Susanne Riess-passer Konsequent erfolgreich Nach 16 Jahren politik wechselte sie 2004 in die privatwirtschaft und leitet seither einen der führenden Finanzkonzerne Österreichs. Im <strong>Salzburg</strong> INSIDE Interview hat Susanne Riess-passer mit uns über Frauen in Führungspositionen, politik und die Weltwirtschaft gesprochen. Frau Dr. Riess-passer, Sie sind seit 2004 Generaldirektorin bei Wüstenrot. Was waren nach Ihrem ausstieg aus der politik die größten Veränderungen? <strong>Das</strong>s ich kaum mehr Interviews geben muss (lacht). Ich empfinde es als Wohltat, dass ich nicht mehr in der Öffentlichkeit stehe. Mir hat das Rampenlicht seither nie gefehlt und ich bin so frei, dass ich heute selber entscheiden kann, wann ich mit Journalisten spreche und worüber. Mein Lebensstil hat sich geändert, indem es jetzt ein wirklich privates Privatleben gibt. <strong>Das</strong> hat man in einer öffentlichen Funktion nicht, da darf man sich auch nicht beklagen, das weiß man ja vorher. Ich führe heute ein relativ zurückgezogenes Leben und genieße das sehr. Meine Freizeit verbringe ich heute hauptsächlich mit Hund, im Wald und irgendwo auf der Wiese beim Hundetraining. Ich habe zwar nicht sehr viel Freizeit, aber wenn ich frei habe, habe ich wirklich frei, das ist der Unterschied. Wenn am Sonntag Vormittag jetzt das Telefon läutet, weiß ich, es ist meine Mutter und früher habe ich als Erstes gedacht: Was ist denn jetzt wieder passiert? Sie sind das klassisches Beispiel für eine erfolgreiche Karrierefrau. Welche Eigenschaften haben Sie so weit gebracht? Keine besonderen, ich habe nur das getan, was erfolgreiche Männer auch getan hätten, es wirkt nur anders, wenn es eine Frau tut. Ich bin relativ konsequent bei Dingen, sehr umgänglich mit meinen Mitarbeitern, kann aber auch Widerstand überwinden. Da sagt man bei einem Mann, der bringt was weiter, und bei mir kommen daher diese ganzen schönen Spitznamen, wie Königskobra und so, weil das bei einer Frau hart wirkt. Von Frauen ist man gewohnt, dass sie leise sind, sich anpassen, nicht auffallen, nicht zu ehrgeizig sind, einfach nicht zu präsent. Was den wenigsten auffällt: <strong>Das</strong> Wort „Karrieremann“ gibt es nicht, weil das ganz selbstverständlich ist, dass ein Mann einen Beruf hat, ehrgeizig ist und eine Führungsposition erreicht. Während das Wort Karrierefrau schon immer so ein gewisses Charakterbild impliziert. Allein das Wort Karrierefrau macht schon unweiblich. Karriere macht man dann – als Mann oder als Frau – wenn man das, was man tut, gut macht. Und mit gut meine ich: mit Engagement, inhaltlich kompetent und mit Fleiß und Herz, und wenn man sich einsetzt und zwar mehr als andere - und Frauen müssen immer noch ein bisschen mehr tun als Männer. Frauen müssen also besser sein, um an die Spitze zu gelangen? Ja, das glaube ich immer noch und da halte ich es mit Alice Schwarzer, die diesen wunderbaren Satz gesagt hat: „Die wirkliche Gleichberechtigung werden wir erst dann erreicht haben, wenn dumme Frauen die gleichen Chancen haben wie dumme Männer. Gescheite schaffen es ohnehin.“ <strong>Das</strong> ist der Unterschied, dass Frauen immer noch mehr beweisen müssen. <strong>Das</strong> häufigste Kompliment, das ich immer gehört habe, war: So schlecht ist die gar nicht! Aber das impliziert natürlich, dass die Erwartungshaltung nicht besonders groß war. Diese Infragestellung von Kompetenz gibt es bei Männern in dieser Form nicht. Glauben Sie, dass dieser aspekt mit ein Grund dafür ist, dass es in Österreichs Führungsgremien so wenige Frauen gibt? <strong>Das</strong> liegt nicht nur an den Männern, das muss man ehrlicherweise sagen, das liegt auch an den Frauen selber. Frauen müssen sich – im Unterschied zu Männern - sehr „Frauen müssen auch lernen, aufzuzeigen und zu sagen: Ja, ich will diese Position haben - ohne dass sie das Gefühl haben, das ist unbescheiden oder unweiblich.