekny<br />
Arendt, Danne, Egli, Heiles, Klemm,<br />
Lesiak, Mayr, Sikora, Wanasek<br />
1. bis 5.11. NOVEMBER 20 Uhr<br />
Broadway-Komödie<br />
Jochen Busse, René Heinersdorff u.a.<br />
ab 9.11. tägl. TOUTOU 20 Uhr<br />
Michaela May, Günther Maria Halmer u.a.<br />
Komödie im Bayerischen Hof<br />
Promenadeplatz 6, Reservierung Tel. 29 28 10<br />
Mo.–Sa. 11–14 <strong>und</strong> 15–19 Uhr, So. ab 15 Uhr<br />
Abendkasse 1 St<strong>und</strong>e vor Beginn<br />
www.komoedie-muenchen.de<br />
Schauspielhaus<br />
THREE KINGDOMS: 19.30 - 22.30 Uhr,<br />
1. Fr. rot / 1. Fr. weiß<br />
Spielhalle<br />
DUNKELKAMMER: 19.30 - 21.00 Uhr<br />
Werkraum Streifen<br />
KOLLEKTIV, KOLLEKTIV - Streifen 11:<br />
22.00 - 23.30 Uhr<br />
Münchner Kammerspiele<br />
Maximilianstraße 28, Telefon 2 33-9 66 00<br />
19.30 Uhr bis ca. 21.20 Uhr<br />
Dale Wasserman nach Ken Kesey<br />
EINER FLOG ÜBER DAS KUCKUCKSNEST<br />
Regie <strong>und</strong> Bühne: Simon Solberg<br />
19.00 Uhr Einführung<br />
Münchner Volkstheater<br />
am Stiglmaierplatz/Brienner Straße 50<br />
Mo.–Fr. 11–18, Sa. 11–14 Uhr, Tel. 5 23 46 55<br />
www.muenchner-volkstheater.de<br />
20.00 Uhr, Großes Haus<br />
S'MÜNCHNER HERZ WIA'S SINGT UND KLINGT<br />
Prinzregententheater<br />
www.prinzregententheater.de<br />
Vorverkauf: 0 89/21 85-28 99<br />
10.30 - 12.15 Uhr<br />
DER STURM<br />
von Shakespeare, Regie: Beat Fäh<br />
SchauBurg<br />
am Elisabethplatz, Franz-Joseph-Straße 47<br />
Vorverkauf: Di.–Fr. 14–18 Uhr, Sa. 12–18 Uhr<br />
Telefon 089/233 371 55, www.schauburg.net<br />
19.30 - 22.40 Uhr / KiJu 8,-€<br />
DER GEDULDIGE SOCRATES<br />
Musikalisches Lustspiel von<br />
Georg Philipp Telemann<br />
Staatstheater am Gärtnerplatz<br />
www.gaertnerplatztheater.de<br />
Kartentelefon: 089/21 85 19 60<br />
20.00 Uhr<br />
WAITING FOR GODOT<br />
Von Samuel Beckett<br />
in englischer Sprache. Regie: William Oldroyd<br />
mit: Akrill, Chambers, Goodale <strong>und</strong> Warner<br />
BeMe Theatre<br />
im EINSTEIN Kulturzentrum, Einsteinstr. 42,<br />
81675 München, Tel. 089/385 377-66<br />
www.BeMeTheatre.com<br />
Di mit Sa täglich 20.00 Uhr, So um 18.00 Uhr<br />
DER UNERWARTETE GAST<br />
Kriminalstück von Agatha Christie<br />
Mit Erika Ceh, Wolfgang Haas, Andreas Haun,<br />
Julia Lowack, Ralf Eisner, Astrid Polak,<br />
Johannes Haag, Florian Fisch, Till Klewitz,<br />
Sonja Reichelt<br />
Inszenierung: René Siegel-Sorell, Bühne: Axel<br />
Ploch & Andreas Arneth, Co-Regie: Miriam<br />
Gniwotta & Anne-Beate Engelke<br />
Blutenburg-Theater<br />
Münchens Kriminalbühne<br />
Blutenburgstr. 35, 80636 Mü., Tel. 123 43 00<br />
www.blutenburg-theater.de<br />
Vorverkauf Mo. mit Sa. 17–19 Uhr<br />
Abendkasse 1 Std. vor Vorstellungsbeginn<br />
Beginn 20.30 Uhr, Einlass 19.30 Uhr<br />
DIE RÜCKKEHR NACH BURG PERLAHOOD<br />
Ein mittelalterliches Theaterspektakel<br />
mit Speis <strong>und</strong> Trank<br />
Mit: Bierl, Corvonato, Eichfeld, Frey,<br />
Gottschlicht, Hoffmann, Kessler, Lanzano, Liu,<br />
Maute, Neduidek, Reisenegger, Reisenegger,<br />
Seifert, Smirnova, Thieme, Turhan<br />
Projektleitung: Fredi Öttl<br />
FestSpielHaus<br />
Quiddestr. 17, 81735 Mü., Tel. 0 89/67 20 20<br />
20.00 Uhr, MÄNNERSCHLUSSVERKAUF<br />
mit Emine Akman u. Gastspielerinnen<br />
Galli Theater<br />
Dachauer Str. 78, 80333 München<br />
5 Gehminuten zum Hauptbahnhof!<br />
Tel. 0 89/78078314, www.emineakman.de<br />
20.00 Uhr<br />
EHEKRACHER - eine Explosive Komödie<br />
nicht nur für (Ehe) Paare mit Helena George<br />
<strong>und</strong> Michael Wenk<br />
Galli Theater<br />
Türkenstr. 86 / Amalienpassage<br />
Tel. 089/203 240 55 www.galli-muenchen.de<br />
18.00 Uhr Gasteig: Kleiner Konzertsaal<br />
LADENSCHLUSSKONZERT DER SCHLAGZEUG-<br />
KLASSE ADEL SHALABY<br />
Solo-Werke für Percussion-Instrumente<br />
Christian Benning (Jungstudent,<br />
Preisträger des B<strong>und</strong>eswettbewerbs<br />
„Jugend musiziert“« 2010)<br />
Hochschule für Musik<br />
<strong>und</strong> Theater München<br />
Arcisstraße 12, 80333 München<br />
www.musikhochschule-muenchen.de<br />
20.00 Uhr<br />
MAGIE - live & hautnah<br />
Krist & Münch<br />
Table Magic Theater<br />
Unterer Anger 3, 80331 München<br />
Reservierungen unter: Telefon 089/37003464<br />
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GRENZGÄNGER THEATERTAGE<br />
integratives Festival vom 12.-21.Oktober<br />
Abschlusskonzert mit der Fürther Band<br />
"VOLLGAS"<br />
TamS-Theater<br />
Haimhauser Straße 13 a, 80802 München<br />
Telefon 0 89/34 58 90 / www.tamstheater.de<br />
CARMEN<br />
Nationaltheater<br />
19.00 - ca. 22.15 Uhr<br />
Bayerische Staatsoper<br />
Telefon 21 85-19 20, www.staatsoper.de<br />
Residenztheater<br />
ZUR MITTAGSSTUNDE 20.00 Uhr, Abo 52<br />
Cuvilliéstheater<br />
VOICES 20.00 Uhr<br />
Residenztheater<br />
Telefon 2185-1940 / Ansage 2185-2028<br />
www.residenztheater.de<br />
20.00 Uhr MARTIN HERRMANN - Keine Frau<br />
sucht Bauer - Salonkabarett für Neoromantiker<br />
Theater Heppel & Ettlich<br />
im Drugstore<br />
Feilitzschstraße 12, Telefon 0 89/38 88 78 20<br />
www.heppel-ettlich.de<br />
Einlass: 20.15 Uhr, Beginn: 20.30 Uhr<br />
PASSAUER SAUDIANDL<br />
Theater im Fraunhofer<br />
Fraunhoferstr. 9, 80469 München, Tel. 267850<br />
www.fraunhofertheater.de<br />
Einlass 18.00 Uhr, Beginn 18.30 Uhr<br />
Freie Universität Schwabing<br />
„Die Physik des Scheiterns“ - Experimental-<br />
Vorlesung von <strong>und</strong> mit Georg GRÖG! Eggers<br />
Heute: „SDI: Laserkrieg im Weltraum <strong>und</strong> der<br />
kategorische Imperativ“<br />
Zu Gast: Sonja Herberth<br />
Volksbühne im Vereinsheim<br />
Occamstraße 8, 80802 München,<br />
Telefon 0 89/33 08 86 55 oder 0 89/34 49 75<br />
www.eulenspiegel-concerts.de<br />
21.30 Uhr ISBELLS<br />
59to1<br />
Sonnenstraße 27, 80331 München<br />
Telefon 089/53 90 63 54, www.59to1.net<br />
20.00 Uhr J.J.JONES BAND<br />
Best of 60ies & 70ies<br />
Alfonso’s Live-Music Club<br />
Franzstraße 5, Tel. 33 88 35, www.alfonsos.de<br />
Einlass 19.00 Uhr, Beginn 20.00 Uhr<br />
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20.00 Uhr Backstage Halle<br />
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20.00 Uhr Backstage Club<br />
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Telefon 0 89/1 26 61 00, www.backstage.eu<br />
20.00 Uhr KRANHALLE<br />
LEE HARVEY & THE OSWALDS [Rock-Fusion]<br />
22.00 Uhr SUNNY RED<br />
Freitag, 21. Oktober 2011 – <strong>Süddeutsche</strong> <strong>Zeitung</strong> Nr. 243 / Seite R 7<br />
MÜNCHEN<br />
Von Franz Kotteder<br />
Aha, heute kommen die<br />
Schnitzelfans geballt daher!<br />
Kurz nach 20 Uhr bestellt<br />
der große Siebener-<br />
Tisch rechts vom Eingang<br />
durch die Bank das Wiener Schnitzel mit<br />
Kartoffelsalat, Zitronen-Kapern-Sardelle,<br />
Preiselbeersenf <strong>und</strong> Salat. In der kleinen<br />
Küche bricht kurzfristig so etwas<br />
wie Hektik aus. Küchenchef Michael Aßbeck<br />
hebt die großen Pfannen auf den<br />
Gasherd <strong>und</strong> gibt eine ordentliche Portion<br />
Butter hinein. Die Schnitzel sind bereits<br />
vorbereitet. „Mit echten Semmelbröseln<br />
vom Bäcker“, sagt Aßbeck, „nur<br />
dann wird die Panade auch richtig.“<br />
Währenddessen darf der 17-jährige Daniel<br />
Torres in seiner Ecke den kleingeschnittenen<br />
Salat mit dem Dressing in<br />
Weckgläser abfüllen. Sieben Mal, denn<br />
im „Roecklplatz“ dürfen die Gäste ihren<br />
Salat vor dem Verzehr quasi selbst anmachen.<br />
Knapp eine Viertelst<strong>und</strong>e später<br />
sind die sieben Schnitzel auf dem Tisch,<br />
<strong>und</strong> man sieht sieben Gäste gleichzeitig<br />
ihr Schraubglas schütteln, um das Dressing<br />
mit dem Salat zu mischen. Wie eine<br />
hübsche Choreographie sieht das aus, die<br />
sich ein Theaterregisseur hat einfallen<br />
lassen. In der Küche aber wird gewischt<br />
<strong>und</strong> abgespült, bis die nächste Bestellung<br />
eintrudelt.<br />
Im Gastraum sind mittlerweile die<br />
meisten der r<strong>und</strong> 80 Plätze besetzt. Acht<br />
Tische links vom Eingang, zwölf rechts<br />
davon, an zwei der vier Wände stehen<br />
Stahlregale, in denen man diverse Küchenzutaten<br />
als Dekoration findet: Gewürzgläser,<br />
Salzfässer, große Konservendosen<br />
im Gastroformat mit Sauerkraut,<br />
Die ganzen Viktualien<br />
an der Wand<br />
sind nur Dekoration.<br />
Rotkohl <strong>und</strong> Essiggurken, Mehlsäcke,<br />
Kaffeebohnen, Espressopackungen <strong>und</strong><br />
Weinflaschen. Die italienischen von der<br />
Weinhandlung Oberhuber, die um die<br />
Ecke in der Ehrengutstraße liegt, die anderen<br />
von diversen Lieferanten. So eine<br />
Art Küche im Restaurant eben. Jedenfalls<br />
hat der Innenarchitekt Nitzan Cohen<br />
sich das so gedacht, als er das Lokal<br />
am gleichnamigen Platz vor gut drei Jahren<br />
umgestaltete. Zuvor war es eine etwas<br />
schummerige Kuba-Bar gewesen.<br />
Freilich: Die ganzen Viktualien an der<br />
Wand sind nur Dekoration, etwas anderes<br />
würde die Lebensmittelaufsicht gar<br />
nicht erlauben.<br />
Die Gäste wohl auch nicht, denn das<br />
Ausbildungsrestaurant „Roecklplatz“<br />
hat ja den Anspruch, durchaus gehobene<br />
Küche zu bieten; das Vier-Gänge-Menü<br />
kostet 34 Euro <strong>und</strong> bietet zum Beispiel<br />
Avocado-Koriander-Crêpe, Spinatcremesuppe<br />
mit Parmesanspänen <strong>und</strong><br />
Perlhuhnbrust mit Marsalajus <strong>und</strong> Tortillasoufflé.<br />
Man kann rein vegan essen im<br />
„Roecklplatz“, aber auch ein Rinderfilet<br />
vom Lavagrill oder eine Lachsforelle.<br />
Doch heute Abend ist hauptsächlich<br />
Schnitzel gefragt, es geht eher ruhig zu.<br />
Das ist ausnahmsweise in Ordnung, denn<br />
der zweite Auszubildende in der Küche<br />
neben Daniel ist krank geworden, weshalb<br />
die Köchin <strong>und</strong> Ausbilderin Martina<br />
Schmidt mitarbeitet, <strong>und</strong> auch im Service<br />
fehlt jemand. Zudem sind „die Neuen“<br />
noch nicht lange da, am 1. September<br />
haben sie ihre Ausbildung begonnen.<br />
Und es dauert ja eine gewisse Zeit, bis<br />
sich Routine einstellt. Auch wenn Jennifer<br />
Todorovic, 17, <strong>und</strong> Ferhat Karli, 20,<br />
den Eindruck machen, dass sie die Sache<br />
souverän im Griff haben, draußen im Service:<br />
Eigentlich stehen sie noch ganz am<br />
Anfang ihrer dreijährigen Lehrzeit, so<br />
wie die anderen auch, die momentan hier<br />
arbeiten. Aber Service-Ausbilderin Kitty<br />
Strennberger ist zufrieden: „Die sind<br />
alle recht unaufgeregt.“ Vielleicht liege<br />
das auch daran, dass die Ausbilder inzwischen<br />
sicherer geworden sind als im ersten<br />
Durchlauf, meint sie noch.<br />
„Grad im Service haben wir diesmal eine<br />
taffe Truppe“, sagt Angela Bauer,<br />
„das ist gut, denn zu unserem Konzept gehört<br />
es ja, dass die Auszubildenden vom<br />
ersten Tag an auf die K<strong>und</strong>schaft losgelassen<br />
werden.“ Man wolle die Jugendlichen<br />
nicht schonen, denn die möchten ja<br />
gefordert sein, meint sie. Bauer ist eine<br />
der beiden Chefinnen des „Roecklplatz“.<br />
Genaugenommen ist sie Geschäftsführerin<br />
des Vereins mit dem etwas komplizierten<br />
Namen „Heilpädagogisch-psychotherapeutische<br />
Kinder- <strong>und</strong> Jugendhilfe“,<br />
den man erfreulicherweise „hpkj“ abkürzen<br />
kann. Der Verein ist seit gut 20 Jahren<br />
in der freien Jugendhilfe tätig <strong>und</strong><br />
kümmert sich unter anderem um Langzeitarbeitslose,<br />
benachteiligte <strong>und</strong><br />
schwer vermittelbare Jugendliche, Ausbildungsabbrecher,<br />
ehemalige Drogenabhängige,<br />
psychisch Auffällige oder solche,<br />
die schon mal mit der Polizei zu tun<br />
hatten. Menschen also, die es nicht so<br />
leicht haben im Leben.<br />
Will man da weiterhelfen, sind ungewöhnliche<br />
Ideen gefragt. Und Angela<br />
Bauer kam eines Tages auf die Idee, ihrer<br />
Klientel eine Lehre in der gehobenen Gastronomie<br />
zu ermöglichen. Es war nicht allein<br />
ihre Idee, „die ist eher so im Ge-<br />
Hier kocht der Lehrling<br />
Im Restaurant „Roecklplatz“ erhalten benachteiligte Jugendliche eine Ausbildung in der gehobenen Gastronomie<br />
Noch stehen vor allem die Chefs Michael Aßbeck <strong>und</strong> Martina Schmidt (oben) am Herd, denn die neue Ausbildungsstaffel hat eben erst begonnen. Azubi Daniel Torres<br />
(unten rechts) kümmert sich um den Salat, Jennifer Todorovic (links) bedient, <strong>und</strong> Ausbilderin Kitty Strennberger (2. von links) hilft ihr. Fotos: Catherina Hess<br />
spräch entstanden“ <strong>und</strong> war natürlich beeinflusst<br />
von dem englischen TV-Koch Jamie<br />
Oliver, der in seinem Londoner Restaurant<br />
„Fifteen“ Straßenkids eine Ausbildung<br />
bietet. Darüber hat sich Bauer<br />
mal mit der Szene-Gastronomin Sandra<br />
Forster („Zappeforster“, „Café King“,<br />
„Charlie“) unterhalten. Gemeinsam mit<br />
deren Kollegen Markus Frankl <strong>und</strong> Michi<br />
Kern gründeten sie dann eine gemeinnützige<br />
GmbH. Die Wohnungsgenossenschaft<br />
„Wogeno“ kam mit der Miete für<br />
das Lokal in der Isartalstraße entgegen,<br />
der Porzellanhersteller Rosenthal stiftete<br />
das Geschirr, Thonet die Stühle. Im<br />
September 2008 ging’s los im „Roecklplatz“,<br />
mit stolzen zwölf Auszubildenden,<br />
um die sich vier Ausbilder <strong>und</strong> zwei<br />
Sozialpädagoginnen kümmerten.<br />
Das klingt recht einfach, wenn man es<br />
so hinschreibt. Aber in der Praxis ist es<br />
dann doch ein bisschen komplizierter.<br />
Nun ist Angela Bauer eine recht patente<br />
Frau, für die Widerstände eher ein Ansporn<br />
sind als ein echtes Hindernis. „Die<br />
Finanzierung des Roeckl hat mir aber<br />
schon schlaflose Nächte bereitet“, sagt<br />
sie. Zwar kommt in einem Lokal Geld<br />
rein, aber nicht genug, um zum Beispiel<br />
die Sozialpädagoginnen <strong>und</strong> zusätzliche<br />
Ausbilder zu bezahlen, die es bei so einem<br />
Projekt nun mal braucht. Alles in allem<br />
müssen jedes Jahr um die 180 000 Euro<br />
anderweitig dazukommen, sonst trägt<br />
sich die Sache nicht.<br />
Jahrespatenschaften<br />
sollen die Existenz des<br />
„Roeckl“ absichern.<br />
In den ersten drei Jahren war das nicht<br />
einfach: mal fielen schon mehr oder weniger<br />
eingeplante Zuschüsse des Sozialreferats<br />
weg, weil die Stadt sparen musste,<br />
dann zahlte der Europäische Sozialfonds<br />
nur einen Bruchteil dessen, was beantragt<br />
war. Inzwischen hat man größere<br />
Zuschüsse von der Zeitschrift Biss aus deren<br />
gescheitertem Hotelprojekt bekommen,<br />
von der Baywobau, die ums Eck eine<br />
große Wohnanlage baut, außerdem<br />
von der Haberland-Stiftung (Augustiner)<br />
<strong>und</strong> von der Landesbank sowie von<br />
weiteren Sponsoren. Angela Bauer will<br />
künftig auch „Jahrespatenschaften“, jeweils<br />
zu 10 000 Euro oder Teilbeträgen<br />
davon, anwerben. Sie hofft so, die Existenz<br />
des „Roeckl“ absichern zu können.<br />
Bisher stand das „Roecklplatz“ jedenfalls<br />
schon öfter vor dem Aus, <strong>und</strong> dass<br />
nun gewissermaßen die „zweite Generation“<br />
an Azubis anfangen konnte, „grenzt<br />
an ein W<strong>und</strong>er“, so Bauer. Dabei sind die<br />
ersten drei Jahre wirklich eine Erfolgsgeschichte.<br />
„Uns sind nur zwei Azubis abgesprungen,<br />
das ist eine sehr gute Quote“,<br />
sagt Bauer, „<strong>und</strong> die anderen zwölf haben<br />
inzwischen alle eine Stelle gef<strong>und</strong>en.“<br />
Sandra Forster, als Mit-Geschäfts-<br />
führerin für die gastronomische Seite zuständig,<br />
w<strong>und</strong>ert das nicht: „Ich behaupte,<br />
dass die Leute hier sehr gut ausgebildet<br />
werden.“<br />
Das findet der 21-jährige Tolga auch.<br />
Er hat die dreijährige Ausbildung hinter<br />
sich <strong>und</strong> hatte anfangs Schwierigkeiten,<br />
„auf die Leute zuzugehen“. Auch die Berufsschule<br />
fand er unerträglich: „Ich hatte<br />
im ersten Lehrjahr 22 Fehltage.“ Dann<br />
gab’s auch mal Stress mit den anderen<br />
Azubis oder Streit mit den Ausbildern.<br />
„Aber irgendwann merkst du, dass du<br />
dich reinhängen musst.“ Besonders fasziniert<br />
hat ihn dann die Cocktail-Schulung<br />
bei „Schumann’s“ <strong>und</strong> das Weinseminar<br />
bei der Sommelière Astrid Ziegelmeier.<br />
In dieser Richtung sehe er auch seine berufliche<br />
Zukunft, sagt Tolga. Beim Wein?<br />
Er ist doch Moslem? „Schon“, sagt Tolga,<br />
„aber nicht so strenggläubig.“ Und außerdem<br />
soll er sich im Lokal ja nicht betrinken,<br />
sondern den Gästen die passenden<br />
Weine zu den Gerichten empfehlen.<br />
So weit ist Ferhat hinter der Bar noch<br />
nicht. Wie auch? Er hat ja gerade erst angefangen<br />
im „Roeckl“. Sein bester<br />
Fre<strong>und</strong> war im ersten Ausbildungsabschnitt<br />
dabei, er hat ihm die Stelle empfohlen.<br />
„Ich bin echt begeistert, das<br />
Team ist wirklich nett“, sagt Ferhat,<br />
„langweilig ist’s hier überhaupt nicht.“<br />
Auch gefällt es ihm hinter der Bar, er ist<br />
ein eher ruhiger Typ, der nicht gleich aus<br />
sich herausgeht. Anders seine Kollegin<br />
Jennifer: Die 17-Jährige hat keine Scheu<br />
im Umgang mit Gästen. Der Kontakt mit<br />
Menschen liegt ihr sehr, <strong>und</strong> sie war vor<br />
knapp drei Jahren schon einmal ins „Roeckl“<br />
gekommen, wegen einer Lehrstelle.<br />
„Aber da war ich noch zu jung.“ Sie kam<br />
dann noch einmal <strong>und</strong> noch einmal. Ihre<br />
Beharrlichkeit hat sich ausgezahlt.<br />
Man kann jedenfalls sagen: Die sogenannten<br />
„schwierigen“ Jugendlichen geben<br />
fre<strong>und</strong>lichere <strong>und</strong> deutlich motiviertere<br />
Servicekräfte ab, als man sie herkömmlicherweise<br />
in der Münchner Gastronomie<br />
antrifft. Dass „jeder mal seine<br />
g’spinnerten fünf Minuten hat“, wie Sozialpädagogin<br />
Judith Pientka sagt, merkt<br />
man ihnen an diesem Abend jedenfalls<br />
nicht an. Es liegt wohl auch daran, dass<br />
man sich im „Roeckl“ sehr um das Personal<br />
kümmert, <strong>und</strong> dass Sandra Forster<br />
mit ihren Kontakten dafür sorgt, dass die<br />
Azubis auch begehrte Praktikumsplätze,<br />
etwa bei Schumann’s oder beim Wiesnwirt<br />
Schottenhamel, bekommen.<br />
Die gute Verbindung zu Münchens<br />
Gastroszene zahlt sich auch insofern aus,<br />
als das „Roecklplatz“ mit seinen Azubis<br />
demnächst b<strong>und</strong>esweit ins Fernsehen<br />
kommt. Die Sendereihe „Die Kochprofis“<br />
auf RTL 2 zeichnet von kommender<br />
Woche an eine 90-minütige Sondersendung<br />
aus dem „Roeckl“ auf. Was auch<br />
daran liegen könnte, dass einer der vier<br />
Kochprofis der Münchner Sternekoch<br />
Andreas Schweiger ist, der sein Restaurant<br />
auf der anderen Isarseite hat.<br />
Am 22. Oktober: 2.000 EUR<br />
über Schwacke Tageshöchstpreis.<br />
Kritik an PR-Kampagne<br />
gegen Brustkrebs<br />
Die Fassaden am Platzl erstrahlten am<br />
Mittwochabend in leuchtendem Pink: Anlässlich<br />
der Kampage „Bewusstsein für<br />
Brustkrebs“ hatte sich ein Kosmetikkonzern<br />
nicht nur am Brandenburger Tor in<br />
Berlin, sondern auch in München mit einer<br />
Beleuchtungsaktion präsentiert. Alljährlich<br />
im Oktober will das Unternehmen<br />
damit Aufmerksamkeit für das Thema<br />
Brustkrebs <strong>und</strong> Vorsorge wecken.<br />
Am Platzl waren Bürgermeisterin Christine<br />
Strobl <strong>und</strong> die Schauspielerin Ulrike<br />
Kriener dabei.<br />
Das Münchner Frauenges<strong>und</strong>heitszentrum<br />
dagegen kommentiert derlei Veranstaltungen<br />
kritisch. In einer gemeinsamen<br />
Erklärung des Arbeitskreises Frauenges<strong>und</strong>heit<br />
(AKF), dem das Münchner<br />
Zentrum angehört, wird die „fortschreitende<br />
Kommerzialisierung <strong>und</strong> ökonomische<br />
Ausbeutung des Themas Brustkrebs“<br />
als Fehlentwicklung bezeichnet,<br />
der entschieden entgegen getreten werden<br />
müsse. Firmen überträfen sich gegenseitig<br />
mit PR-Kampagnen <strong>und</strong> sammelten<br />
Spendengelder ein. Die Aufmerksamkeit<br />
werde auf hochpreisige Kosmetika<br />
gelenkt. „Der Verzicht auf krebserregende<br />
Chemikalien in Kosmetika steht dagegen<br />
nicht auf der Agenda“, so der AKF,<br />
weswegen durch derartige Aktionen<br />
mehr Schaden als Gewinn für Frauen entstehe.<br />
cwa<br />
Zahl der Einbrüche<br />
deutlich gesunken<br />
Die Zahl der Einbrüche in München<br />
ist weiter zurückgegangen, gerade zu Beginn<br />
der dunklen Jahreszeit warnt die Polizei<br />
aber wieder vor sogenannten „Dämmerungseinbrechern“.<br />
Im Jahr 2010 hat<br />
die Polizei 981 Einbrüche in der Stadt registriert,<br />
davon 700 während der Dämmerung<br />
zwischen 17 <strong>und</strong> 21 Uhr. Im Vergleich<br />
zu 2006 ist die Zahl der Einbrüche<br />
im Stadtgebiet damit um 500 gesunken.<br />
Auch im Vergleich zu anderen deutschen<br />
Städten steht München gut da: In Köln<br />
gab es 2010 insgesamt 4500 Einbrüche,<br />
in Hamburg 7500 <strong>und</strong> in Berlin sogar<br />
8200. „Die Zahlen sind zufriedenstellend“,<br />
sagte am Donnerstag Kriminaloberrat<br />
Thomas Fichtner, als er die Zahlen<br />
im Polizeipräsidium vorstellte, „in<br />
München muss man sich zumindest nicht<br />
massiv ängstigen.“ ffu<br />
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33<br />
Auf den Spuren<br />
des Vaters<br />
Wie der Münchner Szene-Wirt Wladimir Goerdt auf der Suche<br />
nach seinen Wurzeln eine Musikkarriere in Russland startete<br />
Von Franz Kotteder<br />
Natürlich sind Namen niemals<br />
nur Schall <strong>und</strong> Rauch.<br />
Als Wilhelm <strong>und</strong> Maria<br />
Goerdt in den sechziger Jahren<br />
ihre beiden Söhne Wladimir<br />
<strong>und</strong> Sergej nannten, war ihnen das<br />
zwar möglicherweise auch klar. Aber wohin<br />
das im Falle von Wladimir noch führen<br />
würde, das war dann doch nicht vorherzusehen<br />
gewesen. Vater Wilhelm war<br />
spät aus dem Zweiten Weltkrieg heimgekehrt,<br />
seine Gefangenschaft in Russland<br />
dauerte bis 1956. Er war damit einer der<br />
letzten deutschen Soldaten, die in die Heimat<br />
zurückkamen. Von Russland aber<br />
kam er nie mehr so ganz los – nicht nur,<br />
dass er seinen beiden Söhnen russische<br />
Vornamen gab, er selbst studierte nach<br />
dem Krieg Philosophie <strong>und</strong> spezialisierte<br />
sich auf östliche Denkschulen. Später,<br />
als Professor für osteuropäische Geistesgeschichte<br />
an der Universität Münster,<br />
schrieb er ein Standardwerk über russische<br />
Philosophie.<br />
Wenn man über den Münchner Szene-<br />
Wirt Wladimir Goerdt, 47, schreibt, muss<br />
man neuerdings mit seinem Vater beginnen.<br />
Denn Goerdt hat gleich zwei Cello-<br />
CDs auf den Markt gebracht, von denen<br />
Musikkenner sagen, sie seien von einer erstaunlichen<br />
Intensität. Und das hat wiederum<br />
sehr viel mit der Geschichte seines<br />
Vaters <strong>und</strong> dessen langer Zeit in Russland<br />
zu tun.<br />
Violoncello ist ein Instrument, das<br />
man mit einem Szene-Wirt nicht in Verbindung<br />
bringen würde. „Ich bin zu Hause<br />
in Münster ganz brav bildungsbürgerlich<br />
aufgewachsen <strong>und</strong> habe Blockflöte<br />
gelernt“, erzählt der 47-Jährige, „bis ich<br />
mich schreiend auf dem Boden gewälzt<br />
habe.“ Die Blockflöte war passé, stattdessen<br />
folgte das Cello. Und dafür konnte<br />
sich Wladimir irgendwann richtig begeistern.<br />
So sehr, dass er nach dem Abitur<br />
nach München ging, um Cello zu studieren,<br />
am Richard-Strauss-Konservatorium<br />
bei Jan Polasek. Vier Jahre dauerte<br />
die Ausbildung, er belegte Meisterkurse<br />
bei Heidi Litschauer in Salzburg <strong>und</strong> sogar<br />
bei Mischa Maisky, einem der großen<br />
Cellovirtuosen der Gegenwart. „Leider<br />
habe ich die Nebenfächer etwas vernachlässigt“,<br />
sagt Goerdt. So konnte er zwar<br />
das Cello-Studium abschließen, nicht jedoch<br />
das Musikstudium an sich.<br />
Überhaupt habe er damals gespürt,<br />
dass er noch andere Dinge machen wollte<br />
– Berufsmusiker, das war es zu diesem<br />
Zeitpunkt nicht. Und dann kamen ja<br />
auch immer wieder Jobs daher. Wladimir<br />
Goerdt verdiente sich sein Studium als<br />
Barkeeper im damaligen „Casino“, spä-<br />
ter in der Szenekneipe „Sedan“, die er<br />
dann für zwei Jahre zusammen mit drei<br />
Kumpels auch übernehmen konnte. Es<br />
folgten weitere Barkeeper-Jobs im „Ballhaus“<br />
<strong>und</strong> in der „W<strong>und</strong>erbar“, schließlich<br />
auch ein Abstecher in den Fernsehjournalismus<br />
(damals kam gerade das Privat-TV<br />
auf), mal als Nachrichtenredakteur<br />
bei RTL, mal als PR-Berater für Warner<br />
<strong>und</strong> Disney. Bis ihn dann ein alter Bekannter<br />
fragte, ob er nicht mit ihm im damals<br />
gerade neu entstehenden Kunstpark<br />
Ost von Wolfgang Nöth eine mondän-verruchte<br />
Bar machen wolle. „Für<br />
sowas hatte ich schon immer eine Schwäche“,<br />
sagt Goerdt, also schlug er ein.<br />
1996 eröffnete „Mr. Bongos Bongo Bar“,<br />
ein etwas schräger Nachtclub mit Veranstaltungsprogramm,<br />
extravagant, verspielt,<br />
plüschig <strong>und</strong> leicht rotlichtig, <strong>und</strong><br />
oft waren die Geschlechterrollen nicht so<br />
eindeutig zuzuordnen. Goerdt war hier<br />
der Patron, „da spielte ich so eine Kunstfigur,<br />
das war mein Ding“.<br />
Der Kunstpark nahm die bekannte<br />
kommerzielle Entwicklung, zu der die<br />
„Bongo-Bar“ dann nicht mehr so passte,<br />
<strong>und</strong> 2001 verließ Mr. Bongo das Gelände,<br />
um in der Jahnstraße im Glockenbachviertel<br />
einen anderen Laden aufzumachen:<br />
die „Cooperativa“. Die Idee dazu<br />
kam in Italien, wo landwirtschaftlichen<br />
Kooperativen oft auch eine kleine Dorfkneipe<br />
betreiben. Ein bisschen so sollte<br />
auch die Münchner „Cooperativa“ funktionieren,<br />
sagt Goerdt: „Klar ist das eine<br />
Szenekneipe, aber es ist kein Trendladen,<br />
sondern eher so eine Art Nachbarschaftstreff.“<br />
Dieser Treff machte Goerdt immerhin<br />
finanziell so unabhängig, dass er wieder<br />
an seine große Leidenschaft, das Musikmachen,<br />
denken konnte. Er staubte sein<br />
Cello ab <strong>und</strong> begann nach 13 Jahren Pause<br />
wieder zu üben, nahm auch wieder<br />
St<strong>und</strong>en bei seinem alten Lehrer Polasek.<br />
Das faszinierte ihn mehr als je zuvor,<br />
<strong>und</strong> er fing an, Schubert-Lieder für Cello<br />
zu bearbeiten, zuerst „Die schöne Müllerin“,<br />
schließlich die „Winterreise“.<br />
Unterdessen waren auch die Eltern<br />
nach Bayern gezogen, sie leben seither in<br />
Marquartstein im Chiemgau. Mit der<br />
räumlichen Nähe wuchs auch die persönliche<br />
wieder. Wladimir konnte mit dem<br />
Vater erstmals richtig über dessen Erlebnisse<br />
in Krieg <strong>und</strong> Gefangenschaft sprechen,<br />
15 Jahre eher war das noch nicht<br />
Prosecco gegen die Sorgen<br />
Bei der Nacht der Medien geht es kaum um Politik<br />
Schampus beim Shoppingkanal: Georg Dingler, Siegfried Schneider <strong>und</strong><br />
Wolf-Dieter Ring mit Ehefrau Sylvia Henke (v. l.). Foto: Robert Haas<br />
München – Man tut dem TV-Kanal<br />
Home Shopping Europe nicht unrecht,<br />
wenn man feststellt, dass anderen<br />
Sendern eine noch größere Bedeutung<br />
für die deutsche Medienlandschaft<br />
beigemessen wird. In der Elefantenr<strong>und</strong>e,<br />
der Auftaktveranstaltung<br />
der Medientage, wo Medienma-<br />
SZenario<br />
cher nichts geringeres als die Zukunft<br />
diskutieren, war er zumindest<br />
nicht vertreten. Die große St<strong>und</strong>e von<br />
HSE – dem Sender, der Kosmetik,<br />
Kissen <strong>und</strong> Ketten an den Zuschauer<br />
bringt – kommt erst im Dunklen.<br />
Es ist die Nacht der Medien. Wie jedes<br />
Jahr laden die Medientage am ersten<br />
Abend der dreitägigen Veranstaltung<br />
in den Justizpalast, wo im pinken<br />
Licht der Scheinwerfer Sender<strong>und</strong><br />
Verlagsangestellte die tagsüber<br />
diskutierten Sorgen im Prosecco ertränken.<br />
Zu beachten – <strong>und</strong> dann ist<br />
Die Cooperativa: Kein<br />
Trendladen, eher so eine Art<br />
Nachbarschaftstreff<br />
man auch gleich wieder bei HSE –<br />
sind dabei zwei Regeln: Das Essen<br />
wird mit jedem Stockwerk, das man<br />
nach oben klettert, besser. Und: Beim<br />
Shoppingkanal gibt’s Champagner.<br />
So drängen sich am Mittwoch die<br />
Partygäste in den schmalen Gang<br />
r<strong>und</strong> um den Schampus-Stand. In diesem<br />
Jahr nicht gekommen ist Ministerpräsident<br />
Horst Seehofer, der<br />
muss den Euro retten. Auch die Senderchefs,<br />
die am Morgen auf dem Podium<br />
saßen, sind nicht zu sehen. Es<br />
wird also weniger über Medienpolitik<br />
als über Bürogrößen bei gerade<br />
umgezogenen Hamburger Magazinen<br />
gesprochen.<br />
Natürlich ist Siegfried Schneider<br />
da, neuer Präsident der Landeszentrale<br />
für Neue Medien. Er steht später<br />
in der VIP-Lounge von Kabel<br />
Deutschland <strong>und</strong> legt sich Gebratenes<br />
auf den Teller. Ob er zufrieden ist<br />
mit seiner ersten Medien-Nacht? Die<br />
Antwort ist eine Geste, mit der er auf<br />
Männer in Anzügen zeigt. Ja, die grinsen<br />
alle fröhlich. Sie waren wohl<br />
schon bei HSE. Katharina Riehl<br />
Für den Vater waren die orthodoxen Kirchen ein Symbol für die Kultur Russlands. Sein Sohn Wladimir nahm fast 55 Jahre<br />
nach seiner Heimkehr in der Kremlkirche von Suzdal Bachs zweite Cellosuite auf. Foto: privat<br />
Höhenkirchen-Siegertsbrunn – „Ich habe<br />
mich schon immer für Zangen <strong>und</strong><br />
Schraubenzieher interessiert“, sagt Eveline<br />
Gottzein <strong>und</strong> setzt ihr verhaltenschelmisches<br />
Lächeln auf. Denn aus den<br />
ersten Kontakten mit „der handwerklichen<br />
Seite der Technik“ daheim in Leipzig<br />
ist bei der munteren, zielstrebigen Dame<br />
im Verlauf von acht Jahrzehnten eine<br />
ganz erstaunliche Bekanntheit in der<br />
Luft- <strong>und</strong> Raumfahrt entstanden: Eveline<br />
Gottzein ist gerade 80 Jahre alt geworden<br />
– <strong>und</strong> arbeitet noch immer aktiv als<br />
Beraterin für EADS-Astrium in Taufkirchen<br />
bei München, weil sie weltweit zu<br />
den führenden Spezialisten für die Regelung<br />
<strong>und</strong> Lagesteuerung von Satelliten<br />
gilt. Diesen Freitag, 21. Oktober, verleiht<br />
ihr die Technische Universität München<br />
eine Ehrenprofessor-Würde.<br />
Konkrete Projekte <strong>und</strong> Aufgaben sind<br />
ihr wichtiger als Titel <strong>und</strong> Äußerlichkeiten.<br />
Das Einladungskuvert der TU München<br />
wäre auch beinahe vor lauter aktueller<br />
Arbeit untergegangen. Und einen<br />
Fernseher gibt es in ihrem Haushalt auch<br />
immer noch nicht. „Keine Zeit dafür“,<br />
sagt sie knapp. Denn sie richtet ihr Augenmerk<br />
schon wieder auf die nächste<br />
Epoche in der Satellitennavigation, bei<br />
der sie genauso die Nase vorne behalten<br />
möchte, wie sie das seit dem analogen<br />
Zeitalter der Raumfahrt stets geschafft<br />
hatte, als die Steuertechnik noch aus Verstärkern,<br />
Widerständen <strong>und</strong> Kondensatoren<br />
bestand. Gerade sind zwei Galileo-<br />
Satelliten auf dem Weg ins All – der geplante<br />
Start ist wegen Betankungsproblemen<br />
der Rakete um einen Tag auf diesen<br />
Freitag verschoben worden –, <strong>und</strong> die sollen<br />
in Konkurrenz zum amerikanischen<br />
GPS-System das europäische Galileo-<br />
Navigationsnetz aufspannen helfen.<br />
Gottzein arbeitet mit anderen Wissenschaftlern<br />
bei Astrium längst auf diese<br />
neuen technischen Möglichkeiten hin.<br />
Denn künftig sollen Satelliten auch mit<br />
Hilfe dieser Daten ihre Orientierung im<br />
Orbit exakt bestimmen <strong>und</strong> steuern können.<br />
Das gelang früher durch Sensoren,<br />
die den Satelliten an Erde <strong>und</strong> Sonne aus-<br />
LEUTE<br />
Seite R 8 / <strong>Süddeutsche</strong> <strong>Zeitung</strong> Nr. 243 – Freitag, 21. Oktober 2011<br />
Richtig steuern im Weltraum<br />
richteten, das gelingt inzwischen zunehmend<br />
durch das Anpeilen von bestimmten<br />
Sternen. Damit das funktioniert,<br />
muss zunächst die Position eines Satelliten<br />
exakt geklärt werden. Das gelingt<br />
mit denselben Satellitennetzen, mit denen<br />
Autos auf der Erde ihre Ziele finden,<br />
mit GPS <strong>und</strong> künftig auch mit Galileo.<br />
Wenn die in Höhenkirchen-Siegertsbrunn<br />
beheimatete Ingenieurin von all<br />
diesen technischen Dingen erzählt, dann<br />
blitzen die wachen Augen, <strong>und</strong> die zierliche<br />
Frau beginnt, ihre noch immer kräftigen<br />
Hände wie Sonnenpaddel um ihre<br />
Achse zu bewegen. Das mit der Kraft<br />
rührt daher, dass sie bis vor gar nicht so<br />
langer Zeit noch richtig aktive Bergsteigerin<br />
war, <strong>und</strong> zwar eine von der ernsthaften<br />
Sorte – so, wie halt in ihrer technischen<br />
Entwicklungsarbeit auch. Die<br />
Dachstein-Südwand, mit 850 Metern ei-<br />
ne der imposantesten Wände in den Alpen,<br />
hat sie erklommen, die Piz-Badile-<br />
Nordkante ebenfalls, <strong>und</strong> damals, als der<br />
jetzt gerade zur Erde zurückstürzende<br />
Röntgensatellit „Rosat“ ins All startete,<br />
„da war ich gerade mit Skiern auf dem<br />
Mont Blanc“. Dass es ein 1. Juli war, fügt<br />
sie knapp <strong>und</strong> präzise an, <strong>und</strong> das lässt<br />
schon vermuten, welche Geistesschärfe<br />
Eveline Gottzein in ihre Arbeit gelegt<br />
hat. In den Räumen der Astrium-Satellitenschmiede<br />
sind viele Modelle von<br />
künstlichen Erdtrabanten ausgestellt –<br />
Gottzein kennt sie alle, weil sie jahrelang<br />
möglich gewesen: „Das hatte ihn damals<br />
noch zu sehr mitgenommen.“ Nun aber<br />
konnte er alles erzählen, <strong>und</strong> der Sohn<br />
fasste den Entschluss, mit einer jungen<br />
Dolmetscherin nach Russland zu reisen,<br />
auf den Spuren des Vaters.<br />
Es sollten schließlich neun russische<br />
Reisen werden, jeweils zwischen drei<br />
<strong>und</strong> vier Wochen lang. Denn irgendwann<br />
reifte in ihm der Entschluss: „Ich will da<br />
nicht nur hinfahren auf den Spuren von<br />
Krieg <strong>und</strong> Gefangenschaft, ich will dort<br />
auch Musik aufnehmen.“ Genauer gesagt,<br />
Johann Sebastian Bachs zweite Cellosuite<br />
in d-Moll in einer Kammermusikbesetzung.<br />
Die erste Suite hatte er bereits<br />
in St. Bartholomä am Königssee eingespielt,<br />
so zum Spaß <strong>und</strong> nur für sich.<br />
Nun sollte es eine russisch-orthodoxe<br />
Kirche sein, am liebsten im Kloster von<br />
Istra, 50 Kilometer vor Moskau, weil es<br />
von dort ein Foto des Vaters aus Kriegstagen<br />
gibt. Doch die orthodoxe Kirche erlaubt<br />
