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schmitzkatze - Schmitz Buch

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Ich gestehe. Zwar bin ich seit mehr als 10 Jahren glücklich<br />

mit meiner Frau verheiratet.<br />

Doch es gibt da noch eine Andere in meinem Leben.<br />

Meine zweite große Liebe ist eine Schwarze und sie hat einen<br />

wunderbar durchtrainierten Körper. Und immer, wenn ich<br />

ihr hinterher schaue, denke ich, so manches Model auf dem<br />

Catwalk wäre neidisch auf ihren grazilen Hüftschwung. Leider<br />

muss ich sie hin und wieder teilen, denn mein Boss liebt sie<br />

auch.<br />

Ihre Familie stammt übrigens aus der Gegend Neufundlands<br />

vor der kanadischen Ostküste und ist eine recht fröhliche und<br />

liebevolle Bande, mit der man es gut aushalten kann.<br />

Vielleicht denken Sie jetzt, der Mann hat ja Nerven. Breitet<br />

sein Privatleben aus und berichtet in aller Öffentlichkeit von<br />

seiner Affäre. Darf ich Sie beruhigen?<br />

Carlotta, so heißt sie, ist ein Canis lupus familiaris und gehört<br />

zur Familie der Labrador Retriever. Der Nichtlateiner sagt einfach<br />

Haushund.<br />

Seit acht Jahren lebt dieser Hund zusammen mit unserer Familie<br />

und das ist schon eine ganze Weile. Sagt man doch, ein<br />

Hundejahr sei in etwa so lang wie sieben Menschenjahre. Mir<br />

und meiner Frau kommt es ehrlich gesagt eher kurz vor. Erinnern<br />

wir uns doch noch ganz genau an den Tag, an dem Carlotta<br />

zu uns kam.<br />

Der Hund unserer Nachbarn war vor einer Weile gestorben<br />

und eines Morgens blickte ich aus dem Fenster zum Hof aufs<br />

Grundstück nebenan und sah, wie dort ein wollknäuelartiges<br />

Lebewesen selbstvergessen auf der Wiese herumtollte. Sie hatten<br />

sich tatsächlich einen neuen Welpen ins Haus geholt. Mein<br />

Herz machte einen Luftsprung. Wacker zog ich mich an und<br />

rannte die Treppen hinunter auf den Innenhof, um den jungen<br />

Hund anzusehen und mit den Nachbarn ein Schwätzchen zu<br />

halten. Aufgeregt war ich.<br />

Denn unser eigener Rüde Mumpitz war schon vor einem Jahr<br />

gestorben. Da meine Frau und ich beide berufstätig sind, hatten<br />

wir damals entschieden, dass ein neues Tier keinen Sinn<br />

ergibt, da wir die Zeit nicht aufbringen können, um uns vernünftig<br />

um einen Hund zu kümmern. Und ein Tier den ganzen<br />

Tag allein in der Wohnung zu lassen, kam für uns nicht in<br />

Frage.<br />

Ich öffnete also das Gartentor zum Nachbargrundstück und<br />

ohne Scheu kam Ronja sofort auf mich zugeschossen und ich<br />

wurde unter Jaulen und Schlecken ausgiebig begrüßt. Diese<br />

bedingungslose Fröhlichkeit und Zuneigung eines Hundes<br />

sind für mich eines der schönsten Dinge, die ich kenne. Und in<br />

diesem Augenblick muss ich wohl so geschaut haben, als ob es<br />

in meinem Leben eine Lücke gibt. Jedenfalls kam die Nachbarin<br />

durch die angelehnte Verandatür auf mich zu und teilte mir<br />

mit, dass Ronja noch eine Schwester habe, die »ganz alleine<br />

auf dem Bauernhof in Kleve auf ein neues Zuhause wartet.«<br />

28 <strong>schmitzkatze</strong> 12<br />