“ oft zwischen einer bestimmten Karriere und Kindern entscheiden und entscheiden sich oft zu Gunsten der Familie. Ich habe auch schon Frauen Führungspositionen angeboten, die diese nicht haben wollten, weil es nicht der richtige Zeitpunkt in deren Leben war. <strong>Das</strong> ist das eine, und das zweite ist, dass Frauen auch oft zu wenig Selbstvertrauen haben. Wenn eine Stelle frei wird, habe ich sicher 10 männliche Bewerber, aber die Frauen muss ich fragen! Und oft bekomme ich dann als Antwort: Soll ich das wirklich machen, trauen Sie mir das zu? Frauen stellen sich selber sehr in Frage, d. h. Frauen müssen auch lernen, aufzuzeigen und zu sagen: Ja, ich will diese Position haben – ohne dass sie das Gefühl haben, das ist unbescheiden oder unweiblich, auch bei Gehaltsforderungen. Ist das Thema Förderung bei Frauen daher wichtiger? Ja, aber es darf nicht ewig nur Förderung sein, Frauen müssen sich selber auch etwas nehmen. Deswegen stehen ja bei Frauen immer ihre männlichen Förderer dabei. Ich hatte auch welche und bin auch sehr dankbar dafür, aber andere Männer hatten das auch, aber da steht das nie dabei. Bei mir steht immer der Jörg Haider als Förderer, das war einer, überhaupt keine Frage, der hat mir viele Karrieremöglichkeiten gegeben, aber ich habe auch viel dafür gearbeitet und sie mir auch verdient. Jeder hat im Laufe einer Karriere Menschen, die einen fördern und Türen öffnen, die als Ratgeber ganz wichtig sind und einen in schwierigen Zeiten stützen. Was halten Sie von der Einführung einer gesetzlichen Frauenquote für Führungspositionen? Ich bin nicht dafür, dass man Quoten macht, denn es kann auch manchmal sein, dass es keine Frauen gibt für bestimmte Positionen, weil sich einfach keine beworben hat. Ich hätte auch nicht gern Frauen im Unternehmen, die nur da sind, weil wir eine Quote erfüllen müssen. Die Frauen, die bei mir eine Führungsposition haben, die sind da, weil sie wirklich gut sind. Würden Sie sagen, dass Sie für Ihre Karriere Opfer bringen mussten bzw. auf etwas verzichten mussten? Für jede Karriere muss man Opfer bringen. <strong>Das</strong> Wort Opfer ist mir aber ein bisschen zu dramatisch. Wenn man sich selber für etwas entscheidet, zahlt man einen Preis, den man dafür in Kauf nimmt. Natürlich ist viel Privatleben auf der Strecke geblieben, ich habe sicher meine Familie vernachlässigt, ich habe auch zu wenig für mich selber getan. Ich hatte vielleicht auch zu wenige Momente in meinem Leben, wo ich einmal innehalten hätte können und reflektieren, was ich selber gerne hätte. <strong>Das</strong> ist überhaupt keine Frage, aber ich habe nicht irgendetwas Wesentliches im Leben verpasst. IM FOKus Wenn Sie zurückblicken auf die politik, was überwiegt in der Erinnerung? Die positiven Dinge überwiegen für mich im Rückblick immer. Es ist ein Teil meines Lebens, den ich für mich positiv abgeschlossen habe. Ich weiß, ich habe mein Bestes gegeben. Ich habe inhaltlich nicht alles umsetzen können, was ich gerne umgesetzt hätte, andererseits habe ich aber auch viel geschafft, auf das ich stolz bin. Ich habe unglaublich viele interessante Menschen kennen gelernt und ich habe Erfahrungen machen dürfen, die andere nie machen können. Natürlich gibt es auch Schattenseiten, aber das Positive überwiegt. Haben Sie in der politik Dinge gelernt, die Sie anderen voraus haben? Ja sicher. Nervenstärke, schnelles Reagieren, Kommunikation. Politik ist Überzeugungsarbeit zu leisten für das, was man erreichen möchte. <strong>Das</strong> hat sehr viel mit Kommunikation zu tun, Inhalte so zu transportieren, dass sie verständlich sind, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Und natürlich der Umgang mit den Medien. Vermissen Sie die politik? Nein, vermissen tu ich sie nicht. Ich bin ein politisch denkender Mensch und werde das immer sein, aber ich mische mich nicht ein und werde auch nie wieder in die Politik zurückgehen. Aber ich bin manchmal anmaßend genug zu meinen, das eine oder andere hätte ich besser gekonnt (lacht). Aber 6 SALZBURG INSIDE SALZBURG INSIDE 7