keine nicht-liturgische Musik in ih-<br />
„Es dauert, bis man den Weg<br />
durch alle Hierarchien<br />
hinter sich hat.“<br />
ren Gotteshäusern. Auch in der Stadt<br />
Wladimir, 200 Kilometer nordöstlich von<br />
Moskau, hatte Wladimir keine Chance,<br />
aber dort erhielt er den entscheidenden<br />
Tipp: In Suzdal, 30 Kilometer weiter, einer<br />
kleinen Stadt mit großer Vergangenheit,<br />
gibt es noch mehr als 50 Kirchen,<br />
Klöster <strong>und</strong> Sakralbauten, die nicht der<br />
Kirche, sondern der staatlichen Museumsverwaltung<br />
unterstehen.<br />
Dort, in der ehemaligen Kremlkirche<br />
(Kreml ist die russische Bezeichnung für<br />
den inneren Befestigungsring einer<br />
Stadt), wurde Goerdt fündig, <strong>und</strong> er traf<br />
auch auf den kleinen Männerchor „Blagovest“,<br />
der auf der CD ebenfalls vertreten<br />
ist, mit Tschaikowsky-Liedern. Freilich:<br />
Bis es im Sommer 2010 zu den Aufnahmen<br />
kam <strong>und</strong> Goerdt mit Stephan Rath<br />
(Laute) <strong>und</strong> Arno Jochem de la Rosée (Barockcello)<br />
nebst transportablem Tonstudio<br />
anreisen konnte, gingen zwei Jahre<br />
ins Land: „Das wollte wirklich hart erkämpft<br />
sein“, sagt er. Einmal kreuzte Goerdt<br />
gar mit dem Cello im Sekretariat der<br />
Museumsverwaltung auf <strong>und</strong> spielte so<br />
lange, bis er zur obersten Verantwortlichen<br />
vorgelassen wurde. „Es dauert“,<br />
sagt er, „bis man den Weg durch alle Hierarchien<br />
hinter sich hat. Aber wenn es die<br />
Erlaubnis von ganz oben gibt, dann<br />
kommt auch nichts mehr dazwischen.“<br />
Nun, ein gutes Jahr später, ist die CD<br />
„Bach, das Cello <strong>und</strong> die Kremlkirche<br />
von Suzdal“ fertig <strong>und</strong> zusammen mit<br />
der „Winterreise“-CD auf Goerdts eigenem<br />
Label „Di Monaco Records“ erschienen<br />
<strong>und</strong> im Fachhandel oder der „Cooperativa“<br />
erhältlich. Goerdt tritt dort unter<br />
dem Künstlernamen Wladimir Maria Wilhelm<br />
auf, der setzt sich zusammen aus<br />
den Vornamen seiner Eltern <strong>und</strong> dem eigenen.<br />
Er wollte das, um sich von seiner<br />
„sonstigen bürgerlichen Existenz“, wie<br />
er sagt, etwas abzusetzen.<br />
Eveline Gottzein, 80, ist immer noch als Satelliten-Expertin aktiv – nun erhält sie eine Ehrenprofessur der TU München<br />
Hohe Ziele,<br />
im All<br />
wie in den Alpen<br />
Miterfinderin der Magnetschwebebahn, Satelliten-Spezialistin (mit Galileo-Modell),<br />
Ehrenprofessorin der TU München: Eveline Gottzein. Foto: Claus Schunk<br />
eine h<strong>und</strong>ertköpfige Ingenieursabteilung<br />
geleitet hat, die dafür verantwortlich<br />
war, dass all diese teuren Stücke im<br />
Weltall exaktestmöglich „gieren, rollen<br />
<strong>und</strong> nicken“. Diese drei Achsen definieren<br />
die Lage eines Satelliten. Versagt habe<br />
keines ihrer Stücke, sagt sie beiläufig.<br />
„Space Dynamics and control“ sind<br />
erst später zu ihrem Lebensthema geworden,<br />
als Honorarprofessorin lehrt sie<br />
auch im kommenden Wintersemester wieder<br />
darüber an den Universitäten in<br />
Stuttgart <strong>und</strong> in Würzburg. Wobei sie ihre<br />
Herkunft aus der „Ostzone“ kaum verbirgt<br />
– der Weltraum hat bei ihr eine<br />
leicht sächsische Note: „Schpäis“. Sie<br />
liebt den Kontakt mit Studenten – <strong>und</strong><br />
setzt auch darauf, dass ihr Karrierebeispiel<br />
Frauen ermutigt. Damit deren Anteil<br />
in Führungspositionen steigt, hat sie<br />
einen ganz eigenen Vorschlag: Eine Mindestquote<br />
von „30, 40, 50 Prozent“ schon<br />
bei den Bewerberinnen wäre ihrer Meinung<br />
nach ein Weg, um die Entscheider<br />
nicht zu bevorm<strong>und</strong>en <strong>und</strong> dennoch die<br />
Chancen für Frauen zu erhöhen.<br />
Ihren eigenen Werdegang empfindet<br />
sie selbst als glückliche Fügung, <strong>und</strong> ihre<br />
aktuelle Kondition als „Gnade“. Lehre<br />
in Leipzig, Studium in Dresden, die<br />
Flucht in den Westen, das Reststudium<br />
in Darmstadt, dann Arbeit für ein US-<br />
Unternehmen in Brüssel <strong>und</strong> schließlich<br />
bei Ludwig Bölkow in Ottobrunn. Dort<br />
war sie Miterfinderin der Magnetschwebebahn,<br />
am Ottobrunner Haidgraben hat<br />
sie 1971 mit ihrer Regeltechnik erstmals<br />
in die Tat umgesetzt, was Bölkow im Prinzip<br />
für machbar hielt. Damals hat sie<br />
schon eine Großabteilung geleitet <strong>und</strong> nebenbei,<br />
abends, ihre Doktorarbeit geschrieben<br />
über „Das magnetische Rad<br />
als autonome Funktionseinheit modularer<br />
Trag- <strong>und</strong> Führsysteme für Magnetbahnen“.<br />
Drei Fassungen seien nötig gewesen<br />
für die 534 Seiten, erinnert sich<br />
Gottzein, <strong>und</strong> fügt lachend eine Information<br />
an, bei der sie ausnahmsweise den<br />
Orbit ihrer Präzision verlässt: „Für jede<br />
Seite habe ich eine Flasche Wein getrunken.“<br />
Tom Soyer
Freitag, 21. Oktober 2011 PMW <strong>Süddeutsche</strong> <strong>Zeitung</strong> Nr. 243 / Seite R 9<br />
STADT UND LANDKREIS MÜNCHEN<br />
„Hier ist<br />
viel Leben drin“<br />
Werner Fiebig, 57, ist neuer Direktor<br />
am Gymnasium Fürstenried<br />
Die Umzugskisten hat der neue Direktor<br />
des Gymnasiums Fürstenried, Werner<br />
Fiebig, längst ausgepackt. An der Wand<br />
in seinem Büro hängt bereits sein Lieblingsbild,<br />
das eine Schülerin des Gymnasiums<br />
in Bad Aibling gemalt hat. Dessen<br />
Geschicke hat Fiebig fünf Jahre bis zum<br />
Juli 2011 geleitet. Ausschlaggebend für<br />
den Wechsel nach Fürstenried war neben<br />
dem Reiz der neuen Herausforderung die<br />
nun kürzere Anfahrt von Ramersdorf,<br />
wo der 57-Jährige mit seiner Frau<br />
wohnt.<br />
„Unter dem Eindruck der sehr positiven<br />
Aufnahme im Fürstenried West ist<br />
auch die Wehmut über den Wechsel verflogen“,<br />
versichert der Direktor. Keinen<br />
Hehl macht Fiebig daraus, dass ihn die<br />
Architektur des als „Bunker“ bekannten<br />
Betonbaus beim ersten Besuch der Schule<br />
im Juli „nicht gerade in Verzückung<br />
versetzt“ hat. Schnell sei ihm aber klar<br />
geworden, dass „hier viel Leben drin ist<br />
<strong>und</strong> die Fre<strong>und</strong>lichkeit von Schülern<br />
<strong>und</strong> Kollegen im Gegensatz zu den äußeren<br />
Gegebenheiten steht“. Diese positive<br />
Atmosphäre möchte der Nachfolger von<br />
Willi Eisele, der im August in den Ruhestand<br />
gegangen ist, auf jeden Fall weiter<br />
fördern.<br />
Die Erfahrung lehre zwar, sagt der<br />
Chef des naturwissenschaftlich-technologischen<br />
<strong>und</strong> sprachlichen Gymnasiums,<br />
dass sich mit jedem neuen Schulleiter<br />
etwas ändere. Er möchte aber keinesfalls<br />
nun „alles umkrempeln“. Als passionierter<br />
Fußballer, dessen Flanken <strong>und</strong><br />
Pässe bei Kollegen in Bad Aibling gefürchtet<br />
waren <strong>und</strong> der auch in der Mannschaft<br />
des neuen Kollegiums kickt, ist<br />
Fiebig ein Teamspieler. Hauruck-Methoden<br />
<strong>und</strong> Alleingänge lehnt er ab. „Jede<br />
Schule hat ihre Spezialitäten <strong>und</strong> Eigenheiten,<br />
das muss ich mir hier erst einmal<br />
alles in Ruhe anschauen“, erklärt der<br />
Pädagoge. Fest steht schon, dass die<br />
Homepage des Gymnasiums neu gestaltet<br />
wird <strong>und</strong> „wirklich die Funktion einer<br />
Informationsplattform“ bekommen<br />
soll. Langfristig kann sich der Direktor<br />
auch den Ausbau der Bibliothek vorstellen,<br />
möglicherweise sogar zu einem Mittelpunkt<br />
des gesamten Schulzentrums.<br />
Derlei Innovationen sind aber Petitessen<br />
im Vergleich zu der eigentlichen Herausforderung,<br />
der Erweiterung <strong>und</strong> Sanierung<br />
des „Bunkers“. Mit den im Hof<br />
aufgestellten sechs mobilen Klassenzimmereinheiten<br />
konnten die Schüler laut<br />
Fiebig in diesem Jahr gerade noch „mit<br />
Ach <strong>und</strong> Krach“ untergebracht werden.<br />
Bis zum nächsten Jahr müssten dringend<br />
neue Räume geschaffen werden. In ersten<br />
Gesprächen habe sich das Schulreferat<br />
in dieser Angelegenheit schon „sehr<br />
aufgeschlossen“ gezeigt. „Die können<br />
uns auch nicht vertrösten“, ergänzt der<br />
Schulleiter <strong>und</strong> verweist auf den Anstieg<br />
der Schülerzahlen. Als Datum für diese<br />
gr<strong>und</strong>legende Maßnahme steht das Jahr<br />
2016 im Raum. Wann die Bautrupps in<br />
Fürstenried anrollen, ist nach den Worten<br />
des Direktors aber auch abhängig<br />
vom Abschluss der Baumaßnahmen an<br />
anderen Schulen, etwa am Gymnasium<br />
Moosach. Christiane Funke<br />
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Mein Tag<br />
Der Preis der Teilhabe<br />
Bürger wollen bei Veränderungen im Viertel mitreden, doch: „Das letzte Argument ist immer das Geld“<br />
Von Jutta Czeguhn<br />
Pasing – „Diese jungen Leute erinnern<br />
mich so an mich selbst“, sagt Dierk<br />
Brandt leise in sich hinein, es klingt ein<br />
klein wenig neidvoll. Eben ist in der Pasinger<br />
Kuvertfabrik ein Podiumsgespräch<br />
zum Thema Bürgerprotest <strong>und</strong><br />
Bürgerbeteiligung zu Ende gegangen.<br />
Die Jungen, die den in Ehren ergrauten<br />
Stadtplaner gedanklich in seine Zeit als<br />
68er zurückführen, sind Aktivisten wie<br />
Maximilian Heisler. Der 24-jährige Doktorand<br />
kämpft gegen Luxus-Sanierungen<br />
<strong>und</strong> Mietwucher in seinem Viertel<br />
Untergiesing.<br />
Auf dem Podium hat sich Heisler ausgetauscht<br />
mit Jonas Füllner vom Netzwerk<br />
„Recht auf Stadt“ aus Hamburg<br />
<strong>und</strong> mit Niombo Lomba aus Stuttgart.<br />
Die 38-jährige <strong>Grüne</strong>n-Politikerin leitet<br />
im Staatsministerium von Baden-Württemberg<br />
die Stabsstelle für Zivilgesellschaft<br />
<strong>und</strong> Bürgerbeteiligung. Bei ihr im<br />
Ländle liegen Licht <strong>und</strong> Schatten nahe<br />
beieinander – da ist Ministerpräsident<br />
„Wenn wir sehen, dass<br />
Pasing wirklich zerstört ist,<br />
werden wir freiwillig gehen.“<br />
Winfried Kretschmann als Übervater des<br />
Aktivbürgers <strong>und</strong> Stuttgart 21 als Metapher<br />
für dessen Überwältigung. Die Rolle<br />
des Buhmanns übernahm in dieser<br />
R<strong>und</strong>e Stephan Reiß-Schmidt vom Referat<br />
für Stadtplanung <strong>und</strong> Bauordnung,<br />
der Stadtbaurätin Elisabeth Merk vertrat.<br />
An die Wand genagelt wurde er aber<br />
nicht, dafür sorgte schon Moderatorin<br />
Dietlind Klemm. Und überhaupt waren<br />
die Aktivisten ausgesucht höflich.<br />
Den Ort für das Podium hatten die Veranstalter<br />
– die evangelische Stadtakademie<br />
<strong>und</strong> das Kulturforum München-<br />
West – mit Bedacht gewählt. Noch bis<br />
vor wenigen Wochen schien das Schicksal<br />
der über 100 Jahre alte Kuvertfabrik,<br />
kurz Kupa, besiegelt. Das Industriedenkmal,<br />
das heute als Altelierhaus <strong>und</strong> Kulturtreff<br />
dient, sollte abgerissen werden.<br />
Ein fünf Jahre alter, rechtskräftiger Bebauungsplan<br />
sieht hier an der Landsberger<br />
Straße zwischen Pasinger Knie <strong>und</strong><br />
Bahnhof Wohnbebauung <strong>und</strong> eine Promenade<br />
vor. Zähes Bürgerengagement,<br />
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Uhr angehalten: Die ehemalige Kuvertfabrik in Pasing hat dank engagierter Bürger doch noch eine Chance. Fotos: Simon, Schellnegger (2), Rumpf, Schlaier<br />
Bürgerengagement im Westen – nicht immer erfolgreich (von li. oben im Uhrzeigersinn):<br />
Demo gegen Fällung von Alleebäumen am Gut Freiham, von örtlichen<br />
Künstlern geschützte ehemalige Zwangsarbeiterbaracke in der Ehrenbürgstraße,<br />
Protest gegen Spielhallen in Laim <strong>und</strong> am ehemaligen Gleislager Neuaubing.<br />
initiiert von akribischen Stadtteilforschern,<br />
hat bei der Stadt, vor allem aber<br />
beim Eigentümer des Baus, nun offenbar<br />
zu einem Umdenken geführt. „Bürgerprotest<br />
– Immer zu spät? – so die Frage auf<br />
dem Podium. Im Fall der Kupa wohl gerade<br />
noch rechtzeitig.<br />
Hier kommt Dierk Brandt vom Planungsbüro<br />
504 ins Spiel. Er hat eine Alternativplanung<br />
ausgearbeitet, ein biss-<br />
Neuhausen – Die Endhaltestelle der Buslinie<br />
152 ist seit einiger Zeit nicht mehr<br />
an der Landshuter Allee, sondern ein<br />
paar h<strong>und</strong>ert Meter weiter vorne, am Rotkreuzplatz.<br />
An der Landshuter Allee<br />
aber macht der Busfahrer nach wie vor<br />
Pause, ehe er wendet, durch die Leonrodstraße<br />
zurückfährt zum Rotkreuzplatz,<br />
wo die Tour Richtung Friedenheimer<br />
Brücke wieder beginnt. Dass sie in<br />
den dort stehenden Bus nicht einsteigen<br />
darf, sondern eine Station mit dem 133er<br />
zum Rotkreuzplatz fahren muss <strong>und</strong><br />
dann erst in den 152er umsteigen kann,<br />
findet eine 75-jährige Neuhauserin<br />
„wirklich grotesk“. In der Haltebucht sei<br />
ausreichend Platz für mehrere Busse. Die<br />
Frau, die in der Horemannstraße nahe<br />
der Haltestelle Landshuter Allee wohnt,<br />
hat nach eigenen Angaben schon zweimal<br />
bei der Münchner Verkehrsgesellschaft<br />
(MVG) um eine plausible Begründung<br />
für die k<strong>und</strong>enunfre<strong>und</strong>liche Regelung<br />
gebeten. Das eine Mal habe sie nur<br />
chen verschieben hier, ein bisschen drehen<br />
da. Für den Eigentümer, sagt er,<br />
könnte sich der Erhalt der Kupa durchaus<br />
lohnen, er werde mehr Baurecht bekommen,<br />
3500 Quadratmeter Geschossfläche<br />
zusätzlich. Noch aber sei die Sache<br />
nicht in trockenen Tüchern. So müssten<br />
beispielsweise die Nachbarn der Kupa,<br />
die Stadtwerke, der Planänderung zustimmen.<br />
Zudem bedeute der Erhalt des<br />
Ausstieg ja, Einstieg nein<br />
Regelung an Endstation des 152ers ärgert Neuhauserin<br />
eine „aus Textbausteinen gefertigte Antwort“<br />
bekommen, das zweite Mal gar keine,<br />
teilte sie dem Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg.<br />
Auch dieser findet<br />
die Regelung unverständlich <strong>und</strong><br />
hakt nun bei der MVG nach. Ihm sei bekannt,<br />
sagte der Vorsitzende des Unterausschusses<br />
Verkehr, Hans-Jörg Scheerer,<br />
dass die Busfahrer von der MVG angehalten<br />
seien, Fahrgäste noch vom Rotkreuzplatz<br />
bis zur Landshuter Allee mitzunehmen:<br />
„Warum also darf man dort<br />
aussteigen, aber nicht einsteigen?“<br />
Zudem setzt sich das Gremium auf Antrag<br />
der <strong>SPD</strong> bei der MVG dafür ein, dass<br />
an der Haltestelle des 152er-Busses am<br />
Rotkreuzplatz ein elektronischer Fahrplananzeiger<br />
installiert wird. Denn häufig<br />
sei der Bus verspätet, Fahrgäste erreichten<br />
nicht mehr ihre Anschlüsse am<br />
S-Bahnhof Hirschgarten. Gäbe es eine<br />
Anzeige, könnten sie den Bus 53 oder 133<br />
zur Donnersbergerbrücke nehmen, anstatt<br />
zu warten. son<br />
Gebäudes längst nicht, dass auch die<br />
Künstler in der Kupa bleiben dürfen. „Alternativlos“<br />
– viel zu oft bekomme das<br />
die Bürgerschaft von Vertretern der<br />
Stadt zu hören. Warum etwa sei die zweite<br />
Stammstrecke alternativlos? Warum<br />
gebe entlang der Bahnachse Hauptbahnhof-Pasing<br />
keinen Platz mehr für Kultur,<br />
fragt sich Dierk Brandt. „Das letzte Argument<br />
ist immer das Geld.“<br />
In Maximilian Heislers Viertel Untergiesing<br />
werden Wohnungen luxussaniert,<br />
Altmieter verdrängt, Traditionskneipen<br />
in schicke Tagescafés umgebaut.<br />
„Die Stadt muss sich fragen lassen, wie<br />
weit sie dort eingreifen <strong>und</strong> die Leute<br />
schützen kann“, sagt er. Seine Aktionsgruppe<br />
mischt sich in politische Prozesse<br />
ein, recherchiert Details, wenn mal wieder<br />
ein Gebäude abgerissen werden soll.<br />
Und sie setzt auf kreative Protestformen,<br />
wie sie auch Jonas Füllners Mitstreiter in<br />
Hamburg wählen, wo gerade ein Münchner<br />
Investor auf der Reeperbahn agiert.<br />
Wie sich die Bilder gleichen, hat doch ein<br />
Hamburger Immobilien-Riese der Kult-<br />
Kneipe „Schwabinger Sieben“ in der Feilitzschstraße<br />
den Garaus gemacht.<br />
Niombo Lomba, ganz im Sprachduktus<br />
Kretschmanns, fordert eine partizipatorische<br />
Demokratie, die über die repräsentative<br />
hinausgeht. Stephan Reiß-<br />
Schmidt versichert, dass für die Landeshauptstadt<br />
das Thema „Teilhabe“ seit<br />
den siebziger Jahren zentral sei. Er nennt<br />
„einen ganzen Strauß von Möglichkeiten“:<br />
Bürgerwerkstätten etwa oder den<br />
aufwendigen Prozess eines sogenannten<br />
Bürgergutachtens, das ausgewählte Viertelbewohner<br />
zusammen mit Fachleuten<br />
entwickeln. Die Schlagkraft dieser Papiere,<br />
räumt er ein, sei allerdings begrenzt<br />
im politischen Abwägungsprozess, der<br />
auch immer Eigentumsrechte berücksichtigen<br />
müsse.<br />
Martin Siegler hat um den Erhalt der<br />
Kuvertfabrik gekämpft, die er als Hauptmieter<br />
verwaltet. Tausende Unterschriften<br />
sind bei einer Aktion zusammengekommen.<br />
Er träumt zwar von einem öffentlichen<br />
Kulturzentrum mit privatem<br />
Träger in der Kupa, doch ist er skeptisch.<br />
Den Künstlern ist dieser Tage vom Eigentümer<br />
eine Mieterhöhung ins Haus geflattert.<br />
25 Prozent mehr sollen sie zahlen.<br />
„Wenn wir sehen, dass Pasing wirklich<br />
zerstört ist, werden wir freiwillig gehen“,<br />
sagt er – keinesfalls bitter.<br />
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LEBEN MIT<br />
SCHWUNG.<br />
Schöner bauen<br />
ist nicht genug<br />
Wohnen am Mittleren Ring: Es gibt<br />
auch andere Lösungen als Tunnels<br />
München – Es ist ein Dauerthema der<br />
Stadtplanung: Wie kann man lärm- <strong>und</strong><br />
abgasgeplagte Anwohner des Mittleren<br />
Rings vor den schädlichen Auswirkungen<br />
des enormen Verkehrs schützen?<br />
Nicht überall sind teure Tunnels der Lösungsweg,<br />
es sind auch andere bauliche<br />
Konzepte gefragt. Inzwischen zeigt sich,<br />
dass die Stadt bei den sogenannten<br />
Wohnumfeldverbesserungen deutliche<br />
Fortschritte gemacht hat. Schöner wohnen<br />
in alten Vierteln – unter diesem Motto<br />
stand jetzt eine R<strong>und</strong>fahrt des Planungsausschusses<br />
im Stadtrat zu Projekten<br />
in Berg am Laim, Giesing <strong>und</strong> Ramersdorf.<br />
Gerade entsteht ein bemerkenswerter<br />
Neubau im Bereich Innsbrucker<br />
Ring/Zornedinger Straße. Die städtische<br />
Wohnungsbaugesellschaft GWG stellte<br />
direkt am Ring einen fünfgeschossigen<br />
Komplex vor die bestehenden Häuserzeilen.<br />
Es wird damit nicht nur ruhiger für<br />
die Bewohner. Es geht auch um eine energetische<br />
Modernisierung der Bestandsgebäude.<br />
Außerdem gibt es zusätzliche Räume<br />
durch die Aufstockung um ein Geschoss<br />
– in Holzbauweise. Die Außenanlagen<br />
erhalten ein komplett neues Erscheinungsbild.<br />
Ende des Jahres werden damit<br />
insgesamt 147 moderne Wohnungen<br />
zur Verfügung stehen. „Obwohl zusätzliche<br />
Wohnungen errichtet wurden, wirkt<br />
es hier nicht eng“, sagt GWG-Chef Hans-<br />
Otto Kraus. So attraktiv kann also Wohnen<br />
am Ring sein.<br />
Gar nicht weit von dieser Baustelle entfernt,<br />
erlebt das Gebiet um den Piusplatz<br />
eine umfassende Verschönerungskur. Unter<br />
Federführung der städtischen Wohnungsbaugesellschaft<br />
Gewofag kommt<br />
frischer Wind in die Siedlung aus den<br />
20er <strong>und</strong> 30er Jahren des vergangenen<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts. Neue Spielplätze <strong>und</strong> Promenaden<br />
sowie Abschirmungen zum<br />
Mittleren Ring sollen entstehen, aber vor<br />
„Diese alten Siedlungen haben<br />
ein enormes Potenzial gerade<br />
auch für junge Familien.“<br />
allem werden die Gr<strong>und</strong>risse der Wohnungen<br />
überarbeitet. „Diese alten Siedlungen<br />
haben ein enormes Potenzial gerade<br />
auch für junge Familien, die in der<br />
Stadt leben möchten“, sagt Gewofag-<br />
Chefin Gordona Sommer. Ein echtes Vorzeigeprojekt<br />
gab es hier für den Stadtrat<br />
zu bestaunen. Es hat den begehrten B<strong>und</strong>espreis<br />
„Soziale Stadt 2010“ erhalten.<br />
Die spannende Baustelle der Zukunft<br />
wird der historische Ortskern Ramersdorf<br />
– eine Insel, die vom Lärm des Rings<br />
<strong>und</strong> der Rosenheimer Straße umtost ist.<br />
Die Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung<br />
(MGS) hat das verfallene Herrschaftshaus<br />
neben der Kirche Maria Ramersdorf<br />
<strong>und</strong> dem „Alten Wirt“ erworben<br />
<strong>und</strong> will es umfassend sanieren.<br />
Das sind nur einige Beispiele, die zeigen,<br />
was Stadtsanierung bewirken kann.<br />
Diese begann in München in den 70er Jahren<br />
volle Fahrt aufzunehmen. Die Aktivitäten<br />
starteten in Haidhausen <strong>und</strong> setzten<br />
sich dann fort in Giesing (Feldmüllersiedlung),<br />
Berg am Laim <strong>und</strong> Ramersdorf.<br />
Von großen Neubauprojekten, wie<br />
zum Beispiel auf dem Agfa-Gelände in<br />
Giesing sollen auch die umliegenden Gebiete<br />
profitieren. So sind zum Beispiel im<br />
benachbarten Weißenseepark großzügige<br />
Spiellandschaften entstanden. Im Rahmen<br />
des weiteren Ausbaus des Parks<br />
wird entlang der Untersbergstraße ein<br />
Waldspielplatz angelegt.<br />
Bei den Sanierungsprogrammen, die<br />
auch B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Land finanziell unterstützen,<br />
gehe es nicht nur um schönere Bauten,<br />
sagt Stadtbaurätin Merk. Begriffe<br />
wie Soziales, Bildung <strong>und</strong> Kultur spielten<br />
eine wesentliche Rolle. Und in Zukunft<br />
werde der Klimaschutz noch mehr<br />
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STADT UND LANDKREIS MÜNCHEN<br />
Freie Fahrt<br />
für Radler<br />
Gautinger Gemeinderat will<br />
kein Verbotsschild an der Würm<br />
Gauting – Zu gerne hätte Gautings Bürgermeisterin<br />
Brigitte Servatius den Senioren<br />
einen Gefallen getan <strong>und</strong> ein Stück<br />
Weg an der Würm für Radfahrer sperren<br />
lassen. Die meisten Gemeinderäte halten<br />
dieses Verbot aber für überflüssig <strong>und</strong> haben<br />
daher in der Sitzung am Dienstag dagegen<br />
gestimmt. Die Abstimmung ging<br />
mit 14:11 relativ knapp aus.<br />
In der Debatte, die auch die Seniorenbeiratsvorsitzende<br />
Marianne Fürnrohr<br />
aufmerksam verfolgte, hatte Servatius<br />
immer wieder dafür geworben, das „winzige<br />
Stück“ zwischen der Fußbergstraße<br />
im Ort <strong>und</strong> dem Fuchssteg im Grubmühlerfeld<br />
zu sperren. Dieser Abschnitt, der<br />
in Wirklichkeit etwa einen halben Kilometer<br />
lang ist <strong>und</strong> direkt am Würmufer<br />
verläuft, ist an einigen Stellen kurvig<br />
<strong>und</strong> sehr schmal, wird durch Bäume<br />
noch verengt <strong>und</strong> kann obendrein jetzt<br />
im Herbst durch nasses Laub richtig rutschig<br />
werden.<br />
Eigentlich gab es ja schon eine klare<br />
Entscheidung, die der für solche Fragen<br />
zuständige Verkehrsausschuss zuvor getroffen<br />
hatte. Doch diese Sitzung hatte<br />
der stellvertretende Bürgermeister Ludwig<br />
Groß geleitet <strong>und</strong> offenbar nicht mit<br />
dem Ergebnis, dass sich die Rathauschefin<br />
vorgestellt hatte. Servatius ließ das<br />
keine Ruhe <strong>und</strong> brachte das Thema erneut<br />
auf die Tagesordnung, diesmal im<br />
gesamten Gemeinderat. Ordnungsamtsleiter<br />
Andreas Charmak hatte extra Fotos<br />
dafür angefertigt <strong>und</strong> einen Plan dazu<br />
vorgelegt. Außerdem erklärte er auf<br />
Nachfragen, es sei „vermehrt von gefährlichen<br />
Situationen berichtet worden“.<br />
Ohnehin müsse aus versicherungstechnischen<br />
Gründen wegen offensichtlicher<br />
Gefahrenstellen der ganze Weg vom<br />
Grubmühl bis zum Schlosspark für Radler<br />
gesperrt werden.<br />
Doch die Mehrheit der Gemeinderäte<br />
mochten dieser Argumentation nicht folgen.<br />
So nannte zum Beispiel Anne Franke<br />
ein Verbot „kontraproduktiv“. Wie<br />
schon im Verkehrsausschuss wollte man<br />
lieber auf gegenseitige Rücksichtnahme<br />
setzen. Michael Berzl<br />
Hier ist Platz für Frauchen, H<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />
Radfahrer, so sieht es jedenfalls der<br />
Gautinger Gemeinderat. Foto: Treybal<br />
Von Partys, Pillen <strong>und</strong> Rollatoren<br />
Dieter Friedmann <strong>und</strong> Walter Hohenester geben „Geschichte <strong>und</strong> Geschichten aus Planegg-Eulenried“ zum Besten<br />
Von Rainer Rutz<br />
Planegg – Was haben Dieter Friedmann<br />
<strong>und</strong> Walther Hohenester gemeinsam? Vieles:<br />
Beide sind langgediente <strong>SPD</strong>-Genossen,<br />
Friedmann war sogar Bürgermeister,<br />
beide sind Rentner <strong>und</strong> verbringen ihre<br />
Zeit unter anderem mit dem Schreiben<br />
von literarischen Texten, beide kommen<br />
aus der bayerischen Ecke <strong>und</strong> beide sind<br />
in den 70ern. Und da ist noch etwas:<br />
Friedmann <strong>und</strong> Hohenester haben ein gemeinsames<br />
Vorbild <strong>und</strong> das saß während<br />
der Veranstaltung im Planegger Kupferhaus<br />
ständig <strong>und</strong> unsichtbar als Dritter<br />
mit auf der Bühne: Karl Valentin, Planeggs<br />
berühmtester Sohn.<br />
„Geschichte <strong>und</strong> Geschichten aus Planegg-Eulenried“<br />
war der Abend betitelt<br />
<strong>und</strong> beides hatte irgendetwas zu tun mit<br />
der Vorliebe Friedmanns <strong>und</strong> Hohenesters,<br />
Biographisches von sich zu geben:<br />
Der Eine aus seinem Leben als Lehrer,<br />
Gemeinderat <strong>und</strong> Bürgermeister, der Andere<br />
als Apotheker, Kunstschaffender<br />
oder einfacher Planegger. Im großen<br />
Saal des Kupferhauses – das sowohl<br />
Friedmann als auch Hohenester beharr-<br />
Beim Einheitsgrußwort<br />
muss nur noch die<br />
Anrede ausgetauscht werden.<br />
lich „Aula“ nannten – fanden sich neben<br />
r<strong>und</strong> einh<strong>und</strong>ert Bürgern auch Prominente<br />
aus der Region ein, Weggefährten sozusagen:<br />
Der frühere Landrat Heiner Janik,<br />
Gräfelfings langjähriger Bürgermeister<br />
Eberhard Reichert (der am Schluss<br />
nach dem rockigen „See you later, Alligator“,<br />
das Walter Erpf auflegte, einen verwegenen<br />
Tanz mit Planeggs Bürgermeisterin<br />
Annemarie Detsch hinlegte) oder<br />
der langjährige ARD-Korrespondent<br />
Friedel Schreiber.<br />
Friedmanns „Erinnerungsblätter des<br />
Bürgermeisters von Eulenried“ gehen<br />
nun schon in die zweite R<strong>und</strong>e <strong>und</strong> wieder<br />
hatte der alte Fuchs Bissiges <strong>und</strong> Hinterfotziges<br />
zu bemerken. Beispielsweise<br />
seine akribische Aufrechung der Zeit, die<br />
ein Bürgermeister mit dem Verfassen<br />
von „Grußworten“ verbringen muss.<br />
Vier Grußworte à 36 Minuten täglich,<br />
das Ganze 30mal im Jahr sind immerhin<br />
schon 18 St<strong>und</strong>en, mal vier Veranstaltungen<br />
multipliziert ergibt 72 Arbeitsst<strong>und</strong>en<br />
im Jahr. Da bietet sich, so Friedmann,<br />
doch das „Einheitsgrußwort“ an,<br />
wo immer nur die Anrede eingefügt werden<br />
muss. Zur Hochform lief Friedmann<br />
auf mit seiner Schilderung der Planegger<br />
Schwierigkeiten bei der Namensfindung<br />
für öffentliche Gebäude. Nicht nur das<br />
Kupferhaus hatte so seine Geschichte,<br />
auch das Feodor-Lynen-Gymnasium,<br />
das eigentlich nach dem Willen von Lehrern<br />
<strong>und</strong> Gemeinderäten „Würmtal-<br />
Gymnasium“ hätte heißen sollen. Dass<br />
daraus der Feodor Lynen wurde, den damals<br />
im Volk niemand kannte, war der<br />
Schlitzohrigkeit des damaligen Bürgermeisters<br />
Richard Naumann <strong>und</strong> des<br />
Schulrektors zu verdanken, die am Tag<br />
der Eröffnung den vorher noch nie gehör-<br />
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Planegg im Spiegel hintergründiger Heimatliteratur: Bei der Lesung im Kupferhaus<br />
mit Dieter Friedmann (li.) <strong>und</strong> Walter Hohenester ging es auch um Erlebnisse<br />
am benachbarten Feodor-Lynen-Gymnasium. Fotos: Rumpf, Treybal, privat<br />
ten Namen dem verblüfften Publikum<br />
präsentierten.<br />
Walther Hohenester glänzte mit den<br />
kleinen, gemeinen, oft süffisanten, aber<br />
auch tieftraurigen Begebenheiten: Seine<br />
direkte Nachbarschaft zum Haus von<br />
Karl Valentin, seine Erlebnisse mit großen<br />
<strong>und</strong> kleinen Nazis <strong>und</strong> fürchterlichen<br />
Bombennächten, seine Bekanntschaft<br />
mit dem Komiker, die ihm aber<br />
später, als er in die <strong>SPD</strong> eingetreten war,<br />
Vereine bekommen<br />
Räume im Jugendhaus<br />
Neuried – Zwei Räume im neuen Jugendhaus<br />
in Neuried dürfen künftig die Nachbarschaftshilfe<br />
Neuried <strong>und</strong> die Evangelische<br />
Kirche in Fürstenried nutzen. Das<br />
beschloss der Sozial- <strong>und</strong> Kulturausschuss<br />
in seiner jüngsten Sitzung. Auch<br />
andere Gruppierungen sollen hier ein Unterschlupf<br />
finden, vor allem jene, die bisher<br />
in den Kellerräumen der Mehrzweckhalle<br />
untergekommen waren <strong>und</strong> seit<br />
Schließung der Halle Raumnot haben.<br />
Die Gemeinde behält sich das Recht vor,<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich über die Nutzung der Räume<br />
zu bestimmen, allerdings sollen Nachbarschaftshilfe<br />
<strong>und</strong> Kirche die Raumbelegung<br />
selbst verwalten. jae<br />
Faul <strong>und</strong> schwächelnd<br />
In Planegg werden drei Bäume am Rathaus gefällt<br />
Planegg – Drei der Bäume vor dem Planegger<br />
Rathaus müssen gefällt werden –<br />
„leider“, wie die Verwaltung hinzusetzt.<br />
Der Zustand des Spitzahorns <strong>und</strong> der beiden<br />
Rosskastanien habe sich in den letzten<br />
Jahren kontinuierlich verschlechtert,<br />
hat Richard Richter, Umweltreferent der<br />
Gemeinde, beobachtet. Sie haben eine<br />
„nachlassende Vitalität“ <strong>und</strong> konnten<br />
aufgr<strong>und</strong> von Schädigungen nur noch<br />
mit erheblichem Aufwand erhalten werden.<br />
„Bei der Kastanie in der Bahnhofstraße<br />
brach vor einigen Jahren einer der<br />
beiden Hauptstämmlinge ab“, sagt Richter.<br />
Der Baum sei stark von Pilzen besiedelt,<br />
er weise mittlerweile ausgeprägte<br />
Fäulnis auf <strong>und</strong> stelle neben der stark befahrenen<br />
Straße ein zunehmendes Sicherheitsrisiko<br />
dar. Statt dieser Kastanie soll<br />
hier eine Winterlinde gepflanzt werden.<br />
Ähnliches gelte für den Spitzahorn<br />
nichts nutzte bei den Kandidaten-Aufstellungen<br />
für den Gemeinderat. Seine<br />
Schilderung der heimlichen, pubertären<br />
Partyabende im elterlichen Haus, Partys,<br />
die mangels Pille („die kam erst später“)<br />
„so unvorstellbar harmlos abliefen“. Zuvor<br />
allerdings musste immer erst die Frage<br />
beantwortet werden: „Wie bekomme<br />
ich die Eltern aus dem Haus?“ Seiner<br />
Apotheke gab Hohenester den Namen<br />
von Karl Valentin <strong>und</strong> sein erster Arbeits-<br />
Neuried – Das neue Jugendhaus ist der<br />
ganze Stolz der Gemeinde – der Zustand<br />
der Außenanlagen ist jedoch jämmerlich.<br />
„Ich war dem Heule nahe“, sagte Bürgermeisterin<br />
Ilse Weiß (CSU) auf der Sitzung<br />
des Sozial- <strong>und</strong> Kulturausschusses<br />
am Dienstag, als sie den Müll am Rande<br />
der Skateranlage bei einer Begehung entdeckt<br />
hatte. „Es sieht aus wie auf einer<br />
Müllkippe“, sagte Ulrike Faulhaber-Hobelsberger<br />
(Unabhängige). Flaschen, Dosen,<br />
Papiere werden achtlos ins neu gepflanzte<br />
Gebüsch geworfen. Es fehle jegliche<br />
„Sensibilität der jungen Leute“,<br />
an der Pasinger Straße. Der obere Teil<br />
der Baumkrone habe in letzter Zeit stark<br />
abgebaut, „der Baum zieht dort ein“,<br />
nennt es der Fachmann. Die Kastanie,<br />
die neben dem Spitzahorn steht, konnte<br />
in den letzten Jahren ebenfalls nur mit ei-<br />
nem erheblichen Aufwand erhalten werden,<br />
auch sie baue mittlerweile stark ab.<br />
Diese beiden eng stehenden Bäume werden<br />
durch eine bereits beträchtlich große<br />
Eiche ersetzt werden, die derzeit noch neben<br />
der Zufahrt zum Wertstoffhof<br />
wächst. Die Fällarbeiten finden am<br />
Samstag, 22. Oktober statt. SZ<br />
tag dort hätte dem Komiker zur Ehre gereicht,<br />
stammte aber doch aus dem wahren<br />
Leben: Der erste K<strong>und</strong>e war nämlich<br />
eine junge Dame, die einen „Schnuller<br />
für Klausi“ brauchte, keinen gewöhnlichen,<br />
„sondern einen mit einer ganz kleinen<br />
Kirsche drauf“. Hohenester freilich<br />
hatte nur solche mit großen Kirschen. Er<br />
hatte auch kein Alete-Müsli, sonder nur<br />
eines von Hipp. Da zumindest konnte<br />
man sich einigen. Den kleinkirschigen<br />
Schnuller lieferte der angehende Apotheker<br />
später prompt ins Haus.<br />
Am Schluss noch Friedmanns Lieblingsthema:<br />
die Staatsstraße 2063 neu.<br />
Die „ewig Unvollendete“ nennt sie der<br />
frühere Bürgermeister, berichtet von den<br />
Querelen der 60er, 70er, 80er <strong>und</strong> 90er<br />
-Jahre bis dann vor einigen Jahren das<br />
„Martinsrieder Wutbürger-Virus“ dem<br />
Projekt endgültig den Garaus machte.<br />
„Mit Hilfe von Sankt Florian“ sei es gescheitert,<br />
witzelte Friedmann <strong>und</strong> zeigte<br />
die noch verbleibenden Möglichkeiten<br />
auf: „2063 neu heißt sie, weil sie frühestens<br />
im Jahre 2063 in Betrieb genommen<br />
wird. Bis dahin wird sie von Rollatoren<br />
mit Elektroantrieb bevölkert. Dann brauchen<br />
wir sie auch nicht mehr.“<br />
Skateranlage als Müllkippe<br />
Neuried hofft auf Einsehen der Jugendlichen<br />
Als Ersatz werden<br />
eine Winterlinde <strong>und</strong><br />
eine Eiche gepflanzt.<br />
„Schnuller für Klausi“ –<br />
aber nur mit<br />
kleiner Kirsche<br />
hieß es im Gremium. Die Skateranlage gehört<br />
nicht zum Verantwortungsbereich<br />
des Jugendhauses, betonte Weiß. Die Jugendhausleitung<br />
sei dafür also nicht verantwortlich<br />
zu machen.<br />
Martin Weiß (CSU) schlug vor, den<br />
Standort vermüllen zu lassen bis die Jugendlichen<br />
selbst auf die Idee kommen,<br />
aufzuräumen. Cornelia Saumweber<br />
(<strong>SPD</strong>) fand das gar keine schlechte Idee.<br />
Zunächst sollen jedoch zusätzliche Abfalleimer<br />
aufgestellt werden. „Hier müssen<br />
wir einiges Ausprobieren“, meinte<br />
Weiß. jae<br />
Die Krone des Ahorns in der Pasinger<br />
Straße dünnt stark aus. Am Samstag<br />
wird der Baum gefällt. Foto: oh<br />
Die nächsten Tage<br />
Gräfelfing<br />
Musik regiert am 21. <strong>und</strong> 22. Oktober im<br />
Jugendhaus an der Würm. Beim Hip-<br />
Hop-Abend am Freitag werden die Gräfelfinger<br />
Lokalmatadoren von Teufels<br />
Küche auftreten. Unterstützt werden sie<br />
von den Königskindern, die ihre Wurzeln<br />
ebenfalls im Würmtal haben. Einlass ist<br />
