09.11.2012 Aufrufe

2007 – Juli (4 MB) - Robert Blum Gymnasium

2007 – Juli (4 MB) - Robert Blum Gymnasium

2007 – Juli (4 MB) - Robert Blum Gymnasium

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

30<br />

Bereits zu <strong>Robert</strong>-<strong>Blum</strong>-Zeiten, ach was, schon im Kindergarten war ich eine Rampensau<br />

vom feinsten. Mehr als zwei Menschen in meiner direkten Gegenwart waren keine Gesellschaft<br />

mehr, sie waren ein potentielles Publikum.<br />

Völlig egal, ob mit der Theatergruppe, meinem Cello oder einfach als quasselnder Moderator<br />

– wo immer sich auch nur im Ansatz eine Möglichkeit bot, nahm ich die Einladung an und<br />

präsentierte, was immer ich glaubte, dass es unterhaltsam sein könne.<br />

So kam es, dass ich mich im Sommer 2003 für die damals mit großem Aufwand produzierte<br />

SAT1-Show „Star Search“ bewarb, um in der Kategorie „Comedian“ mein Glück zu versuchen.<br />

Und was ich zwar gehofft, nicht aber geglaubt hätte passierte: Ich schlug rund 8000<br />

Mitbewerber aus dem Feld und qualifizierte mich als einer von 16 Kandidaten für die Teilnahme<br />

an der Show! Mit gestärktem Selbstvertrauen trat ich Samstags abends live vor Millionen<br />

Zuschauern in den Ring, erzählte meine Witzchen – und wurde der Star Search-<br />

Kandidat mit der schlechtesten Punktwertung in der deutschen TV-Geschichte!<br />

Autsch!<br />

Ich hatte praktisch keine Erfahrung als Stand-Up-Comedian, keine Ahnung von Tempo, Umgang<br />

mit dem Publikum, keine Erfahrungen damit, was Zuschauer lustig finden und was sie<br />

nicht interessiert, wie man reagiert, wenn es nicht gut läuft – einfach überhaupt keine Ahnung.<br />

Und das rächte sich auf äußerst unangenehme Weise. „Am liebsten würde ich Dir 0<br />

Punkte geben, aber das darf ich leider nicht.“ urteilte Hugo Egon Balder und was das eigentlich<br />

Schlimme daran war – er hatte Recht!<br />

Sollte ich es nun aufgeben, das Ziel, eines Tages als Komiker vor tobendem Publikum zu<br />

stehen und einen Lacher nach dem anderen zu bekommen? Ich sagte mir: Du hast Dich für<br />

Star Search qualifizieren können, also bist Du zumindest talentiert, die Erfahrung fehlt Dir<br />

zwar, aber die kannst Du machen!<br />

Heute bin ich selbständiger Comedian und veranstalte eigene<br />

Comedyshows für „Starbucks“ (genau, die, wo es den teuren<br />

Kaffee gibt, der aber einfach gut schmeckt…). In der Comedylandschaft<br />

habe ich mir bereits einen kleinen Namen gemacht<br />

und trete überall auf, wo auch „die Großen“ dabei sind:<br />

Quatsch Comedy Club, Nightwash und was es sonst noch alles<br />

gibt.<br />

Außerdem spiele ich regelmäßig Theater und moderiere allerlei<br />

Veranstaltungen, es läuft zurzeit gut mit der Selbständigkeit,<br />

hoffen wir das Beste für die Zukunft.<br />

War es nun aber –rückblickend betrachtet- wirklich nötig für<br />

mich, das Abitur zu machen? Hätte ich nicht schon drei Jahre<br />

früher in der Gastronomie anfangen und nebenher ganz in<br />

Ruhe meine Comedynummern erarbeiten können?<br />

Ja, hätte ich, aber dann würden mir heute wesentliche Dinge fehlen:<br />

Drei ganze Jahre zusätzlicher Allgemeinbildung – eines der höchsten Güter in einer Gesellschaft,<br />

in der Dummheit und Desinteresse wie eine Seuche um sich greifen! Eine Referenz,<br />

die meinen Bildungsgrad und meine Fähigkeit, mich erfolgreich einer Herausforderung stellen<br />

zu können, beweist. Und drei Jahre zusätzlicher Persönlichkeitsentwicklung „unter betreuten<br />

Umständen“, denn weder in der Berufsausbildung noch im Alltag interessiert sich jemand<br />

dafür, Dir Werte oder Wissen zu vermitteln. Die Gesellschaft akzeptiert Dich oder lehnt<br />

Dich ab, aber sie schraubt nicht an Dir rum. Und der Berufsausbilder interessiert sich nicht<br />

dafür, was Du bist, sondern nur dafür, wie Du Deinen Job machst.<br />

Obwohl ich also nichts mit meinem Leben angefangen habe, für das man im rechtlichen Sinne<br />

ein Abitur braucht, hat es mir doch immer nur geholfen – bereut habe ich es nie und ich<br />

würde es immer wieder machen. Gottseidank muss ich es ja nicht…<br />

Vincent Kliesch (Abitur 1994)<br />

blum-postille –Nr. 17 <strong>Juli</strong> <strong>2007</strong> – Mitteleilungsblatt der <strong>Robert</strong> – <strong>Blum</strong>- Oberschule

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!