Medien - Zentrum für Lehrerfortbildung in deutscher Sprache ...
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Zett 17/2009<br />
SCHULE - ELTERN - TRADITIONEN<br />
E<strong>in</strong> Nachtrag zum Lehrertag 2008 <strong>in</strong> Kronstadt<br />
12<br />
Die deutsche Kultur auf dem Gebiet Rumäniens<br />
ist eng verknüpft mit der Existenz<br />
der sächsisch-evangelischen Kirche und der<br />
deutschsprachigen Schulen. Traditionen als<br />
Pflege überlieferter Werte bilden e<strong>in</strong>en<br />
wichtigen Bestandteil dessen, wovon diese<br />
Institutionen leben und was sie <strong>in</strong> ihr Umfeld<br />
ausstrahlen.<br />
Deshalb war das Thema des diesjährigen<br />
Lehrertages e<strong>in</strong>e willkommene Gelegenheit<br />
sich mit diesem komplexen Problem<br />
ause<strong>in</strong>anderzusetzen. Wie schon <strong>in</strong> der<br />
vorigen „Zett“ berichtet, gab es e<strong>in</strong>e Reihe<br />
anregender Gespräche und Überlegungen,<br />
wie Werte – und Traditionen als Werte –<br />
gepflegt, e<strong>in</strong>gesetzt, weitergereicht werden<br />
können.<br />
Der Gastgeberschule fiel die Aufgabe<br />
zu, die Arbeitsgruppe „Tradition <strong>in</strong> Bildern“<br />
vorzubereiten.<br />
Dazu haben wir e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Ausstellung<br />
e<strong>in</strong>gerichtet mit alten Schulbüchern und<br />
Drucken zu schulischen Themen, aber auch<br />
mit kle<strong>in</strong>en Erzeugnissen der früheren<br />
Handarbeitsstunden und mit e<strong>in</strong>em Flaus,<br />
der Festtagsuniform der Honterusschüler<br />
bis 1944, der e<strong>in</strong>ige der jüngeren Kolleg<strong>in</strong>nen<br />
und Kollegen <strong>in</strong> Staunen versetzte. Diese<br />
Ausstellung stand auch den anderen<br />
Schulen offen, die Fotos oder Kollagen zu<br />
den Traditionen an ihren Schulen ausstellten.<br />
Die anschließende Gesprächsrunde verlief<br />
<strong>in</strong> zwei Gruppen: Während me<strong>in</strong>e Kolleg<strong>in</strong><br />
An<strong>in</strong>a Soana die Gespräche über die<br />
Bilder und Vorstellungen, die die Schüler<br />
über Tradition haben, anleitete, habe ich die<br />
Bilder und Vorstellungen der Eltern <strong>in</strong> Bezug<br />
auf die Traditionen etwas näher unter<br />
die Lupe genommen. Schließlich s<strong>in</strong>d es die<br />
Eltern, denen wir es verdanken, dass unsere<br />
Schule voll besetzt ist. Sie s<strong>in</strong>d es, die<br />
unsere Schule begehren, <strong>in</strong> den seltensten<br />
Fällen s<strong>in</strong>d es die Schüler selbst.<br />
Was macht unsere Schule bei den Eltern<br />
so beliebt Inwiefern spielen die Traditionen<br />
an unseren Schulen e<strong>in</strong>e Rolle<br />
9<br />
Um dieses herauszuf<strong>in</strong>den, habe ich e<strong>in</strong>en<br />
kurzen Fragebogen aufgestellt und ihn<br />
bei den Elternsitzungen (je e<strong>in</strong>e Klasse 5-<br />
12) ausfüllen lassen. Von den etwa 200 ausgeteilten<br />
Fragebögen erhielt ich 107 ausgefüllt<br />
zurück, was zum Teil (aber nicht nur)<br />
auf die schwache Beteiligung an den Sitzungen<br />
zurückzuführen war.<br />
Dass Traditionen im Allgeme<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>e<br />
wichtige Rolle <strong>in</strong> der Entwicklung e<strong>in</strong>er Persönlichkeit<br />
spielen, war für alle Eltern e<strong>in</strong>deutig.<br />
Auch auf die Frage, ob sie die Fortführung<br />
von Traditionen an den deutschsprachigen<br />
Schulen für ihre K<strong>in</strong>der als s<strong>in</strong>nvoll<br />
betrachten, äußerten sich 93% positiv.<br />
Für die 8 Eltern, die mit Ne<strong>in</strong> antworteten,<br />
ist die Schule eben nichts anderes als e<strong>in</strong> Instrument<br />
um ihre K<strong>in</strong>der die deutsche <strong>Sprache</strong><br />
lernen zu lassen. Dieser Haltung wurde<br />
noch genauer nachgespürt <strong>in</strong> der Frage, ob<br />