um 19.30 Uhr, Beginn um 20.30 Uhr, der<br />
Eintritt beträgt drei Euro. Am Samstag<br />
gibt es im Jugendhaus seit langem wieder<br />
einen Vorentscheid zum Bandwettbewerbs<br />
„Running for the best“, der vom<br />
Kreisjugendring München-Land ausgelobt<br />
wird. Vier Bands spielen um den Einzug<br />
ins Finale im „Feierwerk“: Rastlos<br />
(deutschsprachiger Metall), Public Irritation<br />
(akustik Rock), Gilgamesh (melodic<br />
Deathmetal) <strong>und</strong> Fall Back Down<br />
(Punk). Einlass ist um 19 Uhr, Beginn 20<br />
Uhr, der Eintritt kostet vier Euro. SZ<br />
Moosach<br />
Einen ganzen Abend widmen die Kulturmacher<br />
des Pelkovenschlössls am Samstag,<br />
22. Oktober, unter dem Titel „Hommage<br />
an Jacques Brel“ dem großen Chansonnier<br />
<strong>und</strong> Schauspieler. Wiewohl in<br />
Belgien geboren, zählte Brel (1929-1978)<br />
mit seiner markanten <strong>und</strong> rauen Stimme<br />
<strong>und</strong> seinen unter die Haut gehenden sozialkritischen<br />
<strong>und</strong> melancholischen Liedern<br />
in den 50er <strong>und</strong> 60er Jahren zu einem<br />
der populärsten Sänger des Genres<br />
in Frankreich. Georg Rüter wird Brels<br />
Lieder auf Deutsch interpretieren. Michael<br />
Krone liest poetische <strong>und</strong> biografische<br />
Texte. Beginn ist um 20 Uhr. Der<br />
Eintritt für Erwachsene beträgt zwölf Euro,<br />
ermäßigt zehn Euro, für Jugendliche<br />
fünf Euro. anna<br />
Neuried<br />
Die Arbeitsgemeinschaft Maibaum Neuried<br />
trifft sich am Montag, 24. Oktober,<br />
um 19 Uhr in den Versammlungsraum 1<br />
der Neurieder Mehrzweckhalle. Auf der<br />
Tagesordnung steht die Wahl eines neuen<br />
Vorstandes. Die bisherigen Vorstandsmitglieder<br />
Florian Edlhuber (Vorsitzender)<br />
<strong>und</strong> Peter Meyer (Kassier) stellen<br />
sich nicht mehr zur Wahl. SZ<br />
Obermenzing<br />
Ursprünglich war das Jubiläums-Ramadama<br />
des Vereins der Fre<strong>und</strong>e Schloss<br />
Blutenburg (BBV) für den 8. Oktober anberaumt,<br />
musste jedoch wegen schlechten<br />
Wetters abgesagt werden. Am kommenden<br />
Samstag, 22. Oktober, startet<br />
die BBV nun den zweiten Versuch für die<br />
Umweltaktion, für den er Freiwillige<br />
sucht. Das Großreinemachen an der Blutenburg<br />
findet von 9 bis circa 12 Uhr statt.<br />
Treffpunkt ist vor dem Eingangstor des<br />
Schlosses. Die Teilnehmer wollen die<br />
Grünflächen <strong>und</strong> Parkplätze um die Blutenburg<br />
vom Unrat befreien <strong>und</strong> nehmen<br />
sich auch den Würm-Grünzug südlich<br />
<strong>und</strong> nördlich des Schlosses vor, sowie<br />
den Parkplatz gegenüber der Pippinger<br />
Kirche <strong>und</strong> die Grünflächen um den Zehentstadel.<br />
SZ<br />
Pasing<br />
Seit über 30 Jahren begeht man im Viertel<br />
den „Tag der Pasinger Mariensäule“<br />
<strong>und</strong> erinnert damit an die Rückkehr der<br />
Madonna auf den Platz an der Ecke Planegger-/Landsberger<br />
Straße im Oktober<br />
1980. H<strong>und</strong>ert Jahre zuvor war die Säule<br />
mit der Muttergottes dort zum ersten<br />
Mal aufgestellt worden, hatte jedoch bereits<br />
1908 weichen müssen, als die Tramschienen<br />
dort verlegt wurden. Die Pfarrei<br />
Maria Schutz begeht den Tag am kommenden<br />
Samstag, 22. Oktober, traditionell<br />
mit Marienandacht in der Stadtpfarrkirche,<br />
Beginn 18 Uhr. Von dort führt anschließend<br />
eine Lichterprozession zur<br />
Mariensäule, erstmals dabei ist der neue<br />
Stadtpfarrer Franz Xaver Leibiger. SZ<br />
Sendling-Westpark<br />
In der offenen Holzwerkstatt des Dschungelpalasts<br />
im Kulturverein Feierwerk<br />
können Kinder ab sechs Jahren nach eigenen<br />
Ideen <strong>und</strong> Entwürfen Werkstücke<br />
aus Holz bauen, nach mitgebrachten Vorlagen<br />
oder Schablonen. Zur Verfügung<br />
stehen verschiedenes Holz <strong>und</strong> sämtliche<br />
Werkzeuge, die man benötigt. Die Buben<br />
<strong>und</strong> Mädchen werden gebeten, einen Malkittel<br />
mitzubringen <strong>und</strong> darauf zu achten,<br />
dass die Vorlagen nicht größer als 30<br />
mal 40 Zentimeter sind. Die Werkstatt<br />
am Samstag, 22. Oktober, Hansastraße<br />
39 bis 41, öffnet um 15 Uhr <strong>und</strong> schließt<br />
um 18 Uhr. Materialkosten richten sich<br />
nach dem Verbrauch. SZ<br />
Untermenzing<br />
Gilbert mag keine Fischer, keine Kinder,<br />
keine Schafe <strong>und</strong> schon gar keine H<strong>und</strong>e.<br />
Eigentlich duldet der streitlustige Gänserich<br />
gar niemanden in seiner Nähe. Bis er<br />
eines Tages die Gans seines Lebens kennen<br />
lernt. Wie die Geschichte weitergeht,<br />
erfahren Kinder ab vier Jahren am Mittwoch,<br />
26. Oktober, um 15 Uhr bei „Lollipop“<br />
in der Stadtteilbibliothek von Allach-Untermenzing<br />
(Pfarrer-Grimm-<br />
Straße 1). Kostenlose Mitmachkarten für<br />
den „streitlustigen Gilbert“ gibt es ab sofort<br />
in der Bibliothek. SZ
Freitag, 21. Oktober 2011 PMW <strong>Süddeutsche</strong> <strong>Zeitung</strong> Nr. 243 / Seite R 11<br />
STADT UND LANDKREIS MÜNCHEN<br />
Problem Straßenverkehr<br />
Bürger fordern erneut Einhausung der Autobahn A 96<br />
Sendling-Westpark – Verkehrsprobleme<br />
sind bei der Bürgerversammlung<br />
Sendling-Westparks im Mittelpunkt<br />
gestanden. In der von Bürgermeister<br />
Hep Monatseder moderierten<br />
Versammlung ging es unter anderem<br />
um gleichrangige Behandlung von<br />
Tunnelbauvorhaben im Rahmen eines<br />
Gesamtkonzeptes. Der von Marion<br />
Kutscher von der Bürgerinitiative<br />
BAB96 gemachte Vorschlag wurde<br />
mehrheitlich angenommen. „Wir wollen,<br />
dass die Lindauer Autobahn genau<br />
so behandelt wird wie der Tunnelbau<br />
am Mittleren Ring“, sagte Kutscher.<br />
Sie kritisierte etwa, dass die geplanten<br />
Lärmschutzaktionen, die die<br />
BI als Petition eingegeben wurde,<br />
von der Regierung von Oberbayern<br />
nie veröffentlicht wurden. „Wir fordern<br />
zum Schutz der Anwohner der<br />
A96 die Einhausung dieser Autobahn<br />
vom Mittleren Ring bis zur Münchner<br />
Stadtgrenze zu veranlassen“, so Kutscher.<br />
Nach Wunsch Kutschers soll<br />
die Bürgerinitiative in die Konzeptentwicklung<br />
eingeb<strong>und</strong>en werden.<br />
Ebenfalls eine Mehrheit fand der<br />
Vorstoß Werner Geiers, die sich mit<br />
der Schadstoffbelastung im Stadtviertel<br />
befasst. „Im Zeitraum von<br />
2008 bis 2009 wurden in der Adunistraße<br />
zwischen Passauerstraße <strong>und</strong><br />
der Bahnlinie nach Wolfratshausen<br />
am Mittleren Ring vom Referat für<br />
Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Umwelt Schadstoffmessungen<br />
durchgeführt. Durch diese<br />
Messungen sollten Vergleichswerte<br />
für die Situation der Schadstoffbelastung<br />
vor <strong>und</strong> nach dem Bau des<br />
Tunnels Mittlerer Ring-Südwest am<br />
künftigen Tunnelportal ermittelt werden,“<br />
sagte Geier. Der Anwohner der<br />
Adunistraße forderte, dass die Auswertung<br />
geeignete fachk<strong>und</strong>ige Stelle<br />
übernehmen sollen. Das Ergebnis<br />
soll nach Wunsch Geiers dann im Internet<br />
veröffentlicht werden.<br />
Karin Elke Hildmann ärgert der<br />
Zustand am Partnachplatz. Sie schilderte,<br />
dass dort immer wieder alkoholisierte<br />
Männer in der Öffentlichkeit<br />
urinierten <strong>und</strong> Glasscherben auf dem<br />
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Boden landen. Sie machte das benachbarte<br />
Haus für Wohnungslose Männer<br />
in der Adalbert-Roßhaupter-Straße<br />
dafür verantwortlich. Hildmann<br />
sagte, dass der Platz auf dem Weg zu<br />
einem Kindergarten liegt. Die Sendling-Westparker<br />
lehnten die von Hildmann<br />
geforderte Videoüberwachung<br />
zwar ab, konnten sich jedoch mit der<br />
Forderung, dort eine öffentliche Toilette<br />
einzurichten, anfre<strong>und</strong>en. Der<br />
Partnachplatz wird wegen seiner<br />
U-Bahnhaltestelle stark frequentiert.<br />
Ein Vertreter des Gartenbauamts<br />
bot an, Sonderkontrollen einzuplanen.<br />
Normalerweise werde der<br />
Platz zwei Mal in der Woche von einem<br />
Parkpaten gereinigt.<br />
Überzeugt hat auch der Antrag<br />
Werner Althofs. Er forderte die Öffnung<br />
des Fahrradverkehrs entgegen<br />
der Einbahnregelung in der Konrad-<br />
Celtis-Straße während der Tunnelbaumaßnahmen<br />
am Mittleren Ring.<br />
Althof führte an, dass sich an der<br />
Kreuzung Heckenstallerstraße/Höglwortherstraße<br />
Radfahrer <strong>und</strong> Fußgänger<br />
auf einem schmalen Weg bewegen<br />
müssen. Wegen des hohen Verkehrsaufkommens<br />
müssten sie oft<br />
ausweichen. Über die Konrad-Celtis-<br />
Straße würde man sich lange Umwege<br />
sparen, so Althof.<br />
Die Vorsitzende des Bezirksausschusses,<br />
Ingrid Notbohm (<strong>SPD</strong>) ging<br />
auf Änderungen im Bezirk ein. Sie erwähnte,<br />
dass die Rudi-Sedlmayer-<br />
Halle „aus ihrem Dornröschenschlaf<br />
wachgeküsst wurde“.<br />
Sie erinnerte aber auch an einen<br />
tödlichen Unfall am Partnachplatz,<br />
wo der Bau für ein Kompro-B-Haus<br />
begonnen wurde. Dort sei der ohnehin<br />
schon schmale Rad- <strong>und</strong> Gehweg<br />
durch die Baustelle noch enger geworden.<br />
Wie Olaf Schleicher von der Polizei<br />
bestätigte, waren auf dem verengten<br />
Weg ein Radfahrer <strong>und</strong> ein Fußgänger<br />
in handgreiflichen Streit geraten.<br />
Einer der beiden stürzte unglücklich<br />
<strong>und</strong> starb.<br />
Ansonsten erklärte Schleicher das<br />
Stadtviertel für ein vergleichsweise<br />
sicheres Pflaster. Stefani Wandl<br />
NEU<br />
ist nicht nur der Gewerbehof Laim in der Landsberger Straße 234<br />
sondern auch die Neueröffnung der Firma TEPPICH-DESIGN.<br />
Schon seit 1972 in München ansässig hat die Familie Grosser vor<br />
Kurzem hier ihr neues Domizil eingerichtet.<br />
Wie schon all die Jahre werden hier nicht nur hochwertige<br />
Teppichböden in einer unglaublichen Vielfalt angeboten sondern<br />
auch PVC-Design Beläge der namhaften Hersteller, wie auch der<br />
weltweit führende gewebte Vinylbelag BOLON aus Schweden,<br />
hervorragend geeignet wo nicht nur Strapazierfähigkeit sondern<br />
auch die Optik eine große Rolle spielt.<br />
Nicht zu vergessen die zur Zeit so beliebten Hochflorteppiche in<br />
den unterschiedlichsten Qualitäten <strong>und</strong> einer fast unbegrenzten<br />
Farbauswahl.<br />
Sonderwünsche gefragt: Ob Polyamid oder Schurwolle, egal welche<br />
Farbe <strong>und</strong> was für ein Design – TEPPICH-DESIGN<br />
machts möglich.<br />
Eigentlich selbstverständlich aber doch erwähnenswert: das<br />
Verlegepersonal sind ausschließlich gelernte Facharbeiter.<br />
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St<strong>und</strong>e ganz nach Ihren Wünschen.<br />
Bei TEPPICH-DESIGN nimmt man sich Zeit für Sie.<br />
Die Frau an seiner Seite<br />
Max B. ist nie allein: Seit fünf Jahren betreut er seine an Alzheimer erkrankte Ehepartnerin r<strong>und</strong> um die Uhr<br />
Von Gudrun Passarge<br />
Ganz gleich, ob Max B. (Name<br />
von der Redaktion geändert)<br />
bei Hochzeiten oder<br />
Beerdigungen Orgel in der<br />
Kirche spielt, ob er im Bezirksausschuss<br />
oder Seniorenbeirat sitzt<br />
oder Semmeln holt – seine Frau ist immer<br />
dabei. „Es ist ihr wichtig, bei mir zu sein,<br />
<strong>und</strong> ich will das natürlich auch“, sagt<br />
Max B. <strong>und</strong> fügt scherzhaft an, dass sie<br />
fast wie siamesische Zwillinge seien.<br />
Nächstes Jahr haben sie ihre Goldene<br />
Hochzeit, „aber feiern werden wir<br />
nicht.“ Max B. ist 81, seine Frau 80.<br />
Frau B. leidet seit fünf Jahren an Alzheimer.<br />
„Es fing auf ganz leisen<br />
Sohlen an. Der Prozess<br />
geht ja langsam vor sich.“<br />
„Es fing auf ganz leisen Sohlen an“, erzählt<br />
der 81-Jährige. Sie lasen wie jeden<br />
Morgen <strong>Zeitung</strong> im Bett, als seine Frau<br />
bemerkte, sie brauche wohl eine neue<br />
Brille, weil sie nicht mehr lesen könne.<br />
Sie bekam die Brille – aber lesen konnte<br />
sie deswegen immer noch nicht. „Das<br />
war das Signal für mich, dass gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
etwas nicht in Ordnung war.“ 2006<br />
war das, 2007 folgte die letzte große Reise<br />
in die Staaten. „Der Prozess geht ja<br />
langsam vor sich, unmerklich wird’s<br />
schlechter.“ Frau B. konnte nicht mehr<br />
richtig schreiben, nicht mehr telefonieren,<br />
ihr fehlte die Orientierung. Und<br />
dann der Schock. Am 1. Februar 2010<br />
wachte Max B. in der Früh kurz vor fünf<br />
Uhr auf, wie immer. Aber das Bett neben<br />
ihm war leer. „Es war bitterkalt, alles<br />
war voller Schnee, die Fußwege waren<br />
vereist.“ Er suchte <strong>und</strong> suchte, aber seine<br />
Frau war weg. Also alarmierte er die Polizei.<br />
Der erlösende Anruf kam gegen sieben<br />
Uhr. Ein Mann hatte Frau B. entdeckt,<br />
als er sein Auto aus der Garage holen<br />
wollte – in Karlsfeld, einige Kilometer<br />
entfernt. „Sie hatte sich obenrum etwas<br />
Warmes angezogen, aber sie war barfuß.“<br />
Seitdem verschließt Max B. die Haustür.<br />
Trotzdem ist seine Frau immer wieder<br />
fort, einmal sprang sie aus dem Fenster<br />
im Erdgeschoss. „Das sind 1,60 Meter<br />
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München<br />
„Das Schlimmste ist, dass sich die Person verabschiedet“: Gespräche mit seiner Frau seien schon lange nicht mehr<br />
möglich, sagt Max B. Archivfoto: Oliver Berg/dpa<br />
Fallhöhe.“ Die Nachbarn wissen inzwischen<br />
alle über die Demenz Bescheid,<br />
<strong>und</strong> auch die Polizei sei sehr rührend,<br />
„sie haben mir meine Frau immer wieder<br />
zurückgebracht“. Max B. hat sich informiert.<br />
Er ist ein Mensch, der alles genau<br />
wissen möchte. Warum haben so viele Demenzkranke<br />
den Drang wegzulaufen? In<br />
der Literatur fand er die Antwort, die er<br />
sich selbst schon gegeben hatte. „Sie wollen<br />
nach Hause <strong>und</strong> in dem Augenblick,<br />
da sie weglaufen, wissen sie nicht, dass<br />
sie zu Hause sind.“<br />
Max B. war früher Manager. Zusammen<br />
mit seiner Frau hat er drei Söhne,<br />
die schon lange ihr eigenes Leben führen.<br />
Sein Ruhestand hat wohl nie diesen Namen<br />
verdient. Er fuhr gerne Ski, hatte<br />
die Kommunalpolitik für sich entdeckt,<br />
las viel <strong>und</strong> reiste gerne, zusammen mit<br />
seiner Frau. Auch jetzt macht er noch alles<br />
mit ihr zusammen. Aufs Reisen muss<br />
er verzichten, aufs Skifahren sowieso,<br />
aber die Sitzungen des Bezirksausschusses<br />
oder im Heimbeirat des Altenheims,<br />
die sind ihm wichtig. „Und wenn man<br />
nur zehn Prozent der Dinge, die man anpackt,<br />
erreicht, ist das schon ein Erfolg.“<br />
Seine Frau ist stets dabei, auch wenn er<br />
nach Berlin zu b<strong>und</strong>espolitischen Arbeitstreffen<br />
des Umweltausschusses<br />
fährt. Meist sitzt sie bei einem Wasser<br />
oder einem Weißbier neben ihm am<br />
Tisch, immer liebevoll von ihm umsorgt,<br />
ein Bild berührender Innigkeit. Nur ganz<br />
vereinzelt mischt sie sich in die öffentliche<br />
Debatte ein. Doch lange Termine bereiteten<br />
ihr zunehmend Schwierigkeiten.<br />
„Beim letzten Mal musste ich in Berlin<br />
früher gehen, weil meine Frau es nicht so<br />
lange ausgehalten hat. Das kommt mir<br />
schade vor, dass ich nicht dabei sein<br />
konnte.“ Wahrscheinlich, so überlegt er,<br />
werde er sich bald aus diesem Ausschuss<br />
zurückziehen.<br />
Das klingt fast nach einem normalen<br />
Leben, aber es ist alles andere als das.<br />
Was Max B. zu schaffen macht, ist nicht<br />
der unmittelbare pflegerische Aspekt, al-<br />
„Eine Medizin braucht man<br />
auf jeden Fall,<br />
<strong>und</strong> das ist Geduld.“<br />
so all die Dinge, die mit Körperpflege<br />
<strong>und</strong> Kleidung zu tun haben. „Das lernt<br />
man schnell, da braucht es auch keine<br />
Kurse.“ Nein, für ihn ist eher schlimm,<br />
„dass sich die Person verabschiedet“. Seine<br />
Frau sei nach wie vor liebevoll. Ihm<br />
fällt auf, wie oft sie sich bedankt, auch in<br />
Situationen, in denen er es übertrieben<br />
oder unnötig empfindet. Aber Gespräche<br />
sind schon lange nicht mehr möglich.<br />
„Dabei redet sie ziemlich viel in einer<br />
Sprache, die es nicht gibt, mit ad hoc erf<strong>und</strong>enen<br />
Vokabeln.“ Bis vor kurzem habe<br />
er trotzdem meist gewusst, worauf sie<br />
hinauswollte, aber jetzt werde es immer<br />
schwieriger. Zwar nimmt Frau B. Medikamente,<br />
die den Fortschritt der Krankheit<br />
aufhalten sollen, aber wie erfolgreich<br />
diese Therapie ist, könne niemand<br />
genau sagen, da man ja nicht weiß, wie es<br />
ohne die Medikamente wäre. „Aber eine<br />
Medizin braucht man auf jeden Fall, <strong>und</strong><br />
das ist Geduld“, sagt der 81-Jährige. Seine<br />
Frau reagiere auf das leiseste Heben<br />
der Stimme. Wie Max B. in seinem Sessel<br />
im Wohnzimmer sitzt <strong>und</strong> Tee trinkt, ist<br />
er die Ruhe selbst. Und doch, gesteht er<br />
ein, auch er sei manchmal kurz davor,<br />
aus der Haut zu fahren. Etwa, wenn seine<br />
Frau nichts mit dem Besteck anzufangen<br />
wisse <strong>und</strong> vom Messer essen wolle <strong>und</strong> dabei<br />
alles vollkleckere. „Manches ist so unnötig<br />
<strong>und</strong> dann drückt man vielleicht<br />
mal einen leisen Fluch die Kehle runter.“<br />
Zu 97 Prozent gelinge es ihm, die Ruhe<br />
zu bewahren, „an den drei Prozent arbeite<br />
ich noch.“<br />
Max B. hat sich eingerichtet in seinem<br />
Leben. Zweimal die Woche bringt er seine<br />
Frau für ein paar St<strong>und</strong>en in eine betreute<br />
Einrichtung. Gelegentlich kommt<br />
eine Demenzhelferin vorbei, um mit ihr<br />
spazieren zu gehen. Oft sitzt seine Frau<br />
auch einfach neben ihm, wenn er am<br />
Computer seine Mails bearbeitet oder<br />
liest. Er versucht sie mit guter Musik zu<br />
unterhalten. Manchmal besuchen sie sogar<br />
noch kürzere Konzerte. Aber wenn er<br />
mal einen „Tatort“ im Fernsehen anschauen<br />
möchte, dann kann es passieren,<br />
dass seine Frau sich einmischt <strong>und</strong> mit<br />
den Leuten im Fernsehen spricht. „Es<br />
fällt ihr schwer zu erkennen, dass es elektronisches<br />
Theater ist. Sie bekommt<br />
Angst vor den fremden Personen.“ Deswegen<br />
drehen sie dann lieber eine kleine<br />
R<strong>und</strong>e vor der Haustür.<br />
Max B. mag sich nicht vorstellen, wie<br />
es sein wird, wenn er mal ausfallen sollte.<br />
Und er gibt auch zu, wie ihm die wenigen<br />
St<strong>und</strong>en, die er zu seiner freien Verfügung<br />
hat, immer wichtiger werden. „Vielleicht<br />
werde ich die St<strong>und</strong>enzahl etwas<br />
ausweiten“, überlegt er. Erst in diesem<br />
Jahr war er mit seiner Frau vier Wochen<br />
auf Kur in einem Alzheimer-Therapiezentrum.<br />
Seine Frau war dort drei bis<br />
vier St<strong>und</strong>en am Tag beschäftigt: Tanz,<br />
Malerei, Musik, Gesang. Für Max B. war<br />
es wie Urlaub. „Ich wusste nicht, dass es<br />
so guttut, mal keine Hauswirtschaft machen<br />
zu müssen.“ Den Haushalt<br />
schmeißt er nämlich auch allein. Sein einziges<br />
Zugeständnis: Seit kurzem kommt<br />
alle 14 Tage eine Putzfrau. Aber nicht all<br />
ihre Vorschläge gefallen ihm. So klärte<br />
sie ihn darüber auf, dass <strong>Zeitung</strong>en zwar<br />
zum Lesen, aber danach zum Wegwerfen<br />
gedacht seien. „Und das mir“, sagt er lachend,<br />
wo er die Dinge doch so gerne aufbewahrt.<br />
Aber das Lesen morgens im<br />
Bett, das bleibt ihm ja.<br />
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Seite R 12 / <strong>Süddeutsche</strong> <strong>Zeitung</strong> Nr. 243 PMS Freitag, 21. Oktober 2011<br />
STADT UND LANDKREIS MÜNCHEN<br />
In den Ruinen des<br />
Wirtschaftsw<strong>und</strong>ers<br />
Der Konzern Siemens hatte allzu große Pläne mit<br />
seinem angestammten Gelände in Obersendling<br />
Von Michael Tibudd<br />
Thomas Sankauskas hätte gar nichts<br />
Besseres passieren können als diese<br />
27 Quadratmeter in der Mülhauser Straße,<br />
jedenfalls kann einen der junge Mann<br />
das glauben machen. „Ich habe hier alles<br />
um mich herum, was ich brauche“, sagt<br />
Sankauskas. Ob Supermarkt, Geldautomat<br />
oder Hausarzt, alles in kürzester Entfernung.<br />
Und erst die Wohnung selbst,<br />
„frisch renoviert“. Sogar die Fahrt mit<br />
dem Aufzug empfindet er als Erlebnis,<br />
„das ist ein Glaslift, <strong>und</strong> er wird jeden<br />
Tag geputzt.“ Insgesamt also Umstände,<br />
unter denen es sich aushalten lässt für einen<br />
Menschen, der gerade erst das Jugendlichenalter<br />
hinter sich gebracht hat.<br />
Und überhaupt: „Die allermeiste Zeit bin<br />
ich ja eh in der Arbeit.“<br />
Sankauskas ist Auszubildender beim<br />
großen Siemens-Konzern, er durchläuft<br />
eine Lehre zum Industriekaufmann. Dabei<br />
setzt ihn das Unternehmen an verschiedenen<br />
Standorten in <strong>und</strong> um München<br />
ein. Weil zum Leben aber auch das<br />
Wohnen gehört, vermittelte Siemens dem<br />
gebürtigen Litauer diese Wohnung in der<br />
Mülhauser Straße: „Das war wichtig, ich<br />
hatte nach der Stellenzusage ja nur eine<br />
Woche, um in München anzukommen.“<br />
Münchner Viertel:<br />
Obersendling/<br />
Siemensstadt<br />
Die Vielfalt der Stadt zeigt sich in den<br />
Vierteln. Ob Allach oder Zamdorf,<br />
Untergiesing oder Oberföhring – jeder<br />
Stadtteil ist eine Welt für sich. Wir schlagen<br />
die schönsten Seiten Münchens auf.<br />
SZ-Serie, Folge 47<br />
Das Beispiel zeigt: Es gibt nicht nur eine<br />
große Vergangenheit von Siemens in<br />
Obersendling, es gibt auch eine Gegenwart<br />
<strong>und</strong> vermutlich sogar ein wenig Zukunft<br />
– wenn auch alles unter ganz anderen<br />
Voraussetzungen. Denn zu einem guten<br />
Teil hat sich Siemens natürlich aus<br />
Obersendling, wo sich zusammengefasst<br />
einmal der größte Standort des Konzerns<br />
weltweit befand, zurückgezogen. Der Abriss<br />
der Gebäude an der Hofmannstraße<br />
<strong>und</strong> die folgende langjährige Brache an ihrer<br />
Stelle machten dies mehr als deutlich.<br />
2009 verkaufte der Konzern auch noch<br />
sämtliche Werkswohnungen, um die 1000<br />
von ihnen in München <strong>und</strong> vor allem<br />
Obersendling. Die Wohnungen waren<br />
einst dazu da, Siemens-Mitarbeitern bezahlbaren<br />
Wohnraum zu bieten. Insbesondere<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg war<br />
das ein wichtiges Zusatzangebot neben<br />
dem bloßen Gehalt, mit dem Siemens um<br />
Mitarbeiter warb. Im Lauf der Jahrzehn-<br />
Nie war ein Zeppelin in der Zeppelinhalle.<br />
Hans Bauer muss das<br />
wissen. Er ist nicht nur der Bezirksausschuss-Vorsitzende,<br />
sondern als dreifacher<br />
Schulrektor auch Nutzer der Halle<br />
mit dem ungewöhnlichen Dach an<br />
der Hofmannstraße 42. Die von der<br />
Stadt München getragenen Einrichtungen<br />
Fachschule für Farb- <strong>und</strong> Lacktechnik,<br />
Meisterschule für das Maler<strong>und</strong><br />
Lackiererhandwerk <strong>und</strong> Berufsschule<br />
für Farbe <strong>und</strong> Gestaltung haben<br />
3000 Quadratmeter, ein Drittel der<br />
gesamten Fläche, mit Schleifräumen<br />
<strong>und</strong> Lackieranlagen ausgestattet.<br />
Den Namen hat die Halle vom Volksm<strong>und</strong><br />
wegen ihrer Form erhalten. Gebaut<br />
worden war sie als Eisengießerei:<br />
Hergestellt wurde hier „alles, was man<br />
zu Beginn des vorigen Jahrh<strong>und</strong>erts so<br />
brauchte. Sicher auch Kanonenkugeln“,<br />
sagt Bauer. Ihre großen Portale<br />
erhielt sie, als sie in den 1920er-Jahren<br />
zum Depot für Trambahnen wurde.<br />
Fünf Gleise führten damals in das Bauwerk.<br />
Das ging so lange, bis die<br />
U-Bahn nach Fürstenried fuhr. Danach<br />
diente die Halle dem Straßenunterhalt<br />
als Sommerlager für Winterdienstfahrzeuge.<br />
Derzeit sind neben Bauers Schulen<br />
auch die Katastrophenschützer hier<br />
zentral zusammengefasst. Jederzeit<br />
startbereit stehen die Fahrzeuge <strong>und</strong><br />
Maschinen, die nur bei Übungen <strong>und</strong><br />
te wurde dies unüblicher, mehr <strong>und</strong> mehr<br />
Menschen leisteten sich private Räume<br />
unabhängig von ihrem Arbeitgeber. Als<br />
Siemens dann den Entschluss fasste, wie<br />
das in der Wirtschaftssprache heißt, sich<br />
auf das Kerngeschäft zu konzentrieren,<br />
waren die Tage der Betriebswohnungen<br />
gezählt. Allerdings ließ man sich beim<br />
Verkauf ein Belegrecht für die kommenden<br />
Jahre zusichern. Und so wohnen dort<br />
nun neben vielen alt gewordenen Siemensrentnern<br />
auch einige ganz junge Siemensianer<br />
– so wie Thomas Sankauskas.<br />
Hochhausträume:<br />
Das große<br />
Wolkenkuckucksheim<br />
Der Verkauf der Wohnungen zählt dabei<br />
im Viertel zu den verträglicheren<br />
Leistungen im jahrelangen Rückzug von<br />
Siemens aus Obersendling. Man schätzt<br />
den Umstand, dass der Konzern in diesem<br />
Fall auf das denkbare Höchstgebot<br />
eines Spekulanten verzichtet hat <strong>und</strong><br />
statt dessen Käufer zum Zug kommen<br />
ließ, die die Wohnungen selbst halten<br />
möchten <strong>und</strong> an langfristigen Mietverhältnissen<br />
interessiert sind.<br />
An sich aber hatte der Konzern Anwohner,<br />
die an der Entwicklung des Viertels<br />
interessiert sind, spätestens um die Jahrtausendwende<br />
vergrätzt. Damals hegte<br />
Siemens noch große Pläne für den Standort,<br />
die bestehenden Gebäude sollten<br />
zum Großteil einer neuen Bebauung weichen,<br />
zusätzlich zum Hochhaus aus dem<br />
Jahr 1963 mit seinen 22 Stockwerken sollten<br />
zwei weitere Hochhäuser entstehen,<br />
das eine anderthalb-, das andere gar<br />
zweimal so hoch. „Isar-Süd“ nannte Siemens<br />
sein Projekt, andere nannten es<br />
schlicht „größenwahnsinnig“: In den Reihen<br />
des örtlichen Bezirksausschusses<br />
war man jedenfalls schon früh skeptisch,<br />
ob der ambitionierte Plan – Büroraum<br />
für 25 000 Arbeitsplätze hätte ebenso entstehen<br />
sollen wie 1500 weitere Wohnungen<br />
– jemals umgesetzt werden würde,<br />
von einem „Wolkenkuckucksheim“ war<br />
die Rede. Spätestens 2004 hatte der Entwurf<br />
dann auch rein formal keine Chance<br />
mehr – Alt-Oberbürgermeister Georg<br />
Kronawitter hatte erfolgreich ein Bürgerbegehren<br />
gegen Hochhausbauten jenseits<br />
der 100 Meter initiiert, der Plan für<br />
das 148-Meter-Haus war damit Makulatur.<br />
Freilich änderte das am Abriss etlicher<br />
Gebäude auf dem Areal nichts<br />
mehr.<br />
Und mit den Gebäuden wurden auch<br />
die Mitarbeiter weniger. Statt den Standort<br />
massiv auszubauen <strong>und</strong> zu erneuern,<br />
setzte ein beispielloser Niedergang ein,<br />
an dessen Ende von den einst weit mehr<br />
als 20 000 Mitarbeitern allenfalls noch<br />
700 zum Konzern gehörige Beschäftigte<br />
an der Hofmannstraße arbeiteten. Reste<br />
der Kommunikationssparte finden sich<br />
heute doch noch am alten Standort: Gigaset<br />
entwickelt als eigenständiges Unternehmen<br />
bis heute Schnurlostelefone vorwiegend<br />
für Privatk<strong>und</strong>en, Siemens Enterprise<br />
Communications verkauft nach<br />
wie vor Telefonanlagen für Firmen, Siemens<br />
ist hier zumindest noch beteiligt.<br />
Der Tipp<br />
Zeppelinhalle: Straßenbahnen <strong>und</strong> Kanonenkugeln<br />
in einem Ernstfall ausrücken – den<br />
Bauer allerdings hier noch nie erlebt<br />
hat.<br />
Allenfalls H<strong>und</strong>estaffeln, die vor<br />
der Halle trainieren, starteten manchmal<br />
in Erdbebengebiete, weiß der<br />
Mann, dessen Tage als Schulleiter in<br />
der Halle gezählt sein dürften: Ganz aktuell<br />
habe die Stadt neue Pläne für eine<br />
Aufwertung r<strong>und</strong> um den Ratzinger-<br />
Pläne für das ehemalige Siemens-Gelände<br />
Siemens-Hochhaus<br />
Pflegeheim<br />
Platz für chinesisches Konsulat<br />
Planung für das ehemalige Siemensgelände (oben), Investor Hubert Haupt, das Siemens-Hochhaus als Wahrzeichen des alten<br />
Firmenstandorts: Eine Zeit kühner Projekte. Fotos: Hubert Haupt Immobilien/SZ-Grafik, Catherina Hess, Robert Haas<br />
Charakteristisch für das Stadtviertel waren<br />
in diesen Jahren auch rote Fahnen:<br />
Immer wieder rief die IG Metall die Mitarbeiter<br />
zu Protestk<strong>und</strong>gebungen auf<br />
der Straße auf, mal äußerten die Beschäftigten<br />
ihren Unmut direkt vor den Werkstoren,<br />
Inzwischen bewegen sich die Dinge<br />
auf dem großen Areal. Seit 2008 gehört<br />
der wesentliche Teil davon dem früheren<br />
Rennfahrer Hubert Haupt, der als einen<br />
Teil seiner Geschäftstätigkeit mit Immobilien<br />
handelt <strong>und</strong> solche entwickelt.<br />
„Ich will nicht irgendwelchen Trends hinterherlaufen,<br />
ich will sie setzen“, sagt<br />
Haupt. „Als die Entscheidung zu treffen<br />
war, hieß es: Was will man da in dieser<br />
Brache. Das ganze Gelände war nicht<br />
sehr positiv behaftet.“ Das will er nachhaltig<br />
ändern, <strong>und</strong> so entsteht r<strong>und</strong> um<br />
den Büroturm eine kleine Stadt in der<br />
Stadt.<br />
„Vorbild ist das gute alte Stadtviertel,<br />
in dem man vom Kindergarten bis zum<br />
Seniorenheim sein ganzes Leben verbringen<br />
kann“, heißt es dazu in einer Werbebroschüre.<br />
Ob ein von Immobilienent-<br />
platz ausarbeiten lassen. Dabei spiele<br />
auch diese attraktive Location eine<br />
Rolle, so Bauer, den das als BA-Vorsitzender<br />
sehr freut: Ob in die Zeppelinhalle<br />
das Kinder- <strong>und</strong> Jugendmuseum<br />
einziehe, ob sie für Ateliers umgebaut<br />
werde oder ob künftig Gastronomie<br />
Gäste locke – sie werde endlich öffentlich<br />
zugänglich sein.<br />
Renate Winkler-Schlang<br />
Wohnungen<br />
Simulation: Hubert Haupt Immobilien; Beschriftung: SZ<br />
Geschäfte, Gastronomie<br />
Platz für weitere Büros<br />
Gr<strong>und</strong>schule<br />
S7 Siemenswerke<br />
wicklern geplantes Areal diesem Anspruch<br />
tatsächlich gerecht werden kann?<br />
Es gibt schließlich auch in München Beispiele,<br />
wo derartige Konzepte nur teilweise<br />
erfolgreich waren. Auch der Arabellapark<br />
im Nordosten der Stadt behauptet<br />
seit seiner Entstehung, genau das zu bieten.<br />
Wohnen, leben <strong>und</strong> arbeiten – die<br />
Möglichkeiten zu alldem gibt es dort freilich.<br />
Nur blöd, dass das jeweils unterschiedliche<br />
Leute tun, sagen Spötter.<br />
Den geschäftstüchtigen Hubert Haupt<br />
ficht so etwas nicht an. Gemeinsam mit<br />
einer Reihe von Bauträgern zieht er die<br />
Gebäude wie geplant hoch, seit die<br />
Stadt Ende 2010 den Bebauungsplan<br />
abgenickt hat. Östlich der S-Bahnlinie<br />
entstehen dabei praktisch ausschließlich<br />
Wohnungen. Herausragend<br />
sind dabei die sogenannten<br />
Punkthäuser – fünf bis zu 16 Stockwerke<br />
hohe Gebäude. Auf der anderen<br />
Seite der Gleise soll es gemischter<br />
zugehen. Für das tägliche Leben<br />
gibt es hier einen großen Komplex<br />
mit Supermarkt <strong>und</strong> Discounter,<br />
Arztpraxen <strong>und</strong> Apotheke, dazu kommen<br />
Büroflächen. Die Innere Mission<br />
München wird ein Pflegeheim für 200<br />
Bewohner betreiben. Nördlich des bestehenden<br />
Siemens-Hochhauses sollen 300<br />
Studenten in einem Wohnheim Platz finden<br />
– in unmittelbarer Nähe des Areals<br />
hat sich eine Sprachschule niedergelassen.<br />
Die Jüngsten können Kindertagesstätte<br />
<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schule besuchen.<br />
In ihrer Nachbarschaft sollen weitere<br />
Büros entstehen. Unabhängig von Hubert<br />
Haupts Plänen hat sich die Volksrepublik<br />
China einen Teil des einstigen Siemens-Areals<br />
gesichert. Sie will im Nordosten<br />
des Geländes ihr Generalkonsulat<br />
neu bauen, die jetzigen Räumlichkeiten<br />
am Romanplatz sind den Chinesen zu<br />
eng.<br />
„Ich laufe nicht<br />
den Trends hinterher –<br />
ich will sie setzen.“<br />
Ob all diese Neuerungen im bestehenden<br />
Viertel gut ankommen, ist dabei<br />
noch offen. Es gibt Streitereien um die<br />
Breite einer Unterführung der Bahnlinie,<br />
<strong>und</strong> über die Pläne zur Zukunft des<br />
sanierungsbedürftigen Siemens-Hochhauses<br />
fühlen sich Anwohner schlecht informiert,<br />
was einigen Unmut schafft.<br />
Gut, dass wenigstens einige neue Bewohner<br />
von einstigen Konzernwohnungen<br />
r<strong>und</strong>um zufrieden sind mit ihrer Situation.<br />
Lesen Sie in der nächsten Folge am<br />
Dienstag: Nymphenburg.<br />
Das Buch zur Stadtviertel-Serie der SZ-Regionalredaktion<br />
erscheint am 12. November. Es<br />
kann bereits jetzt vorbestellt werden unter:<br />
www.sz-shop.de/stadtviertel, telefonisch unter<br />
der Nummer 089 / 2183 - 1810, per Fax<br />
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Die Redaktion wird das Buch auf einer kleinen<br />
Lesetour vorstellen, nämlich am 24. November<br />
im Wappensaal des Hofbräuhauses, am<br />
29. November im Wirtshaus „Zum Hirschen“,<br />
Solln, am 1. Dezember in der Schlosswirtschaft<br />
Schwaige, Nymphenburg, <strong>und</strong> am<br />
6. Dezember im Aumeister. Beginn ist<br />
jeweils um 19.30 Uhr, Eintritt frei.<br />
Obersendling: Zahlen <strong>und</strong> Fakten<br />
Lage: Obersendling ist ein Industriegebiet<br />
mit in Gewerbeflächen eingebetteten Wohnquartieren<br />
im Münchner Südwesten. Neben<br />
Klein- <strong>und</strong> Mittelstandsbetrieben ist<br />
hier vor allem Siemens vertreten. Obersendling<br />
grenzt im Osten an der Isarhangkante<br />
an Thalkirchen, im Westen südlich des Südparks<br />
entlang der Drygalski-Allee an Forstenried.<br />
Jenseits der Wilbrechtstraße <strong>und</strong><br />
der Becker-G<strong>und</strong>ahl-Straße im Süden liegt<br />
der Stadtteil Solln. An Mittersendling im<br />
Norden grenzt Obersendling auf Höhe der<br />
Illing-, Ohlenschlager <strong>und</strong> Steinerstraße.<br />
Obersendling umfasst 377 Hektar Fläche<br />
<strong>und</strong> wird derzeit von r<strong>und</strong> 17 000 Menschen<br />
bewohnt.<br />
Geschichte: „Sentilinga“ taucht erstmals<br />
in einer zwischen den Jahren 779 <strong>und</strong> 806<br />
ausgestellten Urk<strong>und</strong>e auf. Allerdings war<br />
das Obersendlinger Gebiet im Vergleich zu<br />
Unter- <strong>und</strong> Mittersendling äußerst spärlich<br />
besiedelt. 1795 existierten in Obersendling<br />
zwischen ausgedehnten Äckern, Wiesen<br />
<strong>und</strong> Wäldern gerade einmal sieben Häuser.<br />
Obersendling wurde 1818 der Gemeinde<br />
Thalkirchen zugeschlagen <strong>und</strong> mit ihr zusammen<br />
1900 eingemeindet. Seine heutige<br />
Gestalt erhielt der Stadtteil im Wesentlichen<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg, vor allem<br />
durch die Ansiedlung der Firma Siemens.<br />