Vom Eingestehen einer zweiten Liebe<br />

Das Ende können Sie sich denken. Ohne Hund hin nach Kleve,<br />

mit Hund zurück nach Essen. Allerdings erklärten meine Eltern<br />

sich vorher dazu bereit, tagsüber auf Lotti aufzupassen.<br />

Das traf sich gut, denn einen Hund hatten die beiden schon<br />

selbst und ein Esser mehr am Tisch machte keinen Unterschied.<br />

Sich um einen Welpen zu kümmern, ist ja so ähnlich, wie ein<br />

Kleinkind zu versorgen. Denn das Tier muss das ein oder andere<br />

ja auch erst einmal lernen. Zum Beispiel, dass man den<br />

»Haufen« nicht in die Wohnung macht…<br />

Also stand ich brav nachts gegen drei Uhr auf, um mit Carlotta<br />

Gassi zu gehen. Das machte ich vierzehn Tage lang. Meiner<br />

Frau saß ich dann morgens immer mit blutunterlaufenen Augen<br />

und vollkommen übermüdet beim Frühstück gegenüber.<br />

Bis sie mir eines Tages die Frage stellte, ob der Hund denn<br />

nachts überhaupt müsse. Oder ob es sein könnte, dass ich zurzeit<br />

einen auf Überhundepapi mache, der das Tier zu nächtlichen<br />

Spaziergängen erzieht. Ich schaute meine Frau an und<br />

wir mussten beide lachen. Danach schlief ich durch und Lotti<br />

tat es mir gleich.<br />

Überhaupt wurde schnell klar, dass unsere neue Mitbewohnerin<br />

den Begriff Fauler Hund ganz neue definierte. Stand man<br />

morgens auf, um in die Küche zu schlurfen, blieb Carlotta<br />

schnarchend im Körbchen liegen. Und überhaupt gewannen<br />

wir den Eindruck, dass bei ihr vor elf Uhr morgens wenig bis<br />

gar keine Lust bestand, aktiv am Leben teilzunehmen. Wie wir<br />

später in der Hundeschule erfuhren, »verpennt« so ein Hund<br />

im wahrsten Sinne des Wortes etwa drei Viertel des gesamten<br />

Tages. Auch in freier Wildbahn.<br />

Aber sind wir draußen im Wald, dann wird aus der gemütlichen<br />

Schnarchnase eine Rakete. Und das bedeutet natürlich<br />

für uns, jeden Tag bei Wind und Wetter, bei Eis und Schneeregen<br />

raus an die frische Luft. Wobei der Opi Leibold innerhalb<br />

der Woche so freundlich ist, uns zu vertreten.<br />

Gerade in der kalten Jahreszeit, wenn es mit dem aktuellen<br />

<strong>Buch</strong> auf dem Sofa schön gemütlich ist, fällt es hier und da<br />

schon schwer, sich die Regenpelerine und Gummistiefel anzulegen,<br />

um dann hinauszugehen. Aber jedes Mal ist es dann<br />

so, dass ich froh bin, losgestiefelt zu sein. Zwei Stunden Zeit.<br />

Nur für mich und Carlotta. Tun und Lassen, was wir wollen.<br />

Meistens tun wir das, was sie will. Nämlich wie verrückt Bällchen<br />

werfen und Futtersuche auf dem Waldboden. Und mal<br />

unter uns: ohne Wasser und Matsche ist dieser Hund unglücklich.<br />

Es gibt doch nichts Feineres, als im Dreck zu toben und<br />

im nächsten Schlammloch ein ausgedehntes Bad zu nehmen.<br />

Wir Menschen wissen ja nicht, was gut ist. Selbstverständlich<br />

schaut sie einen bei dem darauf folgenden Reinigungsritual<br />

zu Hause mit Handtuch und Wassereimer so verächtlich und<br />

gequält an, das man drauf und dran ist, sich selbst beim Tierschutz<br />

anzuzeigen.

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