Wie sieht es im Pflegealltag wirklich aus? - Fakten zum ... - DBfK
Wie sieht es im Pflegealltag wirklich aus? - Fakten zum ... - DBfK
Wie sieht es im Pflegealltag wirklich aus? - Fakten zum ... - DBfK
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Artikel und Kommentar <strong>im</strong> Berliner Tag<strong>es</strong>spiegel vom 31. Jan.<br />
2009<br />
Pfleger: Lage in Kliniken ist dramatisch<br />
Umfrage d<strong>es</strong> Berufsverbands – Personal überfordert, Patienten vernachlässigt,<br />
Bedingungen katastrophal<br />
Von Rainer Woratschka<br />
Berlin - Die Situation für Pflegekräfte und Patienten in Krankenhäusern hat sich nach<br />
Angaben d<strong>es</strong> Deutschen Berufs verbands für Pflegeberufe drastisch verschärft. In einer<br />
anonymen Online-Umfrage unter bund<strong>es</strong>weit knapp 2000 Pflegekräften, die dem<br />
Tag<strong>es</strong>spiegel vorliegt, bewerten 82,5 Prozent die Personal<strong>aus</strong>stattung in ihrer Abteilung als<br />
nicht angem<strong>es</strong>sen. Und: Fast die Hälfte der Befragten würde dort eigene Angehörige oder<br />
Bekannte nicht versorgt haben wollen.<br />
Der Berufsverband, der die Umfrage initiiert hat, spricht von „katastrophalen Ergebnissen“<br />
und der B<strong>es</strong>tätigung von „<strong>zum</strong> Teil haarsträubenden Arbeitsbedingungen“. Die Lage sei „sehr<br />
viel dramatischer als in der Bevölkerung bekannt“, sagt Verbandsreferentin Johanna Knüppel.<br />
Die Arbeitsbelastung der Pflegekräfte sei fast doppelt so hoch wie in anderen Ländern. Die<br />
Organisationsabläufe seien derart schlecht, dass <strong>es</strong> „auch für Patienten gefährlich werden<br />
kann“. Nach Ansicht von 69,2 Prozent der Befragten hat sich die Pflegequalität <strong>im</strong><br />
vergangenen Jahr weiter verringert. Nur 4,1 Prozent sehen eine Verb<strong>es</strong>serung. Fast die Hälfte<br />
der Umfrageteilnehmer macht eigenen Angaben zufolge so gut wie nie die ihnen g<strong>es</strong>etzlich<br />
zustehende P<strong>aus</strong>e. Zwei von drei Pflegekräften gaben an, mind<strong>es</strong>tens einmal pro Woche mit<br />
widersprüchlichen Arbeitsanweisungen konfrontiert zu werden. Mehr als jeder dritte muss<br />
regelmäßig Aufgaben erledigen, für die er nicht qualifiziert ist.<br />
Im Schnitt betreut jede Pflegekraft pro Schicht zwölf Patienten – eine nach Verbandsangaben<br />
<strong>im</strong> internationalen Vergleich sehr hohe Zahl. Schließlich habe sich der Betreuungsaufwand<br />
pro Patient deutlich erhöht – durch die kürzere Verweildauer ebenso wie durch die Tatsache,<br />
dass die Betreuten <strong>im</strong>mer älter werden. Nach einer Schätzung d<strong>es</strong> Sozialwissenschaftlers<br />
Michael S<strong>im</strong>on von der Fachhochschule Hannover fehlen in den 2100 deutschen Kliniken 70<br />
000 Pflegekräfte. Die angekündigte Teilfinanzierung von 14 000 neuen Stellen durch den<br />
Bund sei bei weitem nicht <strong>aus</strong>reichend. Zudem erwägen laut Umfrage 43,5 Prozent der<br />
Pflegekräfte, ihren Arbeitsplatz zu wechseln. 31,2 Prozent möchten ganz <strong>aus</strong> dem Beruf<br />
<strong>aus</strong>steigen. Di<strong>es</strong>e Zahlen ließen nicht nur auf frustrierenden Arbeitsalltag schließen, sagt<br />
Knüppel. Sie seien „auch volkswirtschaftlich eine Katastrophe“. Schließlich koste die Ausund<br />
Fort bildung jeder examinierten Pflegekraft 140 000 Euro. Zudem könne man <strong>es</strong> sich<br />
„ang<strong>es</strong>ichts der demografischen Entwicklung gar nicht leisten, di<strong>es</strong>e Leute ziehen zu lassen“.<br />
Schon jetzt gebe <strong>es</strong> in vielen Regionen kaum noch Fachkräfte.<br />
Bei der Suche nach Gründen für die Misere nennt Knüppel auch die Ärztelobby. Viele<br />
Pfleg<strong>es</strong>tellen seien abgebaut worden, um die Tariferhöhungen für Mediziner zu finanzieren.<br />
Experten zufolge gab <strong>es</strong> solche Umschichtungen schon vorher. Nur ein Drittel d<strong>es</strong><br />
Stellenabb<strong>aus</strong> zwischen 1996 und 2006 sei durch Budget engpässe erklärbar, sagt S<strong>im</strong>on. Der<br />
überwiegende Teil d<strong>es</strong> <strong>im</strong> Pflegedienst eing<strong>es</strong>parten Geld<strong>es</strong> sei in die Finanzierung<br />
zusätzlicher Arztstellen geflossen. Was aber nütze dem Patienten eine erstklassige Operation,<br />
wenn <strong>es</strong> danach an der Pflege fehle, fragt Knüppel. Von der G<strong>es</strong>ellschaft komme<br />
<strong>Wie</strong> <strong>sieht</strong> <strong>es</strong> <strong>im</strong> <strong>Pflegealltag</strong> <strong>wirklich</strong> <strong>aus</strong> <strong>Fakten</strong> <strong>zum</strong> Pflegekollaps - 34 -