Die vielen Arbeitsplätze – bereits im<br />
Jahr 1962 hatte Siemens 240 000 Mitarbei-<br />
Es war einmal<br />
ein Standort<br />
Als noch 20 000 Menschen hier<br />
bei Siemens arbeiteten<br />
Der Ursprung war die Isar: Zumindest<br />
in der Namensgebung spielte der wichtigste<br />
Fluss in München eine Rolle, als<br />
Siemens im Jahr 1927 erstmals auf dem<br />
Gelände in Obersendling auftauchte, das<br />
in späteren Jahrzehnten zum größten<br />
Standort der Welt werden sollte. Die „Isaria-Zählerwerke“<br />
hatten dort ihre Entwicklungs-<br />
<strong>und</strong> Produktionsstätten, <strong>und</strong><br />
wie der Name es andeutet, baute das Unternehmen<br />
Stromzähler. Der angehende<br />
Elektronik-Weltkonzern, der damals<br />
noch Siemens & Halske hieß <strong>und</strong> seinen<br />
Sitz in Berlin hatte, kaufte die Zählerwerke<br />
<strong>und</strong> verleibte sich auch das dazu gehörige<br />
Gr<strong>und</strong>stück ein. Schon ein Jahr später<br />
entstanden auf dem Gelände die „Vereinigten<br />
Bayerischen Telefonwerke<br />
AG“, um somit in einem weiteren zukunftsträchtigen<br />
Geschäftsfeld aktiv zu<br />
sein. Produktion, Entwicklung <strong>und</strong> Absatz<br />
liefen gut, so dass der Platz bald<br />
knapp wurde. 1940 kaufte Siemens &<br />
Halske deswegen den ehemaligen Rennplatz<br />
südlich der Kistlerhofstraße. Zusammen<br />
maß das Gelände jetzt 40 000<br />
Quadratmeter.<br />
Ein Hoffnungszeichen –<br />
mit malerischem<br />
Namen: „Isarbelle“<br />
Um genau diese Fläche wuchs das Konzern-Areal<br />
nach dem Krieg ein weiteres<br />
Mal: 1950 sicherte sich Siemens & Halske<br />
zusätzliche 40 000 Quadratmeter an<br />
der Hofmannstraße <strong>und</strong> begann 1952 mit<br />
dem Bau des Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungszentrums<br />
für die Nachrichtentechnik.<br />
Im selben Jahr wurde das gesamte<br />
Telefon- <strong>und</strong> Nachrichtentechnik-Geschäft<br />
von Berlin nach München verlagert.<br />
Die Konsequenz: Der Standort Siemens<br />
Hofmannstraße (1966 strich der<br />
Konzern den Namensbestandteil Halske)<br />
wurde zu einem der größten nachrichtentechnischenEntwicklungszentren<br />
Europas. Wichtige Entwicklungen<br />
waren etwa das Koaxialkabel, das bis zu<br />
960 Ferngespräche übertragen konnte.<br />
Auch wesentliche Fortschritte in der Telex-Fernschreiber-,<br />
Daten- <strong>und</strong> Halbleitertechnik<br />
hatten ihren Ursprung in der<br />
Hofmannstraße. Ein Schwerpunkt in<br />
den 1960er Jahren war bereits die Forschung<br />
an der Datenverarbeitungs-Technik.<br />
In den 1980er Jahren wurden die technischen<br />
Gr<strong>und</strong>lagen für die digitale Telekommunikation<br />
maßgeblich an der<br />
Hofmannstraße entwickelt. Die ersten<br />
ISDN-Netze entstanden, <strong>und</strong> der<br />
Standort erlebte mit mehr als<br />
20 000 Beschäftigten seine Blütezeit.<br />
Bis heute sichtbares<br />
Ergebnis sind die Bürogebäude<br />
des New Yorker<br />
Architekten Richard<br />
Meier, die 1989 errichtet<br />
wurden.<br />
Bald darauf begann<br />
der Niedergang<br />
des Standorts<br />
mit seinen<br />
zahlreichen Stellenstreichungen<br />
<strong>und</strong><br />
dem Abriss vieler<br />
Gebäude. Der große<br />
Fluss durch München<br />
wird indes<br />
auch in Zukunft<br />
noch eine Rolle spielen<br />
auf dem Areal, das<br />
gar nicht so nahe an dem<br />
Strom liegt: Ein Bauträger,<br />
der östlich der Bahnlinie neue<br />
Wohnhäuser errichtet, nennt sein<br />
Vorhaben „Isarbelle“. Michael Tibudd<br />
ter – zogen Menschen an, es entstanden immer<br />
neue Wohnanlagen <strong>und</strong> Münchens erste<br />
Hochhäuser. In den vergangenen Jahren<br />
wurden viele Gewerbeflächen in Wohnflächen<br />
umgewandelt.<br />
Persönlichkeiten: Gebürtiger Obersendlinger<br />
ist der Sänger, Jodler <strong>und</strong> Musiker<br />
Franzl Lang, der 1968 mit dem Kufsteinlied<br />
bekannt wurde. In der Zielstattstraße lebt<br />
<strong>und</strong> arbeitet der Kalligraf, Mosaik- <strong>und</strong> Glaskünstler<br />
Andreas Armin d’Orfey, der in Kirchen<br />
von Rom bis Krakau gewirkt hat. Viele<br />
Persönlichkeiten waren <strong>und</strong> sind auch auf<br />
der Schießstätte der königlich privilegierten<br />
Haupt-Schützengesellschaft in der Zielstattstraße<br />
anzutreffen. Jakob Wetzel<br />
A 95<br />
Südpark<br />
München<br />
Zeppelinhalle<br />
ehemaliges<br />
Siemensgelände<br />
SZ-Karte<br />
Obersendling<br />
500 m<br />
Siemenswerke<br />
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Inhaber<br />
Hans Majeron<br />
Bäckermeister –<br />
Konditormeister<br />
„Unser bestes Brot“<br />
Heinz Hoffmann, Obermeister der Bäcker-Innung München zeichnet 22 Betriebe für sehr gute <strong>und</strong> gute Leistungen aus<br />
Zum 39. Mal seit 1973 wird die Brotprüfung für die Münchner<br />
Handwerksbäcker in ununterbrochener Reihenfolge durchgeführt.<br />
Das große Interesse zeigt die Wertigkeit des Brotes als<br />
Gr<strong>und</strong>nahrungsmittel. Die diesjährige Brotprüfung stand unter<br />
dem Motto „Unser bestes Brot“. 22 Betriebe, r<strong>und</strong> ein Drittel der<br />
Münchner Innungsbäcker, haben 367 Brote zur Brotprüfung eingereicht.<br />
Das zeigt die Stärke des Handwerks – die Produktvielfalt,<br />
aus der jeder Verbraucher das Brot heraussuchen kann, das<br />
ihm am besten schmeckt. Auch zeigt es das Qualitätsbewusstsein<br />
<strong>und</strong> den Lernwillen der Innungsbetriebe. Denn sollte ein Brot nicht<br />
so gut abschneiden – erhält der Betrieb Hinweise, was künftig<br />
besser zu machen ist. Bei den Betrieben sind nicht nur Vielfalt,<br />
sondern auch Qualität zu finden. Alle geprüften Brote stammen<br />
aus der Backstube einer Münchner Bäckerei. Dort sind sie mit der<br />
Rezeptur eines Bäckermeisters gebacken worden. Dagegen lassen<br />
sich Backshops Teiglinge liefern, die dann im Ladenbackofen<br />
nur noch aufgebacken werden. Von den Broten, die mit einem<br />
Goldzertifikat ausgezeichnet wurden, lässt sich zu Recht behaupten,<br />
dass sie „unser bestes Brot“ sind.<br />
Goldzertifikate 2011<br />
Manfred Stiefel, ein 49-jähriger Bäckermeister aus Berlin<br />
mit einer Zusatzausbildung zum Brotprüfer, hat bereits im Juni<br />
die genannten 367 Brote geprüft. Stiefel ist unabhängiger Sachverständiger<br />
des Instituts für die Qualitätssicherung von Back -<br />
waren, das im Auftrag des Deutschen Bäckerhandwerks<br />
b<strong>und</strong>esweit Backwaren prüft <strong>und</strong> Verbraucher auf seiner Website<br />
www.brot-test.de über die Ergebnisse informiert.<br />
Bei der Beurteilung werden Geschmack, Geruch, Form, Oberflächen-<br />
<strong>und</strong> Krusteneigenschaften, Lockerung, Krumenbild sowie<br />
Struktur <strong>und</strong> Elastizität eines jeden Brotes bewertet. Selbst<br />
der Säuregrad kann bei einer sensorischen Unsicherheit mithilfe<br />
eines mobilen Laborgeräts überprüft werden. Falls ein Brot nicht<br />
zu 100 Prozent einwandfrei sein sollte, erhalten unsere Betriebe<br />
sofort eine Fehleranalyse mit Abhilfemaßnahmen. Das Spektrum<br />
der geprüften Brote reicht vom normalen Mischbrot über verschiedenste<br />
Bauernlaibe, Vollkornbrote, Olivenbrote bis zu neuen<br />
Kreationen wie einer Senfkruste.<br />
Qualitätsprüfer Manfred Stiefel konnte 156 mal „Gold“ vergeben.<br />
„Sehr gut“, also „Gold“ wird bei den sehr strengen Krite-<br />
rien nur beim Erreichen der maximal möglichen Punktzahl 100<br />
vergeben. 173 der handwerklich hergestellten Brote wurden mit<br />
„gut“, also „Silber“ bewertet, erhielten also mindestens 90 von<br />
100 möglichen Punkten. Die Bäcker-Innung München meint, dass<br />
es über die Goldbewertung hinaus zudem eine besondere Leistung<br />
ist, wenn ein Betrieb dasselbe Produkt 3 Jahre lang hintereinander<br />
in bester Qualität anbieten kann <strong>und</strong> hat für diejenigen<br />
einen Leistungspreis geschaffen. 15 Betriebsinhaber haben den<br />
Preis erhalten <strong>und</strong> es geschafft, nicht nur einmal Spitzenqualität<br />
zu liefern, sondern ununterbrochen drei Jahre hintereinander.<br />
Den Leistungspreis als höchste zu vergebende Auszeichnung<br />
des Münchner Bäckerhandwerks für hervorragende <strong>und</strong> gleichbleibende<br />
Qualität bei drei aufeinanderfolgenden Prüfungen erhielten:Bäckerei<br />
Max Aumüller, Bäckerei Brücklmaier, Dümig<br />
Backhaus, Bäckerei Götz, Bäckerei Heinz Hoffmann, Bäckerei<br />
Reicherzer, Bäckerei Riedmair, Bäckerei Reis, Max Rischart’s<br />
Backhaus, Bäckerei Schmidt, Bäckerei Maximilian Stadler,<br />
Bäckerei Heinrich Traublinger, Bäckerei Martin Wimmer, Bäckerei<br />
Ziegler <strong>und</strong> die Bäckerei Vinzenz Zöttl.<br />
Goldurk<strong>und</strong>en als höchste zu vergebende Auszeichnung des Zentralverbandes des Deutschen<br />
Bäckerhandwerks e. V. für hervorragende Qualität bei der freiwilligen Qualitätsprüfung<br />
Bäckerei Max Aumüller, Inhaber: Franz Ehrnthaller, München, Ciabatta, Nussbrot, Hoffmanns Kornlaib, Ring-Nussbrot, Bäckerei Maximilian Stadler, München, Einsteinstr. 86 Bündner<br />
Baumkirchner Str. 13 Kürbiskernbrot, Baumkirchner Bauernlaib, Kastenweißbrot, Landbrot, Roggenlaiberl, Korianderbrot, Würzli, Nußbrot, Sonnenblumenbrot, Kürbiskernbrot, Roggenbaguette<br />
Pane Rusticano, Mailänder Brot, Dinkelvollkornbrot, Zwiefaches Sonnenblumenbrot, Schweizer Brot, Ciabatta<br />
Bauernbrot, Jubiläumsbrot, Vollkornsonne, Vollkornkarotte, Butter-<br />
Bäckerei Heinrich Traublinger, München, Oskar-Maria-Graf-Ring<br />
toast, Langes Zwiefaches, Vollkorn-Buttertoast, Walnußbrot, Tosca- Bäckerei Reicherzer, München, Limesstr. 69 Bärlauchbrot, 17 Elsässer Bauernbrot, Bierbrot, Dinkelvollkornbrot, Butter Vollnabrot,<br />
Olivenbrot, Mozarella Spitz<br />
Toscana Olive, Senfkruste, Toscana Brot, Bio Landler, Bio-Butterkorn Toast, BIO Roggenmischbrot, Vollkornbrot fein, BIO Dinkelvollmilchbrot,<br />
Bio-Mehrkorn-Quark-Brot<br />
kornbrot, Roggenbaguette, Olivenbaguette, Zwiebelbaguette, Wal-<br />
Bäckerei Brücklmaier, München, Neubiberger Str. 11 Biergarnuß-Baguette,<br />
Schwarzwälder Laib, Münchner Hausbrot 500g, Ratenbrot,<br />
Ciabatta, Ciabatta Tomate, Dinkelvollkornbrot, Kasten- Bäckerei Riedmair, Garching-Hochbrück, Dieselstr. 17 Toastmersdorfer Spezial, BIO Kornbrot, Blütenkruste, BIO Kürbis-Jogweißbrot,<br />
Bauernbrot, Perlacher Spezial, Flutes, Kraftkornbrot, brot, Feta Ring, Dinkelkornbrot<br />
hurt-Brot 500g, Münchner Hausbrot 1000g, Semmelwecken, Rog-<br />
Wurzelbrot, Junggesellen-Laiberl<br />
gen Leinsamenbrot, Gewürzlaib, Manjaller, Brioche-Toast, Kasten<br />
Bäckerei Reis, Inh. Hans Majeron, München, Festingstr. 4 Öko Weißbrot, Bärlauch-Quark-Brot, Sauerkrautbrot, Sonnenblumen-<br />
Backhaus Dümig, Haar, Salmdorfer Str. 1 Salmdorfer Gewürz- Holzofenbrot rustikal, Französisches Landbrot, Öko Dinkelbrot mit brot hell, Fränkisches Landbrot, Doppelkrustiges Bauernbrot, Totes,<br />
Kornbeißer, Salmdorfer Sonne, Kürbiskernbrot, Kartoffelbrot, Sonnenblumen, Öko-Kornmuggerl, Zirmbrot<br />
skana, Roggen Vollkorn Brot, Bio 4-Korn-Quark-Brot 500g, Butter<br />
Salmdorfer Brotzeitlaib<br />
Toast, Dreikornkruste, Alpenlaib, Kartoffelbrot 500g, Kornbrot, Son-<br />
Max Rischart’s Backhaus, München, Marienplatz 18 Stangennenblumenbrot Bäckerei Josef Fiegert, Ottobrunn, Mozartstr. 73 Pf<strong>und</strong>laiberl, weißbrot, Walnussbrot, Paillasse dunkel, Paillasse hell, Französi-<br />
Hausbrot<br />
sches Bauernbrot, Ciabatta, Rüblibrot, Griechisches Bauernbrot, Bäckerei Martin Wimmer, München, Helene-Wessel-Bogen 6<br />
Olivenbrot, Blütenkruste, Kartoffelweckerl, Alm-Brot, Finnenbrot, Schwabinger Gewürzlaib 2000g, Bio Kürbiskernbrot, Bio Sechs-<br />
Boulangerie, Au Beau Moulin, Inh. Charles General, München, Dinkelbrot, Vierkornbrot, Sonnenblumenkruste, Pugliese, Pugliese- kornbrot, Dinkel Pur, Schwabinger Fünfkornlaib, Delikatessbrot<br />
Everbuschstr. 3 Pain Boulot 500g, Pain baguette, Bouloliv 500g Stange<br />
Bäckerei Ziegler, München, Gneisenaustr. 20 Zehntner Brot,<br />
Bäckerei Christoph Götz, Taufkirchen, Tölzer Str. 6 Finnenbrot, Bäckerei, Walter Schuhmaier, München, Ludwigsfelder Str. 1 Zwirbelbrot, Toskanabrot<br />
Dinkelvollkornbrot<br />
Menzinger Bauernbrot<br />
Bäckerei Vinzenz Zöttl, München, Adi-Maislinger-Str. 12<br />
Bäckerei Heinz Hoffmann, München, Reutterstr. 42 Italienisches Bäckerei Paul Schmidt, Inhaber: Markus Schmidt, München, Fränkischer Wecken, Kürbiskernbrot, Vollwert Roggenbrot, Italieni-<br />
Landbrot, Brotzeitlaiberl, Laimer Urlaib, Malzsonnenblumenbrot, Steinstraße 27 Bauernkruste, Toscanabrot, Olivenkruste, Pane sches Weißbrot<br />
Pf<strong>und</strong>weckerl, Wurzelbrot, Baguette 500g, Simon-Knoller, Oliven Italiano<br />
Diese Innungsfachbetriebe haben an der Brotprüfung 2011 teilgenommen.<br />
Max Aumüller, Inh. Franz Ehrnthaller,<br />
Baumkirchner Straße 13<br />
Georg Brücklmaier, Neubiberger Straße 11<br />
Backhaus Dümig, Haar, Salmdorfer Straße 1<br />
Josef Fiegert, Ottobrunn, Mozartstraße 73<br />
Bäckerei Floß, Pullach, Kirchplatz 2<br />
81479 München<br />
Festingstraße 4<br />
Telefon 79 47 64<br />
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Heinz Hoffmann, Reutterstraße 42<br />
Martin Reicherzer, Limesstraße 69<br />
Bäckerei Reis, Inhaber Hans Majeron, Festingstraße 4<br />
Bäckerei Riedmair, Garching-Hochbrück<br />
Dieselstraße 17<br />
Max Rischart's Backhaus, Marienplatz 18<br />
Paul Schmidt, Inhaber Markus Schmidt,<br />
Steinstraße 27<br />
Walter Schuhmair, Ludwigsfelder Straße 1<br />
Bäckerei Sedlmayr, Aldrianstraße 1<br />
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Seite R 14 / <strong>Süddeutsche</strong> <strong>Zeitung</strong> Nr. 243 Freitag, 21. Oktober 2011<br />
KULTUR<br />
Spannungsgeladen<br />
Hèctor Parras „Stress Tensor“ bei der Münchener Biennale<br />
München – Die Komplexität der Musik<br />
spiegele für ihn die Komplexität der<br />
Natur wider. Der Satz des 1976 geborenen<br />
spanischen Komponisten Hèctor<br />
Parra hätte auch vor mehreren Jahrh<strong>und</strong>erten<br />
fallen können. Aber in der Uraufführung<br />
seines Werks „Stress Tensor“<br />
bei der Münchener Biennale wurde deutlich,<br />
dass sich nicht nur die künstlerische<br />
Technik, sondern eben auch das Bild der<br />
Natur einschneidend verändert hat, seit<br />
kosmologische Spiegelargumente im<br />
Schwange sind.<br />
Der Titel des Auftragswerks der Stadt<br />
München bezieht sich auf einen Einsteinschen<br />
Begriff zur Krümmung der Raumzeit<br />
– <strong>und</strong> so verw<strong>und</strong>erte es nicht, dass<br />
Peter Ruzicka, der das Gesprächskonzert<br />
in der Black Box im Gasteig moderierte,<br />
„Stress Tensor“ als das komplizierteste<br />
Stück bezeichnete, das je in der Reihe<br />
„Klangspuren Plus“ aufgeführt worden<br />
München – Man kommt ins I-Camp, <strong>und</strong><br />
da liegt schon ein Toter. Unter einer weißen<br />
Plane. Vier Männer stehen drumherum,<br />
alle schauen aus wie Pfarrer, aber<br />
nur einer von ihnen ist echt. Ein anderer<br />
singt „Wohin soll ich mich wenden“, er<br />
ist Totengräber <strong>und</strong> der Regisseur des<br />
w<strong>und</strong>ersamen Abends, Stefan Kastner.<br />
In seinem vierten Stück presst Stefan<br />
Kastner all das, was er bislang vertikal<br />
(„Bergsteiger“) <strong>und</strong> horizontal („Heraklit“)<br />
an philosophischen Geglitzer ausgebreitet<br />
hat dorthinein, wo die Stadt zu<br />
Ende ist. „Im Enddarm der Stadt“ heißt<br />
der Abend, was natürlich eine riesengroße<br />
Metapher ist, für das allerdings, was<br />
es im Wortsinn tatsächlich auch bedeutet.<br />
Im Enddarm also muss man aufpassen<br />
vor den Ausscheidungen der Stadt,<br />
sonst geht es einem wie dem Schuster –<br />
das ist der unter der Plane. Wobei unter<br />
der Plane eigentlich nichts ist. Aber in<br />
München – Beat Fäh biedert sich nie an<br />
sein Publikum an. Das hat er schon im<br />
letzten Jahr nicht getan, als er an der<br />
Schauburg erfolgreich Nuran David Calis<br />
Bearbeitung von Wedekinds „Frühlings<br />
Erwachen“ ohne Jugendsprech auf<br />
die Bühne brachte. Das macht er auch<br />
diesmal nicht mit seiner Inszenierung<br />
von Shakespeares Drama „Der Sturm“.<br />
Das ist umso mutiger als der „Sturm“<br />
ein vielschichtiges Stück ohne eigentliche<br />
Handlung ist. In diversen Personenkonstellationen,<br />
mit Prospero als Fäden<br />
ziehendem Magier im Mittelpunkt, werden<br />
Fragen nach Macht- <strong>und</strong> Machtmissbrauch,<br />
nach Führung <strong>und</strong> Verführung<br />
gestellt. Sie betreffen die Politik ebenso<br />
wie den zwischenmenschlichen Bereich.<br />
Der Schweizer setzt auf Texttreue. Das<br />
Bühnenbild ist schlicht, gleichwohl vielschichtig:<br />
Ein roter Vorhang <strong>und</strong> eine<br />
München – Beide haben Germanistik studiert,<br />
<strong>und</strong> beide verstehen es, gewitzt<br />
Menschliches zu beschreiben. Nun verbindet<br />
Jörg Maurer <strong>und</strong> Hans Pleschinski<br />
auch der Ernst-Hoferichter-<br />
Preis 2012, mit dem sie am 19. Januar im<br />
Literaturhaus ausgezeichnet werden.<br />
Maurer, 1953 in Garmisch-Partenkirchen<br />
geboren, sei nicht nur ein begnadeter<br />
Musikkabarettist, sondern auch ein<br />
Autor mit viel Sinn für absurde Situationen,<br />
der sich mit Geschichten über die<br />
„Rätsel der deutschen Sprache“ den<br />
Schreibfinger gelockert habe, so die Begründung<br />
der Jury. Pleschinski zeichne<br />
eine Eleganz der Gedanken wie ihrer Formulierung<br />
aus, ein leichter Sinn – doch<br />
kaum je Leichtsinn. Der mit je 5000 Euro<br />
dotierte Preis wird seit 1975 an freischaffende<br />
Münchner Künstler aus dem Bereich<br />
Literatur <strong>und</strong> Kabarett vergeben.<br />
Doris Dörrie, Jörg Hube, Ellis Kaut <strong>und</strong><br />
seit diesem Jahr Kerstin Specht <strong>und</strong> Jan<br />
Weiler gehören zu den Preisträgern. bub<br />
Kurzkritik<br />
Was bleibt<br />
sei. Doch so abstrakt diese Musik auch<br />
ist, sie erschloss sich dennoch den<br />
Sinnen. Das war nicht zuletzt das Verdienst<br />
des Sextetts unter der Leitung des<br />
Komponisten, das mit Virtuosität <strong>und</strong><br />
stupender Genauigkeit durch Spaltungen<br />
<strong>und</strong> Fusionen an den Bruchkanten<br />
der Tonkerne entlang strich. Wie zu akustischen<br />
Moiré-Effekten überlagerten<br />
sich die Schichten, gleitend zwischen<br />
Ton <strong>und</strong> Geräusch.<br />
Begonnen hatte das Konzert mit Werken,<br />
die Parra als Prätext ausgewählt hatte,<br />
darunter Skrjabins „Weiße Messe“<br />
<strong>und</strong> Debussys Cellosonate, von Hendrik<br />
Blumenroth (Cello) <strong>und</strong> Jean-Pierre Collot<br />
(Klavier) mit Witz, aber etwas drahtigem<br />
Celloton interpretiert. Das vertrackte<br />
„Cassandra’s Dream Song“ für Flöte<br />
von Brian Ferneyhough, einem Lehrer<br />
Parras, wurde von Hanna Mangold überragend<br />
mit Leben erfüllt. Tobias Roth<br />
Stefan Kastner entdeckt den „Enddarm der Stadt“<br />
Kastners theatralem Fabulierkosmos ist<br />
ohnehin nie etwas so, wie es scheint;<br />
außer das Betriebsklima, das ist so, wie<br />
es ist, nämlich das heiterste <strong>und</strong> fre<strong>und</strong>lichste,<br />
das man sich im Theater <strong>und</strong><br />
überhaupt nur vorstellen kann.<br />
Diesmal kommt eine schlesische Adelsfamilie<br />
durch den Ausgang in die Stadt,<br />
in den Enddarm halt, in die Restgemeinde<br />
des Pfarrers Rainer Haustein. Die Adligen<br />
sind Mutter, Tochter, zwei Enkelinnen,<br />
sie wollen in den „Tannhäuser“ <strong>und</strong><br />
die Tochter, Michaela May, will die Wirtin<br />
von der Fischer-Vroni werden, ist<br />
aber blind <strong>und</strong> hat ein Venusberg-Erlebnis<br />
mit dem Pfarrer, die Frau Mama, Inge<br />
Rassaerts, ist von herrlicher Grandezza,<br />
<strong>und</strong> die Enkelinnen (Judith Huber <strong>und</strong><br />
Shirin Lotze) sind stolz auf ihre gelungene<br />
Intimpflege. Einen Ritter gibt’s auch,<br />
er kommt heim vom Kreuzzug. Und der<br />
<strong>SPD</strong> geht’s nicht gut. Egbert Tholl<br />
Mut zur Konzentration<br />
Beat Fäh inszeniert Shakespeares „Sturm“ an der Schauburg<br />
Ernst-Hoferichter-Preis<br />
für Maurer <strong>und</strong> Pleschinski<br />
Trapezstange verweisen auf die Welt als<br />
Bühne. Ein großer, nach allen Seiten hin<br />
beweglicher Holzzirkel spielt auf Prosperos<br />
Künste an. In seinem Bannkreis bewegen<br />
sich alle Protagonisten, die der von<br />
ihm heraufbeschworene Sturm auf die Insel<br />
verschlagen hat: die Bösewichter Antonio<br />
<strong>und</strong> Sebastian ebenso wie die Trunkenbolde<br />
Trinculo <strong>und</strong> Stephano <strong>und</strong><br />
nicht zuletzt Ferdinand, der sich stante<br />
pede in Prosperos Tochter Miranda verknallt.<br />
Und vice versa.<br />
Dem Publikum wird Konzentration abverlangt.<br />
Entspannen kann es sich bei<br />
den clownesken Einlagen des Luftgeistes<br />
Ariel, den es hier gleich doppelt gibt (Lucca<br />
Züchner <strong>und</strong> Markus Campana). Sowie<br />
bei Marlis Hirche, die das halbmenschliche<br />
Wesen Caliban zu einer Paraderolle<br />
im komischen Fach zu nutzen<br />
weiß. Florian Welle<br />
Karl Sibelius wird neuer<br />
Intendant in Eggenfelden<br />
Eggenfelden – Karl M. Sibelius wird neuer<br />
Leiter des Theaters an der Rott. Der<br />
1969 in Bregenz geborene Regisseur <strong>und</strong><br />
Schauspieler wechselt vom Landestheater<br />
Linz zur Spielzeit 2012/2013 nach Eggenfelden.<br />
Der Kreisausschuss hatte einstimmig<br />
für den 42-jährigen Österreicher<br />
gestimmt. Er habe an vielen größeren<br />
Häusern gespielt <strong>und</strong> inszeniert, aber<br />
er wollte schon immer Intendant werden<br />
<strong>und</strong> seine eigene Handschrift zeigen, so<br />
Sibelius in der Passauer Neuen Presse.<br />
Er hat in Wien <strong>und</strong> Berlin Schauspiel<br />
<strong>und</strong> Gesang studiert, seit 1992 ist er mit<br />
Unterbrechungen festes Ensemblemitglied<br />
am Landestheater Linz. Er gastierte<br />
unter anderem am Volkstheater Wien,<br />
am Wiener Schauspielhaus <strong>und</strong> am<br />
Münchner Volkstheater. Sibelius folgt<br />
Mario Eick nach, dessen Vertrag nicht<br />
verlängert worden war, der aber gern am<br />
Theater geblieben wäre. Er wird der vierte<br />
Intendant des Ensemble-Theaters<br />
sein, das es seit 1963 gibt. bub<br />
Von Melissa Strauch<br />
München – Sie dient schon lange nicht<br />
mehr nur dem Selbstzweck, Kunst wird<br />
konsumiert, produziert. In den 60er Jahren<br />
machten amerikanische Künstler wie<br />
Andy Warhol <strong>und</strong> Robert Rauschenberg<br />
damit Furore, dass sie hohe Stückzahlen<br />
ihrer Werke anfertigten <strong>und</strong> verkauften.<br />
Die banalen Motive – Glühbirnen, Fahrräder,<br />
Boxen aus Pappe – kamen einem<br />
Tabubruch gleich <strong>und</strong> spotteten dem Anspruch<br />
des Künstlers auf Originalität.<br />
Doch wie gut sind Kunst <strong>und</strong> Konsum eigentlich<br />
vereinbar?<br />
Im Rahmen des 11. RischArt-Projekts<br />
inszeniert Kuratorin Katharina Keller<br />
ein Kaufhaus, in dem nicht die übliche<br />
Ware angeboten wird, sondern konzeptuelle<br />
Kunst. Bis zum 30. Oktober zeigt die<br />
Ausstellung „Kunstrausch“ in den Kategorien<br />
„elektrisch“, „nützlich“ oder<br />
„stofflich“ Werke von insgesamt<br />
18 Kunstschaffenden. So bricht das Gesteck<br />
„Moribana“ der Münchner Bildhauerin<br />
Stephanie Senge mit den idealistischen<br />
Vorstellungen der Kunst <strong>und</strong> hält<br />
ihr die materielle Realität entgegen:<br />
Nach dem Vorbild des japanischen Ikebana,<br />
das aus den drei Elementen Himmel,<br />
Erde <strong>und</strong> Mensch besteht, steckt Senge<br />
belanglose Alltagsobjekte in eine Teekanne<br />
<strong>und</strong> hebt sie so aus ihrer wenig<br />
beachteten Existenz. Gürtel, Flaschenbürste<br />
<strong>und</strong> Schrubber werden nun zu<br />
Dingen, die es zu bewahren gilt. Auf diese<br />
Weise hinterfragt die Künstlerin die<br />
Wahrnehmung von Wertschätzung in<br />
der Konsumgesellschaft. Wie entsteht<br />
überhaupt der Wert einer Sache, kosteten<br />
doch ihre Materialien zusammen nur<br />
1,80 Euro?<br />
Von Wertschätzung erzählt auch<br />
Beate Passows Serie „Trade Made“, vor<br />
allem aber davon, wie Kunst <strong>und</strong> Konsum<br />
doch ineinander verwoben sind. Mit<br />
ihren Stickbildern imitiert sie Kreditkartenauszüge<br />
<strong>und</strong> nimmt den Besucher mit<br />
auf eine Reise zu den renommiertesten<br />
Kunstmessen der Welt – von der Art Basel<br />
bis zur Shanghai Contemporary. Sorgfältig<br />
dokumentiert Beate Passow ihre<br />
fiktiven Ausgaben für verschiedene Werke<br />
<strong>und</strong> ruft die desillusionierende Tatsache<br />
ins Bewusstsein, dass Geld Kunst<br />
Von Sabine Reithmaier<br />
Rosenheim – Sigm<strong>und</strong> Gottlieb, Quadro<br />
Nuevo, Rosalie Linner – die Gemeinsamkeiten<br />
zwischen dem Chefredakteur des<br />
Bayerischen Fernsehens, einem Weltmusik-Ensemble<br />
<strong>und</strong> einer ehemaligen Dorfhebamme<br />
erschließen sich nicht auf Anhieb.<br />
Für Klaus G. Förg ist die Verbindung<br />
allerdings glasklar: „Die schreiben<br />
Bavarica – im weitesten Sinn jedenfalls.“<br />
Zwar versteht auch der Chef des Rosenheimer<br />
Verlagshauses unter Bavarica<br />
Bücher mit Bayernbezug, aber der ist für<br />
ihn bereits gegeben, wenn der Autor aus<br />
dem Freistaat stammt. Die Lockerheit,<br />
mit der Förg Begriffe umdefiniert <strong>und</strong> erweitert,<br />
bewährt sich offensichtlich.<br />
Sein Verlag, dessen 100-jähriges Bestehen<br />
an diesem Freitag im Rosenheimer<br />
Ballhaus gefeiert wird, profitiert von der<br />
Vielseitigkeit des Chefs, der relativ gelassen<br />
in eine schwierige Zukunft blickt.<br />
Zwischen Orchideen, Bildern <strong>und</strong> Buddhastatuen<br />
sitzt Förg in seinem Büro <strong>und</strong><br />
redet von seinen Leidenschaften – Fotografieren<br />
<strong>und</strong> Reisen. Schwärmt von der<br />
ersten CD, die er jetzt mit seinem Jazz-<br />
Trio herausbringt. Erzählt, dass er eigentlich<br />
gar nicht Verleger werden wollte,<br />
sondern Lehrer, weshalb er Sport <strong>und</strong><br />
Geografie studierte. Als ihm nach dem<br />
Referendariat klar wurde, dass seine Entscheidung<br />
auch in absehbarer Zeit das<br />
Ende des Lebenswerks seines Vaters bedeuten<br />
würde, schwenkte er um <strong>und</strong> begann,<br />
im Lektorat zu arbeiten. „Aber unter<br />
einem Monolithen, wie mein Vater es<br />
war, funktionierte das nicht.“ Der Sohn<br />
ging wieder <strong>und</strong> erprobte sich als Buchhändler.<br />
Er begann mit einem kleinen<br />
Laden in der Rosenheimer Fußgängerzone,<br />
umwarb seine K<strong>und</strong>en mit Lesungen<br />
<strong>und</strong> Signierst<strong>und</strong>en. Als ihn sein Vater<br />
Anfang der Neunziger zum Gespräch<br />
bat, hatte er bereits fünf Läden <strong>und</strong> mit<br />
der Edition Förg einen Verlag für Freizeit-<br />
<strong>und</strong> Reiseführer ins Leben gerufen.<br />
So bayerisch das Rosenheimer Verlagshaus<br />
heute auch wirkt, gegründet wurde<br />
es 1911 in Sachsen. Oskar Meister war in<br />
Werdau Herausgeber der Tageszeitung,<br />
in der auch Fortsetzungsromane, beispielsweise<br />
von Hedwig Courths-Mahler<br />
erschienen. Der Gedanke, die Romane<br />
Die Einzigartigkeit der Flaschenbürste<br />
Begriffe wie „elektrisch“, „nützlich“ <strong>und</strong> „stofflich“ prägen das 11. RischArt-Projekt – zum ersten Mal im Nationalmuseum<br />
Schwelgen im Konsum: Felix Burger inszeniert sich in seiner Installation im Nationalmuseum<br />
als Märchenkönig Ludwig II. Foto: Felix Burger<br />
Die Heimat der heilen Welt<br />
auch in Buchform zu drucken, lag nahe.<br />
Als der Verlag nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
als volkseigener Betrieb verstaatlicht<br />
wurde, flüchtete Herbert Meister,<br />
der Sohn des Gründers, mit seiner Frau<br />
in den Westen <strong>und</strong> landete in Rosenheim.<br />
Gemeinsam mit Alfred Förg, der als Grafiker<br />
arbeitete, gründete er 1949 den<br />
Meister Verlag neu. Wie in Sachsen setzte<br />
er wieder auf Unterhaltungs- <strong>und</strong> Heimatromane<br />
<strong>und</strong> hatte in Hans Ernst auch<br />
rasch wieder einen Bestsellerautor. Der<br />
ehemalige Rossknecht, der 116 alpenländische<br />
Romane schrieb – Gesamtauflage<br />
sechs Millionen – ist noch immer im Verlagsprogramm<br />
vertreten.<br />
Die Umbenennung in „Rosenheimer<br />
Verlagshaus" erfolgte 1968. Da war<br />
Alfred Förg bereits Alleininhaber des<br />
Hauses. Er erweiterte das Angebot, gab<br />
Kunstbücher über Franz Defregger <strong>und</strong><br />
Wilhelm Leibl heraus, nahm Handar-<br />
beitsbücher ins Programm. Den Sohn<br />
setzte er nach dem bereits erwähnten Gespräch<br />
als Geschäftsführer ein. Aber<br />
weil der Vater trotzdem alle Entscheidungsbefugnis<br />
behalten wollte, stieg der<br />
Sohn, vermutlich ähnlich monolithisch<br />
veranlagt wie sein Erzeuger, auch bald<br />
wieder aus. „Das Spiel hat sich noch einmal<br />
wiederholt.“ Dann zog sich der<br />
Vater endgültig <strong>und</strong> leider auch verbittert<br />
zurück, betrat den Verlag nie mehr.<br />
Der Sohn war sich nicht ganz klar darüber,<br />
ob er wirklich glücklich sein sollte.<br />
Der Verlag schrieb rote Zahlen, tiefrote.<br />
„Da waren ein paar Innovationen fällig.“<br />
Fast überflüssig zu erwähnen, dass das<br />
Sanierungskonzept funktionierte <strong>und</strong><br />
sich das Minus bald zu einem deutlichen<br />
Plus wandelte.<br />
Förg begann, Autoren zurückzuholen,<br />
die der Vater verprellt hatte, <strong>und</strong> Rechte<br />
zurückzukaufen. Kurt Wilhelm etwa,<br />
den Autor des „Brandner Kaspar“, oder<br />
Paul Friedl oder Carl Oskar Renner, der<br />
den „Müllner-Peter von Sachrang" geschrieben<br />
hatte. Eine Novität waren die<br />
Reisebildbände, die vorrangig Förgs Leidenschaft<br />
für gute Fotos zu verdanken<br />
sind. Mit 17 kaufte er sich eine gebrauch-<br />
„Wir wenden uns den bayerischen Wurzeln zu.“ Bis zu 50 neue Titel produziert<br />
Klaus G. Förg, Chef des Rosenheimer Verlagshauses, jedes Jahr. Foto: Förg<br />
schafft. Je höher der Preis, desto begehrter<br />
der Künstler, <strong>und</strong> umgekehrt. Jedoch<br />
ist die Summe von 170 000 Euro, die sich<br />
aus allen neun Kreditkartenauszügen ergibt,<br />
verhältnismäßig gering, betrachtet<br />
man die Preisentwicklung so mancher<br />
Kunstauktionen bei Sotheby’s.<br />
Bereits zum neunten Mal kuratiert<br />
Künstlermanagerin Katharina Keller eines<br />
der bisherigen elf RischArt-Projekte.<br />
Hinter dem Namen RischArt verbirgt<br />
sich die Stiftung von Backwaren-König<br />
Gerhard Müller-Rischart, die seit 1983<br />
Künstler <strong>und</strong> Kunstvereine in München<br />
fördert. „Ich sehe in der Kunst einen Freiraum,<br />
der mir neue Perspektiven, Einsichten<br />
<strong>und</strong> Wertmaßstäbe eröffnet“, erklärt<br />
der 68-Jährige. Wurde die Kunst<br />
bis jetzt im öffentlichen Raum präsentiert,<br />
füllt das Projekt in diesem Jahr erstmals<br />
die Räume des etablierten Bayrischen<br />
Nationalmuseums. Leider wirken<br />
die Exponate reichlich deplatziert in den<br />
drückenden, gewölbten Hallen des Westflügels,<br />
kann doch der Betrachter seine<br />
Gedanken nicht frei entfalten. Auch die<br />
Mischung aus kaltem <strong>und</strong> warmem Licht<br />
irritiert. Bei zwei Kunstwerken bleibt<br />
die Frage offen, was sie mit dem klassischen<br />
Pop-Art-Thema der Ausstellung<br />
verbindet. Veronika Veits weibliche<br />
Skulpturen aus ihrer Werkserie „Projekt<br />
Kind“ verweisen auf die beklemmende<br />
Situation der Mädchen, die in das Korsett<br />
von Erwartungen ihrer Eltern geschnürt<br />
sind. In Korrespondenz dazu<br />
zeigt die Münchnerin kämpfende Jungenfiguren<br />
in Armeejacken, die das Rollenklischee<br />
fortführen. Und auch der Sinn<br />
von Ivo Webers Kojote, der verloren in einer<br />
Dusche sitzt – er erinnert an eine versteckte<br />
Kopie von Joseph Beuys – erschließt<br />
sich dem Besucher nicht ganz.<br />
„Kunstrausch“, Nationalmuseum, Prinzregentenstr.<br />
3, Di-Sa 12 bis 20 Uhr, So 11<br />
bis 17 Uhr, montags geschlossen, Eintritt<br />
frei, bis 30. Oktober.<br />
Das Rosenheimer Verlagshaus feiert sein 100-jähriges Bestehen – eine deutsch-deutsche Erfolgsgeschichte<br />
Auch ein ehemaliger<br />
Rossknecht gehört zu<br />
den Erfolgsautoren.<br />
Die Mischung aus<br />
kaltem <strong>und</strong> warmem<br />
Licht irritiert.<br />
te Spiegelreflexkamera <strong>und</strong> begann, Geo-<br />
Fotos zu analysieren. Auf seine Reisen<br />
nahm er nur drei 36er Kodakfilme mit.<br />
„Da hast du dir genau überlegt, wann du<br />
draufdrückst.“ Er wanderte wochenlang<br />
auf griechischen Inseln, Hesses „Steppenwolf“<br />
im Rucksack. Sein erstes Buch,<br />
„Dodekanes“, ein völlig ungewohnter Rosenheimer,<br />
erregte Aufsehen. Es folgten<br />
„Himba, Namibias ockerrotes Volk" <strong>und</strong><br />
„Traumreise durch Namibia“, bislang<br />
der erfolgreichste von 34 Bildbänden.<br />
Förg holt die Bücher, blättert <strong>und</strong> erzählt<br />
die Geschichten zu den hervorragenden<br />
Aufnahmen. „Ich hasse schlechte<br />
Qualität“, sagt er dann. Seine fünf Läden<br />
betrieb er übrigens nebenbei noch lange<br />
weiter. Vor drei Jahren hat er sie verkauft.<br />
Um endlich zu leben, sagt er <strong>und</strong>:<br />
„Wer loslässt, hat beide Hände frei“.<br />
Fernöstliche Weisheiten kennt er viele,<br />
denn die handgeb<strong>und</strong>enen Asien-Titel,<br />
natürlich mit Fotos vom Chef, zählen zu<br />
den Standbeinen des Verlags. Seit er die<br />
Buchläden nicht mehr hat, kümmert er<br />
sich verstärkt um seine Autoren. Mit<br />
Das „Tagebuch einer<br />
Landhebamme“ ist<br />
der größte Renner.<br />
Gottlieb ging er st<strong>und</strong>enlang an der Isar<br />
spazieren, um „Mutprobe. Zivilcourage<br />
kann man lernen“ zu entwickeln.<br />
40 bis 50 Neuerscheinungen produziert<br />
er mit seinen zwölf Mitarbeitern jedes<br />
Jahr, 300 Titel sind derzeit lieferbar.<br />
Sigm<strong>und</strong> Gottlieb wird es übrigens<br />
schwer haben, Rosalie Linner einzuholen.<br />
Denn ihr „Tagebuch einer Landhebamme“<br />
ist der erfolgreichste Titel des<br />
Verlags mit einer Auflage von 1,4 Millionen.<br />
Eher Chancen, Linner nachzufolgen,<br />
hat Roswitha Gruber, die alpenländische<br />
Lebensgeschichten aufschreibt.<br />
Wer denkt, die Romane würden vor allem<br />
in Bayern nachgefragt, der irrt. Spitzenreiter<br />
ist Sachsen, gefolgt von Thüringen.<br />
„Das ist die Sehnsucht nach heiler<br />
Welt, nach Entspannung“, weiß Förg.<br />
Und da diese Sehnsucht niemals endet,<br />
steht den nächsten 100 Jahren Rosenheimer<br />
wohl nichts im Weg.
