Elbdeiche unter Druck - Artlenburg
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Dienstag, 11. Juni 2013 · Nr. 133<br />
Lokales<br />
5<br />
Die schwimmende Gefahr<br />
Treibgut bedroht Deichsicherheit – DLRG-Team in Alt Wendischthun rund um die Uhr im Einsatz<br />
Mitglieder des DLRG-Wasserrettungszuges Lüneburg ziehen am Deich in Alt Wendischthun einen Baumstumpf aus dem Wasser. Seit<br />
Sonntagfrüh sind dort rund 30 Männer und Frauen im Einsatz, um Treibgut zu bergen, das die Deiche beschädigen könnte. Foto: t & w<br />
off Alt Wendischthun. Der<br />
Funkspruch erreicht Dominique<br />
Düker um kurz vor 14 Uhr.<br />
An Bord der Luna 3 sucht die<br />
junge Frau mit ihren Kollegen<br />
Matthias Koch und Christian<br />
Sparfeldt den Fluss nach Treibgut<br />
ab, jetzt meldet ihr die<br />
Besatzung eines weiteres Einsatzbootes:<br />
Ein Baumstamm<br />
treibt stromabwärts direkt auf<br />
sie zu. Für das Team der Deutschen<br />
Lebens-Rettungs-Gesellschaft<br />
(DLRG) ist es das Signal<br />
zum Handeln, innerhalb von<br />
Minuten haben sie den Baumstamm<br />
ausfindig gemacht, gestoppt<br />
und mit einem Seil gesichert.<br />
Übers überflutete<br />
Deichvorland geht es zurück<br />
ans Alt Wendischthuner Ufer –<br />
Treibgut-Sammelstation und<br />
Einsatzzentrale des DLRG-<br />
Wasserrettungszugs Lüneburg.<br />
Seit Mittwoch vergangener<br />
Woche sind die ehrenamtlichen<br />
Einsatzkräfte der DLRG-Ortsgruppen<br />
Lüneburg, Adendorf/<br />
Scharnebeck, Amelinghausen/<br />
Lopautal und Dahlenburg in<br />
der Region im Hochwassereinsatz.<br />
„Seit Sonntagfrüh ist es<br />
unsere Aufgabe, in Alt Wendischthun<br />
Treibgut, das die Deiche<br />
beschädigen könnte, aus<br />
der Elbe zu bergen“, sagt Michael<br />
Düker, Gruppenführer<br />
der DLRG-Ortsgruppe Lüneburg.<br />
Dazu gehört die Sicherung<br />
von Baumstämmen und<br />
auch -stümpfen – doch das ist<br />
längst nicht alles, was die Elbe<br />
hinabtreibt und droht, die Deiche<br />
zu beschädigen.<br />
Seit Sonntag haben Düker<br />
und seine Kollegen neben unzähligen<br />
Brettern, Stämmen<br />
und Wurzeln auch einen Bauwagen<br />
und einen Hochsitz geborgen,<br />
gestern Mittag ein totes<br />
Rind ans Ufer gezogen und dem<br />
Abdecker übergeben. Arbeit, für<br />
die rund 30 DLRG-Mitglieder<br />
im Schichtdienst rund um die<br />
Uhr im Einsatz sind. Wer nicht<br />
auf dem Wasser ist, hilft auf<br />
dem asphaltierten Deichübergang<br />
beim Zerkleinern und Abtransport<br />
des Treibguts. Im<br />
Ernstfall kümmern sich Düker<br />
und sein Team zudem um Undichtigkeiten<br />
im Deich, „dann<br />
kommen unsere speziell ausgebildeten<br />
Taucher zum Einsatz“,<br />
erklärt der Gruppenführer.<br />
Weitere Spezialkräfte vor Ort<br />
sind die sogenannten Strömungsretter<br />
der DLRG. Einer<br />
von ihnen ist Florian Lenkeit,<br />
der im Neoprenanzug am Ufer<br />
des Deiches steht und auf die<br />
Ankunft des nächsten Einsatzteams<br />
wartet. „Als Strömungsretter<br />
sorgen wir dafür, dass die<br />
Boote sicher anlegen können<br />
und wir das Treibgut abladen<br />
können“, erklärt er. Wird die<br />
DLRG zum Einsatz auf dem<br />
Wasser gerufen, „sind wir außerdem<br />
dafür ausgebildet, in<br />
stark strömendem Wasser die<br />
Gefahren zu erkennen, richtig<br />
zu reagieren und die Kameraden<br />
zu sichern.“<br />
Doch wirklich dramatisch ist<br />
es für das Einsatzteam der<br />
DLRG in Alt Wendischthun<br />
bisher zum Glück noch nicht<br />
geworden. Zwei Leben gerettet<br />
haben sie trotzdem schon.<br />
„Sonntag konnten wir zwei<br />
kleine Rehkitze von einer Insel<br />
retten, die kurz vor der unmittelbaren<br />
Überschwemmung<br />
war“, sagt Düker. „Ein wirklich<br />
schöner Moment.“<br />
A Ein Video zum DLRG-Einsatz<br />
bei www.LZplay.de.<br />
Noch kein<br />
Spendenkonto<br />
ca Lüneburg. Auch wenn das<br />
Hochwasser den Kreis noch verschont,<br />
möchte mancher schon<br />
jetzt möglichen Opfern helfen.<br />
Bei der LZ gehen erste Anfragen<br />
ein: So hat ein Leser sein<br />
altes Schlafzimmer angeboten.<br />
Andere fragen nach einer Kontonummer.<br />
Für den Katastrophenstab<br />
des Kreises sagt Michael<br />
Wieske: „Es gibt keinen<br />
Sammelpunkt und kein Konto.“<br />
Das Ziel sei, ein Überspülen<br />
und einen Bruch der Deiche zu<br />
