für Oktober und November 2012 - Kirche-basdorf.de
für Oktober und November 2012 - Kirche-basdorf.de
für Oktober und November 2012 - Kirche-basdorf.de
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
16 Über <strong>de</strong>n Gartenzaun ...<br />
Schritt für Schritt zu<br />
mir selbst!<br />
Überraschungen auf <strong>de</strong>m Bran<strong>de</strong>nburger<br />
Jakobsweg<br />
Ich war pilgern. Auf <strong>de</strong>m Jakobsweg. In<br />
Hennigsdorf sind wir losgelaufen. Wir,<br />
meine Fre<strong>und</strong>in Karin (70) <strong>und</strong> ich. Über<br />
Linum, Fehrbellin, Kyritz (an <strong>de</strong>r Knatter!)<br />
bis zur W<strong>und</strong>erblutkirche in Bad<br />
Wilsnack. Alle haben gesagt: „Ihr seid ja<br />
verrückt!“. Stimmt ja vielleicht auch.<br />
Es waren unvergessliche 7 Tage ohne.<br />
Ohne Alkohol, ohne Fernsehabend, ohne<br />
Internet, ohne Berufstätigkeit, ohne<br />
Druck <strong>und</strong> in <strong>de</strong>r Gewissheit: Der Weg ist<br />
das Ziel. Vorbei an endlosen Fel<strong>de</strong>rn,<br />
zahllosen Bächen <strong>und</strong> Flüssen.<br />
(Vor vier Jahren war ich mit meinem<br />
Mann schon einmal <strong>de</strong>n Jakobsweg in<br />
Spanien gelaufen, <strong>de</strong>n an <strong>de</strong>r Atlantik-<br />
Küste, nur ein Teilstück, nur 5 Tage. Dass<br />
aber <strong>de</strong>r Jakobsweg direkt vor <strong>de</strong>r Haustür<br />
vorbeigeht, das wusste ich damals<br />
noch nicht.)<br />
Was nehmen wir mit, was lassen wir los<br />
<strong>und</strong> zu Hause Es wird sich bald herausstellen:<br />
Wir tragen immer zu viel auf unseren<br />
Schultern. Wir kommen mit noch<br />
weniger aus, als wir dachten. Drei Nächte<br />
verbringen wir unter freiem Himmel, <strong>de</strong>n<br />
Rest in beschei<strong>de</strong>nen einfachen Pilgerschlafstätten.<br />
Wir hatten uns vorbereitet, in <strong>de</strong>m wir ein<br />
paar Mal (aber ohne Rucksack) die 13 km<br />
von Schildow nach Basdorf o<strong>de</strong>r ähnliche<br />
Strecken <strong>de</strong>r Umgebung gewan<strong>de</strong>rt waren.<br />
Wir waren uns einig, dass wir keinen<br />
Leistungswettbewerb gewinnen wollten,<br />
son<strong>de</strong>rn als Fortsetzung einer<br />
„Laven<strong>de</strong>lreise in die Provence“ im letzten<br />
Sommer wollten wir unsere Grenzen<br />
erfahren, <strong>und</strong> erleben, warum Pilgern<br />
immer mehr Menschen anspricht, ermutigt<br />
<strong>und</strong> heilt.<br />
Natürlich gibt eine 7-tägige Wan<strong>de</strong>rung<br />
auch viele Gelegenheiten für zwei Fre<strong>und</strong>innen<br />
zu re<strong>de</strong>n, sich zu erzählen von<br />
Gott <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Welt. Aber die allermeiste<br />
Zeit erlebten wir vor allem: Schweigen,<br />
Stille, nur die Musik <strong>de</strong>r Natur.<br />
Nur wenige Minuten, nach<strong>de</strong>m wir vom<br />
Hennigsdorfer S-Bahnhof loslaufen zur<br />
ersten Tagestour in Richtung Linum, fällt<br />
aller Alltag ab. Kein Gedanke an Beruf,<br />
kein Gedanke an Geld, an Kin<strong>de</strong>r, an Politik<br />
o<strong>de</strong>r Projekte. Nur <strong>de</strong>r Weg zählt.<br />
Und <strong>de</strong>r Durst. Gott sei Dank sind es die<br />
eher kühlen, z.T. auch nassen Tage, über<br />
die diesen Sommer soviel geklagt wur<strong>de</strong>.<br />
Uns tut das Wetter gut. Vor allem: Wassertrinken<br />
ist das Wichtigste. Um Muskelkater<br />
<strong>und</strong> Krämpfe wegzuspülen. Und<br />
nicht verschwiegen: Es ist auch anstrengend.<br />
Vor allem die ersten drei Tage. Am<br />
dritten Tag legen wir eine Pause ein. Danach<br />
laufen wir fast wie eine Nähmaschine.<br />
Muskeln <strong>und</strong> Knochen haben sich<br />
umgestellt, sind in <strong>de</strong>n Bewegungsmodus<br />
zurückgestellt, <strong>de</strong>r für unsere Vorfahren<br />
selbstverständlich war. Und können so<br />
von Tag zu Tag mehr genießen: Die Blumen<br />
am Wegesrand, <strong>de</strong>n hervorragend<br />
ausgeschil<strong>de</strong>rten <strong>und</strong> gepflegten Jakobsweg,<br />
Baum<strong>de</strong>nkmäler, Stürme haben ihre<br />
Handschrift hinterlassen, wir passieren<br />
Pfer<strong>de</strong>koppeln, begegnen Wildhasen, die<br />
sich ohne Angst bis auf 50 Meter nähern.<br />
Wir haben einen Mini-Gaskocher dabei<br />
<strong>und</strong> primitives Geschirr. Wir kochen uns<br />
je<strong>de</strong>n Tag selber eine Gemüsepfanne,<br />
morgens gibt es <strong>de</strong>n heißen Kaffee.<br />
Aber nach 4 Tagen werfen wir Ballast ab:<br />
all die Metallgeräte kommen in ein Paket<br />
<strong>und</strong> wer<strong>de</strong>n nach Basdorf zurückgeschickt.<br />
Ab nun trage ich 3 ½ kg weniger.