Freitag, 21. Oktober 2011 PMS <strong>Süddeutsche</strong> <strong>Zeitung</strong> Nr. 243 / Seite R 15<br />
KULTUR<br />
Fasziniert von der Weite Australiens hat der Architekt <strong>und</strong> Fotograf Werner Prokschi Phänomene der Natur fotografiert<br />
<strong>und</strong> ist den Spuren menschlichen Lebens gefolgt. Foto: Prokschi<br />
Eichstätt – „Ghost gum“ nennen die<br />
Australier jene Eukalyptussorte, die<br />
auf weißen Stämmen steht. Ein Baum<br />
allein hat noch nicht viel Geisterhaftes,<br />
doch gruppiert zu einem Wäldchen<br />
wirken die hohen schlanken Gewächse<br />
wie verzaubert. Ein australischer<br />
Professor erzählte vor vielen Jahren<br />
während eines Fluges von Europa<br />
nach Sydney, dass er immer bei seiner<br />
Heimkehr einen Ghost gum vor Glück<br />
umarmt. Für ihn seien diese Bäume<br />
Symbole seiner Sehnsucht nach der außergewöhnlichen<br />
Landschaft Australiens.<br />
Die Natur hat auch Werner Prokschi,<br />
Architekt <strong>und</strong> Fotograf in Eichstätt,<br />
auf seiner Reise durch fünf australische<br />
B<strong>und</strong>esstaaten derart faszi-<br />
München – Wenn es einen gab, der das<br />
Klischee widerlegte, Künstler seien prinzipiell<br />
egoistisch, dann Franz Liszt. Ohne<br />
seine Förderung wäre das Gesamtwerk<br />
Richard Wagners <strong>und</strong>enkbar,<br />
Schubert oder Berlioz transkribierte er<br />
für’s Klavier, um sie bekannter zu machen,<br />
Zeitgenossen <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e wie<br />
Schumann oder Chopin spielte er unermüdlich<br />
in seinen Konzerten.<br />
Die „Großmut gegenüber Kollegen“,<br />
sagt Henri Bonamy, sei eines der vielen<br />
Dinge, die er an Liszt neben dem rein Musikalischen<br />
bew<strong>und</strong>ere. Auch mit dessen<br />
kosmopolitischer Haltung etwa oder<br />
dem pädagogischen Wirken kann der<br />
Pianist <strong>und</strong> Dirigent sich identifizieren:<br />
Bonamy erhielt seine Ausbildung in<br />
Frankreich, Spanien <strong>und</strong> Deutschland,<br />
derzeit erfüllt er einen Lehrauftrag an<br />
der Münchner Musikhochschule.<br />
Ingolstadt – Was bleibt von den Illuminaten,<br />
zieht man okkulten Firlefanz wie populärmediale<br />
Aufblähung ab? Eine aufklärerische<br />
Idee, deren Verbreitung maßgeblich<br />
am Illuminaten-Gründer selbst<br />
scheiterte. Ansonsten <strong>und</strong> anders als die<br />
Welt vermutet: nichts Weltbewegendes.<br />
Es ist ein spannender Prozess, wie in<br />
der Ausstellung „Das Geheimnis der Illuminaten<br />
in Ingolstadt“ die mystische<br />
Aura um den B<strong>und</strong> blasser wird. Das passiert<br />
etwa dann, wenn sich in dieser Gesamtschau<br />
der historischen Fakten Beweggründe<br />
<strong>und</strong> damit eine mythosfeindliche<br />
Logik herausschälen. So ist Illuminaten-Gründer<br />
Adam Weishaupt (1748 –<br />
1830) als Gymnasiast durch die Schule<br />
der Jesuiten gegangen, die Ingolstadt<br />
zum Schauplatz der Gegenreform gemacht<br />
hatten. Gleichzeitig fütterte ihn<br />
sein Ziehvater Johann Adam Ickstatt mit<br />
aufklärerischen Ideen. 1776, da war den<br />
Jesuiten der Ordenstatus schon genommen<br />
worden, sah der nun 28-jährige Professor<br />
immer noch überall „klerikale Infiltration“<br />
<strong>und</strong> traf sich also mit Studenten<br />
zum antiklerikalen Lesekreis. So<br />
spektakelfrei wie die Gründung war das<br />
Gesamtprojekt: Der Mensch, so Weishaupt,<br />
könne sich durch Herzens- <strong>und</strong><br />
Sittlichkeitsbildung vervollkommnen<br />
<strong>und</strong> selbst beherrschen, womit der Staat<br />
überflüssig würde. Weniger Revolte<br />
denn philanthropische Utopie.<br />
Personell lief die Sache gut, das belegt<br />
die Ausstellung, 2000 Illuminaten waren<br />
es zur Blütezeit mit durchaus potenten<br />
Leute darunter. Nennenswerte Aktionen<br />
gab es dagegen nur eine: Mitglieder des<br />
bayerischen Zensurkollegiums, die man<br />
Spurensuche<br />
Werner Prokschi zeigt, was der Mensch in Australien hinterlassen hat<br />
niert, dass er sich einen neuen Arbeitsauftrag<br />
gab: einen eigenen Blick durch<br />
die Kamera zu finden für die unbewohnten<br />
Weiten außerhalb der Städte,<br />
für die rote Erde im Landesinneren,<br />
für Kuriositäten, die er fand auf der Suche<br />
nach Wellblech-Architektur.<br />
Um Bauten zu dokumentieren aus<br />
diesem leicht transportablen, billigen<br />
Baustoff, war er ursprünglich auf den<br />
Kontinent gekommen. Unterstände<br />
von Schäfern hat er gef<strong>und</strong>en, Mühlen<br />
aus dem 19. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>und</strong> simple<br />
Häuser, die von ihren Bewohnern verlassen<br />
wurden <strong>und</strong> in morbider Schönheit<br />
verfallen. Mit seiner Mittelformat-<br />
Kamera, 20 Kilogramm schwer, ist er<br />
Richtung Uluru gefahren, zu den heili-<br />
Unter Fre<strong>und</strong>en<br />
gen Plätzen der Aborigines. Immer<br />
aber sind es nur menschliche Spuren,<br />
die Prokschi interessieren, nicht der<br />
Mensch selbst: ein kilometerlanger<br />
Zaun zwischen Weiden ein Wrack am<br />
Strand. Bewusst zeigt Prokschi seine<br />
terra australis in Schwarz-Weiß. Das<br />
kräftige Blau des Himmels, das erdige<br />
Rot des Bodens kenne man aus der Reisefotografie,<br />
sagt Prokschi. Ihm geht<br />
es um Stimmungen – wie sie Ghost<br />
gums verbreiten können.<br />
Sabine Buchwald<br />
Zu sehen ist die Ausstellung „Terra<br />
australis“ noch bis 30. November in<br />
der Eichstätter Galerie Bildfläche,<br />
Bahnhofplatz 20.<br />
Henry Bonamy schmeißt im Künstlerhaus eine Geburtstagsparty für Franz Liszt<br />
Zum 200. Geburtstag Listzs am morgigen<br />
Samstag wird er seinem Vorbild deshalb<br />
an diesem Wochenende ein kleines<br />
Festival widmen: Zu fünf Konzerten hat<br />
Bonamy unter dem Motto „Listen to:<br />
Liszt“ kammermusikalische Fre<strong>und</strong>e eingeladen.<br />
Und dabei war es ihm wichtig,<br />
dass nicht nur Liszt erklingt, sondern<br />
auch Querbezüge deutlich werden. Historische<br />
zu Schumann, Brahms oder Saint-<br />
Saëns, aber auch höchst gegenwärtige.<br />
So wird gleich in der heutigen Uraufführung<br />
Arash Safaian das Klavier mit<br />
Elektronik konfrontieren. In seinem<br />
Zyklus „Grammatik“, kündigt der iranisch-deutsche<br />
Komponist an, komme<br />
dabei die „Romantik“ aber nicht nur als<br />
Untertitel wieder zum Zug, sondern sollen<br />
Sinnlichkeit <strong>und</strong> Emotion durchaus<br />
auch als Kategorien für die Gegenwartsmusik<br />
neu befragt werden.<br />
Dem Mythos auf der Spur<br />
als Illuminaten gewonnen hatte, ließen<br />
Aufklärungsschriften durchgehen. Tatsächlich<br />
aber war Weishaupts Geheimb<strong>und</strong><br />
lediglich als pädagogischer Lese<strong>und</strong><br />
Bildungskreis gedacht. Mit einem politischen<br />
Programm, wie es einige forderten,<br />
kam der Gründer nie zu Potte. Viel<br />
lieber dachte er sich Rituale aus: Eine<br />
Versammlung braucht drei Lampen <strong>und</strong><br />
ein Skelett, höhere Grade werden ohne<br />
Klopfen eingelassen, niedere gefesselt.<br />
Vor allem aber war der Chef dem Despotismus<br />
nicht fern, er forderte Gehorsam<br />
bis zur Unterwerfung. Es war denn<br />
auch ein Machtgerangel mit dem Mitglied<br />
Freiherr von Knigge, dem „Benimm-Knigge“,<br />
das den inneren Zerfall<br />
einleitete <strong>und</strong> soviel Staub aufwirbelte,<br />
Noch weiter geht Henri Bonamy, wenn<br />
am Samstag die „Munich Groove Connection“<br />
Melodien von Liszt, Bizet oder<br />
Chatschaturjan bearbeitet <strong>und</strong> Michael<br />
Riessler auf der Bassklarinette gemeinsam<br />
mit dem Akkordeonisten Jean Louis<br />
Matinier vom Free Jazz her improvisiert.<br />
Schließlich ließe sich durchaus schlüssig<br />
argumentieren, dass Liszt auch nichts anderes<br />
tat, wenn er bekannte Opernmelodien<br />
paraphrasierte <strong>und</strong> öffentlich<br />
über sie improvisierte. Ob es im Künstlerhaus<br />
dann auch zu kollektiven<br />
Ohnmachtsanfällen kommt, wird man sehen.<br />
Eine „betont lockere Atmosphäre“,<br />
sagt Bonamy, sei jedenfalls einkalkuliert.<br />
Schließlich ist es eine Geburtstagsparty.<br />
Michael Stallknecht<br />
„Listen to: Liszt“, Künstlerhaus am Lenbachplatz,<br />
21.-23. Oktober.<br />
„Das Geheimnis der Illuminaten“– eine etwas sperrige Ausstellung in Ingolstadt<br />
Eigens rekonstruiert: Die Totenmaske<br />
Adam Weishaupts. Foto: Stadtmuseum<br />
dass die Obrigkeit hellhörig wurde. 1785<br />
kam das Verbot, das Ende – ja, Ende – des<br />
B<strong>und</strong>es wird um 1788 datiert.<br />
Also alles ganz anders als bei Dan<br />
Brown. Trotzdem ist die Geschichte solcher<br />
Männerbünde in der Zeitenwende<br />
zur Moderne höchst interessant. In Ingolstadt<br />
hat man sich allerdings mit der Aufbereitung<br />
schwer getan. Freilich: Die<br />
Ausgangslage ist schwierig. Soviel Flachware<br />
es gibt, Briefe, Zettel, Listen, so wenige<br />
3D-Objekte sind verfügbar. Weishaupts<br />
Nachlass ist seit dem Ersten Weltkrieg<br />
verschw<strong>und</strong>en. Original sind also<br />
nur zwei Illuminatenabzeichen.<br />
Statt nun selbst mit diesem Wenigen<br />
Geschichte in Szene zu setzen, verlegen<br />
sich die Kuratoren auf Erklärungstexte<br />
an langen Wandtafeln, kleingedruckt<br />
<strong>und</strong> zahlengeflutet, oft bef<strong>und</strong>reich, aber<br />
erklärungsarm, insgesamt an die 50 Fließtextseiten.<br />
In dieser spröd-kargen Umgebung<br />
will selbst die reproduzierte Totenmaske<br />
nicht mehr wirken.<br />
Die fiktionale Bearbeitung des Stoffes<br />
wird mit Titelbildern abgehandelt, das<br />
kurfürstliche Bayern nur in den politischadministrativen,<br />
nicht aber in seinen<br />
Denkstrukturen vorgestellt. Wann immer<br />
man größere Zusammenhänge<br />
sucht, verliert man sich im Rudimentären.<br />
Weil sich Ingolstadt bis zu dieser<br />
Ausstellung wenig um seinen historischen<br />
Knüller kümmerte, kann man<br />
auch sagen: Dies ist nur ein erster Entwurf<br />
– aber immerhin. Simone Hirmer<br />
„Das Geheimnis der Illuminaten in<br />
Ingolstadt“, Stadtmuseum Ingolstadt,<br />
Auf der Schanz 45; bis 30. März 2012.<br />
„Pigor singt, <strong>und</strong> Eichhorn muss begleiten“<br />
lautet seit nunmehr 15 Jahren der<br />
korrekte Name jenes Berliner Duos, das<br />
eine eigene Spielart des Musikkabaretts<br />
kreiert hat. Mit „Salon-Hip-Hop“ umschreiben<br />
Thomas Pigor <strong>und</strong> Benedikt<br />
Eichhorn die Pole, zwischen denen sich<br />
ihre widerborstige Chansons wie „Nieder<br />
mit IT“ bewegen. Die Programme<br />
werden seit jeher einfach durchnummeriert.<br />
„Volumen 7“ gibt es noch bis Samstag<br />
im Lustspielhaus (20.30 Uhr, Occamstraße<br />
8) zu sehen. Thomas Pigor muss<br />
mal erläutern.<br />
Wie lange macht das denn der Eichhorn<br />
noch mit, dass er begleiten muss?<br />
Ich hoffe, noch möglichst lange. Dieses<br />
Konzept ist ja sehr fruchtbar. Die beiden<br />
Bühnenfiguren kann man stets in verschiedenen<br />
Varianten präsentieren. Das<br />
Prinzip bleibt immer gleich, die Innovation<br />
sind die Songs.<br />
Lernten Sie sich bei der Berliner Musicaltruppe<br />
College of Hearts kennen?<br />
Fast. Ich bin da ausgestiegen, als Benedikt<br />
eingestiegen ist. Wir haben dort nie<br />
zusammen gespielt. Die Kollegin Popette<br />
Betancor war die gemeinsame Bekannte,<br />
die uns zusammengebracht hat.<br />
Eigentlich schade, dass es so ein Theaterkonzept<br />
wie das College of Hearts<br />
nicht mehr gibt.<br />
Es war schon ein Produkt der Achtziger,<br />
einer Zeit der reisenden Truppen.<br />
Diese Größe ist in Deutschland künstlerisch<br />
ungünstig. Die bespielbaren Bühnen<br />
sind eigentlich nur Kabarettbühnen.<br />
Dafür ist der Aufwand zu groß, das war<br />
Raubbau an den Kräften. Zu zweit oder<br />
dritt ist diese Tingelei realistischer. Man<br />
hat hier nicht den Rahmen, anders als in<br />
Ländern wie Frankreich oder Italien, wo<br />
das Kultursystem anders funktioniert.<br />
Apropos Frankreich. Es ist zu lesen,<br />
dass Sie dort ein Star sind. Sie haben<br />
auch ein Programm auf französisch. Woher<br />
kommt die frankophile Ader?<br />
Ja, l’amour, l’amour, l’amour (lacht).<br />
Und gute Französischlehrer. Ich habe als<br />
Jugendlicher auch diese gelungenen Austausche<br />
mitgemacht, seitdem war das Interesse<br />
an der französischen Kultur geweckt.<br />
Auch meine musikalische Soziali-<br />
Singendes Stiefkind<br />
„Volumen 7“ im Lustspielhaus: Thomas Pigor über sein aktuelles Chanson-Kabarett<br />
sation läuft über Brassens <strong>und</strong> Gainsbourg.<br />
Ich habe immer ein Auge auf<br />
Frankreich <strong>und</strong> verfolge, was dort passiert.<br />
Teilweise mit Neid, wenn ich sehe,<br />
welche Rolle das Chanson in der französischen<br />
Kultur spielt.<br />
Ja, Sie haben in Deutschland zwar alle<br />
wichtigen Preise gewonnen, müssen aber<br />
zum Beispiel im Lustspielhaus immer<br />
aufs Neue um jeden Zuschauer kämpfen.<br />
Warum ist das so?<br />
Darüber zerbrechen wir uns natürlich<br />
auch den Kopf. Und tun alles, damit wir<br />
mehr Zuschauer haben. Aber letztlich<br />
wissen wir es nicht. Unsere Form ist halt<br />
schwierig: Text-Chanson, das dann teilweise<br />
recht schräg, da fallen halt viele<br />
Medienvervielfältiger weg. In Kabarettsendungen<br />
etwa sind wir meistens nur<br />
Stiefkind. Das macht schon viel aus. Auf<br />
der anderen Seite haben wir immerhin<br />
mehr künstlerische Freiheit.<br />
Liegt es auch an so etwas wie nationalem<br />
oder regionalem Humor?<br />
Nein, ich würde das eher auf Moden zurückführen.<br />
Wir haben derzeit ein starkes<br />
Politkabarett, viele Solisten, viel Co-<br />
Ober sticht Unter, Sänger den Begleiter<br />
– aus diesem Schema schlagen auch<br />
Pigor & Eichhorn Komik. Foto: oh<br />
medy. Das ändert sich alle zehn Jahre.<br />
Zum Beispiel die Lesebühnen, das hätte<br />
in den Achtzigern auch niemand gedacht,<br />
dass die je wieder so hip werden.<br />
Oder die Singer/Songwriter. Im Kabarett,<br />
nimmt man den ganz breiten Begriff,<br />
erfindet sich die Form alle zehn Jahre<br />
neu. Vielleicht kommt irgendwann<br />
wieder Chanson dran.<br />
Politik haben Sie früher eher aus der<br />
Distanz begleitet. Ist die, nimmt man Lieder<br />
wie „Die Sau“, wo Guttenberg oder<br />
Sarrazin vorkommen, kleiner geworden?<br />
Ja, das ist eine Tendenz, die sich bei<br />
uns abzeichnet, gar nicht so bewusst. Deswegen<br />
ist „Volumen 7“ etwas politischer.<br />
Ein anderer Faktor ist das „Chanson des<br />
Monats“, das ich seit kurzem für SWR 2<br />
„Politische Tagesaktualität<br />
kann auch heilsamen<br />
Termindruck bewirken“<br />
<strong>und</strong> Deutschlandfunk mache. Das ist für<br />
mich zum ersten Mal die Situation eines<br />
tagesaktuellen Kabarettisten. Dass ich<br />
die Nachrichten verfolge <strong>und</strong> gucke, wo<br />
ein Thema sein könnte, finde ich gerade<br />
sehr spannend. Auch den heilsamen Termindruck,<br />
der einen zwingt, ohne Umwege<br />
auf den Punkt zu kommen.<br />
Es sind jetzt bei „Volumen 7“ erstmals<br />
auch zwei Jazzmusiker mit dabei.<br />
Stimmt, wir haben einen neuen<br />
So<strong>und</strong>. Erstens mit dem sehr diffizilen<br />
Jazzschlagzeug von Emanuel Hauptmann,<br />
einem Münchner <strong>und</strong> richtig guten<br />
Mann; dann mit Stefan Gocht an Tuba<br />
<strong>und</strong> Posaune querbeet; <strong>und</strong> dadurch,<br />
dass Benedikt kein Klavier spielt, sondern<br />
Fender Rhodes. Es war für uns völlig<br />
überraschend, wie gut Gebläse <strong>und</strong><br />
Fender Rhodes miteinander klingen. Dadurch<br />
haben wir eine andere Dynamik.<br />
Also kein Salon-Hip-Hop mehr?<br />
Ja, Hip-Hop ist weniger drin, dafür ein<br />
paar jazzige Titel, auch mal schnelle Polka.<br />
Eine andere Stilpalette. Aber im Vordergr<strong>und</strong><br />
stehen bei uns ja immer das<br />
Wort <strong>und</strong> der Text.<br />
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Seite R 16 / <strong>Süddeutsche</strong> <strong>Zeitung</strong> Nr. 243 PMW Freitag, 21. Oktober 2011<br />
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Dunkelkammer. Theaterinstallation von Dries<br />
Verhoeven mit sechs blinden Akteuren. 19.30<br />
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Im Enddarm der Stadt Ein Stück von Stefan<br />
Kastner. Mit Judith Huber <strong>und</strong> Michaela May.<br />
20.30 Uhr, I-camp/NT, Entenbachstraße 37,<br />
9 65 00 00.<br />
Jane the Quene. Theaterstück von Heiko<br />
Dietz. 20 Uhr, Theater ... <strong>und</strong> so fort, Kurfürstenstraße<br />
8, 9 23 219 877.<br />
Martin Herrmann. Keine Frau sucht Bauer.<br />
20 Uhr, Theater Heppel & Ettlich, Feilitzschstraße<br />
12, 9 38 887 820.<br />
Sarah Hakenberg & Gosch <strong>und</strong> Klimpa. Im<br />
Rahmen des Frauenfestivals „Starker Auftritt“.<br />
20.30 Uhr, Drehleier, Rosenheimer Straße 123,<br />
9 48 27 42.<br />
Waiting For Godot. Von Samuel Beckett. In<br />
englischer Sprache. 20 Uhr, BeMe Theater im<br />
Einstein Kulturzentrum, Einsteinstraße 42,<br />
9 38 537 765.<br />
Lampenfieber Theater der TU KHG München<br />
spielt „Man kann nie wissen“ von Bernard<br />
Shaw. Eine Komödie im edwardianischen<br />
England 1910. Eintritt frei. 19.30 Uhr, Saal der<br />
KHG der TUM. Karlstraße 32, 9 69 93 030.<br />
Kunst<br />
Academy. Vernissage: Die Ausstellung präsentiert<br />
Arbeiten von Professoren <strong>und</strong> Assistenten<br />
sowie einer Werkstattleiterin der Akademie der<br />
Bildenden Künste in München, bei denen Fotografie<br />
einen hauptsächlichen oder zumindest<br />
wichtigen Teil des Werks darstellt. Eröffnung<br />
mit Monika Renner, Stadträtin der Landeshauptstadt<br />
in Vertretung des Oberbürgermeisters, Jone<br />
Elisa Scherf, M.A., Kunsthistorikerin <strong>und</strong> Johannes<br />
Muggenthaler, Kulturreferat. 19 Uhr, Rathausgalerie,<br />
Marienplatz 8.<br />
Dürer – Cranach – Holbein. Die Entdeckung<br />
des Menschen: Das deutsche Porträt<br />
um 1500. Führung der Münchner Volkshochschule.<br />
15.30 Uhr, Kunsthalle der Hypo-<br />
Kulturstiftung, Theatinerstraße 8.<br />
Highlights. Arbeiten von Joseph Beuys, Christian<br />
Boltanski, Tony Cragg, Olaf Metzel, Bernardì<br />
Roig, Andy Warhol. Ausstellungseröffnung.<br />
18 Uhr, Galerie Klüser, Georgenstraße 15.<br />
Tipp des Tages<br />
Guano Apes<br />
Es wird wieder laut: Die Göttinger Rockband<br />
Guano Apes, die schon in Portugal<br />
<strong>und</strong> Sibirien vor Massen gespielt haben,<br />
sind nach einer Pause zurück. Um 20 Uhr<br />
im Backstage-Werk, Reitknechtstr 6.<br />
Alle Veranstaltungen in München unter<br />
www.sueddeutsche.de/kalender<br />
Modern Relic and Selected Works. Ausstellungseröffnung<br />
in Anwesenheit des Künstlers<br />
Keith Sonnier. 18 Uhr, Galerie Häusler Contemporary,<br />
Maximilianstraße 35.<br />
Perugino – Raffaels Meister. Führung mit Annette<br />
Hojer im Rahmen von „175 Alte Pinakothek“.<br />
Begrenzte Teilnehmerzahl mit Anmeldung<br />
ab einer St<strong>und</strong>e vor Führungsbeginn an<br />
der Museumskasse. 15 Uhr, Alte Pinakothek,<br />
Barer Straße 27.<br />
Nexus. Neue Arbeiten der Berliner Künstlerin<br />
Jorinde Voigt. Ausstellungseröffnung. 18 bis 22<br />
Uhr, Galerie Klüser 2, Türkenstraße 23.<br />
Literatur<br />
Fußball ist unser Lieben. Ein Abend voller Geschichten<br />
mit u.a: Norbert Kron, Lars Reichardt.<br />
Moritz Rinke, Albert Ostermaier, Bernd C. Sucher<br />
<strong>und</strong> Jörg Ratjen. Fotos von Jens Heilmann.<br />
Zum Auftakt des „Schumanns Cup 2011“. 20<br />
Uhr, Nightclub Bayerischer Hof, Promenadeplatz<br />
2 - 6.<br />
John Scalzi: Fuzzy Nation (Der Wilde Planet).<br />
Lesung des Science-Fiction-Romans in<br />
englischer <strong>und</strong> deutscher Sprache. Moderation:<br />
Sascha Mamcza. Eintritt frei. 19.30 Uhr, Amerika-Haus,<br />
Karolinenplatz 3.<br />
Autorenlesung mit Markus Dorsch. Texte<br />
aus dem F<strong>und</strong>us des „Werkkreises Literatur der<br />
Arbeitswelt“. 19.30 bis 22 Uhr, Münchner Literaturbüro,<br />
Milchstraße 4.<br />
RussenLiebe 'n' SinnesRausch. Szenische<br />
Lesung & Dinner. Mit Nadeschda Lazko <strong>und</strong> Nikolai<br />
Bogdanov in der Kulturgaststätte. 19.30<br />
Uhr, Kammertheater im Exil, Rosenheimer Straße<br />
108.<br />
Szenische Lesung zu Haiti. Eine Collage aus<br />
Bildern, Klängen <strong>und</strong> Texten. 20 Uhr, Kultur Laden<br />
Westend, Ligsalzstraße 44.<br />
München<br />
Klassik<br />
Verehrte Frau! Ein Abend zur Wiener Moderne<br />
mit der Sopranistin Juliane Banse, dem Schauspieler<br />
Daniel Friedrich & der Kammperoper<br />
München. 19 Uhr, Allerheiligen-Hofkirche, Residenzstraße<br />
1.<br />
Die Bogenhauser Künstlerkapelle – Ensemble<br />
Arcimboldo, Thilo Hirsch. Werke von Bach,<br />
Haydn, Bizet, u.a. 19.30 Uhr, Deutsches Museum,<br />
Museumsinsel 1.<br />
Ladenschlusskonzert der Schlagzeugklasse<br />
Adel Shalaby. 18 Uhr, Musikhochschule<br />
Gasteig, Rosenheimer Straße 5.<br />
Listen to: Liszt, 20 Uhr, Münchner Künstlerhauses,<br />
Lenbachplatz 8<br />
Listen to: Liszt – Henri Bonamy. Kammermusik-Festival<br />
des Institut francais. 20 Uhr, Künstlerhaus<br />
am Lenbachplatz, Lenbachplatz 8.<br />
Symphonieorchester des bayerischen<br />
R<strong>und</strong>funks. Der Janácek-Zyklus findet mit der<br />
Suite aus dem „Schlauen Füchslein“ <strong>und</strong> der<br />
Rhapsodie „Taras Bulba“ seine Fortsetzung.<br />
Am Pult steht Tomás Netopil. Rudolf Buchbinder<br />
ist der Pianist in Rachmaninows „Paganini-<br />
Rhapsodie“. 20 Uhr, Philharmonie im Gasteig.<br />
Film<br />
Die sieben Samurai. Japan 1954, OmU, R:<br />
Akira Kurosawa. Ein Dorf wird regelmäßig von<br />
Banditen geplündert. Als die Bauern von einem<br />
bevorstehenden Angriff erfahren, heuern sie<br />
den herrenlosen Samurai Kanbei <strong>und</strong> sechs Gefährten<br />
an, um den Widestand zu organisieren.<br />
Der Film wurde zur Vorlage des amerikanischen<br />
Western „Die glorreichen Sieben“ mit Yul Brunner,<br />
Steve Mc Queen <strong>und</strong> Charles Bronson. Aus<br />
der Reihe „Retrospektive Akira Kurosawa“. 21<br />
Uhr, Filmmuseum, St.-Jakobs-Platz 1.<br />
Tatjana. GB 1937, OF, R: Jacques Feyder. Ein<br />
britischer Spion wird im Ersten Weltkrieg in<br />
Russland in eine revolutionäre Gruppe eingeschleust.<br />
In den Bürgerkriegswirren versucht er,<br />
einer Fürstin die Flucht zu ermöglichen <strong>und</strong> gerät<br />
mit ihr zwischen die Fronten. Aus der Reihe<br />
„Marlene Dietrich zum 110. Geburtstag“. 18.30<br />
Uhr, Filmmuseum, St.-Jakobs-Platz 1.<br />
Vorträge / Diskussionen<br />
Arthur Schopenhauer. Hoffnung auf ein Licht<br />
in das Dunkel unseres Daseins. Vortrag von Hermann<br />
Schlüter. 20 Uhr, Volkshochschule Gasteig,<br />
Kellerstraße 6.<br />
Götterdämmerung <strong>und</strong> Wassermusik – Geschichte(n)<br />
r<strong>und</strong> um den Chiemsee (I). Ein<br />
kulturgeschichtlicher Vortrag mit digitalen Bildern<br />
von Monika Babl. 19 Uhr, Tertianum Residenz,<br />
Klenzestraße 70.<br />
Koffer–Kontakte: Begegnung – Austausch<br />
– Impulse. Vorträge im Rahmen der Ausstellung<br />
„Ein Koffer für die letzte Reise“. Referent ist<br />
der Priesterseelsorger Thomas Schwaiger. Veranstalter:<br />
Münchner Bildungswerk. 15 Uhr, Ehemalige<br />
Karmeliterkirche Hl. Nikolaus, Karmeliterstraße<br />
1.<br />
Michael Walzer – Thick and Thin. Vortrag<br />
mit Christoph Rohde. Veranstalter: DGB-Bildungswerk.<br />
10 Uhr, DGB-Haus, Schwanthalerstraße<br />
64.<br />
Une ville a Chandigarh – Le Corbusier. Vortrag<br />
<strong>und</strong> Film in der Veranstaltungsreihe „Berühmte<br />
Architekten“. Referentin: Dorothee Siegelin.<br />
18 Uhr, Volkshochschule Gasteig, Kellerstraße<br />
6.<br />
Michel de Montaigne. Philosophieren heißt<br />
sterben lernen. Vortrag von Stefan Winter. 18<br />
Uhr, Volkshochschule Gasteig, Kellerstraße 6.<br />
Führungen<br />
Die Münchner Altstadtführung. Nicht nur<br />
historisch. Ein R<strong>und</strong>gang mit Weis(s)er Stadtvogel<br />
München. Treff: 10.30, 13 <strong>und</strong> 15 Uhr. Mariensäule,<br />
Marienplatz.<br />
Helloween special. Mit dem Totengräber<br />
durch die abendliche Stadt spazieren. Das Femegericht,<br />
der Geist des Radiweibs, verrufene<br />
Orte <strong>und</strong> Untote säumen den Weg. Anmeldung<br />
bei Weis(s)er Stadtvogel, Tel: 203 245 360. Treffpunkt:<br />
20 Uhr, Sendlinger Tor/Torbogen.<br />
Henker, Huren, Hexen. Stadtführung mit<br />
Schauspiel von Weis(s)er Stadtvogel. Anmeldung<br />
unter Tel. 203 24 53 60 oder www.weisserstadtvogel.de.<br />
Treffpunkt: 20 Uhr, Karlsplatz /<br />
Stachus.<br />
Kirchturmführungen. Besichtigung der Glocken<br />
des neuen Carillon. Teilnehmerkarten gibt<br />
es kostenlos im Eingangsbereich der Kirche, Eingang<br />
Hauptportal. 14, 15 <strong>und</strong> 16 Uhr, Mariahilf,<br />
Mariahilfplatz 11.<br />
München im Mittelalter <strong>und</strong> das Brauereimuseum.<br />
Stadtteilr<strong>und</strong>gang mit Dieter Klein.<br />
Veranstalter: DGB Bildungswerk. Anmeldung:<br />
unter Tel. 55 93 36-40. Treff: 14 Uhr, Heiliggeist<br />
Kirche, Prälat-Miller-Weg 3.<br />
StadtTour. Stadtführung mit dem Fahrrad von<br />
„Spurwechsel“. Leihräder vorhanden. Treff:<br />
11.15 Uhr, Marienplatz.<br />
München gar grauslig-gruslig. Geschichten,<br />
die „unter die Haut“ gehen. Führung von<br />
„Stattreisen e.V.“. Treffpunkt : 19 Uhr, Eingang<br />
Spielzeugmuseum, Marienplatz 15.<br />
Kinder<br />
Des Kaisers neue Kleider. Das „Münchner<br />
Galerie Theater“ spielt das Märchen von Hans<br />
Christian Andersen. 16 Uhr, Theater Heppel &<br />
Ettlich, Feilitzschstraße 12.<br />
Die kleine Hexe. Nach Otfried Preußler. Für<br />
Kinder ab 5 Jahren. 15 Uhr, Münchner Marionettentheater<br />
, Blumenstraße 32.<br />
Kinderkino Am Gasteig – Leon <strong>und</strong> die magischen<br />
Worte. 15 Uhr, Gasteig, Vortragssaal<br />
der Bibliothek, Rosenheimer Straße 5.<br />
Jazz / Pop / Party<br />
Jacques Brel. Deutsche Interpretation von<br />
<strong>und</strong> mit Georg Rüter, mit poetischen <strong>und</strong> biographischen<br />
Textbeiträgen von Michael Krone.<br />
19.30 Uhr, Traumstadt Schwabing, Kaulbachstraße<br />
75.<br />
Mneme (1300). Drei Mitglieder des <strong>und</strong>ercoverfiction<br />
ensembles interpretieren zusammen mit<br />
dem irakischen Musiker <strong>und</strong> Oud-Spieler Layt<br />
Abdul-Ameer alte arabische Lieder neu. 20 Uhr,<br />
Seidlvilla, Nikolaiplatz 1 b.<br />
Nailah Porter – ConJazzNess. 20 Uhr, Jazzclub<br />
Unterfahrt, Einsteinstraße 42.<br />
Ray Blue and friends. Der Saxophonist spielt<br />
mit Christian Elsässer (piano), Paul Tietze<br />
(bass), Fabian Rösch (drums). 20.30 Uhr, Jazzbar<br />
Vogler, Rumfordstraße 17.<br />
Bärige R<strong>und</strong>e<br />
Schneeweißchen <strong>und</strong> Rosenrot leben mit ihrer Mutter in einer Hütte am Waldesrand.<br />
Eines Abends klopft es an der Tür, <strong>und</strong> als Rosenrot öffnet, tritt ein<br />
Bär ein. Er ist zahm <strong>und</strong> gutmütig. Deshalb erlauben ihm die Mädchen, bei<br />
ihnen zu überwintern. Doch als der Bär im Frühling wieder in den Wald<br />
zieht, vermissen sie ihn sehr. So machen sie sich also auf die Suche nach ihm<br />
– finden zunächst aber nur einen garstigen Zwerg, dem sie dreimal das Leben<br />
retten, ohne dass er es ihnen danken würde. . . Für „Schneeweißchen<br />
<strong>und</strong> Rosenrot“ (im Bild), einem märchenhaften Stück nach den Brüdern<br />
Grimm, lohnt es sich schon einmal, früh aufzustehen: Die Vorstellung beginnt<br />
am morgigen Samstag bereits um 10 Uhr im Münchner Theater für Kinder<br />
(ab 4 Jahren). Die etwas Älteren können dagegen ausschlafen: Für sie<br />
gibt es um 15 Uhr das Musical „Der Zauberer von Oz“ mit viel Tanz <strong>und</strong> Gesang<br />
(ab 6 Jahren; Dachauer Str. 46). by/Foto: H. Redmann<br />
Imaginiertes Europa<br />
In ihrem neuen Lesemarathon widmen sich Johan Simons <strong>und</strong> das gesamte<br />
Ensemble der Münchner Kammerspiele (Bildmitte am Mikro: Benny Claessens<br />
<strong>und</strong> Kristof van Boven) dem Reportage-Werk des niederländischen Autors<br />
Geert Mak „In Europa. Eine Reise durch das 20. Jahrh<strong>und</strong>ert“: Vom morgigen<br />
Samstag an bringen sie es Monat für Monat, Kapitel für Kapitel, auf<br />
die Bühne des Schauspielhauses. In der ersten Etappe geht es los in Paris:<br />
Mak fährt von Amsterdam aus in die Stadt der Weltausstellung. Damit verwoben<br />
wird die Geschichte des jungen Oskar Maria Graf, der vom Starnberger<br />
See nach München kommt, um Schriftsteller zu werden <strong>und</strong> in die Kreise<br />
von Anarchisten gerät. Ergänzt wird Maks Reisebericht durch weitere Texte<br />
von George Tabori, Carl Zuckmayer, Elfriede Jelinek <strong>und</strong> Liedern von Erich<br />
Mühsam <strong>und</strong> Kurt Tucholsky (22. 10., 20 Uhr). by/Foto: Andrea Huber<br />
Gottesdienste im Umland<br />
Eine Auswahl an Terminen am Wochenende<br />
Katholisch<br />
Am kommenden Sonntag, dem Sonntag<br />
der Weltmission, beginnt der<br />
Pfarrgottesdienst in St. Nikolaus in<br />
Neuried mit gleichzeitigem Kindergottesdienst<br />
um 10 Uhr. In Lochham<br />
wird in St. Johannes der Täufer um<br />
9 Uhr <strong>und</strong> in St. Johannes Evangelist<br />
um 10 Uhr Gottesdienst gefeiert. Die<br />
Messfeier in St. Stefan in Gräfelfing<br />
beginnt um 10.30 Uhr. Die Pfarrgemeinde<br />
St. Elisabeth in Planegg begeht<br />
um 10.30 Uhr ihre Eucharistiefeier;<br />
nach dem gemeinsamen Beginn<br />
in der Pfarrkirche sind die Kinder<br />
zu einem eigenen Kinderwortgottesdienst<br />
in den Pfarrsaal eingeladen;<br />
in der Wallfahrtskirche Maria<br />
Eich finden die Messen um 9 Uhr<br />
<strong>und</strong> um 11 Uhr statt. St. Vitus in<br />
Stockdorf feiert den Pfarrgottesdienst<br />