verhindern. Erst einmal gelte es<br />
abzuwarten. Nach dem Hochwasser<br />
2002 habe der Landkreis<br />
auch erst später ein Spendenkonto<br />
eingerichtet: „Nachdem<br />
die Lage klar war.“ ¾hnlich<br />
werde man es wohl auch dieses<br />
Mal halten. Für Betroffene an<br />
anderen Orten in Deutschland<br />
sind aber Spendenkonten eingerichtet<br />
worden. A Seite 20<br />
Schulen fallen<br />
wegen Flut aus<br />
lz Lüneburg. An folgenden<br />
Schulen im Landkreis Lüneburg<br />
findet wegen des Elbehochwassers<br />
auch weiterhin<br />
kein Unterricht statt: Grundschule<br />
Echem, Grundschule<br />
Hohnstorf/Elbe, Grundschule<br />
Neuhaus, einschließlich der Außenstelle<br />
in Tripkau, Elbtal-<br />
Grundschule Bleckede, Oberschule<br />
in Neuhaus sowie am<br />
Schulzentrum Bleckede mit der<br />
Jörg-Immendorff-Schule, der<br />
Realschule, dem Gymnasium<br />
und der Kurt-Löwenstein-Schule.<br />
Außerdem wird in der<br />
Grundschule Barskamp vorerst<br />
nicht mehr <strong>unter</strong>richtet.<br />
Elbeflut versperrt<br />
Schiffern den Weg<br />
Frachter muss am Hebewerk wohl eine Woche warten<br />
pet Scharnebeck. Ausgesprochen<br />
ruhig ist es am Schiffshebewerk<br />
Scharnebeck. Ein<br />
Schiff liegt im Unterhafen, insgesamt<br />
sieben im Oberhafen.<br />
Das Hebewerk hat seinen Betrieb<br />
eingestellt. Bis Sonntagmittag<br />
waren die letzten Schiffe<br />
durch das Hebewerk geschleust<br />
worden, wegen des schnell steigenden<br />
Elbepegels wurde das<br />
Kanal-Sperrtor bei <strong>Artlenburg</strong><br />
um 13.30 Uhr geschlossen. Seitdem<br />
tut sich wenig auf dem<br />
Kanal, nur einige Schiffe sind<br />
noch von Süden <strong>unter</strong>wegs in<br />
Richtung Scharnebeck, werden<br />
da die Entwicklung abwarten.<br />
Ausgerechnet vor der Sperrung<br />
war das Hebewerk wegen<br />
eines technischen Defekts zwischen<br />
Freitag und Sonnabend<br />
27 Stunden lang ausgefallen –<br />
ein Stau von 50 Schiffen hatte<br />
sich gebildet. Der musste abgebaut<br />
werden musste. Eine Prognose,<br />
wann jetzt der Verkehr<br />
in Richtung Elbe weitergehen<br />
kann, mag Nicole Bosselmann,<br />
Schichtleiterin im Schleusenbetriebsdienst,<br />
nicht wagen.<br />
Allein am Ostufer des Oberhafens<br />
liegt Marian Nizalowski<br />
mit der „Vera“, die für die NVG<br />
(Niedersächsische Verfrachtungsgesellschaft)<br />
fährt. „Wir<br />
transportieren Steinkohle zwischen<br />
dem Hansaport in Hamburg<br />
und dem Kohlehafen des<br />
Kraftwerks Mehrum“, erzählt<br />
Nizalowski. Eigentlich, denn in<br />
Scharnebeck liegt die „Vera“<br />
mit „leerem Bauch“.<br />
In Richtung Hamburg sei er<br />
am Sonntag <strong>unter</strong>wegs gewesen,<br />
sagt der Schiffsführer. Als<br />
eines der letzten Schiffe wurde<br />
die „Vera“ aufwärts transportiert.<br />
Bis zur Schließung des<br />
Kanal-Sperrtors sei es dann<br />
aber nicht mehr zu schaffen<br />
gewesen. „Wohl eine Woche“,<br />
so Marian Nizalowski, werde<br />
man auf die Weiterfahrt warten<br />
müssen – die Zeit wird mit<br />
Reparaturen und Wartungsarbeiten<br />
genutzt. „Und ein bisschen<br />
früher Feierabend gibt es<br />
auch“, erklärt der Pole.<br />
Im Unterhafen hat die „Elan“<br />
von Eigentümer und Schiffsführer<br />
Jan Külper aus Handeloh<br />
am Westufer festgemacht. Mit<br />
1,6 Millionen Litern Benzin ist<br />
er auf dem Weg von Hamburg<br />
nach Salzgitter. Es „duftet“ am<br />
Schiff – nicht nach Benzin,<br />
sondern nach frischer Farbe.<br />
„Wir nutzen die Zeit <strong>unter</strong> anderem,<br />
um Malerarbeiten zu<br />
erledigen. Das Wetter passt dafür<br />
gut“, sagt Külper.<br />
Er ist Sonnabendmittag<br />
durch das Schiffshebewerk gekommen,<br />
mit seinem Löschtermin<br />
in Salzgitter lässt er sich<br />
Zeit. „Wahrscheinlich<br />
Mittwochabend wollen wir zurück<br />
am Hebewerk sein, sehen<br />
dann, wie es weitergeht. Nützt<br />
ja nichts“, ist auch er gelassen.<br />
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Marian Nizalowski<br />
(2. v.<br />
r.), Enkel Michail,<br />
der gerade<br />
Ferien<br />
hat, und Besatzung<br />
müssen<br />
am<br />
Schiffshebewerk<br />
Scharnebeck<br />
warten,<br />
bis es weiter<br />
in Richtung<br />
Süden geht.<br />
Foto: pet<br />
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