Einsatzbericht der FFW Marienberg PDF - Feuerwehr Marienberg
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Gefahrstoffeinsatz <strong>Marienberg</strong> OT Lauta am 11.-12.06.2006<br />
Am Montag 11.06.2007 wurde am 18:43 Uhr die III. Gruppe <strong>der</strong> <strong>FFW</strong> <strong>Marienberg</strong> alarmiert.<br />
Als Einsatzart wurde die Belüftung einer<br />
Wohnung in einem Mehrfamilienhaus<br />
angegeben, in <strong>der</strong> sich eine tote Person<br />
befinden sollte. Die eingetroffenen Kräfte des<br />
Rettungsdienstes und <strong>der</strong> Polizei hatten bereits<br />
beim Betreten des Gebäudes und <strong>der</strong> Wohnung<br />
starke Geruchsempfindungen (beißen<strong>der</strong><br />
Bittermandelgeruch). Die Person in <strong>der</strong><br />
Wohnung des 1. OG wurde leblos aufgefunden.<br />
Foto DRK-<strong>Marienberg</strong><br />
Durch den Gruppenführer des TLF wurde eine Lageerkundung unter Pressluftatmer festgelegt. Die<br />
Drehleiter mit Lüfter wurde nachgefor<strong>der</strong>t, um die Belüftung im Gebäude zu vereinfachen. Zur<br />
Lageerkundung ging <strong>der</strong> Gruppenführer des TLF ein weiterer Kamerad unter PA in die<br />
Schadenswohnung.
Parallel dazu wurde im Treppenhaus <strong>der</strong> Lüfter in Stellung gebracht. Neben <strong>der</strong> Erkundung sollte die<br />
Entlüftung durch die Wohnungsfenster sichergestellt werden. Gleichzeitig erfolgte die vorsorgliche<br />
Räumung <strong>der</strong> Anwohner des Gebäudes. Nachdem die Fenster in <strong>der</strong> Wohnung geöffnet waren,<br />
wurden im Bereich des Bades, wo sich <strong>der</strong> Verstorbene befand, verschiedene Giftstoffbehälter<br />
aufgefunden. Im Bereich des Küchentisches, wurden leere Tablettenverpackungen sowie Alkohol und<br />
ein handgeschrieben Abschiedsbrief aufgefunden.<br />
Forstbetrieb eingesetzten Giftes beschreiben.<br />
Durch den Erkundungstrupp wurden 2<br />
verschlossene Proben <strong>der</strong><br />
Schadstoffbehälter aus dem Bad mit zur<br />
Feststellung <strong>der</strong> Daten ins Freie gebracht<br />
und sofort gesichert. Die Behälter wurden in<br />
ABC-Probenahme-beutel des ErkKw<br />
verpackt und verschlossen. Beim Abgleich<br />
<strong>der</strong> Daten mit <strong>der</strong> Leitstelle <strong>Marienberg</strong><br />
wurde festgestellt, dass die vorgefundenen<br />
Schädlingsbekämpfungsmittel aus DDR-<br />
Beständen seit langer Zeit verboten und<br />
sehr giftig sind. Die Reaktion <strong>der</strong> Mittel<br />
erfolgt mit <strong>der</strong> Umgebungsluft und durch<br />
Kontakt mit Feuchtigkeit. Nach Rückfrage<br />
beim Bru<strong>der</strong> des Verstorbenen, konnte<br />
dieser die Wirkungsweise des beim DDR-<br />
Nach dem Einlegen des Giftes wurden<br />
Fuchsbauten o.ä. verschlossen. Die<br />
Reaktion mit <strong>der</strong> Erdfeuchtigkeit führte zur<br />
Bildung des giftigen Gases.<br />
Fotos <strong>FFW</strong> <strong>Marienberg</strong>
Phosphorwasserstoff<br />
DL50: LC 50 Inhalation in mg/l Ratte 0,026 (4 h)<br />
Phosphor-Wasserstoff-Verbindungen [Bearbeiten]<br />
Phosphane sind extrem giftige Substanzen. Die niedrigen Phosphane sind gasförmig, die höheren fest. Phosphane sind sehr<br />
reaktionsfähig. Sehr reines Monophosphan PH3 entzündet sich nicht von selbst. Wegen <strong>der</strong> Anwesenheit höherer Phosphane (v. a.<br />
Diphosphan) muss bei <strong>der</strong> Verwendung von kommerziell erhältlichem o<strong>der</strong> im Labor zubereiteten Monophosphan immer mit<br />
Selbstentzündung gerechnet werden. Monophosphan ist also neben <strong>der</strong> Giftwirkung auch in dieser Hinsicht ein extrem heikel zu<br />