um 10 Uhr. Parallel zum Pfarrgottesdienst<br />
in St. Benedikt in Gauting<br />
um 10 Uhr findet ein Kindergottesdienst<br />
im Pfarrheim statt. Der<br />
Gottesdienst in der Kraillinger Margaretenkirche<br />
wird um 8 Uhr <strong>und</strong> in<br />
der Martinsrieder Martinskirche um<br />
9.15 Uhr gefeiert. In der St. Martin<br />
Kirche in Germering beginnen die<br />
Messfeiern <strong>und</strong> die „Kleine Kirche“<br />
um 9.30 Uhr.<br />
Evangelisch<br />
Um zehn Uhr beginnt der Gottesdienst<br />
in der Waldkirche Planegg<br />
mit Vorstellung der Konfirmanden.<br />
Anschließend findet um 11.15 Uhr<br />
ein Kindergottesdienst statt. In der<br />
Friedenskapelle Neuried wird am<br />
Sonntag um 8.30 Uhr ein Gottesdienst<br />
mit Abendmahl gefeiert. In<br />
der Apostelkirche Stockdorf läuten<br />
die Glocken am Sonntag um 10 Uhr<br />
zum Gottesdienst. In der Christuskirche<br />
in Gauting beginnt der Gottesdienst<br />
ebenfalls um 10 Uhr, gleichzeitig<br />
findet ein Kindergottesdienst<br />
statt. Um 18 Uhr dann beginnt der<br />
besondere Gottesdienst „You-Go“<br />
mit anschließendem Café. In der Friedenskirche<br />
Gräfelfing beginnt der<br />
Gottesdienst um 10.30 Uhr, gleichzeitig<br />
wird ein Kindergottesdienst gefeiert.<br />
In der Michaelskirche Lochham<br />
wird der Gottesdienst um<br />
9.30 Uhr gefeiert, auch hier findet<br />
der Kindergottesdienst parallel dazu<br />
statt. In der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde<br />
in Germering findet der Gottesdienst<br />
um 10 Uhr statt, die Freie<br />
Evangelische Gemeinde beginnt um<br />
11 Uhr. In Hadern wird ein Gottesdienst<br />
mit Abendmahl am Sonntag<br />
um 10.30 Uhr gefeiert. lasi<br />
Allach-Untermenzing<br />
Groovin' Hardbeats. Rockmusik aus den<br />
70er bis 90er Jahren. Musikgaststätte Brückerl,<br />
Goteboldstraße 189; Samstag, 20.30 Uhr.<br />
Ski- <strong>und</strong> Winterbasar. Schulzentrum, Pfarrer-<br />
Grimm-Straße 1; Freitag, 14.30 bis 17 Uhr.<br />
Zum Hoagartn. Eintritt frei. Im Vereinsheim<br />
des Siedlerverein Untermenzing, Everbuschstraße<br />
161; Freitag, 19.30 Uhr.<br />
Aubing<br />
Ausstellung: Quelle. Handwerk, Kunst, Kunsthandwerk,<br />
bis 30. Oktober; Freitag <strong>und</strong> Samstag<br />
15 bis 18 Uhr; Sonntag 10 bis 18 Uhr. UBO<br />
neun, Ubostraße 9<br />
Flohmarkt der Generationen. Herbstmarkt<br />
des ASZ Aubing, Am Aubinger Wasserturm 30;<br />
Freitag, 14 bis 17 Uhr.<br />
Fürstenried<br />
muSix. Popgeschichte der letzten fünf Dekaden.<br />
Spectaculum M<strong>und</strong>i, Graubündener Straße<br />
100; Samstag, 20.30 bis 23.30 Uhr.<br />
Sixte ajoutée <strong>und</strong> Female Affairs. Harmoniereiche<br />
sechsstimmige Arrangements. Im Rahmen<br />
des „Vokal-Total-Festivals“. Spectaculum<br />
M<strong>und</strong>i, Graubündener Straße 100; Freitag,<br />
20.30 bis 23.30 Uhr.<br />
Literatur-Frühstück. Gast: Alexander Kluy, Literaturkritiker,<br />
Journalist <strong>und</strong> Autor; Stadtbibliothek,<br />
Forstenrieder Allee 61; Samstag, 9.30 Uhr.<br />
Hadern<br />
L-Jays Elvis Show Band. Haderner Mpore,<br />
Guardinistraße 98 a; Freitag, 20 Uhr.<br />
Kinderprogramm: Den Vögeln ins Nest geschaut.<br />
Gartenbauverein, Anmeldung unter<br />
9 719 34 34 oder jeanette@langguth.mobi; Lorettoplatz,<br />
Großhadern; Samstag, 10 bis 12 Uhr.<br />
Mit 80 Tasten um die Welt. Musikkabarett<br />
mit Jörg Maurer. Augustinum München-Neufriedenheim,<br />
Stiftsbogen 74; Samstag, 19.30 Uhr.<br />
Steuerliche Aspekte: Rente <strong>und</strong> Hinzuverdienst.<br />
Infoveranstaltung. Anmeldung unter<br />
9 700 28 00. Nachbarschaft Neuhadern e.V.,<br />
Stiftsbogen 93; Freitag, 19 bis 20.30 Uhr.<br />
Treffpunkt Deutsch für ältere Menschen<br />
(50+) mit Migrationshintergr<strong>und</strong>. Anmeldung<br />
im ASZ Büro 9 580 34 76. ASZ Kleinhadern/Blumenau,<br />
Alpenveilchenstraße 42; Freitag,<br />
10 bis 11 Uhr.<br />
Den Vögeln ins Nest geschaut. Der Gartenbauvereins<br />
München-Großhadern lädt Kinderr<br />
ab dem Vorschulalter zur Reinigung der Nistkästen<br />
am Naturlehrpfad ein. Treffpunkt Parkplatz,<br />
Lorettoplatz; Samstag, 10 bis 12 Uhr.<br />
Laim<br />
Klavierduo Bonum. Mit Werken von Mozart,<br />
Schubert, Mendelssohn, Brahms, Faure. Eintritt<br />
frei. Steinway-Haus München, Landsberger<br />
Straße 336; Freitag, 19 Uhr.<br />
Konzert mit den Jazzbirds. Interim Kultur in<br />
Laim, Am Laimer Anger 2; Samstag, 20 Uhr.<br />
Lesung: Der Hals der Giraffe. Mit Judith<br />
Schalansky. Info 9 54 67 41 11. Buchhandlung<br />
Hacker, Fürstenriederstraße 44; Freitag, 20 Uhr.<br />
Musik <strong>und</strong> Tanz: Fugitve Song. Interim Kultur<br />
in Laim, Am Laimer Anger 2; Freitag, 20 Uhr.<br />
Moosach<br />
Ausstellung: Engelbilder. Gemalt von Christina<br />
Dannhauer, bis 29. November; Montag, Diestag,<br />
Donnerstag <strong>und</strong> Freitag, 10 bis 19 Uhr; Mittwoch,<br />
14 bis 19 Uhr. Stadtbibliothek Moosach,<br />
Hanauer Straße 61 a.<br />
Musical „Erde, dreh!“ Aufführung der 6. Klassen<br />
in der Aula der Artur-Kutscher-Realschule,<br />
Gerastraße 6; Freitag, 17 Uhr.<br />
Da Pfenningfuchser. Komödie in drei Akten<br />
mit dem Landstorfer Ensemble. Theater Gut Nederling,<br />
Nederlinger Straße 78; Freitag <strong>und</strong><br />
Samstag, 20 Uhr.<br />
Hommage an Jaques Brel. Deutsche Interpretation<br />
von <strong>und</strong> mit Georg Rüter. Anmeldung<br />
9 143 38 18 21. Pelkovenschlössl, Moosacher<br />
St.-Martins-Platz 2; Samstag, 20 Uhr.<br />
Politischer Frühschoppen im <strong>SPD</strong> Ortsverein.<br />
München 2014 – wesentliche Herausforderungen<br />
<strong>und</strong> Ziele! Gasthof Alter Wirt, Dachauer<br />
Straße 274; Samstag, 11 Uhr.<br />
The Hi-Fly-Orchestra: Latin meets Jazz.<br />
Pelkovenschlössl, Moosacher St.-Martins-Platz<br />
2; Freitag, 20 Uhr; Einlass: 19 Uhr.<br />
Neuhausen<br />
Standpunkt.e - welcome to my world. Choreografen<br />
laden ein in ihre Welt, heute Colette<br />
Sadler. Theater Schwere Reiter, Dachauer Straße<br />
114; Samstag, 20.30 Uhr.<br />
Carmina Burana. Aufführung in der Stephanuskirche,<br />
Nibelungenstr. 51; Samstag, 20 Uhr.<br />
Der unerwartete Gast. Krimi von Agatha<br />
Christie. Blutenburgtheater, Blutenburgstraße<br />
35; Freitag <strong>und</strong> Samstag, 20 Uhr.<br />
Moop Mama. Freiheizhalle, Rainer-Werner-<br />
Fassbinder-Platz 1; Samstag, 20 bis 22 Uhr.<br />
Neuhauser Musiknacht 2011. Rotkreuzplatz;<br />
Samstag, 19 Uhr.<br />
Pothead. Freiheizhalle, Rainer-Werner-Fassbinder-Platz<br />
1; Freitag, 20 bis 22 Uhr.<br />
Solaris. Kammerspiel nach Stanislaw Lem. Pathos<br />
Ateliers, Dachauer Straße 112 d; Freitag,<br />
Samstag, 21 Uhr.<br />
Wölli & Die Band Des Jahres. Backstage<br />
(Halle), Reitknechtstraße 6; Freitag, 20 Uhr.<br />
Wölli <strong>und</strong> die Band des Jahres. Genre:<br />
Rock. Backstage (Club), Reitknechtstraße 6;<br />
Freitag, 20 Uhr.<br />
Tanzcafé. Für Jung <strong>und</strong> Alt mit <strong>und</strong> ohne Behinderung.<br />
FBZ im Löhe-Haus., Blutenburgstraße<br />
71; Samstag, 14.30 bis 16.30 Uhr.<br />
Nymphenburg<br />
Ausstellung: Aus Blatt mach Hut. Verarbeitung<br />
von Pflanzen für den Alltagsgebrauch in<br />
Costa Rica. Fotografien von Juliane Gregor, bis<br />
23. Oktober; <strong>Grüne</strong>r Saal (Haus 7 der Schaugewächshäuser);<br />
täglich, 9 bis 16.30 Uhr. Botanischer<br />
Garten, Menzinger Straße 61 bis 65.<br />
Christliche Veranstaltungsreihe. Adventgemeinde,<br />
Tizianstraße 18; Samstag, 19.30 Uhr.<br />
Reise zu unserer Vorfahren. Kinder- <strong>und</strong> Familienführung<br />
im Museum Mensch <strong>und</strong> Natur,<br />
Schloss Nymphenburg; Freitag, 15.30 Uhr.<br />
Fräulein Brehms Tierleben Canis lupus –<br />
Der Wolf. Museum Mensch <strong>und</strong> Natur, Schloss<br />
Nymphenburg; Freitag, 18.30 Uhr.<br />
Stadtviertel <strong>und</strong> Landkreis<br />
Obermenzing<br />
Der kleine Spauz. Film von Claus <strong>und</strong> Ingrid<br />
König (Ludwigsburg) über den Sperlingskauz im<br />
Nordschwarzwald. Veranstaltung der Ornithologischen<br />
Gesellschaft in Bayern e.V. Zoologische<br />
Staatssammlung München, Münchhausenstraße<br />
21; Freitag, 19 Uhr.<br />
Jahresausstellung: Geschichten vom Anfang.<br />
Ursprungsmythen <strong>und</strong> -märchen aus aller<br />
Welt, bis 31. August 2012; Montag bis Freitag,<br />
10 bis 16 Uhr; Samstag <strong>und</strong> Sonntag, 14 bis 17<br />
Uhr. Jugendbibliothek, Schloss Blutenburg.<br />
Jubiläums-Umweltaktion „Ramadama“.<br />
Verein der Fre<strong>und</strong>e Schloss Blutenburg, Seldweg<br />
15; Samstag, 9 bis 12 Uhr.<br />
Pasing<br />
Ausstellung: Itali Arts. Artisti contemporanei<br />
italiani a Monaco di Baviera, Friaul zu Gast in<br />
München, bis 4. Dezember; Dienstag bis Sonntag,<br />
16 bis 20 Uhr. Galerie 1 bis 3 der Pasinger<br />
Fabrik, August-Exter-Straße 1.<br />
Dachlawine: Der Gefangene der Second<br />
Avenue. Schwarze Komödie. Pasinger Fabrik;<br />
Freitag <strong>und</strong> Samstag, 20 Uhr.<br />
Die Ebenböckvilla öffnet ihre Türen. Treffpunkt<br />
zur Führung: vor dem Ebenböckhaus,<br />
Ebenböckstraße 11; Freitag, 17 Uhr.<br />
Dornröschen. „Figurentheaterfestivals“. Kinder-<br />
<strong>und</strong> Jugendkulturwerkstatt Pasinger Fabrik,<br />
August-Exter-Straße 1; Samstag, 15 Uhr.<br />
Filmabend: Cineme Muto. Pasinger Fabrik,<br />
August-Exter-Straße 1; Freitag, 20 Uhr.<br />
La Triviata – Die Impro-Oper: Lass dich eropern.<br />
Abendkasse 9 82 92 90 79. Pasinger<br />
Fabrik; Freitag <strong>und</strong> Samstag, 20 Uhr.<br />
Prinzessin auf der Erbse. „Figurentheaterfestiivals“.<br />
Kinder- <strong>und</strong> Jugendkulturwerkstatt Pasinger<br />
Fabrik; Freitag, 15 Uhr.<br />
Vernissage: Wachsweich <strong>und</strong> hautnah.<br />
Künstler der Offenen Ateliers Pasing-Obermenzing<br />
stellen Arbeiten aus. Ebenböckhaus, Ebenböckstraße<br />
11; Freitag, 19 bis 21 Uhr.<br />
Welche Gefahren lauern im Internet <strong>und</strong><br />
wie kann man sich davor schützen? Sprechst<strong>und</strong>e<br />
mit Michael Mirwaldt; <strong>SPD</strong>-Bürgerbüro, Alte<br />
Allee 2; Samstag, 10 bis 11.30 Uhr.<br />
Sendling-Westpark<br />
Thailändisches Loy-Krathong-Fest. Tempel-<br />
<strong>und</strong> Folkloretänze, Livemusik, Krathongbasteln<br />
<strong>und</strong> anderes. An der Nepalpagode. Einitritt<br />
frei. Westpark; Samstag, 11 Uhr.<br />
Wiener Heurigen Abend Münchner Haupt'<br />
Festsaal, Zielstattstraße 6; Freitag, 20 bis 22<br />
Uhr; Samstag, 20 Uhr.<br />
Gräfelfing<br />
Bandwettbewerb. Jugendhaus an der Würm,<br />
Lochhamer Straße 3; Samstag, 20 Uhr.<br />
Discozeit <strong>und</strong> Hörspielgruppe. Jugendhaus<br />
an der Würm; Freitag, 17 bis 20 Uhr.<br />
Hip Hop Abend. Jugendhaus an der Würm,<br />
Lochhamer Straße 3; Freitag, 20.30 Uhr.<br />
IGG-Bürgerr<strong>und</strong>e. Thema: Bürgerhausumbau<br />
<strong>und</strong> Pläne zum Eichendorffplatz; Gemeindebücherei;<br />
Samstag, 11 Uhr.<br />
Schachklubs. Jugendtraining, Antoniuskeller,<br />
Bahnhofstraße 110; Freitag, 17 bis 19 Uhr.<br />
Senioren-Spielenachmittag. Seniorenzentrum,<br />
Schulstraße 7; Freitag, 14.30 bis 17 Uhr.<br />
Spiel- <strong>und</strong> Trainingsbetrieb. Schachclub,<br />
Bahnhofstraße 110; Freitag, 20 Uhr.<br />
Krailling<br />
Konzert: Peter Müllers, Bo Jack Lumus mit<br />
American Roots Rock <strong>und</strong> Blue Power. Schabernack,<br />
Margaretenstraße 14; Samstag, 20 Uhr.<br />
Neuried<br />
Ausstellung: „Power of Yesterday“. Holzschnitte<br />
der Künstlerin Brigitte Steininger; zu sehen<br />
bis 4. November, täglich, 11 bis 23 Uhr. Ristorante<br />
Campo Bello, Parkstraße 27.<br />
Bücherflohmarkt. Gemeindebücherei, Gautinger<br />
Straße 5, bis 25. November; Dienstag, 15 bis<br />
19 Uhr; Mittwoch, 10 bis 13.30 <strong>und</strong> 15 bis 18<br />
Uhr; Donnerstag <strong>und</strong> Freitag, 15 bis 18 Uhr.<br />
Kinderflohmarkt des Kinderhauses. Maxhofweg;<br />
Samstag, 10 bis 13 Uhr.<br />
Planegg<br />
Ausstellung: Bullocks. Von James Sutherland<br />
in collaboration with special friends, bis 4.<br />
November; täglich, 9 bis 19 Uhr. Max-Planck-Institut<br />
für Biochemie, Am Klopferspitz 18<br />
Mozart für Kinder – H. Klug <strong>und</strong> Münchner<br />
Philharmoniker. Kupferhaus, Feodor-Lynen-<br />
Straße 5; Samstag, 17 bis 19 Uhr.<br />
Trio Orfeo. Kupferhaus; Freitag, 20 bis 22 Uhr.<br />
Stockdorf<br />
Gartler-Hoagart. Pfarrsaal St. Vitus, Waldstraße<br />
24; Freitag, 19.30 Uhr.<br />
EKP-Mitgliederversammlung. Alte Schule,<br />
Mitterweg 34; Samstag, 10 bis 17 Uhr.<br />
Unterbrunn<br />
Charivari Jazzband <strong>und</strong> Jörn Pfennig. Gasthof<br />
Böck; Freitag, 20 Uhr.<br />
Zentrale Notdienste<br />
Polizei 110<br />
Feuerwehr 112<br />
Rettungsdienst/Notarzt 112<br />
Apotheken Notdienst<br />
(0800) 2282280<br />
Kassenärztlicher Notdienst<br />
(01805) 191212<br />
Privatärztlicher Notdienst<br />
(089) 19257<br />
Zahnärztlicher Notdienst<br />
(089) 7233093<br />
Psychiatrischer Krisendienst<br />
(089) 7295960<br />
Sucht-Hotline (089) 282822<br />
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Evangelische Telefonseelsorge<br />
(0800) 1110111
BAYERN<br />
Freitag, 21. Oktober 2011 <strong>Süddeutsche</strong> <strong>Zeitung</strong> Nr. 243 / Seite R 17<br />
33<br />
Kommentar<br />
Persilschein für<br />
den Bürgermeister<br />
Von Heiner Effern<br />
Nun hat es Thomas Schmid, der Bürgermeister<br />
von Garmisch-Partenkirchen,<br />
schriftlich: Er ist unschuldig am<br />
millionenschweren Finanzdebakel beim<br />
Bau der neuen Skisprungschanze am Gudiberg.<br />
Das hat er sich in der Gemeinderatssitzung<br />
am Mittwochabend per Mehrheitsbeschluss<br />
bestätigen lassen. Der Persilschein<br />
umfasst auch die Verwaltung.<br />
Damit keiner auf dumme Gedanken<br />
kommt, durften die Gemeinderäte mehrheitlich<br />
noch erklären, künftig auf alle<br />
rechtlichen oder dienstaufsichtlichen<br />
Schritte zu verzichten. Nach dieser Sitzung<br />
ist auch klar: Das System Schmid<br />
funktioniert wie eh <strong>und</strong> je.<br />
Was ist mit dem kritischen Bericht des<br />
Kommunalen Prüfungsverbandes zur<br />
selbst verschuldeten Kostenexplosion?<br />
Was mit all den Fehlern <strong>und</strong> Schlampereien<br />
bei Bürgermeister <strong>und</strong> Verwaltung,<br />
was mit der mangelnden Transparenz?<br />
Abgearbeitet in einer zweistündigen Diskussion<br />
im Gemeinderat. Der Bürgermeister<br />
hielt es nicht einmal für notwendig,<br />
sich zu den Mehrkosten der Schanze<br />
von mehr als acht Millionen Euro vor<br />
dem Gremium zu erklären. Er stand hinter<br />
dem Pult wie ein Moderator, den die<br />
Angelegenheit eigentlich nichts angeht.<br />
Fragen nach seiner Verantwortung ließ<br />
er einfach abperlen.<br />
Schmids Unterstützer im Gemeinderat<br />
schätzen seine Durchsetzungskraft,<br />
in seinen beiden Amtszeiten möbelte er<br />
das komplette Skigebiet in Garmisch<br />
um, baute die Schanze in Partenkirchen<br />
neu <strong>und</strong> bewarb sich gemeinsam mit<br />
München um die Olympischen Winterspiele<br />
2018. Doch um welchen Preis? Garmisch-Partenkirchen<br />
hat alle finanziellen<br />
Ressourcen für lange Zeit im stagnierenden<br />
Wintersport geb<strong>und</strong>en. Der Haushalt<br />
wird seit Jahren nur durch den Verkauf<br />
von Immobilien einigermaßen im<br />
Lot gehalten. Prestigeobjekte sind für<br />
Schmid Kriterium des Handelns, es geht<br />
um den Glanz nach außen. Dass der Bürgermeister<br />
den Ort durch seine kompromisslose<br />
Art gespalten hat in Schmid-<br />
Gegner <strong>und</strong> Schmid-Befürworter, das<br />
scheint ihn nicht zu kümmern. Die einzige<br />
Person, die für den Politiker Thomas<br />
Schmid wirklich zählt, heißt Thomas<br />
Schmid. Heiner Effern<br />
CSU <strong>und</strong> FDP<br />
zurren Wahlrecht fest<br />
München – Schwarz-Gelb im Landtag<br />
bleibt trotz Debatten bis zuletzt bei zwei<br />
Wahlrechtsfragen auf Kurs: Im Landtagsplenum<br />
segneten CSU <strong>und</strong> FDP gestern<br />
die Stimmkreisreform wie geplant ab.<br />
Demnach verlieren Oberfranken <strong>und</strong> die<br />
Oberpfalz bei der Landtagswahl 2013<br />
zwei Mandate, sie gehen an Oberbayern.<br />
Zugleich legte eine Spitzenr<strong>und</strong>e der Koalition<br />
fest, dass es bei der Altersgrenze<br />
für Landräte <strong>und</strong> Oberbürgermeister<br />
bleibt. Für sie gilt damit bei der Wahl<br />
2020 eine neue Höchstantrittsgrenze von<br />
66 Jahren (bisher 64). Die kommunalen<br />
Spitzenverbände hatten eine weitergehende<br />
Liberalisierung verlangt. fmue<br />
Elefant verletzt<br />
Tierpfleger schwer<br />
Augsburg – Ein Elefant hat einen Tierpfleger<br />
im Augsburger Zoo schwer verletzt.<br />
Das Tier attackierte den Mann am<br />
Donnerstagmorgen mit seinen Stoßzähnen<br />
<strong>und</strong> drückte ihn gegen die Wand des<br />
Elefantenhauses, dabei erlitt der 43-Jährige<br />
Verletzungen der inneren Organe.<br />
Nach Auskunft einer Zoosprecherin besteht<br />
keine Lebensgefahr. dapd<br />
Regenten mit eigenem Landrecht<br />
Erst Ludwig, dann Bruni: 39 Jahre lang haben die Mayers als Landräte das Rottal regiert – gegen den Willen der CSU<br />
Von Max Hägler<br />
Pfarrkirchen – Es ist eine Ära, die da zu<br />
Ende geht. 39 Jahre hat die Familie Mayer<br />
das niederbayerische Rottal aus dem<br />
Landratsamt in Pfarrkirchen regiert –<br />
von einer kleinen Unterbrechung juristischer<br />
Natur mal abgesehen. Erst Ludwig,<br />
dann Brunhilde Mayer, ein schlauer<br />
König <strong>und</strong> eine heißblütige Herrscherin,<br />
die zum Nutzen des Landkreises schon<br />
mal so etwas wie ein eigenes Landrecht<br />
kreierten. Als wäre das nicht schon ungewöhnlich<br />
genug, spielte sich das alles gegen<br />
den Willen der CSU ab. Nun findet<br />
diese Zeit ein Ende: Am Sonntag werden<br />
die Bürger im Rottal einen neuen Landrat<br />
wählen. Einen Kandidaten aus dem<br />
Hause Mayer gibt es aber nicht mehr.<br />
Landrätin Brunhilde Mayer, die seit<br />
1987 amtiert, tritt nicht mehr an.<br />
Manche sagen zu ihr Königin des Rottals.<br />
Es ist eine Landschaft, in der es<br />
noch gut 3000 Bauernhöfe gibt. Aber es<br />
passt wohl besser, was ihre Fre<strong>und</strong>in, die<br />
Kabarettistin Lisa Fitz, erzählt hat: Die<br />
Bruni Mayer sei eine, die mit Herz <strong>und</strong><br />
Verstand Politik mache. „Integer wie eine<br />
Mutter.“ Die da ist für die Schwachen,<br />
so wie vor vier Jahren, als sie einer alten<br />
Dame nach mehreren Besuchen die geplante<br />
Selbsttötung ausreden konnte.<br />
Herzlich, strahlend <strong>und</strong> extrem präsent<br />
tritt Bruni Mayer aus ihrer Tür, ihre Haare<br />
hat sie nach oben gesteckt, ein wenig<br />
sieht das aus wie bei der Comicfigur<br />
March Simpson. Man wäre nicht erstaunt,<br />
wenn sie ihre Arme ausbreiten<br />
<strong>und</strong> einen fest an ihre Brust drücken würde.<br />
Das Amtszimmer im Pfarrkirchener<br />
Landratsamt passt dazu, es ist mehr ein<br />
Wohnzimmer. Kein Computer auf dem<br />
Minister Herrmann verlieh ihr<br />
einen Orden: „Sie kann stolz<br />
sein auf ihr Lebenswerk.“<br />
Schreibtisch. Die Vorhänge sind bestimmt<br />
von einem angenehmen Meerblau<br />
<strong>und</strong> ein wenig Gelb. Die Fenster stehen<br />
offen an diesem schönen Herbsttag.<br />
Die Landrätin hat Platz genommen auf<br />
einem schlichten weißen Ledersessel,<br />
legt ihre Hände ineinander <strong>und</strong> sagt<br />
dann: „Dieses Amt wird mir fehlen.“<br />
Klar, aber wieso tritt sie dann nicht<br />
noch einmal an, zum fünften Mal wäre<br />
es? In diesem Jahr hat Bruni Mayer den<br />
Bayerischen Verdienstorden bekommen<br />
<strong>und</strong> selbst Innenminister Joachim Herrmann<br />
(CSU) sagt von ihr: „Sie kann stolz<br />
sein auf ihr Lebenswerk!“ Viel Lob <strong>und</strong><br />
trotzdem müde? Ja, sagt sie, 64 Jahre ist<br />
sie mittlerweile, das spüre sie. Und dann<br />
ist ja auch der Biasch tot. Ihr Ehemann,<br />
der frühere König des Rottals, wie ihn alle<br />
nannten.<br />
An ihm, an Ludwig Mayer, macht sich<br />
vieles fest. Bei der CSU war er, führte als<br />
junger Mann von 1972 an als erster diesen<br />
neu gebildeten Landkreis, der Pfarrkirchen<br />
<strong>und</strong> Eggenfelden zusammenfasste<br />
– mit einigem Erfolg. Ludwig Mayer<br />
holte Schulen in den Landkreis, er legte<br />
den Gr<strong>und</strong>stein für den Kurort Bad Birnbach.<br />
Und er war ein Mann mit eigenem<br />
Kopf, zunehmend zum Missfallen seiner<br />
Partei, zumal ihn Parteifunktionäre <strong>und</strong><br />
politische Rücksichtnahmen nicht interessierten.<br />
„Nach oben hat er aufbegehrt,<br />
unten hat er geholfen“, erinnert sich Eggenfeldens<br />
<strong>SPD</strong>-Altbürgermeister Hans<br />
Kreck. Als in einer Allee im Landkreis immer<br />
wieder schwere Unfälle passierten,<br />
wollte Mayer die Bäume fällen. Doch die<br />
Oberste Baubehörde weigerte sich, der<br />
Landrat stellte daraufhin Strafanzeige –<br />
wegen fahrlässiger Tötung. Eine<br />
Watschn für die Staatsregierung. Als der<br />
gelernte Agrarprodukte-Händler Mayer<br />
zu selbstbewusst wurde, da schlug der<br />
schwarze Regierungsapparat zurück:<br />
Der Landrat hatte dem Simbacher Kreiskrankenhaus<br />
mittels kreativer Verhandlungen<br />
eine Intensivstation <strong>und</strong> eine<br />
Röntgenanlage verschafft – was dem<br />
Die Rottaler wählten Bruni Mayer zunächst aus Sympathie zu ihrem Mann Ludwig<br />
(unten), später wurde sie viermal im Amt bestätigt. Fotos: Preiss/dapd, oh<br />
Landkreis half, firmierte rechtlich aber<br />
unter „Subventionsbetrug“. Die Bezirksregierung<br />
setzte Mayer ab, weil er „objektiv<br />
untragbar“ gearbeitet habe; zwei Gerichtsinstanzen<br />
bestätigten die Entscheidung.<br />
Ludwig Mayer wurde trotzdem<br />
wiedergewählt, musste sein Amt aber<br />
schließlich verlassen, unehrenhaft, ohne<br />
weitere Bezüge. „An die Folgekosten<br />
zahl’ ich heute noch hin“, sagt die Witwe<br />
Mayer. Und sie habe lernen müssen, dass<br />
Gerichte offenbar „beeinflussbar“ seien.<br />
Anfang der 1980er Jahre war das, als<br />
der Ludwig dann auch eine Liaison mit<br />
der Bruni anfing. Beide waren zuvor<br />
schon einmal verheiratet gewesen, ein<br />
Unding für die CSU. Aber die Leute im<br />
Rottal dachten anders, sie schätzten, was<br />
der Biasch erreicht hatte. „A H<strong>und</strong>“ sei<br />
er, sagten sie anerkennend, so jemanden<br />
bräuchte man wieder als Landrat. Und<br />
nach einer vierjährigen Pause wählten<br />
sie 1987 wieder Mayer: Diesmal eben Bruni,<br />
die mittlerweile Ludwig geheiratet<br />
hatte <strong>und</strong> auf seinen Vorschlag hin für eine<br />
unabhängige Wählergemeinschaft antrat.<br />
Der CSU-Kandidat unterlag gegen<br />
Bruni in der Stichwahl.<br />
Allen war klar, dass mit ihrer Wahl eigentlich<br />
der Biasch gemeint war. „Die<br />
erste Wahlperiode war Ludwig mein Berater,<br />
dann hab ich mich frei-<br />
MACH DICH BEREIT FÜR<br />
UNSERE NEUERÖFFNUNG<br />
20. OKTOBER | Ingolstadt Village<br />
gschwomma“, formuliert es Bruni Mayer<br />
heute. Wobei es ein Kampf war. Von Verwaltung<br />
hatte sie damals keine Ahnung,<br />
sie ist gelernte Modistin. Bei ihrer ersten<br />
Kreistagssitzung blinkten die Schalter<br />
mit den Wortmeldungen, die junge Landrätin<br />
wusste nicht, wo sie drücken musste,<br />
ihr Interims-Vorgänger Poißl war ihr<br />
keine Hilfe. „Sie wollten doch unbedingt<br />
Landrat werden, dann machens doch selber,<br />
hat der gesagt.“ Die Auseinandersetzungen<br />
mit Poißl vergaß Bruni Mayer<br />
nicht: Seinen Nachruf im Amtsblatt unterzeichnete<br />
sie nicht.<br />
Gleich nach ihrer Wahl ging sie von<br />
Tür zu Tür <strong>und</strong> sagte: „Ich bin jetzt ihre<br />
Chefin, aber ich sag’s eahna: Ich hab von<br />
Verwaltung keine Ahnung. Bitte helfen<br />
S’ mir.“ Und wenn ihr jemand etwas abschlagen<br />
wollte, im Amt oder bei der Regierung,<br />
dann wurde sie weiblich-hinterfotzig:<br />
„Sie machen das doch nur nicht,<br />
weil ich eine Frau bin <strong>und</strong> weil ich eine<br />
Vor zwei Jahren gab es eine<br />
Klatsche: Der Verkauf der<br />
Kreiskliniken wurde abgelehnt.<br />
Mayer bin.“ Wahrscheinlich war das eines<br />
ihres Erfolgsrezepte: Bruni Mayer<br />
sagt, was sie denkt. So etwas schätzt man<br />
in Niederbayern. Und mittlerweile auch<br />
bei der CSU, mit deren Hilfe sie, bei aller<br />
Abneigung, die meisten Entscheidungen<br />
im Kreistag traf.<br />
Eine engagierte Verfechterin der kommunalen<br />
Selbstverwaltung sei die Landrätin,<br />
sagte Innenminister Herrmann, als<br />
er sie vor einigen Tagen persönlich verabschiedete.<br />
Eine positive Deutung wohl<br />
auch von Brunis oft sehr großzügiger Interpretation<br />
des Baurechts. „Ihr ging es<br />
dabei aber nie um persönliche Macht <strong>und</strong><br />
den Einfluss, sie war <strong>und</strong> ist einfach davon<br />
überzeugt, dass der Staat möglichst<br />
nah am Bürger sein solle“, sagte Herrmann.<br />
Auf ihrem Fensterbrett steht ein<br />
Foto von Herrmanns Vorgänger Günther<br />
Beckstein (CSU). Darauf die Widmung:<br />
„Meiner Lieblingslandrätin.“<br />
Die wichtigsten Vertrauten ihrer Arbeit:<br />
zwei führende Beamte – <strong>und</strong> natürlich<br />
ihr Mann. Abends saß sie mit ihm zusammen,<br />
er hatte die <strong>Zeitung</strong>en durchgearbeitet,<br />
war ein scharfer Analytiker.<br />
„Spinn’ ned gar a so“, hat er dann gesagt<br />
oder geraten: „Lass dir nix gefallen.“<br />
Und sie sei fast jedes Mal gescheitert,<br />
wenn sie anderer Meinung war <strong>und</strong> es<br />
trotzdem gemacht habe. Einen Moment<br />
hält sie inne: „Ich habe keinen Menschen<br />
mehr, der mich beraten kann. Mir geht<br />
mein Mann ab, ich fühl mich amputiert.“<br />
Vor sechs Jahren ist er nach schwerer<br />
Krankheit gestorben. Der ganze Landkreis<br />
hat mit Bruni mitgelitten. Wenn sie<br />
Rat sucht, geht sie an das Grab <strong>und</strong> sagt:<br />
„Du kannst ned nur schlafen. Hilf mir.“<br />
Doch Ludwig konnte ihr nicht helfen,<br />
beispielsweise vor zwei Jahren, als entschieden<br />
wurde, wie es mit den Kreiskrankenhäusern<br />
weitergehen solle – seit<br />
jeher wichtige Prestigeobjekte auf dem<br />
Land. Aus wirtschaftlichen Gründen<br />
wollte Bruni Mayer die Häuser privatisieren.<br />
Ein Aufschrei ging durch den Landkreis,<br />
wütende Debatten wurden geführt,<br />
schließlich kam es zu einem <strong>Bürgerentscheid</strong>.<br />
Und Bruni Mayer erlitt eine<br />
fürchterliche Klatsche: Beinahe 90<br />
Prozent der Bürger stimmten gegen ihren<br />
Plan, die FDP forderte gar ihren<br />
Rücktritt. Es war das erste Mal, dass Bruni<br />
ihr Gespür für die Befindlichkeit in ihren<br />
Landkreis verloren hatte. „Das habe<br />
ich persönlich genommen“, sagt sie.<br />
Wenn man sich bei politischen Gegnern<br />
umhört, was sie denn an der Bruni stört,<br />
dann kommt meist der Verweis auf dieses<br />
Gemüt, das nur Fre<strong>und</strong> <strong>und</strong> Feind<br />
kennt, nichts dazwischen: „Sie ist stur<br />
<strong>und</strong> emotional“, sagt etwa der ÖDP-<br />
Kreisrat <strong>und</strong> Religionslehrer Sepp Rettenbeck,<br />
der die Revolte gegen den Krankenhausverkauf<br />
angeführt hatte. „Vielleicht<br />
wie eine besorgte Mutter.“<br />
Immer mehr<br />
ältere Patienten<br />
Söder will mit Ges<strong>und</strong>heitsagentur<br />
medizinische Versorgung verbessern<br />
München – Minister Markus Söder<br />
(CSU) will das Ges<strong>und</strong>heitssystem in<br />
Bayern stärker auf die Folgen einer ständig<br />
älter werdenden Gesellschaft ausrichten.<br />
Bereits im Jahr 2020 werde jeder<br />
fünfte Krankenhauspatient älter als<br />
80 Jahre sein. Und in den kommenden<br />
15 Jahren werde die Zahl der Demenzkranken<br />
um 40 Prozent zunehmen. Söder<br />
erklärte: „All das bedeutet ein Mehr an<br />
medizinischer Versorgung <strong>und</strong> pflegerischer<br />
Betreuung.“<br />
Konkret plant der Minister die Bildung<br />
einer Ges<strong>und</strong>heitsagentur, die mit<br />
vier Millionen Euro ausgestattet sein<br />
soll. Die Agentur soll neue Versorgungskonzepte<br />
fördern. Dazu gehören Gemeinschaftspraxen,<br />
die an jedem Wochentag<br />
von einem anderen Facharzt genutzt werden,<br />
Fahrdienste, die Ärzte zu Hausbesuchen<br />
fahren. Außerdem sollen flexiblere<br />
Arbeitszeitmodelle gefördert werden. Zudem<br />
soll ein Kommunalbüro beim Landesamt<br />
für Ges<strong>und</strong>heit eingerichtet werden,<br />
um Lösungen zu finden, wenn sich<br />
Lücken in der hausärztlichen Versorgung<br />
auftun. Mit 100 000 Euro im Jahr<br />
will Söder das Angebot ambulanter<br />
Palliativteams von derzeit 16 auf 60<br />
Teams schrittweise ausbauen. Außerdem<br />
soll Bayern einen Staatsbeauftragten für<br />
psychische Erkrankungen bekommen.<br />
„Wir werden einen bayerischen Psychiatrie-<br />
<strong>und</strong> Burn-out-Beauftragten berufen“,<br />
sagte Söder. Damit mehr Geld im<br />
bayerischen Ges<strong>und</strong>heitssystem verbleibt,<br />
will Söder gemeinsam mit Baden-<br />
Württemberg gegen den Ges<strong>und</strong>heitsfonds<br />
vorgehen. Sie wollen ein Gutachten<br />
zur regionalen Ausgestaltung in Auftrag<br />
geben, damit nicht länger Milliarden<br />
in andere Länder fließen. Das Gutachten<br />
soll Gr<strong>und</strong>lage „für einen gerechteren<br />
Länderfinanzausgleich im Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />
sein“, erklärte Söder. msz<br />
Steuerzahlerb<strong>und</strong> legt<br />
Schwarzbuch vor<br />
München – Die Verschwendung von Steuergeldern<br />
hat in Bayern offenbar auch im<br />
letzten Jahr nicht nachgelassen. Das geht<br />
jedenfalls aus dem neuen Schwarzbuch<br />
hervor, das der B<strong>und</strong> der Steuerzahler unter<br />
