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Geschlechter-Vorurteile in Partnerschaft und Familie - IBP Institut

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Typische Gefühlsreaktionen s<strong>in</strong>d Unbehagen, Misstrauen, Abneigung, Bedrohungsgefühl, Angst,<br />

Gereiztheit, Ärger, Des<strong>in</strong>teresse dem e<strong>in</strong>en oder anderen Geschlecht gegenüber.<br />

Typische Denkmuster s<strong>in</strong>d dadurch charakterisiert, dass Personen e<strong>in</strong>es Geschlechtes entweder als<br />

zu viel (kontrollierend, manipulierend etc.) oder als zu wenig (dumm, oberflächlich, unsensibel etc.)<br />

bewertet werden. Bezogen auf «Frauen s<strong>in</strong>d zu wenig» lauten sie etwa: Frauen s<strong>in</strong>d schwach,<br />

abhängig, weniger <strong>in</strong>telligent, unsachlich, irrational, ihren Gefühlen ausgeliefert, arme Opfer, von<br />

Männern ausgenützt, sexuell ausgebeutet. Me<strong>in</strong>ungen im S<strong>in</strong>ne von «Frauen s<strong>in</strong>d zu viel» tönen<br />

genau gegenteilig: Frauen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>engend, kontrollierend, nützen andere aus, verstehen Männer<br />

nicht, manipulieren subtil aus dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>. <strong>Vorurteile</strong> gegenüber Männern führen zu Me<strong>in</strong>ungen<br />

wie: Männer s<strong>in</strong>d oberflächlich, unsensibel, unzuverlässig, roh, gewalttätig, ohne Gefühle, nicht<br />

vertrauenswürdig, penisgesteuert <strong>und</strong> orgasmuszentriert, e<strong>in</strong>zig zum Babymachen <strong>und</strong><br />

Geldverdienen gut, nur an Karriere <strong>und</strong> Macht <strong>in</strong>teressiert, im Innersten unsicher <strong>und</strong> abhängig.<br />

Typische Handlungsmuster bestehen dar<strong>in</strong>, Personen e<strong>in</strong>es Geschlechtes nicht wirklich zuzuhören,<br />

sie zu ignorieren, nicht ernst zu nehmen, sie konsequent abzuwerten oder ihnen andauernd zu<br />

widersprechen. Wer e<strong>in</strong> Vorurteil gegen Frauen hat, dem / der wird es schwer fallen, überhaupt<br />

Informationen von Frauen aufzunehmen. Kaum beg<strong>in</strong>nt e<strong>in</strong>e Frau zu sprechen, geht die<br />

Aufmerksamkeit woanders h<strong>in</strong>. Oder man weiss zum voraus, dass das, was die Frau sagen wird,<br />

nicht <strong>in</strong>teressant, nicht f<strong>und</strong>iert, nicht logisch se<strong>in</strong> wird. Interessanterweise wird dieselbe Aussage,<br />

von e<strong>in</strong>em Mann gemacht, plötzlich gehört <strong>und</strong> ernst genommen. Es ist e<strong>in</strong> spannendes Experiment,<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gesprächsr<strong>und</strong>e darauf zu achten, ob e<strong>in</strong>ander wirklich zugehört wird, wer wen anspricht<br />

oder ausklammert. Oft entlarven sich <strong>Geschlechter</strong>vorurteile dadurch, dass jemand sich konsequent<br />

nur an die Männer oder nur an die Frauen wendet. Auch wer e<strong>in</strong>en Fre<strong>und</strong>eskreis aus fast nur<br />

Männern oder Frauen hat, trägt praktisch sicher <strong>Geschlechter</strong>vorurteile <strong>in</strong> sich.<br />

Entstehung des <strong>Geschlechter</strong>-Vorurteils<br />

<strong>Geschlechter</strong>vorurteile sche<strong>in</strong>en über die primären Versorgungspersonen, meist die Eltern, auf die<br />

K<strong>in</strong>der übertragen zu werden. Alle Eltern haben e<strong>in</strong> bestimmtes Bild von Männern / Frauen <strong>und</strong><br />

können gar nicht anders, als dieses an ihre K<strong>in</strong>der weiter zu geben. Dies passiert e<strong>in</strong>erseits über<br />

direkte sprachliche Äusserungen der Eltern. Wichtiger <strong>und</strong> wirksamer s<strong>in</strong>d jedoch nonverbale<br />

geschlechterbezogene Botschaften: In Form von Gefühlen <strong>und</strong> Handlungen wird dem kle<strong>in</strong>en K<strong>in</strong>d<br />

vermittelt, dass Männer / Frauen schlecht seien. Selbst wenn Eltern sich ihrer <strong>Geschlechter</strong>vorurteile<br />

bewusst s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> verbal dem K<strong>in</strong>d gegenüber e<strong>in</strong>e andere Botschaft ausdrücken, kann es doch se<strong>in</strong>,<br />

dass ihr Körper alte <strong>Vorurteile</strong> ausdrückt <strong>und</strong> weitergibt. Es ist e<strong>in</strong>e bekannte psychologische Regel,<br />

dass nonverbale elterliche Botschaften (was man tut) beim K<strong>in</strong>d viel stärker wirken als verbale<br />

elterliche Botschaften (was man sagt). Wenn verbale <strong>und</strong> nonverbale Botschaft sich widersprechen,<br />

reagiert das K<strong>in</strong>d auf die nonverbale. Hier zwei kurze Beispiele aus der Praxis: Wenn e<strong>in</strong>e Mutter<br />

jedes mal zusammenzuckt <strong>und</strong> ihr K<strong>in</strong>d ängstlich an die Hand nimmt, sobald ihnen e<strong>in</strong> Mann<br />

entgegen kommt, wird ihr K<strong>in</strong>d lernen, dass Männer offenbar gefährlich s<strong>in</strong>d. Oder umgekehrt: Wenn<br />

e<strong>in</strong> Vater regelmässig demonstrativ mit F<strong>in</strong>gertrommeln <strong>und</strong> Augenverdrehen genervte Langeweile<br />

signalisiert, sobald e<strong>in</strong>e Frau zu reden beg<strong>in</strong>nt, vermittelt er se<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>d, dass Frauen eh nichts<br />

Gescheites zu sagen hätten.<br />

Wenn es so ist, dass <strong>Geschlechter</strong>vorurteile sehr früh im Leben auf das K<strong>in</strong>d übertragen werden,<br />

bedeutet das, dass <strong>in</strong> unserer Kultur, <strong>in</strong> der die frühe K<strong>in</strong>derbetreuung zumeist von den Müttern<br />

<strong>IBP</strong> <strong>Institut</strong> | <strong>Geschlechter</strong>-<strong>Vorurteile</strong> <strong>in</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Familie</strong><br />

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