die Tatsache, dass es an unserer Schule Traditionen<br />
gibt, die gepflegt werden, e<strong>in</strong>e<br />
Rolle gespielt hat <strong>in</strong> ihrem Entschluss, ihr<br />
K<strong>in</strong>d an unsere Schule zu geben: Ja - 57%,<br />
Ne<strong>in</strong> - 43%. Fast die Hälfte der Eltern sehen<br />
nur den <strong>Sprache</strong>rwerb als den Hauptzweck<br />
des Schulbesuchs ihrer K<strong>in</strong>der und<br />
sie sehen ihn losgelöst von kulturellen Werten<br />
und der Heranbildung e<strong>in</strong>er Haltung im<br />
S<strong>in</strong>ne von „Attitude“. Das sollte uns zu denken<br />
geben.<br />
In diesem Kontext war die Antwort auf<br />
die Frage, ob sie aktiv teilgenommen hätten<br />
an den Traditionen unserer Schule e<strong>in</strong>e<br />
Überraschung, denn immerh<strong>in</strong> behaupteten<br />
das 83%. Das zeigt wiederum, dass auch<br />
jene Eltern, denen die Wichtigkeit von Traditionen<br />
nicht bewußt ist, oder die sich mit<br />
diesem Problem noch nicht ause<strong>in</strong>andergesetzt<br />
haben, zu solchen Aktionen herangezogen<br />
werden können.<br />
An unserer Schule spielt <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />
vor allem das 1992 wieder aufgenommene<br />
Honterusfest e<strong>in</strong>e wichtige<br />
Rolle, das es geschafft hat, <strong>in</strong> das Umfeld<br />
der Schule h<strong>in</strong>auszuwirken. Durch persönliche<br />
E<strong>in</strong>ladungen werden die Eltern aufgefordert<br />
mitzumachen. Da es mit e<strong>in</strong>er längeren<br />
Wanderung bis zur Festwiese beg<strong>in</strong>nt,<br />
s<strong>in</strong>d die Eltern vor allem der kle<strong>in</strong>eren Schüler<br />
mit dabei. Längst besuchen aber auch<br />
viele der ehemaligen Schüler dieses Fest.<br />
Daher ist es ke<strong>in</strong> Wunder, dass das<br />
Honterusfest die Spitzenposition e<strong>in</strong>nimmt<br />
unter den Traditionen unserer Schule, die<br />
den Eltern bekannt s<strong>in</strong>d, worauf die letzte<br />
Frage abzielte. Dicht dah<strong>in</strong>ter kommt auf<br />
Platz 2 e<strong>in</strong> Fest, das erst nach der Wende<br />
zur Tradition geworden ist, das Laternenfest,<br />
das nur von den Grundschülern gefeiert<br />
wird. H<strong>in</strong>ter dem Fasch<strong>in</strong>g, der für viele<br />
Eltern als e<strong>in</strong> typisch <strong>deutscher</strong> Brauch<br />
empfunden wird, liegt auf Platz 4 im Bekanntheitsgrad<br />
der Gottesdienst zur Eröffnung<br />
des Schuljahres. Das ist <strong>in</strong>sofern verwunderlich,<br />
da Liturgie und Ansprache auf<br />
Deutsch gehalten werden und das Rumänische<br />
nur punktuell e<strong>in</strong>gesetzt wird. Andererseits<br />
kann das bedeuten, dass Schule und<br />
Kirche immer noch als zusammengehörend<br />
empfunden wird. Auf Platz 5 folgt e<strong>in</strong> erst<br />
etwa 10 Jahre alter Brauch, der Schülerbasar<br />
zu Weihnachten und zu Ostern, der von den<br />
Klassen 5-8 bestritten wird. Auch dafür werden<br />
die Eltern durch E<strong>in</strong>ladungen zur Teilnahme<br />
angeregt.<br />
Der Schipokal, der seit über 20 Jahren<br />
stattf<strong>in</strong>det, liegt auf Platz 6. Schifahren ist<br />
so e<strong>in</strong> Massen- und Modesport geworden,<br />
dass dieser Wettkampf, der vor Jahren sehr<br />
attraktiv war, nicht mehr so sehr als etwas<br />
Besonderes und für die Schule Typisches<br />
angesehen wird. Flexibilität ist auch bei der<br />
Ausübung von Traditionen gefragt.<br />
Be<strong>in</strong>ahe grotesk mutete es an, dass auch<br />
das Oktoberfest(!) als e<strong>in</strong>e Tradition an<br />
deutschsprachigen Schulen aufgelistet wurde<br />
(auf 4 Fragebögen).<br />
Die deutschsprachigen Schulen <strong>in</strong> Siebenbürgen<br />
boomen trotz des Rückgangs<br />
der muttersprachlich deutschen Bevölkerung.<br />
Wir sollten uns über diesen Zustrom<br />
freuen. Dennoch s<strong>in</strong>d wir oft mit der