dem Titel „Die öffentliche Verschwendung<br />
2011“ in München vorstellte. Darin<br />
finden sich elf Fälle aus Bayern, in denen<br />
nach Meinung des Vereins öffentliche<br />
Gelder vergeudet wurden. Kritisiert wurden<br />
besonders die Kostenexplosionen<br />
von bis zu 200 Prozent bei verschiedenen<br />
Baumaßnahmen im Freistaat. Auch die<br />
BayernLB taucht wieder im Schwarzbuch<br />
auf. Präsident Rolf von Hohenhau<br />
forderte, Steuerverschwendung müsse<br />
genau so hart bestraft werden wie Steuerhinterziehung.<br />
Für die Steuerzahler sei<br />
es schließlich egal, auf welche Weise<br />
Steuergelder verloren gingen. jola<br />
Gauweiler rechnet<br />
mit CSU-Führung ab<br />
München – Der bei der Wahl zum CSU-<br />
Vizechef gescheiterte B<strong>und</strong>estagsabgeordnete<br />
Peter Gauweiler führt seine Niederlage<br />
direkt auf eine „Revanche“ der<br />
Parteiführung auf „meine unverblümte<br />
Kritik“ an der Berliner Koalition zurück.<br />
Das schrieb Gauweiler am Donnerstag in<br />
seiner Kolumne für den Münchner Merkur.<br />
Offenbar habe „die amtierende Führung<br />
einen Affront gesehen“ <strong>und</strong> seine<br />
Positionen als „Kränkung“ gewertet.<br />
Gauweiler greift auch das B<strong>und</strong>esverkehrsministerium<br />
an, das von seinem<br />
siegreichen Konkurrenten Peter Ramsauer<br />
geführt wird. Dieses habe den Delegierten<br />
„Kilometergeld haufenweise“ (also:<br />
neue Straßen) versprochen. „Ich wusste<br />
gar nicht, dass Amtsträgern dergleichen<br />
erlaubt ist.“ fmue<br />
www.IngolstadtVillage.com
3<br />
8,1 Millionen Euro mehr als geplant hat die Sprungschanze in Garmisch-Partenkirchen gekostet. Nach Ansicht des Kommunalen Prüfungsverbandes ist diese Steigerung<br />
überwiegend auf Fehler der Verwaltung <strong>und</strong> des Bürgermeisters zurückzuführen. Foto: imago sportfotodienst<br />
Das Gericht erteilt keine Absolution<br />
Wohl aus Existenzangst veruntreute ein Pfarrer mehr als eine Million Euro – er wird zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt<br />
Von Katja Auer<br />
Würzburg – Eigentlich, <strong>und</strong> das ist das<br />
Kuriose an diesem Fall, ist gar kein Schaden<br />
entstanden. Kein materieller zumindest.<br />
Denn das Geld ist noch da. Oder soll<br />
wenigstens bald wieder da sein, wo es eigentlich<br />
hingehört. Mehr als eine Million<br />
Euro hat ein Pfarrer aus Unterfranken<br />
im Lauf seiner 40 Dienstjahre in der Pfarrei<br />
Laudenbach (Landkreis Miltenberg)<br />
veruntreut. Er hat Geld auf Konten verschoben,<br />
Spenden nicht abgegeben, Kollekten<br />
behalten. Ein Leben im Luxus hat<br />
er aber nicht geführt. Im Gegenteil. Vor<br />
Gericht erscheint er einfach gekleidet,<br />
graue Hose, grüner Pullover. Bescheiden<br />
soll er immer gelebt haben. Besonders<br />
gern wird die Geschichte erzählt, dass seine<br />
Organisten die alten Briefkuverts, auf<br />
denen der Pfarrer die Liednummern für<br />
den Gottesdienst geschrieben hatte, nachher<br />
wieder abgeben musste – weil ja noch<br />
Platz für neue Zahlen war.<br />
Am Donnerstag hat das Landgericht<br />
Würzburg den inzwischen 78-Jährigen<br />
zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren<br />
wegen Untreue verurteilt. Ins Gefängnis<br />
muss er nicht, die Strafe wird zur Bewährung<br />
ausgesetzt. Außerdem muss er eine<br />
Geldstrafe von 16 560 Euro bezahlen<br />
<strong>und</strong> drei Jahre lang monatlich 200 Euro<br />
an die Telefonseelsorge in Würzburg<br />
überweisen. Die Kirchenstiftung Laudenbach<br />
bekommt ihr Geld wieder. 906 745,<br />
62 Euro. Auch der Rest soll zurückbezahlt<br />
werden. Insgesamt mehr als eine<br />
Bischöfe besorgt über<br />
Armutsrisiko Kinder<br />
Freising – Zum Abschluss ihrer zweitägigen<br />
Herbstvollversammlung auf dem<br />
Domberg hat die Freisinger Bischofskonferenz<br />
an die Politik appelliert, sich verstärkt<br />
für eine angemessene Bezahlung<br />
von Pflegekräften <strong>und</strong> Erzieherinnen einzusetzen,<br />
um diesen Beruf attraktiver zu<br />
machen. Die bayerischen Bischöfe sähen<br />
mit großer Sorge den bereits bestehenden<br />
<strong>und</strong> noch wachsenden Fachkräftemangel,<br />
sagte der Münchner Kardinal<br />
<strong>und</strong> Vorsitzende der Bischofskonferenz,<br />
Reinhard Marx, am Donnerstag in Freising.<br />
Mit wachsender Sorge betrachte<br />
man außerdem, dass die katholischen<br />
Schwangerschaftsberatungsstellen in<br />
Bayern ein steigendes Armutsrisiko von<br />
Frauen <strong>und</strong> Familien mit Kindern registrierten.<br />
21,3 Prozent der Ratsuchenden<br />
im Jahr 2010 seien Hartz-IV-Empfängerinnen<br />
gewesen, 51,3 Prozent verfügten<br />
zudem über keine abgeschlossene Berufsausbildung,<br />
<strong>und</strong> 26,3 Prozent der Frauen<br />
waren alleinerziehend. Insgesamt hätten<br />
15 000 Personen im vergangenen Jahr die<br />
katholischen Beratungsstellen aufgesucht,<br />
ein Rückgang sei nicht festzustellen.<br />
Deswegen freue man sich über das<br />
am Dienstag ergangene Urteil des Europäischen<br />
Gerichtshofs in Luxemburg zur<br />
Forschung an embryonalen Stammzellen.<br />
Zum ersten Mal habe ein Gericht<br />
klar gemacht, dass „ein Embryo keine Sache<br />
ist“, betonte Marx.<br />
Die bayerischen Bischöfe beklagten außerdem<br />
Defizite beim Ausbau der Ganztagsschulen.<br />
An den Nachmittagen müsse<br />
mehr Zeit beispielsweise für kirchliche<br />
Jugendarbeit oder die Vorbereitung<br />
etwa auf die Firmung sein. fb<br />
Million Euro. Es sei „ein wichtiger<br />
Schritt, dass der Priester seiner Verpflichtung<br />
zur Schadenswiedergutmachung<br />
anerkannt habe <strong>und</strong> dieser auch<br />
nachkommen werde“, sagt ein Sprecher<br />
des Bistums Würzburg.<br />
Was den Pfarrer antrieb, das bleibt unkonkret.<br />
Er ließ seinen Verteidiger ein<br />
Geständnis verlesen, wollte selbst jedoch<br />
nichts sagen. Er war wohl von der existentiellen<br />
Angst getrieben, im Alter mit-<br />
Während seiner 40 Dienstjahre hatte<br />
der Priester einen guten Ruf. dapd<br />
Von Uwe Ritzer<br />
Nürnberg – Fast scheint es, als genieße er<br />
die viele Aufmerksamkeit, die klickenden<br />
Fotoapparate <strong>und</strong> die laufenden TV-<br />
Kameras. Franz Stumpf witzelt mit seinen<br />
Anwälten. Seit 21 Jahren ist er Oberbürgermeister<br />
der oberfränkischen<br />
31 000-Einwohner-Stadt Forchheim. Da<br />
hat man gelernt, in der Öffentlichkeit ein<br />
Pokerface aufzusetzen. Die Anklage wegen<br />
Steuerhinterziehung in 56 Fällen<br />
<strong>und</strong> Vorenthalten <strong>und</strong> Veruntreuen von<br />
Arbeitsentgeld in 131 Fällen wird sich<br />
trotzdem nicht weglächeln lassen.<br />
An diesem Donnerstag begann im<br />
Landgericht Nürnberg-Fürth ein Strafprozess,<br />
der ein Ausläufer des Siemens-<br />
Korruptionsskandals ist. Der Elektronikkonzern<br />
zahlte dem Unternehmensberater<br />
Wilhelm Schelsky über viele Jahre<br />
hinweg heimlich gut 50 Millionen Euro,<br />
damit dieser die Arbeitnehmerorganisation<br />
AUB als willfähriges Gegengewicht<br />
zur IG Metall aufbaut. Die Zahlungen<br />
wurden als Beraterhonorare getarnt.<br />
2007 flog alles auf; Schelsky wurde Ende<br />
2008 zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt.<br />
Im Sommer 2009 kam er auf freien<br />
Fuß; der B<strong>und</strong>esgerichtshof hob inzwischen<br />
Teile des Urteils auf. Sie werden irgendwann<br />
neu verhandelt.<br />
Im Zuge der Ermittlungen stieß die<br />
Staatsanwaltschaft früh auf hohe, sechsstellige<br />
Zahlungen Schelskys an Sportvereine.<br />
Vor allem an die Handball-Frauen<br />
des 1. FC Nürnberg, denen er damit an<br />
die deutsche Spitze half. Auch die Hand-<br />
tellos zu sein. „Er hatte das Bestreben,<br />
dass er zu jedem Zeitpunkt persönlich abgesichert<br />
ist“, sagte sein Verteidiger. So<br />
schloss er mit dem Kirchengeld beispielsweise<br />
eine Rentenversicherung ab. Mit<br />
seiner Jugend hänge das zusammen, begründeten<br />
seine Anwälte. Er wurde im<br />
Sudetenland geboren, der Vater fiel im<br />
Krieg, Vertreibung, Flucht. Er machte eine<br />
Schneiderlehre, holte das Abitur<br />
nach, studierte Theologie. Von 1969 an<br />
war er Pfarrer von Laudenbach.<br />
Kurz vor seinem Ruhestand schließlich<br />
zeigte er sich selbst beim Finanzamt<br />
an. Der Verdacht der Untreue kam auf,<br />
<strong>und</strong> die Polizei durchsuchte die Wohnung<br />
des Pfarrers. 133 071 Euro <strong>und</strong><br />
16 Cent haben die Beamten da gef<strong>und</strong>en,<br />
in Münzen <strong>und</strong> kleinen Scheinen. „Das<br />
war eine Kiste voll, die man alleine nicht<br />
tragen konnte“, sagte ein Kripobeamter<br />
vor Gericht. Vier Polizisten seien einen<br />
ganzen Nachmittag damit beschäftigt gewesen,<br />
das Geld zu zählen. Auf eine<br />
Münzsammlung sind sie noch gestoßen<br />
<strong>und</strong> schließlich auf eine beinahe „unübersichtliche<br />
Anzahl von Konten“. Konten,<br />
die zwar auf den Namen der Kirchenstiftung<br />
liefen, von denen aber weder in der<br />
Pfarrei noch im Ordinariat jemand wusste.<br />
Immer wieder habe er Beträge davon<br />
für seine Altersvorsorge verwendet oder<br />
auch für seine „private Lebensführung“.<br />
Allerdings war das Geld auch so gut angelegt,<br />
dass es Zinsen abwarf.<br />
Dennoch liege ein „großer Vermögensverlust<br />
vor“, sagte die Staatsanwältin.<br />
Schwarzgeld für den Sieg<br />
Immerhin habe die Pfarrei von dem Geld<br />
nichts gewusst <strong>und</strong> es folglich auch nicht<br />
investieren können. Außerdem sei es kein<br />
einmaliger Ausrutscher gewesen. Und<br />
schließlich habe der Pfarrer gerade als<br />
Seelsorger das Vertrauen seiner Gemeinde<br />
missbraucht. Sie forderte eine Freiheitsstrafe<br />
von drei Jahren <strong>und</strong> drei Monaten.<br />
Ohne Bewährung.<br />
Gebraucht hätte der Pfarrer das Geld<br />
offenbar gar nicht, er hatte sich längst<br />
selbst abgesichert. Mehr als eine halbe<br />
Million Euro hat er angespart, ganz legal.<br />
Nun ist der 78-Jährige krank, sehr<br />
krank vielleicht, eine endgültige Diagnose<br />
stehe noch aus. Zurzeit lebt er in einem<br />
Seniorenheim, seinen Ruhestand wird er<br />
wohl nicht, wie er es vorhatte, in Laudenbach<br />
verbringen. „Das wird er nicht wagen“,<br />
sagt eine Frau aus seiner früheren<br />
Pfarrei, die zum Prozess nach Würzburg<br />
gekommen ist. Dass die Pfarrgemeinde<br />
wenigstens das Geld wiederbekommen<br />
soll, das sich der Pfarrer beiseite geschafft<br />
hat, versöhnt sie ein bisschen.<br />
Aber tief enttäuscht sind sie in Laudenbach<br />
von ihrem Pfarrer. Den Ruf der katholischen<br />
Kirche, der ohnehin grade<br />
nicht der beste sei, mache das nicht besser,<br />
sagt die Frau.<br />
Forchheims OB steht vor Gericht, weil er Sportlern ein steuerfreies Gehalt vermittelt haben soll<br />
ball-Herren des VfB Forchheim verdankten<br />
ihren Höhenflug in die Regionalliga<br />
Schelskys Geld, respektive dem von Siemens.<br />
Da beginnt das Problem von Franz<br />
Stumpf. Er ist nicht nur Oberbürgermeister,<br />
sondern auch VfB-Vorsitzender.<br />
Als solcher steht der 61-Jährige nun<br />
vor Gericht, ebenso, wie Heinrich E., 65,<br />
der frühere Handball-Abteilungsleiter<br />
des Vereins, <strong>und</strong> Andreas M. , 57, ein ehedem<br />
in Franken umtriebiger Sportmanager,<br />
der inzwischen für einen ostdeutschen<br />
Leichtathletikverband arbeitet.<br />
Auch sie klagt die Staatsanwaltschaft<br />
Steuerhinterziehung,<br />
fehlende Sozialbeiträge:<br />
Die Beträge sind sechsstellig.<br />
der dutzendfachen Steuerhinterziehung<br />
<strong>und</strong> wegen des Nicht-Abführens von Sozialbeiträgen<br />
an. Es geht in der Summe<br />
um sechsstellige Beträge.<br />
Denn viele Handballer des VfB Forchheim<br />
<strong>und</strong> die Handballerinnen des 1. FC<br />
Nürnberg wurden über Jahre hinweg wie<br />
Profis bezahlt. Allerdings offenbar nicht<br />
von den Vereinen, sondern von Schelsky.<br />
Der stellte in vielen Fällen nicht nur Auto<br />
<strong>und</strong> Wohnung, sondern auch die Sportler<br />
in seiner Firma an. Die Gehälter der<br />
angeblichen Mitarbeiter wurden als Betriebskosten<br />
von der Steuer abgesetzt.<br />
Tatsächlich arbeiteten sie nie für ihn, sondern<br />
gingen nur trainieren <strong>und</strong> Handballspielen.<br />
BAYERN<br />
Seite R 18 / <strong>Süddeutsche</strong> <strong>Zeitung</strong> Nr. 243 Freitag, 21. Oktober 2011<br />
Der 78-Jährige ist sehr krank,<br />
nach Laudenbach kehrt<br />
er wohl nicht zurück.<br />
Geprellt wurden letztendlich der Fiskus<br />
<strong>und</strong> die Sozialkassen. OB Stumpf<br />
<strong>und</strong> seine beiden Komplizen hätten sich<br />
zum Teil aktiv daran beteiligt, zum Teil<br />
hätten sie als Mitwisser nichts gegen die<br />
illegalen Praktiken unternommen hätten.<br />
So lässt sich die Anklageschrift zusammenfassen,<br />
welche die Staatsanwälte<br />
Hans-Christoph von Taysen <strong>und</strong> Lisa<br />
Rattmann weit über eine St<strong>und</strong>e lang abwechselnd<br />
vortrugen.<br />
Glaubt man OB Stumpf <strong>und</strong> seinem<br />
Forchheimer Vereinskameraden Heinrich<br />
E., dann wussten sie von nichts.<br />
Mehrmals sagte E. am ersten Prozesstag<br />
aus, Schelsky habe seinerzeit alle Fragen<br />
nach seinem Sponsoring kategorisch abgeblockt.<br />
„Mach’ du deine Sachen, <strong>und</strong><br />
halt dich aus meinen raus“, soll er gesagt<br />
haben. Deswegen sei er als Abteilungsleiter<br />
2004 auch zurückgetreten, sagt Heinrich<br />
E. Von den mutmaßlich illegalen Machenschaften<br />
habe er erst 2007 „durch<br />
den Anruf eines SZ-Reporters erfahren“.<br />
Ob das stimmt, muss nun die große<br />
Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht<br />
klären. Ebenso wie die Frage, welche<br />
Rolle Sportmarketingesellschaften<br />
beim VfB Forchheim <strong>und</strong> beim 1. FC<br />
Nürnberg gespielt haben. Das Verfahren<br />
könnte weit in den Amateursport ausstrahlen.<br />
Denn vielerorts werden vor allem<br />
im Fußball selbst in untersten Spielklassen<br />
Sportler mehr oder minder legal<br />
bezahlt. Der Prozess dürfte sich bis ins<br />
nächste Jahr hinziehen. 15 Verhandlungstermine<br />
sind angesetzt; mehr als 60 Zeugen<br />
sollen gehört werden.<br />
Mehrheitlich entlastet<br />
Kostensteigerung in Garmisch soll keine Konsequenzen haben<br />
Garmisch-Partenkirchen – Über die<br />
neue Skisprungschanze in Garmisch-Partenkirchen<br />
wurde schon viel geschrieben.<br />
Just an diesem Donnerstag kam die<br />
neueste Publikation heraus, das Bauwerk<br />
gehört nun zu den prominenten Fällen<br />
von Steuergeldverschwendung in<br />
Deutschland. Im Schwarzbuch des B<strong>und</strong>es<br />
der Steuerzahler nimmt die Schanze<br />
einen Platz neben der Bayerischen Landesbank<br />
oder der Autorennstrecke Nürburgring<br />
ein. Doch bevor eine große Diskussion<br />
deshalb aufkommen kann, haben<br />
sich die Garmisch-Partenkirchener<br />
selbst schon Absolution erteilt. Schuld<br />
an der Kostenexplosion von gut neun auf<br />
17,24 Millionen Euro ist: niemand. Das<br />
beschloss der Gemeinderat am Mittwochabend<br />
mit 16 zu 14 Stimmen hauchdünn<br />
<strong>und</strong> verzichtete auch darauf, Bürgermeister<br />
Thomas Schmid <strong>und</strong> seine Verwaltung<br />
in dieser Sache rechtlich oder<br />
dienstlich zu belästigen.<br />
Mit diesem Ergebnis endete die Aussprache<br />
über den Bericht des Bayerischen<br />
Kommunalen Prüfungsverbandes,<br />
der die 8,1 Millionen Euro an Mehrkosten<br />
ebenfalls überwiegend auf Fehler der<br />
Verwaltung <strong>und</strong> des Bürgermeisters zurückführt.<br />
Die Opposition hatte deshalb<br />
Bürgermeister Thomas Schmid heftig angegriffen.<br />
Er habe auf „Biegen <strong>und</strong> Brechen“<br />
die alte Schanze sprengen <strong>und</strong> die<br />
neue bauen lassen, um für seine Wieder-<br />
Eine Bilanz ziehen? Ein Jahr nach seinem<br />
Amtsantritt? Nein, das will der<br />
Augsburger Bischof Konrad Zdarsa<br />
nicht. So etwas sei ihm fremd, lässt<br />
sein Pressesprecher ausrichten. Wahrlich,<br />
Konrad Zdarsa drängt es nicht<br />
an die Öffentlichkeit. Interviews oder<br />
Pressekonferenzen sind dem 67-Jährigen<br />
ein Graus. Also müssen andere<br />
Leute Bilanz ziehen. Der Augsburger<br />
Pfarrer Max Stetter sagt: „Dialog ist<br />
im Bistum inzwischen zum Unwort<br />
geworden, <strong>und</strong> Augenhöhe gibt es sowieso<br />
nicht.“ Natürlich gibt es auch<br />
positive Stimmen, wie die von Martin<br />
Straub, dem Leiter des Priesterseminars:<br />
„Bischof Konrad kommt regelmäßig<br />
ins Haus, spricht beim Abendessen<br />
mit den Studenten <strong>und</strong> setzt Akzente<br />
außerhalb der Liturgie.“ Kritischere<br />
Gläubige <strong>und</strong> Pfarrer fühlen<br />
sich dagegen ignoriert. Ursula Zingraf<br />
zum Beispiel, die Pfarrgemeinderätin<br />
von Christi Himmelfahrt in<br />
Kempten. Seit sieben Wochen ist ihre<br />
Pfarrei aufgelöst – laut Dekret von Bischof<br />
Zdarsa. Gegen dieses Dekret<br />
hatte die Gemeinde Einspruch beim<br />
Vatikan erhoben. „Wir hoffen auf<br />
Rom“, sagt Ursula Zingraf.<br />
Auch ein Jahr nach seinem Amtsantritt<br />
ist Bischof Zdarsa um seine Aufgaben<br />
<strong>und</strong> Sorgen nicht zu beneiden.<br />
Dabei spielt vor allem der Priestermangel<br />
eine große Rolle, der alle Bischöfe<br />
zu schmerzvollen Zusammenlegungen<br />
von Pfarreien zwingt. Doch<br />
so manches Problem ist auch von<br />
Zdarsa hausgemacht – wie zuletzt seine<br />
überraschende Erklärung, dass<br />
sein Vorgänger Walter Mixa wieder<br />
verstärkt seelsorgerisch tätig werden<br />
könne.<br />
Mixa musste 2010 nach einer Prügel-,<br />
Untreue- <strong>und</strong> Lügenaffäre zurücktreten,<br />
der Papst verordnete ihm<br />
damals eine „Zeit des Schweigens<br />
<strong>und</strong> Heilens“. Diese hat Zdarsa nun<br />
für beendet erklärt – mit der Einschränkung,<br />
Mixa solle nur außerhalb<br />
des Bistums auftreten. Ob dieses<br />
Angebot mit Rücksprache im Vatikan<br />
geschah, lässt das Bistum übrigens<br />
offen. Fakt ist, dass Zdarsas Aussage<br />
neue Unruhe im Bistum auslöste.<br />
Viele Geistliche befürchten, der<br />
nach wie vor ebenso umstrittene wie<br />
sendungsbewusste Mixa werde nun<br />
wahl im März 2008 ein deutlich sichtbares<br />
Argument zu haben, sagte Siegrid<br />
Meierhofer, die <strong>SPD</strong>-Fraktionssprecherin<br />
im Gemeinderat. Um diesen Zweck<br />
zu erreichen, habe er die wahren Kosten<br />
verschleiert. In der Planungs- <strong>und</strong> Bauphase<br />
habe der Bürgermeister „in mindestens<br />
drei Fällen nicht die Wahrheit“<br />
gesagt. Ihre Kollegin von der CSU, Elisabeth<br />
Koch, hatte zuvor fast kommentarlos<br />
die wichtigsten Passagen aus dem<br />
Prüfbericht vorgetragen, die den Bürgermeister<br />
<strong>und</strong> die von ihm geleitete Verwaltung<br />
schwer belasten. „Herr Bürgermeister,<br />
wer trägt die Verantwortung“, fragt<br />
sie am Ende ihres Vortrags vergebens.<br />
Denn Thomas Schmid (Christlich Soziales<br />
Bündnis) sagte während der gesamten<br />
Sitzung zur Sache keinen einzigen<br />
Ton. Er schickte seinen Fraktionschef Peter<br />
Samstag vor, der den Prüfbericht lobte,<br />
aber keine Verantwortung einzelner<br />
herauslesen konnte. Er gab aber einer interessanten<br />
Theorie Nahrung: dass die<br />
knapp zehn Millionen Euro, die die Vorgänger<br />
im Gemeinderat ursprünglich<br />
den Bürgern als Preis nannten, niemals<br />
realistisch gewesen seien. Vergleichbare<br />
neue Schanzen in Innsbruck oder Oberstdorf<br />
lägen alle im Bereich der jetzt erreichten<br />
gut 17 Millionen, sagte Samstag.<br />
Offen blieb die Frage, warum die klamme<br />
Gemeinde so lange offenbar geschönte<br />
Zahlen präsentierte. Heiner Effern<br />
Das dialogfreie Bistum<br />
Ein Jahr Bischof Zdarsa: Unmut der Katholiken wächst<br />
wieder in die Öffentlichkeit streben.<br />
Und Gläubige fragen sich, ob das Gebot<br />
„Du sollst nicht lügen“ nur im Bistum<br />
Augsburg gilt. Nach Mixas Rücktritt<br />
hatte die Initiative „Pfingsterklärung“<br />
eine umfassende Aufarbeitung<br />
der Affäre <strong>und</strong> ihrer Vorgeschichte<br />
gefordert. „Jetzt sieht es so aus, als<br />
soll hier ein Buch zugeklappt werden“,<br />
sagt Pfarrer Max Stetter.<br />
„Aber wir legen weiterhin Wert auf<br />
die Klärung der offenen Fragen.“<br />
Nach seinem Amtsantritt am<br />
23. Oktober 2010 hatte Zdarsa viele<br />
Dinge angepackt <strong>und</strong> Baustellen aus<br />
der Ära Mixa aufgeräumt. Gelobt<br />
wird die rasche Trennung von Dirk<br />
Hermann Voß, dem umstrittenen Mixa-Berater<br />
<strong>und</strong> Geschäftsführer des<br />
bistumseigenen Sankt-Ulrich-Verlags.<br />
Bei der Neubesetzung des Chefpostens<br />
gelang Zdarsa ein Coup:<br />
Bernhard Meuser war Chef des Pattloch-Verlags<br />
<strong>und</strong> ist Mitherausgeber<br />
des Jugendkatechismus „Youcat“,<br />
der weltweit zum Bestseller wurde.<br />
Meuser brachte frischen Wind mit,<br />
vom Weltjugendtag in Madrid ließ er<br />
Besucher im Internet bloggen.<br />
„Jetzt sieht es so aus,<br />
als soll hier ein Buch<br />
zugeklappt werden.“<br />
Kritisiert wird Bischof Zdarsa vor<br />
allem wegen seiner mangelnden Dialogbereitschaft.<br />
Oft heißt es: Gespräche<br />
fänden statt, ja. Aber echten Dialog,<br />
nein, den gebe es nicht. Zum Beispiel<br />
in Kempten, wo die Gläubigen<br />
aus den Medien von der Auflösung ihrer<br />
Pfarrei erfahren haben. Selbst Regens<br />
Martin Straub räumt ein, dass<br />
das „nicht optimal“ war <strong>und</strong> dass die<br />
Diözesan-Verwaltung „daraus lernen<br />
muss“. Vom Bischof gibt es aber<br />
kein selbstkritisches Wort. Er sagt:<br />
„Ich weiß nicht, wo die Kritik angebrachter<br />
ist – bei jenen, die fordern,<br />
dass alles auf ewig so bleibt, wie es<br />
ist. Oder bei jenen, die Sorge tragen,<br />
wie es weiter geht.“ Eine Kemptener<br />
Katholikin, die ihren Namen nicht<br />
veröffentlicht haben will, sagt: „Wir<br />
haben einen Bischof bekommen, aber<br />
keinen Hirten.“ Stefan Mayr<br />
Bischof Konrad Zdarsa nach der Amtseinführung im Augsburger Dom am<br />
23. Oktober 2010. Foto: dpa
Freitag, 21. Oktober 2011 <strong>Süddeutsche</strong> <strong>Zeitung</strong> Nr. 243 / Seite R 19<br />
WIRTSCHAFT<br />
Nach Münchens größtem Bier- kommt<br />
jetzt Münchens großes Wein-Fest: Bereits<br />
zum 15. Mal finden am kommenden<br />
Wochenende die Baden-Württemberg<br />
Classics in der Landeshauptstadt statt.<br />
R<strong>und</strong> 100 Winzer <strong>und</strong> Weingärtner aus<br />
den Weinregionen Baden <strong>und</strong> Württemberg<br />
präsentieren auf einer der größten<br />
Genussmessen der Stadt gemeinsam ihre<br />
Erzeugnisse <strong>und</strong> Spezialitäten. Geöffnet<br />
ist die Weinmesse in der Kulturhalle Zenith<br />
(Lilienthalallee) am Samstag <strong>und</strong><br />
am Sonntag jeweils von 11 bis 18 Uhr. In<br />
mehreren Münchner Lokalen finden zudem<br />
am Freitagabend als Auftakt zur<br />
Messe zum zweiten Mal Weinproben<br />
statt. Weitere Informationen zur Messe<br />
<strong>und</strong> der Gastronomie-Aktion gibt es unter<br />
www.bwclassics.de. SZ/Foto: dpa<br />
600 Millionen Euro<br />
für die Infrastruktur<br />
München – In den ersten neun Monaten<br />
2011 hat die LfA Förderbank Bayern 140<br />
Millionen Euro für neue Infrastrukturprojekte<br />
zugesagt. Die Kredite ermöglichen<br />
Investitionen von r<strong>und</strong> 600 Millionen<br />
Euro. Das Geld wird vor allem in<br />
kommunale Verkehrsprojekte, Versorgungseinrichtungen<br />
<strong>und</strong> die Energiewende<br />
investiert. Damit sind laut LfA-Vorstand<br />
Otto Beierl die Darlehenszusagen<br />
im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um<br />
zehn Prozent gestiegen. SZ<br />
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Zahl des Tages<br />
100<br />
Großes<br />
Weinfest<br />
Heizölpreise<br />
München (SZ) – Nach Angaben der an<br />
der Preisfeststellung beteiligten Heizölhändler<br />
wurden folgende Preise (in Euro)<br />
inklusive Mehrwertsteuer (von der SZ<br />
hinzugerechnet) frei Verbrauchertank<br />
für eine Abladestelle im Raum München<br />
je 100 Liter erzielt. Diese Preisfeststellung<br />
schließt nicht aus, dass am Notierungstag<br />
(19. 10. 2011) höhere oder niedrigere<br />
Preise erzielt worden sind.<br />
Menge Preise Vorwoche<br />
ab 1 500 l 93,51–97,46 87,46–96,27<br />
ab 2 500 l 91,45–96,27 87,94–95,08<br />
ab 3 500 l 90,19–95,08 85,44–92,58<br />
ab 5 500 l 88,42–91,51 86,02–86,15<br />
ab 7 500 l – bis 85,08<br />
ab 9 500 l bis 86,87 –<br />
ab 12 000 l bis 92,76 bis 85,20<br />
bis15 000 l<br />
Teils neblig-trüb,<br />
teils fre<strong>und</strong>lich<br />
In den Bergen: Mehr Sonne als Wolken <strong>und</strong> trocken.<br />
Höchsttemperaturen in den Tälern um 7 Grad.<br />
Alpenvorland: Gebietsweise zäher Nebel oder<br />
Hochnebel, sonst nach Nebel fre<strong>und</strong>lich. Bis 8 Grad.<br />
Donaugebiet: Gebietsweise neblig-trüb, in den anderen<br />
Gebieten nach Nebel fre<strong>und</strong>lich. Bis 8 Grad.<br />
Oberfranken, Oberpfalz <strong>und</strong> Bayerischer Wald:<br />
Teils trüb durch Nebel oder Hochnebel, teils fre<strong>und</strong>lich<br />
<strong>und</strong> weitgehend trocken. Höchsttemperaturen<br />
bis 9 Grad. Unter- <strong>und</strong> Mittelfranken: Nach teils<br />
zähem Nebel oder Hochnebel häufig fre<strong>und</strong>lich bei<br />
Temperaturen bis 11 Grad.<br />
Biowetter: Besonders Personen mit Rheuma leiden<br />
unter den recht kühlen Temperaturen. Sie sollten<br />
sich daher möglichst ausreichend schützen.<br />
Aber auch die Erkältungsgefahr steigt. Sonst treten<br />
kaum wetterbedingte Beschwerden auf. Das<br />
Wetter wirkt sogar positiv auf die Schlaftiefe aus.<br />
Badewetter: Ammersee 13°, Brombachsee 13°,<br />
Chiemsee 13°, Schliersee 12°, Staffelsee k.A.,<br />
Starnberger See 13°, Tegernsee 11°, Walchensee<br />
k.A., Wörthsee k.A.<br />
Daytrader Reiner Klein hat in seinem Büro in Stegaurach mehrere Bildschirme im Blick. Foto: Rolf Heinz Seyboldt<br />
Reiner Klein ist ein sogenannter Daytrader.<br />
Er lebt davon, Aktien zu kaufen <strong>und</strong><br />
zu verkaufen. Im Unterschied zu professionellen<br />
Aktienhändlern, die für Investment<br />
Banken oder Hedgefonds spekulieren,<br />
handelt Klein mit seinem eigenen<br />
Geld <strong>und</strong> auf eigenes Risiko. Mit seinen<br />
45 Jahren zählt der ehemalige Bankkaufmann<br />
<strong>und</strong> Familienvater schon zu den Älteren<br />
in der relativ jungen Branche.<br />
Wenn Klein nicht gerade vor seinen acht<br />
Bildschirmen sitzt, kümmert er sich um<br />
seinen viereinhalbjährigen Sohn <strong>und</strong> versucht<br />
seinen Fußballklub, die Spielvereinigung<br />
Stegaurach, wieder „in einen Aufwärtstrend“<br />
zu bringen.<br />
Herr Klein, sind Sie einer dieser nicht<br />
gerade beliebten Spekulanten?<br />
Ich bin kein Spekulant, weil ich mit<br />
meinem eigenen Geld handle <strong>und</strong> nicht<br />
mit dem anderer Leute. Ich handle mit<br />
Aktien <strong>und</strong> dem Index <strong>und</strong> zwar innerhalb<br />
eines Tages, also intraday, daher<br />
der Name Daytrader. Traden ist eine<br />
Form der privaten Vermögensanlage.<br />
Steuerrechtlich gibt es dieses Gewerbe eigentlich<br />
nicht. Beim Finanzamt werde<br />
ich wie jemand behandelt, der von seinen<br />
Kapitaleinkünften lebt. Ich selbst sortiere<br />
mich irgendwo zwischen Hausmann<br />
<strong>und</strong> Privatier ein.<br />
Wie sieht ein normaler Arbeitstag aus?<br />
Gegen halb acht peilt man die Lage,<br />
schaut wie die US-Börse <strong>und</strong> asiatischen<br />
Börsen geschlossen haben <strong>und</strong> ob es irgendwelche<br />
relevanten Unternehmensmeldungen<br />
oder politische Meldungen<br />
gibt. Der vorbörsliche Handel beginnt<br />
um acht, der Haupthandel um neun Uhr.<br />
Es gibt auch mal tote Marktphasen, dann<br />
kann man sich gemütlich hinsetzen <strong>und</strong><br />
Frühstücken. In Phasen wie derzeit, wo<br />
alle durchdrehen, ist es schon sinnvoll,<br />
wenn man ab acht Uhr vor dem Schirm<br />
sitzt, weil in der momentanen Lage in der<br />
Bad Kissingen<br />
11°<br />
Aschaffenburg<br />
10°<br />
11°<br />
Würzburg<br />
Lindau<br />
8°<br />
Das Wetter<br />
Main<br />
Lech<br />
9°<br />
Coburg<br />
Hof<br />
8°<br />
10° Bayreuth<br />
Bamberg 9°<br />
7°<br />
Weiden<br />
Nürnberg<br />
9°<br />
Ansbach<br />
8°<br />
7°<br />
Regensburg<br />
Ingolstadt 7°<br />
Landshut<br />
Neu-Ulm<br />
7° 7°<br />
Augsburg<br />
MÜNCHEN<br />
8°<br />
7°<br />
Kempten<br />
Isar<br />
Inn<br />
Donau<br />
8°<br />
Garmisch 7° Wendelstein<br />
3°<br />
Zugspitze<br />
-7°<br />
„Lehrgeld bezahlt man natürlich“<br />
45-jähriger Familienvater lebt vom Aktienhandel: Er kauft <strong>und</strong> verkauft 14 St<strong>und</strong>en am Tag auf eigene Rechnung<br />
Mühldorf<br />
7°<br />
Vorbörse oft mehr passiert, als in normalen<br />
Phasen im Laufe eines ganzen Tages.<br />
Es kommt also schon mal vor, dass Sie<br />
von acht bis 22 Uhr vor dem PC sitzen?<br />
Etwa zwischen neun <strong>und</strong> 10.30 Uhr ist<br />
der wichtigste Umsatz, <strong>und</strong> die ungefähre<br />
Richtung deutet sich an. In dieser Zeit<br />
gehe ich nicht ans Telefon. Um 14.30 kommen<br />
sehr häufig Infos aus USA, die Einfluss<br />
auf die deutsche Börse haben, da<br />
sollte man auch am PC sein, <strong>und</strong> um<br />
15.30 Uhr ist Börseneröffnung in den<br />
USA, ein Pflichttermin. Um 16 Uhr kommen<br />
häufig weitere Zahlen, <strong>und</strong> um<br />
17.30 Uhr ist Xetra-Schluss in Deutschland.<br />
In diesen Phasen bin ich meist vor<br />
dem Bildschirm. Vor 20 Uhr, kurz vor<br />