handhabendes Gas. Diese Phosphorverbindungen haben einen extrem durchdringenden knoblauchartigen Geruch, <strong>der</strong> schon in<br />
geringsten Konzentrationen wahrnehmbar ist.<br />
Bei Vergiftungen mit Phosphorwasserstoffen wie Monophosphan o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Phosphanen kommt es zu folgenden Symptomen:<br />
Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle, Schwindel, Benommenheit, starke Brustschmerzen, Atembeschwerden und an<strong>der</strong>e.<br />
Die Ursache für die Symptome ist eine lähmende Wirkung <strong>der</strong> Phosphorwasserstoffe auf Atmung und Gefäße, sowie die Schädigung von<br />
Lunge, Leber und Niere.<br />
Der Tod kann durch Atemlähmung, Lungenödem o<strong>der</strong> Kollaps eintreten.<br />
Eine Erste Hilfe kann über frische Luft, Ruhigstellung, Wärme sowie die Gabe von Bronchospasmolytika erfolgen. Bei oraler Aufnahme<br />
muss sofort Erbrechen herbeigeführt werden. Danach ist eine Klinikbehandlung (Intensivpflegestation) notwendig. Es kann auch durch<br />
die wie<strong>der</strong>holte Aufnahme kleiner Mengen von Phosphorwasserstoffen, die eine kumulative Wirkung haben, zu einer Vergiftung<br />
kommen. Phosphorwasserstoffvergiftungen können wegen ähnlicher Symptome mit einer Lebensmittelvergiftung verwechselt werden.<br />
Handelsnamen: Degesch-Magtoxin (33 %), Degesch-Plate (33 g/Plate), Degesch-Strip (660 g/Strip), Detia-Beutelrolle (33 %), Detia-<br />
Gas-Ex-B (33 %), Detia-Gas-Ex-P (33 %), Detia-Gas-Ex-T (33 %), Detia-Kornmotten-Gas-Ex (24 %), Detia Wühlmaus Killer (33 %),<br />
Neudo-Phosphid-S (33 %), Phostoxin-Pellets (33 %), Phostoxin-Prepacs (33 %), Phostoxin-Tabletten (33 %), Phostoxin-WM (33 %),<br />
Super-Schachtox (33 %), Wühlmaus-Pille (33 %), Zedesa-Pellets (33 %), Zedesa-Tabletten (33 %)<br />
Physikalische und chemische Eigenschaften: Phosphin. Farbloses Gas mit einem Geruch <strong>der</strong> an Knoblauch erinnert.<br />
Nachweis am Notfallort: nicht möglich<br />
Nach Feststellung <strong>der</strong> Schadstoffwirkung, wurde <strong>der</strong> Einsatz als Gefahrstoffeinsatz eingestuft. Als<br />
sofortige Maßnahme organisierte <strong>der</strong> Einsatzleiter in Absprache mit den vor Ort befindlichen<br />
Gefahrgutkräften die Alarmierung des Kreisbrandmeisters sowie des Fachberaters ABC über die<br />
Leitstelle. Zu diesem Zeitpunkt wurde eingeschätzt, dass die verstorbene Person mit den Mitteln des<br />
Gefahrgutzuges MEK geborgen werden könnte, <strong>der</strong> Schadstoff selbst jedoch nicht fachgerecht<br />
sichergestellt, zweifelsfrei analysiert und entsorgt werden kann.<br />
Durch die Polizeikräfte wurden unabhängig von den Maßnahmen <strong>der</strong> <strong>Feuerwehr</strong> Fachkräfte<br />
angefor<strong>der</strong>t, die zur Sicherung des Schadensortes sowie zur Klärung des Tatherganges beitragen<br />
sollten. Der zunächst eingetroffene polizeiärztliche Notfalldienst wurde über den Schadensumfang,<br />
Stoff und Situation unterrichtet. Nach Rücksprache mit <strong>der</strong> Giftnotrufzentrale, wurde die Einweisung<br />
<strong>der</strong> Personen ins Krankenhaus festgelegt, die ungeschützt mit dem Gefahrstoff o<strong>der</strong> seinen<br />
Reaktionsprodukten in Kontakt gekommen sein könnten. Im Nachgang wurde den Geschädigten die<br />
Kleidung etc. zur Entsorgung abgenommen. Die Organisation und Durchführung oblag <strong>der</strong> Polizei. Als<br />
weitere Maßnahme vor Ort, wurde mit den eingetroffenen Mitarbeitern <strong>der</strong> Kriminalpolizei eine<br />
nochmalige Begehung des Schadensortes unter Einsatz von Atemschutz und Infektionsschutzanzug<br />
festgelegt, bei <strong>der</strong> Fotos vom Ereignisort zur Einschätzung <strong>der</strong> Gefahrenlage gemacht werden sollten.<br />