Schluss des Präsenzbörsenhandels, gibt<br />
es oft noch einmal Bewegungen, <strong>und</strong> um<br />
22 Uhr schließt die US-Börse, da schaut<br />
man auch noch einmal nach. Dass ich<br />
von acht bis 22 Uhr pausenlos davor sitze,<br />
ist eher die Ausnahme.<br />
Wie viele Trades machen Sie pro Tag?<br />
Zwischen null <strong>und</strong> 100.<br />
Schlafen Sie gut?<br />
Ich räume mein Depot in der Regel<br />
abends ab. Über mehrere Tage lasse ich<br />
selten eine Position liegen. Zwei Tage ist<br />
für mich schon eine langfristige Anlage.<br />
Deshalb schlafe ich auch ganz gut.<br />
Hat man noch ein Privatleben?<br />
Ja, schon. Ich achte sehr darauf, dass<br />
wir als Familie gemeinsam Mittag essen.<br />
Zu 95 Prozent funktioniert das auch.<br />
Auch mein Fre<strong>und</strong>eskreis hat sich nicht<br />
geändert, <strong>und</strong> für mein Hobby, meine<br />
Fußballmannschaft, bleibt genug Zeit.<br />
Es ist nicht so, dass ich vorm Bildschirm<br />
veröde oder vereinsame.<br />
Worauf kommt es bei diesem Job an?<br />
Ohne ein gewisses Wissen geht gar<br />
Mini-Alpenveilchen (Cyclamen)<br />
Blütenreichtum in verschiedenen Farben, pflegeleichter Dauerblüher.<br />
Kältetolerant, schöne Geschenkidee. Im 9-cm-Topf.<br />
W<br />
N<br />
-1°<br />
Großer Arber<br />
O<br />
S<br />
Nordostwind<br />
10 km/h<br />
8°<br />
Passau<br />
Sa<br />
So<br />
Mo<br />
Di<br />
Nord Mitte Süd<br />
10°/-1°<br />
10°/1°<br />
11°/3°<br />
13°/3°<br />
10°/-1°<br />
11°/2°<br />
11°/2°<br />
13°/6°<br />
8°/-2°<br />
11°/-1°<br />
12°/1°<br />
12°/5°<br />
< -10° -10°/-5° -5°/0° 0°/5° 5°/10°<br />
10°/15° 15°/20° 20°/25° 25°/30° > 30°<br />
nichts. Am schwierigsten ist es, Disziplin<br />
einzuhalten, denn der Kapitalerhalt ist<br />
das Wichtigste. Man muss gewisse<br />
Stopps setzen zur Verlustbegrenzung.<br />
Auch wenn es weh tut <strong>und</strong> man sich nachträglich<br />
oft in den Allerwertesten beißen<br />
könnte, wenn sich die Position kurz darauf<br />
wieder in die gewünschte Richtung<br />
bewegt. Das ist eine mentale Sache. Es<br />
gilt der simple Spruch: Verluste begrenzen,<br />
Gewinne laufen lassen. Hört sich einfach<br />
an, ist aber schwierig umzusetzen<br />
<strong>und</strong> ist niemals falsch.<br />
Wie wird man Daytrader. Kann das jeder?<br />
Im Prinzip jeder, der einen Internet-<br />
Anschluss hat. Man sollte sich aber ein gewisses<br />
fachliches Wissen erarbeiten <strong>und</strong><br />
eine Gr<strong>und</strong>ausstattung gehört auch dazu.<br />
Ein, zwei Rechner, mehrere Bildschirme,<br />
ein Kursinformationssystem, auf<br />
dem man Watchlisten <strong>und</strong> die Charts anschauen<br />
kann.<br />
Wie viel Geld schieben Sie pro Tag hin<br />
<strong>und</strong> her?<br />
Über Summen spreche ich prinzipiell<br />
nicht.<br />
Sie sind seit zehn Jahren im Geschäft.<br />
Wie hat sich die Börse in dieser Zeit verändert?<br />
Früher gab es ein richtiges Parkett mit<br />
Menschen, jetzt handeln Maschinen, mit<br />
einer unvorstellbaren Schnelligkeit. Daher<br />
auch diese teilweise nicht nachvollziehbaren<br />
Ausschläge. Dass ein Dax-<br />
Schwergewicht, zum Beispiel die Deutsche<br />
Bank, ohne entsprechende News<br />
erst um fünf Prozent steigt <strong>und</strong> intraday<br />
wieder um fünf Prozent fällt, gab es früher<br />
in diesem Ausmaß eher selten. Das<br />
hängt auch mit dem elektronischen Handel<br />
zusammen, dem Algo-Trading, wo in<br />
Mikrosek<strong>und</strong>en gehandelt wird. Derzeit<br />
erleben wir eine Mischung aus Volatilität<br />
1,99<br />
1,49<br />
<strong>und</strong> politischer Börse. Deshalb ist die Lage<br />
derzeit extrem schwer einzuschätzen.<br />
Sind Sie schon oft reingefallen?<br />
Lehrgeld bezahlt man natürlich. Einer<br />
meiner größten Verluste waren einmal<br />
mehrere Monatseinkünfte, die ich an einem<br />
Tag zunichte gemacht habe.<br />
Wie kann so etwas passieren?<br />
Das ist einfach Dummheit. Man hat<br />
die Regeln nicht eingehalten. Man ist in<br />
einer Anspannung <strong>und</strong> weiß, dass man<br />
da nicht mehr rauskommt. Dann stockt<br />
man die Position trotzdem auf, um den<br />
Einstandskurs zu senken. Man pumpt<br />
Geld rein, obwohl man schon längst hätte<br />
beenden müssen. Damit vertraut man<br />
auf das Prinzip Hoffnung, <strong>und</strong> das ist eines<br />
der schlechtesten in diesem Geschäft.<br />
Wenn Ihnen jemand einen festen Job<br />
mit geregelten Arbeitszeiten, bezahltem<br />
Urlaub, festem Gehalt anbieten würde.<br />
Würden Sie tauschen wollen?<br />
Man soll nie nie sagen. Das käme auf<br />
die Summe an. Im Prinzip ist mir aber die<br />
persönliche Freiheit wichtiger. Frühstücken,<br />
Mittagessen mit meiner Familie,<br />
zwischendurch mal Kaffee trinken oder<br />
auch mal eine St<strong>und</strong>e in die Sonne gehen,<br />
das ermöglicht mir dieser Job, <strong>und</strong> das ist<br />
ein Stück Lebensqualität. Einziger Nachteil<br />
ist der fehlende Austausch mit anderen.<br />
Man arbeitet immer allein. Aber es<br />
überwiegen für mich die Vorteile.<br />
Sind Sie in der Lage, für ein paar Tage,<br />
Börse einfach mal Börse sein zu lassen?<br />
Ich glaube dass jeder, der das macht,<br />
ein bisschen süchtig ist. Es würde mir<br />
schon schwerfallen mal den Bildschirm<br />
nicht einzuschalten. Und man ertappt<br />
sich dabei, wie man auch unterwegs öfter<br />
aufs iPhone schaut.<br />
Interview: Christa Eder<br />
Die Macht der Sprache<br />
Es geht um ein Blumenmädchen, einen Professor <strong>und</strong> die Macht der Sprache.<br />
Am Samstag (19.30 Uhr) hat im Theater an der Rott in Eggenfelden das<br />
Musical „My Fair Lady“ Premiere. Die musikalische Begleitung übernimmt<br />
das Leipziger Symphonieorchester. Eine zweite Aufführung findet am<br />
Sonntag statt, danach ist das Musical noch bis zum 13. November zu sehen.<br />
Kartenvorverkauf unter 9 08721/1268980. Fotos: R. Melcak/TadR<br />
Cosumenta mit<br />
großem Angebot<br />
Mehr als 1000 Aussteller informieren<br />
auf Nürnberger Verbrauchermesse<br />
Nürnberg – Autos, Spiele, Energietechnik<br />
<strong>und</strong> Kochkunst – die Themen der diesjährigen<br />
Verbrauchermesse Consumenta<br />
in Nürnberg sind weit gefasst. Interessierte<br />
können sich vom 26. Oktober bis zum<br />
1. November bei mehr als 1000 Ausstellern<br />
über Produkte informieren oder sich<br />
von neuen Themen anregen lassen. Wie<br />
die Veranstalter am Donnerstag mitteilten,<br />
werden die Aussteller aus 15 Ländern<br />
das Nürnberger Messezentrum in<br />
„eine riesige Shoppingmeile <strong>und</strong> Erlebniswelt<br />
verwandeln“. Schwerpunkt der<br />
diesjährigen Veranstaltung sei das Thema<br />
„Aus der Region – für die Region“,<br />
das sich nicht nur in kulinarischen Spezialitäten<br />
niederschlage.<br />
Neu auf Bayerns größter Verbrauchermesse<br />
ist die am zweiten Tag beginnende<br />
„Car Media World“, in der die neuesten<br />
Entwicklungen r<strong>und</strong> um Handys, So<strong>und</strong>anlagen<br />
<strong>und</strong> Navigation im Auto präsentiert<br />
werden. In dem Zusammenhang finden<br />
auch die deutsche <strong>und</strong> die europäische<br />
Car-Hi-Fi-Meisterschaft statt – Teilnehmer<br />
aus 30 Ländern wetteifern mit ihren<br />
getunten Wagen um den Titel.<br />
Für den Nachwuchs dürften eher die<br />
Spielekonsolen <strong>und</strong> Computerspiele interessant<br />
sein, die ausgiebig ausprobiert<br />
werden können. Themen wie Energiesparen,<br />
Immobilienkauf oder Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge<br />
kommen ebenfalls nicht zu<br />
kurz. Reitsportliebhaber können sich auf<br />
der „Faszination Pferd“ nicht nur über<br />
Reitbedarf informieren, sondern auch<br />
bei Turnieren <strong>und</strong> Shows zusehen. dpa<br />
Mehr Frauen im<br />
Caritas-Vorstand<br />
Würzburg – Der Deutsche Caritasverband<br />
will in den Vorstandsetagen seiner<br />
Unternehmen eine Frauenquote von<br />
50 Prozent einführen. Obwohl bei dem<br />
Wohlfahrtsverband der katholischen Kirche<br />
etwa 80 Prozent der Mitarbeiter weiblich<br />
seien, hätten in der Führungsetage<br />
die Männer das Sagen, sagte Verbandspräsident<br />
Peter Neher am Donnerstag in<br />
Würzburg nach Abschluss einer dreitägigen<br />
Delegiertenversammlung. „Wir wollen<br />
die unterschiedlichen Gaben <strong>und</strong> Fähigkeiten<br />
der beiden Geschlechter auch<br />
in die Führungsebene einbringen.“ Während<br />
in den oberen Vergütungsgruppen<br />
mit einer Quote von r<strong>und</strong> 45 Prozent<br />
Frauen fast Gleichberechtigung herrsche,<br />
liege der Anteil bei den Vorständen,<br />
in den Geschäftsführungen <strong>und</strong> Aufsichtsgremien<br />
nur bei 20 Prozent. dpa<br />
Eon-Mitarbeiter<br />
gehen auf die Straße<br />
München – Gegen den geplanten Stellenabbau<br />
beim größten deutschen Energiekonzern<br />
Eon wollen am Donnerstag kommender<br />
Woche (27. Oktober) die Beschäftigten<br />
in München demonstrieren. Der<br />
Vorstand müsse von den kursierenden<br />
Horrorszenarien eines massiven Personalabbaus<br />
abrücken, forderte der Bayern-Sprecher<br />
der Gewerkschaft Verdi<br />
<strong>und</strong> Eon-Aufsichtsratsmitglied Jürgen<br />
Feuchtmann am Mittwoch. Verdi erwartet,<br />
dass allein in Bayern 2000 der r<strong>und</strong><br />
8000 Stellen wegfallen. In München<br />
droht die Schließung des Eon-Energie-<br />
Standorts mit 400 Beschäftigten. Insgesamt<br />
will Eon etwa 11 000 seiner weltweit<br />
79 000 Arbeitsplätze abbauen. dapd<br />
München-Unterhaching, Grünwalder Weg<br />
Tel. 089/2035215-0<br />
Mo. bis Sa. 9 bis 20 Uhr<br />
Direkt an der A995, Abfahrt Taufkirchen West, S-Bahn-<br />
Linie S3 bis Taufkirchen, Bus 222 bis Platanenstraße<br />
München-Untermenzing, Goteboldstraße 9<br />
Tel. 0 89/89 12 21-0<br />
Mo. bis Fr. 9 bis 20 Uhr Sa. 9 bis 18 Uhr<br />
Buslinie 164 bis Goteboldstraße ß kostenlos<br />
www.pflanzen-koelle.de<br />
Impressum<br />
Anschrift: Hultschiner Straße 8, 81677 München<br />
Telefon (089) 2183-0, Telefax (089) 2183-8295<br />
Ressortleiter: Christian Krügel, Ulrich Schäfer; Stellvertreter:<br />
Peter Fahrenholz, Christian Mayer, Annette Ramelsberger;<br />
Chef vom Dienst: Stefan Simon<br />
Thema des Tages: Kassian Stroh, Michael Ruhland<br />
(-437); München-Zentral: Martin Hammer (-7511); München-Innenstadt:<br />
Thomas Anlauf (-7551); München-<br />
Nord: Günther Knoll (-7552); München-Süd: Thomas<br />
Soyer (-7553), München-West: Martin Bernstein (-7554);<br />
Leute: Michael Bremmer (-437); Kultur: Karl Forster<br />
(-403); Sport: Wolfgang Wittl (-7537); Wirtschaft: Ralf<br />
Scharnitzky (-437); Bayern: Claudia Henzler (-437); Online:<br />
Birgit Kruse. Layout: Stefan Dimitrov (verantw.),<br />
Dennis Schmidt; Foto: Jörg Buschmann (verantw.), Petra<br />
Payer; Grafik: Daniel Braun.<br />
Dachau: Helmut Zeller, Färbergasse 4, 85221 Dachau,<br />
Tel. (08131) 5685-0); Ebersberg: Christian Hufnagel, Ulrichstraße<br />
1, 85560 Ebersberg, Tel. (08092) 8266-0; Erding:<br />
Antonia Steiger, Lange Zeile 10, 85435 Erding, Tel.<br />
(08122) 9730-0; Freising: Kerstin Vogel, Johannisstraße<br />
2, 85354 Freising, Tel. (08161) 9687-0; Fürstenfeldbruck:<br />
Gerhard Eisenkolb, Schöngeisinger Straße 38-40, 82256<br />
Fürstenfeldbruck, Tel. (08141) 6114-0; Starnberg: Sabine<br />
Bader, Gautinger Straße 9, 82319 Starnberg, Tel. (08151)<br />
3605-0; Wolfratshausen: Felicitas Amler, Hans-Urmiller-<br />
Ring 45, 82515 Wolfratshausen, Tel. (08171) 4316-0; Augsburg:<br />
Stefan Mayr, Karolinenstraße 21, 86150 Augsburg,<br />
Tel. (0821) 517025; Nürnberg: Olaf Przybilla, Kaiserstraße<br />
23, 90403 Nürnberg, Tel. (0911) 2055503; Regensburg:<br />
Drei-Kronen-Gasse 2, 93047 Regensburg, Tel. (0941)<br />
586125-20.<br />
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der Anzeigen: Jürgen Maukner; Anschrift wie Redaktion.<br />
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1030; Fax -795; Zentrale Anzeigenabteilung Region: Tel.<br />
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Nr. 74 vom 1. Oktober 2010.<br />
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33<br />
Es wäre leicht, das Spiel des EHC München an diesem Freitag (19.30 Uhr,<br />
Olympia-Eishalle) gegen den EHC Wolfsburg zum Zweikampf der Torhüter<br />
zu stilisieren. Jochen Reimer (Bild), seit dieser Saison in München unter Vertrag,<br />
spielte zuvor zwei Jahre in Wolfsburg, wo sich der Allgäuer mit dem gebürtigen<br />
Berliner Daniar Dshunussow die Arbeit teilte. Nach elf Spieltagen in<br />
der Deutschen Eishockey-Liga weisen die ehemaligen Kollegen fast identische<br />
Werte auf: Beide kamen acht Mal zum Einsatz, mit durchschnittlich 1,75<br />
Gegentoren pro Spiel ist Dshunussow statistisch gesehen der beste Schlussmann<br />
der DEL, Reimer (1,84) folgt auf Platz drei. Dshunussow wehrt 94,4 Prozent<br />
aller Torschüsse ab, Reimer 94,5. Es ist also nicht vermessen zu behaup-<br />
Andere Welten<br />
Hachings Volleyballer zwischen Europa- <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esliga<br />
Unterhaching – Hachings Volleyballer<br />
befanden sich am Mittwochabend in einer<br />
Art Zwischenwelt. Einerseits genossen<br />
sie den Applaus des Publikums, das<br />
ihre gute Leistung im ersten Champions-<br />
League-Gruppenspiel gegen den Favoriten<br />
aus dem italienischen Städtchen Cuneo<br />
trotz der 1:3-Niederlage honorierte.<br />
Andererseits dachten sie an die vergebenen<br />
Chancen im dritten <strong>und</strong> vierten Satz,<br />
die jeweils 23:25 endeten. „Es sind gemischte<br />
Gefühle. Mit Glück <strong>und</strong> Erfahrung<br />
wäre mehr möglich gewesen. Aber<br />
das Ergebnis ist in Ordnung, denn Cuneo<br />
hat in den entscheidenden Momenten<br />
mehr Routine gehabt“, sagte Hachings<br />
Trainer Mihai Paduretu am Tag nach der<br />
Niederlage, die dem deutschen Pokalsieger<br />
die feinen Unterschiede zwischen der<br />
B<strong>und</strong>esliga <strong>und</strong> europäischem Spitzenniveau<br />
plakativ darlegte.<br />
In den entscheidenden Momenten, also<br />
jeweils am Ende des dritten <strong>und</strong> vierten<br />
Satzes, machten Cuneos Spieler keine<br />
Fehler mehr. Ihre Annahme funktionierte,<br />
der Angriff punktete, die Verteidiger<br />
zeigten starke Reflexe. „In der Liga<br />
machen wir das in diesen Phasen so“, sagte<br />
Paduretu, der außerdem nicht über einen<br />
Diagonalspieler wie Cuneos Leandro<br />
Vissotto Neves verfügt, der zwar wie seine<br />
Kollegen schlecht ins Spiel fand, der<br />
Partie aber die entscheidende Wendung<br />
gab, als es knapp wurde. Hachings Volleyballer<br />
machten hingegen Fehler. Die<br />
sonst so starke Annahme wackelte, Angriffe<br />
fanden nicht mehr ihren Weg ins<br />
gegnerische Feld.<br />
Cuneo ist noch nicht der Maßstab für<br />
Haching, eher schon der nächste Champions-League-Gegner<br />
Poitiers, der die<br />
Deutschen bereits am kommenden Donnerstag<br />
empfängt. Und doch ist nach der<br />
lehrreichen Standortbestimmung <strong>und</strong><br />
den bislang reibungslos verlaufenen Ligaspielen<br />
zu erkennen, dass Haching mit<br />
dem Umbau der Mannschaft im Vergleich<br />
zum vergangenen Jahr ein anderes<br />
Spielverständnis verfolgt. Paduretu verzichtete<br />
auf spektakuläre Spieler wie Leonardo<br />
dos Santos, den brasilianischen<br />
Showman, der auch immer etwas einzelgängerisch<br />
war, oder Paul Carroll, der<br />
während der Playoffs mit dem Konkurrenten<br />
Berlin flirtete <strong>und</strong> in dieser Saison<br />
in der Hauptstadt spielt. „Wir haben<br />
aus der vergangenen Saison gelernt, uns<br />
auf das Sportliche zu konzentrieren <strong>und</strong><br />
nicht auf andere Dinge“, sagt Paduretu,<br />
der nach dem verkorksten Saisonende<br />
mit seinem Stab zum Punkt kam, „dass<br />
M<strong>und</strong> abputzen, weiter: Trotz des 1:3<br />
gegen Cuneo – Außenangreifer Denis<br />
Kaliberda ist wieder in Form. Foto: unk<br />
jetzt die Mannschaft im Vordergr<strong>und</strong> stehen<br />
soll“. Und nicht Einzelspieler. Auch<br />
deswegen sind ihm Teamplayer wie Diagonalmann<br />
Christian Dünnes, Außenangreifer<br />
Alexander Shafranovich oder Libero<br />
Sebastian Prüsener wichtig, die sich<br />
nicht in den Vordergr<strong>und</strong> drängen.<br />
Zu dieser neuen Ausrichtung gehört<br />
auch, dass der deutsche Nationalspieler<br />
Denis Kaliberda offenbar wieder Gefallen<br />
an seinem Klub gef<strong>und</strong>en hat. In diesem<br />
Frühjahr wollte er unbedingt ins<br />
Ausland, obwohl er schwach spielte, das<br />
Verhältnis zu Paduretu zeigte Risse. Seit<br />
Hachings Verantwortliche auf Einhaltung<br />
des bis 2012 laufenden Vertrags<br />
pochten <strong>und</strong> mit dem 20-Jährigen Gespräche<br />
führten, scheint er neue Motivation<br />
gef<strong>und</strong>en zu haben. Kaliberda spielte<br />
seither sehr gut, auch gegen Cuneo. „Er<br />
hat seine Form vom vergangenen Dezember<br />
wieder, <strong>und</strong> ich hoffe, dass das bis<br />
zum Saisonende so bleibt“, sagt Paduretu.<br />
Sie wird auch an diesem Sonntag<br />
wichtig sein, wenn Haching von der europäischen<br />
Bühne wieder in die B<strong>und</strong>esliga<br />
zurückkehrt <strong>und</strong> Außenseiter Rottenburg<br />
empfängt (16 Uhr, Halle am Utzweg).<br />
„Die können locker auftreten. Wir<br />
brauchen dagegen zwei Punkte“, sagt Paduretu.<br />
Es ist kein einfacher Rollentausch,<br />
vom krassen Außenseiter zum<br />
klaren Favoriten. Sebastian Winter<br />
Fast auf Augenhöhe<br />
SPORT IN DER REGION<br />
Seite R 20 / <strong>Süddeutsche</strong> <strong>Zeitung</strong> Nr. 243 Freitag, 21. Oktober 2011<br />
ten, dass das Duell am Freitag auch im Tor entschieden werden wird. „Aber<br />
vor einem guten Torwart steht auch immer eine gute Verteidigung“,sagt Reimer.<br />
„Nur vorne hapert’s noch ein bisschen.“ Der Tabellenneunte, München,<br />
hat erst 25 Tore erzielt, genauso viele wie der Tabellenzehnte, Wolfsburg. München<br />
hat seine drei jüngsten Spiele verloren, Wolfsburg ebenso. „Wir waren<br />
nie chancenlos“, sagt Reimer, räumt aber ein: „Mal wieder ein Dreier wäre<br />
nicht schlecht.“ Zumal für die Zuschauer: München (2601) liegt im Schnitt<br />
auf dem vorletzten Platz – Letzter ist Wolfsburg (2102). Reimer sagt, es werde<br />
ein „Duell auf Augenhöhe“. Nun gut, fast: Reimer misst 1,84 Meter. Dshunussow<br />
1,90. sjo/Foto: sampics<br />
Unterhaching – Am Donnerstag begann<br />
für die SpVgg Unterhaching eine kleine<br />
Reise zu den großen Namen. An diesem<br />
Freitag (19 Uhr) tritt die Mannschaft von<br />
Heiko Herrlich bei Arminia Bielefeld an.<br />
Die Ostwestfalen sind zwar aktuell Letzter<br />
der Dritten Liga, konnten aber am vergangenen<br />
Wochenende ihren ersten Saisonsieg<br />
verbuchen. Am Dienstag<br />
(19 Uhr) erwartet die SpVgg dann im<br />
VfL Bochum einen weiteren ehemaligen<br />
B<strong>und</strong>esligisten in der zweiten R<strong>und</strong>e des<br />
DFB-Pokals. Pünktlich zu diesen beiden<br />
Spielen hat der Trainer einen aus dem<br />
Hut gezaubert, der ebenfalls nach höherklassigem<br />
Fußball klingt: Emmanuel<br />
Krontiris.<br />
Der 28-Jährige trainiert seit Monaten<br />
in Unterhaching mit, doch an eine Verpflichtung<br />
des ehemaligen Spielers von<br />
Borussia Dortm<strong>und</strong> <strong>und</strong> des TSV 1860<br />
München hatte niemand gedacht, dafür<br />
fehlten in Unterhaching die Mittel.<br />
„Aber Emmanuel ist uns da sehr entgegen<br />
gekommen, er will sich einfach nur<br />
empfehlen“, sagt Heiko Herrlich, der vor<br />
zehn Jahren mit Krontiris gemeinsam in<br />
Dortm<strong>und</strong> spielte. Am Donnerstag wurde<br />
man sich mit dem Stürmer einig, der<br />
Vertrag gilt bis Saisonende. Herrlich ist<br />
zuversichtlich, dass der DFB die Freigabe<br />
vor dem Spiel in Bielefeld erteilt –<br />
Krontiris war zuletzt vereinslos. Dann<br />
könnte der Offensivspieler bereits am<br />
Freitag auf der Bank sitzen, spätestens<br />
aber am Dienstag gegen Bochum.<br />
In der vergangenen Saison hat Krontiris<br />
für den Ligakonkurrenten Rot-Weiß<br />
Oberhausen zwar nur sechsmal gespielt<br />
<strong>und</strong> auch nur ein Tor erzielt. Trotzdem<br />
könnte er, wie Herrlich hofft, „der Mannschaft<br />
weiterhelfen“. Zum einen war es<br />
nach einem fulminanten Saisonstart in<br />
den vergangenen Wochen nicht mehr gut<br />
gelaufen; in den letzten fünf Spielen gelangen<br />
nur drei Tore. Zugleich bringt der<br />
Deutschgrieche mit neun Spielen in der<br />
ersten <strong>und</strong> 150 Spielen in der zweiten<br />
B<strong>und</strong>esliga jene Erfahrung mit, die der<br />
jungen Mannschaft in mancher Situation<br />
noch fehlt. In jedem Fall hat sich die Verpflichtung<br />
des Trainers Herrlich für die<br />
SpVgg bereits bezahlt gemacht: Die Möglichkeit,<br />
trotz leeren Geldbeutels bekann-<br />
te Spieler wie Krontiris <strong>und</strong> Talente wie<br />
den Berliner Sascha Bigalke verpflichten<br />
zu können, wäre ohne Herrlichs Kontakte<br />
kaum gegeben.<br />
Dabei hat Herrlich im Angriff aktuell<br />
die geringsten Probleme. Innenverteidiger<br />
Patrick Ziegler konnte drei Tage lang<br />
wegen einer Kapselentzündung nicht mittrainieren,<br />
soll aber in Bielefeld auflaufen;<br />
Mittelfeldspieler Roland Sternisko<br />
kämpft mit Oberschenkelproblemen,<br />
sein Einsatz ist fraglich. Es ist auch nicht<br />
sehr wahrscheinlich, dass Krontiris im<br />
Fall der rechtzeitigen Freigabe von Beginn<br />
an spielt. Abdenour Amachaibou<br />
hatte gerade erst am vergangenen Spieltag<br />
sein Saisondebüt in der ersten Mann-<br />
Herrn Fellmanns<br />
Gespür für Wind<br />
Der Segel-B<strong>und</strong>estrainer <strong>und</strong> mehrmalige Olympia-Teilnehmer<br />
wird Manager beim Touring Yacht-Club in Tutzing<br />
Von Ralf Tögel<br />
Tutzing – Irgendwie stellt man sich einen<br />
Segler anders vor. Michael Fellmann, 41,<br />
wirkt eher wie ein Zehnkämpfer. 1,86 Meter<br />
groß, breite Schultern, schon die Begrüßung<br />
sagt, dass diese Hände zupacken<br />
können. Dafür ist Fellmann auch gekommen,<br />
er hat eine Herausforderung gesucht<br />
– <strong>und</strong> gef<strong>und</strong>en: Fellmann ist neuer<br />
Clubmanager des Deutschen Touring<br />
Yacht-Clubs (DTYC) Tutzing. Dafür ist<br />
er von Eckernförde an der Ostsee an den<br />
Starnberger See gezogen, dafür hat er seinen<br />
Job als B<strong>und</strong>estrainer aufgegeben.<br />
Er nimmt sich Zeit, blickt aus dem<br />
Fenster des Vereinsheims direkt auf den<br />
See: „Es gibt schlechtere Arbeitsplätze“,<br />
sagt er, „das hier ist eines der schönsten<br />
Clubgelände, die ich kenne.“ Fellmann<br />
hat in den vergangenen Jahren viele kennengelernt.<br />
Mit zwölf Jahren begann er<br />
mit dem Sport, als 20-Jähriger stieg er in<br />
die olympische Bootsklasse Finn-Dinghy<br />
um. „Der einzige Ein-Mann-Segler für<br />
schwere Personen“, erklärt er. Segeln<br />
auf diesem Niveau sei Hochleistungssport,<br />
„das Trainingspensum ist ähnlich<br />
dem eines Triathleten“. Zehn Tage dauert<br />
ein olympischer Wettkampf, die Ausdauer<br />
sei neben dem Talent entscheidend.<br />
„Man muss schnell regenerieren<br />
können“, erklärt Fellmann, „das ist ähnlich<br />
wie bei einem Radfahrer.“ Dafür hat<br />
er viel Zeit im Kraftraum verbracht,<br />
„Muskelmasse antrainieren“. Die Finn-<br />
Klasse dominierte er national fast 15 Jahre<br />
lang, war sechs Mal deutscher Meister,<br />
das erste Mal 1994, das letzte Mal 2005.<br />
2001 gewann Fellmann bei der Kieler Woche,<br />
dem größten Segelwettbewerb der<br />
Welt, sein wohl größter Erfolg. Er war<br />
drei Mal bei Olympischen Spielen, unter<br />
anderem Zweiter bei der Weltmeisterschaft,<br />
Dritter des Europacups, fünfmal<br />
bei einer WM in den Top Ten <strong>und</strong> so weiter:<br />
„Ich habe bestimmt was vergessen,<br />
aber das ist nicht so wichtig.“ Wichtig ist<br />
159 Spiele Erfahrungsvorsprung<br />
SpVgg Unterhaching nimmt ehemaligen B<strong>und</strong>esliga-Profi Krontiris unter Vertrag<br />
Lockvogel Herrlich:<br />
Die Verpflichtung des Trainers<br />
macht sich bezahlt.<br />
Dreimal in Serie bei den<br />
Spielen – dafür hat Fellmann<br />
im Kraftraum geschuftet.<br />
schaft gegeben, Herrlich war mit der<br />
Leistung des 24-Jährigen sehr zufrieden.<br />
Ein Joker-Einsatz von Krontiris in Bielefeld<br />
ist aber durchaus denkbar.<br />
Nicht nur wegen der neuen Angriffs-<br />
Option geht Herrlich zuversichtlich in<br />
das Spiel: „Dass Bielefeld in Offenbach<br />
gewonnen hat, ist gut. So ist meine Mannschaft<br />
gewarnt <strong>und</strong> wird den Gegner<br />
nicht unterschätzen. Wobei ich im Training<br />
diese Woche sowieso nicht das Gefühl<br />
hatte, dass sie das tun werden.“ Vielleicht<br />
liegt das ja auch ein kleines bisschen<br />
daran, dass durch den neuen Spieler<br />
der Konkurrenzkampf im Training<br />
wieder einmal forciert wurde.<br />
Christoph Leischwitz<br />
Namen aus einer anderen Liga: der ehemalige Löwe Emmanuel Krontiris,<br />
28, rechts im Trikot der TuS Koblenz, gegen den ehemaligen Löwen<br />
Peniel Mlapa, jetzt Hoffenheim. Foto: Thomas Frey/dpa<br />
Fellmann, dass er seine Erfahrungen weitergeben<br />
kann. Das hat er in den vergangenen<br />
fünf Jahren als B<strong>und</strong>estrainer am<br />
Stützpunkt des Deutschen Segelverbands<br />
(DSV) in Kiel-Schilksee getan.<br />
Und das will er weiterhin tun, für seinen<br />
neuen Verein, neben seiner Tätigkeit als<br />
Clubmanager, „wenn Zeit bleibt“.<br />
Man muss Fellmann nur zuhören,<br />
dann bleiben keine Zweifel, dass er Zeit<br />
finden wird. Dazu passt die Aussage von<br />
Peter Bauer, dem Vorsitzenden des<br />
DTYC: „Wir haben eine gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
sportliche Ausrichtung.“ Die Kompetenzen<br />
des Neuen aber will der Verein für Jugendliche<br />
wie Erwachsene nutzen. Fellmann<br />
soll allen Mitgliedern „mit Rat <strong>und</strong><br />
Tat zur Verfügung stehen“. Jugendleiter<br />
Michael Tarabochia sagt, der Verein investiere<br />
vor allem in Trainer. Mit Erfolg.<br />
Ferdinand Gerz <strong>und</strong> Patrick Follmann<br />
haben gerade den deutschen Meistertitel<br />
in der olympischen 470er-Klasse gewonnen,<br />
Klubkollege Tobias Bolduan liegt in<br />
dieser Bootsklasse auf nationaler Ebene<br />
knapp hinter dem DTYC-Duo. Lena<br />
Stückl ist internationale deutsche Meisterin<br />
in der 420er-Klasse. Nadine Böhm<br />
<strong>und</strong> Monika Linder haben im Januar Silber<br />
bei der 420er-WM gewonnen, sind<br />
nun in die 470er-Klasse umgestiegen: alles<br />
Kandidaten für Olympia.<br />
Fellmann war 1996 in Atlanta das erste<br />
Mal bei den Spielen, dann in Sidney<br />
<strong>und</strong> Athen, dreimal in Serie. Aufgewachsen<br />
ist er im Allgäu, kein typisches Revier<br />
für Segler. Bayern hat dennoch eine<br />
große Tradition: Binnensegler, so erklärt<br />
Fellmann, hätten ein anderes Gespür für<br />
Wind – weil es auf Seen weniger gibt als<br />
auf dem Meer. Fellmann kennt beides, er<br />
hat eine riesige Erfahrung, die er nun einbringen<br />
will. So hat sich das der Tutzinger<br />
Segelclub vorgestellt.<br />
U23 des FC Bayern:<br />
Bitte nicht stören<br />
München – Andries Jonker wirkte stets<br />
wie die Gelassenheit in Person: Auch<br />
nach ernüchternden Niederlagen – <strong>und</strong><br />
davon musste die U23 des FC Bayern in<br />
dieser Regionalliga-Saison bereits einige<br />
einstecken – parlierte der Trainer äußerlich<br />
scheinbar unbeeindruckt <strong>und</strong> ruhig<br />
über die Ursachen. Vor dem Spiel in Kassel<br />
(Freitag, 19 Uhr) aber: keine Interviews,<br />
keine Störung. Zu wichtig ist die<br />
Fortsetzung der Mini-Serie: Die Siege in<br />
Hoffenheim <strong>und</strong> Worms haben etwas Ruhe<br />
gebracht, ein weiterer Erfolg bei den<br />
Hessen wäre wichtig. Zumal der Tabellen-Dreizehnte<br />
Kassel dann von den Bayern<br />
überholt werden würde. toe<br />
Notizen<br />
Katja Seitle, Gewichtheberin beim Eichenauer<br />
SV, hat bei den deutschen Meisterschaften in<br />
Forst (Baden-Württemberg) zweimal Silber in<br />
der Gewichtsklasse bis 69 Kilogramm gewonnen.<br />
Im Stoßen brachte Seitle 90 Kilo zur Hochstrecke,<br />
im olympischen Zweikampf 161 Kilo. Im<br />
Reißen verpasste sie mit 71 Kilo die Podestplätze<br />
knapp. Seite belegte Rang vier.<br />
Der TSV Unterföhring ist am kommenden Wochenende<br />
Gastgeber für die B<strong>und</strong>esligen der Gerätturnerinnen.<br />
Wettkampfbeginn im Sportzentrum<br />
an der Jahnstraße ist am Samstag um<br />
12 Uhr, am Sonntag um 11 Uhr. Karten gibt es an<br />
der Tageskasse nur noch für die Kämpfe der<br />
2. (Samstag) <strong>und</strong> 3. B<strong>und</strong>esliga (Sonntag). Der<br />
Wettkampftag der 1. Liga (Samstag, 17 Uhr) ist<br />
bereits ausverkauft. Die Turnerinnen des TSV belegen<br />
in der Tabelle der 2. B<strong>und</strong>esliga nach drei<br />
Wettkampftagen Platz zwei hinter dem souveränen<br />
Spitzenreiter SSV Ulm. SZ<br />
Termine<br />
„Ich will meine<br />
Erfahrung weitergeben“,<br />
sagt Michael<br />
Fellmann,<br />
41. Segeln auf<br />
olympischem<br />
Niveau sei Hochleistungssport<br />
wie Triathlon.<br />
Foto: privat/oh<br />
Eishockey<br />
DEL: EHC München – Grizzly Adams Wolfsburg (Fr.<br />
19.30 Uhr, Olympia-Eissportzentrum)<br />
Oberliga Süd: Passau Black Hawks – Erding Gladiators,<br />
EV Regensburg – EHC Klostersee, Selber Wölfe<br />
– Tölzer Löwen (alle Fr. 20 Uhr)<br />
Bayernliga: ESV Königsbrunn – Wanderers Germering,<br />
ECDC Memmingen – ESC Dorfen (bd. Fr. 20 Uhr)<br />
Fußball<br />
3. Liga: Arminia Bielefeld – SpVgg Unterhaching<br />
(Fr. 19 Uhr)<br />
Regionalliga Süd: KSV Hessen Kassel – FC Bayern<br />
München II (Fr. 19 Uhr)<br />
Bezirksliga Nord: SV Sulzemoos – Türkgücü-Ataspor<br />
München (Fr. 19.30 Uhr)