Durch die Beiden bereits zur Lageerkundung in <strong>der</strong> Schadenswohnung vorgegangenen Kameraden,<br />
wurden Fotos <strong>der</strong> Wohnung gemacht, die von <strong>der</strong> Kriminalpolizei unmittelbar im Anschluss<br />
ausgewertet wurden. Aufgrund <strong>der</strong> durchgeführten Belüftung, konnte eine Gefährdung durch<br />
Explosive Gase ausgeschlossen werden. Das Gebäude wurde stromlos geschaltet, um unkontrollierte<br />
Funkenbildungen durch Schaltvorgänge von elektrischen Geräten auszuschließen. Die Belüftung<br />
wurde zur Vermeidung weiteren Schadstofffreisetzung in die Umwelt abgestellt.<br />
Durch die Polizei wurde bereits vor dem Eintreffen des Kreisbrandmeisters und des Fachberaters ABC<br />
und ohne Kenntnis des vor Ort vorhandenen Gefahrgutpotenzials des Landkreises die<br />
Berufsfeuerwehr Chemnitz mit dem Gefahrgutzug angefor<strong>der</strong>t. Weiterhin for<strong>der</strong>te <strong>der</strong> Rettungsdienst<br />
zum Transport <strong>der</strong> zu beobachtenden Personen die SEG des DRK <strong>Marienberg</strong> sowie die<br />
Führungsunterstützung des DRK an. Die Bewohner des Gebäudes, die Mitarbeiter des
Rettungsdienstes sowie des Polizeireviers <strong>Marienberg</strong>, die den Schadensort ungeschützt betreten<br />
hatten, wurden zur Beobachtung in die Krankenhäuser Zschopau, Olbernhau und Annaberg-Buchholz<br />
für 72 Stunden eingewiesen.<br />
Die Kameraden, welche von 18:50 – 20:00 Uhr die Lageerkundung und Fotodokumentation<br />
durchgeführt hatten, verblieben im Schutzanzug am Gebäude, um eine eventuelle Bergung des Toten<br />
vorzunehmen. Die <strong>Feuerwehr</strong> Lengefeld mit <strong>der</strong> Dekon des Gefahrgutzuges wurde gegen 21:51 Uhr<br />
alarmiert. Die fachgerechte Dekontamination wurde jedoch erst gegen 23:30 Uhr vorgenommen. Der<br />
unmittelbare Bereich um das Gebäude wurde abgesperrt und die Bundesstraße B 174 sowie die<br />
Ortsverbindungsstraße Lauta – Lauterbach wurden für den Verkehr voll gesperrt. Als Bereitstellungsraum<br />
diente <strong>der</strong> Weg Richtung Drei-Brü<strong>der</strong>-Höhe. Dort wurde direkt an <strong>der</strong> B 174 <strong>der</strong> Dekonplatz<br />
errichtet. Nach Eintreffen <strong>der</strong> BF Chemnitz, wurden die Lage sowie die möglichen Reaktionsmöglichkeiten<br />
durch Chemiker und Einsatzleiter <strong>der</strong> <strong>Feuerwehr</strong> und Polizei analysiert. Als Körperschutz wurde<br />
ein geschlossener Chemikalienschutzanzug für weitere Begehungen festgelegt. Gegen 00:30 Uhr<br />
wurde das Gefährdungspotenzial bei <strong>der</strong> Bergung <strong>der</strong> Person als zu groß eingeschätzt. Die Reaktion<br />
<strong>der</strong> Schadstoffe konnte neben <strong>der</strong> Giftigkeit auch zu explosiven Gasen führen, die im Körper des<br />
Verstorbenen unkontrollierbare Reaktionen hervorrufen konnte. Es wurde daher festgelegt, die<br />
Räumlichkeiten zu verschließen und das Ausgasen <strong>der</strong> Schadstoffe abzuwarten. Die Arbeiten wurden<br />
von Kräften <strong>der</strong> BF Chemnitz unter CSA ausgeführt. Die Dekon wurde durch die <strong>FFW</strong> Lengefeld<br />
ausgeführt und war 01:00 Uhr abgeschlossen. Alle Fahrzeuge, die zum Transport <strong>der</strong> Bewohner<br />
eingesetzt waren, wurden mittels Prüfröhrchen ausgemessen.<br />
Fotos DRK-<strong>Marienberg</strong><br />
Die Kleidung sowie Schadstoffe wurde in Foliesäcke verpackt in Entsorgungsbehälter <strong>der</strong> Firma<br />
Umwelt Becker Chemnitz verbracht und bis zur Übernahme durch den Entsorger von <strong>der</strong> Polizei<br />
bewacht.
Am 19.06.2007 wurden durch die Polizei, <strong>der</strong> Stadtverwaltung <strong>Marienberg</strong> dem Landratsamt<br />
<strong>Marienberg</strong> dem Kreisbrandmeister sowie dem Wehrleiter <strong>der</strong> <strong>FFW</strong> <strong>Marienberg</strong> die weiteren Schritte<br />
abgestimmt. Nach Rücksprache mit <strong>der</strong> Polizei sowie <strong>der</strong> Gerichtsmedizin, wurde festgelegt, den<br />
Leichnam vor Ort unter Schutzanzügen zu obduzieren. Hierzu sollte im Gartenbereich ein Zelt durch<br />
die <strong>FFW</strong> Lengefeld errichtet werden. Gegen 10:54 Uhr wurden die <strong>Feuerwehr</strong>en <strong>Marienberg</strong> und<br />
Lengefeld erneut alarmiert. Die Bergung des Leichnams sollte unter CSA vorgenommen werden. Nach<br />
Vorbereitung des Bergungs- und des Rettungstrupps wurde festgelegt, vor <strong>der</strong> Bergung eine weitere<br />
Schadstoffmessung mittels Gasspürröhrchen<br />
vorzunehmen.<br />
Da die Analytikfirma keine geeignete Schutzkleidung<br />
mitführte, übernahm ein Messtrupp <strong>der</strong> <strong>FFW</strong> <strong>Marienberg</strong><br />
unter CSA die Messung. Es wurden Prüfröhrchen zum<br />
Nachweis von Phosphorwasserstoff eingesetzt.<br />
Foto <strong>FFW</strong> <strong>Marienberg</strong><br />
Im Treppenhaus wurde kein Schadstoff ermittelt. Im<br />
Bereich des Bades zeigten die Spürröhrchen für<br />
Phosphorwasserstoff deutliche Verfärbungen in <strong>der</strong> zu erwartenden Farbe. Da <strong>der</strong> Atemluftvorrat<br />
noch mehr als ausreichend und die Einsatzzeit bei 5 min lag, wurde festgelegt, dass bereits <strong>der</strong><br />
Messtrupp mit <strong>der</strong> Bergung des Leichnams beginnen sollte um bei eventuellen Komplikationen noch<br />
einen Trupp zur Unterstützung zum Einsatz bringen zu können. Dem Trupp gelang es, den Leichnam<br />
auf einer Trage in Folie gehüllt ins Freie zu transportieren, wo er durch einen weiteren Trupp zum<br />
Sektionszelt verbracht wurde. Im Anschluss begab sich <strong>der</strong> Mess- und Bergetrupp zur Dekon. Ein<br />
weiterer Trupp wurde unter CSA zur Reinigung und Aufnahme <strong>der</strong> Schadstoffe in Gebäude geschickt.<br />
Die lösbaren Bestandteile des Pulvers, sowie benetze Gegenstände wurden in Foliensäcken verpackt<br />
und in die Spezialbehälter verbracht. Weiterhin wurden für die anschließende Lüftung die Fenster<br />
geöffnet. Nach Abschluss <strong>der</strong> Reinigung begab sich <strong>der</strong> Reinigungstrupp zur Dekon.<br />
Die Belüftung des Gebäudes wurde über einen längeren Zeitraum durchgeführt. Nach Abschluss <strong>der</strong><br />
Belüftung wurden alle Räume nochmals mittels Gasspürröhrchen auf Schadstoffe geprüft. Es konnten<br />
keine Schadstoffe mehr festgestellt werden.<br />
Nach Abschluss <strong>der</strong> Obduktion wurde mit <strong>der</strong> Reinigung des eingesetzten Materials und dem Rückbau<br />
<strong>der</strong> Geräte begonnen.<br />
Die Kräfte kehrten gegen 16:30 Uhr ins Gerätehaus zurück, wo die Geräte nochmals gereinigt und die<br />
Einsatzbereitschaft wie<strong>der</strong>hergestellt wurde.